Die gesetzlichen Krankenkassen werden auch i. S. v. § 98 Nr. 2 Var. 1 GWB überwiegend durch den Staat finanziert 307 : Die Krankenkassenbeiträge beruhen dem Grunde nach auf gesetzlichen Regelungen und auch der Höhe nach nicht auf freiwilligen Vereinbarungen zwischen den Versicherten und den Krankenkassen, sondern auf der Pflichtmitgliedschaft, wobei als Anknüpfungspunkt für die Berechnung der Beiträge das Einkommen des Versicherten dient.308 Zwar ist der Beitragssatz nicht gesetzlich, sondern von den einzelnen Kassen festgesetzt. Jedoch sind Kernparameter der Berechnung des Beitragssatzes, insbesondere die wechselseitige Entsprechung von Einnahmen und Ausgaben der Kassen, gesetzlich vorgegeben und bedürfen die Beitragssatzfestsetzungen der Kassen der Genehmigung durch staatliche Aufsichtsbehörden.309 In keinem Fall kommt dem Versicherten ein Einfluss auf die Höhe der Beiträge zu. Auch wenn sich die Versicherten den einseitigen Beitragserhöhungen der einzelnen Kasse ggf. durch einen Kassenwechsel entziehen können, wird ihnen dadurch nicht die Möglichkeit gegeben, die Höhe ihres Beitrags frei auszuhandeln oder sich dem System der von den Kassen festzusetzenden Beitragssätze zu entziehen. Überdies sind die Beiträge als Solidarbeiträge auch dann zu zahlen, wenn überhaupt keine Kassenleistungen in Anspruch genommen werden, die Beiträge also gegenleistungsfrei bleiben. Schließlich handelt es sich bei der Pflicht des Arbeitgebers zur Abführung des Gesamtsozialversicherungsbeitrags nach § 253 SGB V i. V. m. § 28d SGB IV ebenso um eine öffentlich-rechtliche Pflicht wie bei der Pflicht des Arbeitnehmers, gem. § 253 SGB V i. V. m. § 28g SGB IV den Abzug seiner Beitragsanteile vom Lohn zu dulden. Der Versicherte hat keine Interventionsmöglichkeit gegenüber dieser Beitragserhebung.310
307EuGH NJW 2009, 2427 Rn. 51 ff. - AOK; OLG Düsseldorf VergabeR 2007, 622,
624 f.; OLG Düsseldorf VergabeR 2008, 73, 76; VK Bund Beschl. v. 9.5.2007, Az. VK
1-26/07, Rn. 75; VK Lüneburg Beschl. v. 21.9.2004, Az. 203-VgK-42/2004, Rn. 38;
Boldt NJW 2005, 3757, 3759; Wollenschläger NZBau 2004, 655, 658. A. M. u. a.
Heßhaus VergabeR 2007, 333, 338 f
Quelle:
http://www.chbeck.de/fachbuch/leseprobe/Ziekow-Vergaberecht-9783406584138_0305201208360809_lp.pdfEin Blick auf das Europarecht zeigt, dass die Vereinbarkeit der Pflichtmitgliedschaft, anders als ihre Befürworter bekunden, mit der Niederlassungsfreiheit (Art. 49 Abs. 1 AEU), der Dienstleistungsfreiheit (Art. 56 Abs. 1 AEU), Art. 14 Ziff. 2 der Dienstleistungsrichtlinie und dem Demokratieprinzip (Art. 2 EU) in Konflikt steht.
Die Pflichtmitgliedschaft der Rundfunkanstalten wurde nicht gegründet sondern durch den Wechsel des Anknüpfungspunktes für die Beitragspflicht (Wohnung bzw. Betriebsstätte statt Rundfunkempfangsgerät) geschaffen.
Die Rundfunkanstalten haben auch noch die falsche Rechtsform für eine Pflichtmitgliedschaft.
Außerdem liegt dem Rundfunkbeitrag nicht der Gedanke zugrunde, dass das Risiko der fehlenden Leistungsfähigkeit des Einzelnen auf eine Gemeinschaft umverteilt wird. Es besteht die Möglichkeit, aus sozialen Gründen von der Entrichtung des Rundfunkbeitrags befreit zu werden. Sozial Schwache haben auch die vielfältige Möglichkeiten sich aus anderen Quellen zu informieren und zu unterhalten.