gez-boykott.de::Forum

"Beitragsservice" (vormals GEZ) => Widerspruchs-/Klagebegründungen => Thema gestartet von: pinguin am 27. Januar 2015, 00:29

Titel: Kleiner Ausflug zum Europarecht
Beitrag von: pinguin am 27. Januar 2015, 00:29
Teil 1, wird fortgesetzt.

Hinweis:
Die in "" gehaltenen Abschnitte wurden wortwörtlich aus den jeweils einmalig genannten Quellen entnommen oder sind mit dem Titel des Vertrages, der Richtlinie oder des Beschlusses identisch.
----------------
Gemäß dem "Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union" sind lt. Artikel 288 Verordnungen allgemeinverbindlich, Beschlüsse und Richtlinien für jene verbindlich, an die sie gerichtet sind; wobei bei Richtlinien nur der zu erreichende Inhalt als verbindlich vorgegeben wird, der Weg dahin aber jedem freigestellt ist. Bildlich geschrieben; ob ein Europäer also über Alaska nach Rom reist oder auf direktem Weg über die Alpen, ist nicht vorgegeben; nur muß er in Rom ankommen.

Die Richtlinie 2007/65/EG behandelt die "Ausübung der Fernsehtätigkeit" und betrifft alle "traditionellen audiovisuellen Mediendienste --- wie das Fernsehen --- und neu aufkommende audiovisuelle Mediendienste auf Abruf".

Gemäß dieser Richtlinie sind aus Gründen "gleicher Wettbewerbsbedingungen und eines echten Marktes für audiovisuelle Mediendienste" die wettbewerbsrechtlichen Grundsätze des Binnenmarktes und der Gleichbehandlung zu respektieren.

Diese Richtlinie differenziert nicht zwischen öffentlich-rechtlichem und privat-rechtlichem Rundfunk, weist aber darauf hin, daß die Mitgliedsländer der Europäischen Union ihren öffentlich-rechtlichen Rundfunk unterstützen dürfen. Das Urteil in den verbundenen Rechtssachen des EuGH, (AZ: T-231/06 und T-237/06), zum vom EuGH gekippten niederländischen Rundfunkgebührensystem zeigt aber, daß eine staatliche Beihilfe nicht so groß sein darf, daß Mitbewerber benachteiligt werden, die an dieser Form der staatlichen Unterstützung nicht teilhaben.


Edit "Bürger":
Korrigiert auf Hinweis des Kommentar-Verfassers.
Titel: Re: Kleiner Ausflug zum Europarecht
Beitrag von: Sophia.Orthoi am 27. Januar 2015, 10:43
Das Urteil ist hier:

http://curia.europa.eu/juris/document/document.jsf?text=&docid=79027&pageIndex=0&doclang=DE&mode=req&dir=&occ=first&part=1

Wenn ich Zeit habe, lese ich es. Interessant ist schon das Datum des Urteils: 16.12.2010. Die Ministerpräsidenten der Bundesländer begannen am Tag davor, dem 15.12.2015, den Rundfunkänderungsstaatsvertrag zu unterschreiben. Die Landtage hätten dieses Urteil kennen sollen, als sie den Staatsvertrag ratifizierten.
Titel: Re: Kleiner Ausflug zum Europarecht
Beitrag von: pinguin am 27. Januar 2015, 22:56
Teil 2, wird fortgesetzt:

Gemäß dem "Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union", Artikel 57, sind im Sinne der Verträge all jene Leistungen Dienstleistungen, "die in der Regel gegen Entgelt erbracht werden, soweit sie nicht den Vorschriften über den freien Waren- und Kapitalverkehr" oder "die Freizügigkeit der Personen unterliegen". Insbesondere gelten gewerbliche, kaufmännische, handwerkliche und freiberufliche Tätigkeiten als Dienstleistung.

Nach Artikel 59 erlassen das "Europäische Parlament und der Rat" "gemäß dem ordentlichen Gesetzgebungsverfahren und nach Anhörung des Wirtschafts- und Sozialausschusses Richtlinien zur Liberalisierung einer bestimmten Dienstleistung".

Für den Rundfunk wurde die schon ernannte Richtlinie 2007/65/EG erlassen.

Nach Artikels 60 sind die Mitgliedsstaaten gehalten, "über das Ausmaß der Liberalisierung hinauszugehen, zu dem sie aufgrund der Richtlinien gemäß Artikel 59, Absatz 1, verpflichtet sind".

Artikel 260 legt fest, daß Urteile des Europäischen Gerichtshofes bindend sind, da der EuGH bspw. Zwangsgelder gegen jenen Mitgliedstaat verhängen kann, die seinen Urteilen nicht nachkommen.

Gemäß Artikel 263 kann "jede natürliche wie juristische Person" "unter den Bedingungen nach den Absätzen 1 und 2 gegen die an sie gerichteten oder sie unmittelbar und individuell betreffenden Handlungen sowie gegen Rechtsakte mit Verordnungscharakter, die sie unmittelbar betreffen und keine Durchführungsmaßnahmen nach sich ziehen, Klage erheben".

Die Absätze 1 und 2 des Artikels handeln von der Überwachungsaufgabe und Zuständigkeit des EuGH bei Fragen über die Rechtmäßigkeit der Gesetzgebungsakte, wenn wesentliche Formvorschriften verletzt sind, die Verträge nicht eingehalten werden oder bei der Durchführung einzuhaltende Rechtsnormen ignoriert werden.


Edit "Bürger":
Korrigiert auf Hinweis des Kommentar-Verfassers.
Titel: Re: Kleiner Ausflug zum Europarecht
Beitrag von: Roggi am 27. Januar 2015, 23:57
Aha, Zwangsgelder können zur Strafe verhängt werden. Wofür werden wir Deutschen bestraft, dass man uns mit Zwangsgeldern belegt. 
Deine Fundstellen sind recht brauchbar, vielen Dank dafür. Ich bin froh, dass du das wichtigste hervorhebst, dann läßt es sich leichter verwenden.
Titel: Re: Kleiner Ausflug zum Europarecht
Beitrag von: pinguin am 28. Januar 2015, 00:43
Aha, Zwangsgelder können zur Strafe verhängt werden. Wofür werden wir Deutschen bestraft, dass man uns mit Zwangsgeldern belegt. 
Die Zwangsgelder werden gegen den nationalen Staat verhängt, der Europarecht nicht oder nicht hinreichend würdigt, obwohl dazu verpflichtet.
Titel: Re: Kleiner Ausflug zum Europarecht
Beitrag von: Sophia.Orthoi am 28. Januar 2015, 11:27
Die Zwangsgelder werden gegen den nationalen Staat verhängt, der Europarecht nicht oder nicht hinreichend würdigt, obwohl dazu verpflichtet.

Zwangsgelder an die EU? Ein Paar Millionen? Das sind Peanuts, die mit der Milliarden bringende Zangsabgabe für Rundfunk gezahlt werden kann.

Ich bin wirklich neugierig zu wissen, wie es in Holland war.
Titel: Re: Kleiner Ausflug zum Europarecht
Beitrag von: lex am 28. Januar 2015, 12:22
Das Urteil ist hier:

http://curia.europa.eu/juris/document/document.jsf?text=&docid=79027&pageIndex=0&doclang=DE&mode=req&dir=&occ=first&part=1

Wenn ich Zeit habe, lese ich es. Interessant ist schon das Datum des Urteils: 16.12.2010. Die Ministerpräsidenten der Bundesländer begannen am Tag davor, dem 15.12.2015, den Rundfunkänderungsstaatsvertrag zu unterschreiben. Die Landtage hätten dieses Urteil kennen sollen, als sie den Staatsvertrag ratifizierten.

Interessantes Urteil, danke dafür. Gibt es noch ein Urteil des europäischen Gerichtshofs, auf das sich diese Klage bezieht? Die wäre nicht ganz uninteressant.

EU Recht > Deutsches Recht oder?
Falls Person A irgendwann seinen Widerspruchsbescheid bekommt, würde er das dann gleich mit verwerten.
Da Richter gerne abzuschreiben scheinen, aber bisher nur Entscheidungen aus erster Instanz existieren, könnte man hier knallhart Entscheidungen von höchstrichtlicher Ebene (EU) einwerfen.
Titel: Re: Kleiner Ausflug zum Europarecht
Beitrag von: pinguin am 28. Januar 2015, 20:34
Teil 3

Nach Artikel 102 des "Vertrages über die Arbeitsweise der Europäischen Union" ist es mit dem Binnenmarkt unvereinbar und verboten, eine beherrschende Stellung auf dem Binnenmarkt oder einem wesentlichen Teilbereich durch ein oder mehrere Unternehmen mißbräuchlich auszunutzen, wenn eine Handelsbeeinträchtigung der Mitgliedsstaaten der Fall sein könnte.

Ein Mißbrauch kann insbesondere dann bestehen, wenn eine mittelbare oder unmittelbare Erzwingung von unangemessenen Einkaufs- oder Verkaufspreisen oder sonstigen Geschäftsbedingungen einschließlich der Einschränkung im Bereich der Erzeugung, des Absatzes oder der technischen Entwicklung zum Schaden der Verbraucher führt.

Nach Artikel 106 sind die Mitgliedsstaaten beauflagt, "in Bezug auf öffentliche Unternehmen und auf Unternehmen, denen sie besondere oder ausschließliche Rechte gewähren, keine den Verträgen und insbesondere den Artikeln 18 und 101 bis 109 widersprechende Maßnahmen" zu treffen oder beizubehalten.

Es hat in Europa keine Regelung Bestand, die den EU-Bürger verpflichten könnte, eine dem Wettbewerbsrecht unterliegende Sache zu bestellen und zu nutzen. Kann kein EU-Bürger darauf verpflichtet werden, das Angebot eines Dienstleisters anzunehmen, kann er auch nicht verpflichtet werden, es ohne bewusste Annahme trotzdem zu bezahlen.

Daß Mitgliedsstaaten der Europäischen Union berechtigt sind, ihren öffentlich-rechtlichen Rundfunk mittels bspw. staatlicher Beihilfen zu unterstützen, zieht nicht das Recht nach sich, jene zur Finanzierung des öffentlich-rechtlichen Rundfunks heranzuziehen, die dessen Angebote weder bestellt haben noch nutzen.

Der in anderen Themen herangezogene Vergleich zur Kfz.-Steuer, (oder auch zur Hundesteuer etc), ist nicht zielführend, da es in beiden Fällen jeweils ein staatliches Monopol hat. Die öffentliche Verwaltung der in einem Staat vorhandenen Fahrzeuge steht alleine dem Staat zu. ?

Anders ist es bei den Bibliotheken und eben auch beim Rundfunk; da hat es in beiden Gruppen jeweils öffentlich-rechtliche wie privat-rechtliche Unternehmensformen. Und bei beiden Gruppen hat es kein staatliches Monopol.

Ein kleines Schmankerl zum Schluß:

Der Rundfunkstaatsvertrag schreibt unter dem neu eingefügten §11a von Angeboten.
Zitat
§ 11a (Fn 51)
Angebote

(1) Angebote des öffentlich-rechtlichen Rundfunks sind Rundfunkprogramme (Hörfunk- und Fernsehprogramme) und Telemedien nach Maßgabe dieses Staatsvertrages und der jeweiligen landesrechtlichen Regelungen. Der öffentlich-rechtliche Rundfunk kann programmbegleitend Druckwerke mit programmbezogenem Inhalt anbieten.

https://recht.nrw.de/lmi/owa/br_bes_text?anw_nr=2&gld_nr=2&ugl_nr=2251&bes_id=12784&menu=1&sg=0&aufgehoben=N&keyword=rundfunk#det0

Dieser Vertrag ist auch heute noch bundesweit gültig und auf der Juris-Website der Bundesregierung nicht zu finden; insofern ist dieser Staatsvertrag kein Bundesrecht. ?

Interessant ist halt, daß davon geschrieben wird, daß die Rundfunkanstalten Angebote unterbreiten. Und nun werten wir das mal bei Beachtung der europarechtlichen Definition?

EU Recht > Deutsches Recht oder?
EU-Recht bricht nationales Recht allgemein bzw. in jedem einzelnen all jener Punkte, wo dem nationalen Staat keine Wahlmöglichkeit belassen wird.
Titel: Re: Kleiner Ausflug zum Europarecht
Beitrag von: pinguin am 29. Januar 2015, 21:35
Teil 4, wird fortgesetzt:

Einige Zitate aus Urteilen des EuGH mit Nennung der AZ und Rz und weiteren Quellen.

AZ C-453/00; Rz 20
Zitat
Wie der Gerichtshof bereits entschieden hat, ist es Aufgabe aller Stellen der
Mitgliedstaaten, im Rahmen ihrer jeweiligen Zuständigkeiten die Einhaltung des
Gemeinschaftsrechts zu gewährleisten (Urteil vom 12. Juni 1990 in der Rechtssache
C-8/88, Deutschland/Kommission, Slg. 1990, 1-2321, Randnr. 13).

AZ C-8/88; Rz 13 - Auszug -
Zitat
Hierzu ist festzustellen, daß es Sache aller mitgliedstaatlichen Behörden ist, seien
es solche der staatlichen Zentralgewalt, eines Gliedstaats oder sonstiger Gebietskörperschaften,
im Rahmen ihrer jeweiligen Zuständigkeiten die Einhaltung der
gemeinschaftsrechtlichen Vorschriften zu gewährleisten.

AZ C-213/89; Rz 18
Zitat
Der Gerichtshof hat in seinem Urteil vom 9. März 1978 in der Rechtssache 106/77
(Simmenthai, Slg. 1978, 629) entschieden, daß die unmittelbar geltenden Bestimmungen
des Gemeinschaftsrechts „ihre volle Wirkung einheitlich in sämtlichen
Mitgliedstaaten vom Zeitpunkt ihres Inkrafttretens an und während der gesamten
Dauer ihrer Gültigkeit entfalten müssen" (Randnrn. 14 bis 16) und daß „nach
dem Grundsatz des Vorrangs des Gemeinschaftsrechts die Vertragsbestimmungen
und die unmittelbar geltenden Rechtsakte der Gemeinschaftsorgane in ihrem Verhältnis
zum internen Recht der Mitgliedstaaten... zur Folge [haben], daß allein
durch ihr Inkrafttreten jede entgegenstehende Bestimmung des geltenden staatlichen
Rechts ohne weiteres unanwendbar wird" (Randnrn. 17 bis 18).

AZ - Siehe darüber; Rz 19
Zitat
Nach der Rechtsprechung des Gerichtshofes haben die innerstaatlichen Gerichte
entsprechend dem in Artikel 5 EWG-Vertrag ausgesprochenen Grundsatz der Mitwirkungspflicht
den Rechtsschutz zu gewährleisten, der sich für die einzelnen aus
der unmittelbaren Wirkung des Gemeinschaftsrechts ergibt (so zuletzt die Urteile
vom 10. Juli 1980 in der Rechtssache 811/79, Ariete, und in der Rechtssache
826/79, Mireco, Slg. 1980, 2545 bzw. 2559).

AZ - siehe darüber; Rz 20
Zitat
Der Gerichtshof hat weiter entschieden, daß jede Bestimmung einer nationalen
Rechtsordnung oder jede Gesetzgebungs-, Verwaltungs- oder Gerichtspraxis mit
den in der Natur des Gemeinschaftsrechts liegenden Erfordernissen unvereinbar
wäre, die dadurch zu einer Abschwächung der Wirksamkeit des Gemeinschaftsrechts
führen würde, daß dem für die Anwendung dieses Rechts zuständigen Gericht
die Befugnis abgesprochen wird, bereits zum Zeitpunkt dieser Anwendung
alles Erforderliche zu tun, um diejenigen innerstaatlichen Rechtsvorschriften auszuschalten,
die unter Umständen ein wenn auch nur vorübergehendes Hindernis
für die volle Wirksamkeit der Gemeinschaftsnormen bilden (Urteil vom 9. März
1978, Simmenthai, a. a. O., Randnrn. 21 bis 23).

AZ - siehe darüber; Urteil zu diesem Vorgang
Zitat
Das Gemeinschaftsrecht ist dahin auszulegen, daß ein nationales Gericht, das in
einem bei ihm anhängigen, das Gemeinschaftsrecht betreffenden Rechtsstreit zu der
Auffassung gelangt, dem Erlaß einstweiliger Anordnungen stehe nur eine Vorschrift
des nationalen Rechts entgegen, diese Vorschrift nicht anwenden darf.

AZ C-280/00; Rz 59 - Auszug -
Zitat
Nach ständiger Rechtsprechung ist es nämlich für die Erfüllung des Erfordernisses
der Rechtssicherheit von besonderer Bedeutung, dass die Rechtslage für den
Einzelnen hinreichend bestimmt und klar ist und ihn in die Lage versetzt, von
allen seinen Rechten Kenntnis zu erlangen und diese gegebenenfalls vor den nationalen
Gerichten geltend zu machen

Weiterführende Quellen:
http://europa.eu/legislation_summaries/institutional_affairs/decisionmaking_process/l14548_de.htm
Der Vorrang des EU-Rechts - Auszug -
Zitat
Laut dem Grundsatz des Vorrangs hat das EU-Recht ein höheres Gewicht als das Recht der Mitgliedstaaten. Der Grundsatz des Vorrangs gilt für alle EU-Rechtsakte mit verbindlicher Wirkung. Die Mitgliedstaaten dürfen also keine nationale Rechtsvorschrift anwenden, die im Widerspruch zum EU-Recht steht.

http://europa.eu/legislation_summaries/institutional_affairs/decisionmaking_process/l14547_de.htm
Die unmittelbare Wirkung des EU-Rechts -Auszug -
Zitat
Sie wurde vom Gerichtshof der Europäischen Union (EuGH) anerkannt und ermöglicht es Einzelnen, sich vor Gericht ungeachtet eines bestehenden innerstaatlichen Gesetzestextes unmittelbar auf EU-Recht zu berufen.

Der Grundsatz der unmittelbaren Wirkung (oder der unmittelbaren Anwendbarkeit) ermöglicht es Einzelnen, sich unmittelbar vor einem nationalen Gericht auf eine EU-Rechtsvorschrift zu berufen. Dieser Grundsatz betrifft nur bestimmte EU-Rechtsakte und unterliegt darüber hinaus mehreren Bedingungen.
Titel: Re: Kleiner Ausflug zum Europarecht
Beitrag von: pinguin am 30. Januar 2015, 17:48
Teil 5

Aus den bisherigen Ausführungen folgt, daß:

1.) jede nationale Regelung unanwendbar wird, wenn deren Anwendung zur Folge hätte, daß Europarecht nicht oder nicht ausreichend angewandt werden könnte;

2.) jedes nationale Gericht ist auf Grund seiner europarechtlichen Mitwirkungspflichten zur direkten Vorlage an den Europäischen Gerichtshof verpflichtet, wenn sich in einem ihm anvertrauten Vorgang nationales und europäisches Recht widersprüchlich verhalten;

Dazu auch:
AZ C-173/09; Rz 25
Zitat
Hierzu ist als Erstes festzustellen, dass das Vorliegen einer nationalen Verfahrensvorschrift wie der im Ausgangsverfahren anwendbaren nicht das Recht der nicht in letzter Instanz entscheidenden nationalen Gerichte in Frage stellen kann, dem Gerichtshof ein Vorabentscheidungsersuchen vorzulegen, wenn sie, wie im vorliegenden Fall, Zweifel an der Auslegung des Unionsrechts haben.


AZ  - siehe darüber, Rz 26 -Auszug -
Zitat
Nach ständiger Rechtsprechung haben die nationalen Gerichte gemäß Art. 267 AEUV ein unbeschränktes Recht zur Vorlage an den Gerichtshof, wenn sie der Auffassung sind, dass eine bei ihnen anhängige Rechtssache Fragen der Auslegung oder der Gültigkeit der unionsrechtlichen Bestimmungen aufwirft, über die diese Gerichte im konkreten Fall entscheiden müssen ***. Den nationalen Gerichten steht es zudem frei, diese Möglichkeit in jedem Moment des Verfahrens, den sie für geeignet halten, wahrzunehmen (vgl. in diesem Sinne Urteil Melki und Abdeli, Randnrn. 52 und 57).

3.) aus den Punkten 1 und 2 folgt direkt, daß ein im nationalen Recht vorgesehener "Weg durch die Instanzen" hier keine Anwendung finden darf;

4.) dem Europäischen Gerichtshof ist ein Gericht der ersten Instanz angegliedert, um per Vorabentscheidung europarechtliche Fragen zu klären; an diese Vorabentscheidung ist das weiterführende nationale Gericht gebunden;

AZ C-173/09, Rz 29
Zitat
Als Zweites ist darauf hinzuweisen, dass nach ständiger Rechtsprechung ein Urteil des Gerichtshofs im Vorabentscheidungsverfahren das nationale Gericht bei der Entscheidung des Ausgangsverfahrens bindet

5.) selbst höchstrichterliche nationale Rechtsprechung muß unanwendbar bleiben, wenn durch deren Anwendung die Anwendung von Europarecht unmöglich wird;

AZ C-173/09, Rz 31 - Auszug -
Zitat
Ferner ist das nationale Gericht, das im Rahmen seiner Zuständigkeit die unionsrechtlichen Bestimmungen anzuwenden hat, nach ständiger Rechtsprechung gehalten, für die volle Wirksamkeit dieser Normen Sorge zu tragen, indem es erforderlichenfalls jede entgegenstehende Bestimmung des nationalen Rechts, d. h. im vorliegenden Fall die in Randnr. 22 des vorliegenden Urteils genannte nationale Verfahrensvorschrift, aus eigener Entscheidungsbefugnis unangewandt lässt, ohne dass es die vorherige Beseitigung dieser Bestimmung auf gesetzgeberischem Wege oder durch irgendein anderes verfassungsrechtliches Verfahren beantragen oder abwarten müsste ***.

Es wird letztlich zu klären sein:

a.) Ist es europarechtlich zulässig, daß für einen Vorgang, eine Leistung bzw. Dienstleistung, die per Europarecht dem Wettbewerbsrecht unterliegen, eine Steuer erhoben wird?

b.) Darf eine Behörde oder sonstige nationale Einrichtung eine steuerähnliche Gebühr bzw. einen steuerähnlichen Beitrag für einen dem europäischen Wettbewerbsrecht unterstehenden Vorgang oder eine dem europäischen Wettbewerbsrecht unterstehende Leistung bzw. Dienstleistung erheben, einziehen und/oder festsetzen, die per europäischem oder nationalem Recht zum Einzug, zur Erhebung bzw. Festsetzung von Steuern gar nicht befugt ist?
Titel: Re: Kleiner Ausflug zum Europarecht
Beitrag von: Sophia.Orthoi am 30. Januar 2015, 18:18
a.) Ist es europarechtlich zulässig, daß für einen Vorgang, eine Leistung bzw. Dienstleistung, die per Europarecht dem Wettbewerbsrecht unterliegen, eine Steuer erhoben wird?

b.) Darf eine Behörde oder sonstige nationale Einrichtung eine steuerähnliche Gebühr bzw. einen steuerähnlichen Beitrag für einen dem europäischen Wettbewerbsrecht unterstehenden Vorgang oder eine dem europäischen Wettbewerbsrecht unterstehende Leistung bzw. Dienstleistung erheben, einziehen und/oder festsetzen, die per europäischem oder nationalem Recht zum Einzug, zur Erhebung bzw. Festsetzung von Steuern gar nicht befugt ist?

Man sollte auch Kirchhofs Gutachten ab Seite 74 lesen: "Europäisches Beihilferecht".
Titel: Re: Kleiner Ausflug zum Europarecht
Beitrag von: pinguin am 31. Januar 2015, 00:06
Man sollte auch Kirchhofs Gutachten ab Seite 74 lesen: "Europäisches Beihilferecht".
Das kommt auf die Sichtweise an; anbei ein Link zu einem Dokument der Kommission zum spanischen Fernsehsystem http://eur-lex.europa.eu/legal-content/DE/TXT/HTML/?uri=CELEX:32011D0001&qid=1422656759055&from=DE
    
Rz 49
Zitat
Gemäß Artikel 1 Buchstabe c der Verordnung (EG) Nr. 659/1999 gelten als „neue Beihilfen“ alle Beihilfen, die keine bestehenden Beihilfen sind, einschließlich Änderungen bestehender Beihilfen. Gemäß Artikel 4 der Durchführungsverordnung (EG) Nr. 794/2004 gelten Änderungen rein formaler oder verwaltungstechnischer Art, die keinen Einfluss auf die Würdigung der Vereinbarkeit der Beihilfemaßnahme mit dem Gemeinsamen Markt haben können, sowie Erhöhungen (um bis zu 20 %) der Ausgangsmittel für eine bestehende Beihilfe nicht als Änderungen bestehender Beihilfen.

Die Änderung des Rundfunkgebührensystems hätte gemeldet werden müssen. Ist diese Meldung erfolgt? Im Beschluß der Kommission, der hier Deutschland betrifft, ist diese Meldung nicht erfolgt, obwohl sie auch hier nötig gewesen wäre.

Und noch ein Beschluß der Kommission, der hier Deutschland betrifft.
http://eur-lex.europa.eu/legal-content/DE/TXT/HTML/?uri=CELEX:32006D0513&from=DE
Titel: Re: Kleiner Ausflug zum Europarecht
Beitrag von: pinguin am 31. Januar 2015, 23:43
Hinweis:
Alle genannten Urteile des Europäischen Gerichtshofes lassen sich hier als PDF oder einfache Webdarstellung beziehen: http://curia.europa.eu/juris/recherche.jsf?language=de
Einfach das Aktenzeichen dort eingeben, wo es eingetragen werden soll und dann die Suche einfach per Enter starten, wenn keine weiteren Eingaben in die Suchmaske erfolgen sollen. Cookies und Scripte müssen zugelassen sein. Bei der dann folgenden Webseite lassen sich die Sprache des Dokumentes wie auch die Art der Darstellung auswählen.
------------------------
Teil 6

Das in diesem Thema noch nicht genannte Urteil des EuGH C-337/06 hat noch einiges Interessantes zu bieten.

Vorher aber hierzu http://gez-boykott.de/Forum/index.php/topic,12899.msg86929.html#msg86929
Zitat
Der Bund hat nichts zu sagen. "Ich gehe nicht davon aus, dass wir den Beirat an die Kompetenzordnung des Grundgesetzes erinnern müssen, wonach Rundfunk in die Zuständigkeit der Länder fällt", schreibt Dreyer nun
Dazu darf man anmerken, daß der EuGH zur Auffassung gelangte, daß

---------------------
AZ C-337/06, Rz 45 - Auszug -
Zitat
Die diesen Anstalten so zur Verfügung gestellten Mittel werden ohne spezifische Gegenleistung im Sinne der Rechtsprechung des Gerichtshofs ausgezahlt (vgl. in diesem Sinne Urteil University of Cambridge, Randnrn. 23 bis 25). Diese Zahlungen hängen nämlich nicht von einer vertraglichen Gegenleistung ab, da weder die Gebührenpflicht noch die Gebührenhöhe das Ergebnis einer Vereinbarung zwischen den öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten und den Verbrauchern sind.

AZ - siehe darüber, Rz 47 -Auszug -
Zitat
Schließlich darf es, *** zu keiner unterschiedlichen Beurteilung danach führen, ob die Finanzmittel den öffentlichen Haushalt durchlaufen, der Staat also die Gebühr zunächst einzieht und die Einnahmen hieraus dann den öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten zur Verfügung stellt, oder ob der Staat diesen Anstalten das Recht einräumt, die Gebühren selbst einzuziehen.

AZ - siehe darüber, Rz 48
Zitat
Im Ergebnis ist daher festzustellen, dass eine Finanzierung wie die im Ausgangsverfahren in Rede stehende, die durch einen staatlichen Akt eingeführt worden ist, durch den Staat garantiert und mittels hoheitlicher Befugnisse erhoben und eingezogen wird, die Voraussetzung der „Finanzierung durch den Staat“ für den Zweck der Anwendung der Gemeinschaftsvorschriften auf dem Gebiet der Vergabe öffentlicher Aufträge erfüllt.

AZ - siehe darüber, Rz 35
Zitat
Für die Auslegung des Begriffs der „Finanzierung durch den Staat“ oder durch andere öffentlich-rechtliche Einrichtungen ist auf den Zweck der gemeinschaftlichen Richtlinien auf dem Gebiet der öffentlichen Aufträge abzustellen, wie er in der Rechtsprechung des Gerichtshofs dargelegt worden ist.

AZ - siehe darüber, Rz 41 - Auszug -
Zitat
Hierzu ist zunächst festzustellen, dass die Gebühr, die die überwiegende Finanzierung der Tätigkeit der fraglichen Einrichtungen sicherstellt, ihren Ursprung im Rundfunkstaatsvertrag hat, also in einem staatlichen Akt.

AZ - siehe darüber, Rz 59
Zitat
Auch der Staat erhält im vorliegenden Fall keine spezifische Gegenleistung, da die im Ausgangsfall in Rede stehende Finanzierung, wie das vorlegende Gericht zutreffend ausführt, dem Ausgleich der Lasten dient, die durch die Erfüllung der öffentlichen Aufgabe entstehen, eine pluralistische und objektive Informationsversorgung der Bürger zu gewährleisten. Insoweit unterscheiden sich die im Ausgangsverfahren in Rede stehenden Rundfunkanstalten nicht von einem anderen öffentlichen Dienstleister, der eine staatliche Finanzhilfe erhält, um seinen im öffentlichen Interesse liegenden Auftrag zu erfüllen.
------------------

der Staat hier sehr wohl etwas zu sagen hat, da es sich bei der "Finanzierung durch den Staat" um eine "staatliche Beihilfe" hinsichtlich des Wettbewerbsrechtes handelt.

Jede "staatliche Beihilfe" ist vom Staat an die Kommission zu melden, soweit sie eine neue Beihilfe darstellt. Eine schon bestehende Beihilfe wird als neu gewertet, wenn deren Nettozuwachs mehr als 20% der schon bestehenden Beihilfe beträgt. Siehe hierzu Teil 5.

Aber kurios ist das schon; der Staat erhält selbst keine konkrete Gegenleistung, darf gegenüber Brüssel aber in Haftung treten, wenn seine staatliche Beihilfe unzulässig hoch ist, da Fernsehen, Rundfunk und Co. ja dem Wettbewerbsrecht unterstehen?
Titel: Re: Kleiner Ausflug zum Europarecht
Beitrag von: pinguin am 01. Februar 2015, 08:30
Teil 7

Das neue Rundfunkgebührensystem dürfte eine direkte Folge der hier schon genannten Richtlinie 2007/64/EG sein, nach der diese bis Ende 2012 in nationales Recht umzusetzen war.

http://eur-lex.europa.eu/legal-content/DE/TXT/HTML/?uri=URISERV:l26099&from=DE
Zitat
Wenngleich die Finanzierung durch den Staat im Allgemeinen erforderlich ist, um der Rundfunkanstalt die Erfüllung ihres öffentlich-rechtlichen Auftrags zu ermöglichen, dürfen die staatlichen Beihilfen nicht die Nettokosten überschreiten, die aus dem öffentlich-rechtlichen Auftrag erwachsen, bei Berücksichtigung der anderen direkten oder indirekten Einnahmen aus diesem Auftrag. Deshalb werden die Nettogewinne, die durch kommerzielle Aktivitäten aus dem öffentlich-rechtlichen Auftrag erzielt werden, zur Beurteilung der Verhältnismäßigkeit der Beihilfe herangezogen. Deshalb prüft die Kommission auch, ob gegebenenfalls eine Wettbewerbsverzerrung aufgrund der gewährten Beihilfen durch die Notwendigkeit gerechtfertigt ist, den öffentlich-rechtlichen Auftrag, wie er vom Mitgliedstaat definiert wurde, zu erfüllen und zu finanzieren. In ihrer Beurteilung berücksichtigt die Kommission ebenfalls die Tatsache, dass in dem Maße, wie eine staatliche Beihilfe zur Erfüllung des öffentlich-rechtlichen Auftrags notwendig ist, das System als Ganzes auch den Vorteil haben könnte, dass auf einigen relevanten Märkten eine alternative Angebotsmöglichkeit erhalten wird.

http://eur-lex.europa.eu/legal-content/DE/TXT/HTML/?uri=URISERV:l23013b&qid=1422774565651&from=DE
Zitat
Die Rechte der Verbraucher und Nutzer sichern: Zu diesen Rechten gehören insbesondere: der Zugang zu Dienstleistungen, einschließlich grenzübergreifenden Dienstleistungen, auf dem gesamten Gebiet der Union, und zwar für alle Bevölkerungsschichten, die Erschwinglichkeit der Kosten für Dienstleistungen, einschließlich Sonderregelungen für Einkommensschwache, die physische Sicherheit, die Versorgungssicherheit und Zuverlässigkeit, Kontinuität, hohe Qualität, Angebotsvielfalt, Transparenz und Zugang zur Information der Dienstleistungserbringer und Regulierungsbehörden.

Zitat
Die Verschiedenheit von Dienstleistungen und Situationen berücksichtigen: Da es Unterschiede zwischen den Bedürfnissen und Präferenzen der Nutzer und Verbraucher je nach den wirtschaftlichen, sozialen, geografischen und kulturellen Gegebenheiten gibt, muss die Vielfalt der Dienstleistung gewahrt bleiben. Dies gilt insbesondere für den Sozial- und Gesundheitsbereich sowie für den Rundfunk.

http://eur-lex.europa.eu/legal-content/DE/TXT/?qid=1422774565651&uri=URISERV:cc0016
Zitat
Diese Beihilfen müssen nicht angemeldet werden, wenn der Gesamtbetrag der De minimis-Beihilfe an ein Unternehmen, das Dienstleistungen von allgemeinem wirtschaftlichem Interesse erbringt, über einen Zeitraum von drei Steuerjahren insgesamt 500 000 Euro nicht übersteigt und die Kumulierungsregeln eingehalten wurden.
Umgekehrt bedeutet dieses auch, daß Beihilfen, die über einen Zeitraum von 3 Steuerjahren 500.000 Euro übersteigen, grundsätzlich meldepflichtig sind.

http://eur-lex.europa.eu/legal-content/DE/TXT/HTML/?uri=URISERV:l26127&qid=1422774565651&from=DE
Zitat
Die Ausgleichszahlungen dürfen nicht über die durch die Erfüllung der Gemeinwohlverpflichtung verursachten Kosten hinausgehen. Sie dürfen außerdem ausschließlich für die Erbringung der betreffenden Dienstleistung von allgemeinem wirtschaftlichem Interesse verwendet werden.

Zitat
Die Ausgleichszahlungen müssen für die Erbringung der betreffenden Dienstleistung von allgemeinem wirtschaftlichem Interesse verwendet werden. Für die Erbringung von Dienstleistungen von allgemeinem wirtschaftlichem Interesse gewährte Ausgleichszahlungen, die dazu verwendet werden, auf anderen Märkten tätig zu werden, sind nicht gerechtfertigt und stellen daher eine mit dem Gemeinsamen Markt unvereinbare staatliche Beihilfe dar. Die zu berücksichtigenden Kosten beinhalten alle bei der Erbringung der Dienstleistung von allgemeinem wirtschaftlichem Interesse angefallenen Kosten.

Der nächste Teil wird sich dann damit befassen, zu ermitteln, welche Teile des Rundfunksystems dem Wettbewerbsrecht unterliegen und welche nicht.
Titel: Re: Kleiner Ausflug zum Europarecht
Beitrag von: pinguin am 27. Februar 2015, 21:54
Teil 8 hat es zwar noch nicht, dafür aber den Hinweis, daß jeder EU-Bürger das Recht hat, sich direkt an die EU-Kommission zu wenden.

http://ec.europa.eu/taxation_customs/common/infringements/general_information/index_de.htm (http://ec.europa.eu/taxation_customs/common/infringements/general_information/index_de.htm)

Zitat
Die Kommission wird von Amts wegen (wenn sie einen Verstoß gegen das Gemeinschaftsrecht aufdeckt) oder bei Eingang einer Beschwerde tätig.
*
*
Jeder kann eine Beschwerde gegen einen Mitgliedstaat einreichen (ein entsprechendes Formular ist unter der Adresse (http://ec.europa.eu/atwork/applying-eu-law/complaints_de.htm) abrufbar), wenn er der Auffassung ist, dass eine Regelung (Rechts- oder Verwaltungsvorschrift) oder eine allgemeine Verwaltungspraxis nicht mit dem Gemeinschaftsrecht vereinbar ist.  Sofern die Beschwerde begründet erscheint, kann die Kommission ein Vertragsverletzungsverfahren einleiten. In diesem Verfahren wird jedoch nur festgestellt, dass die betreffende Regelung bzw. Praxis rechtswidrig ist. Es ist daher im Interesse des Beschwerdeführers, zur Wahrung seiner persönlichen Rechte im Einzelfall die auf nationaler Ebene bestehenden Rechtsbehelfe einzulegen. Denn nur die nationalen Gerichte sind etwa in der Lage, Schadenersatz zu gewähren oder eine Anordnung gegen die Verwaltung zu erlassen.
Titel: Re: Kleiner Ausflug zum Europarecht
Beitrag von: pinguin am 01. März 2015, 13:00
Falls noch einer meint, daß Europarecht keine Geltung habe:
http://europa.eu/rapid/press-release_MEMO-15-4489_de.htm (http://europa.eu/rapid/press-release_MEMO-15-4489_de.htm)

Die EU moniert per 26. Februar 2015 bei Deutschland u.a. einen Teil der Mehrwertsteuerreglung, die ungenügende Umsetzung der Führerscheinrichtlinie und auch die Wochenarbeitszeit für dt. Beamte.
--------------
Hier gleich noch eine Info, falls sich jemand doch an die Kommission wenden möchte; für Details bitte den Text hinter den weiterführenden Links zur Kenntnis nehmen.

http://ec.europa.eu/your-rights/help/individuals/index_de.htm (http://ec.europa.eu/your-rights/help/individuals/index_de.htm)
---------------
Der eine oder anderer Leser wird u. U. auch die EU-Charter der Grundrechte interessant finden, die hierüber zu beziehen ist: http://ec.europa.eu/justice/fundamental-rights/charter/index_de.htm?cookies=disabled ; diese EU-Charta der Grundrechte ist seit über 2 Jahren rechtsverbindlich.

Zitat
Beispielsweise gilt die Charta, wenn EU-Länder nationale Gesetze zur Umsetzung von EU-Recht verabschieden bzw. anwenden oder Behörden direkt EU-Verordnungen umsetzen.
Siehe Richtlinie 2007/65/EG über audiovisuelle Mediendienstleistungen; Rundfunk ist eine dem Wettbewerbsrecht zugeordnete Dienstleistung.
Titel: Re: Kleiner Ausflug zum Europarecht
Beitrag von: PersonX am 01. März 2015, 16:44
irgendwie komisch, bereits 2010 bekannt

Zitat
Somit handele es sich um eine den Besitzern und Besitzerinnen von Rundfunkgeräten auferlegte „Zwangsabgabe“ – sprich: um Rundfunkgebühren, die „nach ähnlichen Verfahren eingezogen werden wie Steuern“. Im Sinne des EG-Vertrags bildeten diese allerdings keine unerlaubte Beihilfe, sondern eine sogenannte bestehende Beihilfe (Altbeihilfe), die vor dem Inkrafttreten (einschließlich der zur schrittweisen Verwirklichung des Gemeinsamen Marktes in Art. 8 des EWG-Vertrages vorgesehenen Übergangsfrist von 12 Jahren) des EWG-Vertrags (1957) eingeführt wurde. Sie sei als EU-konform zu bewerten, insoweit vom nationalen Gesetzgeber – im vorliegenden Fall: von den Bundesländern – keine diese Regelungen „‚in ihrem Kern‘“ berührende Änderungen vorgenommen würden.

Solche kernbezogenen Änderungen wären in Entsprechung zur Argumentation der Kommission bereits dann gegeben, wenn, wie in Deutschland von der Rundfunkkommission der Länder diskutiert, das System des Gebühreneinzugs modernisiert würde. Alternative Lösungen zu der bestehenden, auf das Bereithalten eines Empfangsgeräts bezogenen Finanzierung des öffentlich-rechtlichen Rundfunks – im Gespräch sind: eine Bürgerabgabe bzw. Kopfpauschale, eine Haushalts- und Unternehmensabgabe sowie Steuermodelle – würden unweigerlich als Neubeihilfe eingestuft und bedürften einer Notifizierung mit dann absehbaren Einflussnahmen auf die deutsche Rundfunkordnung durch die Kommission.

selbst bei Parteien ;-)

http://blog.die-linke.de/digitalelinke/offentlich-rechtlicher-rundfunk-im-digitalzeitalter-teil-ii-europarechtliche-beschrankungen/
Titel: Re: Kleiner Ausflug zum Europarecht
Beitrag von: Roggi am 01. März 2015, 17:08
Die haben ihre Gesetze dermaßen vermurkst, dass sie selber nicht mehr durchblicken. Deswegen denken die auch, der RBStV sei mit der Verfassung vereinbar. Wenn man bedenkt, wie lange hier im Forum schon der RBStV auf Fehler untersucht wird und immer noch neue Fehler gefunden werden, dann braucht man sich nicht wundern, wenn ein tüddeliger Exrichter für viel Geld ein Gefälligkeitsgutachten schreibt, welches eben nicht die aktuelle Rechtslage komplett berücksichtigt. Die ersticken an ihrer Gier.
Titel: Re: Kleiner Ausflug zum Europarecht
Beitrag von: pinguin am 01. März 2015, 18:42
Coole Feststellung.

Eine kernbezogene Änderung gab es mit dem Wechsel des Finanzierungssystems von 2012 auf 2013.

Jede nicht von der Kommission genehmigte Beihilfe ist eine unzulässige Beihilfe und ist vollständig zu erstatten.

Wenn diese Partei das aber seit 2010 weiß, hätten die in 2013 oder früher wach sein müssen. Wieso schauen die seitdem zu, daß Europarecht gebrochen wird?

Keine Qualifikation dafür, auf Bundesebene je wählbar zu werden.
Titel: Re: Kleiner Ausflug zum Europarecht
Beitrag von: pinguin am 09. März 2015, 17:11
EuGH C?468/10 und C?469/10
Zitat
Art. 7 Buchst. f der Richtlinie 95/46 hat unmittelbare Wirkung.

Datenschutzrichtlinie 95/46/EG

http://eur-lex.europa.eu/LexUriServ/LexUriServ.do?uri=CELEX:31995L0046:DE:HTML

Zitat
Artikel 7
Die Mitgliedstaaten sehen vor, daß die Verarbeitung personenbezogener Daten lediglich erfolgen darf, wenn eine der folgenden Voraussetzungen erfuellt ist:
a) Die betroffene Person hat ohne jeden Zweifel ihre Einwilligung gegeben;
b) die Verarbeitung ist erforderlich für die Erfuellung eines Vertrags, dessen Vertragspartei die betroffene Person ist, oder für die Durchführung vorvertraglicher Maßnahmen, die auf Antrag der betroffenen Person erfolgen;
c) die Verarbeitung ist für die Erfuellung einer rechtlichen Verpflichtung erforderlich, der der für die Verarbeitung Verantwortliche unterliegt;
d) die Verarbeitung ist erforderlich für die Wahrung lebenswichtiger Interessen der betroffenen Person;
e) die Verarbeitung ist erforderlich für die Wahrnehmung einer Aufgabe, die im öffentlichen Interesse liegt oder in Ausübung öffentlicher Gewalt erfolgt und dem für die Verarbeitung Verantwortlichen oder dem Dritten, dem die Daten übermittelt werden, übertragen wurde;
f) die Verarbeitung ist erforderlich zur Verwirklichung des berechtigten Interesses, das von dem für die Verarbeitung Verantwortlichen oder von dem bzw. den Dritten wahrgenommen wird, denen die Daten übermittelt werden, sofern nicht das Interesse oder die Grundrechte und Grundfreiheiten der betroffenen Person, die gemäß Artikel 1 Absatz 1 geschützt sind, überwiesen.

Zitat
Artikel 1 Gegenstand der Richtlinie
(1) Die Mitgliedstaaten gewährleisten nach den Bestimmungen dieser Richtlinie den Schutz der Grundrechte und Grundfreiheiten und insbesondere den Schutz der Privatsphäre natürlicher Personen bei der Verarbeitung personenbezogener Daten.
Titel: Re: Kleiner Ausflug zum Europarecht
Beitrag von: Roggi am 09. März 2015, 18:40
Das Grundgesetz soll den Bürger schützen vor gierigen, machtbesessenen Politikern, das Europarecht ist wohl ebenso dazu da, die Bürger zu schützen. Erstaunlich, dass die Politiker sich keinen Deut an solche Gesetze halten, wenn die Milliarden winken. Es ist sicherlich nur schwer ein Grund zu konstruieren, warum das Interesse des örR gegenüber dem Interesse des Bürgers bevorzugt werden soll. Das Interesse des örR sind eindeutig Milliarden von Euro, aber sicherlich nicht die Programmfreiheit. Die wäre auch ohne diese missachteten Grundrechte gegeben, denn niemand kann ernsthaft glauben, dass örR seinen Sendebetrieb einstellen würde, wenn statt 8 Mrd. Euro nur noch 4 Mrd. Euro zur Verfügung stehen würden.
Titel: Re: Kleiner Ausflug zum Europarecht
Beitrag von: MrTNo am 09. März 2015, 20:20
a.) Ist es europarechtlich zulässig, daß für einen Vorgang, eine Leistung bzw. Dienstleistung, die per Europarecht dem Wettbewerbsrecht unterliegen, eine Steuer erhoben wird?

b.) Darf eine Behörde oder sonstige nationale Einrichtung eine steuerähnliche Gebühr bzw. einen steuerähnlichen Beitrag für einen dem europäischen Wettbewerbsrecht unterstehenden Vorgang oder eine dem europäischen Wettbewerbsrecht unterstehende Leistung bzw. Dienstleistung erheben, einziehen und/oder festsetzen, die per europäischem oder nationalem Recht zum Einzug, zur Erhebung bzw. Festsetzung von Steuern gar nicht befugt ist?

Man sollte auch Kirchhofs Gutachten ab Seite 74 lesen: "Europäisches Beihilferecht".

Kirchhof schreibt in seinem Gutachten:
Zitat
Der Übergang vom geräteabhängigen zum haushalts- und betriebsbezogenen Rundfunkbeitrag ist keine Änderung des bisherigen Systems, die den ursprünglichen Beitrag in seinem Kern beträfe, d. h. die Art des Vorteils oder der Finanzierungsquelle, das Ziel der Beihilfe, den Kreis der Begünstigten oder die Tätigkeitsbereiche der Begünstigten wesentlich veränderte. Die Neuregelung begründet eine Vorzugslast für denselben Vorteil (Leistungsangebot der Rundfunkanstalten), beansprucht die gleiche Finanzierungsquelle (die Finanzkraft der Rundfunknutzer und Gebührenschuldner), behält das Ziel der Finanzierung (die auftragsgemäße Distanz zu Staat und Markt wahrende Finanzausstattung der Rundfunkanstalten) bei, lässt den Kreis der Abgabengläubiger (die Rundfunkanstalten) und deren Tätigkeitsbereich (den Rundfunkauftrag) schlechthin unberührt. Die Kontinuität des Beitrags in Belastungsgrund, Bemessungsgrundlage, Belastungshöhe und Finanzwirkungen weist auch nach der Praxis der Kommission die Reform als „unwesentlich“ aus.

Widerspricht dies nicht dem neuen Modell, was als Finanzierungsquelle nun auch alle die Menschen einbezieht, die vorher den Rundfunk aufgrund abgemeldeter Geräte nicht genutzt haben? Es ist eben NICHT der identische Kreis der Finanzquelle. Es hat also doch ein Systemwechsel stattgefunden.

Zitat
Diese Beihilfen müssen nicht angemeldet werden, wenn der Gesamtbetrag der De minimis-Beihilfe an ein Unternehmen, das Dienstleistungen von allgemeinem wirtschaftlichem Interesse erbringt, über einen Zeitraum von drei Steuerjahren insgesamt 500 000 Euro nicht übersteigt und die Kumulierungsregeln eingehalten wurden.
Zitat
Umgekehrt bedeutet dieses auch, daß Beihilfen, die über einen Zeitraum von 3 Steuerjahren 500.000 Euro übersteigen, grundsätzlich meldepflichtig sind.

Würde dies nicht auch bedeuten, dass die aktuellen Mehreinnahmen, die vor einigen Tagen festgestellt und veröffentlicht wurden, diesen Rahmen sprengen? Oder bezieht sich dieses Zitat nicht auf diese Mehreinnahmen?
Titel: Re: Kleiner Ausflug zum Europarecht
Beitrag von: PersonX am 09. März 2015, 20:58
Wahrscheinlich ist das in dem Gutachten einfach falsch, oder eine Einzelmeinung, PersonX verweist hier nochmal auf die Antwort 16, das Zitat dort, der zweite Absatz.
Die Aussage ist, das so eine Änderung wie sie jetzt stattgefunden hat sehr wohl eine Änderung im Kern wäre.
Titel: Re: Kleiner Ausflug zum Europarecht
Beitrag von: MrTNo am 09. März 2015, 21:39
Ich habe noch eine interessante Quelle gefunden (Bayerischer Rundfunk), die ich morgen in meiner mündlichen Verhandlung angeben werde:

Zitat
Den Mitgliedsstaaten der EU steht es nach dem sogenannten Amsterdamer Protokoll grundsätzlich offen, gebührenfinanzierten öffentlich-rechtliche Rundfunk anzubieten und zu finanzieren, sofern die Finanzierung der Erfüllung des öffentlich-rechtlichen Auftrags dient, wie er von den einzelnen Mitgliedstaaten übertragen, festgelegt und ausgestaltet wird. Dies gilt jedoch nur soweit, wie es dem gemeinsamen Interesse der Gemeinschaft nicht zuwiderläuft. Aufgabe der Kommission wiederum ist es, für die Aufrechterhaltung des fairen Wettbewerbs zu sorgen. Somit steht die Gebührenfinanzierung in einem ständigen Spannungsverhältnis zum europäischen Wettbewerbs- und Beihilferecht. Denn dieses lässt Ausgleichzahlungen für die Erfüllung gemeinwirtschaftlicher Verpflichtungen, wie beispielsweise der Veranstaltung öffentlich-rechtlichen Rundfunks, nur unter engen Voraussetzungen zu. Demnach muss insbesondere sichergestellt sein, dass durch die öffentliche Finanzierung nur genau der Finanzbedarf gedeckt wird, der sich auch aus der Erfüllung der öffentlichen Aufgabe ergibt. Es darf also keine Überkompensation stattfinden. Nämlich nur dann sind solche Zahlungen wie die Rundfunkgebühr nach europäischem Recht nicht als unzulässige staatliche Beihilfe zu qualifizieren. Die Rundfunkmitteilung der EU-Kommission legt nun die Grundsätze für die Vereinbarkeit der staatlichen Finanzierung des öffentlich-rechtlichen Rundfunks mit dem europäischen Beihilferecht fest. Der jetzt veröffentlichten Rundfunkmitteilung gingen mehrere Entwurfsfassungen und kontroverse Konsultationsrunden voraus. Zuvor war letztmalig im Jahr 2001 eine EU-Rundfunkmitteilung veröffentlicht worden. Diese tritt mit der Veröffentlichung der neuen Mitteilung im Amtsblatt der EU außer Kraft.

http://www.br.de/unternehmen/inhalt/organisation/rechtsgrundlagen-gesetze-beihilfemitteilung102.html
Titel: Re: Kleiner Ausflug zum Europarecht
Beitrag von: PersonX am 09. März 2015, 22:04
Wie lautet die öffentliche Aufgabe. Wo ist die Grenze, also was gehört und was gehört nicht dazu.
In Deutschland richtet sich die Finazierung nach dem Bedarf, welchen die Anstalten anmelden um eine nicht genau definierte Aufgabe erfüllen zu wollen. Moment mal, welchen Einfluss haben die Bürger denn dabei? So gesehen keinen. Ohne Regelung des Umfangs, ist es keine vollständige öffentliche Aufgabe, also sollte es auch kein Geld geben. Die Anstalten melden Bedarf, mehr nicht, die KEF (natürlich völlig unabhängig vom Volk) sagt, ist okey, nach dem Sie irgendwas gestrichen hat, grundsätzlich prüfen könnten die zwar, machen es aber nicht.
Also mangelt es weiter an der genauen Aufgabenstellung und der Abgrenzung und ohne diese können die soviel Bedarf anmelden wie Sie wollen, es steht Ihnen so gesehen gar kein Geld zu. So gesehen, sind dann 8.000.000.000 oder 9.000.000.000 € ein Wert der völlig überzogen ist. Eine nicht genau geregelte öffentliche Aufgabe kann keinen Finanzbedarf auslösen, weil dieser schlicht nicht kontrollierbar wäre. Weil das so ist, sind alle Einnahmen oder Zahlungen an die Anstalten bereits jetzt eine Überkompensation.
Das Kontrollsystem ist fehlerhaft, genau so die Aufgabenbeschreibung und Ausgestaltung im Umfang.
Titel: Re: Kleiner Ausflug zum Europarecht
Beitrag von: rave am 09. März 2015, 22:36
@pinguin:
Interessantes Thema zum Datenschutz (Art 7).
Leider steht dort eingangs "wenn eine der folgenden Voraussetzungen erfuellt ist".
Hier wäre die Frage, was am ehesten auf den örR zutrifft bzw. was der örR meint, was am ehesten auf deren Argumentation zutrifft.
Ich befürchte, man legitimiert 7e auf sich als zutreffend.

Ich bin ja gerade mit dem Datenschutz des BS  "im Gespräch". Da frage ich doch mal an, was man so darüber denkt.

VG rave

Titel: Re: Kleiner Ausflug zum Europarecht
Beitrag von: pinguin am 10. März 2015, 00:34
@rave
Schau doch bitte auf das Zitat aus den EuGH-Urteilen; Artikel 7f ist unmittelbar geltendes Recht und durch nichts auszusetzen. Erst danach kann man hier weitersehen und sich die ganze Richtlinie zu Gemüte ziehen.

@PersonX
Es hat keinen konkreten öffentlichen Auftrag; auch dieses versuche ich die ganze Zeit zu vermitteln. Und ohne diesen konkreten Auftrag ist jede Beihilfe unzulässig.
Titel: Re: Kleiner Ausflug zum Europarecht
Beitrag von: zwanglos am 10. März 2015, 00:42
Wow, danke Pinguin, für Deine Recherche und die Links! Das ist hilfreich und Du hast Dir viel Arbeit gemacht!
Ich frage mich, warum da noch niemand bei der EU Beschwerde eingelegt hat, wegen fehlender Genehmigung usw. Z.B. die Partei, die sich gerade gegen den Zwangsbeitrag outet. Die sollten wir mal daran erinnern ...
Titel: Re: Kleiner Ausflug zum Europarecht
Beitrag von: pinguin am 10. März 2015, 21:29
Für alle, die sich für Europarecht interessieren, hat es hier noch ein "ABC des Rechts der Europäischen Union" des Herrn Prof. Dr. Klaus-Dieter Borchert.

http://europa.eu/documentation/legislation/pdf/oa8107147_de.pdf (http://europa.eu/documentation/legislation/pdf/oa8107147_de.pdf)

Ab Seite 132ff wird ausführend erklärt, warum und welches EU-Recht in bestimmten Bereichen eine unmittelbare Wirkung hat; federführend ist hier die Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes. Danach besteht unmittelbar geltendes Recht beim Gebrauch der
-Niederlassungsfreiheit;
-Dienstleistungsfreiheit;
-Freizügigkeit;
-Wettbewerbsfreiheit.

Ebenfalls sind

-der Grundsatz der Lohngleichheit von Männern und Frauen;
-das allgemeine Diskriminierungsverbot;
-das Recht auf freien Warenverkehr

unmittelbar geltende Rechtsgebiete.

@zwanglos
Zitat
Ich frage mich, warum da noch niemand bei der EU Beschwerde eingelegt hat
Die meisten Leute werden gar nicht auf die Idee kommen, sich da an die EU zu wenden, auch, weil viele von der EU nichts halten, weil sie sie bloß für ein bürokratisches, gefrässiges Monster betrachten. Und wie kann man guten Gewissens auf etwas verweisen, das man selber als überflüssig empfindet? Den meisten Leuten ist bzw. wird dabei gar nicht bewusst, daß viele nationale Bestimmungen direkt aus verbindlichem EU-Recht entstanden sind.
Titel: Re: Kleiner Ausflug zum Europarecht
Beitrag von: pinguin am 12. März 2015, 22:34
Hier nun noch der Link zu einem EU-Dokument über ein Gespräch der damaligen EU-Medien-Kommissarin mit dem saarländischen Ministerpräsidenten über die Relation EU-Kommission ARD/ZDF bzw. öffentlich-rechtlicher Rundfunk in Deutschland. Dieses Gespräch wurde in 2008 geführt und damit nach Abschluß des vorangegangenen, unter Auflagen eingestellten Beihilfeverfahrens.

http://europa.eu/rapid/press-release_SPEECH-08-597_de.htm

Dem Dokument kann man faktisch entnehmen,
- daß die EU-Kommission verpflichtet ist, die Einhaltung der auch von Deutschland ratifizierten EU-Verträge von Amts wegen durchzudrücken und,
- daß die EU-Kommission es leid ist, sich noch öfter als bisher schon mit dem öffentlich-rechtlichen Rundfunk des EU-Mitgliedslandes Deutschland befassen zu müssen.

Zwischen den Zeilen darf man evtl. erkennen, daß ein erneutes Beihilfeverfahren hinsichtlich des deutschen öffentlich-rechtlichen Rundfunks für Deutschland teuer wird.
Titel: Re: Kleiner Ausflug zum Europarecht
Beitrag von: pinguin am 14. März 2015, 17:40
Noch eine Anmerkung:

Der EuGH ist in seinem Urteil C-337/06 von Voraussetzungen ausgegangen, die so nicht bestehen:

Rz. 15 sagt:
Zitat
Die Finanzierung dieser Einrichtungen ist in Staatsverträgen zwischen dem Bund und den Ländern geregelt.

Diese Aussage ist ja inhaltlich nicht richtig, weil diese Staatsverträge nur zwischen den Ländern geschlossen worden sind und der Bund daran gar nicht beteiligt ist.

Möglicherweise ist auch die EU-Kommission in den Jahren zuvor von einem Sachverhalt ausgegangen, der nicht besteht?

Da der Bund daran nicht beteiligt ist, fehlt der eu-rechtlich notwendige, konkrete Auftrag des EU-Mitgliedslandes bspw. an die Länder, den Rundfunk in Eigenregie durchzuführen. -> Ohne den Auftrag des EU-Mitgliedslandes ist eine Beihilfe unzulässig.
Titel: Re: Kleiner Ausflug zum Europarecht
Beitrag von: vmp am 14. März 2015, 17:50
In dem gleichen Urteil C-337/06 steht auch:
Zitat
Der EuGH qualifiziert die Rundfunkgebühr im Ergebnis als staatliche Finanzierung. Sie hat ihren Ursprung im Rundfunkstaatsvertrag, ist also gesetzlich auferlegt. Sie muss unabhängig von einer Gegenleistung allein deswegen erbracht werden, weil ein Empfangsgerät bereitgehalten wird.
Quelle: http://www.onlinelaw.de/de/publikationen/artikel/artikel.php?we_objectID=169&level1=2&level2=2.3 (http://www.onlinelaw.de/de/publikationen/artikel/artikel.php?we_objectID=169&level1=2&level2=2.3)

Legt also eindeutig fest, dass keine Gegenleistung vorliegt. (Habe immer nur gelesen, dass eine (alte?) Entscheidung des BVerfG das bestätigt hatte, aber noch nie, dass das auch der EuGH so sieht, falls das schon irgendwo stand, entschuldigt :) )

Ja, es geht da noch um die alte Gebühr, aber wenn damals keine Gegenleistung vorlag, dann ab 2013 erst Recht nicht mehr. Und vorallem, wie soll eine Gegenleistung vorliegen, wenn man kein Empfangsgerät hat, wenn der EuGH sogar sagt, dass keine Gegenleistung vorliegt, wenn man eines hätte.
Titel: Re: Kleiner Ausflug zum Europarecht
Beitrag von: pinguin am 14. März 2015, 19:34
(Habe immer nur gelesen, dass eine (alte?) Entscheidung des BVerfG das bestätigt hatte, aber noch nie, dass das auch der EuGH so sieht, falls das schon irgendwo stand, entschuldigt :) )
Du bestätigst, was ich die ganze Zeit vermute; ein Teil der User liest nur selektiv oder gar nicht, was andere schon geschrieben haben.

Das ganze Urteil und mehr ist hier schon "behandelt" worden.

Übrigens: es ist immer besser, auf offizielle Originalquellen zu verlinken, in dem Falle also direkt zum EuGH. Denn nur das darf, bei Nennung der Quelle, bedenkenlos zitiert werden.
Titel: Re: Kleiner Ausflug zum Europarecht
Beitrag von: vmp am 14. März 2015, 19:52
Du bestätigst, was ich die ganze Zeit vermute; ein Teil der User liest nur selektiv oder gar nicht, was andere schon geschrieben haben.
Selbstverständlich lesen hier alle (vmtl mit geringen Ausnahmen) User nur selektiv. Das ist anders gar nicht handzuhaben bei einem so komplexen Thema und nur beschränkter Zeit. Ich beispielsweise verbringe am Tag vermeintlich 2-3 Stunden hier zu lesen und kann in dieser Zeit niemals alles lesen, darüber nachdenken, mir die relevanten Informationen komplett rausschreiben und mir gleichzeitig alles merken.
Titel: Re: Kleiner Ausflug zum Europarecht
Beitrag von: pinguin am 14. März 2015, 20:41
bei einem so komplexen Thema
Als so komplex empfinde ich das Thema gar nicht.

Gerade in Bezug auf Europarecht bedarf es primär nur der Klärung, ob die derzeitige nationale Regelung mit Europarecht kompatibel ist oder nicht.

Und hier genügt es zu ermitteln, ob es eine mit Europarecht vereinbare konkrete, offizielle Beauftragung des EU-Mitgliedslandes Deutschland an die Bundesländer hat oder nicht, aus der hervorgeht, daß die Bundesländer für den Rundfunk zuständig sind.

Aus keinem bekannten Dokument des Bundesgesetzgebers geht klar diese Beauftragung hervor.

Und, die Wiederholung sei mir erlaubt, ohne diese konkrete Beauftragung ist jede staatliche Beihilfe unzulässig. Die Bundesländer sind nicht Vertragspartner der EU, doch allein ein EU-Vertragspartner kann diese Beauftragung konkret erteilen.
Titel: Re: Kleiner Ausflug zum Europarecht
Beitrag von: Bürger am 15. März 2015, 00:27
Aus keinem bekannten Dokument des Bundesgesetzgebers geht klar diese Beauftragung hervor.

Was ist die rechtliche Grundlage, auf welche sich berufen wird, nach welcher "Rundfunk = Ländersache" sei...?

Sucht man das Netz, so findet man z.B. mit "Rundfunk Ländersache" gleich mehrfach Aussagen wie u.a. diese:
Zitat
Rundfunk - öffentlich-rechtlich wie privat - ist laut Grundgesetz Ländersache.
Quelle: http://www.die-medienanstalten.de/ueber-uns.html

sowie u.a. auch Dokumente wie dieses
Medienrecht, Dr. Harald Vinke
http://webuser.uni-weimar.de/~schatter/stud/ss03/recht/medienrecht_2.pdf
die ich nicht komplett gesichtet habe, welche jedoch auch für weitere Analysen hilfreich sein könnten

oder auch dieses:
Artikel im Grundgesetz: Rundfunk ist Ländersache
https://sternchentui.files.wordpress.com/2013/11/artikel-im-grundgesetz.pdf
Zitat
Der Bund und die Länder

Artikel 30
Die Ausübung der staatlichen Befugnisse und die Erfüllung der staatlichen Aufgaben ist Sache der Länder, soweit dieses Grundgesetz keine andere Regelung trifft oder zulässt.

Die Gesetzgebung des Bundes

Artikel 70
(1) Die Länder haben das Recht der Gesetzgebung, soweit dieses Grundgesetz nicht dem Bunde Gesetzgebungsbefugnisse verleiht.
(2) Die Abgrenzung der Zuständigkeit zwischen Bund und Ländern bemisst sich nach den Vorschriften dieses Grundgesetzes über die ausschließliche und die konkurrierende Gesetzgebung.

Artikel 71
Im Bereiche der ausschließlichen Gesetzgebung des Bundes haben die Länder die Befugnis zur Gesetzgebung nur, wenn und soweit sie hierzu in einem Bundesgesetze ausdrücklich ermächtigt werden.

[...]

Es würde demgemäß also eher auf einer Art "Ausschluss"-Prinzip basieren.

Wer konkretete Aussagen finden oder diese z.B. durch direkte Anfrage an die zuständigen Stellen in Erfahrung bringen kann, möge dies bitte gern tun.

Ein Staats-, Medien- oder Verwaltungsrechtler könnte dies vermutlich aus dem Ärmel schütteln...
...oder auch nicht ;) ;D

Wir sollten hier nur vermeiden, uns auf vermeintlich "ungeklärtes" Terrain zu begeben, wenn "alle Welt" es als "geklärt" betrachtet und dies auch nachweislich so ist.


Im Übrigen mag hier ggf. auch die
Bund-Länder-Vereinbarung in Angelegenheiten der Europäischen Union
http://www.bundesrat.de/DE/aufgaben/recht/bund-laender-eu/bund-laender-eu-node.html
tangierend oder gar direkt betroffen sein, als da u.a. steht
Zitat
I. Hinzuziehung von Ländervertretern zu Verhandlungen in Gremien der Europäischen Union
[...]
5. Für Ratstagungen in der Zusammensetzung der Minister, bei denen Vorhaben behandelt werden, die im Schwerpunkt ausschließliche Gesetzgebungsbefugnisse der Länder auf den Gebieten der schulischen Bildung, der Kultur oder des Rundfunks betreffen, benennt der Bundesrat nach § 6 Absatz 2 Satz 1 und 2 EUZBLG Mitglieder von Landesregierungen im Ministerrang, auf die die Bundesregierung für diese Vorhaben die Verhandlungsführung überträgt. [...]
Titel: Re: Kleiner Ausflug zum Europarecht
Beitrag von: pinguin am 15. März 2015, 17:33
@Bürger

Europäisches Recht <-> nationales Recht; was national genügen mag, reicht auf Europaebene u. U. nicht.

Die Aussagen des Grundgesetzes sind hier zu ungenau; daraus läßt sich kein ein-eindeutiger Auftrag des Bundes ableiten. Europarechtlich bedarf es aber dieses ein-eindeutigen Auftrages des Bundes, damit eine staatliche Beihilfe nicht unzulässig ist.

Die europarechtlichen Auflagen bzw. Bestimmungen zur Gewährung von staatlichen Beihilfen sind gegenüber dem nationalen Recht vorrangig einzuhalten; was vom EuGH ja auch schon mehrfach bestätigt wurde.

Für mich ist da gar nix geklärt; alle Dokumente, die Du ausführst, beinhalten Auslegungen eines Sachverhaltes, der so in der Bundesgesetzgebung nicht zu finden ist.

Ein konkreter Auftrag ist nicht nur eine vage Gummi-Formulierung, die alles bedeuten kann oder auch nichts.

Die Problematik heißt hier nicht "Rundfunk", sondern "staatliche Beihilfe", und dafür braucht es einen konkreten öffentlichen Auftrags des EU-Mitgliedslandes, letztlich also einer Bundesbehörde. Sämtliche Landesrundfunkanstalten sind im Höchstfalle Landesbehörden, so sie denn überhaupt echte Behörden sind.
Titel: Re: Kleiner Ausflug zum Europarecht
Beitrag von: Bürger am 15. März 2015, 17:45
Für mich ist da gar nix geklärt; alle Dokumente, die Du ausführst, beinhalten Auslegungen eines Sachverhaltes, der so in der Bundesgesetzgebung nicht zu finden ist.
Ein konkreter Auftrag ist nicht nur eine vage Gummi-Formulierung, die alles bedeuten kann oder auch nichts.

Wie ich schrieb... ;)
Wer konkretete Aussagen [...] z.B. durch direkte Anfrage an die zuständigen Stellen in Erfahrung bringen kann, möge dies bitte gern tun.

Das wäre dann ein erster Hinweis, eine erste Bewertung.
Ungeachtet dessen kann und darf dies gern Bestandteil der juristischen Auseinandersetzung werden, diese wird aber vermutlich noch Monate bis Jahre brauchen.

Solange wir hier nur theoretisieren, haben wir keine verlässlichen Erkenntnisse.
Da wäre eine Anfrage und Erstbewertung mglw. schon wesentlich aufschlussreicher.

Anfrage/ Erstbewertung - an/ durch wen?
Vorschläge bitte jetzt... ;)
Titel: Re: Kleiner Ausflug zum Europarecht
Beitrag von: pinguin am 15. März 2015, 18:21
Nachtrag:

Danke noch an User Bürger für eines seiner verlinkten Dokumente, führte mich dieses doch direkt zum EUZBLG,
Zitat
Gesetz über die Zusammenarbeit von Bund und Ländern in Angelegenheiten der Europäischen Union
. http://www.gesetze-im-internet.de/euzblg/BJNR031300993.html (http://www.gesetze-im-internet.de/euzblg/BJNR031300993.html)

§5 sagt:
Zitat
(2) Wenn bei einem Vorhaben im Schwerpunkt Gesetzgebungsbefugnisse der Länder betroffen sind und der Bund kein Recht zur Gesetzgebung hat oder ein Vorhaben im Schwerpunkt die Einrichtung der Behörden der Länder oder ihre Verwaltungsverfahren betrifft, ist insoweit bei Festlegung der Verhandlungsposition durch die Bundesregierung die Stellungnahme des Bundesrates maßgeblich zu berücksichtigen; im übrigen gilt Absatz 1. Die gesamtstaatliche Verantwortung des Bundes, einschließlich außen-, verteidigungs- und integrationspolitisch zu bewertender Fragen, ist zu wahren.

§6 sagt etwas kurioses:
Zitat
(2) Wenn im Schwerpunkt ausschließliche Gesetzgebungsbefugnisse der Länder auf den Gebieten der schulischen Bildung, der Kultur oder des Rundfunks betroffen sind, überträgt die Bundesregierung die Verhandlungsführung in den Beratungsgremien der Kommission und des Rates und bei Ratstagungen in der Zusammensetzung der Minister auf einen Vertreter der Länder. Für diese Ratstagungen kann vom Bundesrat nur ein Mitglied einer Landesregierung im Ministerrang benannt werden. Die Ausübung der Rechte durch den Vertreter der Länder erfolgt unter Teilnahme von und in Abstimmung mit dem Vertreter der Bundesregierung. Die Abstimmung der Verhandlungsposition mit dem Vertreter der Bundesregierung im Hinblick auf eine sich ändernde Verhandlungslage erfolgt entsprechend den für die interne Willensbildung geltenden Regeln und Kriterien. Der Bundesrat kann für Ratstagungen in der Zusammensetzung der Minister, bei denen Vorhaben behandelt werden, die nicht im Schwerpunkt ausschließliche Gesetzgebungsbefugnisse der Länder in den Bereichen schulische Bildung, Kultur oder Rundfunk, jedoch sonstige ausschließliche Gesetzgebungsbefugnisse der Länder betreffen, als Vertreter der Länder Mitglieder von Landesregierungen im Ministerrang benennen, die berechtigt sind, in Abstimmung mit dem Vertreter der Bundesregierung Erklärungen abzugeben. Betrifft ein Vorhaben ausschließliche Gesetzgebungsbefugnisse der Länder, jedoch nicht im Schwerpunkt die Bereiche schulische Bildung, Kultur oder Rundfunk, so übt die Bundesregierung die Verhandlungsführung in den Beratungsgremien der Kommission und des Rates und bei Ratstagungen in der Zusammensetzung der Minister in Abstimmung mit dem Vertreter der Länder aus.

Dem §6 läßt sich also entnehmen, daß es im Bereich des Rundfunks sowohl Bereiche gibt, die der ausschließlichen Gesetzgebungsbefugnis der Länder unterliegen und eben auch Bereiche hat, wo dieses nicht zutrifft.

Denn man darf fragen, ob es dieser bundesrechtlichen Differenzierung bedarf, wenn die ausschließliche Gesetzgebungsbefugnis im Bereich des Rundfunks vollständig bei den Ländern liegen würde?

Da dieses Bundesgesetz den Umgang mit Europa regelt, darf man sehr davon ausgehen, daß europarechtliche Belange im Bereich des Rundfunks alleinige Sache des Bundes sind, steht doch in §5 auch geschrieben, daß die Bundesländer die Belange des Gesamtstaates zu wahren haben.

Haben die Bundesländer bei der Gestaltung der Rundfunk***staatsverträge alle europarechtlichen Belange des Gesamtsstaates hinreichend beachtet?
Titel: Re: Kleiner Ausflug zum Europarecht
Beitrag von: sparks am 15. März 2015, 19:51
Aus keinem bekannten Dokument des Bundesgesetzgebers geht klar diese Beauftragung hervor.

Was ist die rechtliche Grundlage, auf welche sich berufen wird, nach welcher "Rundfunk = Ländersache" sei...?
.......

Artikel 70
(1) Die Länder haben das Recht der Gesetzgebung, soweit dieses Grundgesetz nicht dem Bunde Gesetzgebungsbefugnisse verleiht.
(2) Die Abgrenzung der Zuständigkeit zwischen Bund und Ländern bemisst sich nach den Vorschriften dieses Grundgesetzes über die ausschließliche und die konkurrierende Gesetzgebung.

Artikel 71
Im Bereiche der ausschließlichen Gesetzgebung des Bundes haben die Länder die Befugnis zur Gesetzgebung nur, wenn und soweit sie hierzu in einem Bundesgesetze ausdrücklich ermächtigt werden.

[...]

Es würde demgemäß also eher auf einer Art "Ausschluss"-Prinzip basieren.

Über die Frage der Gesetzgebungskompetenz gab es 1961 eine Grundsatzentscheidung im 1. Rundfunkurteil des BVerfG
BVerfGE 12, 205  -- 2 BvG 1, 2/60 – v. 28. 2. 1961
http://www.servat.unibe.ch/dfr/bv012205.html#Rn001

89 –
b) Das Grundgesetz geht bei der Ordnung der Gesetzgebungskompetenzen von Bund und Ländern vom Grundsatz der Länderkompetenz aus (BVerfGE 10, 89 [101]). Der Bund hat Gesetzgebungsbefugnisse nur, soweit das Grundgesetz sie ihm verleiht (Art. 70 Abs. 1 GG). In der Regel können daher Gesetzgebungsbefugnisse des Bundes nur auf eine ausdrückliche Verleihung durch das Grundgesetz gestützt werden. Bei Zweifeln über die Zuständigkeit des Bundes spricht keine Vermutung zugunsten einer Bundeskompetenz. Die Systematik des Grundgesetzes fordert vielmehr eine strikte Interpretation der Art. 73 ff. GG.

90 -
Es kommt hinzu, daß der Rundfunk jedenfalls auch ein kulturelles Phänomen ist. Soweit kulturelle Angelegenheiten überhaupt staatlich verwaltet und geregelt werden können (vgl. BVerfGE 10, 20 [36 f.]), fallen sie aber nach der Grundentscheidung des Grundgesetzes (Art. 30, 70 ff. und Art. 83 ff. GG) in den Bereich der Länder (vgl. BVerfGE 6, 309 [354]), soweit nicht besondere Bestimmungen des Grundgesetzes Begrenzungen oder Ausnahmen zugunsten des Bundes vorsehen. Diese Grundentscheidung der Verfassung, die nicht zuletzt eine Entscheidung zugunsten des föderalistischen Staatsaufbaus im Interesse einer wirksamen Teilung der Gewalten ist, verbietet es gerade im Bereich kultureller Angelegenheiten, ohne eine hinreichend deutliche grundgesetzliche Ausnahmeregelung anzunehmen, der Bund sei zuständig. Daran fehlt es aber.
Titel: Re: Kleiner Ausflug zum Europarecht
Beitrag von: pinguin am 15. März 2015, 21:39
@sparks
Das, was Du hier benennst, gilt ein national; es hat für europarechtliche Belange keine Bedeutung.

Die Bundesländer der Bundesrepublik Deutschland geniesen auf Europaebene keinen diplomatischen Status, wenngleich sie auf Europaebene mit Länderbüros vertreten sein dürfen.

§8 EUZBLG sagt:
Zitat
Die Länder können unmittelbar zu Einrichtungen der Europäischen Union ständige Verbindungen unterhalten, soweit dies zur Erfüllung ihrer staatlichen Befugnisse und Aufgaben nach dem Grundgesetz dient. Die Länderbüros erhalten keinen diplomatischen Status. Stellung und Aufgaben der Ständigen Vertretung in Brüssel als Vertretung der Bundesrepublik Deutschland bei den Europäischen Gemeinschaften gelten uneingeschränkt auch in den Fällen, in denen die Wahrnehmung der Rechte, die der Bundesrepublik Deutschland als Mitgliedstaat der Europäischen Union zustehen, auf einen Vertreter der Länder übertragen wird.
Auf EU-Ebene kommt an der Bundesregierung niemand vorbei.

Gesetze der Länder haben nur national Geltung, solange Europarecht nicht berührt wird; im Rahmen des Rundfunks ist aber Europarecht betroffen, da gemäß der bindenden Fernsehrichtlinie Rundfunk als eine dem Wettbewerbsrecht zugeordnete Mediendienstleistung angesehen wird.

Alles, was EU-Recht betrifft, nimmt zwingend den Weg über den Bund.

Es bedarf also zwingend eines Auftrages des Bundes als EU-Mitgliedsland, damit eine staatliche Beihilfe auch europarechtlich zulässig ist; weil EU-Recht das so will.
Titel: Re: Kleiner Ausflug zum Europarecht
Beitrag von: pinguin am 23. März 2015, 08:38
http://eur-lex.europa.eu/legal-content/DE/ALL/?uri=CELEX:32009L0136

RICHTLINIE 2009/136/EG

Teilzitat Artikel 1
Zitat
Im Rahmen nationaler Maßnahmen betreffend den Zugang zu und/oder die Nutzung von Diensten und Anwendungen durch die Endnutzer im Rahmen von elektronischen Kommunikationsnetzen werden die Grundrechte und Grundfreiheiten natürlicher Personen, einschließlich des Rechts auf Privatsphäre und des Rechts auf ein faires Verfahren gemäß Artikel 6 der Europäischen Konvention zum Schutz der Menschenrechte und Grundfreiheiten, geachtet.

Teilzitat Artikel 20
Zitat
Die Mitgliedstaaten stellen sicher, dass die Verbraucher und andere Endnutzer, die dies verlangen, bei der Anmeldung zu Diensten, die die Verbindung mit einem öffentlichen Kommunikationsnetz und/oder öffentlich zugänglichen elektronischen Kommunikationsdiensten bereitstellen, Anspruch auf einen Vertrag mit dem Unternehmen oder den Unternehmen haben, die derartige Dienste und/oder Verbindungen bereitstellen.

Teilzitat Artikel 30
Zitat
Die Mitgliedstaaten stellen sicher, dass transparente, nichtdiskriminierende, einfache und kostengünstige außergerichtliche Verfahren zur Beilegung von Streitfällen im Zusammenhang mit dieser Richtlinie zwischen Verbrauchern und Unternehmen, die elektronische Kommunikationsnetze und -dienste bereitstellen, in Bezug auf die Bedingungen und/oder die Ausführung der Verträge über die Bereitstellung solcher Netze und/oder Dienste zur Verfügung stehen.

Teilzitat Artikel 35
Zitat
Die nationalen Regulierungsbehörden melden der Kommission die Universaldienstverpflichtungen, die Unternehmen, die als Erbringer von Universaldiensten benannt wurden, auferlegt wurden. Etwaige Änderungen dieser Verpflichtungen oder der von den Vorschriften dieser Richtlinie betroffenen Unternehmen werden der Kommission unverzüglich mitgeteilt.

Diese Teilzitate gehören zur Universaldienstrichtlinie 2002/22/EG, die mit Richtlinie 2009/136/EG teilweise geändert worden ist.

Diese Richtlinien beziehen sich auch auf Hör- und Fernsehrundfunkkanäle.
Titel: Re: Kleiner Ausflug zum Europarecht
Beitrag von: pinguin am 28. April 2015, 20:23
Sofern ich das noch nicht eingestellt hatte, hier eine
Zitat
Mitteilung der Kommission über die Anwendung der Vorschriften über staatliche Beihilfen auf den öffentlich-rechtlichen Rundfunk
aus 2009.

http://eur-lex.europa.eu/legal-content/DE/TXT/HTML/?uri=CELEX:52009XC1027%2801%29&from=DE

Teilzitat:
Zitat
In den 1970er Jahren *** entschieden sich die Mitgliedstaaten zur Einführung von Wettbewerb auf dem Rundfunkmarkt.

Inhaltsverzeichnis:

1.   EINLEITUNG UND GELTUNGSBEREICH DER MITTEILUNG

2.   DIE ROLLE DES ÖFFENTLICH-RECHTLICHEN RUNDFUNKS

3.   RECHTLICHER RAHMEN

4.   ANWENDBARKEIT VON ARTIKEL 87 ABSATZ 1 EG-VERTRAG
4.1   Beihilfecharakter der staatlichen Finanzierung öffentlich-rechtlicher Rundfunkanstalten
4.2   Art der Beihilfe: bestehende oder neue Beihilfe

5.   PRÜFUNG DER VEREINBARKEIT STAATLICHER BEIHILFEN MIT DEM GEMEINSAMEN MARKT NACH ARTIKEL 87 ABSATZ 3 EG-VERTRAG

6.   PRÜFUNG DER VEREINBARKEIT STAATLICHER BEIHILFEN MIT DEM GEMEINSAMEN MARKT NACH ARTIKEL 86 ABSATZ 2 EG-VERTRAG
6.1   Definition des öffentlich-rechtlichen Auftrags
6.2   Betrauung und Kontrolle
6.3   Wahl des Systems zur Finanzierung des öffentlich-rechtlichen Rundfunks
6.4   Transparenzanforderungen bei der Prüfung der staatlichen Beihilfe
6.5   Nettokostenprinzip und Überkompensierung
6.6   Finanzaufsichtsmechanismen
6.7   Diversifizierung der öffentlich-rechtlichen Rundfunkdienstleistungen
6.8   Verhältnismäßigkeit und Marktverhalten

7.   ZEITLICHE BEGRENZUNG DER ANWENDUNG
Titel: Re: Kleiner Ausflug zum Europarecht
Beitrag von: Jarumasta am 11. Mai 2015, 20:24
Es hat in Europa keine Regelung Bestand, die den EU-Bürger verpflichten könnte, eine dem Wettbewerbsrecht unterliegende Sache zu bestellen und zu nutzen. Kann kein EU-Bürger darauf verpflichtet werden, das Angebot eines Dienstleisters anzunehmen, kann er auch nicht verpflichtet werden, es ohne bewusste Annahme trotzdem zu bezahlen.

Daß Mitgliedsstaaten der Europäischen Union berechtigt sind, ihren öffentlich-rechtlichen Rundfunk mittels bspw. staatlicher Beihilfen zu unterstützen, zieht nicht das Recht nach sich, jene zur Finanzierung des öffentlich-rechtlichen Rundfunks heranzuziehen, die dessen Angebote weder bestellt haben noch nutzen.


Ist hiermit nicht die frage geklärt ob wir zahlen müssen?
Ich finde ja. Und die Typisierung ist nichts weiter wie Diskriminierung somit hat es kein halt.
Titel: Re: Kleiner Ausflug zum Europarecht
Beitrag von: pinguin am 14. Mai 2015, 06:23
Evtl. könnte man prüfen, inwieweit die gelebte Praxis des dt. örR im Europarecht als "unlautere Geschäftspraxis" anzusehen ist.

http://eur-lex.europa.eu/legal-content/DE/TXT/HTML/?uri=URISERV:l32011&from=DE

Zitat
Verbraucher müssen ihre geschäftlichen Entscheidungen frei treffen können. Diese Entscheidungen dürfen nicht durch Belästigung, Nötigung oder unzulässige Beeinflussung erzwungen werden.
Titel: Re: Kleiner Ausflug zum Europarecht
Beitrag von: Beitragender am 14. Mai 2015, 10:06
Evtl. könnte man prüfen, inwieweit die gelebte Praxis des dt. örR im Europarecht als "unlautere Geschäftspraxis" anzusehen ist.

1. Lauterkeitsrecht -- rechtliche Grundlagen
Damit wurde das Lauterkeitsrecht ins Spiel gebracht. Zunächst zu den rechtlichen Grundlagen des Lauterkeitsrechts:

1.1. Europäisches Lauterkeitsrecht
Das europäische (gemeinschafts- und unionsrechtliche) Lauterkeitsrecht wird insb. durch die angesprochene sog. UGP-Richtlinie (RL 2005/29/EG) normiert:
http://eur-lex.europa.eu/LexUriServ/LexUriServ.do?uri=OJ:L:2005:149:0022:0039:de:PDF

1.2. Deutsches Lauterkeitsrecht
Das deutsche Lauterkeitsrecht wird insb. durch das sog. UWG normiert:
http://www.gesetze-im-internet.de/uwg_2004/
Das UWG ist durch verschiedene Gesetzesänderung zu einem unübersichtlichen Monstrum mutiert -- Hauptgrund: 2004 wollte der dt. Gesetzgeber dem gemeinschaftsrechtlichen Gesetzgeber zuvorkommen und ein Lauterkeitsrecht schaffen, welches als Vorbild für die restlichen Mitgliedstaaten der EG dienen sollte; das hat nicht geklappt, weswegen der dt. Gesetzgeber bei jeder gemeinschafts- und unionsrechtlichen Richtlinie, die er umsetzen muss, zur "Verschlimmbesserung" des UWG verdammt ist.

2. Lauterkeitsrecht und öffentlich-rechtlicher Rundfunk
Fraglich ist, ob das -- europäische und deutsche -- Lauterkeitsrecht auf den öffentlich-rechtlichen Rundfunk angewendet werden kann.

2.1. Europäisches Lauterkeitsrecht und öffentlich-rechtlicher Rundfunk
Auf der europäischen Ebene wurde durch den EuGH geklärt, dass eine Körperschaft des öffentlichen Rechts, die mit einer im Allgemeininteresse liegenden Aufgabe betraut ist, in den persönlichen Anwendungsbereich der RL 2005/29/EG fällt:
EuGH, Urteil vom 3.10.2013 - C-59/12 (insb. Rn. 32, 37)
http://lexetius.com/2013,3527
Das dürfte auf die Landesrundfunkanstalten zu übertragen sein, denn hierbei handelt es sich um Anstalten des körperlichen Rechts, die mit einer im Allgemeininteresse liegenden Aufgabe betraut sind (Rundfunk).

2.2. Deutsches Lauterkeitsrecht und öffentlich-rechtlicher Rundfunk
Auf der deutschen Ebene ist die Anwendung des Lauterkeitsrecht auf privatrechtlich/wettbewerbsrechtlich/geschäftlich handelnde Personen des öffentlichen Rechts seit jeher anerkannt, so schon:
BGH, Urteil vom 20.12.1955 - I ZR 24/54
https://www.jurion.de/Urteile/BGH/1955-12-20/I-ZR-24_54 (dort Rn. 20 ff.)
so auch schon RGZ 116, 1; 116, 28; 128, 134, zu finden unter:
http://www.rgz-rgst.degruyter.de/

3. Diskussion in einem eigenen Beitrag
Das Lauterkeitsrecht ist daher ein guter Anknüpfungspunkt für die rechtliche Überprüfung von sog. geschäftlichen Handlungen im Bereich des öffentlich-rechtlichen Rundfunks. Ein Beispiel für einen möglichen lauterkeitsrechtlichen Verstoß (§ 3 Abs. 1 UWG i.V.m. § 4 Nr. 11 UWG i.V.m. § 5 TMG) habe ich bereits gegeben:
Verstoß der Seite www.rundfunkbeitrag.de gegen die Impressumspflicht?
http://gez-boykott.de/Forum/index.php/topic,12571.msg84592.html#msg84592
Insofern wäre es begrüßenswert, wenn die Thematik "Öffentlich-rechtlicher Rundfunk und Lauterkeitsrecht" als ein eigenständiges, grundlegend abgehandeltes Thema diskutiert werden würde.
Titel: Re: Kleiner Ausflug zum Europarecht
Beitrag von: Jarumasta am 14. Mai 2015, 16:33
Es hat in Europa keine Regelung Bestand, die den EU-Bürger verpflichten könnte, eine dem Wettbewerbsrecht unterliegende Sache zu bestellen und zu nutzen. Kann kein EU-Bürger darauf verpflichtet werden, das Angebot eines Dienstleisters anzunehmen, kann er auch nicht verpflichtet werden, es ohne bewusste Annahme trotzdem zu bezahlen.

Daß Mitgliedsstaaten der Europäischen Union berechtigt sind, ihren öffentlich-rechtlichen Rundfunk mittels bspw. staatlicher Beihilfen zu unterstützen, zieht nicht das Recht nach sich, jene zur Finanzierung des öffentlich-rechtlichen Rundfunks heranzuziehen, die dessen Angebote weder bestellt haben noch nutzen.


H


Habe beim EU-Recht eine anfrage geschickt ob dieses Gesetz bestand hat oder durch andere Gesetze aufgehoben wird. Die Antwort werde ich hier Posten. Des weiterem suche ich ob es EU-Richtlinien gibt zum Thema Beitragsbescheide/Festsetzungsbescheide.
Titel: Re: Kleiner Ausflug zum Europarecht
Beitrag von: pinguin am 15. Mai 2015, 21:08
ob dieses Gesetz bestand hat oder durch andere Gesetze aufgehoben wird.
Wenn es ein Gesetz wäre, würde der Link zum Dokument angefügt sein; vielmehr ist es eine Zusammenfassung aller relevanten Rechtsgrundlagen, die hier bereits ansatzweise benannt worden sind.

---------------
Die unmittelbare Wirkung des EU-Rechts
http://eur-lex.europa.eu/legal-content/DE/TXT/?qid=1431701518655&uri=URISERV:l14547

Zitat
Die unmittelbare Wirkung des EU-Rechts wurde vom Gerichtshof mit dem Urteil in der Rechtssache Van Gend en Loos vom 5. Februar 1963 bestätigt. In diesem Urteil entscheidet der Gerichtshof, dass das EU-Recht nicht nur Pflichten für die EU-Länder, sondern auch Rechte für die Einzelnen mit sich bringt. Die Einzelnen können somit diese Rechte für sich geltend machen und sich unmittelbar vor nationalen oder europäischen Gerichten auf EU-Rechtsvorschriften berufen. Dazu ist es also nicht erforderlich, dass das EU-Land die betreffende EU-Rechtsvorschrift in seine nationale Rechtsordnung übernimmt.
Erinnert sei nochmals daran, daß es beim EuGH ein Gericht der 1. Instanz gibt.
Zitat
Die vertikale unmittelbare Wirkung bestimmt die Rechtsbeziehungen zwischen den Bürgern und dem Land. Dies bedeutet, dass die Bürger das EU-Recht gegenüber dem Land geltend machen können.
Zitat
Die horizontale unmittelbare Wirkung bestimmt die Rechtsbeziehungen zwischen den Bürgern untereinander. Dies bedeutet, dass ein Bürger das EU-Recht gegenüber einem anderen Bürger geltend machen kann.
Zitat
Je nach Rechtsakt akzeptierte der Gerichtshof entweder eine vollständige unmittelbare Wirkung (d.h. eine horizontale unmittelbare Wirkung und eine vertikale unmittelbare Wirkung) oder eine teilweise unmittelbare Wirkung (d.h. auf die vertikale unmittelbare Wirkung beschränkt).
Zitat
Verordnungen haben immer eine unmittelbare Wirkung. Artikel 288 des Vertrags über die Arbeitsweise der EU legt fest, dass Verordnungen immer unmittelbar in jedem EU-Land gelten.

Zitat
die Richtlinie richtet sich an die EU-Länder und muss von diesen in nationales Recht umgesetzt werden. Trotzdem erkennt der Gerichtshof in bestimmten Fällen eine unmittelbare Wirkung an, um die Rechte der Einzelnen zu schützen. So hat der Gerichtshof in seiner Rechtsprechung festgelegt, dass eine Richtlinie eine unmittelbare Wirkung hat, wenn ihre Bestimmungen uneingeschränkt und hinreichend klar und eindeutig sind und wenn das EU-Land die Richtlinie nicht fristgerecht umgesetzt hat
--------
Staatliche Beihilfen für den öffentlich-rechtlichen Rundfunk
http://eur-lex.europa.eu/legal-content/DE/TXT/?qid=1431700830363&uri=URISERV:cc0014

Zitat
das betreffende Unternehmen muss von dem Mitgliedstaat ausdrücklich mit der Erbringung dieser Dienstleistung betraut worden sein
(Letzte Änderung: 15.07.2011)

Wo ist die ausdrückliche Beauftragung seitens der Bundesrepublik Deutschland als EU-Mitgliedsland? Diese Frage wurde hier bereits gestellt und wird wiederholt, da sie bisher nicht beantwortet werden konnte.

---------------
Unterlassungsklagen zum Schutz der Verbraucherinteressen
http://eur-lex.europa.eu/legal-content/DE/TXT/?qid=1431576724167&uri=URISERV:co0007

Teilzitat:
Zitat
Die mit dieser Richtlinie abgedeckten Verstöße umfassen *** missbräuchliche Klauseln in Verbraucherverträgen (http://eur-lex.europa.eu/legal-content/DE/AUTO/?uri=uriserv:l32017), Vertragsabschlüsse im Fernabsatz (http://eur-lex.europa.eu/legal-content/DE/AUTO/?uri=uriserv:l32014) und unlautere Geschäftspraktiken (http://eur-lex.europa.eu/legal-content/DE/AUTO/?uri=uriserv:l32011).

----------------------
Stärkung der Verbraucherrechte in der EU
http://eur-lex.europa.eu/legal-content/DE/TXT/?qid=1431576724167&uri=URISERV:0904_4

Zitat
In dieser Richtlinie werden Verträge zwischen einem Unternehmer und einem Verbraucher über den Verkauf von Waren und Dienstleistungen, darunter die Lieferung von Wasser, Gas, Strom und Wärme, sowie von digitalen Online-Inhalten behandelt.
Also auch audio-visuelle Mediendienstleistungen?

---------------
Ich wiederhole meine Aussage, daß es mit EU-Recht nicht vereinbar ist, einen EU-Bürger zu zwingen, eine dem Wettbewerbsrecht zugeordnete Dienstleistung ohne ausdrücklich vorherige Beauftragung des EU-Bürgers an ein Unternehmen, diese Dienstleistung für ihn zu erbringen, bezahlen zu müssen.
Titel: Re: Kleiner Ausflug zum Europarecht
Beitrag von: Jarumasta am 16. Mai 2015, 12:41
Und eine Bestätigung der Aussage will ich mir ja schriftlich von der EU-Recht Abteilung einholen.

Noch was zum EU-Recht; Muss ein Nationales Gericht der EU-Behörde mitteilen das im eigenem Land gegen das EU-Recht verstoßen wird falls das Nationale Gericht darauf hingewiesen wird?

Ich habe so etwas ähnliches gelesen aber kann es nicht wiederfinden. Und so bin ich nicht mehr sicher ob dies so stimmt.
Titel: Re: Kleiner Ausflug zum Europarecht
Beitrag von: Jarumasta am 16. Mai 2015, 14:54
Zitat
(51)  So ist die Kommission beispielsweise der Ansicht, dass einige lineare Übertragungsformen, etwa die gleichzeitige Übertragung der abendlichen Fernsehnachrichten über andere Plattformen (wie Internet oder Mobilgeräte) für die Zwecke dieser Mitteilung als nicht „neu“ einzustufen sind. Ob andere Formen der erneuten Übertragung von Programmen öffentlich-rechtlicher Rundfunkanstalten über andere Plattformen als wesentliche neue Dienste anzusehen sind, sollten die Mitgliedstaaten unter Berücksichtigung der Besonderheiten und Merkmale der betreffenden Dienste entscheiden.

So wäre die Rundfunkabgabe für neuartige Geräte bis 2013 eigentlich Schwachsinn gewesen.
Titel: Re: Kleiner Ausflug zum Europarecht
Beitrag von: pinguin am 17. Juni 2015, 00:41
Seit dem 01. Januar 2015 sind die öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten kraft einer EU-rechtlichen Änderung allesamt national mehrwertsteuerpflichtig.

Es wurde in einem anderen Thema bereits kurz thematisiert; hier aber noch einmal: http://ec.europa.eu/taxation_customs/taxation/vat/how_vat_works/telecom/index_de.htm#new_rules (http://ec.europa.eu/taxation_customs/taxation/vat/how_vat_works/telecom/index_de.htm#new_rules)

Interessant sind die Ausführungen in den Erläuterungen zur Änderung:

Zitat
Ab dem 1. Januar 2015 ist jegliche Erbringung von Telekommunikations-, Rundfunk- und elektronischen Dienstleistungen am Ort des Dienstleistungsempfängers zu versteuern.

Steuerpflichtig sind primär die Unternehmen
Zitat
* für Unternehmen (Steuerpflichtige) = entweder das Land, in dem sie ihren Sitz haben, oder das Land, in dem sie eine feste Niederlassung haben, die die Dienstleistungen empfängt.

Zitat
Erfolgt der tatsächliche Verbrauch der erbrachten Dienstleistungen außerhalb der Europäischen Union, können die Mitgliedstaaten beschließen, die Regelung über die tatsächliche Nutzung oder Auswertung gemäß Artikel 59a Buchstabe a anzuwenden und auf eine Besteuerung der Dienstleistung zu verzichten.
Nur wenn der Bürger in einem Gebiet außerhalb der EU wohnt, darf auf die Besteuerung verzichtet werden.

http://ec.europa.eu/taxation_customs/resources/documents/taxation/vat/how_vat_works/telecom/explanatory_notes_2015_de.pdf (http://ec.europa.eu/taxation_customs/resources/documents/taxation/vat/how_vat_works/telecom/explanatory_notes_2015_de.pdf)
Titel: Re: Kleiner Ausflug zum Europarecht
Beitrag von: pinguin am 20. Juni 2015, 23:47
http://ec.europa.eu/dgs/legal_service/arrets/10c379_de.pdf

Zitat
Die Beschränkung der Haftung des Staates für Schäden, die Einzelnen durch einen Verstoß eines nationalen Gerichts gegen das Unionsrecht entstehen, ist mit dem Unionsrecht unvereinbar.

Die "Notwendigkeit, dem Einzelnen einen effektiven gerichtlichen Schutz der ihm aufgrund des Unionsrechts zustehenden Rechte zu gewährleisten," steht "einem generellen Haftungsausschluss in den Bereichen der Rechtsauslegung und der Sachverhalts- und Beweiswürdigung in Ausübung der Rechtsprechung entgegen".

"Wenn der Staat für die durch Gerichte verursachten Schäden nur dann haftbar gemacht werden kann, wenn das Gericht offenkundig gegen das geltende Recht verstoßen hat, kann "das nationale Recht keine strengeren Anforderungen stellen".

Für eine unbeschränkte Haftung des nationalen Staates genügen Vorgänge, "die sich aus der Voraussetzung des „offenkundigen Verstoßes gegen das geltende Recht“ ergeben.
-----------------

http://ec.europa.eu/dgs/legal_service/arrets/04c392_de.pdf

Kein Verwaltungsakt darf ungünstiger sein als derjenige, der gleichartige Sachverhalte innerstaatlicher Art regelt (Äquivalenzprinzip), und die
Ausübung der durch die Gemeinschaftsrechtsordnung verliehenen Rechte nicht
praktisch unmöglich macht oder übermäßig erschwert (Effektivitätsprinzip).

Zitat
Wenn nach den nationalen Vorschriften ein nach innerstaatlichem Recht rechtswidriger Verwaltungsakt unter bestimmten Voraussetzungen zurückzunehmen ist, muss aufgrund des Äquivalenzprinzips die gleiche Verpflichtung zur Rücknahme unter den gleichen Voraussetzungen im Fall eines Verwaltungsakts gelten, der gegen Gemeinschaftsrecht verstößt.
Titel: Re: Kleiner Ausflug zum Europarecht
Beitrag von: pinguin am 21. Juni 2015, 23:28
Mit RICHTLINIE 2014/104/EU hat jeder Bürger Anspruch auf Schadensersatz, wenn der nationale Staat die Bestimmungen der Artikel 101 und 102 des Vertrages über die Arbeitsweise der Europäischen Union verletzt.


http://eur-lex.europa.eu/legal-content/DE/TXT/?qid=1434922320821&uri=CELEX:32014L0104
Zitat
(1) Die Artikel 101 und 102 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV) sind der öffentlichen Ordnung zuzurechnen und sollten in der ganzen Union wirksam angewandt werden, um zu gewährleisten, dass der Wettbewerb im Binnenmarkt nicht verfälscht wird. [...]

Zitat
(3) [...] Die volle Wirksamkeit der Artikel 101 und 102 AEUV und insbesondere die praktische Wirkung der darin festgelegten Verbote erfordern, dass jeder — seien es Einzelpersonen, einschließlich Verbraucher und Unternehmen, oder Behörden — vor nationalen Gerichten Ersatz des Schadens verlangen kann, der ihm durch eine Zuwiderhandlung gegen diese Bestimmungen entstanden ist.

Zitat
(13) Das Recht auf Schadensersatz ist für jede natürliche oder juristische Person — Verbraucher, Unternehmen wie Behörden — anerkannt, ohne Rücksicht darauf, ob eine unmittelbare vertragliche Beziehung zu dem zuwiderhandelnden Unternehmen besteht, und unabhängig von einer vorherigen Feststellung der Zuwiderhandlung durch eine Wettbewerbsbehörde. [...]

Zitat
(31) Jede natürliche oder juristische Person, die durch Einsicht in die Akten einer Wettbewerbsbehörde Beweismittel erlangt, sollte berechtigt sein, diese für die Zwecke einer Schadensersatzklage zu verwenden, an der sie als Partei beteiligt ist. [...]

Zitat
(37) Wenn mehrere Unternehmen gemeinsam gegen die Wettbewerbsvorschriften verstoßen — wie im Falle eines Kartells —, ist es angebracht vorzusehen, dass diese gemeinsam handelnden Rechtsverletzer gesamtschuldnerisch für den gesamten durch diese Zuwiderhandlung verursachten Schaden haften.[...]

Zitat
Artikel 3

Recht auf vollständigen Schadensersatz

(1)Die Mitgliedstaaten gewährleisten, dass jede natürliche oder juristische Person, die einen durch eine Zuwiderhandlung gegen das Wettbewerbsrecht verursachten Schaden erlitten hat, den vollständigen Ersatz dieses Schadens verlangen und erwirken kann.

(2)Der vollständige Ersatz versetzt eine Person, die einen Schaden erlitten hat, in die Lage, in der sie sich befunden hätte, wenn die Zuwiderhandlung gegen das Wettbewerbsrecht nicht begangen worden wäre. Er erfasst daher das Recht auf Ersatz der eingetretenen Vermögenseinbuße und des entgangenen Gewinns, zuzüglich der Zahlung von Zinsen.
[...]


Artikel 11

Gesamtschuldnerische Haftung

(1)Die Mitgliedstaaten gewährleisten, dass Unternehmen, die durch gemeinschaftliches Handeln gegen das Wettbewerbsrecht verstoßen haben, gesamtschuldnerisch für den durch diese Zuwiderhandlung gegen das Wettbewerbsrecht verursachten Schaden haften, mit der Wirkung, dass jedes dieser Unternehmen zum vollständigen Ersatz des Schadens verpflichtet ist, und der Geschädigte das Recht hat, von jedem von ihnen vollständigen Schadensersatz zu verlangen, bis der Schaden vollständig ersetzt ist
[...]

Insbesondere Artikel 102 des Vertrages über die Arbeitsweise der Europäischen Union ist hier zu beachten, ist dieser doch zweifelsfrei auf den dt. öffentlich-rechtlichen Rundfunk anzuwenden, ist doch jede der öffentlich-rechtlichen Anstalten eine eigenständige Einheit?

Zitat
Artikel 102
(ex-Artikel 82 EGV)
Mit dem Binnenmarkt unvereinbar und verboten ist die missbräuchliche Ausnutzung einer beherrschenden Stellung auf dem Binnenmarkt oder auf einem wesentlichen Teil desselben durch ein oder mehrere Unternehmen, soweit dies dazu führen kann, den Handel zwischen Mitgliedstaaten zu beeinträchtigen.

Dieser Missbrauch kann insbesondere in Folgendem bestehen:
[...]
b) der Einschränkung der Erzeugung, des Absatzes oder der technischen Entwicklung zum Schaden der Verbraucher;
[...]


Nochmals sei darauf hingewiesen, daß Rundfunk eine dem Wettbewerbsrecht zugeordnete Mediendienstleistung darstellt.
Titel: Re: Kleiner Ausflug zum Europarecht
Beitrag von: Roggi am 22. Juni 2015, 00:33
Bedeutet es, dass die Einschränkung der technischen Entwicklung zum Schaden der Verbraucher führt, weil keine Pay-TV-Karte für örR verwendet wird? Sind die einzelnen Landesrundfunkanstalten, die ja in der ARD zusammengeschlossen sind, ein Kartell? All das müsste ja zunächst gerichtlich geklärt werden, bevor man es gegen örR verwenden kann.
Titel: Re: Kleiner Ausflug zum Europarecht
Beitrag von: koppi1947 am 22. Juni 2015, 09:03
Vielleicht gibt es bald kein Europarecht mehr,wenn nach Griechenland weitere Länder den Euro verlassen.
Titel: Re: Kleiner Ausflug zum Europarecht
Beitrag von: pinguin am 22. Juni 2015, 15:30
Vielleicht gibt es bald kein Europarecht mehr,wenn nach Griechenland weitere Länder den Euro verlassen.
Das wäre eine andere Baustelle, aber, was hat der Euro mit der EU zu tun? Schon vergessen, daß es die EU in Form der EG schon lange vor dem Euro gab?

@Roggi
Zitat
Sind die einzelnen Landesrundfunkanstalten, die ja in der ARD zusammengeschlossen sind, ein Kartell?
Das könnte aus EU-Sicht so sein, da ja defaktisch jedes Bundesland seinen eigenen Rundfunksender hat und diese freilich auch national einzeln mit den Unternehmen des privaten Recht in Wettbewerb zueinander stehen. Dann käme noch dazu, daß sie defaktisch zusammen einen einheitlichen Preis vereinbart haben, die der Bürger zu zahlen hat.

Nicht ohne Grund wurde in der kodifizierten Richtlinie 2010/13/EU über audio-visuelle Mediendienste der Passus der unlauteren Geschäftspraxis aufgenommen.

In anderen EU-Ländern hat es ja auf Ebene des Gesamtstaates nur 1 oder 2 Rundfunksender, unsofern könnte halt die Situation bei uns an ein Kartell erinnern. Denn es wäre ja in jedem Falle eines, würde man aus den öffentlich-rechtlichen Rundfunksendern mal eben privat-rechtliche fabrizieren.
Titel: Re: Kleiner Ausflug zum Europarecht
Beitrag von: pinguin am 22. Juni 2015, 18:32
Nur am Rande, weil's gerade aktuell ist:

Zitat
Kommission verlangt von DEUTSCHLAND Einhaltung des EU-Rechts bei der Einführung einer Straßenmaut für Privatfahrzeuge

Die Mitgliedstaaten müssen sich an die allgemeinen Grundsätze der EU-Verträge halten: Diskriminierungsverbot, freier Warenverkehr und freier Dienstleistungsverkehr zwischen den Mitgliedstaaten sowie gleiche Bedingungen für Verkehrsunternehmer. Nach Einschätzung der Kommission stellt die Anrechnung des Mautbetrags auf die Kfz-Steuer, die für in Deutschland angemeldete Fahrzeuge zu entrichten ist, einen Verstoß gegen das EU-Recht dar (insbesondere gegen Artikel 18 AEUV, der jegliche Ungleichbehandlung von EU-Bürgern verbietet),
Ungleichbehandlung von EU-Bürgern; warum müssen deutsche EU-Bürger ihren öffentlich-rechtlichen Rundfunk zwangsunterstützen?
Titel: Re: Kleiner Ausflug zum Europarecht
Beitrag von: pinguin am 30. Juni 2015, 10:39
Richtlinie 2005/29/EG über unlautere Geschäftspraktiken

Zitat
Artikel 5
[...]
(1) Unlautere Geschäftspraktiken sind verboten.
(2) Eine Geschäftspraxis ist unlauter, wenn
[...]
b) sie in Bezug auf das jeweilige Produkt das wirtschaftliche Verhalten des Durchschnittsverbrauchers, den sie erreicht oder an den sie sich richtet oder des durchschnittlichen Mitglieds einer Gruppe von Verbrauchern, wenn sich eine Geschäftspraxis an eine bestimmte Gruppe von Verbrauchern  wendet,
wesentlich beeinflusst oder dazu geeignet ist, es wesentlich zu beeinflussen.
[...]
(4) Unlautere Geschäftspraktiken sind insbesondere solche, die
a) irreführend im Sinne der Artikel 6 und 7
oder
b) aggressiv im Sinne der Artikel 8 und 9 sind.
[...]

Artikel 8

Aggressive Geschäftspraktiken
Eine Geschäftspraxis gilt als aggressiv, wenn sie im konkreten Fall unter Berücksichtigung aller tatsächlichen Umstände die Entscheidungs- oder Verhaltensfreiheit des Durchschnittsverbrauchers in Bezug auf das Produkt durch Belästigung, Nötigung, einschließlich der Anwendung körperlicher Gewalt, oder durch unzulässige Beeinflussung tatsächlich oder voraussichtlich
erheblich beeinträchtigt und dieser dadurch tatsächlich oder voraussichtlich
dazu veranlasst wird, eine geschäftliche Entscheidung zu treffen, die er andernfalls nicht getroffen hätte.

Artikel 9

Belästigung, Nötigung und unzulässige Beeinflussung
Bei der Feststellung, ob im Rahmen einer Geschäftspraxis die Mittel der Belästigung, der Nötigung, einschließlich der Anwendung körperlicher Gewalt, oder der unzulässigen Beeinflussung eingesetzt werden, ist abzustellen auf:
[...]
c) die Ausnutzung durch den Gewerbetreibenden von konkreten Unglückssituationen oder Umständen von solcher Schwere, dass sie das Urteilsvermögen des Verbrauchers beeinträchtigen, worüber sich der Gewerbetreibende bewusst ist, um die Entscheidung des Verbrauchers in Bezug auf das Produkt zu beeinflussen;

d) belastende oder unverhältnismäßige Hindernisse nichtvertraglicher Art, mit denen der Gewerbetreibende den Verbraucher an der Ausübung seiner vertraglichen Rechte zu hindern versucht, wozu auch das Recht gehört, den Vertrag zu kündigen oder zu einem anderen Produkt oder einem anderen Gewerbetreibenden zu wechseln;

e) Drohungen mit rechtlich unzulässigen Handlungen.
Noch ein Schmankerl
Zitat
Artikel 15Änderung der Richtlinien 97/7/EG und 2002/65/EG1. Artikel 9 der Richtlinie 97/7/EG erhält folgende Fassung:„Artikel 9Unbestellte Waren oder DienstleistungenAngesichts des in der Richtlinie 2005/29/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 11. Mai 2005 über unlautere Geschäftspraktiken im binnenmarktinternen Geschäftsverkehr zwischen Unternehmen und Verbrauchern (*) festgelegten Verbots von Praktiken bezüglich unbestellter Waren oder Dienstleistungen treffen die Mitgliedstaaten die erforderlichen Maßnahmen, um den Verbraucher von jedweder Gegenleistung für den Fall zu befreien, dass unbestellte Waren geliefert oder unbestellte Dienstleistungen erbracht wurden, wobei das Ausbleiben einer Reaktion nicht als Zustimmung gilt.


Rundfunk ist eine audio-visuelle Mediendienstleistung, die im europäischen Recht des Jahres 2015 einer expliziten Bestellung des Bürgers bedarf, um eine Zahlungspflicht auszulösen; ohne diese ausdrückliche Bestellung gilt sie als "unbestellte Dienstleistung" und braucht nicht bezahlt zu werden.
Titel: Re: Kleiner Ausflug zum Europarecht
Beitrag von: px3 am 04. Juli 2015, 18:30
Das ist mal richtig geniale Munition für eine Klage.
Mit der USt musste ich gerade mal auf der Homepage der ARD nachschauen.
Und was finde ich da ?
Zitat
Umsatzsteuer-Identifikation-Nummer:DE 812481116

>:D

Und zum Thema EU-Wettbewerbsrecht, empfehle ich doch glatt mal den Internetauftritt des ZDF und zwar diese lustige Seite http://www.zdf.de/zdf-verbreitungswege-so-empfangen-sie-das-zdf-und-die-sender-der-zdf-programmfamilie-25744418.html.
Hier sei auf die PDFs verwiesen, WO man via Satellit überall ZDF und andere Programme empfangen kann. ich frage mich, wie die da nach dem Urteil des BayrVerGer. die Gebühren eintreiben  >:D
Titel: Re: Kleiner Ausflug zum Europarecht
Beitrag von: pinguin am 08. Juli 2015, 12:45
http://europa.eu/rapid/press-release_IP-00-880_de.htm?locale=de

Zitat
Schließlich stellt die Kommission fest, daß der Rundfunkveranstalter, der im Besitz der ersten beiden Lizenzen ist (deren Geltungsdauer im übrigen später verdoppelt wurde), direkt am Kapital des dritten Lizenznehmers beteiligt ist und bedeutende Verbindungen zu diesem Unternehmen und zur regionalen Regulierungsbehörde unterhält. All diese Umstände lassen den Schluß zu, daß bei der Verfolgung des von den deutschen Behörden ins Feld geführten Ziels der Sicherung der Meinungsvielfalt die Grundsätze der Nichtdiskriminierung, der Erforderlichkeit und der Verhältnismäßigkeit nicht eingehalten worden sind, die nach ständiger Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Gemeinschaften bei der Beschränkung der Niederlassungsfreiheit als einer der im Vertrag festgeschriebenen Grundfreiheiten zu beachten sind.

Ist zwar nun schon ein alter Text der Kommission, inhaltlich dürfte aber auch heute noch vieles zutreffend sein.
Titel: Re: Kleiner Ausflug zum Europarecht
Beitrag von: pinguin am 08. August 2015, 14:11
Da hab' ich doch glattweg nicht mitbekommen, daß Roggies langer Beitrag ausgelagert worden ist.
Titel: Re: Kleiner Ausflug zum Europarecht
Beitrag von: 907 am 13. August 2015, 23:39
1. Oktober 2014
Staatliche Beihilfen: Kommission verlangt Rückforderung unzulässiger Beihilfen zugunsten bestimmter Betreiber terrestrischer digitaler Plattformen in Kastilien-La Mancha
http://europa.eu/rapid/press-release_IP-14-1066_de.htm (http://europa.eu/rapid/press-release_IP-14-1066_de.htm)

15. September 2010
Die Europäische Kommission hat nach den EU-Beihilfevorschriften eine Beihilferegelung im Umfang von 11 Mio. EUR genehmigt, mit der sozial benachteiligten Bevölkerungsgruppen in der Slowakei der Kauf von Endgeräten für digitales Fernsehen erleichtert werden soll. Die Kommission kam zu dem Schluss, dass die Maßnahme mit Artikel 107 Absatz 2 Buchstabe a AEUV im Einklang steht, der Beihilfen sozialer Art gestattet. Die Maßnahme folgt den Grundsätzen der Neutralität und Nichtdiskriminierung, wonach keine Vorteile für einzelne Modelle und Technologien oder Decoder einer bestimmten geografischen Herkunft entstehen dürfen. Die Regelung wurde bis zum 1. Juli 2013 genehmigt.
http://europa.eu/rapid/press-release_IP-10-1128_de.htm (http://europa.eu/rapid/press-release_IP-10-1128_de.htm)

15. Juni 2010
Der italienische Zuschuss zum Kauf oder zur Anmietung digitaler terrestrischer Decoder stellt eine staatliche Beihilfe dar und ist zurückzufordern.
Die Maßnahme ist technologisch nicht neutral und verschafft den digitalen terrestrischen Sendern einen mittelbaren Vorteil zulasten der Satellitensender.
http://europa.eu/rapid/press-release_CJE-10-55_de.htm (http://europa.eu/rapid/press-release_CJE-10-55_de.htm)

Date: 10/11/2008
Brüssel, ARD und ZDF – Stellungnahme zu 6 Mythen vom medienpolitischen Stammtisch
http://europa.eu/rapid/press-release_SPEECH-08-597_de.htm (http://europa.eu/rapid/press-release_SPEECH-08-597_de.htm)

9. November 2005
Staatliche Beihilfen: Kommission betrachtet Beihilfe für die Einführung des digitalen terrestrischen Fernsehens (DVB-T) in Berlin-Brandenburg als rechtswidrig und erläutert, wie digitales Fernsehen gefördert werden kann
http://europa.eu/rapid/press-release_IP-05-1394_de.htm (http://europa.eu/rapid/press-release_IP-05-1394_de.htm)
Titel: Re: Kleiner Ausflug zum Europarecht
Beitrag von: pinguin am 17. August 2015, 16:15
Richtlinie 2007/65/EG über audio-visuelle Mediendienste:

In Kraft getreten am 19. Dezember 2007; umzusetzen in nationales Recht bis zum 19. Dezember 2009;
------------------------------------------
Richtlinie 2010/13/EU über audio-visuelle Mediendienste:

In Kraft getreten am 05. Mai 2010; ein konkretes Datum der Umsetzung ist nicht verzeichnet; da aber der 19. Dezember 2011 als Tag der ersten Berichterstattung der Kommission u.a. an das Parlament über die Umsetzung der Richtlinie genannt wird, darf unterstellt werden, daß die Umsetzung bis 19. Dezember 2011 zu erfolgen hat.
------------------------------------------
Richtlinie 2005/29/EG über unlautere Geschäftspraktiken:

In Kraft getreten am 12. Juni 2005; umzusetzen in nationales Recht bis zum 12. Juni 2007;
------------------------------------------
Richtlinie 2014/104/EU über Schadensersatzansprüche der Verbraucher gegen alle Unternehmen, die das Wettbewerbsrecht mißachten:

In Kraft getreten am 25. Dezember 2014; in nationales Recht umzusetzen bis zum 27. Dezember 2016;
------------------------------------------

Richtlinie 2010/13/EU verknüpft alle Unternehmen der Branche Rundfunk mit der Richtlinie 2005/29/EG über unlautere Geschäftspraktiken und bezieht dieses ausdrücklich als gültig für den Bereich Rundfunk mit ein.
Titel: Re: Kleiner Ausflug zum Europarecht
Beitrag von: Viktor7 am 17. August 2015, 22:28
Zitat
Richtlinie 2010/13/EU über audio-visuelle Mediendienste:
Das noch fehlende Datum der Umsetzung der Richtlinie könnte sicherlich direkt bei der Quelle erfragt werden. Wenn kein Datum genannt wurde, wäre der Grund dafür interessant sein.
Titel: Re: Kleiner Ausflug zum Europarecht
Beitrag von: Beitragender am 20. August 2015, 13:44
Ein kleiner Hinweis zur beihilfenrechtlichen Diskussion:
Ich möchte auf die Verordnung (EG) Nr. 794/2004 der Kommission vom 21. April 2004 zur Durchführung der Verordnung (EG) Nr. 659/1999 des Rates über besondere Vorschriften für die Anwendung von Artikel 93 des EG-Vertrags hinweisen:
http://eur-lex.europa.eu/LexUriServ/LexUriServ.do?uri=OJ:L:2004:140:0001:0134:DE:PDF

Gemäß Art. 1 Abs. 1 Verordnung (EG) Nr. 794/2004 sind in der Verordnung Form, Inhalt und andere Einzelheiten der Anmeldungen und Jahresberichte gemäß Verordnung (EG) Nr. 659/1999 genau festgelegt.
Gemäß Art. 1 Abs. 2 Verordnung (EG) Nr. 794/2004 findet die Verordnung Anwendung auf Beihilfen in allen Wirtschaftsbereichen.
Bisher wurde in diesem Forum -- soweit ersichtlich -- diese Verordnung lediglich unter Hinweis auf deren Art. 4 gewürdigt:
Es geht weiter: Verfassungsbeschwerde an das BVerfG Karlsruhe
http://gez-boykott.de/Forum/index.php/topic,12931.msg88515.html#msg88515
Kleiner Ausflug zum Europarecht
http://gez-boykott.de/Forum/index.php/topic,12861.msg86940.html#msg86940

Ich will mit diesem Beitrag nicht der Frage nachgehen, ob eine Anmeldung hätte erfolgen müssen.
Ich will mit diesem Beitrag darauf hinweisen, dass eine Anmeldung hätte erfolgen können.
Der Anhang I der Verordnung (EG) Nr. 794/2004 (pdf-Seiten 6 ff.) enthält ein Standardformular für die Anmeldung staatlicher Beihilfen, welches für die Anmeldung staatlicher Beihilfen zu verwenden ist. Darüber hinaus ist das Standardformular aber ferner anzuwenden, wenn aus Gründen der Rechtssicherheit eine Maßnahme bei der Kommission angemeldet wird, bei der es sich nicht um eine Beihilfe handelt (siehe pdf-Seite 6 und im Formular: Teil I, drittes ankreuzbares Kästchen auf pdf-Seite 7).
Wenn diese Möglichkeit besteht, dann stellt sich doch die Frage, warum die BRD eine derartige Anmeldung in Sachen Rundfunkbeitrag nicht durchgeführt hat. Wenn die BRD der Meinung ist, dass eine derartige Anmeldung in Sachen Rundfunkbeitrag nicht durchzuführen war, dann doch wohl nur mit der Begründung, dass keine beihilferechtlichen Bedenken bei der Umstellung bestanden haben, die die Rechtssicherheit gefährden. Die Begründung ist aber nicht tragfähig, da schon im Vorfeld beihilferechtliche Bedenken in Sachen Rundfunkbeitrag von Seiten der Literatur geäußert wurden. Insofern ist der BRD hier ein Versäumnis vorzuwerfen. Die Frage, ob durch die Umstellung eine neue Beihilfe geschaffen wurde (= anmeldepflichtig) -- eine Frage, die nun die deutschen Gerichte beschäftigt --, hätte ganz einfach durch „eine aus Gründen der Rechtssicherheit angemeldete Maßnahme, die keine Beihilfe darstellt?“ i.S.d. des Standardformulars geklärt werden können.
Dies wird auch insoweit durch Vorschriften der Verordnung (EG) Nr. 659/1999 des Rates vom 22. März 1999 über besondere Vorschriften für die Anwendung von Artikel 93 des EG-Vertrags bestätigt. Gemäß Art. 4 Abs. 2 und Art. 7 Abs. 2 Verordnung (EG) Nr. 659/1999 kann die Kommission, wenn sie zu dem Schluss gelangt, dass die angemeldete Maßnahme keine Beihilfe darstellt, dies durch Entscheidung feststellen.
Titel: Re: Kleiner Ausflug zum Europarecht
Beitrag von: px3 am 20. August 2015, 16:23
Vielen dank für die Links und die Hinweise, allerdings sehe ich das mit der Beihilfe etwas anders, was die Meldepflicht betrifft.

In "Staatliche Beihilfe E 3/2005 (ex- CP 2/2003, CP 232/2002, CP 43/2003, CP 243/2004 und CP 195/2004)"

Gemäß Randnummer 74 und 75 vertrat die Kommission die Auffassung, dass die Finanzierung des ÖR durch Gebühren sehr wohl eine „staatliche Beihilfe“ darstellen.

Unter dem Punkt 7.2 (Seite 45) geht die Kommission nun auf das Thema Beihilfe ein.
Zitat
Sie stellt zunächst unter der Randnummer 195 fest:
Gemäß Artikel 4 Absatz 1 der Verordnung (EG) Nr. 794/200487 gilt als Änderung einer bestehenden Beihilfe „jede Änderung, außer einer Änderung rein formaler oder verwaltungstechnischer Art, die keinen Einfluss auf die Würdigung der Vereinbarkeit der Beihilfemaßnahme mit dem Gemeinsamen Markt haben kann”.


Somit ergibt sich für mich eine Meldepflicht und ebenso daraus folgernd, daß der neue Rundfunkbeitrag eine "neue Beihilfe" darstellt.

Ich halte es da mit meiner Sichtweise genauso wie Generalanwalt Trabucchi (Randnummer 197):
Generalanwalt Trabucchi betonte in seinen Schlussanträgen in der Rechtssache Van der Hulst89, dass Änderungen wesentlich sind, wenn die Kernbestandteile des Systems geändert werden wie die Natur des Vorteils, das mit der Maßnahme verfolgte Ziel, die Rechtsgrundlage für die Gebühr, der Kreis der Empfänger oder die Finanzierungsquelle.
 
Titel: Re: Kleiner Ausflug zum Europarecht
Beitrag von: Beitragender am 20. August 2015, 17:15
Somit ergibt sich für mich eine Meldepflicht und ebenso daraus folgernd, daß der neue Rundfunkbeitrag eine "neue Beihilfe" darstellt.
Wie ich bereits schrieb, wollte ich nur darauf hinweisen, dass die BRD, selbst wenn sie davon ausgeht, dass die Umstellung keine "neue Behilfe" i.S.d. Verordnung(en) ist, die Umstellung hätte melden und von der Kommission beihilferechtlich hätte überprüfen lassen können. Das hat die BRD nicht getan. Weil die BRD das nicht getan hat, haben wir in der BRD nun Rechtsstreitigkeiten, in denen nationalen Gerichte diese Frage erörtern. Hierdurch wird die äußerst bedenkliche Möglichkeit geschaffen, dass die nationalen Gerichte diese Frage unterschiedlich beantworten; die Gefahr besteht solange, bis -- ein nationales Gericht diese Frage dem EuGH vorlegt und -- der EuGH diese Frage abschließend beantwortet. Im Ergebnis ist das Verhalten der BRD in diesem Punkt aus rechtstaatlicher Sicht äußerst bedenklich. Diese Rechtsstreitigkeiten hätten nicht sein müssen!

Ob es sich tatsächlich um eine "neue Beihilfe" i.S.d. Verordnung(en) handelt, wollte ich nicht kommentieren. Ich hatte schon an anderer Stelle dieses Forums vorgeschlagen, dass die -- auch in diesem Thread -- vermengten europarechtlichen Themen seperat diskutiert werden sollten:
KLAGE nach Europarecht - Ende der ARD-ZDF-GEZ Belästigung?
http://gez-boykott.de/Forum/index.php/topic,15317.msg102782.html#msg102782

Dieser Vorschlag wurde abgelehnt:
KLAGE nach Europarecht - Ende der ARD-ZDF-GEZ Belästigung?
http://gez-boykott.de/Forum/index.php/topic,15317.msg102799.html#msg102799

Das Problem ist, dass dieses Forum sowieso schon äußerst unübersichtlich ist. Bevor ich meinen Beitrag über die Verordnung (EG) Nr. 794/2004 in diesen Thread eingestellt hatte, hatte ich durchaus darüber nachgedacht, einen neuen Thread zum Thema "Beihilfenrecht" zu starten. Beim Durchsuchen dieses Forums musste ich allerdings feststellen, dass es schon mehrere Threads dazu gibt, die allerdings nicht all zu viele Informationen zu diesem Thema enthielten, bspw.:
Staatliche Beihilfen für den öffentlich-rechtlichen Rundfunk
http://gez-boykott.de/Forum/index.php/topic,14226.msg95208.html#msg95208
Tatbestand Europarecht: Beihilferegelungen BS
http://gez-boykott.de/Forum/index.php/topic,13342.msg89851.html#msg89851
IP/01/1429 - Europäische Kommission, Beihilfevorschriften für den ö.-r. Rundfunk
http://gez-boykott.de/Forum/index.php/topic,10846.msg74269.html#msg74269
Rundfunkfinanzierung ist laut EuGH staatliche Beihilfe! Urteil als PDF Download
http://gez-boykott.de/Forum/index.php/topic,6272.msg47837.html#msg47837

Hinzu kommen noch dieser Europarechts-Thread von pinguin und der Europarechts-Thread von Roggi:
KLAGE nach Europarecht - Ende der ARD-ZDF-GEZ Belästigung?
http://gez-boykott.de/Forum/index.php/topic,15317.msg101853.html#msg101853
Dieser Europarechts-Thread von pinguin und der Europarechts-Thread von Roggi zeichnen sich meiner Meinung nach dadurch aus, dass sie sehr viele Informationen u.a. zum Thema "Beihilfenrecht" enthalten. Problematisch an diesen Threads ist jedoch -- wie ich oben bereits schrieb -- dass sie mehrere Themen miteinander vermengen. Wenn wir es schaffen könnten, jedes der in diesen Threads angesprochene Thema in separaten Threads vertieft zu diskutieren, wäre meines Erachtens viel gewonnen.

Der Vorteil dieses Forums, der gleichzeitig aber auch ein Nachteil dieses Forums ist, ist die hier vorherrschende "Anarchie". Ich wollte -- neben dem beihilfenrechtlichen Thema -- bspw. auch das Thema "unbestellte Waren/Dienstleistungen" in einem Thread vertiefter diskutieren:
Unbestellte Waren und Dienstleistungen (EU)
http://gez-boykott.de/Forum/index.php/topic,14429.msg102791.html#msg102791

Allerdings finden sich auch zu diesem Thema andere Threads, bspw.:
Unbestellte Leistungen
http://gez-boykott.de/Forum/index.php/topic,15164.msg101062.html#msg101062
--> Thread wurde unter Verweis auf den Thread "Kleiner Ausflug zum Europarecht" (also diesem Thread) geschlossen
Unbestellte Leistungen
http://gez-boykott.de/Forum/index.php/topic,5816.msg45088.html#msg45088
--> bezieht sich nur auf nationales Recht (§ 241a BGB)
Frage an die Juristen unter uns - Unbestellte Leistungen - Bundesrecht bricht ..
http://gez-boykott.de/Forum/index.php/topic,7126.msg52650.html#msg52650

Ich will nicht, dass die hier vorherrschende "Anarchie" zerstört wird. Aber ein klein wenig "Ordnung" braucht der Mensch dann doch.
Titel: Re: Kleiner Ausflug zum Europarecht
Beitrag von: nixGEZahlt am 20. August 2015, 19:59
Auch ich habe mit der mangelnde Übersichtlichkeit beim Thema EU-Recht zu kämpfen. Daher habe ich eine Zusammenfassung der diesbezüglichen Ausführungen im Forum erstellt. Diese erhebt natürlich keinen Anspruch auf Vollständigkeit.

http://katido.gmxhome.de/zusfass_eurecht.pdf

Titel: Re: Kleiner Ausflug zum Europarecht
Beitrag von: 907 am 20. August 2015, 22:22
Die besondere Rolle des öffentlich-rechtlichen Rundfunks als Dienstleistung von allgemeinem Interesse ist im Protokoll über den öffentlich-rechtlichen Rundfunk in den Mitgliedstaaten festgelegt. In der „Mitteilung der Kommission über die Anwendung der Vorschriften über staatliche Beihilfen auf den öffentlich-rechtlichen Rundfunk“ wird erläutert, wie die Beihilfevorschriften auf den öffentlich-rechtlichen Rundfunk anzuwenden sind.

Leitfaden für Dienstleistungen von allgemeinem wirtschaftlichen Interesse(DAWI)
http://ec.europa.eu/services_general_interest/docs/guide_eu_rules_procurement_de.pdf
Titel: Re: Kleiner Ausflug zum Europarecht
Beitrag von: InesgegenGEZ am 21. August 2015, 06:38
Leitfaden für Dienstleistungen von allgemeinem wirtschaftlichen Interesse(DAWI)
http://ec.europa.eu/services_general_interest/docs/guide_eu_rules_procurement_de.pdf

Wann gilt eine Tätigkeit als nichtwirtschaftlich im Sinne des Wettbewerbsrechts? 
Zu den Tätigkeiten, die als nichtwirtschaftlich eingestuft wurden, zählen: 
•Tätigkeiten im Zusammenhang mit der Ausübung hoheitlicher Befugnisse
Tätigkeiten, die mit der Wahrnehmung hoheitlicher Befugnisse durch den Staat selbst oder durch im Rahmen ihrer Zuständigkeiten handelnde Behörden verbunden sind, sind keine wirtschaftlichen Tätigkeiten im Sinne des Wettbewerbsrechts. Dabei ist es irrelevant, ob der Staat unmittelbar durch eine Stelle handelt, die zur staatlichen Verwaltung gehört, oder durch eine Einrichtung, der besondere oder ausschließliche Rechte übertragen wurden. 


Also untersteht der Beitragseinzug nicht dem Wettbewerbsrecht, weil dieser hoheitlich ist.


Gibt es Beispiele für offenkundige Beurteilungsfehler der Mitgliedstaaten bei der Definition der DAWI? 
Das Ermessen der Mitgliedstaaten bei der Definition der DAWI kann von der Kommission und den Unionsgerichten auf offenkundige Beurteilungsfehler geprüft werden.
Die Kommission greift lediglich ein, um Beurteilungsfehlern vorzubeugen, die gegen die Regeln des AEUV verstoßen könnten. Aus der Rechtsprechung des Gerichtshofs und der Beschlusspraxis der Kommission lassen sich einige Beispiele für offenkundige Beurteilungsfehler anführen. 

Andere Beispiele sind Werbung, elektronischer Handel, die Verwendung von Mehrwert-Telefonnummern für Gewinnspiele, das Sponsoring oder das Merchandising. Ihre Einbeziehung in den öffentlich-rechtlichen Auftrag von Rundfunkanstalten stellt einen offenkundigen Beurteilungsfehler dar (Mitteilung der Kommission über die Anwendung der Vorschriften über staatliche Beihilfen auf den öffentlich-rechtlichen Rundfunk, ABl. C 257 vom 27.10.2009, S. 1.).


DAWI = Dienstleistungen von allgemeinem wirtschaftlichem Interesse
Titel: Re: Kleiner Ausflug zum Europarecht
Beitrag von: pinguin am 21. August 2015, 22:35
Meinen Dank an 907 für das Dokument.
-------------
Ohne viel zu kommentieren, nachstehend Auszüge aus dem von 907 verlinkten Dokument.


Zitat
3.1.19.
[...]
Nach der ständigen Rechtsprechung ist jede Tätigkeit, die darin besteht, auf einem bestimmten Markt Waren und/oder Dienstleistungen anzubieten, eine wirtschaftliche Tätigkeit im Sinne der Wettbewerbsregeln (Beispiele für wirtschaftliche Tätigkeiten im Sinne der Wettbewerbsregeln sind unter Ziffer 3.1.2. zu finden).

Zitat
3.1.1.
[...]
Die Wettbewerbsregeln gelten ausschließlich für "Unternehmen". Dieser Begriff umfasst jede Einheit, die eine wirtschaftliche Tätigkeit ausübt, ungeachtet seiner Rechtsform und der Art und Weise, wie sie finanziert wird26.

Zitat
3.1.2.
[...]
Jede Tätigkeit, die darin besteht, auf einem bestimmten Markt Waren und/oder Dienstleistungen anzubieten, ist eine wirtschaftliche Tätigkeit im Sinne der Wettbewerbsregeln27. Dass die betreffende Tätigkeit als „sozial“ eingestuft werden kann oder von einem Akteur ohne Gewinnerzielungsabsicht ausgeübt wird (siehe hierzu die Antwort auf Frage 3.1.6), genügt als solches nicht, um ihre Qualifizierung als wirtschaftliche Tätigkeit auszuschließen28.

Zitat
3.4.9.
[...]
Der Betrauungsakt muss Angaben enthalten zu Art und Dauer der
Gemeinwohlverpflichtungen, den mit der Erbringung der Leistungen betrauten Unternehmen, den Parametern für die Berechnung der Ausgleichszahlung (nicht die genaue Höhe der geplanten Ausgleichszahlung) sowie den Sicherheitsvorkehrungen zur Vermeidung einer Überkompensation.
Könnten die Rundfunkstaatsverträge eu-rechtlich nichtig sein, wenn darin nicht die Dauer ihrer Geltung festgeschrieben ist?

Zitat
3.4.10.
[...]
Wenn jedoch andere Dienstleister, die nicht mit einer DAWI betraut
wurden, bereits ähnliche Dienstleistungen auf dem Markt anbieten, dann ist es
besonders wichtig, dass der Mitgliedstaat die besonderen Merkmale der betreffenden Dienstleistung klar hervorhebt, vor allem die Bedingungen, unter  denen sie erbracht werden sollen, und die Zielgruppe, an die sie sich richten. 
Was sind die besonderen Merkmale der Dienstleistung der Rundfunkunternehmen öffentlichen Rechts gegenüber den Rundfunkunternehmen privaten Rechts?

Zitat
2.7
[...]
Aus der Rechtsprechung des Gerichtshofs und der Beschlusspraxis der Kommission lassen sich einige Beispiele für offenkundige Beurteilungsfehler anführen.
[...]Andere Beispiele sind Werbung, elektronischer Handel, die Verwendung  von Mehrwert-Telefonnummern für Gewinnspiele, das Sponsoring oder das  Merchandising. Ihre Einbeziehung in den öffentlich-rechtlichen Auftrag von Rundfunkanstalten stellt einen offenkundigen Beurteilungsfehler dar22

In Bezug auf den Rundfunk wird dabei auf nachstehendes Dokument verwiesen

Zitat
Mitteilung der Kommission über die Anwendung der Vorschriften über staatliche Beihilfen auf den öffentlich-rechtlichen Rundfunk, ABl. C 257 vom 27.10.2009, S. 1.
http://eur-lex.europa.eu/legal-content/DE/TXT/?qid=1440190481646&uri=CELEX:52009XC1027%2801%29
Titel: Re: Kleiner Ausflug zum Europarecht
Beitrag von: Roggi am 21. August 2015, 23:52
Meinen Dank an 907 für das Dokument.
Auch ich bedanke mich bei 907 für diese Dokument, einfach der Hammer ;D

Zitat
3.4.10.
    [...]
    Wenn jedoch andere Dienstleister, die nicht mit einer DAWI betraut
    wurden, bereits ähnliche Dienstleistungen auf dem Markt anbieten, dann ist es
    besonders wichtig, dass der Mitgliedstaat die besonderen Merkmale der betreffenden Dienstleistung klar hervorhebt, vor allem die Bedingungen, unter  denen sie erbracht werden sollen, und die Zielgruppe, an die sie sich richten. 
Was sind die besonderen Merkmale der Dienstleistung der Rundfunkunternehmen öffentlichen Rechts gegenüber den Rundfunkunternehmen privaten Rechts?
Es gibt keinen Unterschied. Die Unterschiede, die wahrgenommen werden, sind rein subjektiver Art, aber nicht objektiv. ÖrR muss einen Mehrwert gegenüber den Privaten haben. Es ist jedoch bisher weder der Nachweis erbracht worden, dass es so ist, noch dass es nicht so ist.
Titel: Re: Kleiner Ausflug zum Europarecht
Beitrag von: 20MillionenEuroTäglich am 22. August 2015, 09:12
So, jetzt wird's langsam interessant. Sobald sie mir einen (ablehnenden) Widerspruchsbescheid schicken oder mich mit einer Vollstreckung belästigen sollten, werde ich klagen. Vorher soll sich mein Anwalt diese augenscheinlich sehr interessanten Dokumente mal vornehmen. Bis zu 6000 Euro darf das Klageverfahren ruhig kosten (bislang gesparte Unrechtsbeiträge)  >:D
Titel: Re: Kleiner Ausflug zum Europarecht
Beitrag von: 907 am 22. August 2015, 22:49
„Kollektiver Rechtsschutz – Hin zu einem kohärenten europäischen Ansatz“
Stellungnahme zur Öffentlichen Konsultation der EU-Kommission

Zitat
F 22: Wer sollte in einem kollektiven Rechtsschutzverfahren klageberechtigt sein? Sollte das Recht,  Kollektivklagen  einzureichen  bestimmten  Einrichtungen  vorbehalten  sein?  Wenn  ja, welche  Kriterien  müssten  diese  Einrichtungen  erfüllen?  Bitte  geben  Sie  an,  wenn  Ihre  Antwort je nach Art der Kollektivklage und Art der Geschädigten (z.B. Verbraucher oder KMU) unterschiedlich ausfällt.

In Bezug auf Gruppenschadensersatzklagen sollte im Sinne der Courage-Rechtsprechung „jedermann“  klagebefugt  sein,  d.h.  jede  natürliche  oder  juristische  Person,  die  geltend  machen
kann,  aufgrund  eines  bestimmten  Rechtsverstoßes  einen  konkreten  Schaden  erlitten  zu  haben.
Zitat
F  31:  Gibt  es  Ihrer  Ansicht  weitere  Bereiche  im  Zusammenhang  mit  grenzübergreifenden kollektiven Rechtsschutzverfahren, die gesondert geregelt werden müssten, zum Beispiel einvernehmliche  kollektive  Streitbeilegungsmechanismen oder  Verletzungen  des  EU-Rechts durch Online-Anbieter von Waren und Dienstleistungen?

Um  eine  Rechtszersplitterung  weitestgehend  zu  vermeiden,  empfiehlt  sich  ein  restriktiver Umgang  mit  prozessualen  Sonderregelungen  für  bestimmte  Rechtsgebiete.  Vielmehr  sind
deren Besonderheiten im Rahmen des materiellen Rechts zu berücksichtigen. Ein  Bedarf  für  Sonderregelungen,  so  etwa  im  Bereich der  einvernehmlichen  kollektiven
Streitbeilegungsmechanismen oder bei Verletzung des EU-Rechts durch Online-Anbieter von Waren und Dienstleistungen, besteht daher nicht
Zitat
F  33:  Sollte  die  Arbeit  der  Kommission  in  Bezug  auf  kollektive  Schadensersatzklagen  auf weitere  Bereiche  des  EU-Rechts  –  außer  Wettbewerb  und  Verbraucherschutz  –  ausgedehnt werden?  Wenn  ja,  auf  welche?  Gibt  es  in  den  jeweiligen  Bereichen  Besonderheiten,  die  beachtet werden müssten?

Es  empfiehlt  sich,  zunächst  die  praktische  Akzeptanz  kollektiver  Rechtsschutzmechanismen in  den  –  ohnehin  schon  weitgefassten  –  Mikrorechtsordnungen  des  Wettbewerbs-  und  Ver-
braucherschutzrechts abzuwarten und erst danach die Abänderung oder Erweiterung kollektiver Rechtsbehelfe in sonstigen Rechtsbereichen zu erwägen. 
Quelle: http://ec.europa.eu/competition/consultations/2011_collective_redress/bernhard_de.pdf (http://ec.europa.eu/competition/consultations/2011_collective_redress/bernhard_de.pdf)
Titel: Re: Kleiner Ausflug zum Europarecht
Beitrag von: pinguin am 31. August 2015, 15:02
Mal nur so als Ergänzung:

http://www.ombudsman.europa.eu/de/press/release.faces/de/11659/html.bookmark

Zitat
Die fünf Grundsätze des öffentlichen Dienstes

1. Engagement für die Europäische Union und ihre Bürgerinnen und Bürger

Der Beamte ist sich dessen bewusst, dass die Institutionen der Union dazu da sind, bei der Verwirklichung der in den Verträgen niedergelegten Ziele den Interessen der Union und ihrer Bürgerinnen und Bürger zu dienen.

Seine Empfehlungen und Entscheidungen stehen stets im Dienste dieser Interessen.

Der Beamte erfüllt seine Aufgaben nach bestem Vermögen und ist bestrebt, jederzeit den höchsten beruflichen Standards zu entsprechen.

Er ist sich seiner öffentlichen Vertrauensposition bewusst und geht anderen mit gutem Beispiel voran.

2. Integrität

Der Beamte lässt sich stets von einem Gefühl des Anstands leiten. Sein Verhalten hält jederzeit einer gründlichen öffentlichen Kontrolle stand. Dieser Verpflichtung ist durch bloßes Handeln nach dem Gesetz nicht genüge getan.

Der Beamte geht keine Verpflichtung finanzieller oder sonstiger Art ein, die ihn bei der Wahrnehmung seiner Aufgaben beeinflussen könnte; dies schließt die Annahme von Geschenken ein. Der Beamte gibt etwaige private Interessen in Bezug auf seine Aufgaben unverzüglich an.

Der Beamte trifft Vorkehrungen, um Interessenskonflikte und die Entstehung solcher Konflikte zu vermeiden. Er wird unverzüglich tätig, um aufkommende Konflikte zu lösen. Diese Verpflichtung gilt auch für die Zeit nach seinem Ausscheiden aus dem Dienst.

3. Objektivität

Der Beamte ist unparteiisch und aufgeschlossen, hält sich an Tatsachen und ist gewillt, unterschiedliche Standpunkte zu hören. Er ist bereit Fehler anzuerkennen und zu korrigieren.

Bei Verfahren, die vergleichende Bewertungen einschließen, lässt sich der Beamte bei seinen Empfehlungen und Entscheidungen nur von Leistungsgesichtspunkten und gegebenenfalls von gesetzlich ausdrücklich vorgeschriebenen sonstigen Faktoren leiten.

Der Beamte diskriminiert nicht und lässt sich bei seiner beruflichen Tätigkeit nicht von der Sympathie oder Antipathie für eine bestimmte Person beeinflussen.

4. Achtung vor anderen Menschen

Der Beamte begegnet Amtskollegen und auch den Bürgerinnen und Bürgern stets mit Achtung. Er ist höflich, hilfsbereit und kooperativ und erfüllt seine Aufgaben termingerecht.

Er ist ehrlich bemüht, das von anderen Gesagte zu verstehen und sich selbst klar und verständlich auszudrücken.

5. Transparenz

Der Beamte ist bereit, Auskunft über seine Tätigkeit zu erteilen und sein Handeln zu begründen.

Er führt ordnungsgemäße Aufzeichnungen und stellt sich bereitwillig öffentlichen Kontrollen seines Verhaltens, einschließlich der Einhaltung dieser Grundsätze des öffentlichen Dienstes.

http://www.ombudsman.europa.eu/de/press/release.faces/de/10666/html.bookmark
Zitat
85% haben nicht genügend Informationen über Charta der Grundrechte

72% der Befragten erklärten, sie fühlten sich nicht gut über die EU-Charta der Grundrechte informiert. Weitere 13% haben sogar noch nie davon gehört.

http://ec.europa.eu/justice/fundamental-rights/charter/index_de.htm?cookies=disabled

Zitat
Sie umfasst:

    * alle Rechte, die sich aus der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs ergeben;
    * die Rechte und Freiheiten laut der Europäischen Menschenrechtskonvention;
    * sonstige Rechte und Grundsätze, die sich aus den gemeinsamen Verfassungsüberlieferungen der Mitgliedstaaten und anderen internationalen Instrumenten ergeben.

Zitat
Die Bestimmungen der Charta richten sich an:

    * die Organe und Institutionen der EU für gebührende Berücksichtigung des Subsidiaritätsprinzips sowie
    * die einzelstaatlichen Behörden, wenn diese EU-Recht umsetzen.

Beispielsweise gilt die Charta, wenn EU-Länder nationale Gesetze zur Umsetzung von EU-Recht verabschieden bzw. anwenden oder Behörden direkt EU-Verordnungen umsetzen.

Zitat
Am 1. Dezember 2009 wurde die Charta mit dem Inkrafttreten des Vertrags von Lissabon für die EU-Organe und die nationalen Regierungen genauso rechtsverbindlich wie die EU-Verträge selbst.

http://eur-lex.europa.eu/legal-content/DE/TXT/HTML/?uri=CELEX:12012P/TXT&from=EN

Zitat
Artikel 7

Achtung des Privat- und Familienlebens

Jede Person hat das Recht auf Achtung ihres Privat- und Familienlebens, ihrer Wohnung sowie ihrer Kommunikation.
Kommunikation -> Rundfunk? -> freie Wahl der Medien?

Zitat
Artikel 11

Freiheit der Meinungsäußerung und Informationsfreiheit

(1)   Jede Person hat das Recht auf freie Meinungsäußerung. Dieses Recht schließt die Meinungsfreiheit und die Freiheit ein, Informationen und Ideen ohne behördliche Eingriffe und ohne Rücksicht auf Staatsgrenzen zu empfangen und weiterzugeben.

(2)   Die Freiheit der Medien und ihre Pluralität werden geachtet.
Auch deswegen haben Rundfunkunternehmen keinen Behördenstatus, könnten sie doch versucht sein, unzulässig Einfluß zu nehmen.

Zitat
Artikel 54

Verbot des Missbrauchs der Rechte

Keine Bestimmung dieser Charta ist so auszulegen, als begründe sie das Recht, eine Tätigkeit auszuüben oder eine Handlung vorzunehmen, die darauf abzielt, die in der Charta anerkannten Rechte und Freiheiten abzuschaffen oder sie stärker einzuschränken, als dies in der Charta vorgesehen ist.

Handels- und Wettbewerbsrecht sind EU-Recht; da auch jene Rechte in die Charta der Grundrechte übergehen, die der EuGH als gültig erkennt, sind auch die Urteile des EuGH stärker zur Kenntnis zu nehmen.
Titel: Re: Kleiner Ausflug zum Europarecht
Beitrag von: pinguin am 01. September 2015, 21:42
Nächste "nur so" Ergänzung.
--------------
Jeder Bürger der Europäischen Union kann sich zu Recht auch auf die in Verordnungen, Richtlinien und allen anderen Dokumenten genannten "Erwägungsgründe" beziehen, da es der Europäische Gerichtshof auch so handhabt und diese "Erwägungsgründe" in den zum Urteil führenden "Rechtlichen Rahmen" integriert.

Als Beispiel dafür sei genannt:

C-169/14 http://curia.europa.eu/juris/document/document.jsf?docid=155118&mode=req&pageIndex=6&dir=&occ=first&part=1&text=Verbraucher&doclang=DE&cid=38441#ctx1

Zitat
[...]
Rechtlicher Rahmen

 Unionsrecht

3        Im neunten Erwägungsgrund der Richtlinie 93/13 heißt es:

„… Käufer von Waren oder Dienstleistungen [sind] vor Machtmissbrauch des Verkäufers oder des Dienstleistungserbringers … zu schützen.“

4        Art. 1 Abs. 1 der Richtlinie lautet:

„Zweck dieser Richtlinie ist die Angleichung der Rechts- und Verwaltungsvorschriften der Mitgliedstaaten über missbräuchliche Klauseln in Verträgen zwischen Gewerbetreibenden und Verbrauchern.“

5        Art. 3 der Richtlinie bestimmt:

„(1)      Eine Vertragsklausel, die nicht im Einzelnen ausgehandelt wurde, ist als missbräuchlich anzusehen, wenn sie entgegen dem Gebot von Treu und Glauben zum Nachteil des Verbrauchers ein erhebliches und ungerechtfertigtes Missverhältnis der vertraglichen Rechte und Pflichten der Vertragspartner verursacht.

(2)      Eine Vertragsklausel ist immer dann als nicht im Einzelnen ausgehandelt zu betrachten, wenn sie im Voraus abgefasst wurde und der Verbraucher deshalb, insbesondere im Rahmen eines vorformulierten Standardvertrags, keinen Einfluss auf ihren Inhalt nehmen konnte.

[...]

Zitat
Rz. 24
In diesem Zusammenhang hat der Gerichtshof mehrfach entschieden, dass das nationale Gericht von Amts wegen die Missbräuchlichkeit einer Vertragsklausel, die in den Anwendungsbereich der Richtlinie fällt, prüfen und damit der Unausgewogenheit zwischen dem Verbraucher und dem Gewerbetreibenden abhelfen muss, sobald es über die hierzu erforderlichen rechtlichen und tatsächlichen Grundlagen verfügt (Urteile Aziz, EU:C:2013:164, Rn. 46, und Barclays Bank, EU:C:2014:279, Rn. 34).

---------------
SCHLUSSANTRÄGE DES GENERALANWALTS NIILO JÄÄSKINEN vom 30. Juni 2015(1)

C-276/14 http://curia.europa.eu/juris/document/document.jsf?text=Verbraucher&docid=165380&pageIndex=0&doclang=DE&mode=req&dir=&occ=first&part=1&cid=22205#ctx1
Zum Mehrwertsteuersystem

Zitat
Fußnote 32  – Zu beachten ist, dass auf dem Gebiet der staatlichen Beihilfen eine implizite unbeschränkte Staatsbürgschaft für ein Unternehmen, das nicht Gegenstand von Sanierungs- und gerichtlichen Abwicklungsverfahren sein kann, als unzulässige staatliche Beihilfe anzusehen ist (vgl. in diesem Sinne Urteil Frankreich/Kommission, C-559/12 P, EU:C:2014:217, Rn. 97 und 98).  [...]
Der EU-Ton wird rauher; ein Unternehmen, das nicht Pleite gehen kann, darf keine staatlichen Beihilfen erhalten.

Zitat
Fußnote 40  – [...] Daraus folgt jedoch nicht, dass ein Mitgliedstaat weiterhin frei ist, die von diesen „registradores“ erbrachten Dienstleistungen nicht der Mehrwertsteuer zu unterwerfen, wenn sich herausstellt, dass diese Dienstleistungen in Form einer selbständigen wirtschaftlichen Tätigkeit erbracht werden.
-------------
Urteil C-5/14 http://curia.europa.eu/juris/document/document.jsf?text=Verbraucher&docid=164722&pageIndex=0&doclang=DE&mode=req&dir=&occ=first&part=1&cid=22205#ctx1
Zum Verbraucherschutz

Randziffern:
Zitat
Rz. 30
Art. 267 AEUV verleiht dem Gerichtshof die Zuständigkeit, im Wege der Vorabentscheidung sowohl über die Auslegung der Verträge und der Handlungen der Organe, Einrichtungen oder sonstigen Stellen der Union als auch über die Gültigkeit dieser Handlungen zu entscheiden. [...] nach Abs. 3 ist das einzelstaatliche Gericht hierzu verpflichtet, wenn seine Entscheidungen selbst nicht mehr mit Rechtsmitteln des innerstaatlichen Rechts angefochten werden können.

Zitat
Rz. 32
Zweitens hat der Gerichtshof entschieden, dass das nationale Gericht, das im Rahmen seiner Zuständigkeit die Bestimmungen des Unionsrechts anzuwenden hat, gehalten ist, für die volle Wirksamkeit dieser Normen Sorge zu tragen, indem es erforderlichenfalls jede – auch spätere – entgegenstehende Bestimmung des nationalen Rechts aus eigener Entscheidungsbefugnis unangewandt lässt, ohne dass es die vorherige Beseitigung dieser Bestimmung auf gesetzgeberischem Wege oder durch irgendein anderes verfassungsrechtliches Verfahren beantragen oder abwarten müsste (vgl. u. a. Urteile Simmenthal, 106/77, EU:C:1978:49, Rn. 21 und 24, Filipiak, C-314/08, EU:C:2009:719, Rn. 81, Åkerberg Fransson, C-617/10, EU:C:2013:105, Rn. 45, sowie A, C-112/13, EU:C:2014:2195, Rn. 36).

Zitat
Rz. 33
Mit den in der Natur des Unionsrechts liegenden Erfordernissen wäre nämlich jede Bestimmung einer nationalen Rechtsordnung – auch wenn sie Verfassungsrang hat – oder jede Gesetzgebungs-, Verwaltungs- oder Gerichtspraxis unvereinbar, [...]

Zitat
Rz. 39
Nach alledem ist auf die erste Frage zu antworten, dass Art. 267 AEUV dahin auszulegen ist, dass ein nationales Gericht, das Zweifel an der Vereinbarkeit einer nationalen Rechtsvorschrift sowohl mit dem Unionsrecht als auch mit der Verfassung des betreffenden Mitgliedstaats hat, auch dann, wenn ein Zwischenverfahren zur Kontrolle der Verfassungsmäßigkeit dieser Vorschrift bei dem nationalen Gericht anhängig ist, das mit der Durchführung dieser Kontrolle betraut ist, befugt bzw. gegebenenfalls verpflichtet ist, dem Gerichtshof Fragen nach der Auslegung oder der Gültigkeit des Unionsrechts vorzulegen.
Titel: Re: Kleiner Ausflug zum Europarecht
Beitrag von: Greyhound am 01. September 2015, 22:05
Urteil C-5/14 http://curia.europa.eu/juris/document/document.jsf?text=Verbraucher&docid=164722&pageIndex=0&doclang=DE&mode=req&dir=&occ=first&part=1&cid=22205#ctx1
Zum Verbraucherschutz
Zitat
Rz. 39
Nach alledem ist auf die erste Frage zu antworten, dass Art. 267 AEUV dahin auszulegen ist, dass ein nationales Gericht, das Zweifel an der Vereinbarkeit einer nationalen Rechtsvorschrift sowohl mit dem Unionsrecht als auch mit der Verfassung des betreffenden Mitgliedstaats hat, auch dann, wenn ein Zwischenverfahren zur Kontrolle der Verfassungsmäßigkeit dieser Vorschrift bei dem nationalen Gericht anhängig ist, das mit der Durchführung dieser Kontrolle betraut ist, befugt bzw. gegebenenfalls verpflichtet ist, dem Gerichtshof Fragen nach der Auslegung oder der Gültigkeit des Unionsrechts vorzulegen.
DANKE DANKE DANKE!
Der Hinweis auf diese aktuelle Entscheidung des EuGH kommt jetzt genau richtig.
Titel: Re: Kleiner Ausflug zum Europarecht
Beitrag von: pinguin am 05. September 2015, 12:25
Auch nur so am Rande;

http://curia.europa.eu/jcms/upload/docs/application/pdf/2015-02/cp150025de.pdf

Der EuGH hat die Ruhestandsgehälter der ehemaligen Beamten von France Telekom als unzulässige staatliche Beihilfe eingestuft.

Man könnte daraus ableiten, daß auch die Pensionen der ehmaligen Rundfunkmitarbeiter gegen EU-Recht verstoßen, da sie evtl. nicht aus den Rundfunkbeiträgen generiert werden dürfen.
Titel: Re: Kleiner Ausflug zum Europarecht
Beitrag von: pinguin am 18. September 2015, 14:34
Aus der aktuellen Pressemeldung, Nr. 95/15, des EuGH zum Urteil in der Rechtssache C-105/14

Zitat
In seinem heutigen Urteil weist der Gerichtshof zunächst darauf hin, dass die Mitgliedstaaten gemäß Art. 325 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV) rechtswidrige Handlungen, die sich gegen die finanziellen Interessen der Union richten, mit abschreckenden und effektiven Maßnahmen bekämpfen und insbesondere die gleichen Maßnahmen ergreifen müssen wie zur Bekämpfung von Betrug, der sich gegen ihre eigenen finanziellen Interessen richtet. [...]

und

Zitat
[...] Zudem weist der Gerichtshof darauf hin, dass der Haushalt der Union u. a. durch die Einnahmen finanziert wird, die sich aus der Anwendung eines einheitlichen Satzes auf die einheitliche Mehrwertsteuer-Eigenmittelbemessungsgrundlage ergeben, so dass ein unmittelbarer Zusammenhang zwischen der Erhebung dieser Einnahmen und den finanziellen Interessen der Union besteht.

Und auch hier noch einmal

Zitat
[...] Art. 325 AEUV hat nämlich gemäß dem Grundsatz des Vorrangs des Unionsrechts zur Folge, dass allein durch sein Inkrafttreten jede entgegenstehende Bestimmung des geltenden nationalen Rechts ohne Weiteres unanwendbar wird.
Titel: Re: Kleiner Ausflug zum Europarecht
Beitrag von: pinguin am 18. September 2015, 20:59
Urteil C-105/14 hält noch Interessantes bereit.

Zitat
36      Hierzu ist darauf hinzuweisen, dass in Bezug auf die Mehrwertsteuer aus der Richtlinie 2006/112 in Verbindung mit Art. 4 Abs. 3 EUV hervorgeht, dass die Mitgliedstaaten nicht nur allgemein verpflichtet sind, alle Rechts- und Verwaltungsvorschriften zu erlassen, die geeignet sind, die Erhebung der gesamten in ihren jeweiligen Hoheitsgebieten geschuldeten Mehrwertsteuer zu gewährleisten, sondern auch den Betrug bekämpfen müssen (vgl. in diesem Sinne Urteil Åkerberg Fransson, C?617/10, EU:C:2013:105, Rn. 25 und die dort angeführte Rechtsprechung).

Zitat
37      Außerdem sind die Mitgliedstaaten nach Art. 325 AEUV verpflichtet, rechtswidrige Handlungen, die sich gegen die finanziellen Interessen der Union richten, mit abschreckenden und wirksamen Maßnahmen zu bekämpfen. Insbesondere müssen sie nach dieser Vorschrift zur Bekämpfung von Betrug, der sich gegen die finanziellen Interessen der Union richtet, die gleichen Maßnahmen ergreifen wie zur Bekämpfung von Betrug, der sich gegen ihre eigenen finanziellen Interessen richtet (vgl. Urteil Åkerberg Fransson, C?617/10, EU:C:2013:105, Rn. 26 und die dort angeführte Rechtsprechung).

Zitat
61      Zweitens ist in Bezug auf das Verbot staatlicher Beihilfen in Art. 107 AEUV darauf hinzuweisen, dass eine Maßnahme, mit der die staatlichen Stellen bestimmten Unternehmen eine steuerliche Vergünstigung gewähren, die zwar nicht mit der Übertragung staatlicher Mittel verbunden ist, aber die Begünstigten finanziell besser stellt als die übrigen Steuerpflichtigen, eine staatliche Beihilfe im Sinne von Art. 107 Abs. 1 AEUV ist (vgl. u. a. Urteil P, C?6/12, EU:C:2013:525, Rn. 18 und die dort angeführte Rechtsprechung).
Es stellt also auch dann eine staatliche Beihilfe dar, wenn den öffentlich-rechtlichen Rundfunkunternehmen die Zahlung der Mehrwertsteuer erlassen wird, obwohl sie kraft neuem EU-Recht zur Zahlung von Mehrwertsteuer an den nationalen Staat verpflichtet worden sind.

Zitat
52      Die Bestimmungen des Art. 325 Abs. 1 und 2 AEUV haben daher gemäß dem Grundsatz des Vorrangs des Unionsrechts in ihrem Verhältnis zum innerstaatlichen Recht der Mitgliedstaaten zur Folge, dass allein durch ihr Inkrafttreten jede entgegenstehende Bestimmung des geltenden nationalen Rechts ohne Weiteres unanwendbar wird (vgl. in diesem Sinne u. a. Urteil ANAFE, C?606/10, EU:C:2012:348, Rn. 73 und die dort angeführte Rechtsprechung).
Europarecht bricht Bundesrecht, wo dem Europarecht die Regelungsbefugnis zugestanden worden ist; Bundesrecht bricht Landesrecht, einfach gemäß Grundgesetz.

Verbraucherrecht ist europäisches Recht;
Wettbewerbsrecht ist auch europäisches Recht;
selbst Rundfunkrecht ist europäisches Recht; siehe Richtlinie 2010/13/EU;
Titel: Re: Kleiner Ausflug zum Europarecht
Beitrag von: pinguin am 20. September 2015, 17:44
http://ec.europa.eu/dgs/legal_service/arrets/10c188_de.pdf

Zitat
[...] Der Gerichtshof führt aus, dass es Aufgabe des vorlegenden Gerichts ist, zu prüfen, ob die nationalen Rechtsvorschriften im Einklang mit diesen Erfordernissen des Unionsrechts ausgelegt werden können.

Zitat
[...] In diesem Zusammenhang erinnert der Gerichtshof daran, dass die nationalen Gerichte grundsätzlich verpflichtet sind, im Rahmen der Zusammenarbeit zwischen den Gerichten den Gerichtshof zur Gültigkeit der Handlungen der Union zu befragen, um die Einheit des Unionsrechts sicherzustellen.
-------------------------
http://ec.europa.eu/dgs/legal_service/arrets/06c002_de.pdf

Zitat
[...] Denn in dieser überaus wichtigen Entscheidung befand der
Gerichtshof, der in Artikel 10 EG verankerte Grundsatz der Zusammenarbeit
verpflichtet eine nationale Behörde auf entsprechenden Antrag hin, eine
bestandskräftige Verwaltungsentscheidung zu überprüfen, um der mittlerweile vom Gerichtshof vorgenommenen Auslegung der einschlägigen Bestimmung Rechnung zu tragen, wenn:
– diese Behörde nach nationalem Recht befugt ist, diese Entscheidung
zurückzunehmen;
– die Entscheidung infolge eines Urteils eines in letzter Instanz entscheidenden
nationalen Gerichts bestandskräftig geworden ist;
– das Urteil, wie eine nach seinem Erlass ergangene Entscheidung des Gerichtshofes zeigt, auf einer unrichtigen Auslegung des Gemeinschaftsrechts beruht, die erfolgt ist, ohne dass der Gerichtshof um Vorabentscheidung ersucht wurde; und
– der Betroffene sich, unmittelbar nachdem er Kenntnis von der besagten
Entscheidung des Gerichtshofes erlangt hat, an die Verwaltungsbehörde
gewandt hat.
Eine Behörde bzw. öffentliche Verwaltung muß auf Antrag auch einen im Grunde rechtsgültig gewordenen Verwaltungsakt nachträglich überprüfen, wenn sich das Unionsrecht zwischenzeitlich derart weiterentwickelt hat, daß nach neuen Konditionen entweder gar kein Verwaltungsakt hätte erstellt werden dürfen oder dieser so, wie ergangen, nicht zulässig wäre.
-----------------
http://ec.europa.eu/dgs/legal_service/arrets/05c222_de.pdf

Zitat
[...] von Amts wegen die Rechtmäßigkeit der betreffenden Verwaltungsakte anhand der Kriterien der Richtlinie 85/511 zu prüfen.
Wirft nun die Frage auf, was in Richtlinie 85/211 so steht, daß das Gericht von Amts wegen verpflichtet ist, die Rechtmäßigkeit von Verwaltungsakten zu prüfen. Angemerkt sei, es geht um Verbraucherschutz.

Zitat
[...], in denen sich die Verpflichtung, aus der Verletzung des Gemeinschaftsrechts hergeleitete Klagegründe von Amts wegen zu prüfen, aus der Notwendigkeit ergibt, den Verbraucherschutz zu gewährleisten.
Titel: Re: Kleiner Ausflug zum Europarecht
Beitrag von: pinguin am 22. September 2015, 21:04
Kaum jemand weiß es, auch, weil sich kaum jemand die Mühe macht, sich damit zu befassen.

Seitens der EU hat es einen "Kodex für gute Verwaltungspraxis". Die direkte Website dafür ist aber leider nicht einfach aufzurufen, weil wohl gern mit der Gestaltung der Weblinks gespielt wird.

Dieser Kodex wurde im Amtsblatt der Europäischen Gemeinschaften: ABl. L 267 vom 20.10.2000 veröffentlicht und ist damit für alle in einer öffentlichen Verwaltung tätigen Bürger verbindlich.

Zitat
Der Kodex ist für das gesamte Personal verbindlich, auf welches das Statut der Beamten der Europäischen Gemeinschaften und die Beschäftigungsbedingungen für die sonstigen Bediensteten dieser Gemeinschaften (das Statut) oder andere Vorschriften zur Beziehung zwischen
der Kommission und ihrem Personal, die sich auf Beamte bzw. sonstigen
Bediensteten der Europäischen Gemeinschaften beziehen, Anwendung finden.

Personen mit privatrechtlichem Arbeitsvertrag, abgeordnete nationale Sachverständige oder Praktikanten, die für die Kommission arbeiten, sollten sich jedoch ebenfalls in ihrer täglichen Arbeit durch den Kodex leiten lassen.
Haben die Mitarbeiter von BS und ARD privatrechtliche Arbeitsverträge? Beamte sind es ja keine.

Zitat
[...]
Objektivität und Unparteilichkeit

Bedienstete handeln stets objektiv und unparteiisch sowie im Interesse
der Gemeinschaft und zum Wohl der Allgemeinheit. Innerhalb des von
der Kommission festgelegten politischen Rahmens entscheiden sie in
voller Unabhängigkeit, ohne sich von persönlichen oder nationalen
Interessen leiten zu lassen oder politischem Druck nachzugeben.
[...]
Informationspflicht über Rechtsbehelfe

Soweit das Gemeinschaftsrecht dies vorsieht, enthalten bekanntgegebene
Entscheidungen Angaben zu deren Anfechtbarkeit; ebenso ist anzugeben, wie die Anfechtung vorgenommen werden kann (Name und Büroanschrift der Person, bzw. der Dienststelle, bei der dieser Rechtsbehelf eingelegt werden kann) und welche Frist zu beachten ist. Gegebenenfalls weisen Entscheidungen auf die Möglichkeit der Einleitung eines Gerichtsverfahrens und/oder zur Anrufung des Europäischen Bürgerbeauftragten gemäß Artikel 230 bzw. 195 EGVertrag hin.[...]

http://ec.europa.eu/transparency/code/index_de.htm

Zitat
Bürgerinnen und Bürger, die ihrer Ansicht nach nicht im Sinne dieser Regeln behandelt wurden, können Beschwerde einreichen.
---------------
Hier evtl. auch interessant

Zitat
VERORDNUNG Nr. 31 (EWG) 11 (EAG)
über das Statut der Beamten und über die Beschäftigungsbedingungen für die sonstigen Bediensteten der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft und der Europäischen Atomgemeinschaft (ABl. 45 vom 14.6.1962, S. 1385)
[...]
Einziger Artikel
Das Statut der Beamten und die Beschäftigungsbedingungen für die
sonstigen Bediensteten der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft und
der Europäischen Atomgemeinschaft bestimmen sich nach den in der
Anlage enthaltenen Vorschriften, die Bestandteil dieser Verordnung
sind.

Diese Verordnung tritt am 1. Januar 1962 in Kraft.

Diese Verordnung ist in allen ihren Teilen verbindlich und gilt unmittelbar in jedem Mitgliedstaat.
[...]
TITEL II
RECHTE UND PFLICHTEN DES BEAMTEN
Artikel 11
Der Beamte hat sich bei der Ausübung seines Amtes und in seinem Verhalten
ausschließlich von den Interessen der Gemeinschaften leiten zu lassen; er darf
von keiner Regierung, Behörde, Organisation oder Person außerhalb seines Organs Weisungen anfordern oder entgegennehmen. [...]
[...]
Artikel 11a
(1) Der Beamte darf sich bei der Ausübung seines Amtes vorbehaltlich der
nachstehenden Vorschriften nicht mit Angelegenheiten befassen, an denen er
mittelbar oder unmittelbar ein persönliches, insbesondere ein familiäres oder
finanzielles Interesse hat, das seine Unabhängigkeit beeinträchtigen kann. [...]
[...]
(3) Der Beamte darf an Unternehmen, die der Kontrolle seines Organs unterliegen oder mit diesem in Verbindung stehen, weder unmittelbar noch mittelbar eine Beteiligung beibehalten oder erwerben, die aufgrund ihrer Art oder ihres Umfangs seine Unabhängigkeit bei der Ausübung seines Amtes gefährden könnte.

Artikel 12
Der Beamte enthält sich jeder Handlung und jedes Verhaltens, die dem Ansehen seines Amtes abträglich sein könnten.
[...]

http://eur-lex.europa.eu/LexUriServ/LexUriServ.do?uri=CONSLEG:1962R0031:20100101:DE:PDF
---------------------
Zitat
BESCHLUSS DER KOMMISSION
vom 3.2.2014
zur Einsetzung der Gruppe europäischer Regulierungsstellen für audiovisuelle
Mediendienste
[...]
(3) Angesichts eines zunehmenden grenzübergreifenden Vertriebs und der rechtlichen Herausforderungen im Zusammenhang mit Abrufdiensten ist eine einheitliche Anwendung der Richtlinie 2010/13/EU in allen Mitgliedstaaten für eine erfolgreiche Entwicklung eines Binnenmarkts für audiovisuelle Mediendienste unabdingbar.
[...]
(5) Es gibt ein Kooperationsnetz für die Zusammenarbeit bei der Durchsetzung der Rechtsvorschriften der Union über den Schutz der wirtschaftlichen Interessen der Verbraucher, das auch für Fragen der Durchsetzung der in der Richtlinie über audiovisuelle Mediendienste festgelegten Verbraucherschutzbestimmungen zuständig ist.[...]

http://ec.europa.eu/transparency/regdoc/rep/3/2014/DE/3-2014-462-DE-F1-1.PDF
------------------

Titel: Re: Kleiner Ausflug zum Europarecht
Beitrag von: pinguin am 01. Oktober 2015, 19:03
Es gibt wieder was Neues vom EuGH, welches in einem separaten Thema behandelt wird: hier geht es weiter
EuGH C-201/14 Ohne Kenntnis d. Bürger kein Datenaustausch zwecks Verarbeitg.
https://gez-boykott.de/Forum/index.php?topic=15947.0
Titel: Re: Kleiner Ausflug zum Europarecht
Beitrag von: pinguin am 14. Oktober 2015, 21:07
Beispiel für die Gesamtverantwortung des Bundes, wenn ein Bundesland europäisches Recht nicht oder nur umbefriedigend umsetzt:

http://europa.eu/rapid/press-release_MEMO-15-5657_de.htm

Zitat
[...]6. Mobilität und Verkehr

(Weitere Informationen: Jakub Adamowicz –Tel.: +32 229 50595, Alexis Perier - Tel.: +32 229 69143)


Anrufung des Gerichtshofs der Europäischen Union

Gefahrenabwehr in deutschen Häfen: Die Kommission verklagt DEUTSCHLAND vor dem Gerichtshof der Europäischen Union

Die Europäische Kommission hat beschlossen, Deutschland vor dem Gerichtshof der Europäischen Union zu verklagen, weil es die Bestimmungen der Richtlinie 2005/65/EG zur Erhöhung der Gefahrenabwehr im Bundesland Nordrhein-Westfalen nicht vollständig angewendet hat.

Deutschland hat einen Aktionsplan in die Wege geleitet, mit dem die Verpflichtungen aus der Richtlinie in Nordrhein-Westfalen vollständig umgesetzt werden sollen. Allerdings wurde der Änderungsentwurf für das Hafensicherheitsgesetz vom nordrhein-westfälischen Landtag noch nicht verabschiedet.

Die Richtlinie musste bis zum 15. Juni 2007 umgesetzt werden. Bereits im September 2014 hat die Kommission Deutschland in einer begründeten Stellungnahme dringend aufgefordert, in Bezug auf einige Häfen in Nordrhein-Westfalen seinen Verpflichtungen hinsichtlich der Risikobewertungen und der Erstellung der Gefahrenabwehrpläne nachzukommen. Da dies bisher noch nicht erfolgt ist, bringt die Kommission jetzt den Fall vor den Gerichtshof der Europäischen Union. Weitere Informationen enthält die entsprechende Pressemitteilung.[...]
Früher oder später steht an Stelle der dt. Häfen wohl der dt. ÖRR?

Europäisches Recht ist Bundesrecht.
Titel: Re: Kleiner Ausflug zum Europarecht
Beitrag von: pinguin am 16. Oktober 2015, 15:12
Die ultimative Richtlinie gegen den derzeitigen dt. ÖRR?

Zitat
RICHTLINIE 2014/24/EU [...] über die öffentliche Auftragsvergabe und zur Aufhebung der Richtlinie 2004/18/EG

Gemäß Erwägungsgrund 23 gilt sie auch für audiovisuelle Mediendiensteanbieter

Zitat
Bei der Vergabe öffentlicher Aufträge über bestimmte audiovisuelle und Hörfunkmediendienste durch Mediendiensteanbieter [...]

Interessant sind folgende weiteren Erwägungsgründe:

Zitat
(10)
[...] Zu diesem Zweck sollte daher klargestellt werden, dass eine Einrichtung, die unter marktüblichen Bedingungen arbeitet, gewinnorientiert ist und die mit der Ausübung ihrer Tätigkeit einhergehenden Verluste trägt, nicht als „Einrichtung des öffentlichen Rechts“ angesehen werden sollte, da die im Allgemeininteresse liegenden Aufgaben, zu deren Erfüllung sie geschaffen oder mit deren Erfüllung sie beauftragt worden ist, als von gewerblicher Art anzusehen sind.
Darf daraus gefolgert werden, daß Unternehmen, die dem Wettbewerbsrecht unterliegen, keine "Einrichtungen des öffentlichen Rechts" sein dürfen? In D. würde dieses sowohl für "Anstalten des öffentlichen Rechts" gelten, wie auch für "Körperschaften des öffentlichen Rechts"?

Zitat
(14)
Es sollte klargestellt werden, dass der Begriff „Wirtschaftsteilnehmer“ weit ausgelegt werden sollte, so dass er alle Personen und/oder Einrichtungen umfasst, die die Ausführung von Bauleistungen, die Lieferung von Waren beziehungsweise die Erbringung von Dienstleistungen auf dem Markt anbieten, ungeachtet der Rechtsform, die sie für sich gewählt haben. Somit sollten Unternehmen, Zweigniederlassungen, Tochterunternehmen, Personengesellschaften, Genossenschaften, haftungsbeschränkte Gesellschaften, Universitäten, ob öffentlich oder privat, sowie andere Einrichtungen, bei denen es sich nicht um natürliche Personen handelt, unter den Begriff „Wirtschaftsteilnehmer“ fallen, unabhängig davon, ob sie in jeder Beziehung als „juristische Personen“ gelten oder nicht.

Zitat
(16)
Öffentliche Auftraggeber haben alle ihnen nach nationalem Recht zur Verfügung stehenden Möglichkeiten zu nutzen, um aus Interessenkonflikten resultierende Verzerrungen bei den Verfahren zur Vergabe öffentlicher Aufträge zu verhindern. [...]

Zitat
(37)
Im Hinblick auf eine angemessene Einbeziehung umweltbezogener, sozialer und arbeitsrechtlicher Erfordernisse in die Verfahren zur Vergabe öffentlicher Aufträge ist es besonders wichtig, dass Mitgliedstaaten und öffentliche Auftraggeber geeignete Maßnahmen ergreifen, um die Einhaltung der am Ort der Ausführung der Bauleistungen oder der Erbringung der Dienstleistungen geltenden Anforderungen auf dem Gebiet des Umwelt-, Sozial- und Arbeitsrechts zu gewährleisten, die sich aus auf nationaler und auf Unionsebene geltenden Rechts- und Verwaltungsvorschriften, Verfügungen und Beschlüssen sowie aus Tarifverträgen ergeben, sofern diese Regelungen und ihre Anwendung mit dem Unionsrecht vereinbar sind. Gleichermaßen sollten während der Auftragsausführung auch die Verpflichtungen aus den von allen Mitgliedstaaten ratifizierten und in Anhang X aufgeführten internationalen Übereinkommen gelten. Dies sollte jedoch auf keinen Fall der Anwendung von für die Arbeitnehmer günstigeren Beschäftigungs- und Arbeitsbedingungen entgegenstehen.[...]

Die betreffenden Maßnahmen sollten mit den Grundprinzipien des Unionsrechts im Einklang stehen, insbesondere im Hinblick auf die Gewährleistung der Gleichbehandlung. Sie sollten im Einklang mit der Richtlinie 96/71/EG des Europäischen Parlaments und des Rates (11)  und in einer Art und Weise angewandt werden, dass die Gleichbehandlung gewährleistet ist und Wirtschaftsteilnehmer und Arbeitnehmer aus anderen Mitgliedstaaten weder direkt noch indirekt diskriminiert werden.
Wirtschaftsteilnehmer dürfen nicht diskriminiert werden; es ist aber eine Diskriminierung, wenn Wirtschaftsteilnehmer zur Bezahlung einer Leistung herangezogen werden, die sie weder nutzen noch bestellt haben.

Zitat
(39)
[...] Die Nichteinhaltung der einschlägigen Verpflichtungen könnte als schwere Verfehlung des betreffenden Wirtschaftsteilnehmers betrachtet werden, die dessen Ausschluss vom Verfahren zur Vergabe eines öffentlichen Auftrags zur Folge haben kann.

Nur eine Auswahl ohne Gewähr auf Richtigkeit des daraus geschlußfolgerten Inhalts; diese Richtlinie ist derart komplex, das dauert, die durchzuarbeiten.


Übrigens, gemäß Urteil des EuGH in Sachen östereichischer Rundfunk darf auch ein Arbeitgeber keine personenbezogenen Daten an eine Behörde weitergeben, wenn die Bestimmungen der EU-Grundrechtecharta damit verletzt würden.

http://eur-lex.europa.eu/legal-content/DE/TXT/?qid=1444977547461&uri=CELEX:62000CJ0465
Zitat
Leitsätze

[...]

2. Die Bestimmungen der Richtlinie 95/46 zum Schutz natürlicher Personen bei der Verarbeitung personenbezogener Daten und zum freien Datenverkehr sind, soweit sie die Verarbeitung personenbezogener Daten betreffen, die zu Beeinträchtigungen der Grundfreiheiten und insbesondere des Rechts auf Achtung des Privatlebens führen kann, im Licht der Grundrechte auszulegen, die zu den allgemeinen Rechtsgrundsätzen gehören, deren Wahrung der Gerichtshof zu sichern hat.

( vgl. Randnr. 68 )

3. Zwar kann die bloße Speicherung personenbezogener Daten über die an das Personal gezahlten Gehälter durch einen Arbeitgeber als solche keinen Eingriff in die Privatsphäre begründen, doch stellt die Weitergabe dieser Daten an einen Dritten - im vorliegenden Fall an eine Behörde - unabhängig von der späteren Verwendung der übermittelten Informationen eine Beeinträchtigung des Rechts der Betroffenen auf Achtung ihres Privatlebens und damit einen Eingriff im Sinne von Artikel 8 der Europäischen Menschenrechtskonvention dar.

Für die Feststellung eines solchen Eingriffs kommt es nicht darauf an, ob die übermittelten Informationen als sensibel anzusehen sind oder ob die Betroffenen durch den Vorgang irgendwelche Nachteile erlitten haben. Es genügt die Tatsache, dass Daten über die Einkünfte eines Arbeitnehmers oder eines Ruhegehaltsempfängers vom Arbeitgeber an einen Dritten weitergeleitet worden sind.

( vgl. Randnrn. 74-75 )
Titel: Re: Kleiner Ausflug zum Europarecht
Beitrag von: pinguin am 17. Oktober 2015, 22:52
In der Rechtssache C-526/11 -> http://curia.europa.eu/juris/document/document.jsf?docid=140948&doclang=DE <- zur Auslegung der Vergaberichtlinie Richtlinie 2004/18/EG, deren Nachfolger RICHTLINIE 2014/24/EU ist, führt der EuGH in Rz. 19 aus, daß es sich um eine „Einrichtung des öffentlichen Rechts“ [...] handelt, wenn jene drei kumulativen Voraussetzungen erfüllt sind, die in der Richtlinie selber als Voraussetzung genannt sind:

Zitat
- Die Einrichtung wurde zu dem besonderen Zweck gegründet, im Allgemeininteresse liegende Aufgaben nicht gewerblicher Art zu erfüllen (Buchst. a),
- sie besitzt Rechtspersönlichkeit (Buchst. b),
- und sie wird überwiegend durch öffentliche Stellen finanziert oder ihre Leitung unterliegt der Aufsicht durch Letztere oder ihr Verwaltungs-, Leitungs- oder Aufsichtsorgan besteht mehrheitlich aus Mitgliedern, die von öffentlichen Stellen ernannt worden sind (Buchst. c).

Eine "Einrichtung des öffentlichen Rechts" muß also selbst rechtsfähig sein, muß Aufgaben nicht gewerblicher Art durchführen und aus öffentlichen Mitteln finanziert werden; und alle 3 Merkmale müssen gleichzeitig zusammentreffen.

Keine "Einrichtungen des öffentlichen Rechts" sind somit der nicht-rechtsfähige Beitragsservice, als auch die ARD, deren Rechtsfähigkeit ja vom BGH aberkannt worden ist. Wenn diese aber mangels Rechtsfähigkeit keine "Einrichtungen des öffentlichen Rechts" sein dürfen, dürften diese doch auch nicht auf Basis des öffentlichen Rechts agieren?

In der Rechtssache C-59/12 -> http://curia.europa.eu/juris/document/document.jsf?text=&docid=142606&pageIndex=0&doclang=DE&mode=lst&dir=&occ=first&part=1&cid=562618 <- führt der EuGH aus, daß die Begriffe "Unternehmen" und "Gewerbetreibender" in ihrer inhaltlichen Bedeutung wie auch rechtlichen Tragweite übereinstimmen, weil „Gewerbetreibender“ als „jede natürliche oder juristische Person“, die eine entgeltliche Tätigkeit ausübt, definiert ist, und davon weder Einrichtungen, die eine im Allgemeininteresse liegende Aufgabe erfüllen, noch öffentlich-rechtliche Einrichtungen ausgenommen sind.

Siehe auch http://www.kanzlei-johannsen.de/2013/eugh-das-verbot-unlauterer-geschaeftspraktiken-gegenueber-verbrauchern-gilt-auch-fuer-gesetzliche-krankenkassen/
Oder http://justitiaswelt.com/Rechtsprechung/RS10_201311_MM.pdf

In diesem Urteil geht es also um eine Betriebskrankenkasse als eine Form der gesetzlichen Krankenkassen, die sich gegenüber ihren Kunden an die Bestimmungen über unlautere Geschäftspraktiken zu halten hat.

Man darf analog unterstellen, daß das Verbot unlauterer Geschäftspraktiken gegenüber Verbrauchern für alle Unternehmen gilt, die in Wettbewerb zu anderen Unternehmen stehen. Für den Rundfunk wird dieses in Richtlinie 2010/13/EU ja ausdrüchlich ausgesagt.

Wenn aus Urteil C-526/11 aber folgt, daß eine "Einrichtung des öffentlichen Rechts" Aufgaben nicht gewerblicher Art zu erfüllen hat, kann ein Unternehmen, das eine entgeltliche Tätigkeit ausübt, siehe Urteil C-59/12, keine "Einrichtung des öffentlichen Rechts" sein, weil es aufgrund dieser entgeltlichen Tätigkeit als Gewerbetreibender anzusehen ist.

Ein Gewerbetreibender aber hat gemäß Bundesrecht keine hoheitlichen Befugnisse.
Titel: Re: Kleiner Ausflug zum Europarecht
Beitrag von: PersonX am 17. Oktober 2015, 23:39
Um das zu erfüllen, dazu braucht es doch nicht unbedingt Europarecht.


http://rundfunkbeitragsklage.de/info/expertise/

Zitat
Ein öffentlich-rechtlicher Privatfunk, also eine verfassungsrechtliche Chimäre, welcher einerseits als Träger von Grundrechten privatrechtliche Dienstleistungen anbietet, aber sich diese Dienstleistungen (zudem ohne Vertrag mit dem möglichen Warenempfänger) als grundrechtsverpflichtete staatliche Institution mit öffentlich-rechtlichen Zwangsabgaben unabhängig von einer Inanspruchnahme vergüten lässt und diese Zwangsvergütung auch noch zwangsweise unter Drohung oder Anwendung mit Gewalt unter möglicher Verletzung der Grundrechte auf Leben, körperliche Unversehrtheit oder Freiheit der Person von anderen staatlichen Institutionen auch unter unmittelbarem Zwang durch Waffengewalt beitreiben lassen kann, und aus dieser einseitigen Bevorteilung heraus auch noch einen absoluten wirtschaftlichen Vorteil am sogenannten freien Markt erlangt, ist dem Grundgesetz nach nicht möglich und von daher verfassungswidrig.

Wenn es jedoch nur so einfach wäre, die Richter von Ihren Urteilen, welche Sie schreiben abzubringen.
Titel: Re: Kleiner Ausflug zum Europarecht
Beitrag von: pinguin am 18. Oktober 2015, 12:26
dazu braucht es doch nicht unbedingt Europarecht.
Wenn es europäisches Recht nicht braucht, ist's doch gut, nur kann es nicht verkehrt sein, europäisches Recht mit einzubringen, denn, ich darf daran erinnern, spätestens beim EuGH ist wegen dem von ihm dann verhängten und selbst eingezogen Zwangsgeldes Schluß mit lustig, wenn ein Unternehmen oder eine Behörde das EuGH-Urteil nicht umsetzt.

Andererseits ist die EU-Ebene nötig, weil nur diese dazu befugt ist, EU-Recht auszulegen; Rundfunk, Verbraucherschutz, Datenschutz, Handels- und Wettbewerb sind EU-Recht mit alleiniger Regelungsvollmacht auf EU-Seite. Selbst wenn diese Angelegenheit bspw. vom BVerfG zur Zufriedenheit der Bürger gelöst werden würde bzw. könnte, wäre auch dieses verpflichtet, eine Vorlage beim EuGH zu tätigen; allein um etwaigen Einwänden der EU-Kommission oder auf Grund des EU-Binnenmarktes zwangsweise mitbetroffenen Institutionen anderer EU-Mitgliedsländer wirksam zu begegenen.

Die nationalen Gerichte kommen hier aus der Sache allerdings nicht mehr ohne Gesichtsverlust heraus, sind doch diese schon zur Vorlage beim EuGH verpflichtet.
Titel: Re: Kleiner Ausflug zum Europarecht
Beitrag von: pinguin am 01. November 2015, 23:10
Hinweis:
Am 03. Juli 2016 treten u.a. in Kraft:

Richtlinie 2014/57/EU über strafrechtliche Sanktionen bei Marktmanipulationen
http://eur-lex.europa.eu/legal-content/DE/TXT/?qid=1446415762824&uri=CELEX:32014L0057

Verordnung (EU) Nr. 596/2014 über Marktmißbrauch
http://eur-lex.europa.eu/legal-content/DE/TXT/?qid=1446415762824&uri=CELEX:32014R0596
Titel: Re: Kleiner Ausflug zum Europarecht
Beitrag von: pinguin am 05. November 2015, 23:19
Pressemitteilung vom 04. November 2015

http://europa.eu/rapid/press-release_IP-15-5998_de.htm

Zitat
Kartellrecht: Kommission startet Konsultation über die Stärkung der Durchsetzungsbefugnisse der nationalen Wettbewerbsbehörden

Zitat
Diese sollen bewirken,

    * dass alle nationalen Wettbewerbsbehörden über die richtigen Instrumente zur Aufdeckung und Ahndung von Verstößen gegen die EU?Wettbewerbsvorschriften verfügen,
    * dass die nationalen Wettbewerbsbehörden über wirksame Kronzeugenregelungen verfügen, die einen Anreiz für Unternehmen schaffen, in einem oder auch mehreren Ländern Beweise für rechtswidrige Kartelle vorzulegen, und
    * dass die Unabhängigkeit der nationalen Wettbewerbsbehörden bei der Durchsetzung des EU?Wettbewerbsrechts gewahrt ist und die Behörden über die für ihre Arbeit erforderlichen Ressourcen und Mitarbeiter verfügen.
Titel: Re: Kleiner Ausflug zum Europarecht
Beitrag von: anne-mariechen am 06. November 2015, 09:32
Großer Ausflug ins Europarecht

Pressemitteilung vom 06. November 2015

Die Kosten der Pensionen für Beamte der Europäischen Union steigen einem Bericht zufolge stark an. Sie hätten sich Ende 2014 auf 58,6 Milliarden Euro belaufen, berichtete die "Bild". Das könnte auf ein Verhalten der Verwaltung nach dem Muster Griechenland schließen.

Kosten von Pensionen für EU-Beamte steigen stark an - Lesen Sie mehr auf:
http://www.donaukurier.de/nachrichten/topnews/Deutschland-EU-Finanzen-Kosten-von-Pensionen-fuer-EU-Beamte-steigen-stark-an;art154776,3142550#plx1734978085

Was bitte ist der Unterschied zu den Pension im Rundfunkbereich. Beide bereichern sich angeblich sauber auf Kosten der Bürger.
Titel: Re: Kleiner Ausflug zum Europarecht
Beitrag von: pinguin am 08. November 2015, 12:05
Was bitte ist der Unterschied zu den Pension im Rundfunkbereich.
Das eine sind Steuermittel, wie bei allen Beamten, das andere nicht. Und Steuern zahlt bekanntermaßen jeder auf Basis seiner eigenen Einkommensverhältnisse, der eine mehr, der eine weniger, manch einer auch gar nicht.
Titel: Re: Kleiner Ausflug zum Europarecht
Beitrag von: Knax am 08. November 2015, 12:21
Das eine sind Steuermittel, wie bei allen Beamten, das andere nicht.

Dass Teile des Rundfunkbeitragsaufkommens für die Altersversorgung ehemaliger Mitarbeiter verwendet werden, rückt den Rundfunkbeitrag allerdings noch ein Stück weiter an eine Steuer. Denn wie richtig erwähnt, werden Beamtenpensionen aus dem durch Steuern gespeisten, allgemeinen Haushalt gezahlt, "Betriebsrenten" aus dem allgemeinen Beitragsaufkommen. Auch zeigt sich an der Finanzierung der Betriebsrenten ehemaliger Rundfunker aus dem Beitragsaufkommen, dass der Rundfunkbeitrag keine Entgeltfunktion hat. Ob die Finanzierung der Betriebsrenten ehemaliger Rundfunker durch die in § 1 RBStV festgelegte Zweckbestimmung gedeckt ist, muss in jedem Fall gerichtlich geklärt werden.
Titel: Re: Kleiner Ausflug zum Europarecht
Beitrag von: pinguin am 08. November 2015, 15:53
Ob die Finanzierung der Betriebsrenten ehemaliger Rundfunker durch die in § 1 RBStV festgelegte Zweckbestimmung gedeckt ist, [...]
Vermutlich ist das nicht gedeckt, denn der EuGH hatte auch Frankreich deswegen bereits gerüffelt.

Abgesehen davon, stimmt das ganze System nicht.

Die EU macht zur Auflage, daß das Mitgliedsland jenen Firmen einen Auftrag*** erteilt, die durch öffentliche Mittel = staatliche Beihilfe unterstützt werden. Daß das System der Finanzierung des dt. ÖRR eine staatliche Beihilfe darstellt; -> siehe EuGH C-337/06 -> Jede nicht vom Bürger freiwillig geleistete Zahlung gilt als staatlich begründet. (Frei übersetzt). Da dem Staat nur Steuermittel zur Unterstützung von Unternehmen zur Verfügung stehen, kann der Rundfunkbeitrag folglich auch nur eine Steuer sein.

Da EU-Recht als höheres Recht das Recht der EU-Mitgliedsländer in allen Bereichen bricht, die vom EU-Recht geregelt werden, kommt es auf eine nationale Einstufung als Nichtsteuer gar nicht mehr an.

Die Rundfunkgebühr stellte bereits eine staatliche Beihilfe dar, der Rundfunkbeitrag ist noch eine Stufe krasser; ergo ist die/der R.-Gebühr/R.-Beitrag eine Steuer, weil staatliche Beihilfe.

Eine Steuer ist es stets dann, wenn der zur Zahlung verpflichtete Bürger keinerlei Einfluss auf Art und Weise bzw. Höhe der Zahlung nehmen kann. (Freie Übersetzung mit wortwörtlichen Elementen aus C-337/06)

*** Wiederholt gefragt;

wo ist der Auftrag des Gesamtstaates an jedes einzelne der ö.r. Rundfunkunternehmen?

Ohne diesen expliziten Auftrag ist eine staatliche Beihilfe unzulässig, ergo auch das dt. Rundfunkfinanzierungssystem, weil es gemäß EuGH eine staatliche Beihilfe darstellt.
Titel: Re: Kleiner Ausflug zum Europarecht
Beitrag von: 907 am 14. November 2015, 22:11
EuGH bekräftigt: EU-Recht steht über nationalem Recht

Das Recht der Europäischen Union steht über nationalem Recht. Diesen Grundsatz hat der Europäische Gerichtshof (EuGH), das höchste Gericht der EU, am 18. Juli 2007 in Luxemburg mit einem Urteil in einem Streit über Unternehmensbeihilfen in Italien bekräftigt. Nationale Gerichte dürfen sich laut dem Richterspruch nicht über EU-Recht hinwegsetzen und müssen gegebenenfalls heimische Gesetze und Vorschriften außer Acht lassen (AZ: C-119/05).
http://www.eu-info.de/eugh/EU-Recht-Nationales-Recht/

Der EuGH unterstrich, dass nationale Gerichte zwar das Recht hätten, die Gültigkeit von Rechtsakten der EU prüfen zu lassen. Sie seien aber nicht befugt, deren Ungültigkeit selbst festzustellen. Das Unternehmen hätte also die Entscheidung der Kommission gar nicht erst von einem nationalen Gericht prüfen lassen können.
Titel: Re: Kleiner Ausflug zum Europarecht
Beitrag von: pinguin am 14. November 2015, 22:39
Jep; wenigstens noch jemand, der sich mal eingehender mit dieser Materie beschäftigt.

Zitat
Sie seien aber nicht befugt, deren Ungültigkeit selbst festzustellen.
Diese Aussage gilt freilich nicht für jene EU-Rechtsakte, die seitens der EU rechtsgültig außer Kraft gesetzt worden sind; -> Richtlinie 2010/13/EU, die mit ihrer Verkündung im EU-Amtsblatt nachlesbar Richtlinien 89/552/EWG wie auch 97/36/EG außer Kraft setzt, sondern nur für gültige Rechtsakte, wo man eine Möglichkeit der Nichtanwendung sucht, da sie per se grundsätzlich angewendet werden müssen.

Diese Nichtanwendung im speziellen Fall wiederum darf nur der EuGH feststellen.

Nationales Recht wird nicht ungültig, es darf nur nicht angewendet werden, wenn europäisches Recht in einer Sache etwas anderes festlegt; siehe auch die aktuellen Datenschutzurteile.

Die Mißachtung der aus den Urteilen herleitbaren Bestimmungen stellen einen offenen, vorsätzlichen Rechtsbruch dar.

Es darf hier auch auf das in diesem Thema bereits verlinkte EU-Statut für Beamte verwiesen werden -> VERORDNUNG Nr. 31 (EWG) 11 (EAG), die in allen EU-MItgliedsländern unmittelbar gilt.

Es darf zudem jedem auf EU-Ebene im Rechtssetzungsprozess tätigen Bürger nahegelgt werden, sich vor einer abschließenden Rechtssetzung gründlich mit dem Thema zu befassen und zu überlegen, ob man in diesem Bereich wirklich eine für alle gültige Rechtssetzung braucht, hat man sich doch nachher selber daran zu halten.

Es sollte daher für dt. EU-Abgeordnete einen allgemeinen Anwesenheitszwang für alle EU-Parlamentssitzungen bzw. Rechtssetzungsprozesse geben, da sie dem nationalen EU-Mitgliedsland Bundesrepublik Deutschland keinen Gefallen tun, da fernzubleiben, weil sie es bspw. aus den nationalen Parlamenten so gewohnt sind.
Titel: Re: Kleiner Ausflug zum Europarecht
Beitrag von: pinguin am 19. November 2015, 18:35
Zitat
Richtlinie 2010/13/EU über audio-visuelle Mediendienste:
Das noch fehlende Datum der Umsetzung der Richtlinie könnte sicherlich direkt bei der Quelle erfragt werden. Wenn kein Datum genannt wurde, wäre der Grund dafür interessant sein.
Es wurde an anderer Stelle bereits genannt, sei hier aber explizit noch einmal wiederholt.

Gemäß AEUV, Artikel 297, (2), treten Verordnungen, Richtlinien etc. entweder an jenem Tag in Kraft, der als Tag in dem Rechtsakt festgelegt worden ist oder am 20. Tag nach ihrer Verkündung im EU-Amtsblatt.

Zitat
Verordnungen, Richtlinien, die an alle Mitgliedstaaten gerichtet sind, sowie Beschlüsse, die an keinen bestimmten Adressaten gerichtet sind, werden im Amtsblatt der Europäischen Union veröffentlicht. Sie treten zu dem durch sie festgelegten Zeitpunkt oder anderenfalls am zwanzigsten Tag nach ihrer Veröffentlichung in Kraft.

Für Richtlinie 2010/13/EU über audio-visuelle Mediendienste gilt damit, daß sie im April 2010 in Kraft getreten ist, da sie im März 2010 im EU-Amtsblatt publiziert wurde.

"In Kraft treten" heißt hier, daß das Ziel einer Richtlinie bis zum Tage des In-Kraft-Tretens umgesetzt sein muß, da der Zeitraum zwischen der Veröffentlichung im EU-Amtsblatt und dem Tag des In-Kraft-Tretens der Zeitraum der Umsetzung ist.

Da diese Richtlinie nicht in nationales Recht umgesetzt worden ist, liegt ein Bruch der EU-Verträge vor; siehe Thema dazu.
Titel: Re: Kleiner Ausflug zum Europarecht
Beitrag von: pinguin am 23. November 2015, 00:39
Hier, damit er nicht verloren geht, mein Artikel aus einem anderen Thema:
Philosophie: Was wäre, wenn "Wohnung ohne Strom"?
http://gez-boykott.de/Forum/index.php/topic,16626.msg109995.html#msg109995

Zitat
fragt man sich, ob je ein Richter überhaupt zu Gunsten des Klägers urteilen wird.
Darf es darum gehen, daß ein Richter zu Gunsten des Klägers urteilt? Ja, wenn die Argumente des Klägers passen und sich beide auf das geltende, gültige Recht stützen.

Das ist halt das Problem, daß gültiges, geltendes Recht derzeit in manchen Fällen mißachtet wird. Und, nein, zum gültigen, geltenden Recht zählt keineswegs nur das nationale Recht, sondern auch das Recht der Europäischen Union, da es das Mitgliedsland "Bundesrepublik Deutschland" durch Anerkennung der entsprechenden europäischen Verträge so beschlossen hat.

Mißachtet wird also nicht nur das Recht der Europäischen Union, sondern auch die im Rahmen des nationalen Bundesrechts anzusiedelnde Entscheidung des Gesamtstaates "Bundesrepublik Deutschland"; siehe hierzu auch EUZBLG, dem Bundesgesetz über die Zusammenarbeit zwischen Bund und Länder bei europäischen Belangen.

Hier darf dann wiederum daran erinnert werden, gemäß gültigem, geltendem Grundgesetz, dem Basisrecht allen nationalen Rechts, Bundesrecht Landesrecht bricht.

Wenn argumentiert wird, daß die Rundfunkstaatsverträge Landesrecht seien und für die Bürger Gesetzeskraft hätten, muß man selbiges für die europäischen Verträge gelten lassen, die die Mitgliedsländer unterzeichnen mußten bzw. durften, um Teil der Europäischen Union werden zu dürfen.
Titel: Re: Kleiner Ausflug zum Europarecht
Beitrag von: 907 am 24. November 2015, 22:50
Europäische Audiovisuelle Informationsstelle
http://www.obs.coe.int/

29/10/2015 : Pressemitteilung - Europäische Audiovisuelle Informationsstelle startet kostenlose AVMSDatabase
Welcher Unterschied besteht bei TV-Alkoholwerbung zwischen Griechenland und Schweden? Was stufen die verschiedenen EU-Länder als Pornografie ein, und ab wie viel Uhr dürfen nicht jugendfreie Sendungen gezeigt werden? Und wie viele Minuten freie Fußballberichterstattung gibt es in den Fernsehnachrichten?

Antworten finden sich in unserer AVMSDatabase (hier kostenlos zugänglich) (http://avmsd.obs.coe.int/cgi-bin/search.php).  Diese neue Datenbank zeigt genau, wie die einzelnen EU-Länder die verschiedenen Vorschriften der AVMD-Richtlinie (des wichtigsten Rechtstexts zur Regulierung audiovisueller Mediendienste in Europa) in die innerstaatliche Gesetzgebung umgesetzt haben. Die AVMSDatabase bietet mit wenigen Klicks verschiedene Abfragemöglichkeiten:
Titel: Re: Kleiner Ausflug zum Europarecht
Beitrag von: pinguin am 24. November 2015, 23:08
Danke 907, diese Seite kenne ich noch gar nicht.
---------------
Es besteht auch heute schon eine Schadensersatzpflicht, wenn der nationale Staat europäisches Recht nicht oder nur unzulänglich umsetzt.

http://curia.europa.eu/juris/showPdf.jsf?docid=98439&doclang=de

Der EuGH hat mit Urteil C-91/92 entschieden, daß der nationale Staat schadensersatzpflichtig ist, ...

Zitat
Für den Fall, daß ein Mitgliedstaat seiner Verpflichtung nach Artikel 189 Absatz 3 des Vertrages zur Umsetzung einer Richtlinie nicht nachkommt und das von der Richtlinie vorgeschriebene Ziel nicht im Wege der Auslegung des nationalen Rechts durch die Gerichte erreicht werden kann, ist dieser Mitgliedstaat nach dem Gemeinschaftsrecht zum Ersatz der den Bürgern durch die NichtUmsetzung einer Richtlinie verursachten Schäden verpflichtet, sofern drei Voraussetzungen vorliegen: das von der Richtlinie vorgeschriebene Ziel muß die Verleihung von Rechten an Bürger sein, der Inhalt dieser Rechte muß auf der Grundlage der Richtlinie bestimmt werden können, und zwischen dem Verstoß gegen die dem Staat auferlegte Verpflichtung und dem entstandenen Schaden muß ein Kausalzusammenhang bestehen. In einem solchen Fall hat das nationale Gericht den Anspruch der Geschädigten auf Schadensersatz im Rahmen des nationalen Haftungsrechts sicherzustellen.
Titel: Re: Kleiner Ausflug zum Europarecht
Beitrag von: anne-mariechen am 25. November 2015, 09:27
Gratuliere Dir @ Pinguin vom Traum und den realen Meldungen der EU von heute 25.11.2015 (nein der RF-Beitrag wird nicht angepasst)

Pläne der Europäischen Kommission | Jetzt will die EU an die Sparkonten der Deutschen!
http://deutsche-wirtschafts-nachrichten.de/2014/02/13/geheimpapier-eu-will-sparguthaben-fuer-euro-rettung-konfiszieren/ (http://deutsche-wirtschafts-nachrichten.de/2014/02/13/geheimpapier-eu-will-sparguthaben-fuer-euro-rettung-konfiszieren/)

[...]

nächste Meldung

Zur Adventszeit | Kerzen sollen reguliert werden!
http://www.finanznachrichten.de/nachrichten-2015-11/35699350-eu-kommission-will-sicherheit-von-kerzen-regulieren-003.htm (http://www.finanznachrichten.de/nachrichten-2015-11/35699350-eu-kommission-will-sicherheit-von-kerzen-regulieren-003.htm)

[...]


[...] Edit "Bürger":
Zwecks Thementreue > Verweis auf den gesonderten Thread
Vorsicht (Presse-)Falle: EU-Kommission und die Adventszeit > Kerzen ;-)
http://gez-boykott.de/Forum/index.php/topic,16673.0.html
Bitte in diesem Thread nicht zu ausschweifend abschweifen.
Danke für das Verständnis und die Berücksichtigung.
Titel: Re: Kleiner Ausflug zum Europarecht
Beitrag von: ellifh am 25. November 2015, 10:04
Das nennt man in der Psychologie Übersprungshandlung!!!

Wozu Übersprungshandlungen eigentlich gut sind:

Konfliktsituationen lösen sogenannte Übersprungshandlungen aus, bei Tieren wie bei Menschen. Diese Verhaltensweisen erscheinen vordergründig völlig sinnlos – doch sie beruhigen und schinden Zeit.

Soviel Zeit kann es gar nicht mehr geben, damit irgendjemand sich beruhigt bei all diesen konfusen
und nicht nur vordergründig, auch bei näherer Betrachtung, sinnlosen Entscheidungen.
Als hätten wir keine anderen Probleme.
Da machen sich hochbezahlte Köpfe Gedanken über so einen Sch...

Die sind alle reif für die Insel 8)


Edit "Bürger":
Zwecks Thementreue > Verweis auf den gesonderten Thread
Vorsicht (Presse-)Falle: EU-Kommission und die Adventszeit > Kerzen ;-)
http://gez-boykott.de/Forum/index.php/topic,16673.0.html
Bitte in diesem Thread nicht zu ausschweifend abschweifen.
Danke für das Verständnis und die Berücksichtigung.
Titel: Re: Kleiner Ausflug zum Europarecht
Beitrag von: pinguin am 25. November 2015, 18:15
und den realen Meldungen der EU von heute 25.11.2015 (nein der RF-Beitrag wird nicht angepasst)

Pläne der Europäischen Kommission | Jetzt will die EU an die Sparkonten der Deutschen!
http://deutsche-wirtschafts-nachrichten.de/2014/02/13/geheimpapier-eu-will-sparguthaben-fuer-euro-rettung-konfiszieren/ (http://deutsche-wirtschafts-nachrichten.de/2014/02/13/geheimpapier-eu-will-sparguthaben-fuer-euro-rettung-konfiszieren/)
Die von Dir verlinkte Meldung ist nicht aktuell, sondern, wie es auch dem Link zu entnehmen ist, aus 2014, genau vom 13. Februar 2014, aus einer Zeit, als noch ein Herr Barroso EU-Chef war.

Deine nächste Meldung ist auch bloß eine Kopie, da sie lt. der Website aus einer Publikation stammt, die durch sehr viele bunte Bilder bekannt ist.
Zitat
Zur Adventszeit | Kerzen sollen reguliert werden!
http://www.finanznachrichten.de/nachrichten-2015-11/35699350-eu-kommission-will-sicherheit-von-kerzen-regulieren-003.htm (http://www.finanznachrichten.de/nachrichten-2015-11/35699350-eu-kommission-will-sicherheit-von-kerzen-regulieren-003.htm)

Weiterhin hat die Höhe des RF-"Beitrages" primär nix mit dem EU-Recht zu tun, kann also von der EU auch nicht reguliert werden. Daß das derzeitige RF-System so insgesamt nicht mit EU-Recht kompatibel ist, ist eine andere Baustelle.

Zwar geht es in diesem Thema ums EU-Recht, aber nicht um die Gestaltung von Kerzen oder Sparguthaben, sondern um alles, was sich gemäß Forenhaupthema um GEZ und Co handelt, nur eben halt aus europäischer Sicht, wozu letztlich eben auch die Bereiche Datenschutz, Verbraucherschutz bzw. audio-visuelle Medien allgemein gehören, da Rundfunk im europäischen Recht Teil des Wettbewerbsrechtes ist.


Edit "Bürger":
Zwecks Thementreue > Verweis auf den gesonderten Thread
Vorsicht (Presse-)Falle: EU-Kommission und die Adventszeit > Kerzen ;-)
http://gez-boykott.de/Forum/index.php/topic,16673.0.html
Bitte in diesem Thread nicht zu ausschweifend abschweifen.
Danke für das Verständnis und die Berücksichtigung.
Titel: Re: Kleiner Ausflug zum Europarecht
Beitrag von: pinguin am 30. November 2015, 16:29
Mal ein neues Urteil vom EuGH zu einem Teil des spanischen Rundfunkversorgungssystems

http://curia.europa.eu/jcms/upload/docs/application/pdf/2015-11/cp150141de.pdf
Zitat
Das Gericht hebt erstens hervor, dass die Kommission keinen Rechtsfehler begangen hat, als sie davon ausging, dass die Maßnahmen als staatliche Beihilfe qualifiziert werden müssten, da die Dienstleistung des Betriebs eines terrestrischen Netzes nicht klar als öffentliche Dienstleistung definiert werde. Damit eine staatliche Intervention als Ausgleich angesehen werden kann, der die Gegenleistung für Leistungen bildet, die von den Unternehmen, denen sie zugute kommt, zur Erfüllung von Gemeinwohlverpflichtungen erbracht werden, muss das begünstigte Unternehmen nämlich nach der Rechtsprechung[...] tatsächlich mit der Erfüllung dieser Verpflichtungen betraut sein, und sie müssen klar definiert sein. Das Gericht fügt hinzu, dass die spanischen Behörden zu keinem Zeitpunkt anzugeben – geschweige denn nachzuweisen – vermochten, welche Gemeinwohlverpflichtungen den Betreibern von DVB-T-Netzen auferlegt worden sein sollen.

Können die deutschen Behörden ganz klar angeben und nachweisen, welche Gemeinwohlverpflichtungen welchen Unternehmen zu welchem Zeitpunkt und für wie lange klar übertragen worden sind?

Edit: Das Urteil selber liegt paradoxerweise nicht auf Deutsch vor.
Titel: Re: Kleiner Ausflug zum Europarecht
Beitrag von: pinguin am 01. Dezember 2015, 21:42
Ein identischer Text für 3 Themen, damit er nicht untergeht:

Der Inhalt ist insbesondere für Beamte und Mitarbeiter staatlicher Stellen maßgebend, sind sie bei Mißachtung europäischen Rechts haftbar.

Verordnung (EG) Nr. 45/2001 des Europäischen Parlaments und des Rates

vom 18. Dezember 2000 -> http://eur-lex.europa.eu/legal-content/DE/TXT/?qid=1448994890037&uri=CELEX:32001R0045

Zitat
Gegenstand der Verordnung

(1) Die durch die Verträge zur Gründung der Europäischen Gemeinschaften oder aufgrund dieser Verträge geschaffenen Organe und Einrichtungen, nachstehend "Organe und Einrichtungen der Gemeinschaft" genannt, gewährleisten nach den Bestimmungen dieser Verordnung den Schutz der Grundrechte und Grundfreiheiten und insbesondere den Schutz der Privatsphäre natürlicher Personen bei der Verarbeitung personenbezogener Daten; sie dürfen den freien Verkehr personenbezogener Daten untereinander oder mit Empfängern, die dem in Anwendung der Richtlinie 95/46/EG erlassenen einzelstaatlichen Recht der Mitgliedstaaten unterliegen, weder beschränken noch untersagen.

Zitat
Diese Verordnung ist in allen ihren Teilen verbindlich und gilt unmittelbar in jedem Mitgliedstaat.

Zitat
Artikel 49

Sanktionen

Jede vorsätzliche oder fahrlässige Nichteinhaltung der Verpflichtungen aus dieser Verordnung zieht für Beamte oder sonstige Bedienstete der Europäischen Gemeinschaften disziplinarische Maßnahmen gemäß den Bestimmungen und Verfahren nach sich, die im Statut der Beamten der Europäischen Gemeinschaften oder in den für die sonstigen Bediensteten geltenden Beschäftigungsbedingungen niedergelegt sind.

Falls also ein nationaler Beamter meint, europäisches Recht würde ihn nichts angehen.

Der EuGH hat in seinen Datenschutzurteilen nur nochmals klargestellt, daß der Bürger ein Widerspruchsrecht hat. Setzt sich der Beamte oder Mitarbeiter einer staatlichen Stelle darüber hinweg, ist er für alle Folgen haftbar, die dem einzelnen Bürger aus dem Rechtsbruch des Beamten oder Mitarbeiters einer staatlichen Stelle entstehen.
Titel: Re: Kleiner Ausflug zum Europarecht
Beitrag von: pinguin am 04. Dezember 2015, 13:08
Wie wäre es mal mit einer europäischen Bürgerinitiative in Sachen Rundfunk und Co?

http://ec.europa.eu/citizens-initiative/public/initiatives/ongoing?lg=de&cookies=disabled

Titel: Re: Kleiner Ausflug zum Europarecht
Beitrag von: pinguin am 05. Dezember 2015, 17:24
So langsam bin auch ich von manchen Bereichen der EU enttäuscht; die EU scheint nicht verstanden werden zu wollen, sind manche ihrer Webseiten doch anscheinend nur noch auf Englisch aufrufbar zu sein.

Immerhin die neueste Website zum EU-Datenschutzrecht der EU-Kommission ist in Deutsch verfügbar: http://ec.europa.eu/justice/data-protection/index_de.htm?cookies=disabled

Zitat
Sollten Ihre Daten irgendwo in der EU missbraucht werden, haben Sie Anrecht auf eine Prüfung und entsprechenden Schadensersatz.
Titel: Re: Kleiner Ausflug zum Europarecht
Beitrag von: pinguin am 06. Dezember 2015, 03:04
Kein neues Urteil des EuGH, eines aus 2014, aber eines, dem man eindeutig entnehmen kann, daß das System des neuen Rundfunkbeitrages an die EU hätte gemeldet werden müssen.

EuGH T-151/11

http://curia.europa.eu/juris/document/document.jsf?text=&docid=154904&pageIndex=0&doclang=DE&mode=lst&dir=&occ=first&part=1&cid=830768

Zitat
„Staatliche Beihilfen – Öffentlicher Rundfunk – Von Spanien geplante Beihilfe zugunsten von RTVE – Änderung des Finanzierungssystems – Ersetzung der Werbeeinnahmen durch neue Abgaben zulasten der Betreiber von Fernseh- und Telekommunikationsdiensten – Beschluss, mit dem die Beihilfe für mit dem Binnenmarkt vereinbar erklärt wird – Verfahrensrechte – Neue Beihilfe – Änderung der bestehenden Beihilferegelung – Steuerliche Maßnahme als Methode zur Finanzierung der Beihilfe – Erfordernis eines Verwendungszusammenhangs zwischen der Abgabe und der Beihilfe – Unmittelbarer Einfluss des Abgabeaufkommens auf den Umfang der Beihilfe – Verhältnismäßigkeit – Begründungspflicht“

Befasst sich damit, wann aus einer bestehenden Beihilfe eine neue Beihilfe wird. Interessant dabei sind folgende Ausführungen ab Rz. 61 des Urteils:

Zitat
Zu den rechtlichen Rahmenbedingungen für Änderungen einer bestehenden Beihilferegelung

61      Was die rechtlichen Rahmenbedingungen für Änderungen einer bestehenden Beihilferegelung betrifft, sind nach Art. 1 Buchst. c der Verordnung Nr. 659/1999 unter „neue Beihilfen“ alle Beihilferegelungen und Einzelbeihilfen zu verstehen, die keine bestehenden Beihilfen sind, einschließlich Änderungen bestehender Beihilfen.

62      Nach Art. 4 der Verordnung (EG) Nr. 794/2004 der Kommission vom 21. April 2004 zur Durchführung der Verordnung Nr. 659/1999 (ABl. L 140, S. 1) stellt eine Änderung einer bestehenden Beihilfe jedoch nicht zwangsläufig eine neue Beihilfe dar. Wie nämlich aus dieser Vorschrift hervorgeht, werden Änderungen rein formaler oder verwaltungstechnischer Art, die keinen Einfluss auf die Würdigung der Beihilfemaßnahme haben können, nicht als Änderungen einer bestehenden Beihilfe angesehen. Um als neue Beihilfe angesehen zu werden, muss die Änderung einer bestehenden Beihilfe daher wesentlich sein.

63      Falls die Änderung einer bestehenden Beihilferegelung eine neue Beihilfe darstellt, muss die Kommission untersuchen, inwieweit sie die bestehende Beihilferegelung betrifft. Grundsätzlich kann nur die Änderung als solche als neue Beihilfe angesehen werden. Die ursprüngliche Beihilferegelung wird durch die Änderung nur dann in eine neue Beihilferegelung umgewandelt, wenn die Änderung sie in ihrem Kern betrifft. Eine Änderung betrifft die ursprüngliche Regelung jedoch nicht in ihrem Kern, wenn sich das neue Element eindeutig von der ursprünglichen Regelung trennen lässt (Urteil des Gerichts vom 30. April 2002, Regierung von Gibraltar/Kommission, T?195/01 und T?207/01, Slg. 2002, II?2309, Rn. 109 bis 111).

64      Insofern ist die Änderung einer Beihilferegelung, welche die Ausdehnung einer bestehenden Beihilferegelung auf eine neue Kategorie von Begünstigten vorsieht, eine Änderung, die sich von der ursprünglichen Regelung eindeutig abtrennen lässt, da die Anwendung der bestehenden Beihilferegelung auf die neue Kategorie von Begünstigten die Würdigung der Vereinbarkeit der ursprünglichen Regelung nicht betrifft (Urteil des Gerichts vom 11. Juni 2009, ASM Brescia/Kommission, T?189/03, Slg. 2009, II?1831, Rn. 106).

65      In diesem Zusammenhang ist ebenfalls hervorzuheben, dass die Änderung einer bestehenden Beihilferegelung nur insoweit, als sie die bestehende Regelung in ihrem Kern betrifft, als neue Beihilfe im Sinne von Art. 1 Buchst. c der Verordnung Nr. 659/1999 anzusehen ist. Folglich kann sich die Kommission darauf beschränken, nur die Elemente der bestehenden Regelung zu würdigen, die durch die Änderung in ihrem Kern betroffen sind. Was diese Elemente betrifft, steht es der Kommission frei, sich auf das Ergebnis ihrer ursprünglichen Würdigung zu stützen und auf die Prüfung zu beschränken, ob dieses Ergebnis durch die Änderung in Frage gestellt wird. Im Hinblick auf die Mitteilungspflicht eines Mitgliedstaats führt dies dazu, dass ein Mitgliedstaat auch dann, wenn eine neue Beihilfemaßnahme die bestehende Beihilferegelung in ihrem Kern ändert, nicht zwangsläufig verpflichtet ist, die gesamte Beihilferegelung erneut mitzuteilen, sondern sich darauf beschränken kann, die Änderung mitzuteilen, vorausgesetzt, die Mitteilung enthält alle Angaben, die die Kommission benötigt, um die neue Beihilfemaßnahme zu würdigen.

Um zur Entscheidung darob zu gelangen, ob aus der alten, bestandsgeschützten Beihilfe namens Rundfunkgebühr eine neue Beihilfe geworden ist, bedarf es der Ergründung, ob sich die neuen Elemente von den bestehenden alten Elementen separieren lassen. Sind sie separierbar, ist es keine Änderung im Kern und damit keine neue Beihilfe; sind sie nicht separierbar, ist diese Änderung als neue Beihilfe zu betrachten und meldepflichtig.

Und nun schauen wir uns also an, was sich wirklich geändert hat; die alte Gebühr war gerätebezogen, der neue Beitrag ist wohnungsbezogen. Kann man beide Systeme von einander trennen? Nein, denn das alte System ist im neuen System aufgegangen.

Aus Rz. 63:
Zitat
Eine Änderung betrifft die ursprüngliche Regelung jedoch nicht in ihrem Kern, wenn sich das neue Element eindeutig von der ursprünglichen Regelung trennen lässt
Der Umkehrschluß ist zulässig;

Eine Änderung betrifft die ursprüngliche Regelung jedoch dann in ihrem Kern, wenn sich das neue Element nicht eindeutig von der ursprünglichen Regelung trennen läßt.

Die Frage lautet also: bleibt nach Weglassen der neuen Beitragsgrundlage "Wohnung" die alte Gebührengrundlage "Rundfunkgerät" zweifelsfrei übrig? Ist die Gruppe der Wohnungsinhaber von den Gruppe der Rundfunkgeräteinhaber separierbar? Wenn "Ja", dann ist das neue System keine neue Beihilfe; wenn "Nein", so hätte das neue System als Neubeihilfe an die EU-Kommission gemeldet werden müssen.

Erkennen kann man aber eigentlich klar, daß zum "Nein" zu tendieren ist, weil die Gruppe der Rundfunkgeräteinhaber in der Gruppe der Wohnungsinhaber aufgegangen ist und ohne Neuerfassung der Geräteinhaberschaft nicht separierbar ist.
Titel: Re: Kleiner Ausflug zum Europarecht
Beitrag von: Roggi am 06. Dezember 2015, 12:18
Ist die Kategorie der Begünstigen nicht der örR? Dann gibt es doch keine neue Kategorie.
Titel: Re: Kleiner Ausflug zum Europarecht
Beitrag von: ellifh am 06. Dezember 2015, 12:43
Zitat:
64      Insofern ist die Änderung einer Beihilferegelung, welche die Ausdehnung einer bestehenden Beihilferegelung auf eine neue Kategorie von Begünstigten vorsieht, eine Änderung, die sich von der ursprünglichen Regelung eindeutig abtrennen lässt, da die Anwendung der bestehenden Beihilferegelung auf die neue Kategorie von Begünstigten die Würdigung der Vereinbarkeit der ursprünglichen Regelung nicht betrifft (Urteil des Gerichts vom 11. Juni 2009, ASM Brescia/Kommission, T?189/03, Slg. 2009, II?1831, Rn. 106 Ende

Die Gruppe der Nichtnutzer ist seit 2013 per "Gesetz" eliminiert worden. Die auch gern genannten Schwarzseher werden zu Nutzern dadurch, das sie Wohnungsinhaber sind. Die Personen, die einen reduzierten "Beitrag" geleistet haben, sehen sich vor schier unüberwindlichen formellen Maßgaben, die sie lt. BS zu erfüllen haben. Wofür hat ein Mensch einen Schwerbehindertenausweis? Dafür gibt es doch Gründe. Und das hat kein BS zu bescheinigen und zu Maßregeln. Und die persönlichen Umstände gehen den BS erst recht nichts an. Warum hat man diese Nabelschau nicht verhindert?

Ich sehe darin sehr wohl eine neue Beihilfe. Allein zur Geldschöpfung der LRA, zu nichts anderem.
Titel: Re: Kleiner Ausflug zum Europarecht
Beitrag von: pinguin am 06. Dezember 2015, 14:30
@Roggi & ellifh

Warum lockt Ihr auf eine falsche Fährte?

Unter Rz. 63 steht doch alles, was nötig ist?

Zitat
[...]Die ursprüngliche Beihilferegelung wird durch die Änderung nur dann in eine neue Beihilferegelung umgewandelt, wenn die Änderung sie in ihrem Kern betrifft. Eine Änderung betrifft die ursprüngliche Regelung jedoch nicht in ihrem Kern, wenn sich das neue Element eindeutig von der ursprünglichen Regelung trennen lässt

Dieses heißt im Umkehrschluß:

Zitat aus Rz. 63 mit tlw. geändertem Wortlaut.
Zitat
[...]Die ursprüngliche Beihilferegelung wird durch die Änderung nur dann in eine neue Beihilferegelung umgewandelt, wenn die Änderung sie in ihrem Kern betrifft. Eine Änderung betrifft die ursprüngliche Regelung jedoch nicht in ihrem Kern, wenn sich das neue Element nicht eindeutig von der ursprünglichen Regelung trennen lässt.

So, und nun überlegt mal, was das neue Element am jetzigen Rundfunkfinanzierungssystem ist.

Auf einen Begünstigten kommt es hier doch gar nicht an?

Die bisherige Gruppe der Rundfunkgerätebesitzer, auf die sich die Rundfunkgebühr stützte, ist nicht von der jetzigen Gruppe der Wohnungsinhaber, auf die sich der Rundfunkbeitrag stützt, separierbar.
Titel: Re: Kleiner Ausflug zum Europarecht
Beitrag von: ellifh am 06. Dezember 2015, 14:47

Zitat aus Rz. 63 mit tlw. geändertem Wortlaut.
Zitat
[...]Die ursprüngliche Beihilferegelung wird durch die Änderung nur dann in eine neue Beihilferegelung umgewandelt, wenn die Änderung sie in ihrem Kern betrifft. Eine Änderung betrifft die ursprüngliche Regelung jedoch nicht in ihrem Kern, wenn sich das neue Element nicht eindeutig von der ursprünglichen Regelung trennen lässt.

So, und nun überlegt mal, was das neue Element am jetzigen Rundfunkfinanzierungssystem ist.

Auf einen Begünstigten kommt es hier doch gar nicht an?

Die bisherige Gruppe der Rundfunkgerätebesitzer, auf die sich die Rundfunkgebühr stützte, ist nicht von der jetzigen Gruppe der Wohnungsinhaber, auf die sich der Rundfunkbeitrag stützt, separierbar.
[/quote]

Ich gebe Dir recht.

Eine Bisherige Gruppe: angemeldete Rundfunknutzer.
Eine weitere Gruppe: Rundfunknichtnutzer bzw. -Verweigerer
Eine weitere Gruppe: ermäßigte Beitragszahler, die Rundfunk nutzen.

Die bloße Wohnungsinhaberschaft heißt zahlen. Also werden durch die Tatsache, dass man eine Wohnung hat, alle verschiedenen Gruppen gleichgesetzt und zum zahlen verdonnert. Und damit etwas finanziert, was nicht alle haben wollen.

Ich wollte keine falsche Fährte legen, hab nur laut gedacht.

Die Ungerechtigkeit ist doch klar, zumindest für uns.  Und ich bin halt kein Jurist, versuche nur der nicht einfachen Thematik mit dem gesunden Menschenverstand zu folgen ;)
Titel: Re: Kleiner Ausflug zum Europarecht
Beitrag von: pinguin am 06. Dezember 2015, 18:34
Eine Bisherige Gruppe: angemeldete Rundfunknutzer.
Eine weitere Gruppe: Rundfunknichtnutzer bzw. -Verweigerer
Eine weitere Gruppe: ermäßigte Beitragszahler, die Rundfunk nutzen.
Falsch;

die bisherige Gruppe bei der Rundfunkgebühr war die Gruppe der Rundfunkgerätebesitzer, egal, ob Nichtnutzer oder ermäßigter Gebührenzahler.

Die jetzige Gruppe ist die Gruppe der Wohnungsinhaber; auch hier egal, ob Nichtnutzer oder ermäßigter Beitragszahler.

Und nun schau' danach, was in Relation zum alten System neu ist. Nur neue Elemente sind gemäß EuGH für die Einstufung als Neubeihilfe oder Altbeihilfe maßgebend.

Neu sind:
1.) der Wechsel der Bezeichnung; von "Gebühr" auf "Beitrag";
2.) der Wechsel der Zahlungspflichtigen von der Gruppe der Rundfunkgerätebesitzer zu der Gruppe der Wohnungsinhaber;

Gemäß EuGH ist eine Altbeihilfe dann keine Altbeihilfe mehr, wenn sich die neuen Elemente von der Altstruktur nicht klar separieren lassen.

Da sich von der Gruppe der Wohnungsinhaber nicht auf die Gruppe der Rundfunkgerätebesitzer schließen läßt, der Wegfall der Gruppe der Wohnungsinhaber zudem das ganze System ad absurdum führt, stellt diese Systemumstellung eine meldepflichtige Neubeihilfe dar.
Titel: Re: Kleiner Ausflug zum Europarecht
Beitrag von: ellifh am 06. Dezember 2015, 18:52
@pinguin
die bisherige Gruppe bei der Rundfunkgebühr war die Gruppe der Rundfunkgerätebesitzer, egal, ob Nichtnutzer oder ermäßigter Gebührenzahler.

Nein, das sehe ich anders. Ich hatte mich bereits 2007 nach einigem Hickhack wegen Nichtbesitzes von Rundfunkgeräten abgemeldet und diese Abmeldung letztendlich bestätigt bekommen.

Bis ich 2013 zwangsangemeldet wurde, der Rest ist bekannt...

Wer hatte ein Gerät und war Nichtnutzer bzw. Nicht-Gebühr-Bezahler? Keiner, oder? Vielleicht steh ich grad auf der Leitung, sorry... ;)
Titel: Re: Kleiner Ausflug zum Europarecht
Beitrag von: boykott2015 am 06. Dezember 2015, 19:51
Vielleicht geht es viel einfacher?
Zitat
(1) Im privaten Bereich ist für jede Wohnung von deren Inhaber (Beitragsschuldner) ein Rundfunkbeitrag zu entrichten.
(2) Inhaber einer Wohnung ist jede volljährige Person, die die Wohnung selbst bewohnt.
Als Inhaber wird jede Person vermutet, die
1. dort nach dem Melderecht gemeldet ist oder
2. im Mietvertrag für die Wohnung als Mieter genannt ist.

Die Wohnungen sind immer im Eigentum von irgend jemandem. Nur dieser jemand, dem die Wohnung gehört, darf das Geld für die Nutzung seines Eigentums verlangen. Jetzt kommt ein Land, schließt mit anderen Bundesländern ein Vertrag. In dem festgelegt wird, dass  für die Nutzung des fremden Eigentums Geld kassiert wird. Wohin das Geld fließt, spielt jetzt keine Rolle.

Auch die Frage, ob vor dem Abkassieren die Landesrundfunkanstalt die Erlaubnis des Eigentümers holen müsste, da die Sache im Fremdeigentum befindet.

Eigentümer der Wohnung kann doch einfach der Landesrundfunkanstalt verbieten, das Geld für die Nutzung zu sammeln.
Titel: Re: Kleiner Ausflug zum Europarecht
Beitrag von: pinguin am 07. Dezember 2015, 09:17
Vielleicht steh ich grad auf der Leitung, sorry... ;)
Ja, tust Du in der Sache.

Gegenstand der Rundfunkgebühr im Rundfunkgebührensystem war das Bereithalten, also Besitzen, eines Rundfunkgerätes;

Gegenstand des Rundfunkbeitrages im Rundfunkbeitragssystem ist das Innehaben einer Wohnung.

Das neue Element am Rundfunkbeitragssystem ist also neben dem Begriff "Beitrag" der erheblich geänderte Gegenstand, also das Innehaben einer Wohnung.

Der EuGH sagt nun, daß es entsprechend der europäischen Rechtsgrundlagen nur dann keine neue Beihilfe ist, wenn das neue Element deutlichst von der bisherigen Beihilfe separierbar, also trennbar ist. Nur wenn es separierbar, also trennbar ist, der Rest daneben also separat eigenständig bestehen kann, ist es keine Änderung im Kern einer bestehenden Beihilfe.

Da der Gegenstand, neu also das Innehaben einer Wohnung, aber die Basis des neuen Rundfunkbeitragssystems ist, die ohne Gefährung der ganzen Beihilfe nicht von dieser separierbar, also trennbar ist, handelt es sich freilich um eine Änderung im Kern des ehemals alten, bestandsgeschützten Rundfunkgebührensystems.

Die Begünstigten des alten wie neuen Rundfunksystems sind nahezu identisch,  wie die Gruppe der letztlich zur Zahlung herangezogenen Bürger ebenfalls. "Nahezu", weil beide Gruppen nicht vollständig identisch sind. Bei den Begünstigten ist der Deuschlandfunk dazugekommen, der vormals aus direkten Steuermitteln unterstützt worden ist, bei den zur Zahlung herangezogenen Bürgern jene Bürger müsste man klar prüfen, wie sich das jetzt verhält.

Definitiv ist das Rundfunkbeitragssystem so gleich mehrfach mit europäischem Recht nicht vereinbar;

1.) es fehlt die nötige Notifizierung der neuen Beihilfe, da ein wesentlicher Teil der bestandsgeschützten Altbeihilfe namens Rundfunkgebühr so verändert worden ist, daß sie nicht von der restlichen beihilfe getrennt werden kann;

2.) die seit April 2010 gültige Richtlinie 2010/13/EU über audio-visuelle Mediendienste wurde nicht in nationales Recht überführt; brisant, weil Erwägungsgrund 82, (nicht 83, wie häufig von mir geschrieben), ausdrücklich aussagt, daß Richtlinie 2005/29/EG über unlautere Geschäftspraktiken im binnenmarktinternen Geschäftsverkehr zwischen Unternehmen und Verbrauchern ( 2 ) für unlautere Geschäftspraktiken, darunter auch für irreführende und aggressive Praktiken in audiovisuellen Mediendiensten gilt; (man achte hier auf die Wortwahl "gilt"; es heißt nicht "gelten soll" oder "gelten kann" oder "gelten darf";

3.) hier darf nun der Datenschutz genannt werden; da Behörden bzw. staatliche Stellen ohne Genehmigung des Bürgers keine personenbezogenen Daten zum Zwecke der Weiterverarbeitung herausgeben dürfen; der EuGH hat dieses bekanntlich abschließend behandelt;

4.) steht nun, daß sich Beamte und Mitarbeiter staatlicher Stellen nach EU-Recht strafbar machen, wenn sie nicht gemäß EU-Verordnung (EG) 45/2001 in Bezug auf die Weitergabe personenenbezogener Daten handeln;
Titel: Re: Kleiner Ausflug zum Europarecht
Beitrag von: Bürger am 07. Dezember 2015, 23:06
Kleiner Einwand ;)
Bei den Begünstigten ist der Deuschlandfunk dazugekommen, der vormals aus direkten Steuermitteln unterstützt worden ist [...]
Langsam... ;) Die "Deutsche Welle" wurde und wird durch Steuern finanziert.
Deutschlandradio jedoch war schon seit jeher Bestandteil des "Rundfunkgebühren-Modells".
Das wissen insbesondere die bisherigen Hörfunktnutzer und -zahler ;)
Titel: Re: Kleiner Ausflug zum Europarecht
Beitrag von: pinguin am 07. Dezember 2015, 23:46
Deutschlandradio jedoch war schon seit jeher Bestandteil des "Rundfunkgebühren-Modells".
Das wissen insbesondere die bisherigen Hörfunktnutzer und -zahler ;)
Ja, schau, war nie Rundfunknutzer, bin keiner und werde auch keiner werden.

Aber; hat es da nicht zum Zeitpunkt der Einführung des neuen Systems auch in der Radiolandschaft Änderungen gegeben? Da las ich doch was?
Titel: Re: Kleiner Ausflug zum Europarecht
Beitrag von: Bürger am 08. Dezember 2015, 00:03
Aber; hat es da nicht zum Zeitpunkt der Einführung des neuen Systems auch in der Radiolandschaft Änderungen gegeben? Da las ich doch was?
Ich wüsste nicht.
Das "einzige", was geändert wurde, war der "Abgabentatbestand".
Das dann aber auch "richtig"... bzw. damit eben auch völlig falsch ;)
Jedenfalls ein - noch dazu unwiderleglicher - Abgabentatbestand, der in keinerlei systematischem Zusammenhang zur Nutzung steht - entgegen der vorhergehenden Geräteabgabe (welche ja lt. "Faktencheck" von ARD-ZDF-GEZ eher den Charakter eines "Beitrags" als den einer "Gebühr" trug... ;) )
Titel: Re: Kleiner Ausflug zum Europarecht
Beitrag von: pinguin am 08. Dezember 2015, 00:23
Übrigens, aber hier OT; gerade die "Deutsche Welle" zeigt, daß Rundfunk keinesfalles alleine Ländersache ist, weil
Zitat
Rundfunkanstalt des Bundesrechts
http://www.gesetze-im-internet.de/dwg/BJNR309410997.html
Titel: Re: Kleiner Ausflug zum Europarecht
Beitrag von: pinguin am 11. Dezember 2015, 14:42
http://europa.eu/rapid/press-release_MEMO-15-6223_de.htm

Zitat
Kommission fordert DEUTSCHLAND zur Achtung des vertraglich verankerten Grundsatzes der loyalen Zusammenarbeit auf
[...]
Außerdem hat Deutschland dadurch gegen den Grundsatz der loyalen Zusammenarbeit gemäß Artikel 4 Absatz 3 des Vertrags über die Europäische Union  verstoßen, dem zufolge die Staaten verpflichtet sind, die Union bei der Erfüllung ihrer Aufgabe unterstützen und alle Maßnahmen unterlassen, die die Verwirklichung der Ziele der Union gefährden könnten. [...]

Die nicht umgesetzte Richtlinie 2010/13/EU über audiovisuelle Mediendienste hat im Erwägungsgrund 82 als Ziel "daß Richtlinie 2005/29/EG über unlautere Geschäftspraktiken im binnenmarktinternen Geschäftsverkehr zwischen Unternehmen und Verbrauchern ( 2 ) für unlautere Geschäftspraktiken, darunter auch für irreführende und aggressive Praktiken in audiovisuellen Mediendiensten gilt;"

Zitat
Kommission verklagt [...], DEUTSCHLAND, [...] vor dem Europäischen Gerichtshof, weil diese Länder die Führerscheinvorschriften der EU nicht ordnungsgemäß umgesetzt haben
[...]
weil diese Länder die europäischen Führerscheinvorschriften nicht ordnungsgemäß umgesetzt haben (Richtlinie 2006/126/EG)

Es mag dauern, aber der ÖRR ist auch noch dran!
Titel: Re: Kleiner Ausflug zum Europarecht
Beitrag von: pinguin am 11. Dezember 2015, 17:52
Bin mir nicht sicher, ob sie hier schon genannt worden ist:

http://eur-lex.europa.eu/legal-content/DE/ALL/?uri=CELEX:52009XC1027%2801%29

Zitat
Mitteilung der Kommission über die Anwendung der Vorschriften über staatliche Beihilfen auf den öffentlich-rechtlichen Rundfunk

(Text von Bedeutung für den EWR)

2009/C 257/01

Zitat
[...]So ist die Kommission beispielsweise der Ansicht, dass einige lineare Übertragungsformen, etwa die gleichzeitige Übertragung der abendlichen Fernsehnachrichten über andere Plattformen (wie Internet oder Mobilgeräte) für die Zwecke dieser Mitteilung als nicht „neu“ einzustufen sind. [...]
Alles, was bereits via üblichem Rundfunk ausgestrahlt wird, gilt nicht als "neu", ergo nicht als neue Empfangsmöglichkeit, wenn es via Internet oder Mobilgeräte empfangen werden sollte.

Mit dieser Aussage der Kommission solle aber auch klar sein, daß Computer keine "neuartigen Rundfunkempfangsanlagen" sein können.
Titel: Re: Kleiner Ausflug zum Europarecht
Beitrag von: Kurt am 11. Dezember 2015, 21:42
Zitat
Kommission verklagt [...], DEUTSCHLAND, [...] vor dem Europäischen Gerichtshof, weil diese Länder die Führerscheinvorschriften der EU nicht ordnungsgemäß umgesetzt haben
[...]
weil diese Länder die europäischen Führerscheinvorschriften nicht ordnungsgemäß umgesetzt haben (Richtlinie 2006/126/EG)

Zitat
Verfahren kann sich hinziehen

Neben Deutschland sind Österreich, Finnland und Polen von der Klage zu den EU-Führerschein-Vorschriften betroffen.
Verfahren am Europäischen Gerichtshof (EuGH) dauern in der Regel länger als ein Jahr.
Die Luxemburger Richter können das Land dann dazu auffordern, die geltende Praxis zu ändern.
In letzter Konsequenz droht eine Geldstrafe.

Quelle: http://www.focus.de/auto/news/fall-geht-vor-den-europaeischen-gerichtshof-eu-kommission-verklagt-deutschland-wegen-fuehrerscheinvorschriften_id_5146639.html - Donnerstag, 10.12.2015, 22:08

Zitat
Neben Deutschland sind Österreich, Finnland und Polen von der Klage zu den EU-Führerscheinvorschriften betroffen.
Verfahren am Europäischen Gerichtshof (EuGH) dauern in der Regel länger als ein Jahr.
Die Luxemburger Richter können das Land dann dazu auffordern, die geltende Praxis zu ändern.
In letzter Konsequenz droht eine Geldstrafe.

Quelle: http://www.eu-info.de/dpa-europaticker/267204.html - 10.12.2015 19:19

*pruuuuuuuuuuust*
gemäß dem Motto: ...was stört's die deutsche Eiche...
(http://www.tradebit.de/usr/stock-photos/pub/9002/1751862.jpg)
Titel: Re: Kleiner Ausflug zum Europarecht
Beitrag von: pinguin am 11. Dezember 2015, 23:57
@Kurt

Du vergißt, daß es in Bezug auf ÖRR der Bund von den Ländern zurückholen wird.

Auch hast Du leider wohl nur selektiv gelesen und den anderen Punkt übersehen, der sich in jede Klage einbauen läßt: für die EU sind Rundfunkübertragungen via Web, so sie klassische Rundfunksendungen betreffen und parallel zu diesen via Web übertragen werden, nicht als "neu" zu bezeichnen. Fraglich also insofern, ob Mobilfunkgeräte und PC als "neue" Rundfunkempfangsgeräte gelten dürfen.
Titel: Re: Kleiner Ausflug zum Europarecht
Beitrag von: noGez99 am 12. Dezember 2015, 00:10
Zitat
Fraglich also insofern, ob Mobilfunkgeräte und PC als "neue" Rundfunkempfangsgeräte gelten dürfen.
Dann sind es halt alte Rundfunkgeräte. 

ich sehe den Punkt noch nicht ?? Stehe ich auf dem Schlauch ??
Titel: Re: Kleiner Ausflug zum Europarecht
Beitrag von: pinguin am 12. Dezember 2015, 00:43
Zitat
Fraglich also insofern, ob Mobilfunkgeräte und PC als "neue" Rundfunkempfangsgeräte gelten dürfen.
Dann sind es halt alte Rundfunkgeräte. 

ich sehe den Punkt noch nicht ?? Stehe ich auf dem Schlauch ??
Alte Rundfunkgeräte sind es nicht, da sie im alten System keine waren.

Können sie aber neue Rundfunkgeräte sein, wenn das, was sie "empfangen" nicht als "neu" zu gelten hat? Die via Web übertragenen Fernsehpublikationen sind gemäß EU keine "neuen" Sendungen, wenn sie lediglich parallel zu klassischen Fernsehsendungen übertragen werden.

Wenn also beim PC nur das Kabel als Übertragungsweg fungiert, darf dieser Übertragunsgweg nicht als "neu" gelten, weil das, was übertragen wird, auch nicht als "neu" gelten darf? Wenn das, was übertragen wird, kein "neuer" Rundfunk ist, kann es auch kein neues Rundfunkempfangsgerät sein? Das gleich bei Mobilfunkgeräten.
Titel: Re: Kleiner Ausflug zum Europarecht
Beitrag von: pinguin am 16. Dezember 2015, 21:11
Hier nur kurz erwähnt; hier http://gez-boykott.de/Forum/index.php/topic,16273.msg111470/topicseen.html#msg111470 ebenfalls eingefügt:

http://europa.eu/rapid/press-release_IP-15-6321_de.htm

Zitat
Einigung über die EU-Datenschutzreform
[...]
Die Datenschutzreform betrifft zwei Rechtsinstrumente:

# Die Datenschutz-Grundverordnung wird den Bürgern eine bessere Kontrolle ihrer personenbezogenen Daten ermöglichen. Gleichzeitig werden Unternehmen dank moderner, einheitlicher Regeln, die den Verwaltungsaufwand verringern und das Vertrauen der Verbraucher stärken, die Chancen, die der digitale Binnenmarkt bietet, besser nutzen können.

# Die Richtlinie für den Datenschutz bei Polizei und Strafjustiz wird sicherstellen, dass die Daten von Opfern, Zeugen und Verdächtigen bei strafrechtlichen Ermittlungen oder im Strafverfahren ausreichend geschützt sind. Stärker harmonisierte Rechtsvorschriften werden auch die grenzübergreifende Zusammenarbeit von Polizei und Staatsanwaltschaft im Interesse einer wirksameren Bekämpfung von Kriminalität und Terrorismus in Europa erleichtern.
[...]
Die neuen Vorschriften [...]

Eine Klärung des „Rechts auf Vergessenwerden“: Wenn die Betroffenen nicht möchten, dass ihre Daten weiter verarbeitet werden, und es keine legitimen Gründe für deren Speicherung gibt, müssen die Daten gelöscht werden.
[...]

Klare, moderne Vorschriften für Unternehmen

[...]
Ein Kontinent, ein Recht: Durch die Verordnung wird ein einheitliches Regelwerk geschaffen, das Unternehmen die Geschäftstätigkeit in der EU erleichtert und Kosten spart.
[...]
Europäische Regeln auf europäischem Boden: Unternehmen mit Sitz außerhalb Europas müssen dieselben Regeln befolgen, wenn sie Dienstleistungen in der EU anbieten.
[...]
Während der zweijährigen Übergangsphase wird die Kommission die Bürgerinnen und Bürger über ihre Rechte und die Unternehmen über ihre Pflichten informieren.
[...]
Die Datenschutzbehörden werden künftig enger zusammenarbeiten, ...

Titel: Re: Kleiner Ausflug zum Europarecht
Beitrag von: pinguin am 17. Dezember 2015, 17:57
Das EU-Parlament befasste sich in 2007 mit der Rolle des einzelstaatlichen Richters im europäischen Rechtsgefüge.

Bemängelt werden darin insbesondere das geringe Wissen einzelstaatlicher Richter über das vorrangige(!) europäische Recht, wie auch die mangelhaften fremdsprachlichen Kenntnisse der einzelstaatlichen Richter.

http://eur-lex.europa.eu/legal-content/DE/TXT/?qid=1450368910624&uri=CELEX:52008IP0352

Zitat
[...] eine im zweiten Halbjahr 2007 für die Zwecke dieser Entschließung durchgeführte Untersuchung ergab, dass
[...]
es dringend notwendig ist, generell die Fremdsprachenkenntnisse einzelstaatlicher Richter zu verbessern,

einzelstaatliche Richter Schwierigkeiten haben, an spezifische und aktuelle Informationen zum Gemeinschaftsrecht zu gelangen,
[...]
Richter unzureichend mit dem Vorabentscheidungsverfahren vertraut sind und der Dialog zwischen einzelstaatlichen Richtern und dem Gerichtshof verstärkt werden muss,
[...]
für eine bessere Anwendbarkeit des Gemeinschaftsrechts durch einzelstaatliche Richter gesorgt werden muss,
[...]

  Der einzelstaatliche Richter als erster Richter des Gemeinschaftsrechts

1.
stellt fest, dass die Europäische Gemeinschaft eine Rechtsgemeinschaft (8) ist; stellt fest, dass das Gemeinschaftsrecht nur auf dem Papier steht, wenn es in den Mitgliedstaaten nicht sachkundig angewendet wird, auch von den einzelstaatlichen Richtern, die somit den Grundpfeiler der Rechtsordnung der Europäischen Union bilden sowie von grundlegender Bedeutung und unerlässlich für die Schaffung einer einheitlichen europäischen Rechtsordnung sind, auch unter dem Gesichtspunkt der jüngsten Leistungen des gemeinschaftlichen Gesetzgebers (9), um die einzelstaatlichen Richter stärker einzubeziehen und ihnen bei der Durchsetzung des Gemeinschaftsrechts mehr Verantwortung zu übertragen;

2.
begrüßt den Standpunkt der Kommission, dass die einzelstaatlichen Richter bei der Durchsetzung des Gemeinschaftsrechts eine wesentliche Rolle spielen, beispielsweise durch die Grundsätze des Vorrangs des Gemeinschaftsrechts, die unmittelbare Anwendbarkeit, die einheitliche Auslegung und die Haftung des Staates für Verstöße gegen das Gemeinschaftsrecht;

[...]

7.
erachtet den Zugang zu Fachliteratur in der Muttersprache des Richters als wichtige Voraussetzung für ein besseres Verständnis des Gemeinschaftsrechts und verweist auf den offenkundigen Mangel an Fachliteratur zum Gemeinschaftsrecht in bestimmten Amtssprachen der Europäischen Union, beispielsweise zu Fragen des internationalen Privatrechts, sowie auf die möglicherweise gravierenden Folgen, die sich daraus für die Gestaltung einer gemeinsamen, die Vielfalt der Rechtstraditionen widerspiegelnden Rechtsordnung ergeben; fordert deshalb die Kommission auf, die Erarbeitung der entsprechenden Literatur zu fördern, insbesondere in den weniger verbreiteten Amtssprachen;

[...]

22.
vertritt den Standpunkt, dass einzelstaatliche Richter gegenüber dem Gemeinschaftsrecht keine passive Haltung einnehmen können, wie dies klar aus der Rechtsprechung des Gerichtshofs zur Frage, ob nationale Gerichte die Vereinbarkeit mit dem Gemeinschaftsrecht von Amts wegen prüfen sollen, hervorgeht (11);

Auch wenn dieses Statement "nur" vom EU-Parlament kommt, ist es doch eine EU-Institution, die nicht ignoriert werden sollte, ist es doch erklärtes Ziel der derzeitigen EU-Kommission, das EU-Parlament noch stärker als bisher in den europäischen Rechtssetzungsprozess einzubeziehen.

Deutlich wird in jedem Falle, daß es erklärtes Ziel ist, dem in den EU-Verträgen fixierten Vorrang europäischen Rechts nachhaltig Geltung zu verschaffen. Nationales Recht ist im konkreten Fall gegenstandslos, wenn europäisches Recht eine andere Lösung vorsieht.
Titel: Re: Kleiner Ausflug zum Europarecht
Beitrag von: pinguin am 20. Dezember 2015, 16:14
Da es im Pressebereich noch nicht freigeschaltet worden ist, setze ich den beabsichtigten Beitrag nun auch hier hinein, hat es doch direkt mit dem europäischen Recht zu tun.
--------------
Anbei ein Auszug eines Interviews, das die FAZ am 16. Dezember '15 mit dem Präsidenten des Europäischen Gerichtshofes führte.

Zitat
[...] Klar ist: Die Europäische Union ist eine Rechtsgemeinschaft – mit Rechten und Pflichten. Und es gibt keine Ausnahmen, außer denen, die vertraglich verankert sind. [...]

[...]Wir sprechen hier von einer Rechtsprechung, die 50 Jahre zurückliegt, als der Gerichtshof das Prinzip des Vorrangs des Unionsrechts über entgegenstehendes nationales Recht etabliert hat.[...]

[...]Wir sind hier in Luxemburg für das europäische Recht zuständig, das Bundesverfassungsgericht muss das Grundgesetz auslegen. Es ist verständlich, dass das Bundesverfassungsgericht auf „ausbrechende Rechtsakte“ achtet – aber es will in solchen Extremfällen eben den Fall zunächst dem Europäischen Gerichtshof vorlegen. Karlsruhe muss aber wissen: Es kann keine Ausnahme für Deutschland geben. Das Europarecht, so wie es der Europäische Gerichtshof auslegt, gilt für Deutschland wie für jedes andere Land. [...]

Weiter geht's hier und auf Seite 2 des Artikels:

http://www.faz.net/aktuell/politik/europaeische-union/eugh-praesident-koen-lenaerts-ueber-seine-aufgaben-pflichten-13966168.html
Titel: Re: Kleiner Ausflug zum Europarecht
Beitrag von: pinguin am 05. Januar 2016, 16:39
http://europa.eu/rapid/press-release_IP-16-2_de.htm

Zitat
Die Kommission unterstützt die Bemühungen der Mitgliedstaaten zur Förderung erneuerbarer Energien und zur Einhaltung der energie- und klimapolitischen Ziele der EU. Gleichzeitig wird durch das Beihilferecht der EU gewährleistet, dass sich die mit dieser Förderung verbundenen Kosten für die Verbraucher in Grenzen halten und bestimmte Kraftwerksbetreiber nicht gegenüber Konkurrenten ungerechtfertigt bevorteilt werden. Mit dieser jetzt eingeleiteten eingehenden Prüfung will die Kommission deshalb gewährleisten, dass die öffentlichen Fördermittel auf das erforderliche Minimum begrenzt werden und nicht zu einer Überkompensation führen. Sie wird ferner bewerten, ob die positiven Folgen für die Verwirklichung der Energie- und Umweltziele der EU mögliche Wettbewerbsverzerrungen auf dem Biomasse-Markt überwiegen. Mit der Einleitung eines eingehenden Prüfverfahrens wird dem Vereinigten Königreich und anderen Beteiligten Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben. Das Verfahren wird ergebnisoffen geführt.

Könnte schon in 2016 so zu lesen sein:

Die Kommission unterstützt die Bemühungen der Mitgliedstaaten zur Förderung ihres öffentlich-rechtlichen Rundfunks und zur Einhaltung der medienpolitischen Ziele der EU. Gleichzeitig wird durch das Beihilferecht der EU gewährleistet, dass sich die mit dieser Förderung verbundenen Kosten für die Verbraucher in Grenzen halten und bestimmte Rundfunkanstalten nicht gegenüber Konkurrenten ungerechtfertigt bevorteilt werden. Mit dieser jetzt eingeleiteten eingehenden Prüfung will die Kommission deshalb gewährleisten, dass die öffentlichen Fördermittel auf das erforderliche Minimum begrenzt werden und nicht zu einer Überkompensation führen. Sie wird ferner bewerten, ob die positiven Folgen für die Verwirklichung der medienpolitischen Ziele der EU mögliche Wettbewerbsverzerrungen auf dem Medien-Markt überwiegen. Mit der Einleitung eines eingehenden Prüfverfahrens wird der Bundesrepublik Deutschland und anderen Beteiligten Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben. Das Verfahren wird ergebnisoffen geführt.
Titel: Re: Kleiner Ausflug zum Europarecht
Beitrag von: azdb-opfer am 06. Januar 2016, 00:04
Könnte schon in 2016 so zu lesen sein:

Die Kommission unterstützt die Bemühungen der Mitgliedstaaten zur Förderung ihres öffentlich-rechtlichen Rundfunks und zur Einhaltung der medienpolitischen Ziele der EU. Gleichzeitig wird durch das Beihilferecht der EU gewährleistet, dass sich die mit dieser Förderung verbundenen Kosten für die Verbraucher in Grenzen halten und bestimmte Rundfunkanstalten nicht gegenüber Konkurrenten ungerechtfertigt bevorteilt werden. Mit dieser jetzt eingeleiteten eingehenden Prüfung will die Kommission deshalb gewährleisten, dass die öffentlichen Fördermittel auf das erforderliche Minimum begrenzt werden und nicht zu einer Überkompensation führen. Sie wird ferner bewerten, ob die positiven Folgen für die Verwirklichung der medienpolitischen Ziele der EU mögliche Wettbewerbsverzerrungen auf dem Medien-Markt überwiegen. Mit der Einleitung eines eingehenden Prüfverfahrens wird der Bundesrepublik Deutschland und anderen Beteiligten Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben. Das Verfahren wird ergebnisoffen geführt.

Die aktuelle EU-Wettbewerbskommissarin Margrethe Vestager soll ja bürgernah, ehrlich, unabhängig, detailverliebt und durchsetzungsfähig sein. Wenn es jemand schafft, ihr die Gesamtsituation zum ÖRR überzeugend zu erklären (Verstöße gegen EU-Recht mit Unterstützung von Politik und Justiz), könnte diese Meldung bald Realität werden.
Titel: Re: Kleiner Ausflug zum Europarecht
Beitrag von: pinguin am 11. Januar 2016, 14:51
http://eur-lex.europa.eu/legal-content/DE/TXT/?uri=uriserv:OJ.C_.2016.007.01.0010.01.DEU&toc=OJ:C:2016:007:TOC

Vertragsverletzungsklage

Zitat
Klage, eingereicht am 16. Oktober 2015 — Europäische Kommission/Bundesrepublik Deutschland

(Rechtssache C-546/15)

Verfahrenssprache: Deutsch

Parteien

Klägerin: Europäische Kommission (Prozessbevollmächtigte: C. Hermes, M. Heller, E. Sanfrutos Cano, Bevollmächtigte)

Beklagte: Bundesrepublik Deutschland

Anträge der Klägerin

Die Klägerin beantragt,


   

festzustellen, dass die Beklagte dadurch gegen ihre Verpflichtungen aus Artikel 24 Abs. 1 der Richtlinie 2012/19/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 4. Juli 2012 über Elektro- und Elektronik-Altgeräte (1) verstoßen hat, dass sie die erforderlichen Rechts- und Verwaltungsvorschriften zur Umsetzung dieser Richtlinie nicht erlassen bzw. der Kommission diese Vorschriften nicht mitgeteilt hat;


   

der Beklagten gemäß Artikel 260 Absatz 3 AEUV wegen des Verstoßes gegen die Verpflichtung zur Mitteilung der Umsetzungsmaßnahmen, die Zahlung eines Zwangsgeldes in Höhe von 210 078 Euro pro Tag ab dem Tag des Urteils des Gerichtshofs, das eine Verletzung der Verpflichtungen festgestellt hat, aufzuerlegen, zahlbar auf das Eigenmittelkonto der Europäischen Union;


   

der Bundesrepublik Deutschland die Kosten des Verfahrens aufzuerlegen.

Klagegründe und wesentliche Argumente

Die Umsetzungsfrist der Richtlinie sei am 14. Februar 2014 abgelaufen.

Ist am EuGH in Bearbeitung.
Titel: Re: Kleiner Ausflug zum Europarecht
Beitrag von: pinguin am 04. Februar 2016, 18:13
Unter C-568/15 liegt beim EuGH ein Vorabentscheidungsersuchen des Zentrale zur Bekämpfung unlauteren Wettbewerbs Frankfurt am Main e.V.

http://eur-lex.europa.eu/legal-content/DE/TXT/?uri=uriserv:OJ.C_.2016.038.01.0025.01.DEU&toc=OJ:C:2016:038:TOC

Darin geht es um evtl. höhere Telefonkosten, die einem Verbraucher bei Vorwahl der 0180 entstehen, als jene, die üblicherweise zu zahlen wären, würde die korrekte Telefonwahl aus Ortsvorwahl und Telefonnummer bestehen.
---------
Beim Datenschutz hat es auch was Neues: http://eur-lex.europa.eu/legal-content/DE/TXT/?uri=uriserv:OJ.C_.2016.033.01.0001.01.DEU&toc=OJ:C:2016:033:TOC

Es hat jetzt einen externen Beirat für die ethische Dimension des Datenschutzes („Ethik-Beirat“).
Titel: Re: Kleiner Ausflug zum Europarecht
Beitrag von: pinguin am 08. Februar 2016, 23:00
Das http://eur-lex.europa.eu/legal-content/DE/TXT/?uri=uriserv:OJ.C_.2016.048.01.0023.01.DEU&toc=OJ:C:2016:048:TOC könnte man weiterverfolgen.

Dito: http://eur-lex.europa.eu/legal-content/DE/TXT/?uri=uriserv:OJ.C_.2016.048.01.0027.01.DEU&toc=OJ:C:2016:048:TOC

Fernsehsender - EuGH-Urteil - Rundfunkgebühren - staatliche Beihilfe - EuGH-Urteil "Altmark", deren Definitionen also explizit auch für den Rundfunk gelten.
Titel: Re: Kleiner Ausflug zum Europarecht
Beitrag von: pinguin am 09. Februar 2016, 13:03
Es sei noch einmal daran erinnert, daß gemäß den Ausführungen des EuGH, auf alle Formen der "staatlichen Beihilfe", also auch im Falle des Rundfunkbranche, das "Altmark"-Urteil anzuwenden ist, wo Kriterien herausgearbeitet worden sind, in welchen Fällen "staatliche Beihilfe" vom Staat geleistet werden darf und wo nicht. Ohne einen förmlichen Auftrag des Gesamtstaates an die durch die "staatliche Beihilfe" unterstützte Firma ist alles nichtig; nur der Gesamtstaat ist Mitglied in der EU.
Titel: Re: Kleiner Ausflug zum Europarecht
Beitrag von: pinguin am 12. Februar 2016, 18:48
Auf EU-Seite tut sich nun was; zumindest lt. heutigem EU-Amtsblatt befasst sich das EU-Parlament, freilich "ganz allgemein", mit den audiovisuellen Mediendiensten.

http://eur-lex.europa.eu/legal-content/DE/TXT/?uri=uriserv:OJ.C_.2016.055.01.0071.01.DEU&toc=OJ:C:2016:055:TOC

Zitat
8.
fordert die Kommission auf, die einheitliche und vollständige Umsetzung der AVMD-Richtlinie in den Mitgliedstaaten voranzutreiben und insbesondere darauf zu achten, dass den in den Erwägungsgründen dieser Richtlinie enthaltenen konkretisierenden Begriffsbestimmungen bei der Umsetzung in nationales Recht gebührend Rechnung getragen wird;
Siehe die Erwägungsgründe bezüglich unlauteren Wettbewerbs.

Zitat
20.
erkennt die verschiedenen Geschäftsmodelle an, mit denen Inhalte finanziert werden, und betont, dass der Zugang für unterschiedliche Verbraucher erschwinglich sein muss;

Zitat
47.
fordert die Kommission auf zu überdenken, [...] welche Schritte unternommen werden müssen, um gleiche Wettbewerbsbedingungen für alle Akteure zu erreichen;

Dieses EU-Parlamentsdokument stammt aus 2013; warum es erst in 2016 im EU-Amtsblatt publiziert wird, ist mir ein Rätsel.
Titel: Re: Kleiner Ausflug zum Europarecht
Beitrag von: pinguin am 15. Februar 2016, 19:58
Es hat nun eine Online-Plattform für Verbraucher und Unternehmen zur Streitbeilegung.

http://europa.eu/rapid/press-release_IP-16-297_de.htm
Titel: Re: Kleiner Ausflug zum Europarecht
Beitrag von: Roggi am 15. Februar 2016, 20:31
Es hat nun eine Online-Plattform für Verbraucher und Unternehmen zur Streitbeilegung.

http://europa.eu/rapid/press-release_IP-16-297_de.htm

Diese Plattform ist für unser Anliegen nicht nutzbar.

Zitat von: Europäische Kommission
Die Plattform zur Online-Streitbeilegung (OS) ist eine zentrale Anlaufstelle für Verbraucher und Unternehmer aus der EU, um Streitigkeiten über Online-Käufe im In- und Ausland zu regeln. Diese Streitigkeiten werden an nationale Stellen für alternative Streitbeilegung (AS) weitergeleitet, die an die Plattform angeschlossen sind und von den Mitgliedstaaten nach Qualitätskriterien ausgewählt sowie der Kommission gemeldet wurden.
Die Richtline sieht u.a. folgendes vor:
Zitat von: Verordnung (EU) Nr. 524/2013
Damit die Verbraucher Vertrauen in den digitalen Binnenmarkt haben und diesen in vollem Umfang nutzen können, müssen sie Zugang zu einfachen, effizienten, schnellen und kostengünstigen Möglichkeiten der Beilegung von Streitigkeiten haben, die sich aus dem Online-Verkauf von Waren oder der Online-Erbringung von Dienstleistungen ergeben. Dies gilt insbesondere, wenn Verbraucher Einkäufe über die Grenzen hinweg tätigen.
Rundfunkbeiträge haben nichts mit Onlinekauf oder Onlinedienstleistung zu tun.

Hier noch die Richtlinien, die in dieser Verordnung erwähnt werden:

Verordnung (EU) Nr. 524/2013
http://eur-lex.europa.eu/LexUriServ/LexUriServ.do?uri=OJ:L:2013:165:0001:0012:DE:PDF

Richtlinie 2013/11
http://eur-lex.europa.eu/LexUriServ/LexUriServ.do?uri=OJ:L:2013:165:0063:0079:DE:PDF
Titel: Re: Kleiner Ausflug zum Europarecht
Beitrag von: Magnus_der_Rote am 18. Februar 2016, 15:15
Auf EU-Seite tut sich nun was; zumindest lt. heutigem EU-Amtsblatt befasst sich das EU-Parlament, freilich "ganz allgemein", mit den audiovisuellen Mediendiensten.

http://eur-lex.europa.eu/legal-content/DE/TXT/?uri=uriserv:OJ.C_.2016.055.01.0071.01.DEU&toc=OJ:C:2016:055:TOC

Ist da eigentlich ein Fehler drin, oder verstehe ich etwas nicht richtig: in der Bekanntmachung selbst (über den obigen Link) ist die Informationsnummer (2016/C 055/09) angegeben, in der Übersicht im Amtsblatt steht die Nummer (2016/C 055/10) http://eur-lex.europa.eu/legal-content/DE/TXT/?uri=OJ:C:2016:055:TOC (http://eur-lex.europa.eu/legal-content/DE/TXT/?uri=OJ:C:2016:055:TOC)
Ist den Herrschaften da nur etwas verrutscht? Ich möchte gern zitieren, daher die Frage.
Titel: Re: Kleiner Ausflug zum Europarecht
Beitrag von: Roggi am 18. Februar 2016, 17:10
Da ist was verrutscht. Ich würde die Nummer des Amtsblatts nehmen. Wenn man das PDF ausdruckt und als Anhang beifügt, kann nichts schiefgehen. Das Amtsblatt hat die Mummer 2016/C 055/9, in der Übersicht ist es falsch bezeichnet, aber wenn man Entschließung des Europäischen Parlaments vom 22. Mai 2013 zur Anwendung der Richtlinie über audiovisuelle Mediendienste (2012/2132(INI)) (http://Entschließung des Europäischen Parlaments vom 22. Mai 2013 zur Anwendung der Richtlinie über audiovisuelle Mediendienste (2012/2132(INI))) anklickt, bekommt man das Dokument auch angezeigt. Die Übersichtsnummer ist eh nicht anklickbar.
Titel: Re: Kleiner Ausflug zum Europarecht
Beitrag von: marga am 19. Februar 2016, 15:51
Auch hier eine Neuigkeit für Intreressierte EU Anhänger.

Europäisches Datenportal geht offiziell live
19.02.2016

Das Europäische Datenportal hat offiziell seinen Betrieb aufgenommen. Rund 400.000 Datensätze zu 70 Kategorien sind im Portal abrufbar.

Link zu:

Portalsuche
Europäisches Datenportal


http://www.europeandataportal.eu/de/homepage

Titel: Re: Kleiner Ausflug zum Europarecht
Beitrag von: pinguin am 19. Februar 2016, 18:32
Zwei weitere Entschließungen des EU-Parlamentes, die beide nur via PDF verfügbar sind:

Neue Tagesordnung für die europäische Verbraucherschutzpolitik
http://eur-lex.europa.eu/legal-content/DE/TXT/PDF/?uri=CELEX:52013IP0239&from=DE

Die Presse- und Medienfreiheit in der Welt
http://eur-lex.europa.eu/legal-content/DE/TXT/PDF/?uri=CELEX:52013IP0274&from=DE

@marga
Die von Dir genannte Seite ist mal leider wieder sprachlich gemixt.
Titel: Re: Kleiner Ausflug zum Europarecht
Beitrag von: pinguin am 20. Februar 2016, 17:53
Zitat
Zusammenfassung der Stellungnahme des Europäischen Datenschutzbeauftragten: „Bewältigung der Herausforderungen in Verbindung mit Big Data: Ein Ruf nach Transparenz, Benutzerkontrolle, eingebautem Datenschutz und Rechenschaftspflicht“

http://eur-lex.europa.eu/legal-content/DE/TXT/?uri=uriserv:OJ.C_.2016.067.01.0013.01.DEU&toc=OJ:C:2016:067:TOC
Titel: Re: Kleiner Ausflug zum Europarecht
Beitrag von: pinguin am 24. Februar 2016, 08:32
http://eur-lex.europa.eu/legal-content/DE/TXT/PDF/?uri=OJ:JOC_2016_071_R_0011&from=DE

Zitat
Stellungnahme des Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschusses zu der „Mitteilung der Kommission an das Europäische Parlament, den Rat, den Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschuss und den Ausschuss der Regionen: Strategie für einen digitalen Binnenmarkt für Europa“
[...]
die digitalen Kompetenzen der Verbraucher, Unternehmen und Behörden sind noch nicht ausgereift
[...]
4.2.2. Überprüfung der Richtlinie über audiovisuelle Mediendienste
Es gibt durchaus große Unterschiede zwischen lizenzierten Rundfunkanstalten und nicht-regulierten Diensteanbietern. Die Grenzen werden jedoch durch die Weiterverbreitung von reglementierten Inhalten über Breitband und eine Vielzahl von Video-on-Demand-Anbietern, die unzähligen Blogger im Nachrichtenraum und die Tatsache, dass es von den meisten Zeitungen mittlerweile eine elektronische Ausgabe gibt, zunehmend verwischt. Der EWSA bezweifelt indes, dass es wünschenswert ist, tunlichst sämtliche Dienste einer einheitlichen Regelung zu unterwerfen. Für den linearen Rundfunk müssen aufgrund der Gemeinwohlverpflichtung und der begrenzten Wahlmöglichkeiten der Zuschauer Standards festgelegt werden. Der Breitbandzugang zu Websites liegt im Ermessen des Nutzers, ebenso wie die Ausübung der elterlichen Kontrolle. In Anbetracht der Veränderungsdynamik in der audiovisuellen Industrie sind eine Überprüfung und Überarbeitung erforderlich, wobei auf Ausgewogenheit zu achten ist.
Titel: Re: Kleiner Ausflug zum Europarecht
Beitrag von: PersonX am 24. Februar 2016, 09:41
Die Daten hier sollten einmal mit der 15 Seiten langen Klageerwiderung in den Punkten wo es um die Richtlinien geht abgeglichen werden, denn das liest sich dort in etwa so als wäre es nicht zutreffend.

Link:
 Widerspruchsbescheid vom NDR im gelben Brief vom Oktober 2015
 http://gez-boykott.de/Forum/index.php/topic,16463.msg115838.html#msg115838
Titel: Re: Kleiner Ausflug zum Europarecht
Beitrag von: pinguin am 24. Februar 2016, 18:09
Zitat
RICHTLINIE 2011/83/EU DES EUROPÄISCHEN PARLAMENTS UND DES RATES

vom 25. Oktober 2011

über die Rechte der Verbraucher, zur Abänderung der Richtlinie 93/13/EWG des Rates und der Richtlinie 1999/44/EG des Europäischen Parlaments und des Rates sowie zur Aufhebung der Richtlinie 85/577/EWG des Rates und der Richtlinie 97/7/EG des Europäischen Parlaments und des Rates
http://eur-lex.europa.eu/legal-content/DE/TXT/?qid=1456333223597&uri=CELEX:32011L0083

Zitat
Artikel 34

Inkrafttreten

Diese Richtlinie tritt am zwanzigsten Tag nach ihrer Veröffentlichung im Amtsblatt der Europäischen Union in Kraft.

Die in Deinem Dokument genannte Richtlinie 97/7/EG wurde in 2011 aufgehoben.

Wurde die Richtlinie 97/7/EG von Dir vorgebracht, oder im Ursprung vom Ersteller des von Dir verlinkten vorliegenden Dokumentes?

Übrigens; ein nationales Gericht ist nicht befugt, die Vereinbarkeit eienr nationalen Reglung mit dem Unionsrecht festzustellen. Siehe Seite 7 Deines Dokumentes.

Leider läßt sich aus dem Dokument heraus nicht wirkungsvoll kopieren, da Dein Dokument offenbar aus Bildern erstellt worden ist.
Titel: Re: Kleiner Ausflug zum Europarecht
Beitrag von: PersonX am 24. Februar 2016, 22:46
@pinguin, falls es um das verlinkte Dokument in Antwort 144 geht, nein es ist nicht von PersonX
Aber irgendwie ist auch nicht richtig erkennbar ob die Antwort 145 an @PersonX 144 gedacht ist?
Titel: Re: Kleiner Ausflug zum Europarecht
Beitrag von: pinguin am 25. Februar 2016, 08:46
Deinen Beitrag versteh' ich g'rad nicht.   ;)

Du stelltest eine Frage in den Raum und verlinktest dafür zu einem Beitrag eines anderen Themas, in dem sich jenes Dokument befindet, auf das Du Dich hier beziehst?
Titel: Re: Kleiner Ausflug zum Europarecht
Beitrag von: Schluss-mit-lustig am 25. Februar 2016, 09:23
Zitat
RICHTLINIE 2011/83/EU DES EUROPÄISCHEN PARLAMENTS UND DES RATES

vom 25. Oktober 2011

über die Rechte der Verbraucher, zur Abänderung der Richtlinie 93/13/EWG des Rates und der Richtlinie 1999/44/EG des Europäischen Parlaments und des Rates sowie zur Aufhebung der Richtlinie 85/577/EWG des Rates und der Richtlinie 97/7/EG des Europäischen Parlaments und des Rates
http://eur-lex.europa.eu/legal-content/DE/TXT/?qid=1456333223597&uri=CELEX:32011L0083

RL 2011/83/EU hat RL 97/7/EG mit Wirkung vom 13. Juni 2014 aufgehoben.

Dazu zwei Fragen:

Zitat von: Artikel 28 Absatz 2 RL 2011/83/EU
Diese Richtlinie gilt für Verträge, die nach dem 13. Juni 2014 geschlossen werden.

Bei einer Zwangsanmeldung wurde ja nicht wirklich ein Vertrag zw. einem Verbraucher und BS/LRA geschlossen. Was ist hier also als Vertrag anzusehen und welches Datum ist maßgeblich?


Letztlich wird es aber vermutlich egal sein auf welche RL man sich bezieht, oder?

Denn Artikel 31 Satz 2 der RL 2011/83/EU lautet:

Zitat von: Artikel 31 Satz 2 RL 2011/83/EU
Verweise auf die aufgehobenen Richtlinien gelten als Verweise auf die vorliegende Richtlinie nach der Entsprechungstabelle im Anhang II.

... wodurch für Artikel 9 der RL 97/7/EG Unbestellte Waren oder Dienstleistungen entsprechend der Artikel 27 der RL 2011/83/EU Unbestellte Waren und Dienstleistungen gelten würde.
Titel: Re: Kleiner Ausflug zum Europarecht
Beitrag von: pinguin am 05. März 2016, 00:10
http://eur-lex.europa.eu/legal-content/DE/TXT/?uri=uriserv:OJ.C_.2016.087.01.0001.01.DEU&toc=OJ:C:2016:087:TOC

Zitat
Mitteilung der Kommission zu Artikel 4 Absatz 3 der Richtlinie 2009/22/EG des Europäischen Parlaments und des Rates über Unterlassungsklagen zum Schutz der Verbraucherinteressen, mit der die Richtlinie 98/27/EG kodifiziert wird, bezüglich der qualifizierten Einrichtungen, die berechtigt sind, eine Klage im Sinne des Artikels 2 dieser Richtlinie zu erheben
Zitat
DEUTSCHLAND

Name der Einrichtung
   

Kontaktdaten
   

Zweck
30.
   Deutscher Verbraucherschutzverein e. V.
   
Tel.: +49 3317453003
Fax: +49 3316200799
E-mail: vorstand@deutscher-verbraucherschutzverein.de
www.deutscher-verbraucherschutzverein.de
Zum Jagenstein 3
14478 Potsdam

[...]

58.
   Verbraucherschutzverein gegen unlauteren Wettbewerb e. V.
   
Tel.: +49 81418281030
Fax: +49 81418281039
E-mail: info@verbraucherschutzverein.org
www.verbraucherschutzverein.org
Maisacher Straße 6
82256 Fürstenfeldbruck

59.
   VerbraucherService Bayern im Katholischen Deutschen Frauenbund e. V.

Tel.: +49 8951518743
Fax: +49 8951518745
E-mail: info@verbraucherservice-bayern.de
www.verbraucherservice-bayern.de
Dachauer Straße 5/IV
80335 München

60.
   Verbraucherzentrale Baden-Württemberg e. V.

Tel.: +49 7116691-10
Fax: +49 711669150
E-mail: info@verbraucherzentrale-bawue.de
www.verbraucherzentrale-bawue.de
Paulinenstraße 47
70178 Stuttgart

61.
   Verbraucherzentrale Bayern e. V.

Tel.: +49 8953987-0
Fax: +49 89537553
E-mail: info@vzbayern.de
www.verbraucherzentrale-bayern.de
Mozartstraße 9
80336 München

62.
   Verbraucherzentrale Berlin e. V.

Tel.: +49 3021485-0
Fax: +49 3021964242
E-mail: mail@verbraucherzentrale-berlin.de
www.verbraucherzentrale-berlin.de
Hardenbergplatz 2
10787 Berlin

63.
   Verbraucherzentrale Brandenburg e. V.

Tel.: +49 331298710
Fax: +49 3312987177
E-mail: info@vzb.de
www.vzb.de
Babelsberger Straße 12
14473 Potsdam

64.
   Verbraucherzentrale Bremen e. V.

Tel.: +49 421160777
Fax: +49 4211607780
E-mail: info@verbraucherzentrale-bremen.de
www.verbraucherzentrale-bremen.de
Altenweg 4
28195 Bremen

65.
   Verbraucherzentrale Bundesverband e. V. (VZBV)

Tel.: +49 3025800-0
Fax: +49 3025800218
E-mail: info@vzbv.de
www.vzbv.de
Markgrafenstraße 66
10969 Berlin

66.
   Verbraucherzentrale des Saarlandes e. V.

Tel.: +49 68150089-0
Fax: +49 6815008922
E-mail: vz-saar@vz-saar.de
www.vz-saar.de
Trierer Straße 22
66111 Saarbrücken

67.
   Verbraucherzentrale Hamburg e. V.

Tel.: +49 40248320
Fax: +49 4024832290
E-mail: info@vzhh.de
www.vzhh.de
Kirchenallee 22
20099 Hamburg

68.
   Verbraucherzentrale Hessen e. V.

Tel.: +49 69972010900
Fax: +49 6997201040
E-mail: vzh@verbraucher.de
www.verbraucher.de
Große Friedberger Straße 13-17
60313 Frankfurt am Main

69.
   Verbraucherzentrale Mecklenburg-Vorpommern e. V.

Tel.: +49 38120870-50
Fax: +49 38120870-30
E-mail: info@nvzmv.de
www.nvzmv.de
Strandstraße 98
18055 Rostock

70.
   Verbraucherzentrale Niedersachsen e. V.

Tel.: +49 51191196-0
Fax: +49 5119119610
E-mail: info@vzniedersachsen.de
www.verbraucherzentrale-niedersachsen.de
Herrenstraße 14
30159 Hannover

71.
   Verbraucherzentrale Nordrhein-Westfalen e. V.

Tel.: +49 2113809-0
Fax: +49 2113809-172
E-mail: internet@vz-nrw.de
www.vz-nrw.de
Mintropstraße 27
40215 Düsseldorf

72.
   Verbraucherzentrale Rheinland-Pfalz e. V.

Tel.: +49 613128480
Fax: +49 6131284866
E-mail: info@vz-rlp.de
www.verbraucherzentrale-rlp.de
Seppel-Glückert-Passage 10
55116 Mainz
   
73.
   Verbraucherzentrale Sachsen e. V.

Tel.: +49 341696290
Fax: +49 3416892826
E-mail: vzs@vzs.de
www.verbraucherzentrale-sachsen.de
Katharinenstraße 17
04109 Leipzig

74.
   Verbraucherzentrale Sachsen-Anhalt e. V.

Tel.: +49 3452980329
Fax: +49 3452980326
E-mail: vzsa@vzsa.de
www.vzsa.de
Steinbockgasse 1
06108 Halle

75.
   Verbraucherzentrale Schleswig-Holstein e. V.

Tel.: +49 43159099-0
Fax: +49 4315909977
E-mail: info@verbraucherzentrale-sh.de
www.verbraucherzentrale-sh.de
Andreas-Gayk-Straße 15
24103 Kiel

76.
   Verbraucherzentrale Thüringen e. V.

Tel.: +49 36155514-0
Fax: +49 3615551440
E-mail: info@vzth.de
www.vzth.de
Eugen-Richter-Straße 45
99085 Erfurt

78.
   Vereinigung kritischer Verbraucher e. V.

Tel.: +49 3315505894
Fax: +49 3315505895
E-mail: info@vereinigung-kritischer-verbraucher.de
www.vereinigung-kritischer-verbraucher.de
Sellostraße 29
14471 Potsdam

@Schluß-mit-lustig

Bitte Geduld; Deinen Beitrag hab' ich eben erst wahrgenommen.
Titel: Re: Kleiner Ausflug zum Europarecht
Beitrag von: pinguin am 08. März 2016, 08:13
Hat zwar nichts mit Rundfunk zu tun, doch die EU hat Deutschland vor dem EuGH wegen ungenügender Umsetzung einer Richtlinie verklagt.

http://eur-lex.europa.eu/legal-content/DE/TXT/?uri=uriserv:OJ.C_.2016.090.01.0012.01.DEU&toc=OJ:C:2016:090:TOC

Die Richtlinie dazu: http://eur-lex.europa.eu/legal-content/DE/TXT/?uri=uriserv:OJ.L_.2006.403.01.0018.01.DEU&toc=OJ:L:2006:403:TOC
Titel: Re: Kleiner Ausflug zum Europarecht
Beitrag von: pinguin am 14. März 2016, 17:43
Es könnte sein, daß das Bundesverwaltungsgericht gleich eine Vorlage beim EuGH einreicht; hier http://eur-lex.europa.eu/legal-content/DE/TXT/?uri=uriserv:OJ.C_.2016.098.01.0009.02.DEU&toc=OJ:C:2016:098:TOC hatte es das jedenfalls getan.

 
Zitat
Tenor

Art. 7 Abs. 3 der Richtlinie 2002/21/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 7. März 2002 über einen gemeinsamen Rechtsrahmen für elektronische Kommunikationsnetze und -dienste (Rahmenrichtlinie) ist dahin auszulegen, dass eine nationale Regulierungsbehörde, wenn sie einen als Betreiber mit beträchtlicher Marktmacht eingestuften Betreiber verpflichtet hat, Mobilfunkterminierungsleistungen zu erbringen, und die hierfür verlangten Entgelte nach Durchführung des in dieser Bestimmung vorgesehenen Verfahrens der Genehmigungspflicht unterworfen hat, verpflichtet ist, dieses Verfahren vor jeder Genehmigung solcher Entgelte dieses Betreibers erneut durchzuführen, sofern die letztgenannte Genehmigung Auswirkungen auf den Handel zwischen Mitgliedstaaten im Sinne dieser Bestimmung haben kann.

Zitat
Verfahren zur Konsolidierung des Binnenmarkts für elektronische Kommunikation - Richtlinie 2002/19/EG

Obige Kurzfassung des Urteils wurde heute im EU-Amtsblatt veröffentlicht; damit ist das Urteil rechtsgültig.

Wenn man jetzt berücksichtigt, daß Richtlinie 2010/13/EU über audiovisuelle Mediendienst regelwidrig gar nicht in nationales Recht umgesetzt worden ist, wäre es gut, wenn das Bundesverwaltungsgericht gleich Nägel mit Köpfen macht.

Wird die EU eines Tages wach, (oder ist sie das schon die ganze Zeit und weiß, daß unsere Verantwortungsträger im Tiefschlaf sind?), wird es für Bund und Länder wegen Mißachtung von EU-Recht sehr teuer.
Titel: Re: Kleiner Ausflug zum Europarecht
Beitrag von: Jarumasta am 14. März 2016, 20:28
So lange dieser feine Herr: https://ec.europa.eu/commission/2014-2019/oettinger_en da sitzt wird, sich nichts ändern in DE.
Sehr komisch finde ich das vielle bedeutende posten in der EU durch solch deutsche Politiker besetzt sind! Mafia Regiert
Titel: Re: Kleiner Ausflug zum Europarecht
Beitrag von: pinguin am 16. März 2016, 23:05
Es hat übrigens aus 2010 ein weiteres Datenschutzurteil des EuGH; verbundene Rechtssachen C-92/09 und C-93/09

http://eur-lex.europa.eu/legal-content/DE/TXT/?uri=CELEX:62009CJ0092

Hier waren deutsche Bürger Kläger, das beklagte Land Bundesland Hessen.

Schon damals war es illegitim, wenn Behörden ohne Einwilligung der Bürger personenbezogene Daten einfach weitergeben. Sie durften sie nicht einmal bspw. im Web veröffentlichen.


Das neu eingestellte, ältere Urteil des EuGH sagt übrigens nix anderes, als daß die bundesdeutschen Datenschutzbestimmungen schon damals punktuell nicht mit europäischem Recht kompatibel waren.
Titel: Re: Kleiner Ausflug zum Europarecht
Beitrag von: pinguin am 18. März 2016, 13:19
http://eur-lex.europa.eu/legal-content/DE/TXT/?qid=1458284433600&uri=CELEX:62011CJ0518

In der Rechtssache C-518/11

Rz. 59

Zitat
Es ist darauf hinzuweisen, dass die Behörden der Mitgliedstaaten in den vom Unionsrecht erfassten Bereichen, zu denen der Bereich der elektronischen Kommunikationsdienste zählt, an den Grundsatz der loyalen Zusammenarbeit gebunden sind. Nach diesem Grundsatz müssen sie alle geeigneten Maßnahmen allgemeiner oder besonderer Art zur Erfüllung der Verpflichtungen ergreifen, die sich aus den Verträgen oder den Handlungen der Organe der Union ergeben, und alle Maßnahmen unterlassen, die die Verwirklichung der Ziele der Union gefährden könnten (vgl. in diesem Sinne u. a. Urteile vom 18. März 1986, Kommission/Belgien, 85/85, Slg. 1986, 1149, Randnr. 22, vom 4. März 2004, Deutschland/Kommission, C?344/01, Slg. 2004, I?2081, Randnr. 79, und vom 28. April 2011, El Dridi, C?61/11 PPU, Slg. 2011, I?3015, Randnr. 56).
Titel: Re: Kleiner Ausflug zum Europarecht
Beitrag von: azdb-opfer am 18. März 2016, 23:56
Das Bundesverwaltungsgericht hat heute das EU-Rundfunkurteil missachtet.

Pressemitteilung des BVerwG Nr. 21/2016 vom 18.03.2016 -Auszug-
Zitat
Der Rundfunkbeitrag wird nicht wie eine Steuer voraussetzungslos, sondern als Gegenleistung für die Möglichkeit erhoben, die öffentlich-rechtlichen Rundfunkprogramme empfangen zu können.



AZ C-337/06, Rz 45 - Auszug -
Zitat
Die diesen Anstalten so zur Verfügung gestellten Mittel werden ohne spezifische Gegenleistung im Sinne der Rechtsprechung des Gerichtshofs ausgezahlt (vgl. in diesem Sinne Urteil University of Cambridge, Randnrn. 23 bis 25). Diese Zahlungen hängen nämlich nicht von einer vertraglichen Gegenleistung ab, da weder die Gebührenpflicht noch die Gebührenhöhe das Ergebnis einer Vereinbarung zwischen den öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten und den Verbrauchern sind.

AZ - siehe darüber, Rz 47 -Auszug -
Zitat
Schließlich darf es, *** zu keiner unterschiedlichen Beurteilung danach führen, ob die Finanzmittel den öffentlichen Haushalt durchlaufen, der Staat also die Gebühr zunächst einzieht und die Einnahmen hieraus dann den öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten zur Verfügung stellt, oder ob der Staat diesen Anstalten das Recht einräumt, die Gebühren selbst einzuziehen.

AZ - siehe darüber, Rz 48
Zitat
Im Ergebnis ist daher festzustellen, dass eine Finanzierung wie die im Ausgangsverfahren in Rede stehende, die durch einen staatlichen Akt eingeführt worden ist, durch den Staat garantiert und mittels hoheitlicher Befugnisse erhoben und eingezogen wird, die Voraussetzung der „Finanzierung durch den Staat“ für den Zweck der Anwendung der Gemeinschaftsvorschriften auf dem Gebiet der Vergabe öffentlicher Aufträge erfüllt.

AZ - siehe darüber, Rz 35
Zitat
Für die Auslegung des Begriffs der „Finanzierung durch den Staat“ oder durch andere öffentlich-rechtliche Einrichtungen ist auf den Zweck der gemeinschaftlichen Richtlinien auf dem Gebiet der öffentlichen Aufträge abzustellen, wie er in der Rechtsprechung des Gerichtshofs dargelegt worden ist.

AZ - siehe darüber, Rz 41 - Auszug -
Zitat
Hierzu ist zunächst festzustellen, dass die Gebühr, die die überwiegende Finanzierung der Tätigkeit der fraglichen Einrichtungen sicherstellt, ihren Ursprung im Rundfunkstaatsvertrag hat, also in einem staatlichen Akt.

AZ - siehe darüber, Rz 59
Zitat
Auch der Staat erhält im vorliegenden Fall keine spezifische Gegenleistung, da die im Ausgangsfall in Rede stehende Finanzierung, wie das vorlegende Gericht zutreffend ausführt, dem Ausgleich der Lasten dient, die durch die Erfüllung der öffentlichen Aufgabe entstehen, eine pluralistische und objektive Informationsversorgung der Bürger zu gewährleisten. Insoweit unterscheiden sich die im Ausgangsverfahren in Rede stehenden Rundfunkanstalten nicht von einem anderen öffentlichen Dienstleister, der eine staatliche Finanzhilfe erhält, um seinen im öffentlichen Interesse liegenden Auftrag zu erfüllen.


Europäisches Vertragsrecht war nur nicht anwendbar, weil der EuGH die alte Rundfunkgebühr als voraussetzungslose steuerähnliche Gebühr angesehen hat. Wenn das BVerfG das Urteil von heute mit dieser Argumentation (Beitrag=Gegenleistung) bestätigt, muss der "Beitragsservice" bald Europäisches Verbraucherrecht beachten.

Titel: Re: Kleiner Ausflug zum Europarecht
Beitrag von: pinguin am 19. März 2016, 07:55
Es ist erklärtes Ziel der EU, daß im innereuropäischen Binnenmarkt das Wettbewerbsrecht als eines der Hauptfundamente anzusehen ist. So ähnlich traf der EuGH seine Aussage in einem Urteil zu den Kommunikationsnetzen, das ich gestern auf Suche nach Urteilen zur Richtlinie 2010/13/EU gefunden hatte.

Und, noch einmal, die EU unterscheidet nicht zwischen öffentlich-rechtlichen und privat-rechtlichen Unternehmen.
Titel: Re: Kleiner Ausflug zum Europarecht
Beitrag von: pinguin am 21. März 2016, 13:52
Neues Urteil vom EuGH, betreffend KStG und Sanierungsklausel; EU-Kommission gegen Bundesrepublik Deutschland, T-620/11; Urteil aus Februar 2016.

http://curia.europa.eu/juris/document/document.jsf?text=&docid=174110&pageIndex=0&doclang=DE&mode=lst&dir=&occ=first&part=1&cid=229453

Die EU wertet die Sanierungsklausel als staatliche Beihilfe, hat was mit Verlustvortrag zu tun, und hat sie in diesem Falle kassiert.

Der Interessierte möge den Text des Urteils bitte selbst zur Kenntnis nehmen.

Auch hier stützt sich der EuGH auf die Erwägungsgründe, die in einer Richtlinie oder Verordnung genannt sind.
Titel: Re: Kleiner Ausflug zum Europarecht
Beitrag von: 907 am 23. März 2016, 12:01
Zitat
Die gesetzlichen Krankenkassen werden auch i. S. v. § 98 Nr. 2 Var. 1 GWB überwiegend durch den Staat finanziert 307 : Die Krankenkassenbeiträge beruhen dem Grunde nach auf gesetzlichen Regelungen und auch der Höhe nach nicht auf freiwilligen Vereinbarungen zwischen den Versicherten und den Krankenkassen, sondern auf der Pflichtmitgliedschaft, wobei als Anknüpfungspunkt für die Berechnung der Beiträge das Einkommen des Versicherten dient.308 Zwar ist der Beitragssatz nicht gesetzlich, sondern von den einzelnen Kassen festgesetzt. Jedoch sind Kernparameter der Berechnung des Beitragssatzes, insbesondere die wechselseitige Entsprechung von Einnahmen und Ausgaben der Kassen, gesetzlich vorgegeben und bedürfen die Beitragssatzfestsetzungen der Kassen der Genehmigung durch staatliche Aufsichtsbehörden.309 In keinem Fall kommt dem Versicherten ein Einfluss auf die Höhe der Beiträge zu. Auch wenn sich die Versicherten den einseitigen Beitragserhöhungen der einzelnen Kasse ggf. durch einen Kassenwechsel entziehen können, wird ihnen dadurch nicht die Möglichkeit gegeben, die Höhe ihres Beitrags frei auszuhandeln oder sich dem System der von den Kassen festzusetzenden Beitragssätze zu entziehen. Überdies sind die Beiträge als Solidarbeiträge auch dann zu zahlen, wenn überhaupt keine Kassenleistungen in Anspruch genommen werden, die Beiträge also gegenleistungsfrei bleiben. Schließlich handelt es sich bei der Pflicht des Arbeitgebers zur Abführung des Gesamtsozialversicherungsbeitrags nach § 253 SGB V i. V. m. § 28d SGB IV ebenso um eine öffentlich-rechtliche Pflicht wie bei der Pflicht des Arbeitnehmers, gem. § 253 SGB V i. V. m. § 28g SGB IV den Abzug seiner Beitragsanteile vom Lohn zu dulden. Der Versicherte hat keine Interventionsmöglichkeit gegenüber dieser Beitragserhebung.310
307EuGH NJW 2009, 2427 Rn. 51 ff. - AOK; OLG Düsseldorf VergabeR 2007, 622,
624 f.; OLG Düsseldorf VergabeR 2008, 73, 76; VK Bund Beschl. v. 9.5.2007, Az. VK
1-26/07, Rn. 75; VK Lüneburg Beschl. v. 21.9.2004, Az. 203-VgK-42/2004, Rn. 38;
Boldt NJW 2005, 3757, 3759; Wollenschläger NZBau 2004, 655, 658. A. M. u. a.
Heßhaus VergabeR 2007, 333, 338 f
Quelle: http://www.chbeck.de/fachbuch/leseprobe/Ziekow-Vergaberecht-9783406584138_0305201208360809_lp.pdf

Ein Blick auf das Europarecht zeigt, dass die Vereinbarkeit der Pflichtmitgliedschaft, anders als ihre Befürworter bekunden, mit der Niederlassungsfreiheit (Art. 49 Abs. 1 AEU), der Dienstleistungsfreiheit (Art. 56 Abs. 1 AEU), Art. 14 Ziff. 2 der Dienstleistungsrichtlinie und dem Demokratieprinzip (Art. 2 EU) in Konflikt steht.

Die Pflichtmitgliedschaft der Rundfunkanstalten wurde nicht gegründet sondern durch den Wechsel des Anknüpfungspunktes für die Beitragspflicht (Wohnung bzw. Betriebsstätte statt Rundfunkempfangsgerät) geschaffen.
Die Rundfunkanstalten haben auch noch die falsche Rechtsform für eine Pflichtmitgliedschaft.

Außerdem liegt dem Rundfunkbeitrag nicht der Gedanke zugrunde, dass das Risiko der fehlenden Leistungsfähigkeit des Einzelnen auf eine Gemeinschaft umverteilt wird. Es besteht die Möglichkeit, aus sozialen Gründen von der Entrichtung des Rundfunkbeitrags befreit zu werden. Sozial Schwache haben auch die vielfältige Möglichkeiten sich aus anderen Quellen zu informieren und zu unterhalten.

Titel: Re: Kleiner Ausflug zum Europarecht
Beitrag von: pinguin am 23. März 2016, 18:19
Das von Dir genannte Urteil habe ich am EuGH nicht gefunden; dafür ein viel Interessanteres. Krankenkasse -> Körperschaft öffentlichen Rechts -> unlauterer Wettbewerb -> Gewerbetreibende

http://curia.europa.eu/juris/document/document.jsf?text=Krankenkasse&docid=158253&pageIndex=0&doclang=DE&mode=req&dir=&occ=first&part=1&cid=651772#ctx1

Das Urteil ist kurz, deshalb in voller Länge:

Zitat
Rechtssache C-59/12

BKK Mobil Oil Körperschaft des öffentlichen Rechts

gegen

Zentrale zur Bekämpfung unlauteren Wettbewerbs e. V.

(Vorabentscheidungsersuchen des Bundesgerichtshofs)

„Richtlinie 2005/29/EG – Unlautere Geschäftspraktiken – Anwendungsbereich – Irreführende Angaben einer Krankenkasse des gesetzlichen Krankenversicherungssystems – Krankenkasse in Form einer Körperschaft des öffentlichen Rechts“

Leitsätze – Urteil des Gerichtshofs (Erste Kammer) vom 3. Oktober 2013

Rechtsangleichung – Unlautere Geschäftspraktiken von Unternehmen gegenüber Verbrauchern – Richtlinie 2005/29 – Geltungsbereich – Begriff des Gewerbetreibenden – Zu einem gesetzlichen Sozialversicherungssystem gehörende Krankenkasse in Form einer Körperschaft des öffentlichen Rechts – Einbeziehung

(Richtlinie 2005/29 des Europäischen Parlaments und des Rates, 23. Erwägungsgrund, Art. 1, Art. 2 Buchst. a und b sowie Art. 6 Abs. 1)

Die Richtlinie 2005/29 über unlautere Geschäftspraktiken von Unternehmen gegenüber Verbrauchern im Binnenmarkt und zur Änderung der Richtlinie 84/450, der Richtlinien 97/7, 98/27 und 2002/65 sowie der Verordnung Nr. 2006/2004 ist dahin auszulegen, dass eine Körperschaft des öffentlichen Rechts, die mit einer im Allgemeininteresse liegenden Aufgabe wie der Verwaltung eines gesetzlichen Krankenversicherungssystems betraut ist, in ihren persönlichen Anwendungsbereich fällt.

Aus dem Wortlaut von Art. 2 Buchst. b der Richtlinie 2005/29 ergibt sich nämlich zunächst, dass der Unionsgesetzgeber den Begriff des Gewerbetreibenden besonders weit konzipiert hat als jede natürliche oder juristische Person, die eine entgeltliche Tätigkeit ausübt, und davon weder Einrichtungen, die eine im Allgemeininteresse liegende Aufgabe erfüllen, noch öffentlich-rechtliche Einrichtungen ausnimmt. Darüber hinaus sind der Sinn und die Bedeutung des Begriffs des Gewerbetreibenden, wie er in der Richtlinie verwendet wird, im Hinblick auf den Wortlaut der Definitionen in ihrem Art. 2 Buchst. a und b anhand des korrelativen, aber antinomischen Begriffs des Verbrauchers zu bestimmen. Wie u. a. aus Art. 1 und dem 23. Erwägungsgrund der Richtlinie über unlautere Geschäftspraktiken hervorgeht, soll mit ihr durch eine vollständige Harmonisierung der Regeln über unlautere Geschäftspraktiken – einschließlich der unlauteren Werbung von Gewerbetreibenden gegenüber Verbrauchern – ein hohes gemeinsames Verbraucherschutzniveau gewährleistet werden. Dem Begriff des Verbrauchers kommt nämlich entscheidende Bedeutung für die Zwecke der Auslegung dieser Richtlinie zu, und deren Bestimmungen sind im Wesentlichen aus der Sicht des Verbrauchers als des Adressaten und Opfers unlauterer Geschäftspraktiken konzipiert.

In einem Fall, in dem die Mitglieder einer Krankenkasse in Form einer Körperschaft des öffentlichen Rechts durch die von dieser Einrichtung verbreiteten irreführenden Angaben getäuscht und damit davon abgehalten werden, eine informierte Wahl zu treffen, und im Sinne von Art. 6 Abs. 1 der Richtlinie 2005/29 zu einer Entscheidung veranlasst werden, die sie ohne solche Angaben nicht getroffen hätten, sind der öffentliche oder private Charakter der fraglichen Einrichtung sowie die spezielle von ihr wahrgenommene Aufgabe insofern unerheblich.

Merke: Im EU-Binnenmarkt steht Verbraucherschutz gleich hinter dem Datenschutz an zweiter Stelle. Der Bürger muß als Verbraucher im EU-Binnenmarkt die absolut freie Entscheidung darüber haben, in welchen Wettbewerbsbereichen er als Verbraucher agieren möchte.
Titel: Re: Kleiner Ausflug zum Europarecht
Beitrag von: pinguin am 27. März 2016, 21:14
Stellungnahme des EU-Generalanwaltes

http://curia.europa.eu/jcms/upload/docs/application/pdf/2016-03/cp160028de.pdf

Zitat
Ein nationales Gericht muss sich allerdings, wenn es eine solche Anordnung erlässt, vergewissern,
1.
dass die Maßnahmen insbesondere wirksam, verhältnismäßig und abschreckend sind,
2.
dass sie darauf gerichtet sind, eine bestimmte Rechtsverletzung abzustellen oder zu verhindern, und keine allgemeine Überwachungspflicht implizieren und
3.
dass ein angemessenes Gleichgewicht zwischen den einschlägigen Grundrechten,  d. h. der Freiheit der Meinungsäußerung und der Informationsfreiheit sowie der unternehmerischen Freiheit einerseits und des Rechts des geistigen Eigentums andererseits gewahrt ist

http://europa.eu/rapid/press-release_IP-16-922_de.htm
Zitat
Vor diesem Hintergrund besteht eine Hauptpriorität der Kommission darin, ungerechtfertigte Hindernisse für den grenzüberschreitenden elektronischen Handel durch gesetzgeberische Maßnahmen im Rahmen ihrer Strategie für einen digitalen Binnenmarkt zu beseitigen, wobei sie im Mai weitere Vorschläge vorlegen will. Sowohl die Durchsetzung des Wettbewerbsrechts als auch die Legislativvorschläge der Kommission zielen darauf ab, einen Raum zu schaffen, in dem europäische Bürger und Unternehmen unabhängig von ihrem Wohnsitz schrankenlos Online-Angebote nutzen bzw. bereitstellen können.
Es wird einmal mehr ganz klar ersichtlich, daß es europäische Priorität ist, daß nur die zahlen sollen, die auch nutzen, denn alles andere ist mit europäischem Recht wegen Diskriminierung und Co nicht vereinbar.
Titel: Re: Kleiner Ausflug zum Europarecht
Beitrag von: Schluss-mit-lustig am 06. April 2016, 18:14
Um nochmal auf meine unten zitierte Antwort # 148 zurückzukommen:

Auch eine Angestellte einer Rechtsabteilung eines Fernsehsenders könnte die Problematik aufgegriffen haben, dass ja keine Verträge vorliegen ... die Abgabepflicht aufgrund Gesetzes bestehe ... und deshalb RL 97/7/EG schon nicht greife. Sie könnte konkret mitgeteilt haben:

Die Richtlinie über den Verbraucherschutz bei Vertragsabschlüssen im Fernabsatz (RL 97/7/EG) findet auf die Fernsehtätigkeit des öffentlich-rechtlichen Rundfunks keine Anwendung. Sie dient dem Schutz des Verbrauchers gegenüber dem Unternehmer bei dem Abschluss von Verträgen im Fernabsatz (vgl. Art. 1 der RL 97/7/EG) und soll sicherstellen, dass Verbraucher, die Waren oder Dienstleistungen im Fernkauf - also ohne physische Präsenz des Lieferers - erwerben, nicht gegenüber Verbrauchern benachteiligt werden, die eine Transaktion in Anwesenheit der Parteien tätigen (vgl. Mitteilung der Kommission an den Rat, das Europäische Parlament und den Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschuss zur Umsetzung der Richtlinie 1997/7/EG, KOM/2006/0514, Nr. 2 Abs. 1).

Die Erhebung des Rundfunkbeitrags erfolgt jedoch aufgrund Gesetzes und nicht aufgrund eines individuellen Vertragsabschlusses. Den Bürger trifft eine gesetzliche Verpflichtung zur Zahlung des Rundfunkbeitrags. Zwischen dem einzelnen Zuschauer und den öffentlich-rechtlichen Anstalten besteht gerade kein Vertragsverhältnis.



Zitat
RICHTLINIE 2011/83/EU DES EUROPÄISCHEN PARLAMENTS UND DES RATES

vom 25. Oktober 2011

über die Rechte der Verbraucher, zur Abänderung der Richtlinie 93/13/EWG des Rates und der Richtlinie 1999/44/EG des Europäischen Parlaments und des Rates sowie zur Aufhebung der Richtlinie 85/577/EWG des Rates und der Richtlinie 97/7/EG des Europäischen Parlaments und des Rates
http://eur-lex.europa.eu/legal-content/DE/TXT/?qid=1456333223597&uri=CELEX:32011L0083

RL 2011/83/EU hat RL 97/7/EG mit Wirkung vom 13. Juni 2014 aufgehoben.

Dazu zwei Fragen:

Zitat von: Artikel 28 Absatz 2 RL 2011/83/EU
Diese Richtlinie gilt für Verträge, die nach dem 13. Juni 2014 geschlossen werden.

Bei einer Zwangsanmeldung wurde ja nicht wirklich ein Vertrag zw. einem Verbraucher und BS/LRA geschlossen. Was ist hier also als Vertrag anzusehen und welches Datum ist maßgeblich?

  • Datum des Zustimmungsgesetzes zum RBStV?
  • Datum des Inkrafttretens des RBStV?
  • Aufgedrucktes Datum der Zwangsanmeldung?
  • Bekanntgabe der Zwangsanmeldung?
  • Aufgedrucktes Datum eines Festsetzungsbescheides?
  • Bekanntgabe eines Festsetzungsbescheides?
  • Aufgedrucktes Datum eines Widerspruchsbescheides?
  • Bekanntgabe eines Widerspruchsbescheides?
  • ... ?

Letztlich wird es aber vermutlich egal sein auf welche RL man sich bezieht, oder?

Denn Artikel 31 Satz 2 der RL 2011/83/EU lautet:

Zitat von: Artikel 31 Satz 2 RL 2011/83/EU
Verweise auf die aufgehobenen Richtlinien gelten als Verweise auf die vorliegende Richtlinie nach der Entsprechungstabelle im Anhang II.

... wodurch für Artikel 9 der RL 97/7/EG Unbestellte Waren oder Dienstleistungen entsprechend der Artikel 27 der RL 2011/83/EU Unbestellte Waren und Dienstleistungen gelten würde.
Titel: Re: Kleiner Ausflug zum Europarecht
Beitrag von: pinguin am 06. April 2016, 20:34
Negativ; die noch immer nicht in nationales Recht umgesetzte Richtlinie 2010/13/EU über audivisuelle Mediendienste fordert als Teilziel in Erwägungsgrund 83, daß die Bestimmungen über unlautere Geschäftspraktiken auch auf den Rundfunk in der Wechsel-Beziehung Unternehmen <-> Verbraucher anzuwenden sind. Die Richtlinie über unlautere Geschäftspraktiken legt ausdrücklich fest, daß eine Nichtreaktion des Verbrauchers nicht als Zustimmung gewertet werden darf.

Ich hätte Prediger werden sollen?

Rundfunk ist im europäischen Recht dem Bereich "Wettbewerb" zugeordnet; in diesem Bereich kann es für einen Verbraucher nur dann Zwang geben, wenn dieser Verbraucher auf Grund seiner ausdrücklichen Willensbekundung eine Geschäftsbeziehung mit einem Unternehmen eingegangen ist und seinen daraus entstehenden Verpflichtungen nicht nachkommt.

Fehlt diese ausdrückliche Willensbekundung des Verbrauchers, ist jede Aktion seitens des Unternehmens diesem Verbraucher gegenüber ohne jede Rechtsbindung für Unternehmen wie Verbraucher; ergo Werbung, sonst nix.
Titel: Re: Kleiner Ausflug zum Europarecht
Beitrag von: pinguin am 09. April 2016, 09:07
EU-seitig hat es was Neues.

http://eur-lex.europa.eu/legal-content/DE/TXT/?uri=uriserv:OJ.C_.2016.127.01.0004.01.DEU&toc=OJ:C:2016:127:TOC

Zitat
Mitteilung der Kommission über staatliche Beihilfen für Filme und andere audiovisuelle Werke: Zustimmung aller Mitgliedstaaten zu den nach Artikel 108 Absatz 1 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union vorgeschlagenen zweckdienlichen Maßnahmen
[...]
Nach Artikel 23 Absatz 1 der Verordnung (EU) 2015/1589 des Rates vom 13. Juli 2015 über besondere Vorschriften für die Anwendung von Artikel 108 AEUV (2) hält die Kommission die bedingungslose, ausdrückliche Zustimmung aller Mitgliedstaaten zu den zweckdienlichen Maßnahmen fest.

http://eur-lex.europa.eu/legal-content/DE/TXT/?uri=uriserv:OJ.L_.2015.248.01.0009.01.DEU&toc=OJ:L:2015:248:TOC

Zitat
VERORDNUNG (EU) 2015/1589 DES RATES
[...]
(2)
[...] sollte diese Verordnung für Beihilfen in allen Sektoren gelten.
[...]
(6)
Nach Artikel 4 Absatz 3 des Vertrags über die Europäische Union (EUV) sind die Mitgliedstaaten verpflichtet, mit der Kommission zusammenzuarbeiten und ihr alle zur Erfüllung ihrer Verpflichtungen aus dieser Verordnung erforderlichen Informationen bereitzustellen.
[...]
(9)
Da nach Artikel 108 AEUV ausschließlich die Kommission dafür zuständig ist zu prüfen, ob eine angemeldete oder rechtswidrige staatliche Beihilfe mit dem Binnenmarkt vereinbar ist, [...]
[...]
(25)
Bei rechtswidrigen Beihilfen, die mit dem Binnenmarkt nicht vereinbar sind, sollte wirksamer Wettbewerb wiederhergestellt werden. Dazu ist es notwendig, die betreffende Beihilfe einschließlich Zinsen unverzüglich zurückzufordern. Die Rückforderung hat nach den Verfahrensvorschriften des nationalen Rechts zu erfolgen. [...]
[...]

KAPITEL I

ALLGEMEINES

Artikel 1

Definitionen

Im Sinne dieser Verordnung bezeichnet der Ausdruck
[...]
c)
neue Beihilfenalle Beihilfen, also Beihilferegelungen und Einzelbeihilfen, die keine bestehenden Beihilfen sind, einschließlich Änderungen bestehender Beihilfen;

[...]
KAPITEL II

VERFAHREN BEI ANGEMELDETEN BEIHILFEN

Artikel 2

Anmeldung neuer Beihilfen

(1)   Soweit die Verordnungen nach Artikel 109 AEUV oder nach anderen einschlägigen Vorschriften des AEUV nichts anderes vorsehen, teilen die Mitgliedstaaten der Kommission ihre Vorhaben zur Gewährung neuer Beihilfen rechtzeitig mit. Die Kommission unterrichtet den betreffenden Mitgliedstaat unverzüglich vom Eingang einer Anmeldung.

(2)   Der betreffende Mitgliedstaat übermittelt der Kommission in seiner Anmeldung alle sachdienlichen Auskünfte, damit diese einen Beschluss nach den Artikeln 4 und 9 erlassen kann (im Folgenden „vollständige Anmeldung“).

Artikel 3

Durchführungsverbot

Anmeldungspflichtige Beihilfen nach Artikel 2 Absatz 1 dürfen nicht eingeführt werden, bevor die Kommission einen diesbezüglichen Genehmigungsbeschluss erlassen hat oder die Beihilfe als genehmigt gilt.

Wird eine bestehende Beihilfe geändert, wird daraus insgesamt eine neue Beihilfe, die meldepflichtig ist und ohne Kommissionsgenehmigung nicht angewendet werden darf.
Titel: Re: Kleiner Ausflug zum Europarecht
Beitrag von: pinguin am 14. April 2016, 08:06
Und wieder was, aber schon älter.

http://eur-lex.europa.eu/legal-content/DE/TXT/?qid=1460612393817&uri=CELEX:32004R2006

Zitat
VERORDNUNG (EG) NR. 2006/2004 DES EUROPÄISCHEN PARLAMENTS UND DES RATES

vom 27. Oktober 2004

über die Zusammenarbeit zwischen den für die Durchsetzung der Verbraucherschutzgesetze zuständigen nationalen Behörden („Verordnung über die Zusammenarbeit im Verbraucherschutz“)

Artikel 1

Zielsetzung

Diese Verordnung regelt die Bedingungen, unter denen die zuständigen Behörden in den Mitgliedstaaten, die als für die Durchsetzung der Gesetze zum Schutz der Verbraucherinteressen verantwortlich benannt wurden, miteinander und mit der Kommission zusammenarbeiten, um im Interesse des Schutzes der wirtschaftlichen Interessen der Verbraucher zu gewährleisten, dass diese Gesetze eingehalten werden und das reibungslose Funktionieren des Binnenmarkts sichergestellt wird.

Artikel 2

Anwendungsbereich
[...]
(7)   Diese Verordnung gilt unbeschadet der Gemeinschaftsbestimmungen über die Fernsehdienstleistungen.
[...]

Noch ein Vorabentscheidungsersuchen des Landgerichtes Düsseldorf an den EuGH
Rechtssache C-424/97

Zitat
Haftung eines Mitgliedstaats bei Verstoß gegen das Gemeinschaftsrecht - Verstöße, die einer öffentlich-rechtlichen Körperschaft eines Mitgliedstaats zuzurechnen sind - Voraussetzungen für die Haftung des Mitgliedstaats und einer öffentlich-rechtlichen Körperschaft dieses Mitgliedstaats

Leitsätze - Auswahl
Zitat
Jeder Mitgliedstaat muß sicherstellen, daß dem einzelnen der Schaden ersetzt wird, der ihm durch einen Verstoß gegen Gemeinschaftsrecht entstanden ist, gleichgültig, welche staatliche Stelle diesen Verstoß begangen hat und welche Stelle nach dem Recht des betreffenden Mitgliedstaats diesen Schadensersatz grundsätzlich zu leisten hat.
[...]
Bei der Prüfung, ob ein qualifizierter Verstoß gegen das Gemeinschaftsrecht - als eine der Voraussetzungen, unter denen ein Mitgliedstaat Schäden, die dem einzelnen durch diesem Staat zuzurechnende Verstöße gegen das Gemeinschaftsrecht entstanden sind, zu ersetzen hat - vorliegt, ist der Gestaltungsspielraum zu berücksichtigen, über den der betreffende Mitgliedstaat verfügt. Das Bestehen und der Umfang dieses Gestaltungsspielraums sind anhand des Gemeinschaftsrechts und nicht anhand des nationalen Rechts zu bestimmen. Ein dem Beamten oder der Stelle, die den Verstoß gegen das Gemeinschaftsrecht begangen haben, gegebenenfalls nach nationalem Recht eingeräumtes Ermessen ist daher insoweit unbeachtlich.
Titel: Re: Kleiner Ausflug zum Europarecht
Beitrag von: 907 am 14. April 2016, 23:33
Gesetz zur Umsetzung der EU-Mobilitätsrichtlinie
Das Gesetz zur Umsetzung der EU-Mobilitäts-Richtlinie vom 21.12.2015, welches die EU-Richtlinie 2014/50/EU vom 16.4.2014 umsetzen soll und das am 30.12.2015 im Bundesgesetzblatt veröffentlicht wurde, beinhaltet nicht unbeträchtliche Änderungen für die betriebliche Altersversorgung.
http://www.h2b-aktuare.de/mobilitaetsrichtlinie/

Der Deutsche Bundestag hatte das Gesetz am 12.11.2015 verabschiedet, am 18.12.2015 wurde im Bundesrat die Zustimmung erteilt. Damit kann das Gesetz noch in 2015 ausgefertigt und verkündet werden. Die Neuregelungen werden allerdings erst zum 1.1.2018 in Kraft treten.
https://www.haufe.de/steuern/gesetzgebung-politik/bundesrat-gesetz-zur-umsetzung-der-eu-mobilitaets-richtlinie_168_333420.html

Wenn es um die Zusatzrenten geht, dann sind die schnell was die Umsetzung der Richtlinie in deutsches Recht betrifft.
Titel: Re: Kleiner Ausflug zum Europarecht
Beitrag von: pinguin am 15. April 2016, 19:58
Eine weitere Fundstelle, deren Inhalt evtl. auch hier passen könnte?

Zitat
VERORDNUNG (EG) Nr. 864/2007 DES EUROPÄISCHEN PARLAMENTS UND DES RATES

vom 11. Juli 2007

über das auf außervertragliche Schuldverhältnisse anzuwendende Recht („Rom II“)
http://eur-lex.europa.eu/legal-content/DE/TXT/?qid=1460700602615&uri=CELEX:32007R0864

Zitat
Artikel 6

Unlauterer Wettbewerb und den freien Wettbewerb einschränkendes Verhalten

(1)   Auf außervertragliche Schuldverhältnisse aus unlauterem Wettbewerbsverhalten ist das Recht des Staates anzuwenden, in dessen Gebiet die Wettbewerbsbeziehungen oder die kollektiven Interessen der Verbraucher beeinträchtigt worden sind oder wahrscheinlich beeinträchtigt werden.

(2)   Beeinträchtigt ein unlauteres Wettbewerbsverhalten ausschließlich die Interessen eines bestimmten Wettbewerbers, ist Artikel 4 anwendbar.

(3)
   

a)
   

Auf außervertragliche Schuldverhältnisse aus einem den Wettbewerb einschränkenden Verhalten ist das Recht des Staates anzuwenden, dessen Markt beeinträchtigt ist oder wahrscheinlich beeinträchtigt wird.

b)
   

Wird der Markt in mehr als einem Staat beeinträchtigt oder wahrscheinlich beeinträchtigt, so kann ein Geschädigter, der vor einem Gericht im Mitgliedstaat des Wohnsitzes des Beklagten klagt, seinen Anspruch auf das Recht des Mitgliedstaats des angerufenen Gerichts stützen, sofern der Markt in diesem Mitgliedstaat zu den Märkten gehört, die unmittelbar und wesentlich durch das den Wettbewerb einschränkende Verhalten beeinträchtigt sind, das das außervertragliche Schuldverhältnis begründet, auf welches sich der Anspruch stützt; klagt der Kläger gemäß den geltenden Regeln über die gerichtliche Zuständigkeit vor diesem Gericht gegen mehr als einen Beklagten, so kann er seinen Anspruch nur dann auf das Recht dieses Gerichts stützen, wenn das den Wettbewerb einschränkende Verhalten, auf das sich der Anspruch gegen jeden dieser Beklagten stützt, auch den Markt im Mitgliedstaat dieses Gerichts unmittelbar und wesentlich beeinträchtigt.

(4)   Von dem nach diesem Artikel anzuwendenden Recht kann nicht durch eine Vereinbarung gemäß Artikel 14 abgewichen werden.
Titel: Re: Kleiner Ausflug zum Europarecht
Beitrag von: pinguin am 19. April 2016, 00:25
Die neue EU-Datenschutz-Grundverordnung ist fertig und hier in deutsch verfügbar: https://www.lda.bayern.de/de/datenschutz_eu.html https://www.lda.bayern.de/media/ds_gvo_de.pdf

Ich habe dieser allerdings noch keinen Blick gegönnt.
Titel: Re: Kleiner Ausflug zum Europarecht
Beitrag von: Roggi am 19. April 2016, 01:27
RN 40 ist relevant:
Zitat von: Eu-Verordnung
Damit  die  Verarbeitung  rechtmäßig ist, müssen personenbezogene  Daten  mit  Einwilligung der  betroffenen  Person oder  auf  einer  sonstigen  zulässigen  Rechtsgrundlage verarbeitet werden, die  sich aus  dieser  Verordnung oder  –  wann immer  in dieser  Verordnung darauf Bezug genommen wird  –  aus dem  sonstigen  Unionsrecht  oder  dem  Recht  der Mitgliedstaaten ergibt, so unter  anderem  auf  der  Grundlage,  dass  sie  zur  Erfüllung  der rechtlichen  Verpflichtung, der  der  Verantwortliche  unterliegt, oder  zur  Erfüllung eines Vertrags, dessen Vertragspartei  die  betroffene  Person ist, oder  für  die  Durchführung vorvertraglicher  Maßnahmen, die  auf  Anfrage  der  betroffenen  Person erfolgen, erforderlich  ist.

Zur Erfüllung einer rechtlichen Verpflichtung... damit ist diese Verordnung nicht für uns verwertbar.

RN 45 macht Einschränkungen, aber die sind auch nicht für uns gemacht. Es soll geregelt werden, ob es sich um eine Behörde handelt oder um juristische Personen...
Titel: Re: Kleiner Ausflug zum Europarecht
Beitrag von: PersonX am 19. April 2016, 01:35
Nummer 31 ist wahrscheinlich auch zu prüfen.
Titel: Re: Kleiner Ausflug zum Europarecht
Beitrag von: pinguin am 24. April 2016, 23:59
Die EU definiert eine "Einrichtung des öffentlichen Rechts" wie folgt:

http://eur-lex.europa.eu/legal-content/DE/TXT/PDF/?uri=CELEX:32014L0024&qid=1461534052600&from=DE
Zitat
RICHTLINIE 2014/24/EU DES EUROPÄISCHEN PARLAMENTS UND DES RATES
vom 26. Februar 2014
über die öffentliche Auftragsvergabe und zur Aufhebung der Richtlinie 2004/18/EG

Artikel 2 - Begriffsbestimmungen
[...]
Zitat
4. „Einrichtungen des öffentlichen Rechts“ Einrichtungen mit
sämtlichen
der folgenden Merkmale:
a) Sie wurden zu dem besonderen Zweck gegründet, im Allgemeininteresse liegende Aufgaben nicht gewerblicher Art zu erfüllen,
b) sie besitzen Rechtspersönlichkeit und
c)  sie werden überwiegend vom Staat, von Gebietskörperschaften oder von anderen Einrichtungen des öffentlichen Rechts finanziert oder unterstehen hinsichtlich ihrer Leitung der Aufsicht dieser Gebietskörperschaften oder Einrichtungen, oder sie aben ein Verwaltungs-, Leitungs- beziehungsweise Aufsichtsorgan, das mehrheitlich aus Mitgliedern besteht, die vom Staat, von Gebietskörperschaften oder von anderen Einrichtungen des öffentlichen Rechts ernannt worden sind

Ein Unternehmen, das staatsfern zu sein hat, kann keine "Einrichtung des öffentlichen Rechts" sein.

Meinungen?
Titel: Re: Kleiner Ausflug zum Europarecht
Beitrag von: Roggi am 25. April 2016, 00:32
Punkt a) "Nichtgewerblicher Art" trifft auf örR nicht zu, die scheffeln Geld auch aus Werbung.
Die Punkte b) und c) treffen irgendwie zu, aber es passt das "insgesamt" aller drei Punkte ja nicht. Also ist örR keine Einrichtung öffentlichen Rechts, sondern ein stinknormales Kasperletheater.

Der Punkt a) ist dennoch nicht ganz klar. Eigentlich werfen sie ja keine Gewinne ab, welche irgendwo ausgeschüttet werden, sondern sie entlohnen sich und die helfenden Politiker und Richter fürstlich.
Titel: Re: Kleiner Ausflug zum Europarecht
Beitrag von: pinguin am 27. April 2016, 08:55
Seitens der EU wurde die

Zitat
Befreiung niederländischer öffentlicher Unternehmen von der Körperschaftsteuer

wegen Unvereinbarkeit mit dem Binnenmarkt einkassiert.

http://eur-lex.europa.eu/legal-content/DE/TXT/?uri=uriserv:OJ.L_.2016.113.01.0148.01.DEU&toc=OJ:L:2016:113:TOC

Wie war das mit der Körperschaftssteuer beim dt. ÖRR doch gleich?
Titel: Re: Kleiner Ausflug zum Europarecht
Beitrag von: noGez99 am 27. April 2016, 09:12
@Pinguin
Kannst Du das erleutern? Ich bin leider nicht so tief in der Materie drin, dass ich das verstehe.
Titel: Re: Kleiner Ausflug zum Europarecht
Beitrag von: pinguin am 27. April 2016, 14:46
Kannst Du das erleutern? Ich bin leider nicht so tief in der Materie drin, dass ich das verstehe.
Das heißt nur, daß auch öffentlich-rechtliche Körperschaften, zu denen ja auch die Anstalten zählen, Körperschaftsteuer zahlen müssen und nicht davon befreit werden können, da die Befreiung als staatliche Beihilfe gewertet wird, die auf Grund eines fairen Wettbewerbs im EU-Binnenmarkt nicht zulässig ist.

Möglicherweise wäre es mit europäischem Recht deswegen ebenfalls nicht gedeckt, daß bspw. Rundfunkanstalten selber gar nicht zur Zahlung von Beiträgen herangezogen werden, könnte das eu-seitig selbst eine unzulässige Beihilfe gewertet werden.
Titel: Re: Kleiner Ausflug zum Europarecht
Beitrag von: pinguin am 30. April 2016, 10:47
Wurde es hier schon eingestellt? Es hat eine Entschließung des EU-Parlamentes zur Meinungs- und Informationsfreiheit.

http://eur-lex.europa.eu/legal-content/DE/TXT/PDF/?uri=CELEX:52004IP0373&qid=1461951989838&from=DE

Zitat
;ist deshalb der Ansicht, dass die Verpflichtung der Bürger, eine Gebühr zu bezahlen, um das öffentlich-rechtliche Fernsehen zu unterstützen, nur Sinn macht, wenn dies eine besondere Rolle für die Bürger auf dem Gebiet der korrekten, objektiven, vollständigen vielfältigen und qualitativ hochwertigen Information über soziale, politische, kulturelle und institutionelle Themen spielt; stellt besorgt fest, dass dagegen die Tendenz einer Verschlechterung der Qualität der Inhalte besteht,
und dass folglich die Zahlung der Gebühr für öffentliche Dienste Gefahr läuft, sich in eine reine Marktverzerrung aufgrund des Wettbewerbsvorteils umzuwandeln, den die öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten gegenüber den kommerziellen Medien erworben haben, die inhaltlich und qualitativ im wesentlichen die gleichen Informationenwie die öffentlich-rechtlichen Anstalten liefern

Ist aus 2004

Es hat aber auch eine "neue" aus 2013, die im Februar 2016 im EU-Amtsblatt veröffentlicht worden ist:

http://eur-lex.europa.eu/legal-content/DE/TXT/?qid=1461951989838&uri=CELEX:52013IP0203

Zitat
Das Europäische Parlament,
[...]
— unter Hinweis auf Artikel 11 der Charta der Grundrechte der EU, Artikel 2, 7 und 9 bis 12 des Vertrags über die Europäische Union, die Vertragsartikel betreffend die Niederlassungsfreiheit, die Dienstleistungsfreiheit, die Freizügigkeit und den freien Warenverkehr, Wettbewerb und staatliche Beihilfen sowie Artikel 167 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union (Kultur),
[...]
—unter Hinweis auf die Richtlinie 2010/13/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 10. März 2010 zur Koordinierung bestimmter Rechts- und Verwaltungsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Bereitstellung audiovisueller Mediendienste (Richtlinie über audiovisuelle Mediendienste)[...];
[...]
C. in der Erwägung, dass Medienfreiheit ein Eckpfeiler der in den Verträgen verankerten Werte wie Demokratie, Pluralismus und Achtung der Rechte der Minderheiten ist, und dass die Geschichte dieser Medienfreiheit unter der Bezeichnung „Pressefreiheit“ richtunggebend war für den Fortschritt des demokratischen Gedankenguts und die Entwicklung der europäischen Ideale in der Geschichte;
[...]
F. in der Erwägung, dass das Grundrecht der Bürger auf freie Meinungsäußerung und auf Information nur durch Medienfreiheit und -pluralismus sichergestellt werden kann,
[...]
L. in der Erwägung, dass die Europäische Union sich dazu verpflichtet hat, den Medienpluralismus als wesentliche Säule des Rechts auf Information und des Rechts auf freie Meinungsäußerung, die entscheidende Meilensteine für Bürgerschaft und partizipative Demokratie und in Artikel 11 der Charta der Grundrechte verankert sind, zu schützen und zu fördern;
[...]
R. in der Erwägung, dass die Mitgliedstaaten die Pflicht haben, die Meinungsfreiheit, die Freiheit der Meinungsäußerung sowie die Informations- und Medienfreiheit auf Dauer zu fördern und zu schützen, da es sich um Grundsätze handelt, die auch in ihren Verfassungen und Gesetzen garantiert werden, und dass sie auch die Pflicht haben, dafür zu sorgen, dass die Bürger fairen und gleichberechtigten Zugang zu unterschiedlichen Informationsquellen und somit zu unterschiedlichen Standpunkten und Ansichten haben; in der Erwägung, dass sie darüber hinaus die Pflicht haben, Privat- und Familienleben, Wohnung und Kommunikation sowie die personenbezogenen Daten der Bürger zu achten und zu schützen, gemäß Artikel 7 und 8 der Charta; in der Erwägung, dass die Union auf der Grundlage seiner in den Verträgen und in der Charta verankerten Zuständigkeiten zum Schutz der europäischen demokratischen und pluralistischen Ordnung und der Grundrechte rechtzeitig und wirksam intervenieren muss, sollten diese Freiheiten ernsthaft gefährdet sein oder verletzt werden;

Und hier hat es noch eine Erläuterung zur Charta der Grundrechte aus 2007:
http://eur-lex.europa.eu/legal-content/DE/TXT/PDF/?uri=CELEX:32007X1214%2801%29&qid=1461951989838&from=DE

Erläuterung zu Artikel 11

Zitat
Freiheit der Meinungsäußerung und Informationsfreiheit
1.    Artikel 11 entspricht Artikel 10 EMRK, der wie folgt lautet:

1.  Jede Person hat das Recht auf freie Meinungsäußerung. Dieses Recht schließt die Meinungsfreiheit und die Freiheit ein, Informationen und Ideen ohne behördliche Eingriffe und ohne Rücksicht auf Staatsgrenzen zu empfangen und weiterzugeben. Dieser Artikel hindert die Staaten nicht, für Hörfunk-, Fernseh- oder Kinounternehmen eine Genehmigung vorzuschreiben.
2.  Die Ausübung dieser Freiheiten ist mit Pflichten und Verantwortung verbunden; sie kann daher Formvorschriften, Bedingungen, Einschränkungen oder Strafdrohungen unterworfen werden, die gesetzlich vorgesehen und in einer demokratischen Gesellschaft notwendig sind für die nationale Sicherheit, die
territoriale Unversehrtheit oder die öffentliche Sicherheit, zur Aufrechterhaltung der Ordnung oder zur Verhütung von Straftaten, zum Schutz der Gesundheit oder der Moral, zum Schutz des guten Rufes oder der Rechte anderer, zur Verhinderung der Verbreitung vertraulicher Informationen oder zur Wahrung der Autorität und der Unparteilichkeit der Rechtsprechung.

Nach Artikel 52 Absatz 3 der Charta hat dieses Recht die gleiche Bedeutung und Tragweite wie das durch die EMRK garantierte Recht. Die möglichen Einschränkungen dieses Rechts dürfen also nicht über die in Artikel 10 Absatz 2
vorgesehenen Einschränkungen hinausgehen, allerdings unbeschadet der Beschränkungen, die die Möglichkeit der Mitgliedstaaten, Genehmigungsregelungen nach Artikel 10 Absatz 1 Satz 3 der EMRK einzuführen, durch das Wettbewerbsrecht der Union erfahren kann.
2.    Absatz 2 dieses Artikels erläutert die Auswirkungen von Absatz 1 hinsichtlich der Freiheit der Medien. Er stützt sich insbesondere auf die Rechtsprechung des Gerichtshofs bezüglich des Fernsehens, insbesondere in der Rechtssache C-288/89 (Urteil vom 25. Juli 1991, Stichting Collectieve Antennevoorziening Gouda u. a.; Slg. 1991, I-4007), und auf das Protokoll über den öffentlich-rechtlichen Rundfunk in den Mitgliedstaaten, das dem EGV und nunmehr den Verträgen beigefügt ist, sowie auf die Richtlinie 89/552/EWG des Rates (siehe insbesondere Erwägungsgrund 17)

Einschränkungen dieses Rechts dürfen also nicht über die in Artikel 10 Absatz 2, EMRK, vorgesehenen Einschränkungen hinausgehen.
Titel: Re: Kleiner Ausflug zum Europarecht
Beitrag von: 907 am 01. Mai 2016, 19:11
Staatliche Beihilfen: Kommission ordnet Rückforderung unzulässiger Beihilfen von zyprischer Fluggesellschaft Cyprus Airways an

Im Oktober 2013 meldete Zypern Umstrukturierungsbeihilfen von 102,9 Mio. EUR für Cyprus Airways bei der Kommission zur Genehmigung an. Dieses Paket umfasste die Kapitalzuführung in Höhe von 31,3 Mio. EUR, eine Umwandlung von Unternehmensschulden in Eigenkapital im Volumen von 63 Mio. EUR sowie 8,6 Mio. EUR zur Deckung des Defizits des firmeneigenen Pensionsfonds für die Beschäftigten von Cyprus Airways. Im Februar 2014 leitete die Kommission eine eingehende Prüfung dieser Maßnahmen ein.
http://europa.eu/rapid/press-release_IP-15-3121_de.htm (http://europa.eu/rapid/press-release_IP-15-3121_de.htm)

Die Rundfunkanstalt sichert alle Renten über eine Rückdeckungsversicherung mit einem hierzu gemeinsam mit anderen Rundfunkanstalten zu gründenden, der Aufsicht des Bundesaufsichtsamtes für das Versicherungswesen (BAV) unterliegenden Versicherungsunternehmen ( Rückdeckungspensionskasse) ab.

muss ÖRR auch Beihilfen zur Deckung des Defizits der Pensionskasse anmelden oder nicht?
Titel: Re: Kleiner Ausflug zum Europarecht
Beitrag von: pinguin am 14. Mai 2016, 23:15
muss ÖRR auch Beihilfen zur Deckung des Defizits der Pensionskasse anmelden oder nicht?
Nach der neuen Beihilfe-Verordnung müssen alle Beihilfen gemeldet werden. Echten Bestandsschutz hat es nur noch für bestehende Beihilfen, die zu keinem Zeitpunkt nach erstmaliger Einführung geändert worden sind.
Titel: Re: Kleiner Ausflug zum Europarecht
Beitrag von: pinguin am 15. Mai 2016, 10:17
Die neue Datenschutzgrundverordnung, die hier im Forum schon einmal Gegenstand der Diskussion war, wurde am 04. Mai 2016 im EU-Amtsblatt veröffentlicht:

Zitat
VERORDNUNG (EU) 2016/679 [...] Datenschutz-Grundverordnung
http://eur-lex.europa.eu/legal-content/DE/TXT/?uri=uriserv:OJ.L_.2016.119.01.0001.01.DEU&toc=OJ:L:2016:119:TOC

Bereits wenige Tage zuvor erfolgte die Stellungnahme des Rates zu dieser Verordnung:

Zitat
STANDPUNKT (EU) Nr. 6/2016 DES RATES IN ERSTER LESUNG
http://eur-lex.europa.eu/legal-content/DE/TXT/?uri=uriserv:OJ.C_.2016.159.01.0001.01.DEU&toc=OJ:C:2016:159:TOC

Zitat
Begründung des Rates: Standpunkt (EU) Nr. 6/2016 des Rates in erster Lesung [...]
http://eur-lex.europa.eu/legal-content/DE/TXT/?uri=uriserv:OJ.C_.2016.159.01.0083.01.DEU&toc=OJ:C:2016:159:TOC
Titel: Re: Kleiner Ausflug zum Europarecht
Beitrag von: pinguin am 19. Mai 2016, 09:04
Die nochmalige Sichtung der Charta der Grundrechte der Europäischen Union wie auch der neuen Datenschutz-Grundverordnung brachte einige Erkenntnisse zutage:

Gemäß Artikel 6 des Vertrages über die Europäische Union gilt die Charta der Grundrechte der Europäischen Unuion nicht nur gleichrangig zu den Verträgen, die EU trat auch der Europäischen Konvention für Menschenrechte bei, die beide seit dem Vertrag von Lissabon allgemeiner Teil des europäischen Rechts sind, auf die sich jeder Bürger berufen kann.

Die Charta der Grundrechte der Europäischen Union ist verbindlich bei der Umsetzung europäischen Rechts einzuhalten, sei es bei der Umsetzung von Richtlinien in nationales Recht, (hier wären also Bund und Länder gefordert), wie auch bei der Anwendung unmittelbar gültiger Verordnungen, zu deren Umsetzung jede nationale Stelle in Eigenverantwortung verpflichtet ist.

Artikel 11 dieser Charta bestimmt zur Meinungs- und Informationsfreiheit, daß sich der Bürger frei von behördlichen Eingriffen informieren darf.

Artikel 54 geht noch einen sehr wichtigen Schritt und bestimmt, daß jede Einschränkung der von der Charta dem Bürger zugestandenen Grundrechte untersagt ist, so diese Einschränkung nicht von der Charta bereits selbst vorgesehen ist.

Artikel 11 der Charta wird von der Charta nicht eingeschränkt.

Die unmittelbar in jedem Mitgliedsland gültige Verordnung 45/2001 bestimmt in Artikel 18, daß der Bürger das Recht hat, der Weitergabe seiner personenbezogenen Daten zu widersprechen. Siehe hierzu auch EuGH C-201/14, das diese Aussage explizit bestätigt und es der Behörde untersagt, personenbezogene Daten des Bürgers weiterzugeben, wenn diese keine Gelegenheit bekam, vor der Weitergabe von seinem Widerspruchsrecht Gebrauch machen zu können.

Die neue unmittelbar in jedem Mitgliedsland gültige Datenschutz-Grundverordnung sieht gemäß Artikel 83 nicht nur für einen Verstoß gegen das Widerspruchsrecht, (hier Artikel 21), ein Mindestbußgeld von 20.000.000 Euro vor, sondern für alle Verstöße gegen die Artikel 12 bis 22.

Unternehmen werden mit mindestens 4% ihres weltweit erzielten Jahresumsatzes ebenso erfasst, wobei für Unternehmen der höhere Wert maßgebend ist.

Gemäß dem genannten Artikel 83 darf von den von der EU vorgegebenen Mindestbußgeldern nicht abgewichen werden.
Titel: Re: Kleiner Ausflug zum Europarecht
Beitrag von: pinguin am 20. Mai 2016, 14:31
Punkto Beihilfen hat es eine Klarstellung:

http://europa.eu/rapid/press-release_IP-16-1782_de.htm

Zitat
Die Bekanntmachung zum Begriff der staatlichen Beihilfe enthält Erläuterungen zu folgenden besonders wichtigen Punkten:

    Öffentliche Investitionen für den Bau oder die Modernisierung von Infrastruktur stellen keine staatliche Beihilfe dar, wenn die betreffende Infrastruktur nicht unmittelbar mit anderen Infrastrukturen der gleichen Art im Wettbewerb steht. Die Mitgliedstaaten können solche Vorhaben daher laut der Bekanntmachung durchführen, ohne dass sie vorher nach den EU-Beihilfevorschriften geprüft werden müssen. Dies ist in der Regel bei Straßen- und Eisenbahninfrastruktur, Binnenwasserstraßen sowie Wasserversorgungs- und Abwassernetzen möglich.

Im Gegensatz dazu stehen Infrastrukturen in Bereichen wie Energie, Breitband, Flughäfen oder Häfen häufig im Wettbewerb mit ähnlichen Infrastrukturen. Wenn in diesen Bereichen ein Vorhaben mit öffentlichen Mitteln finanziert wird, während konkurrierende Vorhaben ohne staatliche Förderung auskommen müssen, kann dies dem geförderten Vorhaben einen selektiven wirtschaftlichen Vorteil gegenüber nichtgeförderten Konkurrenzprojekten verschaffen. Daher müssen solche Finanzierungen vorab von der Kommission nach den EU-Beihilfevorschriften geprüft werden.

Der öffentlich-rechtliche Rundfunk steht in Wettbewerb zum privat-rechtlichen Rundfunk.
Titel: Re: Kleiner Ausflug zum Europarecht
Beitrag von: kolja am 20. Mai 2016, 14:50
Wenn ich mich nicht ganz täusche lauft derzeit auch ein Kartellverfahren gegen den Rundfunk wegen Wettbewerbsverzerrung.
Finde die Infos gerade leider nicht..
Titel: Re: Kleiner Ausflug zum Europarecht
Beitrag von: pinguin am 20. Mai 2016, 18:05
Wenn ich mich nicht ganz täusche lauft derzeit auch ein Kartellverfahren gegen den Rundfunk wegen Wettbewerbsverzerrung.
Das wäre keine Sache der EU, sondern Angelegenheit des Bundeskartellamtes. EU-seitig hat es noch "nur" evtl. Vertragsverletzungsverfahren bzw. Klagen vor dem EuGH gegen ein Mitgliedsland, das nachhaltig für die Verletzung europäischen Rechts verantwortlich ist und dazu passende von EU-Kommission wie EuGH verhängte Bußgelder.

Es hat Überlegungen, ein Bußgeld wegen Mißachtung europäischer Datenschutzbestimmungen im Wiederholungsfalle auf die komplette Jahressteuereinnahme der für die Mißachtung national verantwortlichen Stelle bzw. im Falle eines Unternehmens auf den vollständigen, weilweit erzielten Jahresumsatz auszuweiten.

Verletzt ist im Falle dt. ÖRR genug:
- Nichtumsetzung Richtlinie 2010/13/EU über audio-visuelle Mediendienste;
- Nichtbeachtung Artikel 18 der Datenschutzverordnung 45/2001 hinsichtlich Widerspruchsrecht der Bürger bezüglich der Weitergabe zwecks Weiterverarbeitung der personenbezogenen Daten;
- Mißachtung EuGH C-201/14 hinsichtlich Datenschutz;
- Nichtbeachtung der Artikel 11 und 54 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union, die bei Umsetzung europäischen Rechts gemäß Artikel 6 des Vertrages über die Europäische Union von jeder nationalen Stelle eigenverantwortlich einzuhalten ist;
- Nichtbeachtung des Vertrages über die Arbeitsweise der Europäischen Union hinsichtlich der durch die Nichtumsetzung der Richtlinie 2010/13/EU *** verfehlten Zielsetzung der EU, Artikel 288 AEUV;
- Nichtbeachtung Protokoll 29 zum AEUV betreffs ÖRR, weil dieses 
Zitat
das dem gemeinsamen Interesse zuwiderläuft,
nicht zulässig ist.

Gemeinsames Interesse wird nicht nur im AEUV selber festgehalten, sondern auch in der Charta der Grundrechte und allen unmittelbar gültigen Verordnungen, wie sie bspw. in den Datenschutzbestimmungen fixiert sind.
Titel: Re: Kleiner Ausflug zum Europarecht
Beitrag von: pinguin am 22. Mai 2016, 09:32
http://europa.eu/rapid/press-release_IP-16-1799_de.htm

Zitat
Mit dem Inkrafttreten des Vertrags von Lissabon am 1. Dezember 2009 wurde die Charta der Grundrechte der Europäischen Union rechtsverbindlich

https://e-justice.europa.eu/content_eu_law-3-de.do

Zitat
Die beiden wichtigsten Quellen des EU-Rechts sind das Primärrecht und das abgeleitete Recht.

Das Primärrecht besteht aus den Verträgen, die den Rechtsrahmen der Europäischen Union festlegen. [...]

Das besondere Merkmal des EU-Rechts besteht darin, dass es vor den Gerichten der EU-Mitgliedstaaten unmittelbar geltend gemacht und durchgesetzt werden kann (es entfaltet „unmittelbare Wirkung“) und dass Gesetze der EU-Mitgliedstaaten als unwirksam gelten, wenn sie mit dem EU-Recht nicht vereinbar sind (Grundsatz des „Vorrangs der höherrangigen Norm“).


http://eur-lex.europa.eu/legal-content/DE/TXT/?uri=celex%3A12012M%2FTXT

Zitat
Artikel 6

(ex-Artikel 6 EUV)

(1) Die Union erkennt die Rechte, Freiheiten und Grundsätze an, die in der Charta der Grundrechte der Europäischen Union vom 7. Dezember 2000 in der am 12. Dezember 2007 in Straßburg angepassten Fassung niedergelegt sind; die Charta der Grundrechte und die Verträge sind rechtlich gleichrangig.

Die Charta der Grundrechte der Europäischen Union ist damit, weil gleichrangig zu den Verträgen selber, Primärrecht und muß national unmittelbar von jeder Stelle eingehalten werden, die europäische Rechtsakte umsetzt.

Nochmals sei hier darauf hingewiesen, daß die Finanzierung des dt. öffentlich-rechtlichen Rundfunks europäisches Recht wie Grundrecht bricht, so die Artikel 11 und Artikel 54 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union nicht eingehalten werden.

http://eur-lex.europa.eu/legal-content/DE/TXT/HTML/?uri=CELEX:12012P/TXT&from=EN

Zitat
Artikel 11
Freiheit der Meinungsäußerung und Informationsfreiheit

(1)   Jede Person hat das Recht auf freie Meinungsäußerung. Dieses Recht schließt die Meinungsfreiheit und die Freiheit ein, Informationen und Ideen ohne behördliche Eingriffe und ohne Rücksicht auf Staatsgrenzen zu empfangen und weiterzugeben.

(2)   Die Freiheit der Medien und ihre Pluralität werden geachtet.

[...]

Zitat
Artikel 52

Tragweite und Auslegung der Rechte und Grundsätze

(1)   Jede Einschränkung der Ausübung der in dieser Charta anerkannten Rechte und Freiheiten muss gesetzlich vorgesehen sein und den Wesensgehalt dieser Rechte und Freiheiten achten. Unter Wahrung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit dürfen Einschränkungen nur vorgenommen werden, wenn sie erforderlich sind und den von der Union anerkannten dem Gemeinwohl dienenden Zielsetzungen oder den Erfordernissen des Schutzes der Rechte und Freiheiten anderer tatsächlich entsprechen.
[...]

Zitat
Artikel 53

Schutzniveau

Keine Bestimmung dieser Charta ist als eine Einschränkung oder Verletzung der Menschenrechte und Grundfreiheiten auszulegen, die in dem jeweiligen Anwendungsbereich durch das Recht der Union und das Völkerrecht sowie durch die internationalen Übereinkünfte, bei denen die Union oder alle Mitgliedstaaten Vertragsparteien sind, darunter insbesondere die Europäische Konvention zum Schutz der Menschenrechte und Grundfreiheiten, sowie durch die Verfassungen der Mitgliedstaaten anerkannt werden.

Zitat
Artikel 54

Verbot des Missbrauchs der Rechte

Keine Bestimmung dieser Charta ist so auszulegen, als begründe sie das Recht, eine Tätigkeit auszuüben oder eine Handlung vorzunehmen, die darauf abzielt, die in der Charta anerkannten Rechte und Freiheiten abzuschaffen oder sie stärker einzuschränken, als dies in der Charta vorgesehen ist.

Die Charta enthält keine Einschränkung zu Artikel 11.

Eine der Zielsetzungen der noch immer nicht in nationales Recht umgesetzten Richtlinie 2010/13/EU über audio-visuelle Mediendienste ist, daß die Bestimmungen der Richtlinie  2005/29/EG über unlautere Geschäftspraktiken auch zwischen Verbrauchen und Unternehmen im Bereich der Mediendienste gelten sollen.

Die dem Bürger auferlegte Einschränkung, sich seine Informationsquellen nicht frei von behördlicher Einwirkung aussuchen zu dürfen, kollidiert nicht nur den Grundrechten der Union sondern auch mit deren Zielsetzung.
Titel: Re: Kleiner Ausflug zum Europarecht
Beitrag von: pinguin am 24. Mai 2016, 15:32
Das Thema wird jetzt eingestellt, von mir nicht weiter gepflegt; hab' es jetzt schriftlich, daß die EU machen kann, was sie will, denn es interessiert außer der EU eh niemanden.
Titel: Re: Kleiner Ausflug zum Europarecht
Beitrag von: PersonX am 24. Mai 2016, 15:56
Das Thema wird jetzt eingestellt, von mir nicht weiter gepflegt; hab' es jetzt schriftlich, daß die EU machen kann, was sie will, denn es interessiert außer der EU eh niemanden.

Könnte bitte noch erklärt werden, wie das gemeint sei, "hab' es jetzt schriftlich", Urteil, Beschluss, Gesetzestext, sonstiges?
Titel: Re: Kleiner Ausflug zum Europarecht
Beitrag von: Roggi am 24. Mai 2016, 16:20
Das Problem ist nicht,  dass es nicht von Interesse wäre, das Problem liegt eher darin, dass man nicht zur EU vordringen kann. Wenn z.B. in meiner Klage gegen all die Gesetzesverstösse gegen EU-Richtlinien die Argumente vom VG als nicht existent beurteilt werden, bleibt nichts anderes übrig, als abzuwarten, wie das BverfG entscheidet. Bis dahin ist ein langer Weg. Neue Argumente können in einer Berufung nicht gegen den RBStV vorgebracht werden, aber in jeder neuen Klage sind neue Argumente wichtig.
Titel: Re: Kleiner Ausflug zum Europarecht
Beitrag von: pinguin am 24. Mai 2016, 18:03
Könnte bitte noch erklärt werden, wie das gemeint sei, "hab' es jetzt schriftlich", Urteil, Beschluss, Gesetzestext, sonstiges?
Schriftlich und offiziell, aber unter "Sonstiges" einzusortieren.

@roggi
Das Problem IST Desinteresse an allen europäischen Belangen, sofern es nicht gerade um den Bezug von EU-Fördermitteln geht, denn da weiß man dann schon, was EU-Recht ist.

Sorry, ist gerade mein Eindruck.

Wieso behauptest Du übrigens noch immer, daß man nicht zur EU vordringen könnte? Es wurden in diesem Thema dafür "tausende" Möglichkeiten genannt; völlig legal von jedem Bürger zu beschreiten.
Titel: Re: Kleiner Ausflug zum Europarecht
Beitrag von: Kurt am 24. Mai 2016, 18:10
@pinguin: fände es schade wenn Du "das Buch zumachst"!

Deine Beiträge sind doch eine wertvolle Quelle und Hilfestellung!

Gruß
Kurt
Titel: Re: Kleiner Ausflug zum Europarecht
Beitrag von: Bürger am 25. Mai 2016, 01:56
Es wurden in diesem Thema dafür "tausende" Möglichkeiten genannt; völlig legal von jedem Bürger zu beschreiten.

Vielleicht wäre dies ein guter Anlass, diese einmal kurz, übersichtlich und leicht verständlich zusammenzufassen...?

Ich gestehe nämlich, dass ich trotz Verfolgen dieses und thematisch tangierender Threads keinen Überblick (mehr?) darüber habe... :-[

Vielleicht also mal aus dem
"Kleinen Ausflug zum Europarecht"
ein neuer Thread
"Kleine Zusammenfassung zu Europarechtlichen Angriffswegen durch den gemeinen Bürger"
...oder so ähnlich? ;)

Danke.
Titel: Re: Kleiner Ausflug zum Europarecht
Beitrag von: koybott am 01. Juni 2016, 11:31
Danke Bürger für deinen Vorschlag einer "Erkenntniszusammenfassung" dieses nun 189 Beiträge-langen Threads, den ich gerne nochmal aufgreifen und unterstützen möchte.

Nachdem zuvor bereits in dem parallelen, mittlerweile 265 Beiträge-langen Thema "KLAGE nach Europarecht - Ende der ARD-ZDF-GEZ Belästigung?" mein ähnlicher Vorschlag anscheinend untergegangen ist:

Ist es legitim, wenn ich nach der 17-seitigen, hybriden Diskussion (neben den verschiedenen weiteren in den parallelen EU-Threads) ein Resumee als Zwischenfazit der bisherigen Beiträge vorschlage bzw. erfrage?

In der Art, dass die jeweiligen Angriffspunkte des Rundfunkbeitrag nach EU Recht jeweils knapp mit der entsprechenden Rechtsnorm und kurzen Argumentation aufgeführt werden?
(- X
- Y
- Z
- etc.)

Nicht jedem vermag die tiefere juristische Auseinandersetzung mit dieser Materie wie in den bisherigen Beiträgen in dieser Detailiertheit möglich sein. Insbesondere die vielen unterschiedlichen Ansatzpunkte, die zudem über die vielen in den Beiträgen gesetzen Links zu darüberhinaus weiterführenden rechtlichen Details führen, machen das Anliegen, Argumente nach EU-Recht in eigene Begründungen zu übernehmen, abschreckend komplex.
 
Deshalb denke ich dass sich viele User über eine vereinfachte Übersicht zum Nutzen für die entsprechenden eigenen Widerspruch- und Klagebegründungen freuen würden.

Vielleicht hat einer von euch ja dazu die Möglichkeit  :angel:
KLAGE nach Europarecht - Ende der ARD-ZDF-GEZ Belästigung?
http://gez-boykott.de/Forum/index.php/topic,15317.msg111294.html#msg111294

Vielen Dank schon mal im Voraus an alle die sich angesprochen fühlen  ^^  ;)
Titel: Re: Kleiner Ausflug zum Europarecht
Beitrag von: pinguin am 01. Juni 2016, 15:25
In der Art, dass die jeweiligen Angriffspunkte des Rundfunkbeitrag nach EU Recht jeweils knapp mit der entsprechenden Rechtsnorm und kurzen Argumentation aufgeführt werden?
Mit der in vielen Bereichen der Gesellschaft vorhandenen Separierungsmanie funzt das nicht; es muß interdisziplinär zusammen betrachtet werden.
Titel: Re: Kleiner Ausflug zum Europarecht
Beitrag von: pinguin am 01. Juni 2016, 17:31
@koybott @bürger

Europäisches Primärrecht:

Vertrag über die Europäische Union;
Artikel 6 zur Gültigkeit der Charta der Grundrechte der Europäischen Union;

Charta der Grundrechte der Europäischen Union;
- Artikel 11 zur Meinungs- und Informationsfreiheit, wonach der Bürger das Recht hat, sich bspw. ohne behördliche Einwirkung informieren zu können;
- Artikel 52 zur Tragweite der Rechte;
- Artikel 54 zum Verbot, Einschränkungen vorzunehmen, die nicht von der Charta selber vorgesehen sind;

Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union;
- Artikel 3 zur alleinigen Regelungsbefugnis der EU im europäischen Binnenmarkt;
- Artikel 288 zur Geltung europäischer Bestimmungen;

Europäisches Sekundärrecht:

- u.a. Richtlinie 2010/13/EU über audiovisuelle Mediendienste, die nicht in nationales Recht umgesetzt worden ist;
- Verordnung 45/2001 zum Datenschutz, Artikel 18 zum Widerspruchsrecht;
- auch Verordnung (EU) 2016/679, die am 24. Mai 2016 in Kraft trat;
Titel: Re: Kleiner Ausflug zum Europarecht
Beitrag von: koybott am 06. Juni 2016, 09:14
Danke Dir Pinguin für diesen ersten Leitfaden  :)


Einen weiteren Ansatzpunkt basierend auf den aktuellen Entscheidungen des BVerwG schildert Harald Simon gerade in seinem "Blog":
Zitat
Die Aussage des Bundesverwaltungsgerichts bei den bereits entschiedenen Verfahren, dass man die Rundfunknutzung nicht sicher feststellen könnte, wird durch die eIDAS-Verordnung der EU sowieso konterkarrikiert (eIDAS-Übersicht als PDF: https://www.bundesdruckerei.de/digitalisierung/system/files_force/160524_bdr_whitepaper_eidas.pdf). Dazu gehören sichere Prozesse der Identifikation (https://ec.europa.eu/digital-single-market/en/e-identification) der Internetnutzer, für die in Deutschland der aktuelle Personalausweis genutzt werden kann. Wenn die deutschen Gerichte das für den Rundfunk weiterhin negieren, stehen sie eigentlich eindeutig dem Wettbewerb im Weg und ermöglichen so möglicherweise ein neues Untersuchungsverfahren der EU. Das ist insofern bedeutsam, da die EU Streaminganbietern wie Amazon oder Netflix ggf. vorschreiben will, Investitionen einen bestimmten Anteil von europäischen Produktionen (http://www.zeit.de/digital/internet/2016-05/streamingdienste-eu-kommission-verpflichtung-europaeische-filme-sortiment) zu tätigen. Der Rundfunkbeitrag verzerrt die Kostensituation auch in diesem Bereich, da ARD und ZDF auch Filmförderung betreiben.
https://wohnungsabgabe.de/aktuelles20160605.html
Titel: Re: Kleiner Ausflug zum Europarecht
Beitrag von: pinguin am 07. Juni 2016, 08:23
Danke Dir für diesen ersten Leitfaden  :)
Die jeweils aktuellste Fassung der Verträge wie auch die Charta hat es in dieser PDF vom 07. Juni 2016: http://eur-lex.europa.eu/legal-content/DE/TXT/PDF/?uri=OJ:C:2016:202:FULL&from=DE

Titel: Re: Kleiner Ausflug zum Europarecht
Beitrag von: marga am 09. Juni 2016, 11:23
Hallo @Pinguin,
nach der am 25.05.2018 in Kraft tretenden EU-Datenschutzreform steht in Artikel 14 folgendes:

Informationspflicht, wenn die personenbezogenen Daten nicht bei der betroffenen Person erhoben wurden
(1)   Werden personenbezogene Daten nicht bei der betroffenen Person erhoben, so teilt der Verantwortliche der betroffenen Person Folgendes mit:
a)   den Namen und die Kontaktdaten des Verantwortlichen sowie gegebenenfalls seines Vertreters;
b)   zusätzlich die Kontaktdaten des Datenschutzbeauftragten;
c)   die Zwecke, für die die personenbezogenen Daten verarbeitet werden sollen, sowie die Rechtsgrundlage für die Verarbeitung;
d)   die Kategorien personenbezogener Daten, die verarbeitet werden;

etc.
Der nach dem 19. Rundfunkänderungsstaatsvertrag wiederholte Meldedatenabgleich aller Bürger in der BRD, welcher ab 2018 erfolgt, enthält bis dato nicht die Umsetzung der EU-Datenschutzreform. Könnte der hier beschriebene Artikel 14 der EU-Datenschutzreform für den Bürger ein Angriffspunkt sein? Im 19. Rundfunkänderungsstaatsvertrag wird darauf meines Wissens nicht geachtet, derweil der Abgriff vom jeweiligen zuständigen Meldeamt erfolgt und nicht beim betroffenen Bürger.

LINK zur EU-Datenschutzreform:

http://eur-lex.europa.eu/legal-content/DE/TXT/?uri=uriserv:OJ.L_.2016.119.01.0001.01.DEU&toc=OJ:L:2016:119:TOC
+++
Titel: Re: Kleiner Ausflug zum Europarecht
Beitrag von: pinguin am 09. Juni 2016, 21:34
@marga

Zum gefühlt millionsten Mal -> Artikel 11 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union -> verbindlich gemäß Artikel 6 des Vertrages über die Europäische Union-> hat der Bürger im Bereich Meinungs- und Informationsfreieht, daß Recht, ohne behördliche Einwirkung ...

Ich verstehe nicht, wie jemand mit dem Datenschutz kommt, aber schon das Grundrecht nicht wahrnehmen will.

Ihr wurschtelt Euch durch niedere Gerichte, obwohl es mit Artikel 11 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union den Punkt hat, alles zu kippen.

Nicht einer von Euch kommt auf die Idee, beim Bundesverfassungsgericht eine Beschwerde ob der Verletzung europäischen Grundrechts vorzulegen.

Es wäre eine Bloßstellung des Bundes par excellence, würde das BVerfG diese Beschwerde übergehen und darüberhinaus Zeichend afür, daß Deutschland von Europa nix hält.
Titel: Re: Kleiner Ausflug zum Europarecht
Beitrag von: marga am 10. Juni 2016, 15:59

Ihr wurschtelt Euch durch niedere Gerichte, obwohl es mit Artikel 11 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union den Punkt hat, alles zu kippen.

Nicht einer von Euch kommt auf die Idee, beim Bundesverfassungsgericht eine Beschwerde ob der Verletzung europäischen Grundrechts vorzulegen.

Es wäre eine Bloßstellung des Bundes par excellence, würde das BVerfG diese Beschwerde übergehen und darüberhinaus Zeichend afür, daß Deutschland von Europa nix hält.

@Pinguin
In Ordnung. Das könnte man(n) Frau so unterschreiben.

Zur Info: In der neuen Datenschutzgrundverordnung wird (von mir nocht nicht ganz verinnerlicht) nur noch von

 ---  W A R E N  und  D I E N S T L E I S T U N G E N --- zitiert.

Das Wort Rundfunk existiert nicht in der Verordnung.

LINK zur neuen Datenschutzgrundverordnung:

http://eur-lex.europa.eu/legal-content/DE/TXT/?uri=uriserv:OJ.L_.2016.119.01.0001.01.DEU&toc=OJ:L:2016:119:TOC
+++
Titel: Re: Kleiner Ausflug zum Europarecht
Beitrag von: Roggi am 10. Juni 2016, 17:17
Rundfunk ist eine Dienstleistung, das wurde im Thema zu den europarechtlichen Klageargumenten schon bewiesen. Demzufolge sind alle Richtlinien, die Dienstleistungen betreffen, auch auf den Rundfunk anzuwenden.
Titel: Re: Kleiner Ausflug zum Europarecht
Beitrag von: marga am 10. Juni 2016, 19:07
Rundfunk ist eine Dienstleistung, das wurde im Thema zu den europarechtlichen Klageargumenten schon bewiesen. Demzufolge sind alle Richtlinien, die Dienstleistungen betreffen, auch auf den Rundfunk anzuwenden.

@Roggi

Vielen Dank für die exakte Klarstellung meines Hinweises.
+++
Titel: Re: Kleiner Ausflug zum Europarecht
Beitrag von: pinguin am 10. Juni 2016, 22:06
@marga

Wie Roggi schreibt, ist Rundfunk eine Dienstleistung, da für die EU alle Unternehmen entweder Waren oder Dienstleistungen an die Bürger zu verbringen suchen. Da eine Ware lt. gängiger Erfahrung anfaßbar sein muß, bleibt nur die Einsortierung als Dienstleistung übrig.
Titel: Re: Kleiner Ausflug zum Europarecht
Beitrag von: boykott2015 am 10. Juni 2016, 23:01
@marga

Zum gefühlt millionsten Mal -> Artikel 11 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union -> verbindlich gemäß Artikel 6 des Vertrages über die Europäische Union-> hat der Bürger im Bereich Meinungs- und Informationsfreieht, daß Recht, ohne behördliche Einwirkung ...

Daraus folgt, dass wenn man das "Recht, ohne behördliche Einwirkung" nimmt, dann wird man zum Verbraucher. Mit dazugehörigen Verbraucherrechten.

RBStV und andere Verträge nehmen dieses Recht ab. Man hat per Staatsvertrag festgelegt, dass nur eine Rechtsverbindung besteht: Schuldverhältnis. Man ist Beitragsschuldner, ohne Rechte. Obwohl Artikel 11 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union die bessere Rolle des Verbrauchers mit Privatautonomie bietet.

Nach RBStV wird man nie zu einem Verbraucher gegenüber einer Landesrundfunkanstalt, auch wenn man will. Deswegen kann man auch keine Verbraucherrechte gegenüber der Landesrundfunkanstalt durchsetzen.
Titel: Re: Kleiner Ausflug zum Europarecht
Beitrag von: pinguin am 11. Juni 2016, 17:46
@boykott2015
Schau doch in die Rundfunkverträge einmal hinein; wetten, daß Du da Wörter wie "Verbraucher" finden wirst?

Darüberhinausgehend ist auch Dir nicht klar, daß Artikel 11 der Charta der Grundrechte der EU ein Grundrecht darstellt, gleichwertig zu den Bestimmungen des Grundgesetzes, bspw. Artikel 2 und 5, und es eben nicht zulässig ist, daß dieses Grundrecht zur Meinungs- und Informationsfreiheit eingeschränkt wird. Es sind nur jene Einschränkungen zulässig, die die Charta selber vorsieht, oder die in Übereinstimmung zu den Zielen der EU erfolgen.
Titel: Re: Kleiner Ausflug zum Europarecht
Beitrag von: pinguin am 17. Juni 2016, 21:25
Die EU-Kommission verklagt DEUTSCHLAND vor dem EU-Gerichtshof wegen Verstoßes gegen die Verpflichtung zur loyalen Zusammenarbeit.

http://europa.eu/rapid/press-release_MEMO-16-2097_de.htm
Zitat
3. Mobilität und Verkehr

(Weitere Informationen: Jakub Adamowicz – Tel.: +32 229-50595, Alexis Perier – Tel.: +32 229-69143)

 

Klagen beim Gerichtshof der Europäischen Union

Eisenbahnverkehr: Kommission verklagt DEUTSCHLAND vor dem EU-Gerichtshof wegen Verstoßes gegen die Verpflichtung zur loyalen Zusammenarbeit

Die Europäische Kommission hat heute beschlossen, Deutschland wegen des Verhaltens der deutschen Behörden auf der 25. Tagung des Revisionsausschusses der Zwischenstaatlichen Organisation für den internationalen Eisenbahnverkehr (OTIF) am 25. und 26. Juni 2014 in Bern beim Gerichtshof der Europäischen Union zu verklagen. Auf dieser Tagung stimmte Deutschland gegen zwei der vorgeschlagenen Änderungen des Übereinkommens über den internationalen Eisenbahnverkehr (COTIF). Es stellte sich damit gegen den in dem Beschluss 2014/699/EU des Rates festgelegten Standpunkt der Europäischen Union und distanzierte sich öffentlich von der im Sinne dieses Beschlusses abgegebenen Stimme. In einem der beiden Fälle, in dem die Union laut diesem Beschluss stimmberechtigt war und von diesem Recht auch Gebrauch machte, wurde die Ausübung dieses Stimmrechts von Deutschland öffentlich in Frage gestellt. Durch dieses Verhalten hat Deutschland gegen seine sich aus diesem Ratsbeschluss ergebenden Verpflichtungen sowie gegen seine Verpflichtungen aus Artikel 4 Absatz 3 des Vertrags über die Europäische Union verstoßen, in dem der Grundsatz der loyalen Zusammenarbeit verankert ist. Deutschland schwächte damit den Standpunkt der Union in ihren Gesprächen mit den internationalen Partnern. Weitere Informationen hierzu in der vollständigen Pressemitteilung.
Titel: Re: Kleiner Ausflug zum Europarecht
Beitrag von: pinguin am 28. Juni 2016, 08:50
Es hat was Neues.

http://eur-lex.europa.eu/legal-content/DE/TXT/?uri=uriserv:OJ.C_.2016.232.01.0003.01.DEU&toc=OJ:C:2016:232:TOC

Das Verwaltungsgericht Berlin reichte an den EuGH ein Vorabersuchen ein, in dem es auch um die Klärung von beamtenrechtlichen Dingen geht. Das Verwaltungsgericht Berlin weiß also schon, daß auch die nationalen Beamten dem EU-Beamtenrecht unterstehen, denn wäre es nicht so, würde kein derartiges Vorabentscheidungsersuchen gestellt. Es darf an dieser Stelle schlicht unterstellt werden, daß auch andere Gerichte um diesen Umstand wissen.

Für alle nationalen Beamten und Mitarbeiter staatlicher Stellen gilt das Statut der Beamten der Europäischen Union.
Titel: Re: Kleiner Ausflug zum Europarecht
Beitrag von: mullhorst am 06. Juli 2016, 14:19
Noch zum Thema Beihilfeverordnung:
Nach einem aktuell vorliegenden Schreiben von der EU Kommission GD Wettbewerb besteht  kein Handlungsbedarf

http://gez-boykott.de/Forum/index.php/topic,18434.msg126088.html#msg126088 (http://gez-boykott.de/Forum/index.php/topic,18434.msg126088.html#msg126088)
Titel: Re: Kleiner Ausflug zum Europarecht
Beitrag von: pinguin am 06. Juli 2016, 17:05
@mullhorst

Das nationale Rundfunkfinanzierungssystem berührt nicht nur den Bereich "Wettbewerb", sondern auch den der europäischen Grundrechte, die in der verbindlichen Charta der Grundrechte der Europäischen Union fixiert sind.

Einmal mehr wird auf Artikel 11, 52 und 54 der Charta verwiesen.
Titel: Re: Kleiner Ausflug zum Europarecht
Beitrag von: mullhorst am 06. Juli 2016, 17:17
@pinguin

Wurde in Beschwerde angesprochen (siehe o.g. Link) Hierzu hat sich die EU-Kommission jedoch überhaupt nicht geäussert.
Ich nehme an dass seitens der EU das gleiche kommt wie von unseren Gerichten. Einfach zum . . .
Titel: Re: Kleiner Ausflug zum Europarecht
Beitrag von: pinguin am 07. Juli 2016, 10:43
Schon gewusst?

Es hatte ein Vertragsverletzungsverfahren zum Datenschutz;
EuGH C-518/07
http://curia.europa.eu/juris/document/document.jsf?text=Informationsfreiheit&docid=79752&pageIndex=0&doclang=DE&mode=req&dir=&occ=first&part=1&cid=691888#ctx1

Auszug aus Rz. 3
Zitat
Für die Errichtung und das Funktionieren des Binnenmarktes [...] ist es [...] erforderlich [...], dass die Grundrechte der Personen gewahrt werden.

Rz. 58
Zitat
Die Bundesrepublik Deutschland hat gegen ihre Verpflichtungen aus Art. 28 Abs. 1 Unterabs. 2 der Richtlinie 95/46/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 24. Oktober 1995 zum Schutz natürlicher Personen bei der Verarbeitung personenbezogener Daten und zum freien Datenverkehr verstoßen, indem sie die für die Überwachung der Verarbeitung personenbezogener Daten durch nichtöffentliche Stellen und öffentlich-rechtliche Wettbewerbsunternehmen zuständigen Kontrollstellen in den Bundesländern staatlicher Aufsicht unterstellt und damit das Erfordernis, dass diese Stellen ihre Aufgaben „in völliger Unabhängigkeit“ wahrnehmen, falsch umgesetzt hat.

Die Charta der Grundrechte der Europäischen Union wurde in 2009, also im Zeitraum von Klageeinreichung bis Urteil gemäß Artikel 6 des Vertrages über die Europäische Union verbindlich.
Titel: Re: Kleiner Ausflug zum Europarecht
Beitrag von: mullhorst am 07. Juli 2016, 12:26
Sehr Interessant
Zitat
Das Bundesverfassungsgericht hat die Entstehung des privaten Rundfunks nur unter der Bedingung gebilligt, dass es einen wettbewerbsfähigen öffentlich-rechtlichen Rundfunk gibt, an dessen Programm im Interesse des Gemeinwohls höhere Anforderungen gestellt werden können und müssen.
http://daserste.ndr.de/ard_check/fragen/Aufgabe-und-Funktion-des-oeffentlich-rechtlichen-Rundfunks-der-ARD,antworten104.html (http://daserste.ndr.de/ard_check/fragen/Aufgabe-und-Funktion-des-oeffentlich-rechtlichen-Rundfunks-der-ARD,antworten104.html)

ARD und ZDF stehen im Wettbewerb zueinander. Demnach müßte der örr zu öffentlich rechtlichen Wettbewerbsunternehmen gehören.
Da meine Beschwerde nur ungenügend beantwortet wurde werde ich das mal schön mit einbringen.
Danke @Pinguin
Auch meine demnächst bevorstehende Klage in 1. Instanz werde ich vollpacken mit EU-Verstößen.
Sollte noch jemand unwiderlegbare Verstöße gegen EU-Recht kennen dann bitte posten

VLG

Titel: Re: Kleiner Ausflug zum Europarecht
Beitrag von: mullhorst am 11. Juli 2016, 13:15
Es geht in die 2. Runde

Was könnte noch hinzugefügt werden oder gestrichen werden

Zitat
An die Europäische Kommission
Generalsekretär
1049 Bruxelles/Brussel
BELGIEN



Vielen Dank für Ihre Antwort vom 23 Juni 2016 auf mein Schreiben vom 03 Juni 2016.
Das nationale Rundfunkfinanzierungssystem berührt jedoch nicht nur den Bereich "Wettbewerb", sondern auch den der europäischen Grundrechte, die in der verbindlichen Charta der Grundrechte der Europäischen Union fixiert sind.

Betreffend: Beschwerde bezüglich  öffentlich-rechtlicher Rundfunk und dessen Finanzierung im Mitgliedstaat Bundesrepublik Deutschland

Beihilfe HT.2117
COMP C4/AH/jfp D(2016) 059898

In Ihrem Schreiben beziehen Sie sich lediglich auf das Thema Beihilfe.


Sie schreiben dort:

"Die Umstellung der Gebühr von einer gerätebezogenen zu einer haushaltsbezogenen Abgabe gibt keinen Anlass zu einer neuen beihilferechtlichen Bewertung des Systems des öffentlich-rechtlichen Rundfunks in Deutschland."

Können Sie mir diese Einschätzung vor dem Hintergrund folgender Stellungsnahmen der EU-Kommission erläutern?

Im sogenannten Beihilfekompromiss vom 24.April 2007 hat die EU-Kommission festgestellt:
"(203)
Erstens wirkte sich die Reform des Rundfunkgebührensystems nach einem Urteil des Bundesverfassungsgerichts aus den Jahren 1968/1969 (demzufolge die Länder und nicht der Bund für Medien- und Rundfunkangelegenheiten zuständig sind) weder auf den Tatbestand aus, der die Pflicht zur Gebührenzahlung begründet (d. h. den Besitz eines Rundfunkempfangsgerätes), noch änderte sich dadurch der Kreis der Gebührenempfänger (d. h. die einzelnen öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten). Auch an dem Zweck der Gebühren änderte sich nichts (d. h. Finanzierung des öffentlich-rechtlichen Auftrags). Die Reform führte lediglich zu einer Änderung der Verfahren für den Gebühreneinzug – die ein integraler und nicht abtrennbarer Bestandteil der Finanzierungsregelung sind – und ist daher als eine Änderung rein verwaltungstechnischer Art zu werten."

Sie begründete also 2007, dass Änderungen/Reformen des Rundfunkgebührensystems bis dato als Altbeihilfen einzustufen waren u.a. damit, dass es keine Auswirkung auf den Tatbestand, der die Pflicht zur Gebührenzahlung begründet, gegeben hatte, nämlich den Besitz eines Rundfunkempfangsgerätes.

Genau dies hat sich aber nun geändert:
Mit der neuen Regelung 2013 wurde aus einer geräteabhängigen Gebühr ein haushalts- und betriebsbezogener sogenannter Rundfunkbeitrag. Die bisherige GEZ-Gebühr musste nur bezahlen, wer ein Rundfunkgerät besaß. Den neuen sogenannten Rundfunkbeitrag muss jeder Haushalt entrichten, unabhängig davon, ob tatsächlich ein Fernseher, Radio oder PC vorhanden ist. Beitragspflichtig sind seit 2013 auch Zweit-und Nebenwohnungen sowie privat genutzte Ferienwohnungen. Wer eine Zweitwohnung oder ein Ferienhaus besitzt, zahlt jetzt auch dafür, selbst wenn dort gar kein Fernseher vorhanden ist.

In "Mitteilung der Kommission über die Anwendung der Vorschriften über staatliche Beihilfen auf den öffentlich-rechtlichen Rundfunk", 27.10.2009, C 257/1 heisst es:
"30.
Gemäß dem Urteil in der Rechtssache Gibraltar  (30) ist nicht jede geänderte bestehende Beihilfe als neue Beihilfe anzusehen. Das Gericht erster Instanz stellte fest: „Daher wird die ursprüngliche Regelung durch die Änderung nur dann in eine neue Beihilferegelung umgewandelt, wenn die Änderung sie in ihrem Kern betrifft. Um eine derartige wesentliche Änderung kann es sich jedoch nicht handeln, wenn sich das neue Element eindeutig von der ursprünglichen Regelung trennen lässt.“
31.
Unter Berücksichtigung der vorstehenden Erwägungen prüft die Kommission in ihrer Entscheidungspraxis im Allgemeinen, 1) ob es sich bei der ursprünglichen Finanzierungsregelung für öffentlich-rechtliche Rundfunkanstalten um eine bestehende Beihilfe im Sinne der Randnummern 26 und 27 handelt, 2) ob spätere Änderungen die ursprüngliche Maßnahme in ihrem Kern betreffen (d. h. die Art des Vorteils oder die Finanzierungsquelle, das Ziel der Beihilfe, den Kreis der Begünstigten oder die Tätigkeitsbereiche der Begünstigten) oder ob es sich dabei um rein formale oder verwaltungstechnische Änderungen handelt und 3) ob sich die späteren Änderungen, sofern sie wesentlicher Natur sind, von der ursprünglichen Maßnahme trennen lassen, so dass sie getrennt beurteilt werden können, oder ob sie sich von der ursprünglichen Maßnahme nicht trennen lassen, so dass die ursprüngliche Maßnahme insgesamt zu einer neuen Beihilfe wird."

Die Finanzierungsquelle hat sich geändert:
bis 31.12.2012: alle "Besitzer eines Rundfunkempfangsgerätes" (s. EU-Kommission, Staatliche Beihilfe E 3/2005, 24.4.2007)
ab 1.1.2013: alle Wohnungsinhaber (s. 15.RBStV, §2, https://www.rundfunkbeitrag.de/e175/e800/15terRundfunkbeitragsstaatsvertrag.pdf )

Die EU-Kommission hat bereits mit der Entscheidung v. 24.4.2007 (Beihilfen-Verfahren E 3/2005)  bereits festgestellt, dass nicht von einer bestehenden Beihilfe mehr ausgegangen werden kann, wenn sich der wesentliche Charakter im Vergleich zur Altbeihilfe verändert hat (Rn. 200 ff.). Dies ist dann der Fall, wenn sich die Reform des Abgabensystems etwa der Tatbestand ändert, "der die Pflicht zur Gebührenzahlung begründet (d. h. den Besitz eines Rundfunkempfangsgerätes)" (Rn. 203). Da seit 1.1.2013 in Deutschland (und NRW) die Pflicht zur Gebührenzahlung nicht mehr am Besitz eines Rundfunkempfangsgerätes festmacht, sondern am Innehaben einer Wohnung, hat sich das Abgabensystem fundamental geändert. Es ist nicht mehr als Alt-Beihilfe einzuordnen. Alleine die fehlende Anmeldung macht das Abgabensystem damit rechtswidrig.

Da sich somit die Finanzierungsquelle geändert hat, wird die ursprüngliche Regelung hierdurch in ihrem Kern betroffen und gemäß C257/1 in eine genehmigungspflichtige Beihilferegelung umgewandelt.

Diese Notifizierung wurde aber nicht vorgenommen.


Vertragsverletzungsverfahren zum Datenschutz;
EuGH C-518/07
http://curia.europa.eu/juris/document/document.jsf?text=Informationsfreiheit&docid=79752&pageIndex=0&doclang=DE&mode=req&dir=&occ=first&part=1&cid=691888#ctx1

Auszug aus Rz. 3

Zitat

Für die Errichtung und das Funktionieren des Binnenmarktes [...] ist es [...] erforderlich [...], dass die Grundrechte der Personen gewahrt werden.

Rz. 58
Zitat

Die Bundesrepublik Deutschland hat gegen ihre Verpflichtungen aus Art. 28 Abs. 1 Unterabs. 2 der Richtlinie 95/46/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 24. Oktober 1995 zum Schutz natürlicher Personen bei der Verarbeitung personenbezogener Daten und zum freien Datenverkehr verstoßen, indem sie die für die Überwachung der Verarbeitung personenbezogener Daten durch nichtöffentliche Stellen und öffentlich-rechtliche Wettbewerbsunternehmen zuständigen Kontrollstellen in den Bundesländern staatlicher Aufsicht unterstellt und damit das Erfordernis, dass diese Stellen ihre Aufgaben „in völliger Unabhängigkeit“ wahrnehmen, falsch umgesetzt hat.


Bei der Umstellung des Finanzierungssystems 2013 wurde ein Meldedatenabgleich durchgeführt !
Dieser Meldedatenabgleich ist nach EU-Recht illegal


Begründung:

EuGH C-518/07
http://curia.europa.eu/juris/document/document.jsf?text=Informationsfreiheit&docid=79752&pageIndex=0&doclang=DE&mode=req&dir=&occ=first&part=1&cid=691888#ctx1

Auszug aus Rz. 3
Zitat
Für die Errichtung und das Funktionieren des Binnenmarktes [...] ist es [...] erforderlich [...], dass die Grundrechte der Personen gewahrt werden.

Rz. 58
Zitat
Die Bundesrepublik Deutschland hat gegen ihre Verpflichtungen aus Art. 28 Abs. 1 Unterabs. 2 der Richtlinie 95/46/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 24. Oktober 1995 zum Schutz natürlicher Personen bei der Verarbeitung personenbezogener Daten und zum freien Datenverkehr verstoßen, indem sie die für die Überwachung der Verarbeitung personenbezogener Daten durch nichtöffentliche Stellen und öffentlich-rechtliche Wettbewerbsunternehmen zuständigen Kontrollstellen in den Bundesländern staatlicher Aufsicht unterstellt und damit das Erfordernis, dass diese Stellen ihre Aufgaben „in völliger Unabhängigkeit“ wahrnehmen, falsch umgesetzt hat.

Die Charta der Grundrechte der Europäischen Union wurde in 2009, also im Zeitraum von Klageeinreichung bis Urteil gemäß Artikel 6 des Vertrages über die Europäische Union verbindlich.

Verstoß des Rundfunkstaatsvertrages gegen  die EU-Grundrechtecharta
Als Gleichheitsprinzip bezeichnet man den naturrechtlichen Grundsatz, alle Menschen gleich zu behandeln, wenn eine Ungleichbehandlung sich nicht durch einen sachlichen Grund rechtfertigen lässt. Auf der Ebene der Europäischen Gemeinschaften ist der Gleichheitssatz in den Art.18 Abs.1 und Art.157 des AEU-Vertrags verankert. Zudem enthält Titel III der EU-Grundrechtecharta („Gleichheit“) mehrere Artikel (insbesondere Art.20) zur Gewährleistung des Gleichheitssatzes.

Leistungsbezieher nach § 22 SGB II können eine Befreiung (auch ab 2013) erhalten, allerdings wird ein Wohngeldbescheid als Befreiungstatbestand ausgeschlossen.

Zitat Rundfunkbeitrag:
403
Empfänger von Arbeitslosengeld II oder Sozialgeld einschließlich von Leistungen nach ------§ 22 SGB II------.
Bewilligungsbescheid über den Bezug von Arbeitslosengeld II / Sozialgeld nach SGB II oder -----Bescheinigung der leistungsgewährenden Behörde-----

Ich möchte zunächst auf folgendes Urteil des Bundesverfassungsgericht hinweisen. In der Sache BVerfG 1 BvR 665/10 wurde ein solcher Härtefallantrag nach § § 6 Abs. 3 RGebStV stattgegeben, da der Antragsteller Rentner mit geringem Einkommen war. Dieser bezog Wohngeld, was letztendlich ein Gesamteinkommen vergleichbar mit der Grundsicherung ausmachte.

Das Gericht führte dann aus:

"Auch im Fall des Beschwerdeführers im Verfahren 1 BvR 665/10 ist die Ungleichbehandlung nicht aus Gründen der Verwaltungsvereinfachung zu rechtfertigen, weil der Verstoß gegen den Gleichheitssatz intensiv ist.

Der Beschwerdeführer hat für seine Lebensführung lediglich ein Einkommen aus Rente und Wohngeld zur Verfügung, das der Höhe nach mit den sozialrechtlichen Regelleistungen vergleichbar ist, die der Sicherstellung des Existenzminimums dienen. Im Verhältnis zum Einkommen stellt daher die Rundfunkgebühr, auch wenn der Betrag absolut nicht sehr hoch ist, eine intensive und wiederkehrende Belastung des Beschwerdeführers dar.

Wenn ein Antrag auf Befreiung von Rundfunkgebühren mit Vorlage eines Wohngeldbescheides seitens der Rundfunkanstalten abgelehnt wird  liegt ein Verstoß gegen das Gleichheitsprinzip vor.

Anmerkung: Eine solche Ablehnung findet Massenweise statt und kann der EU-Kommission bei Bedarf vorgelegt werden.

Ein Verstoß gegen das Gleichheitsprinzip liegt ebenfalls vor bei z.B. Rentnern und Geringverdienern, denen Sozialgeld nach SGB II zwar Zustehen würde, aus persönlichen Gründen jedoch nicht beziehen bzw beantragen möchten.

30.06.2013 - Forscher der Bundesagentur für Arbeit haben errechnet, dass 5 Millionen Menschen aus Scham auf Hartz IV verzichten, obwohl sie einen Anspruch haben.

Quelle: http://www.welt.de/wirtschaft/article117582387/Fuenf-Millionen-verzichten-aus-Scham-auf-Hartz-IV.html

Sozialstaatsprinzip

Mit Sozialstaatsprinzip wird das grundlegende Staatsprinzip bezeichnet, das den Staat zur sozialen Gerechtigkeit in Gesetzgebung, Verwaltung und Rechtsprechung verpflichtet. Das Sozialstaatsprinzip wird explizit genannt in Art. 20 Abs. 1 GG und Art. 28 Abs. 1 S. 1 GG.

Ziel des Sozialstaates ist der Abbau erheblicher sozialer Unterschiede und die Sicherung eines angemessenen Lebensstandards für alle Teile der Bevölkerung. Ausgefüllt wird das Sozialstaatsprinzip durch die Fürsorge für Hilfsbedürftige, die Schaffung sozialer Sicherungssysteme (BVerfGE 28, 324, 348ff), die Herstellung von Chancengleichheit und einer gerechten, für Ausgleich der sozialen Gegensätze sorgenden, Sozialordnung (BVerfGE 22, 180, 204).

Das Sozialstaatsprinzip kann zwar andere Grundrechte begrenzen und das Ermessen und die Auslegung von Gesetzen beeinflussen. Dagegen sind aus dem Sozialstaatsprinzip nur wenige subjektive Rechte, wie z.B. das auf das Existenzminimum (BVerfGE 82, 60, 80), ableitbar.

Der Begriff EU-Insolvenz sowie Pfändungsfreigrenze dürfte der Kommission bekannt sein.
Bürgerinnen und Bürger welche am Existenzminimum leben bzw deren Einkommen nachweislich unter der Pfändungsfreigrenze liegt werden mit Rundfunkgebühren belastet, welche sie nicht bezahlen können. Diese sind dann mit anderen Worten bis zum Lebensende durch den Staat verschuldet.

Fern von jedem Sozialstaatsprinzip!

Die Pflicht, Rundfunkgebühren zu zahlen, endet mit dem Tod. Sind aber bis zum Zeitpunkt des Todes Rückstände aufgelaufen, so gehören diese zu den Nachlassverbindlichkeiten.


VLG
Titel: Re: Kleiner Ausflug zum Europarecht
Beitrag von: Leo am 11. Juli 2016, 13:54
Es geht in die 2. Runde

Was könnte noch hinzugefügt werden oder gestrichen werden

Kennst Du diesen Thread?

EuGH zur Rundfunkgebühr in Tschechien
http://gez-boykott.de/Forum/index.php/topic,19338.msg125503.html#msg125503

Lässt sich davon eventuell etwas verwerten?
Titel: Re: Kleiner Ausflug zum Europarecht
Beitrag von: mullhorst am 11. Juli 2016, 15:07
ja stimmt, dann werd ich noch folgendes hinzufügen


Zitat

Bundesverwaltungsgericht in Leipzig hat nach mündlichen Verhandlungen am 16./17. März 2016 in insgesamt 18 Revisionsverfahren entschieden

BVerwG 6 C 6.15; BVerwG 6 C 7.15; BVerwG 6 C 8.15; BVerwG 6 C 22.15; BVerwG 6 C 23.15; BVerwG 6 C 26.15; BVerwG 6 C 31.15; BVerwG 6 C 33.15; BVerwG 6 C 21.15; BVerwG 6 C 25.15; BVerwG 6 C 27.15; BVerwG 6 C 28.15; BVerwG 6 C 29.15; BVerwG 6 C 32.15 

Der Rundfunkbeitrag wird nicht wie eine Steuer voraussetzungslos, sondern als Gegenleistung für die Möglichkeit erhoben, die öffentlich-rechtlichen Rundfunkprogramme empfangen zu können.

Der EuGH hat sich jedoch kürzlich mit der Rundfunkgebühr in Tschechien beschäftigt (Aktenzeichen C-11/15)  Urteil 22. Juni 2016

Zum einen wird festgestellt, dass "kein Rechtsverhältnis besteht, in dessen Rahmen gegenseitige Leistungen ausgetauscht werden", zum anderen bestehe "kein unmittelbarer Zusammenhang zwischen dieser öffentlichen Rundfunkdienstleistung und der Gebühr".

Die Entrichtung der Gebühr erfolge nämlich nicht freiwillig, sondern nur aufgrund einer gesetzlichen Verpflichtung, die unabhängig von der tatsächlichen Nutzung bestimmter Rundfunkangebote bestehe.

Zitat
Im Rahmen der Erbringung dieser Dienstleistung sind Ceský rozhlas und diese Personen nämlich weder durch eine vertragliche Beziehung oder Vereinbarung über einen Preis oder einen Gegenwert, noch durch eine rechtliche Verpflichtung verbunden, die die eine mit der anderen Seite freiwillig eingegangen ist

Damit wird das Argument der deutschen Gerichte restlos widerlegt, die die Rundfunkgebühr als Gegenleistung für das Rundfunkprogramm eingestuft haben.

„Der Rundfunkbeitrag erfüllt nach seinem maßgeblichen materiellen Gehalt (BVerfGE 49, 343 [353 ff.]) die Kriterien einer Steuer. Steuern im Sinne des Grundgesetzes sind einmalige oder laufende Geldleistungen, die nicht eine Gegenleistung für eine besondere Leistung darstellen und von einem öffentlich-rechtlichen Gemeinwesen zur Erzielung von Einkünften allen auferlegt werden, bei denen der Tatbestand zutrifft, an den das Gesetz die Leistungspflicht knüpft [...]

Schlussfolgerung:
Demnach gibt es auch keinen Zusammenhang des Rundfunkbeitrags mit einer fiktiven Eventualität (Möglichkeit) die öffentlich-rechtliche Rundfunkoption nutzen zu können. Geld wird aufgrund des verfassungswidrigen Gesetzes ohne besonderen Vorteil und ohne Leistungsaustausch, sogar von Nichtnutzern, eingezogen. Ein Beitrag ohne besonderen Vorteil und ohne Gegenleistung ist kein Beitrag.
Hier handelt es sich, wie in meinem ersten Schreiben anhand von mehreren Gutachten bereits vorgetragen, um eine Steuer.   Hier fehlt es jedoch den Ländern an der erforderlichen Gesetzgebungskompetenz, um eine solche erlassen zu dürfen.

Titel: Re: Kleiner Ausflug zum Europarecht
Beitrag von: mullhorst am 11. Juli 2016, 16:18
Haha ! Aufgrund dessen:

Zitat

EuGH: Verstoß gegen Europarecht kann zur Rücknahme auch eines bestandskräftigen Verwaltungsakts zwingen

Hat eine nationale Behörde einen Verwaltungsakt erlassen, von dem sich im Nachhinein herausstellt, dass er gegen Europarecht verstößt, kann dies die Verpflichtung der zuständigen Behörde begründen, ihren Bescheid aufzuheben. Dies gilt sogar dann, wenn die betreffende Verwaltungsentscheidung mittlerweile bestandskräftig geworden ist. Dies hat der Europäische Gerichtshof in einem Urteil vom 13.01.2004 (Rs. C-453/00) entschieden.

Titel: Re: Kleiner Ausflug zum Europarecht
Beitrag von: pinguin am 11. Juli 2016, 17:27
@mullhorst

Nicht ohne Grund hat es entsprechende EU-Schadensersatzbestimmungen, die hier im Thema aber auch schon genannt worden sind.

Ein finanzieller Schaden, der dem Bürger durch eine EU-Recht mißachtende Behörde entsteht, ist vollumfänglich zu erstatten, wenn der Bürger dieses begehrt. Wer diesen Ersatz dann zu leisten hat, die EU-Recht mißachtende Behörde oder deren Dienstherr, ist dabei völlig ohne Bedeutung.
Titel: Re: Kleiner Ausflug zum Europarecht
Beitrag von: Spark am 11. Juli 2016, 17:48
Zitat
Damit wird das Argument der deutschen Gerichte restlos widerlegt, die die Rundfunkgebühr als Gegenleistung für das Rundfunkprogramm eingestuft haben.

Dieses hat das Bundesverfassungsgericht auch schon in seinem zweiten Rundfunkurteil getan, wie unter I. ausgeführt:

https://www.telemedicus.info/urteile/Rundfunkrecht/81-BVerfG-Az-2-BvF-168,-2-BvR-70268-2.-Rundfunkentscheidung-Taetigkeit-der-Rundfunkanstalten.html

Zitat
Die für das Bereithalten des Empfangsgeräts zu zahlende "Gebühr", die der Anstalt des betreffenden Landes zufließt, ist unter diesen Umständen nicht Gegenleistung für eine Leistung, sondern das von den Ländern eingeführte Mittel zur Finanzierung der Gesamtveranstaltung.

Mit anderen Worten:
Die/der Gebühr/Beitrag wird für die Herstellung eines Produktes erhoben, aber nicht für das Produkt selbst.
Titel: Re: Kleiner Ausflug zum Europarecht
Beitrag von: mullhorst am 11. Juli 2016, 18:42
Zitat
Die für das Bereithalten des Empfangsgeräts zu zahlende "Gebühr", die der Anstalt des betreffenden Landes zufließt, ist unter diesen Umständen.......

Seit 2013 keine Empfangsgeräte mehr. Demnach muss "ist unter diesen Umständen" neu definiert werden

Die Rechtsprechnung des BVerfG hat doch m.E. herausgearbeitet, dass zu Beiträgen nur der herangezogen werden darf, der aus einem öffentlichen Unternehmen einen Vorteil zu erwarten hat und daher an diesen Kosten beteiligt werden soll (BVerfGE 14,312 317f.; BVerfGE 42,233 288). Wenn alle nach Meinung von Gerichten einen Vorteil haben, gibt es keine abgrenzbare Gruppe von Vorteilsempfängern und es kann daher keine Einordnung als Beitrag erfolgen. Die Argumentation der Gerichte ist damit faktisch falsch. Gestützt wird dies durch das im Dezember 2014 veröffentlichte Gutachten des Wissenschaftlichen Beirat im Bundesfinanzministerium, das auf Seite 34 den Rundfunkbeitrag als „Steuer, die einer Zweckbindung unterliegt”, ansieht.

Weiter ist die Vermutung der Rundfunknutzung durch die Gerichte irrelevant. Im RBStV ist die Inhaberschaft einer Wohnung oder Betriebsstätte der Auslöser der Zahlungspflicht, nicht die Rundfunknutzung. Die Inhaberschaft einer Wohnung ist aber kein besonderes Merkmal, das eine besondere Abgrenzung einer Gruppe erlaubt, denn eine Wohnung hat quasi jeder (für Betriebsstätten und Betriebsstätteninhaber gilt das analog). Dies ist für die Klassifizierung als Beitrag aber notwendig (BVerfG 9,291 297f.).

Der Vorteil, den der Rundfunk darstellen soll, ist auch von keinem Gericht nachgewiesen, sondern immer nur behauptet worden.

Im Handbuchs des Staatsrechts, Band 5 findet sich auf Seite 1139 eine eindeutige Aussage:
„Eine Abgabe ist jedenfalls immer dann eine Steuer und kein Beitrag, wenn sie Begünstigte und Nichtbegünstigte zur Finanzierung einer staatlichen Leistung heranzieht.”
Verfasser dieses Abschnitts war Prof. Dr. Dres. h.c. Paul Kirchhof, der auch das Gutachten verfasst hat, das den Rundfunkbeitrag rechtfertigen soll, dieser sich nach dem vorgenannten Ausführungen nur als Steuer einordnen lässt.
Titel: Re: Kleiner Ausflug zum Europarecht
Beitrag von: mullhorst am 12. Juli 2016, 08:48
Die Europäische Kommission hat sich zum Wettbewerbs- und Beihilfenrecht geäußert und im Mai 2016 eine Mitteilung zum „Beihilfebegriff“ vorgelegt, die nun auch in deutscher Sprache vorliegt.

Vielleicht kann man da was mit anfangen

http://ec.europa.eu/competition/state_aid/modernisation/notice_of_aid_de.pdf



Titel: Re: Kleiner Ausflug zum Europarecht
Beitrag von: 907 am 12. Juli 2016, 10:04
mich würde mal interessieren ob es auch als Neubeihilfe gilt, wenn die neue Regelung nicht begünstigte Unternehmen besonders begünstigt, sondern wenn durch den Rundfunkbeitrag belastende Unternehmen im EU-Mitgliedsland BRD gegenüber Unternehmen in den anderen EU-Mitgliedsländern wettbewerbsrechtlich benachteiligt werden.

Zitat
Maßgeblich für die Einordnung als neue Beihilfe ist danach, das entweder der unmittelbare Beihilfengegenstand selbst oder mittelbar der räumliche beziehungsweise sachliche Tätigkeitsbereich des begünstigten Unternehmens dergestalt verändert wird, das die formal fortbestehende Altbeihilfenregelung materiell eine andere Beeinträchtigungstendenz oder Intensität im grenzüberschreitenden Wettbewerb erfährt und so die bisherige Wettbewerbssituation im gemeinsamen Markt zumindest potentiell spürbar verändert wird.
Quelle:http://justitiaswelt.com/Aufsaetze/AS22_200908_NA_4.html (http://justitiaswelt.com/Aufsaetze/AS22_200908_NA_4.html)

Ich weiß auch nur das, was ich von anderen Handelsunternehmen höre oder in der Presse lese. Von dm lese ich, dass die Rundfunkbeiträge von 94.000 Euro auf 266.000 Euro, von Douglas, dass sie von 70.000 Euro auf 393.000 Euro steigen sollen. REWE berichtet von einer Steigerung von 330.000 Euro auf 1,5 Mio Euro. Aber auch kleinere Händler trifft es hart. Über die Buchhandlung Decius, zwölf Filialen hier bei mir im Raum Hannover, las ich, dass sie künftig statt 553 Euro nun 6.635 Euro zu zahlen hätten. Das wäre das Zwölffache. Oder die Bahn-Tochter DB Netz: 472.000 statt 26.000 Euro, das Achtzehnfache. Besonders hart zur Kasse gebeten werden auch viele Städte und Gemeinden. Die Stadt München soll statt 60.000 Euro künftig 350.000 Euro zahlen. Oder nehmen Sie die 225 Kindertagesstätten der Stadt Köln: Sie zahlten bislang 4.170 Euro und sollen nun 49.000 Euro zahlen, das ist mehr als das Elffache. Zahlen werden das am Ende die Eltern.
Quelle: http://www.rossmann.de/unternehmen/presse/pressemeldungen/rundfunkbeitrag~wt_mc=rundfunkbeitrag~.html (http://www.rossmann.de/unternehmen/presse/pressemeldungen/rundfunkbeitrag~wt_mc=rundfunkbeitrag~.html)
Titel: Re: Kleiner Ausflug zum Europarecht
Beitrag von: pinguin am 15. Juli 2016, 13:09
Der EU-Datenschutzbeauftragte bestätigt in seiner Stellungnahme zum neuen EU-US-Datenschutzabkommen, daß die neue EU-Datenschutzgrundverordnung bereits anzuwenden ist.

http://eur-lex.europa.eu/legal-content/DE/TXT/?uri=uriserv:OJ.C_.2016.257.01.0008.01.DEU&toc=OJ:C:2016:257:TOC

Zitat
Wir empfehlen daher mit Blick auf das bevorstehende Datum der vollständigen Anwendung der Datenschutz-Grundverordnung in zwei Jahren einen zukunftsorientierten Ansatz.
Sie ist zwar erst in 2 Jahren vollständig anzuwenden, die Verwendung des Wortes "vollständig" läßt aber nur den Schluß zu, daß sie mit dem Tage des In-Kraft-Tretens anzuwenden ist.

Zitat
Datenströme fließen weltweit. Die EU ist gebunden durch die Verträge und die Charta der Grundrechte der Europäischen Union, die alle natürlichen Personen in der EU schützen. Die EU ist verpflichtet, mit allen erforderlichen Maßnahmen zu gewährleisten, dass die Rechte auf Privatsphäre und auf den Schutz personenbezogener Daten bei allen Verarbeitungsvorgängen einschließlich Übermittlungen gewahrt werden.

Heißt also auch in Bezug auf den dt. ÖRR, daß keine Regelung Bestand haben kann, die die in den Verträgen und der Charta der Grundrechte fixierten Rechte mißachtet.
Titel: Re: Kleiner Ausflug zum Europarecht
Beitrag von: pinguin am 20. Juli 2016, 15:15
Eine neue Mitteilung der EU-Kommission zum
"Begriff der staatlichen Beihilfe im Sinne des Artikels 107 Absatz 1 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union"

http://eur-lex.europa.eu/legal-content/DE/TXT/?uri=uriserv:OJ.C_.2016.262.01.0001.01.DEU&toc=OJ:C:2016:262:TOC

Das Dokument ist lang, der Wortlaut ist aber ziemlich selbst erklärend.

Eine evtl. wichtige Erkenntnis daraus ist, daß Unternehmen, denen staatliche Beihilfen zugute kommen, getrennte Kassen führen müssen, wenn sie neben den mit staatlichen Mitteln gestützten Tätigkeiten noch weitere Tätigkeiten führen, für die keine staatliche Unterstützung gewährt wird.

Das Unternehmen ist nicht befugt, nicht benötigte staatliche Mittel für seine anderen Tätigkeitsbereiche zu verwenden, die nicht mit staatlichen Mitteln gestützt werden.
Titel: Re: Kleiner Ausflug zum Europarecht
Beitrag von: pinguin am 20. Juli 2016, 22:17
http://europa.eu/rapid/press-release_IP-16-2245_de.htm
Zitat
Die Kommission leitet Vertragsverletzungsverfahren ein, wenn ein Mitgliedstaat eine mutmaßliche Verletzung des EU-Rechts nicht abstellt. Zwei Szenarien können dieses Verfahren auslösen: 1. Ein Mitgliedstaat hat nicht innerhalb der vereinbarten Frist seine nationalen Maßnahmen zur Umsetzung einer europäischen Richtlinie in nationales Recht mitgeteilt oder 2. die Rechtsvorschriften eines Landes stehen nicht mit dem EU-Recht im Einklang oder das EU-Recht wird von den nationalen Behörden nicht ordnungsgemäß angewendet.
Titel: Re: Kleiner Ausflug zum Europarecht
Beitrag von: pinguin am 23. Juli 2016, 09:18
Die Kommission äußert sich zu Charta:

http://eur-lex.europa.eu/legal-content/DE/TXT/?uri=uriserv:OJ.C_.2016.269.01.0001.01.DEU&toc=OJ:C:2016:269:TOC

Zitat
Die Charta der Grundrechte der Europäischen Union (Charta) erlangte mit Inkrafttreten des Vertrags von Lissabon im Dezember 2009 Rechtsverbindlichkeit für die EU. Die Charta und die EU-Verträge sind jetzt rechtlich gleichrangig. Die Achtung der in der Charta verankerten Grundrechte ist damit Rechtspflicht für die Organe, Einrichtungen, Agenturen und sonstigen Stellen der EU bei all ihrem Handeln und für die Mitgliedstaaten der EU bei der Durchführung des Rechts der Union.

Zitat
[...]die Achtung der in der Charta verankerten Grundrechte ist rechtliches Erfordernis.

Zitat
Nach Artikel 51 Absatz 1 der Charta gelten ihre Bestimmungen für [...] die Mitgliedstaaten bei der Durchführung des Rechts der Union. Dementsprechend haben sie bei der Verabschiedung und der Durchführung von Vorschriften die in der Charta verankerten Rechte zu achten, sich an ihre Grundsätze zu halten und deren Anwendung gemäß ihren jeweiligen Zuständigkeiten zu fördern.

Zitat
[...] Die Mitgliedstaaten betreffend findet die Charta auf alle „Ausdrucksformen staatlichen Handelns“ Anwendung. Sie gilt somit für zentrale staatliche Behörden genauso wie für regionale, lokale und andere öffentliche Behörden, wenn diese das Recht der Union durchführen

Zitat
Nach Artikel 51 Absatz 1 gilt die Charta für die Mitgliedstaaten ausschließlich bei der Durchführung des Rechts der Union.
[...]

Zur Feststellung, ob es sich bei einer nationalen Maßnahme um eine Durchführung des Rechts der Union handelt, ist nach dem Gerichtshof unter anderem zu prüfen,


ob diese nationale Rechtsvorschrift eine Bestimmung des Rechts der Union durchführen soll;


das Wesen der betreffenden Rechtsvorschrift;


ob diese nationale Rechtsvorschrift andere als die vom EU-Recht erfassten Ziele verfolgt, auch wenn sie mittelbare Auswirkungen auf das EU-Recht haben kann;


ob besondere Regelungen des EU-Rechts zu diesem Sachbereich oder Regelungen, die Auswirkungen darauf haben können, bestehen.

Die vorstehende Beweisführung gelte in sinngemäßer Anwendung für jegliche nationale Maßnahme zur Durchführung des Rechts der Union, ob Rechtsvorschrift oder nicht.

Zitat
Bei der Wahrnehmung ihrer Aufgaben haben die nationalen Behörden sicherzustellen, dass die Rechte und Grundsätze der Charta eingehalten werden. In diesem Zusammenhang sind die relevantesten Rechte und Grundsätze der Charta das Recht auf einen wirksamen Rechtsbehelf und ein unparteiisches Gericht, der Schutz personenbezogener Daten, die Gleichheit vor dem Gesetz und die Gleichheit von Männern und Frauen, die Nichtdiskriminierung und die Rechte des Kindes, die Integration von Menschen mit Behinderung und ein hohes Umweltschutzniveau, die Vielfalt der Sprachen, sichere Arbeitsbedingungen, die Freiheit der Meinungsäußerung und die Informationsfreiheit, die Versammlungs- und Vereinigungsfreiheit, das Recht auf Bildung, die unternehmerische Freiheit, das Eigentumsrecht, der Schutz bei Abschiebung, Ausweisung und Auslieferung und das Recht auf Achtung des Privat- und Familienlebens.

Zitat
Als Hüterin der Verträge hat die Kommission die Befugnis, einer Verletzung der Charta ein Ende zu setzen. [...]

Zitat
PRÜFUNG, ob eine etwaige Verletzung der Grundrechte vorliegt
[...]
Handelt es sich bei den betreffenden Rechten um absolute Rechte?
[...]
Kommt man zu der Schlussfolgerung, dass die geprüfte Aktion oder Maßnahme ein absolutes Recht einschränkt, so ist sie bereits in diesem Stadium zu verwerfen, da absolute Rechte nicht eingeschränkt werden dürfen; eine weitergehende Analyse nach Ziffern 3-6 erübrigt sich.

Zitat
Abschließend ist zu beachten, dass die von der Rechtsprechung des EuGH aufgestellten allgemeinen Rechtsgrundsätze des Unionsrechts eine weitere Grundrechtsquelle im ungeschriebenen Primärrecht der EU darstellen. Im Rahmen von Artikel 6 EUV und der Rechtsprechung des EuGH haben sie Seite an Seite mit der Charta fortlaufende Relevanz für den Schutz der Grundrechte im Rechtssystem der Union.
Titel: Re: Kleiner Ausflug zum Europarecht
Beitrag von: pinguin am 04. August 2016, 07:29
Es hat übrigens jeder EU-Bürger die Möglichkeit, sich aktiv in den EU-Rechtssetzungsprozess einzubringen.

https://ec.europa.eu/info/law/contribute-law-making_de

Man könnte also durchaus der EU-Kommission die Empfehlung geben, den ÖRR EU-seitig zur konsequenten Belebung des EU-Binnenmarktes und zur Einhaltung zur Charta der Grundrechte der Europäischen Union, Art. 11, 52 und 54, grundsätzlich nur aus allgemeinen Steuermitteln unterstützen zu lassen.-
Titel: Re: Kleiner Ausflug zum Europarecht
Beitrag von: mullhorst am 04. August 2016, 12:26
Wie bereits weiter oben angekündigt hat eine bekannte PersonX erneut die EU Kommission angeschrieben und zusätzlich auf Untätigkeitsklage hingewiesen. Person X hat gestern ein Antwortschreiben erhalten. (EU2.jpg)

Heute kam dann ein weiteres Schreiben (EU1.jpg)


Edit "Bürger":
Anonymisierung der Anhänge ergänzt.
Titel: Re: Kleiner Ausflug zum Europarecht
Beitrag von: cook am 04. August 2016, 19:27
Es ist schon bezeichnend, wie die Kommission versucht, die lästigen Anfragen ohne Argumente abzubügeln. Gäbe es ein juristisch stichhaltiges Argument ("Es ist keine neue Beihilfe, weil ..."), würde sie es ja nennen können. Stattdessen heißt es lapidar, es sei nicht ersichtlich, dass Auswirkungen bestehen. Genau das müsste ja in einem förmlichen Verfahren geprüft werden (der durch die Umstellung erzielte Überschuss ist nur ein Punkt, der den Wettbewerb nachhaltig stören kann; auch die Mittelverwendung hat sich seit 2007 geändert: Ausweitung der Programmplätze, Hochbieten der Sportübertragungslizenzen, sowie redaktioneller Auftritt im Internet).

Wahrscheinlich haben sich die Helden der Kommission (siehe Bearbeiter-AZ: "AH") damals vorschnell zu einer informellen Aussage gegenüber den Bundesländern hinreißen lassen, ohne die Sache richtig durchstiegen zu haben (sog. Edeka-Tengelmann-Absprache: "Das geht schon in Ordnung so, wenn ich das sage. Macht Euch keine Sorgen."). Rechtsstaat hin oder her.

Dass die Kommission in ihrem Beschluss von 2007 unter Verweis auf die Rechtsprechung des EuGH ganz konkret die Art der Finanzierung und des zugrundeliegenden Gesetzes als wesentliche Kriterien für eine Neu-Beihilfe genannt hat, will sie nun vergessen haben.

Ob der Bürger ein formelles Beschwerde-Recht hat, ist dabei völlig irrelevant. Die Kommission ermutigt auf ihren Beihilfe-Seiten ja die Bürger dazu, Beschwerden einzulegen. Dann muss sie denen auch Rechenschaft ablegen, wenn sie -- entgegen ihrer eigenen Entscheidung ! -- kein Verfahren aufnimmt. Die Beschwerde dient dazu, die Verletzung des EU-Rechts durch den Mitgliedstaat aufzudecken. Sobald die Kommission darüber Hinweise erhält, muss sie von Amts wegen ermitteln.

Es wird Zeit, dass ein Betroffener (Online-Zeitung, Vlogger, privater Rundfunkbetreiber etc.) eine FÖRMLICHE Beschwerde einlegt, damit man gegen einen ablehnenden Bescheid zum EuGH klagen kann.
Titel: Re: Kleiner Ausflug zum Europarecht
Beitrag von: mullhorst am 04. August 2016, 21:45
Person X versteht das so, daß am 28.7 Überprüfung eingeleitet wurde und am 29.7 das Ergebnis feststand.
Nach Auffassung von Person X würde eine evtl Klage vor dem EuGh demnach auch jetzt schon feststehen.
Person X fragt sich - wenn sich Gesetzgeber schon nicht an Gesetze halten - weshalb sollte sich Person X daran halten?
Titel: Re: Kleiner Ausflug zum Europarecht
Beitrag von: pinguin am 10. August 2016, 19:59
Die Bundesrepublik Deutschland hat als EU-Mitglied im Falle von Vertragsverletzungen auf Grund ihrer hohen Wirtschaftskraft auch im Falle einer Vertragsverletzung die höchsten Vertragsstrafen zu zahlen.

http://eur-lex.europa.eu/legal-content/DE/TXT/?uri=uriserv:OJ.C_.2016.290.01.0003.01.DEU&toc=OJ:C:2016:290:TOC

230 Euro je Tag der Vertragsverletzung, mindestens jedoch 11.721.000 Euro.

Mit Einführung des neuen Rundfunkbeitragsfinanzierungssystems kommt da schon ein erkleckliches Sümmchen zusammen, denn bereits am 01. Januar 2013 war die Charta der Grundrechte der Europäischen Union bei Umsetzung europäischen Rechts rechtsverbindlich einzuhalten. Rundfunkrecht wie Datenschutzrecht sind europäisches Recht.

Im Falle der Pauschalstrafe wären es also mindestens 11.721.000 Euro, weil die bisher zusammengekommenen Tageswerte addiert gerade einmal 219.305 Euro betragen.

Das Zwangsgeld von 680 Euro je Tag ist jenes Geld, das für jeden Tag zu berappen ist, der der Entscheidung der Kommission, die Vertragsverletzung abzustellen, nicht Folge geleistet wird.

Selbstverständlich, dieses sei hier ausdrücklich wiederholt, wird sich der Bund jeglichen Betrag jedweder Höhe von den Ländern zurückholen, wenn die Länder die Vertragsverletzung verursacht haben.

Es sei nochmals wiederholt, weil Verantwortliche offenbar nix kapieren; der Bürger darf gemäß der rechtsverbindlichen Charta der Grundrechte der Europäischen Union, Artikel 11, 52 und 54, zur Meinungs- und Informationsfreiheit vom Staat und jeder seiner staatlichen Stellen zu nix gezwungen werden.

Jeder EU-Bürger ist zwingend frei in seiner Entscheidung, zu konsumieren, was immer er oder sie möchte und folglich auch nur dazu verpflichtet, den aus seiner freien Entscheidung folgenden finanziellen Verpflichtungen Folge zu leisten.
Titel: Re: Kleiner Ausflug zum Europarecht
Beitrag von: Profät Di Abolo am 12. August 2016, 00:32
@pinguin

Gallische Grüße!

EU Vergabe und Dienstleistungsrecht

Recherche-Hilfe-Ersuchen


Wir erbitten eure Hilfe bei der Recherche zu folgender fiktiver These:

Zitat
Schaffung bundesweiter landesgesetzlicher Regelungen:

Dem-Rundfunk-Betrugs-Staatsvertrag

zur Umgehung der sog. In House Vergabe:

http://www.herfurth.de/uploads/media/CC-269_Inhouse-Vergabe.pdf


Umgehung der Vergaberichtlinie bei der „Gründung“ des BeitraX Servus im Jahre 2013 als sog. In House Unternehmen und „ITDZ Dienstleistung und Rechenzentrum“ des örF.

Verletzung bundesrechtlicher Gesetze und Regelungen wie z.B. dem Abschnitt 1a § 71 a - 71 e VwVfG, zum E-Government und der modernen elektronischen Verwaltung sowie der entsprechenden landesgesetzlichen Regelungen

http://dipbt.bundestag.de/extrakt/ba/WP16/155/15556.html


Ziel:
Schaffung eines marktbeherrschenden Konstrukts von „privaten Verwaltungshelfern“ wie z.B. Druckdienstleistern und Missachtung landesgesetzlicher Regelung wie etwa am Beispiel des ITDZ-Berlin zentraler Druck:

https://www.itdz-berlin.de/dokumente/firmenchronik_10-jahre-itdz-berlin.pdf

Seite 24.


Damit Schaffung einer verdeckten unerlaubten Beihilfe für Privatunternehmen, die im Bereich der Landesverwaltung durch sog. In House Verfahren nie Beteiligt worden wären.

Dadurch Verletzung von EU-Recht.


Ggf. neuer Threaddingsda?


Wir sind zeitlich wegen einer umfassenden Beschwerdebegründung nicht dazu in der Lage.

Diss wird einfach zuviel.

Vielen herzlichen Dank im Falle der Annahme des Recherche-Hilfe-Ersuchens.

 :)
Titel: Re: Kleiner Ausflug zum Europarecht
Beitrag von: 20MillionenEuroTäglich am 12. August 2016, 08:42
Wir sind zeitlich wegen einer umfassenden Beschwerdebegründung nicht dazu in der Lage.
Diss wird einfach zuviel.
Vielen herzlichen Dank im Falle der Annahme des Recherche-Hilfe-Ersuchens.

Auch wir sind beschäftigt mit einer wirkungsvollen Klagebegründung, solange aber unser Widerspruchsbescheid nicht kommt, hätten wir möglicherweise Luft, mal sehen.
Titel: Re: Kleiner Ausflug zum Europarecht
Beitrag von: pinguin am 12. August 2016, 20:50
Wir erbitten eure Hilfe bei der Recherche [...]
Es kann nichts versprochen werden, da sich die nach Europa eingewanderten Pinguine der konsequenten Durchsetzung der europäischen wie nationalen Grundrechte zugewendet haben, die für alle europäischen Bürger gleichermaßen zu gelten haben.

Dieser Faden hier soll "nur" anderen zu erkennen geben, daß viele rein nationale Regelungen im vereinten europäischen Binnenmarkt keinen Bestand haben bzw. haben können und durchaus gemeinschaftliches Recht gebrochen wird, wo weiterhin auf nationalen Regeln bestanden wird.
Titel: Re: Kleiner Ausflug zum Europarecht
Beitrag von: Profät Di Abolo am 12. August 2016, 22:29
Herr Pinguin,
Herr 20MillionenEuroTäglich,

gallische Grüße, wir danken Ihnen.
Titel: Re: Kleiner Ausflug zum Europarecht
Beitrag von: pinguin am 23. August 2016, 15:21
http://europa.eu/rapid/press-release_STATEMENT-16-2844_de.htm

Zitat
[...]
Die jungen Generationen von Europäern haben zum Glück nie erfahren, was es bedeutet, unter einem totalitären oder autoritären Regime zu leben. Wir dürfen unsere Freiheit aber niemals als selbstverständlich betrachten. Daher sind die Bewahrung der historischen Erinnerung und unser Engagement für Demokratie, Grundrechte und Rechtsstaatlichkeit wichtiger denn je.
[...]
Die Erinnerung an die Geschichte Europas muss uns darin bestärken, entschlossen für unsere gemeinsamen Werte und Grundsätze einzustehen.
Titel: Re: Kleiner Ausflug zum Europarecht
Beitrag von: koybott am 24. August 2016, 11:37
Frisch vom BVerfG:

BVerfG: Verletzung Pflichtvorlage EuGH & Diskriminierung (EU-Ausländer)
http://gez-boykott.de/Forum/index.php/topic,19994.0.html

Zitat
Das Urteil des Oberlandesgerichts verletzt Art. 3 Abs. 1 GG in dessen Ausprägung als Willkürverbot ferner dadurch, dass es Art. 49 EGV (Art. 56 AEUV) mit Blick auf das darin enthaltene Diskriminierungsverbot nicht als Verbotsgesetz i.S.d. § 134 BGB ansieht. Diese Annahme lässt sich unter keinem erdenklichen Gesichtspunkt begründen.

Zitat
Die nationalen Gerichte sind von Amts wegen gehalten, den Gerichtshof der Europäischen Union anzurufen, wenn die Voraussetzungen des Art. 267 Abs. 3 AEUV vorliegen. Sie verletzen das Recht auf den gesetzlichen Richter (Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG), wenn die Auslegung und Anwendung der Zuständigkeitsregel des Art. 267 Abs. 3 AEUV bei verständiger Würdigung der das Grundgesetz bestimmenden Gedanken nicht mehr verständlich erscheint und offensichtlich unhaltbar ist.
Titel: Re: Kleiner Ausflug zum Europarecht
Beitrag von: pinguin am 25. August 2016, 08:00
Nach europäischem Recht sind Kollektivklagen möglich.

http://eur-lex.europa.eu/legal-content/DE/TXT/?qid=1431576724167&uri=URISERV:090402_1

Zitat
Die Klageparteien müssen in Fällen, in denen eine Vielzahl von Personen durch dieselbe rechtswidrige Verhaltensweise geschädigt wird, Gerichtsverfahren anstreben, um Verletzungen ihrer durch das EU-Recht gewährten Rechte („Unterlassungsverfahren“) sowie Schadenersatz geltend zu machen, der durch solche Verletzungen entstanden ist („Schadenersatzverfahren“).

Es wäre dafür ein gemeinnütziger Verein zu gründen, weil ...

Zitat
Diese Grundsätze sollten die Wahrung der grundlegenden Verfahrensrechte sicherstellen und den Missbrauch der kollektiven Rechtsschutzverfahren wie folgt verhindern: [...] (ii) die Vertreterorganisationen müssen gemeinnützig sein; [...]

Zitat
Die EU-Länder sollten die Grundsätze spätestens am 26. Juli 2015 umsetzen.

Sammelklagen sind in der EU also statthaft.

Noch was zu unlauteren Geschäftspraktiken:
http://eur-lex.europa.eu/legal-content/DE/TXT/?qid=1431576724167&uri=URISERV:l32011

Zitat
AGGRESSIVE GESCHÄFTSPRAKTIKEN
[...]
die Ausnutzung durch den Gewerbetreibenden von Umständen, die das Urteilsvermögen des Verbrauchers beeinträchtigen, um seine Entscheidung zu beeinflussen;
[...]
Unverhältnismäßige Bedingungen nichtvertraglicher Art, die dem Verbraucher, der seine vertraglichen Rechte (beispielsweise eine Vertragskündigung oder einen Vertragswechsel) ausüben möchte, auferlegt werden.
[...]
Titel: Re: Kleiner Ausflug zum Europarecht
Beitrag von: pinguin am 30. August 2016, 18:28
Wer schaut hier noch hinein?

Die Stellungnahme des EU-Generalanwaltes, http://curia.europa.eu/juris/document/document.jsf?text=&docid=175150&pageIndex=0&doclang=DE&mode=lst&dir=&occ=first&part=1&cid=345819, die zum Aktenzeichen EuGH C-11/15 führte, http://curia.europa.eu/juris/document/document.jsf?text=&docid=180682&pageIndex=0&doclang=DE&mode=lst&dir=&occ=first&part=1&cid=345819 sagt eindeutig, daß

Zitat
Rz. 34
Im Rahmen der in der vorliegenden Rechtssache vorgebrachten Argumente wurde die im Ausgangsverfahren in Rede stehende Gebühr als eine Form von Steuer zur Finanzierung einer bestimmten Art von öffentlicher Tätigkeit dargestellt. Ich würde eher sagen, dass eine solche Gebühr – was insbesondere dann gilt, wenn ihre Modalitäten die der tschechischen Rundfunkgebühr sind, d. h. eine unmittelbar von den Gebührenpflichtigen an die empfangende Rundfunkanstalt gezahlte Gebühr – einer Subvention in der besonderen Form eines dieser Einrichtung vom Staat zugewiesenen Eigenmittels gleichkommt. Die Tätigkeit, für die der Steuerpflichtige zwar keine Gegenleistung von den Empfängern erhält und die mit einer Subvention finanziert wird, die im Allgemeinen die Tätigkeit dieses Steuerpflichtigen finanzieren soll, kann sicher nicht als Tätigkeit gegen Entgelt eingestuft werden.
Es ist also eu-seitig eindeutig von Steuerzahlern die Rede.

National ist Steuerrecht Bundesrecht; die Länder sind dazu nicht befugt.

Da auch gemäß BVerfG europäisches Recht vorrangig anzuwenden ist, gilt hier auch die europäische Sicht, daß es sich bei der Rundfunkgebühr bzw. dem Rundfunkbeitrag um eine Steuer handelt.

Es darf hinterfragt werden, ob es im europäischen Rechtsrahmen Begriffe wie "Gebühr" oder "Beitrag" überhaupt hat, wenn doch alles, was der Staat als vom Bürger zu zahlend vorschreibt, eine Steuer darstellt. Denn keine Steuer ist's nur dann, wenn es ein Vertragsverhältnis zwischen Zahlendem und Zahlungsempfänger hat; übrigens völlig unabhängig davon, ob der Staat ein derartiges Vertragsverhältnis unter bestimmten Voraussetzungen zwingend vorsieht. (Siehe Krankenversicherung).
Titel: Re: Kleiner Ausflug zum Europarecht
Beitrag von: pinguin am 13. September 2016, 15:57
Rz. 51; C-70/15

http://curia.europa.eu/juris/document/document.jsf?text=&docid=181464&pageIndex=0&doclang=DE&mode=lst&dir=&occ=first&part=1&cid=406427
[...]ist darauf hinzuweisen, dass die Verordnung nach Art. 288 Abs. 2 AEUV ein Rechtsakt der Union ist, der allgemeine Geltung hat, in allen seinen Teilen verbindlich ist und unmittelbar in jedem Mitgliedstaat gilt. Daher erzeugt sie schon nach ihrer Rechtsnatur und ihrer Funktion im Rechtsquellensystem des Unionsrechts unmittelbare Wirkungen und kann Rechte der Einzelnen begründen, die die nationalen Gerichte schützen müssen (Urteile vom 14. Juli 2011, Bureau national interprofessionnel du Cognac, C-4/10 und C-27/10, EU:C:2011:484, Rn. 40, und vom 10. Dezember 2013, Abdullahi, C-394/12, EU:C:2013:813, Rn. 48).
Titel: Re: Kleiner Ausflug zum Europarecht
Beitrag von: pinguin am 22. September 2016, 13:21
http://europa.eu/rapid/press-release_IP-16-3141_de.htm

Zitat
Lokale Medien in baskischer Sprache (Spanien)

Spanien beabsichtigt, Kleinstunternehmen im Medienbereich, insbesondere Printmedien, öffentliche Unterstützung zu gewähren, um Zeitschriften und Kooperationsprojekte in lokalen Medien in baskischer Sprache in der Provinz Guipúzcoa zu fördern. Die Beihilfeempfänger dürfen ausschließlich auf Baskisch veröffentlichen.

Die Kommission hat befunden, dass die Verwendung der baskischen Sprache auf einen regionalen Markt begrenzt ist. Angesichts der Größe der betroffenen Unternehmen, des begrenzten Umfangs des betroffenen Marktes und der geringen Höhe der öffentlichen Unterstützung ist es unwahrscheinlich, dass die fragliche Beihilfe mehr als eine marginale Auswirkung auf die Bedingungen für grenzübergreifende Investitionen oder die grenzübergreifende Niederlassung auf dem Medienmarkt hat. (SA.44942)

Wenn also das Land Brandenburg beschließen würde, einen Zeitungsverlag zu unterstützen, damit dieser allgemeine oder spezielle Informationen auf Sorbisch den Sorben im sorbischen Siedlungsgebiet zu marktüblichen Preisen zur Verfügung stellt, braucht das nicht nach Brüssel gemeldet zu werden, weil es sich um eine rein regionale, auf den EU-Markt nicht auswirkende Beihilfe handelt.

Im Umkehrschluß gilt, daß alle(!) Beihilfen für Waren oder Dienstleistungen meldepflichtig sind, die sich nicht nur regional auswirken und zu denen EU-Bürger anderer EU-Mitgliedsländer vor Ort ebenfalls Zugang haben.
Titel: Re: Kleiner Ausflug zum Europarecht
Beitrag von: pinguin am 26. September 2016, 14:23
http://eur-lex.europa.eu/legal-content/DE/TXT/PDF/?uri=CELEX:62015CA0191&from=DE

Zitat
Tenor
1.
Die Haftung eines Mitgliedstaats für Schäden, die dem Einzelnen durch einen Verstoß gegen das Unionsrecht aufgrund einer Entscheidung eines nationalen Gerichts entstanden sind, kann nur dann eintreten, wenn diese Entscheidung
von einem letztinstanzlichen Gericht dieses Mitgliedstaats stammt;  dies im Hinblick auf den Ausgangsrechtsstreit zu prüfen ist Sache des vorlegenden Gerichts. Ist dies der Fall, kann eine Entscheidung dieses nationalen letztinstanzlichen Gerichts nur dann einen hinreichend qualifizierten Verstoß gegen das Unionsrecht darstellen, der geeignet ist, die Haftung des Staates auszulösen, wenn das Gericht mit dieser Entscheidung offenkundig gegen geltendes Recht verstoßen hat oder wenn es trotz des Bestehens einer gefestigten einschlägigen Rechtsprechung des Gerichtshofs zu diesem Verstoß kommt.

Es kann nicht davon ausgegangen werden, dass ein nationales Gericht, das es vor dem Urteil vom 4. Juni 2009, Pannon GSM (C- 243/08, EU:C:2009:350), unterlassen hat, im Rahmen eines Zwangsvollstreckungsverfahrens aus einem Schiedsspruch, mit dem einer Klage  auf Verurteilung zur Zahlung von Forderungen aufgrund einer als missbräuchlich im Sinne der Richtlinie 93/13/EWG des Rates vom 5. April 1993 über missbräuchliche Klauseln in Verbraucherverträgen anzusehenden Vertragsklausel stattgegeben wurde, von Amts wegen die Missbräuchlichkeit dieser Klausel zu prüfen, obwohl es über die hierzu erforderlichen rechtlichen und tatsächlichen Grundlagen verfügte, die einschlägige Rechtsprechung des Gerichtshofs offenkundig verkannt und daher einen hinreichend qualifizierten Verstoß gegen das Unionsrecht begangen hat.

[...]

Daraus folgt, daß der Kläger in sämtlichen Klagen, auf die später Klagen auf Schadensersatz erfolgen sollen, auf die bereits vorhandenen Urteile und Beschlüsse des EuGH hinzuweisen hat. Das Gericht ist nicht verpflichtet, von Amts wegen zu prüfen, ob bereits eine EuGH-Entscheidung in einer Sache vorliegt, die für den vom Gericht verhandelten Fall relevant ist.

Wird das Gericht auf eine EuGH-Entscheidung hingewiesen, hat es diese nicht zu prüfen, sondern ihr in der Sache auch zu folgen, weil...

Zitat
wenn es trotz des Bestehens einer gefestigten einschlägigen Rechtsprechung des Gerichtshofs zu diesem Verstoß kommt.

Als "gefestigt" sind alle Entscheidungen zu betrachten, wo aktuelle Entscheidungen auf vorangegangene Entscheidungen verweisen und zur gleichen Schlußfolgerung gelangen, die in der vorangegangenen Entscheidung bereits getroffen worden ist; bspw. die Datenschutzurteile aus 2015.

-> Eine nationale Behörde ist nicht befugt, personenbezogene Daten zwecks Weiterverarbeitung an andere Behörden ohne vorherige Inkenntnisssetzung des betroffenen Bürgers vorzunehmen, weil der Bürger gemäß EU-Datenschutzrecht ein allgemeines Widerspruchsrecht hat und diesen ohne Vorabinformation nicht wahrnehmen kann. Die EuGH-Entscheidungen dazu waren im Forum hier schon Thema.

-> Für das Funktionieren des EU-Binnenmarktes ist die Einhaltung der Charta der Grundrechte der Europäischen Union zwingende Voraussetzung. Eine entsprechende EuGH-Entscheidung wurde hier im Thema schon genannt.
Titel: Re: Kleiner Ausflug zum Europarecht
Beitrag von: pinguin am 15. Oktober 2016, 10:58
http://eur-lex.europa.eu/legal-content/DE/TXT/?uri=uriserv:OJ.C_.2016.382.01.0001.01.DEU&toc=OJ:C:2016:382:TOC

Es ist eine neue Beihilfeverordnung in Arbeit, die 2 bestehende Beihilfeverordnungen ändert.

Die EU praktiziert einen ähnlichen Weg, den die Länder im Rundfunk"recht" bereits beschreiten; sie ändern und fügen neu ein und ändern wieder und fügen wieder neu ein. Das, was national evtl. keiner mehr im Blick hat, wird seitens der EU argwöhnisch beobachtet. Da können die dann erzählen, was sie wollen, alles Verarsche, um die Bürger der Bundesrepublik Deutschland weiter nachhaltig zu schröpfen.

Tip: Beihilfefähig sind nur kleine Unternehmen;
Tip: Unternehmensverbünde sind nicht beihilfefähig;

Den verlinkten, genehmigten Entwurf, in dem es primär um Beihilfen für Flug- und Seehäfen geht, bitte trotzdem aufmerksam zur Kenntnis zu nehmen, denn es wird so einiges geändert.
Titel: Re: Kleiner Ausflug zum Europarecht
Beitrag von: pinguin am 25. Oktober 2016, 17:29
EuGH-Generalanwalt: Rundfunk in Hotelzimmer keine öffentliche Wiedergabe
http://gez-boykott.de/Forum/index.php/topic,20666.0.html
http://gez-boykott.de/Forum/index.php/topic,20666.msg133711.html#msg133711

Dankenswerterweise wurde obiges Thema zu einem österreichischen Fall eröffnet; zwar erging dazu noch kein Urteil des EuGH, doch die Stellungnahme des Generalanwaltes der EU ist sehr lesenswert und hier zu finden: http://curia.europa.eu/juris/document/document.jsf?text=&docid=184762&pageIndex=0&doclang=DE&mode=lst&dir=&occ=first&part=1&cid=416083

Der Grundtenor der Stellungnahme lautet zwar darauf, daß es sich im vorliegenden Fall um keine öffentliche Wiedergabe handelt, doch wegen eines Grundes, der erst auf den zweiten Blick ersichtlich wird. Denn grundsätzlich handelt es sich auf den ersten Blick um eine öffentliche Wiedergabe.

Auszug aus Rz. 16
Zitat
Daher bin ich der Ansicht, dass im Licht dieser Rechtsprechung die Verbreitung eines Hörfunk- oder Fernsehsignals mittels in Hotelzimmern aufgestellter Empfänger als eine öffentliche Wiedergabe von Sendungen der Sendeunternehmen im Sinne von Art. 8 Abs. 3 der Richtlinie 2006/115 anzusehen ist.

Aber:
Auszug aus Rz. 17
Zitat
Der Unionsgesetzgeber hat allerdings das ausschließliche Recht der Sendeunternehmen auf Fälle der öffentlichen Wiedergabe an Orten, die der Öffentlichkeit gegen Zahlung eines Eintrittsgelds zugänglich sind, beschränkt.

Erst die Betrachtung aller Umstände führt also zur Erkenntnis, daß es sich nicht um eine öffentliche Wiedergabe handeln kann, weil:

Restauszug aus Rz. 17
Zitat
Zu prüfen bleibt daher, ob Hotelzimmer Orte im Sinne dieser Bestimmung sind, die der Öffentlichkeit gegen Zahlung eines Eintrittsgelds zugänglich sind.

Nein, sind sie nicht, denn maßgebend ist der Wortlaut des Rom-Abkommens; siehe Rz. 22ff.

Auszug aus Rz. 24
Zitat
Die Beteiligten, die Erklärungen in der vorliegenden Rechtssache abgegeben haben, die Klägerin des Ausgangsverfahrens eingeschlossen, sind sich darüber einig, dass als Ort im Sinne der angeführten Bestimmung des Rom-Abkommens, der der Öffentlichkeit gegen Zahlung eines Eintrittsgelds zugänglich ist, ein Ort anzusehen ist oder zumindest zur Zeit der Annahme dieses Abkommens anzusehen war, an dem das Eintrittsgeld gerade für die Möglichkeit bezahlt wird, die dort öffentlich wiedergegebene Fernsehsendung zu schauen(14).

Ganz interessant:

Rz. 25
Zitat
Wenn das Entgelt hingegen nicht im unmittelbaren Zusammenhang mit der Möglichkeit steht, die Fernsehsendung zu schauen, sondern nur für andere Leistungen erhoben wird, z. B. Leistungen gastronomischer Art, haben wir es nicht mit einem der Öffentlichkeit gegen Zahlung eines Eintrittsgelds zugänglichen Ort im Sinne von Art. 13 Buchst. d des Rom-Abkommens zu tun.
Die Wohnungsmiete ist kein Entgeld für die Möglichkeit, Fernsehsendungen zu schauen. Damit ist die Wohnung kein Ort im Sinne von Art. 13 Buchst. b des Rom-Abkommens; kein Bürger wird eine Wohnung mieten, um Fernsehen zu sehen.

Aus Rz. 26
Zitat
Der Preis für ein Hotelzimmer wird hingegen für die Beherbergung entrichtet, nicht für die Möglichkeit, dort fernzusehen.

Aus Rz. 29
Zitat
Zu betonen ist dabei, dass die Verfügbarkeit des Fernsehsignals in den Hotelzimmern nur eine Ergänzung der Hauptdienstleistung der Beherbergung ist, nicht umgekehrt.

Aus Rz. 30
Zitat
Daraus folgt aber nicht, dass beispielsweise der Preis für ein Bier als Entgelt für die Wiedergabe dieser Sendung angesehen werden kann und das Lokal ein der Öffentlichkeit gegen Zahlung eines Eintrittsgelds zugänglicher Ort im Sinne von Art. 13 Buchst. d des Rom-Abkommens ist.
Auch Gaststätten sind nicht beitragspflichtig, wenn sie nebenbei einen Fernseher zu laufen haben; denn sie sind kein Ort im Sinne von Art 13 Buchst. b. des Rom-Abkommens.

Aus Rz. 32
Zitat
Nach alledem bin ich der Auffassung, dass ähnlich wie Gaststätten und andere Orte, die mit Fernsehempfängern ausgestattet sein können, an denen aber die betreffenden Entgelte nicht für die Wiedergabe von Fernsehsendungen erhoben werden, sondern für andere dort erbrachte Dienstleistungen, Hotelzimmer keine der Öffentlichkeit gegen Zahlung eines Eintrittsgelds zugängliche Orte im Sinne von Art. 13 Buchst. d des Rom-Abkommens sind; daher ist die öffentliche Wiedergabe von Sendungen der Sendeunternehmen in diesen Zimmern auch nicht von dem durch die angeführte Regelung geschützten ausschließlichen Recht dieser Unternehmen umfasst.

Aus Rz. 37
Zitat
... eine dynamische Auslegung von Rechtsvorschriften nur dann gerechtfertigt, wenn sie das Ziel berücksichtigt, das der Gesetzgeber mit dem Erlass der betreffenden Bestimmungen erreichen wollte, und wenn sie weiterhin der Umsetzung dieses Ziels unter geänderten tatsächlichen Umständen dient, nicht aber, wenn stattdessen ein anderes Ziel verfolgt wird.
-> Die EU behandelt alle(!) Unternehmen gleich!

Aus Rz. 42
Zitat
Was hingegen die Beteiligung an den wirtschaftlichen Vorteilen anbelangt, muss bedacht werden, dass die Mehrzahl der Fernsehsendungen für den freien Empfang bestimmt ist, was bedeutet, dass das Sendeunternehmen kein Entgelt für den Empfang der Sendung verlangt.
Wenn kein Entgeld für den freien Empfang von Sendungen verlangt werden darf, darf es auch kein Entgeld für die Möglichkeit des freien Empfangs geben.
...
Weiter im Rz. 42
Zitat
Das Sendeunternehmen erzielt seine Einkünfte durch die Werbung und andere Marketingbotschaften (oder im Fall öffentlich-rechtlicher Sender durch Zuwendungen verschiedener Art), deren Preis (d. h. der Preis für die Sendezeit, den das Sendeunternehmen vom Auftraggeber verlangt) u. a. von der erwarteten Anzahl der Zuschauer abhängt.

Handelt es sich nicht um eine öffentliche Wiedergabe, die allein entgeltpflichtig wäre, wenn Hotels in ihren Hotelzimmern dem Gast den Rundfunkkonsum ermöglichen, so handelt es sich auch nicht um eine öffentliche Wiedergabe, wenn Unternehmen in ihren Räumen für Mitarbeiter und Gäste ein Rundfunkgerät im Hintergrund laufen lassen, handelt es sich doch bei den von Kunden bzw. Gästen an das Unternehmen geleisteten Zahlungen nicht um Zahlungen für das Sehen oder Hören von Rundfunkdarbietungen.
Titel: Re: Kleiner Ausflug zum Europarecht
Beitrag von: pinguin am 27. Oktober 2016, 20:11
Schaut noch jemand hier 'rein?

Es ist nun amtlich.

C-590/14 P
Wird eine bestehende Beihilfe umgestaltet, wird aus ihr eine neue Beihilfe.

http://curia.europa.eu/jcms/upload/docs/application/pdf/2016-10/cp160116de.pdf

Zitat
... Umgestaltung  einer  bestehenden Beihilfe (und damit als neue Beihilfe), ...
Titel: Re: Kleiner Ausflug zum Europarecht
Beitrag von: ellifh am 27. Oktober 2016, 20:59
Zitat daraus:

Ein mit einem Rechtsstreit über einen Vertrag befasstes nationales Gericht ist nämlich verpflichtet, der Kommission alle Maßnahmen (u. a. die von diesem Gericht erlassenen) anzuzeigen, die die Auslegung und die Durchführung dieses Vertrags betreffen und die sich auf das Funktionieren des Binnenmarkts, auf den Wettbewerb oder auch nur auf die tatsächliche Geltungsdauer bestehender Beihilfen für einen bestimmten Zeitraum auswirken können.

Danke@pinguin :D

Na, dann wird es langsam richtig spannend >:D
Titel: Re: Kleiner Ausflug zum Europarecht
Beitrag von: koybott am 27. Oktober 2016, 21:07
Schaut noch jemand hier 'rein?
Ja...und Danke pinguin für den aktuellen Fund  :)


Der Frage, ob sich die Leitsätze dieser Entscheidung übertragen lassen und ein (bestehender) Altbeihilfecharakter der Rundfunkbeiträge alleine schon desshalb zu verneinen ist, weil durch Beendigung der Gültigkeitsdauer bzw. Aufhebung des der Rundfunkgebühr zugrundeliegenden (Staats-)Vertrages nun der Rundfunkbeitrag(sstaatsvertrag) eine neue Beihilfe darstelle, schließt sich die Frage nach dem konkreten Nachweis an.

Ebenso falls gegenargumentiert wird, die staatliche Beihilfe bei der Rundfunkgebühr würde beim Rundfunkbeitrag nur fortgeführt; die bisherige Gültigkeitsdauer der Beihilfe bzw. des (Staats)Vertrags der Rundfunkgebühr wäre (vertraglich/ gesetzlich) nicht begrenzt gewesen und bei den Rundfunkbeiträgen lediglich fortgeführt und gerade nicht verlängert oder gar geändert worden.

Zitat
In  der  vorliegenden  Rechtssache  stellt  sich  die  Frage,  ob  die  erste  vom  griechischen  Gericht  erlassene  einstweilige  Anordnung  als  Umgestaltung  einer  bestehenden  Beihilfe  (und damit als neue Beihilfe) oder als bestehende Beihilfe anzusehen ist. Nur im ersten Fall hätte sie vor ihrer Durchführung bei der Kommission angemeldet werden müssen.
Zitat
Hierzu stellt der Gerichtshof fest,  dass  die  Gültigkeitsdauer  einer  bestehenden  Beihilfe  einen  Gesichtspunkt  darstellt,  der  die  Beurteilung   der   Vereinbarkeit   dieser   Beihilfe   mit   dem   Binnenmarkt   durch   die   Kommission  beeinflussen  kann.
Der   Gerichtshof   schließt   daraus,   dass  die   Verlängerung   der   Gültigkeitsdauer   einer bestehenden Beihilfe als Umgestaltung einer bestehenden Beihilfe anzusehen ist und daher eine neue Beihilfe darstellt.
Zitat
Ein  mit  einem  Rechtsstreit  über  einen  Vertrag  befasstes  nationales  Gericht  ist  nämlich  verpflichtet,  der  Kommission  alle  Maßnahmen  (u.a.  die  von  diesem  Gericht  erlassenen) anzuzeigen, die die Auslegung und die Durchführung dieses Vertrags betreffen  und die sich auf  das  Funktionieren  des  Binnenmarkts,  auf  den  Wettbewerb  oder  auch  nur  auf  die  tatsächliche    Geltungsdauer  bestehender  Beihilfen    für    einen    bestimmten    Zeitraum auswirken können.
Titel: Re: Kleiner Ausflug zum Europarecht
Beitrag von: Roggi am 27. Oktober 2016, 21:44
Erstens:
Gültigkeitsdauer:
Hatte der RGStV eine Gültigkeitsdauer, durch die die Kommission beeinflusst worden sein könnte?
Nein, der RGStV war auf unbestimmte Zeit angelegt.

Zitat von: EuGh
Zweitens weist  der  Gerichtshof  darauf hin, dass die nationalen Gerichte über die Einhaltung des Unionsrechts im Bereich staatlicher Beihilfen wachen und einer Verpflichtung zur loyalen Zusammenarbeit mit den Unionsorganen unterliegen.
Er schließt daraus, dass das Gericht dadurch einen Rechtsfehler begangen hat, dass es davon ausgegangen ist, die nationalen Gerichte könnten sich mit der Begründung , dass sie  (wie  im vorliegenden Fall) im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes entschieden, den Verpflichtungen entziehen, die ihnen im Rahmen der Kontrolle staatlicher Beihilfen obliegen.
Ein mit einem Rechtsstreit über einen Vertrag befasstes nationales Gericht ist nämlich verpflichtet, der Kommission alle Maßnahmen (u.a. die von diesem Gericht erlassenen) anzuzeigen, die die Auslegung und die Durchführung dieses Vertrags betreffen und die sich auf  das  Funktionieren des Binnenmarkts, auf den Wettbewerb oder auch nur auf die tatsächliche Geltungsdauer bestehender Beihilfen für einen bestimmten Zeitraum auswirken können.


HINWEIS:
Beim Gerichtshof kann ein auf Rechtsfragen beschränktes Rechtsmittel gegen  ein  Urteil  oder einen Beschluss des Gerichts eingelegt werden. Das  Rechtsmittel hat grundsätzlich  keine aufschiebende Wirkung.  Ist  das  Rechtsmittel zulässig und begründet, hebt der Gerichtshof die Entscheidung des Gerichts auf. Ist die Rechtssache zur Entscheidung reif,  kann der Gerichtshof den Rechtsstreit selbst entscheiden. Andernfalls verweist er die  Rechtssache an das Gericht zurück, das an die Rechtsmittelentscheidung des Gerichtshofs gebunden ist.

Die nationalen Gerichte entziehen sich der Verpflichtung, der Kommission alle Maßnahmen anzuzeigen, die die Auslegung und die Durchführung dieses Vertrags betreffen und die sich auf  das  Funktionieren des Binnenmarkts, auf den Wettbewerb oder auch nur auf die tatsächliche Geltungsdauer bestehender Beihilfen für einen bestimmten Zeitraum auswirken können.

Zudem ist ersichtlich, dass der Europäische Gerichtshof sehr strenge Maßstäbe anlegt, wenn es um staatliche Altbeihilfen geht. Der RBStV ist mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit nicht mit den Europäischen Richtlinien vereinbar, jedoch wird es Jahre dauern, bis darüber entschieden wird.
Titel: Re: Kleiner Ausflug zum Europarecht
Beitrag von: koybott am 27. Oktober 2016, 21:52
Bereits mehrfach zeigt sich im Forum, dass die RAen diesen Punkt ebenfalls sehen und auf diesbezüglichen Klärungsbedarf offenbar auch offensiv hinweisen:

Klageerwiderung des SWR zum Thema Beihilfe/ europäisches Recht
http://gez-boykott.de/Forum/index.php/topic,18055.msg122230.html#msg122230

VG Karlsruhe: Aufforderung zur Rücknahme der Klage
http://gez-boykott.de/Forum/index.php/topic,20156.msg130354.html#msg130354
Titel: Re: Kleiner Ausflug zum Europarecht
Beitrag von: pinguin am 28. Oktober 2016, 21:57
Es gibt eine Zusammenfassung, die leider in 2 Beiträge aufgeteilt werden musste.

[Übersicht] EU-Recht
Teil 1 http://gez-boykott.de/Forum/index.php/topic,20730.0.html
Teil 2 http://gez-boykott.de/Forum/index.php/topic,20730.msg134036.html#msg134036
Titel: Re: Kleiner Ausflug zum Europarecht
Beitrag von: pinguin am 01. November 2016, 19:17
Obacht mit dem Setzen von Links auf Webseiten; es hat ein neues Urteil des EuGH in Sachen Urheberschutz.

http://curia.europa.eu/juris/document/document.jsf?text=&docid=183124&pageIndex=0&doclang=DE&mode=lst&dir=&occ=first&part=1&cid=319290

Es wird in diesem Urteil ganz klar trotz gleichen Sachverhaltes darin differenziert, ob jemand einen Link mit Gewinnerzielungsabsicht gesetzt hat oder nicht; weiterhin wird auch klar bei ohne Gewinnerzielungsabsicht gesetzten Links differenziert, ob jener, der den Link in eine Webseit einbrachte, hätte wissen können, weil er bspw. vom Urheber jener Seite, auf die er verlinkt, bereits darauf hingewiesen worden ist, daß er diesen Link nicht setzen durfte, weil der Urheber etwas dagegen hat und somit wissen musste, daß Urheberrechte verletzt werden, wird ein derartiger Link doch gesetzt.

Der Urheber hat das alleinige Recht, die Weiterverbreitung dessen, worüber er Urheberschaft inne hat, zu erlauben oder nicht, sofern es nicht bereits durch ihn der Öffentlichkeit, also schrankenlos, zur Verfügung gestellt worden ist.
Titel: Re: Kleiner Ausflug zum Europarecht
Beitrag von: pinguin am 04. November 2016, 13:31
http://eur-lex.europa.eu/legal-content/DE/TXT/?uri=uriserv:OJ.C_.2016.406.01.0021.01.DEU&toc=OJ:C:2016:406:TOC

Beihilfeverfahren gegen die Bundesrepublik Deutschland

Es handelt sich hier zwar um die Förderung der Kraft-Wärme-Kopplung in Deutschland, aber Parallelen zum Rundfunkbeitrag dürfen gezogen werden. In beiden Fällen gilt es als staatliche Beihilfe, weil vom Staat festgelegt, und um keine direkt Zahlung aus dem Staatshaushalt.

Es ist mit EU-Recht evtl. nicht vereinbar, daß die Prozentsätze der von den Verbrauchern zu zahlenden Leistungen zwischen verschiedenen Verbrauchergruppen unterschiedlich ist. Wenn also der einfache Bürger mehr zahlt, als die Wirtschaft, funzt das nicht. Besonders energieintensive Wirtschaftszweige dürfen evtl. nicht begünstigt werden.

Im Falle des Rundfunkbeitrages würde vermutlich eine niedrigere Belastung der Unternehmen von der Kommission ebenso kassiert.
Titel: Re: Kleiner Ausflug zum Europarecht
Beitrag von: Winston am 06. November 2016, 12:40
Schaut noch jemand hier 'rein?

Ja, auf jeden Fall. Ich bin momentan noch in der Bettelbrief-Phase und die Beförderung in die Drohbrief-Phase steht vermutlich kurz bevor, aber es schadet ja nicht, sich schon einmal zu informieren.

Nach dem, was ich bisher gelesen habe, scheint europäisches Recht das Einzige zu sein, das überhaupt noch eine kleine Aussicht auf Erfolg versprechen könnte. Nationales Recht wird ja anscheinend nur passend uminterpretiert oder gleich ganz ignoriert.
Titel: Re: Kleiner Ausflug zum Europarecht
Beitrag von: PersonX am 07. November 2016, 14:55
Mit rein schauen, war wohl ehr ein Blick in die PDF gemeint, bzw. in das Urteil auch verlinkt in dieser PDF selbst.
http://curia.europa.eu/juris/celex.jsf?celex=62014CJ0590&lang1=de&type=TXT&ancre= (http://curia.europa.eu/juris/celex.jsf?celex=62014CJ0590&lang1=de&type=TXT&ancre=)
Titel: Re: Kleiner Ausflug zum Europarecht
Beitrag von: pinguin am 07. November 2016, 15:54
Mit rein schauen, war wohl ehr ein Blick in die PDF gemeint,
Nö, der Blick ins ganze Thema.
--------
Es geht um die Wurst, bzw. um die Nitratbelastung im Wasser.

Die EU hat sein Mitgliedsland Bundesrepublik Deutschland wegen nicht genügender Umsetzung der Nitrat-Richtlinie vorm EuGH verklagt. Bereits im April: http://europa.eu/rapid/press-release_IP-16-1453_de.htm

Nunmehr im November berichten einige Tageszeitungen darüber, und auch der WDR wird darin erwähnt, daß dieser das gesendet haben soll.

http://www.tagesspiegel.de/politik/die-ressourcen-der-erde-die-welt-ist-nicht-genug/13981144.html

http://www.pnn.de/politik/1128800/

Hinweis:
Es werden beim Ansehen der Artikel hinter den Links keine bezahlschranken umgangen; deswegen ist auch die Weiterverbreitung legal, weil eh öffentliche Artikel.

Insbesondere im Artikel der PNN wird ausgesagt, der WDR habe am Montag über diese Thematik darüber berichtet; insofern sehr löblich.

Damit weiß zumindest der WDR aber auch, daß nicht nur auch alle europäischen Medienbestimmungen sondern auch die Bestimmungen der Charta der Grundrechte der Europäischen Union national verpflichtend umzusetzen bzw. einzuhalten sind.

Erinnert sei hier an die nichtgenügend national umgesetzte, derzeit noch gültige Richtlinie 2010/13/EU über audiovisuelle Mediendienste. Erinnert sei an Art 11 der Charta zur Meinungs- und Informationsfreiheit.
Titel: Re: Kleiner Ausflug zum Europarecht
Beitrag von: pinguin am 14. November 2016, 19:51
Gemäß eines aktuellen EuGH-Urteils gelten die Entscheidungen rückwirkend:

http://curia.europa.eu/juris/document/document.jsf?text=&docid=183367&pageIndex=0&doclang=DE&mode=lst&dir=&occ=first&part=1&cid=273265

Rz. 38:
Zitat
[...]
ist darauf hinzuweisen, dass der Auslegung der Bestimmungen des Unionsrechts durch den Gerichtshof Rückwirkung zukommt und damit vom Inkrafttreten der ausgelegten Bestimmung an gilt[...]

Ferner müssen Begriffe gleich ausgelegt werden und dürfen nicht in einem Bereich eine unterschiedlich Sinnbedeutung haben; Ausnahme alleine, die Union sieht das explizit vor. Siehe:

Rz. 37:
Zitat
[...]In Anbetracht der Erfordernisse der Einheit und Kohärenz der Unionsrechtsordnung müssen nämlich die für in demselben Bereich erlassene Rechtshandlungen verwendeten Begriffe dieselbe Bedeutung haben, es sei denn, dass der Unionsgesetzgeber einen anderen Willen zum Ausdruck gebracht hat[...]

Da die damalige Rundfunkgebühr für die EU eine staatliche Beihilfe darstellte, (siehe C-337/06), war es auch national als staatliche Beihilfe zu werten. Für den Rundfunkbeitrag kann nichts anderes gelten, da der Bürger in beiden Fällen nicht in die Gestaltung der rechtlichen Grundlagen einbezogen worden ist.

Es bleibt bei der Erkenntnis, daß eine staatliche Beihilfe stets aus Steuermitteln gewährleistet wird.

Steuerrecht ist Bundesrecht.

Dieses Urteil zeigt allen öffentlich-rechtlichen Anstalten, Behörden etc., daß sie für alle wirtschaftlichen Tätigkeiten zum unbegrenzten Vorsteuerabzug berechtigt sind.

Nicht wirtschaftliche Tätigkeiten berechtigen nicht zum Vorsteuerabzug; alle Rundfunkanstalten öffentlichen Rechts, deren Tätigkeiten als "nicht wirtschaftlich" eingestuft sind, sind nicht vorsteuerabzugsberechtigt.

Mehrwertsteuerrecht ist aufgrund des einheitlichen EU-Binnenmarktes EU-Recht.


Gemäß eines weiteren Urteils http://curia.europa.eu/juris/document/document.jsf?text=&docid=183368&pageIndex=0&doclang=DE&mode=lst&dir=&occ=first&part=1&cid=276340

Rz. 44:
Zitat
Es ist insbesondere darauf zu achten, dass weder die Wirksamkeit der Richtlinien 89/665 und 92/13 (vgl. Urteile vom 18. Juni 2002, HI, C?92/00, EU:C:2002:379, Rn. 58 und 59, und vom 11. Dezember 2014, Croce Amica One Italia, C?440/13, EU:C:2014:2435, Rn. 40) noch der Schutz der Rechte, die das Unionsrecht Einzelnen einräumt, beeinträchtigt werden (Urteile vom 12. Dezember 2002, Universale-Bau u. a., C?470/99, EU:C:2002:746, Rn. 72, und vom 28. Januar 2010, Uniplex [UK], C?406/08, EU:C:2010:45, Rn. 49).

Das nationale Recht ist nicht befugt, Regelungen zu schaffen, die dem gemeinsamen Recht entgegenstehen.
Titel: Re: Kleiner Ausflug zum Europarecht
Beitrag von: muuhhhlli am 17. November 2016, 15:45
Alle News vom Tage im Überblick

So sieht unsere Bundeskanzlerin das mit dem EU-Recht und dem Datenschutz was Sie in Deutschland abweichend umsetzen will.
Da können wir ganz gewaltige Widersprüche und Klagen schreiben.

Merkel will Datenschutzregeln lockern Do. 17.11.2016, 14:29

Zitat
Saarbrücken – Bundeskanzlerin Angela Merkel (62, CDU) regt angesichts der Milliarden-Gewinne von US-Internetkonzernen wie Google und Facebook eine Lockerung der Datenschutzregeln an.

„Wir Europäer sind dafür bekannt, dass wir gerne Dinge verbieten“, sagte sie auf dem IT-Gipfel. Das bislang gültige Prinzip, wonach Firmen möglichst wenig Daten speicherten, sei an seine Grenzen gestoßen. „Datensparsamkeit kann heute nicht die generelle Leitlinie für neue Produkte sein.“

Es gebe auf europäischer Ebene neue und vernünftige Datenregeln, doch dürften diese hierzulande nicht so restriktiv ausgelegt werden, dass am Ende viele Big-Data-Anwendungen dann doch verboten würden.

Ahaaaa so sieht es aus ..... und dann werben wir hier für die Einhaltung der Europäischer Regeln ..... das geht doch dieser Staatsverwaltung sowas wie nochmal am ......... vorbei.

Zitat
Neben der Regulierung sei auch wichtig, dass der Staat selbst seine IT-Infrastruktur verbessere. „Wir haben die paradoxe Situation, dass wir vom Bund bis zur Kommune ein einheitliches Datensystem für Flüchtlinge haben.“ Für Bürger die viele Jahre hier lebten, sei etwas Vergleichbares nicht verfügbar.

Um bei der Digitalisierung international führend zu sein, seien in Deutschland raschere politische Entscheidungen notwendig. „Politik muss lernen, auch schneller Entscheidungen zu treffen, sich schneller auf Veränderungen einzustellen.“ Bestimmte Regelungen könnten „auch mal zeitweise in Kraft“ gesetzt werden, um dann zu überlegen, ob sie sich bewährt hätten oder nicht. Notwendig sei auch eine intensive Kooperation mit der Wirtschaft.

Da braucht niemand weiter nach Europa zu fliege um nach dem Recht zu sehen.

So eine Aussagen von einer Bundeskanzlerin ist die Legimitation zum Vollzug von Straftaten des Staates gegen seine eigenen Bürger.
Titel: Re: Kleiner Ausflug zum Europarecht
Beitrag von: cook am 17. November 2016, 20:33
Das Urteil zum Spanischen Abgabensystem ist nun online (Rechtssache C?449/14 P):

http://curia.europa.eu/juris/document/document.jsf?text=&docid=185254&pageIndex=0&doclang=de&mode=lst&dir=&occ=first&part=1&cid=176289

Es stellt einen weiteren wichtigen Baustein für die EU-rechtliche Unzulässigkeit des Rf-Beitrags in Deutschland dar.

Hintergrund: Ein spanischer Pay-TV-Anbieter hatte geklagt, weil private Anbieter zu einer Abgabe (1% der Einnahmen) herangezogen werden, die zur Finanzierung des ÖRR in Spanien beiträgt (bis zu 20% der Kosten). Der Rest der 1.2 Mrd. jährlichen Kosten wird allerdings hauptsächlich durch Steuern finanziert. Der Europäische Gerichtshof hat die Entscheidung der EU-Kommission bestätigt, dass die Abgabe in Spanien selbst keine Beihilfe ist (die Steuerfinanzierung natürlich schon).

Aus den Gründen des Gerichtshofs lässt sich ableiten, dass die deutsche Rundfunkabgabe (im Gegensatz zur spanischen) sehr wohl nach beihilfenrechtlichen Maßstäben zu prüfen ist:

Zitat
65      Nach ständiger Rechtsprechung des Gerichtshofs fallen Abgaben nicht in den Anwendungsbereich der Vorschriften des Vertrags über staatliche Beihilfen, es sei denn, dass sie die Art der Finanzierung einer Beihilfemaßnahme darstellen, so dass sie Bestandteil dieser Maßnahme sind (Urteile vom 13. Januar 2005, Streekgewest, C?174/02, EU:C:2005:10, Rn. 25, vom 13. Januar 2005, Pape, C?175/02, EU:C:2005:11, Rn. 14, und vom 27. Oktober 2005, Distribution Casino France u. a., C?266/04 bis C?270/04, C?276/04 und C?321/04 bis C?325/04, EU:C:2005:657, Rn. 34).

66      Zum einen ist es nämlich denkbar, dass eine Beihilfe im eigentlichen Sinne den Handel zwischen Mitgliedstaaten nicht wesentlich verändert und daher als zulässig anerkannt werden kann, aber ihre störende Wirkung durch eine Finanzierungsweise verstärkt wird, die die gesamte Regelung als unvereinbar mit dem Binnenmarkt erscheinen lässt. Zum anderen kann die Kommission, wenn sich herausstellt, dass eine Abgabe, die speziell zur Finanzierung einer Beihilfe dient, mit anderen Bestimmungen des Vertrags unvereinbar ist, die Beihilferegelung, deren Bestandteil die Abgabe ist, nicht für mit dem Binnenmarkt vereinbar erklären (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 21. Oktober 2003, van Calster u. a., C?261/01 und C?262/01, EU:C:2003:571, Rn. 47 und 48 sowie die dort angeführte Rechtsprechung).

67      Die Finanzierungsweise einer Beihilfe kann somit dazu führen, dass die gesamte Beihilferegelung, die finanziert werden soll, mit dem Binnenmarkt unvereinbar ist. Eine Beihilfe darf daher nicht getrennt von ihrer Finanzierungsweise untersucht werden (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 14. April 2005, AEM und AEM Torino, C?128/03 und C?129/03, EU:C:2005:224, Rn. 45).

68      Nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs muss, damit eine Abgabe als Bestandteil einer Beihilfemaßnahme angesehen werden kann, die einschlägige nationale Regelung einen zwingenden Verwendungszusammenhang zwischen der Abgabe und der Beihilfe in dem Sinne herstellen, dass das Aufkommen aus der Abgabe notwendig für die Finanzierung der Beihilfe verwendet wird und deren Umfang und folglich die Beurteilung ihrer Vereinbarkeit mit dem Binnenmarkt unmittelbar beeinflusst (vgl. u. a. Urteile vom 15. Juni 2006, Air Liquide Industries Belgium, C?393/04 und C?41/05, EU:C:2006:403, Rn. 46 und die dort angeführte Rechtsprechung, und vom 22. Dezember 2008, Régie Networks, C?333/07, EU:C:2008:764, Rn. 99).

(...)

81      Zum einen hängt nämlich, wie der Gerichtshof bereits entschieden hat, die Frage, ob eine Abgabe Bestandteil einer durch eine Abgabe finanzierten Beihilfe ist, nicht davon ab, ob ein Wettbewerbsverhältnis zwischen dem Schuldner der Abgabe und dem Empfänger der Beihilfe besteht, sondern allein davon, dass nach der einschlägigen nationalen Regelung zwischen der Abgabe und der betreffenden Beihilfe ein zwingender Verwendungszusammenhang besteht (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 22. Dezember 2008, Régie Networks, C?333/07, EU:C:2008:764, Rn. 93 bis 99).

Der Rf-Beitrag ist die Art der Finanzierung des ÖRR in Deutschland und damit untrennbarer Bestandteil der Beihilfe (Rn 65). Der nach Rn. 68 geforderte Verwendungszusammenhang besteht auch (wie das BVerwG lang und breit erklärt hat) und der Beitrag bestimmt die Höhe der Beihilfe. Für die Frage, ob eine beihilfenrechtliche Prüfung durchzuführen ist, kommt es nicht darauf an, dass ein Wettbewerbsverhältnis zwischen Beitragsschuldner und dem ÖRR besteht (Rn. 81).

Aus den Gründen lässt sich für die Rechtswidrigkeit des Beitrags folgendes ableiten:
Titel: Re: Kleiner Ausflug zum Europarecht
Beitrag von: muuhhhlli am 17. November 2016, 21:43
Das Urteil zum Spanischen Abgabensystem ist nun online (Rechtssache C?449/14 P):

http://curia.europa.eu/juris/document/document.jsf?text=&docid=185254&pageIndex=0&doclang=de&mode=lst&dir=&occ=first&part=1&cid=176289

Es stellt einen weiteren wichtigen Baustein für die EU-rechtliche Unzulässigkeit des Rf-Beitrags in Deutschland dar.

Vielleicht sollte man den Richtern in den Verwaltungsgerichten einschließlich Bundesverwaltungsgericht die ja aus den Klagen und Verhandlungen Namentlich bekannt sind, dieses Urteil persönlich in Ihr Amtszimmer per Post zustellen. Dann könnten man Sie bei einer der nächsten Verhandlung zum Rundfunkbeitrag gezielt fragen, ob Sie das schon gelesen haben!
Aber auch das werden Sie dann trotzdem verneinen.
Titel: Re: Kleiner Ausflug zum Europarecht
Beitrag von: pinguin am 17. November 2016, 23:36
  • Der Rundfunkbeitrag ist auch unzulässig, wenn er gegen andere EU-Bestimmungen außerhalb des Beihilfenrechts verstößt! (Rn. 66)
Bspw. gegen die Charta und den Schutz personenbezogener Daten.

Danke für's Verlinken des Urteils.
Titel: Re: Kleiner Ausflug zum Europarecht
Beitrag von: pinguin am 22. November 2016, 16:51
Es hat einen aktuellen Beschluß der Kommission an die Bundesrepublik Deutschland. http://eur-lex.europa.eu/legal-content/DE/TXT/?uri=uriserv:OJ.L_.2016.314.01.0063.01.DEU&toc=OJ:L:2016:314:TOC

Zitat
(15)
[...]
Die Beihilfeempfänger im Rahmen der in Rede stehenden Regelung — Filmproduzenten, Drehbuchautoren, Filmvertreiber, Filmtheaterbetreiber — üben eine wirtschaftliche Tätigkeit aus und sind folglich als Unternehmen zu betrachten.

Zitat
(16)
Der Markt für Filmproduktion und Filmvertrieb ist ein internationaler Markt. [...]

Zitat
2.3.2.   Mögliche Verletzung anderer Vorschriften des Unionsrechts

(
Zitat
19)
Bei der beihilferechtlichen Würdigung hat die Kommission auch die Vereinbarkeit der Finanzierung der Beihilfemaßnahme mit anderen Bestimmungen des Unionsrechts als den Wettbewerbsvorschriften zu prüfen, sofern die Finanzierung integraler Bestandteil der Beihilfemaßnahme ist. Dies ist der Fall, wenn zwischen der Abgabe und der Beihilfe ein Verwendungszusammenhang in dem Sinne besteht, dass das Abgabenaufkommen zwingend zur Finanzierung der Beihilfe verwendet wird und die Höhe der Abgabe sich unmittelbar auf die Höhe der Beihilfe auswirkt (5). Wenn in einem solchen Fall die Abgabe gegen andere Bestimmungen des Vertrags verstößt, kann die Kommission die Beihilferegelung, zu der auch diese Abgabe gehört, nicht für mit dem Binnenmarkt vereinbar erklären (6).

Zitat
(23)
Dementsprechend können steuerähnliche Abgaben wie die im Rahmen der beschriebenen Regelung erhobene Abgabe mit Artikel 110 AEUV unvereinbar sein, wenn über die Regelung ausschließlich inländische Dienstleister gefördert werden oder wenn inländische Dienstleister stärker gefördert werden als Wettbewerber in anderen Mitgliedstaaten.


Auch die neue Datenschutz-Grundverordnung wurde korrigiert:
http://eur-lex.europa.eu/legal-content/DE/TXT/?uri=uriserv:OJ.L_.2016.314.01.0072.01.DEU&toc=OJ:L:2016:314:TOC
Titel: Re: Kleiner Ausflug zum Europarecht
Beitrag von: pinguin am 25. November 2016, 14:39
Einige Auszüge aus einer aktuellen Empfehlung an die nationalen Gerichte bezüglich der Vorlage eines Vorabentscheidungsersuchens.

http://eur-lex.europa.eu/legal-content/DE/TXT/?uri=uriserv:OJ.C_.2016.439.01.0001.01.DEU&toc=OJ:C:2016:439:TOC

2.
Zitat
Das Vorabentscheidungsverfahren beruht auf einer engen Zusammenarbeit zwischen dem Gerichtshof und den Gerichten der Mitgliedstaaten. Um die volle Wirksamkeit dieses Verfahrens zu gewährleisten, erscheint es erforderlich, auf seine wesentlichen Merkmale hinzuweisen und [...] Erläuterungen zu den Bestimmungen der Verfahrensordnung zu geben, u. a. betreffend den Urheber und die Tragweite des Vorabentscheidungsersuchens sowie Form und Inhalt eines solchen Ersuchens. [...]

[...]

6.
Zitat
Wird eine Frage im Rahmen eines Verfahrens vor einem Gericht gestellt, dessen Entscheidungen selbst nicht mehr mit Rechtsmitteln des innerstaatlichen Rechts angefochten werden können, ist dieses Gericht jedoch verpflichtet, dem Gerichtshof ein Vorabentscheidungsersuchen vorzulegen (vgl. Art. 267 Abs. 3 AEUV), es sei denn, es liegt insoweit bereits eine gefestigte Rechtsprechung vor oder es bleibt kein Raum für vernünftige Zweifel hinsichtlich der richtigen Auslegung der fraglichen Rechtsnorm.
Es besteht die Vorlagepflicht an den EuGH, wenn nationale Rechtsmittel ausgeschöpft worden sind, eine das europäische Recht tangierende Problemstellung nicht in Übereinstimmung mit europäischem Recht gelöst werden kann; die gefestigte Rechtsprechung des EuGH ist vom nationalen Gericht vor Anrufung des EuGH selber auszuwerten. Es sind also alle Entscheidungen des EuGH dahin zu prüfen, ob sie punktuell auf den vorliegenden zur Entscheidung bestimmten Rechtsfall bereits eine Aussage treffen.

7.
Zitat
Des Weiteren ergibt sich aus der ständigen Rechtsprechung, dass die nationalen Gerichte zwar die Möglichkeit haben, die vor ihnen gegen einen Rechtsakt eines Organs, einer Einrichtung oder einer sonstigen Stelle der Union geltend gemachten Ungültigkeitsgründe zurückzuweisen. Allein der Gerichtshof ist jedoch befugt, einen solchen Rechtsakt für ungültig zu erklären. Hat ein Gericht eines Mitgliedstaats Zweifel an der Gültigkeit eines solchen Rechtsakts, muss es sich daher unter Angabe der Gründe, aus denen der Rechtsakt seiner Auffassung nach ungültig ist, an den Gerichtshof wenden.
Nur der EuGH darf die Nichtanwendung einer bereits bestehenden Entscheidung im konkreten Fall erklären, wenn das nationale Gericht der Auffassung ist, daß sie für den von ihm verhandelten Fall keine Gültigkeit habe; es hat also auch hier eine Vorlagepflicht.
[...]

14.
Zitat
[...]Vorabentscheidungsersuchens [...] Grundlage des Verfahrens vor dem Gerichtshof [...] und allen Beteiligten im Sinne des Art. 23 der Satzung des Gerichtshofs (im Folgenden: Satzung), insbesondere allen Mitgliedstaaten, übermittelt wird, um ihre etwaigen Stellungnahmen einzuholen. Aufgrund der damit verbundenen Notwendigkeit, das Vorabentscheidungsersuchen in alle Amtssprachen der Europäischen Union zu übersetzen, sollte das vorlegende Gericht das Ersuchen einfach, klar und präzise sowie ohne überflüssige Elemente abfassen. Die Erfahrung zeigt, dass ungefähr zehn Seiten oftmals ausreichen, um den tatsächlichen und rechtlichen Rahmen eines Vorabentscheidungsersuchens angemessen darzustellen.
Ok, jetzt weiß man auch, warum die nationalen Gerichte Scheu davor haben, dieses dem EuGH vorzutragen und hier Umwege gesucht werden. Ist diese nationale dt. ÖRR-Angelegenheit nämlich vor dem EuGH, ist sie geeignet, den ganzen ÖRR aller Länder umzustülpen. Dann wäre Deutschland politisch daran schuld, wenn die ÖRR der anderen Länder in Probleme kämen, die sie jetzt nicht haben, weil die dortige Bevölkerung mit ihrem ÖRR-System zufrieden ist.

Die nationale Lösung in Überstimmung zum EU-Recht ist also zu bevorzugen.
[...]

20.
Zitat
Das Vorabentscheidungsersuchen ist zu datieren und zu unterzeichnen und sodann per Einschreiben an die Kanzlei des Gerichtshofs, Rue du Fort Niedergrünewald, 2925 Luxemburg, LUXEMBURG, zu senden.[...]
[...]

26.
Zitat
Das Vorabentscheidungsverfahren vor dem Gerichtshof ist gerichtskostenfrei.[...]
Titel: Re: Kleiner Ausflug zum Europarecht
Beitrag von: Maverick am 26. November 2016, 21:45
OK, spielen wir das mal kurz durch:

die Verwaltungsgerichte versuchen die Verfahren in 1.Instanz auf den Einzelrichter zu übertragen, Entscheidungen des Einzelrichters sind unanfechtbar - also droht man so in die Sackgasse zu geraten. Unter Hinweis auf 6. "Wird eine Frage im Rahmen eines Verfahrens vor einem Gericht gestellt, dessen Entscheidungen selbst nicht mehr mit Rechtsmitteln des innerstaatlichen Rechts angefochten werden können, ist dieses Gericht jedoch verpflichtet, dem Gerichtshof ein Vorabentscheidungsersuchen vorzulegen (vgl. Art. 267 Abs. 3 AEUV)" versucht man die Rückübertragung auf die Kammer zu erreichen, denn dann könnte man bei einem Urteil ja Berufung einlegen.

Darauf antwortet das Gericht unter Hinweis auf 6. "es liegt insoweit bereits eine gefestigte Rechtsprechung vor oder es bleibt kein Raum für vernünftige Zweifel hinsichtlich der richtigen Auslegung der fraglichen Rechtsnorm", also keine Vorlage vor dem EuGH notwendig. Also wieder zurück an Einzelrichter, Beschluss unanfechtbar.

Wo ist der Fehler in meiner Gedankenkette?
Titel: Re: Kleiner Ausflug zum Europarecht
Beitrag von: pinguin am 26. November 2016, 23:21
Wo ist der Fehler in meiner Gedankenkette?
Daß es bei der "gefestigten Rechtsprechung" um die des EuGH geht und die nationalen Gerichte dieser Folge zu leisten haben. Zur gefestigten Rechtsprechung des EuGH gehört, daß bei Anwendung einer Rechtsnorm jeder damit in Berührung kommende Rechtsbereich ebenfalls einzuhalten ist, was insbesondere für die Grundrechte gilt, die als wesentlich für das Funktionieren des EU-Binnenmarktes eingestuft sind.

Der gemeinsame Binnenmarkt ist der zentrale Bereich, dem alles untergeordnet ist, was diesen Bereich tangiert; Bereiche mit Ausnahmen von dieser Unterordnung unter den Binnenmarkt sind in den Verträgen festgehalten.

Ein Land oder eine Region ist nicht befugt, darüberhinausgehende Ausnahmen festzulegen.

Bleiben wir bei dem Beispiel vom 22. November:

Sind eine Beihilfe und eine Steuer bzw. steuerähnliche Abgabe im Grunde identisch, sind beide derart wechselseitig miteinander verbunden, daß die Höhe der steuerähnlichen Abgabe die Höhe der Beihilfe bestimmt, sind sowohl alle Bestimmungen über Beihilfen einzuhalten, als auch alle über Abgaben bzw. Steuern; kann auch nur die kleinste Teilbestimmung dieses die Bereiche Beihilfen und Steuern berührenden Konstruktes nicht eingehalten werden, darf die ganze Konstruktion insgesamt nicht eingeführt werden, weil mit EU-Recht nicht vereinbar.

Im Binnenmarkt bedarf es für die Gültigkeit eines den Binnenmarkt berührenden nationalen Rechtsaktes der 100%igen Übereinstimmung mit europäischem Recht.

Es würde vor dem EuGH unstreitig argumentiert, daß die Rundfunkunternehmen im Binnenmarkt agieren, womit alle Bestimmungen des Binnenmarktes einzuhalten sind. Gleichwohl die nationalen Staaten ihren ÖRR finanzieren dürfen, sind sie nicht befugt, von auch nur einer den Binnenmarkt betreffenden Bestimmung abzuweichen, denn die Festlegung der Bestimmungen für den Binnenmarkt obliegt alleine der Union.
Titel: Re: Kleiner Ausflug zum Europarecht
Beitrag von: pinguin am 30. November 2016, 09:45
Es hat ein weiteres Datenschutzurteil, ob das hier schon Gegenstand war, weiß ich jetzt nicht; diese EuGH-Entscheidung ist vom 19. Oktober 2016.

http://eur-lex.europa.eu/legal-content/DE/TXT/?qid=1480494361417&uri=CELEX:62014CJ0582

Es betrifft die Bundesrepublik Deutschland und die Speicherung dynamischer IP-Adressen.
Titel: Re: Kleiner Ausflug zum Europarecht
Beitrag von: pinguin am 01. Dezember 2016, 19:33
Nach einem Zeitungsbericht zu Folge ist spätestens seit der letzten Sendung "Klartext" des RBB allen Beteiligten klar, daß europäisches Recht über Verwaltungsrecht steht.

http://www.pnn.de/brandenburg-berlin/1136121/

Zitat
EU-Recht geht der Verwaltungspraxis in Brandenburg vor“, sagte Keßler dem rbb.
Titel: Re: Kleiner Ausflug zum Europarecht
Beitrag von: KlarSchiff am 01. Dezember 2016, 19:44
Zitat
EU-Recht geht der Verwaltungspraxis in Brandenburg vor“, sagte Keßler dem rbb.

EU-Recht hin, EU-Recht her. Das Geld der reingelegten Steuerzahler ist weg. Genau wie das Geld der
abgezockten Zwangsgebührenzahler kein Mensch mehr zurückzahlen wird. Die Gesetze werden einfach
ignoriert.

Die Strategie der Mächtigen im Hintergrund ist es, das bestehende System mit der Hilfe der Politik über die Runden
zu bringen.... aber der Schlussgong wird kommen, so sicher wie das Amen in der Kirche.
Titel: Re: Kleiner Ausflug zum Europarecht
Beitrag von: pinguin am 02. Dezember 2016, 14:07
Nach Auffassung der EU-Kommission haben alle EU-Bürger das Recht auf Gleichbehandlung ungeachtet ihrer Staatsbürgerschaft; diese Aussage ist in der Info zur Einigung der Pkw-Maut zu finden: http://europa.eu/rapid/press-release_IP-16-4221_de.htm Die Maut kommt also.

Wenn man hier weiterblickt, wird man evtl. erkennen, daß das System der Finanzierung des ÖRR EU-weit neugestaltet gehört, eben darum, weil kein EU-Bürger diskriminiert werden darf und es keine Ungleichbehandlung eines EU-Bürgers in dem einen Land gegenüber dem anderen Land geben sollte.

Aus obiger Info wird auch ersichtlich, daß nur die Nutzer zur Finanzierung herangezogen werden sollten; gleiches kann man eigentlich auf alle staatlichen Bereiche übertragen, auf private sowieso.

Es hat eine neue Richtlinie zur Barrierefreiheit von Webseiten staatlicher Stellen:

http://eur-lex.europa.eu/legal-content/DE/TXT/?uri=uriserv:OJ.L_.2016.327.01.0001.01.DEU&toc=OJ:L:2016:327:TOC

Der ÖRR ist explizit von der Anwendung dieser Richtlinie ausgenommen:

Zitat
Artikel 1

Gegenstand und Anwendungsbereich

(1)   Im Hinblick auf die Verbesserung des Funktionierens des Binnenmarkts ist der Zweck dieser Richtlinie die Angleichung der Rechts- und Verwaltungsvorschriften der Mitgliedstaaten zu den Barrierefreiheitsanforderungen für die Websites und mobilen Anwendungen öffentlicher Stellen, damit diese Websites und mobilen Anwendungen für die Nutzer, insbesondere für Menschen mit Behinderungen, besser zugänglich gestaltet werden.
[...]
(3)   Diese Richtlinie gilt nicht für folgende Websites und mobile Anwendungen:

a) Websites und mobile Anwendungen öffentlich-rechtlicher Rundfunkanstalten und ihrer Zweigstellen oder anderer Stellen und deren Zweigstellen, die der Wahrnehmung eines öffentlichen Sendeauftrags dienen;
[...]

Heißt auch explizit, daß Webseiten des ÖRR nicht barrierfrei zugänglich sein müssen.
Titel: Re: Kleiner Ausflug zum Europarecht
Beitrag von: volkuhl am 02. Dezember 2016, 15:15
Fundsache:

Diskriminierungsverbot

http://www.europarl.europa.eu/brussels/website/media/Lexikon/Pdf/Diskriminierungsverbot.pdf

Zitat
Diskriminierungsverbote bilden als besondere Ausformung des allgemeinen Gleichheitssatzes eines der Herzstücke der Europäischen Union. Man unterscheidet die besonderen Diskriminierungsverbote von dem allgemeinen Diskriminierungsverbot und die verdeckte von der offenen Diskriminierung.
...
Das allgemeine Diskriminierungsverbot nach Art. 18 Abs. 1 AEUV („Unbeschadet besonderer Bestimmungen der Verträge ist in ihrem Anwendungsbereich jede Diskriminierung aus Gründen der Staatsangehörigkeit verboten“) verbietet im Anwendungsbereich des Vertrages jede Diskriminierung aufgrund der Staatsangehörigkeit.
...
Bei der Inländerdiskriminierung handelt es sich (nur) um ein Problem des nationalen Verfassungsrechts der Mitgliedstaaten, insbesondere des Gleichheitssatzes.
...
Weiter wird zwischen offenen und verdeckten Diskriminierungen unterschieden: Eine offene (unmittelbare, direkte, formale) Diskriminierung liegt vor, wenn eine staatliche Regelung in ihrem Tatbestand ausdrücklich auf ein bestimmtes Diskriminierungsmerkmal, z. B. die Inländer- oder Ausländereigenschaft abstellt. Eine verdeckte (verschleierte, mittelbare, indirekte) Diskriminierung liegt hingegen vor, wenn eine Regelung zwar formal auf In- und Ausländer gleichermaßen anwendbar ist, die faktischen Auswirkungen aber überwiegend aufgrund der Staatsangehörigkeit eintreten. Dies ist etwa häufig der Fall, wenn zwar nicht an die Staatsangehörigkeit, aber an den Wohnsitz oder die Niederlassung im Inland angeknüpft wird. Typischerweise sind Gebietsfremde meist Ausländer und damit in großer Zahl betroffen.
Titel: Re: Kleiner Ausflug zum Europarecht
Beitrag von: pinguin am 02. Dezember 2016, 18:33
Zitat
Eine verdeckte (verschleierte, mittelbare, indirekte) Diskriminierung liegt hingegen vor, wenn eine Regelung zwar formal auf In- und Ausländer gleichermaßen anwendbar ist, die faktischen Auswirkungen aber überwiegend aufgrund der Staatsangehörigkeit eintreten.
Ja, der Rundfunkbeitrag als verdeckte Diskriminierung? Danke für dieses weitere Fundstück.
Titel: Re: Kleiner Ausflug zum Europarecht
Beitrag von: pinguin am 13. Dezember 2016, 13:53
Stellungnahme des Europäischen Beauftragten für Datenschutz zu BIG Data.

http://eur-lex.europa.eu/legal-content/DE/TXT/?uri=uriserv:OJ.C_.2016.463.01.0008.01.DEU&toc=OJ:C:2016:463:TOC

Zitat
[...]Die Organe und Einrichtungen der EU sowie die einzelstaatlichen Behörden müssen bei der Umsetzung des EU-Rechts die in der Charta der Grundrechte der EU verankerten Rechte und Freiheiten wahren.[...]
Titel: Re: Kleiner Ausflug zum Europarecht
Beitrag von: pinguin am 14. Dezember 2016, 13:28
Aktuelle Pressemitteilung der EU-Kommission:

http://europa.eu/rapid/press-release_IP-16-3963_de.htm

Die Problematik, daß manche EU-Länder EU-Recht nur zögerlich umsetzen, ist erkannt bzw. bekannt; EU-Recht wird künftig stärker durchgedrückt.

Zitat
[...]Die Verantwortung für die vollständige und ordnungsgemäße Umsetzung und Durchsetzung des EU-Rechts tragen in erster Linie die Mitgliedstaaten.[...]
In Sachen Rundfunk also der Bund, der eu-seitig auch zur Kasse gebeten wird.

Zitat
[...]Die amtierende Europäische Kommission hat sich dazu verpflichtet, „in großen Fragen Größe und Ehrgeiz zu zeigen und in kleinen Fragen Zurückhaltung und Bescheidenheit zu üben“. Um dieser Verpflichtung auch bei der Rechtsdurchsetzung nachzukommen, wird die Kommission gezielter und strategischer gegen die Verstöße gegen das EU-Recht vorgehen, die sich am nachhaltigsten auf die Interessen der Bürger und Unternehmen auswirken. Dort, wo solche Verstöße die Verwirklichung der wichtigsten politischen Ziele der EU behindern, wird die Kommission entschlossen handeln.[...]
Das reibungslose Funktionieren des gemeinsamen Binnenmarktes ist sicher eines auch der politischen Ziele.

Zitat
[...]In Zukunft wird die Kommission, wenn sie gegen einen Mitgliedstaat wegen verspäteter Umsetzung von EU-Rechtsvorschriften ein Verfahren vor dem Gerichtshof der EU einleitet, den Gerichtshof systematisch darum ersuchen, nicht nur – wie bisher – ein über einen bestimmten Zeitraum zu zahlendes Zwangsgeld zu verhängen, sondern auch eine als Pauschalbetrag festgesetzte Geldbuße.[...]
Die Mißachtung europäischen Rechts wird künftig noch teurer.
Titel: Re: Kleiner Ausflug zum Europarecht
Beitrag von: pinguin am 17. Dezember 2016, 10:48
http://eur-lex.europa.eu/legal-content/DE/TXT/?uri=uriserv:OJ.L_.2016.344.01.0083.01.DEU&toc=OJ:L:2016:344:TOC

Zitat
Der Gerichtshof befand in der Rechtssache Schrems zudem, dass entsprechend Artikel 25 Absatz 6 Unterabsatz 2 der Richtlinie 95/46/EG die Mitgliedstaaten und ihre Organe die notwendigen Maßnahmen treffen müssen, um Rechtsakte der Unionsorgane umzusetzen, [...]

Obiges Dokument enthält Aktualisierungen verschiedener datenschutzbezogener Rechtsakte der Union, die nach dem EuGH-Urteil nötig wurden.
Titel: Re: Kleiner Ausflug zum Europarecht
Beitrag von: pinguin am 09. Januar 2017, 15:33
Der EuGH bestätigt in seiner Entscheidung zu unlauteren Geschäftspraktiken, C-611/14, http://curia.europa.eu/juris/document/document.jsf?text=&docid=184853&pageIndex=0&doclang=DE&mode=lst&dir=&occ=first&part=1&cid=121032 , folgenden Sachverhalt:

Aus Rz. 30:
Zitat
[...]ist darauf hinzuweisen, dass die sich aus einer Richtlinie ergebende Verpflichtung, das in dieser Richtlinie vorgesehene Ziel zu erreichen, und die sich aus dem in Art. 4 Abs. 3 Unterabs. 2 EUV niedergelegten Grundsatz der loyalen Zusammenarbeit ergebende Pflicht, alle zur Erfüllung dieser Verpflichtung geeigneten Maßnahmen allgemeiner oder besonderer Art zu treffen, allen Trägern öffentlicher Gewalt in den Mitgliedstaaten und damit im Rahmen ihrer Zuständigkeiten auch den Gerichten obliegen (vgl. u. a. Urteile vom 10. April 1984, von Colson und Kamann, 14/83, EU:C:1984:153, Rn. 26, vom 8. September 2011, Rosado Santana, C-177/10, EU:C:2011:557, Rn. 51, und vom 19. April 2016, DI, C-441/14, EU:C:2016:278, Rn. 30).

Rz. 31
Zitat
Vor allem den nationalen Gerichten obliegt es nämlich, den Rechtsschutz zu gewährleisten, der sich für den Einzelnen aus den unionsrechtlichen Bestimmungen ergibt, und deren volle Wirkung sicherzustellen (Urteil vom 8. September 2011, Rosado Santana, C-177/10, EU:C:2011:557, Rn. 52).

Rz. 33
Zitat
Das Gebot einer unionsrechtskonformen Auslegung des nationalen Rechts ist dem AEU-Vertrag immanent, da dem nationalen Gericht dadurch ermöglicht wird, im Rahmen seiner Zuständigkeit die volle Wirksamkeit des Unionsrechts zu gewährleisten, wenn es über den bei ihm anhängigen Rechtsstreit entscheidet (Urteil vom 5. Oktober 2004, Pfeiffer u. a., C-397/01 bis C-403/01, EU:C:2004:584, Rn. 114).

In einer weiteren Entscheidung zu staatlichen Beihilfen heißt es:

EuGH C-211/15 P, http://curia.europa.eu/juris/document/document.jsf?text=&docid=184852&pageIndex=0&doclang=DE&mode=lst&dir=&occ=first&part=1&cid=121032

Rz. 66
Zitat
In Bezug auf die Voraussetzung der Wettbewerbsverzerrung ist zu betonen, dass Beihilfen, die ein Unternehmen von den Kosten befreien sollen, die es normalerweise im Rahmen seiner laufenden Geschäftsführung oder seiner üblichen Tätigkeiten zu tragen gehabt hätte, grundsätzlich die Wettbewerbsbedingungen verfälschen (Urteil vom 30. April 2009, Kommission/Italien und Wam, C-494/06 P, EU:C:2009:272, Rn. 54 und die dort angeführte Rechtsprechung).
Staatliche Beihilfen sind also unzulässig, wenn sie dafür gewährt bzw. verwendet werden, einem Unternehmen Kosten zu ersparen, die es üblicherweise auf Basis seiner täglichen Geschäftspraxis zu tragen hätte.
Titel: Re: Kleiner Ausflug zum Europarecht
Beitrag von: Roggi am 09. Januar 2017, 21:42
Staatliche Beihilfen sind also unzulässig, wenn sie dafür gewährt bzw. verwendet werden, einem Unternehmen Kosten zu ersparen, die es üblicherweise auf Basis seiner täglichen Geschäftspraxis zu tragen hätte.
- Was ist die Basis der täglichen Geschäftspraxis des örR? Rundfunkprogramme senden.
- Wofür wird die staatliche Beihilfe verwendet? Dafür, Rundfunkprogramme zu senden.

Dann ist das ein weiterer Beweis dafür, dass staatliche Beihilfen für örR nicht erlaubt sind.
Titel: Re: Kleiner Ausflug zum Europarecht
Beitrag von: pinguin am 10. Januar 2017, 23:07
Mal 2 neue EU-Vorhaben bezüglich Datenschutz und Binnenmarkt:

http://europa.eu/rapid/press-release_MEMO-17-17_de.htm

Zitat
Elektronische Kommunikation muss vertraulich bleiben.
[...]
Die Vertraulichkeit des Online-Verhaltens und der Geräte der Nutzer muss gewährleistet sein.
[...]
Die Verarbeitung von Kommunikationsinhalten und zugehörigen Metadaten unterliegt der Einwilligung.
[...]
Spam und Direktwerbung erfordern eine vorherige Einwilligung.

Das ganze wird eine Verordnung, die sich bereits im Gesetzgebungsprozess befindet.

-----
http://europa.eu/rapid/press-release_IP-17-37_de.htm

Hier wird Spanien von der EU-Kommission vor dem EuGH wegen Nichtrückforderung unzulässiger Beihilfen zugunsten einiger Betreiber digitalen, terrestrischen Fernsehens verklagt.

Zitat
Nach dem Grundsatz der Technologieneutralität muss eine derartige staatliche Förderung unterschiedslos für alle Übertragungsplattformen, d. h. digitales terrestrisches Fernsehen, Satellit, Kabel und Internet, gewährt werden.
Titel: Re: Kleiner Ausflug zum Europarecht
Beitrag von: pinguin am 16. Januar 2017, 13:33
Und wieder hat es 2 Entscheidungen des EuGH.

EuGH C-268/15
http://curia.europa.eu/juris/document/document.jsf?text=&docid=185362&pageIndex=0&doclang=DE&mode=lst&dir=&occ=first&part=1&cid=57836

Rz. 41
Zitat
Der Grundsatz der außervertraglichen Haftung des Staates für Schäden, die dem Einzelnen durch dem Staat zuzurechnende Verstöße gegen das Unionsrecht entstehen, folgt aus dem Wesen der Unionsrechtsordnung. Der Gerichtshof hat entschieden, dass die Geschädigten aufgrund dieser Haftung einen Entschädigungsanspruch haben, wenn drei Voraussetzungen erfüllt sind: Die unionsrechtliche Vorschrift, gegen die verstoßen worden ist, bezweckt, ihnen Rechte zu verleihen, der Verstoß gegen diese Vorschrift ist hinreichend qualifiziert, und zwischen diesem Verstoß und dem den Geschädigten entstandenen Schaden besteht ein unmittelbarer Kausalzusammenhang (vgl. in diesem Sinne Urteile vom 19. November 1991, Francovich u. a., C-6/90 und C-9/90, EU:C:1991:428, Rn. 35, und vom 5. März 1996, Brasserie du pêcheur und Factortame, C-46/93 und C-48/93, EU:C:1996:79, Rn. 31 und 51).

Rz. 42
Zitat
Dies gilt auch für die außervertragliche Haftung eines Mitgliedstaats für Schäden, die durch eine unionsrechtswidrige Entscheidung eines letztinstanzlichen Gerichts verursacht wurden (vgl. Urteile vom 30. September 2003, Köbler, C-224/01, EU:C:2003:513, Rn. 52, und vom 28. Juli 2016, Tomášová, C-168/15, EU:C:2016:602, Rn. 23 und die dort angeführte Rechtsprechung).

EuGH C-449/14 P
http://curia.europa.eu/juris/document/document.jsf?text=&docid=185254&pageIndex=0&doclang=DE&mode=lst&dir=&occ=first&part=1&cid=57836

Rz. 66
Zitat
Zum einen ist es nämlich denkbar, dass eine Beihilfe im eigentlichen Sinne den Handel zwischen Mitgliedstaaten nicht wesentlich verändert und daher als zulässig anerkannt werden kann, aber ihre störende Wirkung durch eine Finanzierungsweise verstärkt wird, die die gesamte Regelung als unvereinbar mit dem Binnenmarkt erscheinen lässt. Zum anderen kann die Kommission, wenn sich herausstellt, dass eine Abgabe, die speziell zur Finanzierung einer Beihilfe dient, mit anderen Bestimmungen des Vertrags unvereinbar ist, die Beihilferegelung, deren Bestandteil die Abgabe ist, nicht für mit dem Binnenmarkt vereinbar erklären (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 21. Oktober 2003, van Calster u. a., C-261/01 und C-262/01, EU:C:2003:571, Rn. 47 und 48 sowie die dort angeführte Rechtsprechung).

Rz. 67
Zitat
Die Finanzierungsweise einer Beihilfe kann somit dazu führen, dass die gesamte Beihilferegelung, die finanziert werden soll, mit dem Binnenmarkt unvereinbar ist. Eine Beihilfe darf daher nicht getrennt von ihrer Finanzierungsweise untersucht werden (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 14. April 2005, AEM und AEM Torino, C-128/03 und C-129/03, EU:C:2005:224, Rn. 45).

Rz. 68
Zitat
Nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs muss, damit eine Abgabe als Bestandteil einer Beihilfemaßnahme angesehen werden kann, die einschlägige nationale Regelung einen zwingenden Verwendungszusammenhang zwischen der Abgabe und der Beihilfe in dem Sinne herstellen, dass das Aufkommen aus der Abgabe notwendig für die Finanzierung der Beihilfe verwendet wird und deren Umfang und folglich die Beurteilung ihrer Vereinbarkeit mit dem Binnenmarkt unmittelbar beeinflusst (vgl. u. a. Urteile vom 15. Juni 2006, Air Liquide Industries Belgium, C-393/04 und C-41/05, EU:C:2006:403, Rn. 46 und die dort angeführte Rechtsprechung, und vom 22. Dezember 2008, Régie Networks, C-333/07, EU:C:2008:764, Rn. 99).

Auszug aus Rz. 75
Zitat
[...]wenn nur eine von zwei miteinander in Wettbewerb stehenden Kategorien von Wirtschaftsteilnehmern zu der Abgabe herangezogen wird, die Schuldner der Abgabe deren Rechtswidrigkeit geltend machen können.[...]
Titel: Re: Kleiner Ausflug zum Europarecht
Beitrag von: mullhorst am 26. Januar 2017, 20:20
soeben eingetroffen - mail Bürgerbeauftragter

Zitat
Der Europäische Bürgerbeauftragte
Referat 4 – Untersuchungen

Straßburg, den 26.01.2017
Beschwerde Nr. 1830/2016/JAS

Sehr geehrter Beschwerdeführer,

ich beziehe mich auf Ihre Beschwerde vom 13. Dezember 2016 über die Antworten der Europäischen Kommission auf Ihre Anfragen zur Vereinbarkeit des deutschen Rundfunkbeitrags mit dem Unionsrecht.

Bitte berücksichtigen Sie, dass der Kommission bei der Entscheidung, ob sie aus eigener Initiative eine beihilfenrechtliche Untersuchung gegen einen Mitgliedstaat einleitet, ein erheblicher Ermessensspielraum zukommt.

Sie beschwerten sich insbesondere darüber, dass (a) die Kommission Ihnen nicht erklärt hat, warum die Änderung der deutschen Rundfunkfinanzierung keinen Einfluss auf deren beihilfenrechtliche Beurteilung hat und deshalb die frühere Prüfung von 2007 nicht beeinflusst, sowie dass (b) sie Ihnen nicht auf die von Ihnen vorgebrachten datenschutzrechtlichen Argumente geantwortet hat.
Wir haben die Kommission ersucht, Ihnen diesbezüglich bis 24. März 2017 zusätzliche Erklärungen zukommen zu lassen.

Wie die Kommission in ihren Schreiben an Sie zutreffend ausgeführt hat, können ausschließlich Beteiligte eine formelle Beschwerde bei der Kommission einbringen.1 Allerdings können Personen, deren Interessen durch die mutmaßlich rechtswidrige Beihilfe geschädigt wurden, die nationalen Gerichte anrufen, die den Fall ungeachtet etwaiger gleichzeitiger Verfahren bei der Kommission prüfen müssen

Sollten Sie also der Meinung sein, dass die Maßnahme Deutschlands eine Sie schädigende rechtswidrige Beihilfe darstellt, so könnten Sie erwägen, sich zur Wahrung Ihrer Rechte an einen Rechtsanwalt zu wenden. Die Bürgerbeauftragte kann jedoch keine Aussage über die Erfolgsaussichten einer solchen Klage machen. Rechtsanwälte finden Sie etwa unter folgender Adresse: http://www.brak.de/fuer-verbraucher/anwaltssuche/

Die Bürgerbeauftragte kann sich mit den Teilen Ihrer Beschwerde, die sich auf deutsche Gerichte beziehen, nicht befassen, da diese außerhalb des Zuständigkeitsbereichs der Bürgerbeauftragten liegen. Artikel 228 des Vertrages über die Arbeitsweise der Europäischen Union bestimmt, dass die Europäische Bürgerbeauftragte nur Beschwerden untersuchen kann, die sich auf die Verwaltungstätigkeit der Institutionen und Organe der Europäischen Union beziehen, wie z.B. der Europäischen Kommission. Handlungen anderer Behörden oder Personen können dagegen nicht Gegenstand von Beschwerden bei der Bürgerbeauftragten sein (Artikel 2.1. des Statuts der Europäischen Bürgerbeauftragten).

Vielen Dank für Ihr Verständnis.
Mit freundlichen Grüßen

Zitat
Sollten Sie also der Meinung sein, dass die Maßnahme Deutschlands eine Sie schädigende rechtswidrige Beihilfe darstellt, so könnten Sie erwägen, sich zur Wahrung Ihrer Rechte an einen Rechtsanwalt zu wenden.

Wenn Person X das richtig versteht wäre also eine Klage EuGh ohne erst alle Instanzen in BRD möglich?


Antwortschreiben / mail  soeben abgeschickt
Zitat
ich bitte des weiteren um eine ausführliche Stellungnahme c der EU-Kommission zu dem von mir aufgeführten Verstoß Charta der Grundrechte der Europäischen Union sowie d zu EU- Wettbewerbsrecht und e Kartellrecht die bis heute absolut unbeantwortet blieben

Gruß
Titel: Re: Kleiner Ausflug zum Europarecht
Beitrag von: cook am 26. Januar 2017, 21:42
Zitat
Sollten Sie also der Meinung sein, dass die Maßnahme Deutschlands eine Sie schädigende rechtswidrige Beihilfe darstellt, so könnten Sie erwägen, sich zur Wahrung Ihrer Rechte an einen Rechtsanwalt zu wenden.
Wenn Person X das richtig versteht wäre also eine Klage EuGh ohne erst alle Instanzen in BRD möglich?

So wie Person Y das versteht, meint der Bürgebeauftragte den Rechtsweg vor die deutschen Gerichte. Damit sind wir ja bis aufs BVerfG schon durch.

Fakt ist: die Kommission weigert sich, pflichtgemäß ihr Ermessen auszuüben und das EU-Beihilfenrecht durchzusetzen, und die deutschen Gerichte, die Frage dem EuGH vorzulegen. Wenn die Bürger keine Möglichkeit haben, die Überprüfung nach EU-Recht zu erzwingen, dann kann man sich das EU-Recht, Grundrechte-Charta und den ganzen Bürgerrechtskram auch sparen.
Titel: Re: Kleiner Ausflug zum Europarecht
Beitrag von: pinguin am 26. Januar 2017, 23:25
Zitat
Fakt ist: die Kommission weigert sich, pflichtgemäß ihr Ermessen auszuüben und das EU-Beihilfenrecht durchzusetzen, und die deutschen Gerichte, die Frage dem EuGH vorzulegen. Wenn die Bürger keine Möglichkeit haben, die Überprüfung nach EU-Recht zu erzwingen, dann kann man sich das EU-Recht, Grundrechte-Charta und den ganzen Bürgerrechtskram auch sparen.
Da ist nichts Fakt; der Bürger ist im Beihilferecht nicht Beteiligter.

Zitat
können ausschließlich Beteiligte eine formelle Beschwerde bei der Kommission einbringen.

Warum wird nicht mit Art 11 der Charta argumentiert und nicht mit der Abgabe namens Rundfunkbeitrag selber? Daß Beihilfe und Abgabe national identisch sind, wird der Bürgerbeauftragte sicherlich nicht wissen, woher auch?
Titel: Re: Kleiner Ausflug zum Europarecht
Beitrag von: pinguin am 28. Januar 2017, 18:16
http://europa.eu/rapid/press-release_STATEMENT-17-154_de.htm

Zitat
[...) Der Schutz der personenbezogenen Daten ist ein Grundrecht in der Europäischen Union; er ist Teil der „europäischen DNA“ und verdient die höchsten Schutzstandards.

[...]

Auf internationaler Ebene sorgt das Rahmenabkommen zwischen der EU und den USA, das am 1. Februar 2017 in Kraft treten wird, dafür, dass die personenbezogenen Daten der Bürgerinnen und Bürger der EU bei ihrer Übermittlung an amerikanische Justiz- und Polizeibehörden angemessen geschützt werden. Alle EU-Bürgerinnen und -Bürger werden auch das Recht haben, ihre Datenschutzrechte bei US-Gerichten einzuklagen.

[...]

Zitat
Die Reform der Datenschutzvorschriften wurde im April 2016 abgeschlossen (Erklärung), und die neuen Vorschriften gelten ab Mai 2018. Für Einzelheiten zu Voraussetzungen, die Unternehmen bis Mai 2018 erfüllen müssen, siehe unsere animierte Infografik für KMU: Protect personal data, protect your business (Für alle Sprachfassungen klicken Sie hier).
Da es hier heißt, daß bis Mai 2018 Unternehmen bestimmte Voraussetzungen erfüllen müssen, sind die neuen EU-Datenschutzbestimmungen bereits jetzt zur Übung anzuwenden, damit sie ab Mai 2018 fehlerfrei gehandhabt werden können.
Titel: Re: Kleiner Ausflug zum Europarecht
Beitrag von: pinguin am 30. Januar 2017, 18:21
Am EuGH liegt eine Klage von Netflix gegen die EU-Kommission bezüglich der
Zitat
Vereinbarkeit einer Änderung des deutschen Filmförderungsgesetzes in der Fassung seines siebten Änderungsgesetzes mit dem Binnenmarkt
vor.

http://eur-lex.europa.eu/legal-content/DE/TXT/?uri=uriserv:OJ.C_.2017.030.01.0051.01.DEU&toc=OJ:C:2017:030:TOC
Titel: Re: Kleiner Ausflug zum Europarecht
Beitrag von: mullhorst am 02. Februar 2017, 11:41
Es hat nun eine Online-Plattform für Verbraucher und Unternehmen zur Streitbeilegung.
http://europa.eu/rapid/press-release_IP-16-297_de.htm
Diese Plattform ist für unser Anliegen nicht nutzbar.

Person X hat hierzu folgendes gefunden

VERBRAUCHERSCHUTZ: Bei Streit zwischen Verbrauchern und Unternehmen können sich Betroffene seit einem Jahr an eine europäische Onlinestreitbeilegungsplattform wenden. Ab dem 1. Februar 2017 sind Unternehmen verpflichtet, Verbraucher darüber zu informieren, ob sie sich an der Verbraucherstreitbeilegung beteiligen oder nicht. Für den Fall muss die Anschrift und die Webseite der Schlichtungsstelle angegeben werden.

Mitschnitt-Service des SR
Hörfunksendungen des Saarländischen Rundfunks
Falls Sie einen Mitschnitt eines Hörfunkbeitrages oder einer Radiosendung des Saarländischen Rundfunks mit Sendedatum innerhalb der letzten sechs Wochen erwerben möchten, wenden Sie sich bitte an:
Tel. 0681 / 602-2642

Email: radiomitschnitt@sr.de

Der Preis für einen Hörfunkmitschnitt bis 60 Minuten auf CD beträgt 19,80 Euro zzgl. Versand.

http://www.sr.de/sr/home/der_sr/service/mitschnitt-service/artikel8722.html



Informationspflichten nach §36 VSBG
Es werden also Verträge mit Verbrauchern geschlossen
http://www.bmjv.de/SharedDocs/Downloads/DE/Artikel/11252016_Konferenz_Verbraucherschlichtung.pdf?__blob=publicationFile&v=1

Demnach dürfte auch eine Informationspflicht für die öffentlichen Rundfunkkasper bestehen

Auch Sparkassen sind Anstalt des öffentlichten Rechts und haben diese Informationspflicht - und kommen dieser nach
https://www.sparkasse-wilhelmshaven.de/de/home/toolbar/impressum.html?n=true
Titel: Re: Kleiner Ausflug zum Europarecht
Beitrag von: pinguin am 02. Februar 2017, 19:16
Nach Ansicht des EU-Generalanwaltes Szpunar dürfen Telefonkosten, die bspw. via vom Verbraucher genutzer Unternehmens-Hotline entstehen, nicht höher sein, als ein reguläres Telefongespräch.

Zitat
Schlußanträge des Generalanwaltes in der Rechtssache C-568/15
[...]
Nach Ansicht von Generalanwalt Szpunar dürfen die Kosten eines Anrufs zu einer
Kundendiensttelefonnummer nicht höher sein als die Kosten eines gewöhnlichen Anrufs
http://curia.europa.eu/jcms/upload/docs/application/pdf/2016-11/cp160124de.pdf
Titel: Re: Kleiner Ausflug zum Europarecht
Beitrag von: pinguin am 16. Februar 2017, 14:37
Dieses Mal keine Entcheidung des EuGH, sondern eine vom Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte zum Artikel 10 der Europäischen Menschenrechtskonvention

IN DER RECHTSSACHE S. AG ./. DEUTSCHLAND (Nr. 2)
http://hudoc.echr.coe.int/eng?i=001-155336

Zitat
I. DAS EINSCHLÄGIGE INNERSTAATLICHE RECHT UND DIE EINSCHLÄGIGE INNERSTAATLICHE PRAXIS

32. § 823 Absatz 1 des Bürgerlichen Gesetzbuchs führt aus, dass, wer vorsätzlich oder fahrlässig das Leben, den Körper, die Gesundheit, die Freiheit, das Eigentum oder ein sonstiges Recht eines anderen widerrechtlich verletzt, dem anderen zum Ersatz des daraus entstehenden Schadens verpflichtet ist.

33. Wird nach § 1004 Absatz 1 das Eigentum in anderer Weise als durch Entziehung oder Vorenthaltung des Besitzes beeinträchtigt, so kann der Eigentümer von dem Störer die Beseitigung der Beeinträchtigung verlangen. Sind weitere Beeinträchtigungen zu besorgen, so kann der Eigentümer auf Unterlassung klagen.

34. Der Bundesgerichtshof hat in einem Urteil vom 25. Mai 1954 (I ZR 311/53) das allgemeine Persönlichkeitsrecht aus Artikel 1 Absatz 1 (Menschenwürde) und Artikel 2 Absatz 1 (Schutz der freien Entfaltung der Persönlichkeit) des Grundgesetzes anerkannt.

Zitat
I. ZUR BEHAUPTETEN VERLETZUNG DES ARTIKELS 10 DER KONVENTION

35. Die Beschwerdeführerin macht eine Verletzung ihres in Artikel 10 der Konvention garantierten Rechts auf Achtung ihres Privatlebens geltend, dessen einschlägiger Passus wie folgt lautet:

„(1) Jede Person hat das Recht auf freie Meinungsäußerung. Dieses Recht schließt die Meinungsfreiheit und die Freiheit ein, Informationen und Ideen ohne behördliche Eingriffe und ohne Rücksicht auf Staatsgrenzen zu empfangen und weiterzugeben. (...)

(2) Die Ausübung dieser Freiheiten ist mit Pflichten und Verantwortung verbunden; sie kann daher Formvorschriften, Bedingungen, Einschränkungen oder Strafdrohungen unterworfen werden, die gesetzlich vorgesehen und in einer demokratischen Gesellschaft notwendig sind (...) zum Schutz des guten Rufes oder der Rechte anderer, (...)“

Zitat
AUS DIESEN GRÜNDEN ENTSCHEIDET DER GERICHTSHOF EINSTIMMIG:

  • Er erklärt die Beschwerde einstimmig für zulässig.
  • Er entscheidet, dass Artikel 10 der Konvention verletzt ist.
  • Er entscheidet,

    a) dass der beschwerdegegnerische Staat der Beschwerdeführerin innerhalb von drei Monaten, nachdem das Urteil gemäß Artikel 44 Absatz 2 der Konvention endgültig geworden ist, für Kosten und Auslagen den Betrag in Höhe von 36 338,25 EUR (sechsunddreißigtausenddreihundertachtundreißig Euro und fünfundzwanzig Cent), zuzüglich der Beträge, die als Steuer möglicherweise bei der Beschwerdeführerin angefallen sind, zu zahlen hat;

    b) dass dieser Betrag nach Ablauf der genannten Frist bis zur Zahlung einfach zu verzinsen ist, und zwar zu einem Satz, der demjenigen der Spitzenrefinanzierungsfazilität der Europäischen Zentralbank entspricht, der in dieser Zeit Gültigkeit hat, zuzüglich drei Prozentpunkten.
  • Er weist im Übrigen den Antrag auf gerechte Entschädigung zurück.

Ausgefertigt in französischer Sprache und anschließend am 10. Juli 2014 gemäß Artikel 77 Absätze 2 und 3 der Verfahrensordnung schriftlich übermittelt.


Die Entscheidung sollte sich jeder vollständig durchlesen. Artikel 10 zur Meinungs- und Informationsfreiheit ist offenbar auch für Unternehmen anwendbar, wie hier einen in D bekannten Verlag.

Zitat
Die Beschwerdeführerin ist eine Aktiengesellschaft mit Sitz in H. Sie gibt unter anderem die auflagenstarke Tageszeitung B. heraus.

Auch diesem gegenüber darf es keine behördliche Einwirkung geben, sofern über berufliche Aspekte einer (juristischen) Person berichtet wird, es sich dabei nicht um bloße Vermutungen handelt und ein allgemeines Interesse vorliegt, einen nachgewiesenen Sachverhalt zu publizieren.



Edit "DumbTV":
Link korrigiert / angepasst. Formatierung.
Titel: Re: Kleiner Ausflug zum Europarecht
Beitrag von: koybott am 17. Februar 2017, 15:44
Hier können wir sehen, wie und ob sich bereits vor finaler Gesetzgebung die - mithin vom wissenschaftlichen Dienst des Bundestages substantiierten - unionsrechtlichen Bedenken - oder aber der einzelne parteipolitische Wille - durchsetzen werden. Unabhängig immerhin von dem bereits gemeinhin zuvor festgestellten negativen Ertragswert der Kosten-Nutzen-Analyse dieses Projekts.

Vereinbarkeit des Infrastrukturabgabengesetzes und des Zweiten Verkehrssteueränderungsgesetzes in der Fassung der von der Bundesregierung
beschlossenen Änderungsgesetze mit dem Unionsrecht
, Ausarbeitung, WD Fachbereich Europa, 6. Februar 2017 (Hervorhebungen im Original)
Zitat
5. Zusammenfassung
Die Einführung einer Infrastrukturabgabe gemäß § 1 Abs. 1 InfrAG bei gleichzeitiger Vermeidung
einer Doppelbelastung für in Deutschland Kfz-Steuerpflichtige durch Einführung eines Steuerentlastungsbetrags
im Rahmen der Kfz-Steuer bewirkt ein komplexes Zusammenspiel von verschiedenen
Be- und Entlastungsentscheidungen mit divergierenden rechtlichen Prämissen, das
das unionsrechtliche Verbot der mittelbaren Diskriminierung aufgrund der Staatsangehörigkeit
wahren muss. In diesem rechtlich komplexen Systemzusammenhang spricht die objektiv gebotene
Gesamtbetrachtung der im InfrAG und im 2. VerkehrStÄndG vorgesehenen Maßnahmen
auch unter Berücksichtigung der projektierten Änderungen im InfrAG-E und KraftStG-E dafür,
dass die Maßnahmenkombination in ihrem Gesamtkonzept aufgrund der kompensatorischen
Wirkung des Steuerentlastungsbetrags zugunsten von im Inland Kfz-Steuerpflichtigen eine mittelbare Diskriminierung aus Gründen der Staatsangehörigkeit zulasten der nicht in Deutschland Kfz-steuerpflichtigen Fahrzeughalter und Nutzer der deutschen Bundesfernstraßen aus anderen Mitgliedstaaten bewirkt, die sich nicht auf unionsrechtlich anerkannte Rechtfertigungsgründe
stützen lässt. Ausgehend von den Feststellungen des EuGH in der Rs. C-195/90 (Kommission/ Deutschland) führt die Einführung einer Infrastrukturabgabe zudem zu einer potenziellen Beeinträchtigung von Verkehrsunternehmern im Sinne von Art. 92 AEUV.
http://www.bundestag.de/blob/493516/ab77f6cf73cf5d38bc57a0193bf808c0/pe-6-005-17-pdf-data.pdf
Titel: Re: Kleiner Ausflug zum Europarecht
Beitrag von: pinguin am 20. Februar 2017, 20:22
Es hat wieder was Neues.

Eine allgemeine Vorratsdatenspeicherung ist mit europäischem Recht nicht vereinbar.

EuGH C-203/15 - Tele2 Sverige AB gegen Post- och telestyrelsen und  C-698/15 - Secretary of State for the Home Department gegen Tom Watson, Peter Brice, Geoffrey Lewis - http://curia.europa.eu/juris/document/document.jsf?text=&docid=186492&pageIndex=0&doclang=DE&mode=lst&dir=&occ=first&part=1&cid=389221

Leitsätze
Zitat
1
Art. 15 Abs. 1 der Richtlinie 2002/58/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 12. Juli 2002 über die Verarbeitung personenbezogener Daten und den Schutz der Privatsphäre in der elektronischen Kommunikation (Datenschutzrichtlinie für elektronische Kommunikation) in der durch die Richtlinie 2009/136/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 25. November 2009 geänderten Fassung ist im Licht der Art. 7, 8 und 11 sowie des Art. 52 Abs. 1 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union dahin auszulegen, dass er einer nationalen Regelung entgegensteht, die für Zwecke der Bekämpfung von Straftaten eine allgemeine und unterschiedslose Vorratsspeicherung sämtlicher Verkehrs- und Standortdaten aller Teilnehmer und registrierten Nutzer in Bezug auf alle elektronischen Kommunikationsmittel vorsieht.

Zitat
2
Art. 15 Abs. 1 der Richtlinie 2002/58 in der durch die Richtlinie 2009/136 geänderten Fassung ist im Licht der Art. 7, 8 und 11 sowie des Art. 52 Abs. 1 der Charta der Grundrechte dahin auszulegen, dass er einer nationalen Regelung entgegensteht, die den Schutz und die Sicherheit der Verkehrs- und Standortdaten, insbesondere den Zugang der zuständigen nationalen Behörden zu den auf Vorrat gespeicherten Daten zum Gegenstand hat, ohne im Rahmen der Bekämpfung von Straftaten diesen Zugang ausschließlich auf die Zwecke einer Bekämpfung schwerer Straftaten zu beschränken, ohne den Zugang einer vorherigen Kontrolle durch ein Gericht oder eine unabhängige Verwaltungsbehörde zu unterwerfen und ohne vorzusehen, dass die betreffenden Daten im Gebiet der Union auf Vorrat zu speichern sind.

Man wird als Zusammenfassung der Leitsätze 1 und 2 zu erkennen haben, daß eine Vorratsdatenspeicherung überhaupt nur zur Verfolgung schwerer Straftaten zulässig ist, die Daten insofern unionsweit zu speichern sind und der Zugang zu diesen Daten bspw. einer gerichtlichen Genehmigung bedarf.

Rn 77
Zitat
Der in Art. 5 Abs. 1 der Richtlinie 2002/58 garantierte Schutz der Vertraulichkeit elektronischer Kommunikationen und der damit verbundenen Verkehrsdaten gilt nämlich für Maßnahmen sämtlicher anderer Personen als der Nutzer, unabhängig davon, ob es sich um private Personen oder Einrichtungen oder um staatliche Einrichtungen handelt.[...]

Rn 85
Zitat
Der mit der Richtlinie 2002/58 eingeführte Grundsatz der Vertraulichkeit von Kommunikationen bedeutet u. a., dass – wie aus Art. 5 Abs. 1 Satz 2 der Richtlinie hervorgeht – es jeder anderen Person als dem Nutzer grundsätzlich untersagt ist, ohne dessen Einwilligung mit elektronischen Kommunikationen verbundene Verkehrsdaten zu speichern. Ausgenommen sind lediglich die gemäß Art. 15 Abs. 1 dieser Richtlinie gesetzlich dazu ermächtigten Personen sowie die für die Weiterleitung einer Nachricht erforderliche technische Speicherung (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 29. Januar 2008, Promusicae, C-275/06, EU:C:2008:54, Rn. 47).
Hier dann letztlich auch in Übereinstimmung zur EU-Datenschutzgrundverordnung, daß es einer Einwillung der betroffenen Person bedarf, deren Daten weitergegeben werden sollen.

Rn 86
Zitat
[...]Andere Standortdaten als Verkehrsdaten dürfen nach Art. 9 Abs. 1 der Richtlinie 2002/58 nur unter bestimmten Voraussetzungen und nur dann verarbeitet werden, wenn sie anonymisiert wurden oder wenn die Nutzer oder Teilnehmer ihre Einwilligung gegeben haben.
Weder BS noch ÖRR wären damit zur dauerhaften Datenspeicherung befugt.

Rn 90 geht dann ausführlich auf jene Gründe ein, auf Basis derer überhaupt eine Speicherung von Daten zulässig sein kann.

Rn 90
Zitat
Insoweit ist darauf hinzuweisen, dass Art. 15 Abs. 1 Satz 1 der Richtlinie 2002/58 vorsieht, dass die in dieser Bestimmung genannten Rechtsvorschriften, die vom Grundsatz der Vertraulichkeit von Kommunikationen und der damit verbundenen Verkehrsdaten abweichen, „die nationale Sicherheit (d. h. die Sicherheit des Staates), die Landesverteidigung, die öffentliche Sicherheit sowie die Verhütung, Ermittlung, Feststellung und Verfolgung von Straftaten oder des unzulässigen Gebrauchs von elektronischen Kommunikationssystemen“ zum Ziel haben müssen oder einen der anderen Zwecke verfolgen müssen, die in Art. 13 Abs. 1 der Richtlinie 95/46, auf den Art. 15 Abs. 1 Satz 1 der Richtlinie 2002/58 verweist, genannt sind (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 29. Januar 2008, Promusicae, C-275/06, EU:C:2008:54, Rn. 53). Hierbei handelt es sich um eine abschließende Aufzählung der Zwecke, wie aus Art. 15 Abs. 1 Satz 2 der Richtlinie 2002/58 hervorgeht, wonach die Rechtsvorschriften aus den in Art. 15 Abs. 1 Satz 1 dieser Richtlinie „aufgeführten Gründen“ gerechtfertigt sein müssen. Die Mitgliedstaaten dürfen demnach solche Vorschriften nicht zu anderen als den in Art. 15 Abs. 1 Satz 1 der Richtlinie 2002/58 aufgezählten Zwecken erlassen.
Die Gründe sind im Zitat selbst benannt; mehr ist also nicht zulässig.

Als ob das dann aber noch nicht genug wäre, müssen alle Bestimmungen der Charta der Grundrechte der Europäischen Union eingehalten werden.

Zitat
Folglich muss die Bedeutung sowohl des in Art. 7 der Charta gewährleisteten Grundrechts auf Achtung des Privatlebens als auch des in Art. 8 der Charta gewährleisteten Grundrechts auf Schutz personenbezogener Daten, wie sie sich aus der Rechtsprechung des Gerichtshofs ergibt (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 6. Oktober 2015, Schrems, C-362/14, EU:C:2015:650, Rn. 39 und die dort angeführte Rechtsprechung), bei der Auslegung von Art. 15 Abs. 1 der Richtlinie 2002/58 berücksichtigt werden. Das Gleiche gilt in Anbetracht der besonderen Bedeutung, die der Freiheit der Meinungsäußerung in jeder demokratischen Gesellschaft zukommt, für das Recht auf freie Meinungsäußerung. Dieses in Art. 11 der Charta gewährleistete Grundrecht stellt eine der wesentlichen Grundlagen einer demokratischen und pluralistischen Gesellschaft dar, die zu den Werten gehört, auf die sich die Union nach Art. 2 EUV gründet (vgl. in diesem Sinne Urteile vom 12. Juni 2003, Schmidberger, C-112/00, EU:C:2003:333, Rn. 79, und vom 6. September 2011, Patriciello, C-163/10, EU:C:2011:543, Rn. 31).

Rn 100
Zitat
In Anbetracht der Schwere des Eingriffs in die betreffenden Grundrechte durch eine nationale Regelung, die für Zwecke der Kriminalitätsbekämpfung die Vorratsspeicherung von Verkehrs- und Standortdaten vorsieht, vermag allein die Bekämpfung der schweren Kriminalität eine solche Maßnahme zu rechtfertigen (vgl. entsprechend, zur Richtlinie 2006/24, Urteil Digital Rights, Rn. 60).
Selbst also zur Ahndung einfacher Straftaten ist eine Vorratsdatenspeicherung unzulässig.

Aus Rn 115
Zitat
[...]ist darauf hinzuweisen, dass, da die Aufzählung der in Art. 15 Abs. 1 Satz 1 der Richtlinie 2002/58 genannten Zwecke – wie in den Rn. 90 und 102 des vorliegenden Urteils festgestellt – abschließend ist, der Zugang zu den auf Vorrat gespeicherten Daten tatsächlich strikt einem dieser Zwecke dienen muss.[...]
Das Mitgliedasland ist also nicht befugt, Gründe für eine Vorratsdatenspeicherung zu erfinden, die über „die nationale Sicherheit (d. h. die Sicherheit des Staates), die Landesverteidigung, die öffentliche Sicherheit sowie die Verhütung, Ermittlung, Feststellung und Verfolgung von Straftaten oder des unzulässigen Gebrauchs von elektronischen Kommunikationssystemen“ hinausreichen; bei Straftaten hat es wiederum bereits die weitere Begrenzung auf schwere Straftaten.
Titel: Re: Kleiner Ausflug zum Europarecht
Beitrag von: Roggi am 20. Februar 2017, 21:29
Randnummer 100 besagt eindeutig, es vermag allein die Bekämpfung der schweren Kriminalität eine solche Maßnahme wie die Vorratsdatenspeicherung zu rechtfertigen. Damit kann wohl behauptet werden, örR behandelt alle Bürger wie Schwerkriminelle. Und wird damit selbst kriminell, denn Freiheitsberaubung ohne rechtliche Grundlage ist kriminell.

Vorratsdatenspeicherung wird als sehr schwerer Eingriff in die Grundrechte angesehen. Das war auch vorher schon klar, aber unsere öffentlich rechtlichen Fernsehsender ignorieren geltendes Recht - allein des Profites wegen.

Es ist u.A. von Standortdaten die Rede, also die Adressen der Bürger dürfen so wie in der jetzigen Regelung eindeutig nicht an den BS übermittelt werden.
Teilnehmer oder Nutzer können ihre Zustimmung geben (RN86), also alles paletti, die Rundfunkteilnehmer geben sicherlich gerne ihre Zustimmung, um weiterhin gutes Unterhaltungsprogramm zu bekommen. Das haben sie zu Gebührenzeiten auch getan.
Titel: Re: Kleiner Ausflug zum Europarecht
Beitrag von: pinguin am 25. Februar 2017, 20:19
Nach einer Entscheidung des EuGH, Rechtssache C-347/14, Rn 22, vom 21. Oktober 2015, müssen in einem besonders wettbewerbsstarken Medienumfeld für Anbieter, die sich an das gleiche Publikum richten, die gleichen Regeln gelten.

In dieser Entscheidung geht es um einen Zeitungsverlag, der für die Öffentlichkeit Videos auf einer seiner Webseiten bereitstellt; elektronische Ausgaben von Zeitungen und Zeitschriften fallen zwar regelmäßig nicht unter die Bestimmungen der Richtlinie 2010/13/EU über audio-visuelle Mediendienste, (Rn. 27), doch gilt das nur dann, wenn Videopublikationen, nur aus einem Zeitungsartikel heraus aufgerufen werden können und insofern direkten Bezug zu einem Thema der Zeitung haben.

Besteht dieser Bezug nicht, sind diese Videos also separat aufrufbar, fallen sie trotzdem unter die Geltung der Richtlinie 2010/13/EU über audio-visuelle Mediendienste. (Rn. 34)

Rechtssache C?347/14 http://eur-lex.europa.eu/legal-content/DE/TXT/?qid=1488019700561&uri=CELEX:62014CJ0347

Insofern ist es für jeden Verlag notwendig, seine eingestellten Videos so mit Zeitungsartikeln zu verbinden, daß zu allererst der Zeitungsartikel aufgerufen werden muß, bei Beachtung des zwingend nötigen thematischen Bezuges zwischen Zeitungsartikel und Video, um an das Video heranzukommen.

Die Auflistung aller Videos via Mediathek sollte insofern unkritisch sein, wenn, wie geschrieben, der Klick auf den Link zu diesem Video zuerst zum Zeitungsartikel führt, aus dem allein dann das Video aufgerufen werden kann.
Titel: Re: Kleiner Ausflug zum Europarecht
Beitrag von: pinguin am 26. Februar 2017, 14:30
In Punkto "staatliche Beihilfe" hat der EuGH klare Regeln aufgestellt:

Verbundenen Rechtssachen TV 2/Danmark A/S gegen Kommission der Europäischen Gemeinschaften T-309/04, T-317/04, T-329/04 und T-336/04 http://curia.europa.eu/juris/document/document.jsf?text=beh%25C3%25B6rdliche%2Beingriffe%2Bart%2B11%2Bcharta&docid=66955&pageIndex=0&doclang=DE&mode=req&dir=&occ=first&part=1&cid=1092877#ctx1

Zitat
Nach der vierten Altmark-Voraussetzung ist schließlich, „[w]enn … die Wahl des Unternehmens, das mit der Erfüllung gemeinwirtschaftlicher Verpflichtungen betraut werden soll, im konkreten Fall nicht im Rahmen eines Verfahrens zur Vergabe öffentlicher Aufträge erfolgt, das die Auswahl desjenigen Bewerbers ermöglicht, der diese Dienste zu den geringsten Kosten für die Allgemeinheit erbringen kann, … die Höhe des erforderlichen Ausgleichs auf der Grundlage einer Analyse der Kosten zu bestimmen, die ein durchschnittliches, gut geführtes Unternehmen, das so angemessen mit Transportmitteln ausgestattet ist, dass es den gestellten gemeinwirtschaftlichen Anforderungen genügen kann, bei der Erfüllung der betreffenden Verpflichtungen hätte, wobei die dabei erzielten Einnahmen und ein angemessener Gewinn aus der Erfüllung dieser Verpflichtungen zu berücksichtigen sind“ (Urteil Altmark, oben in Randnr. 188 angeführt, Randnr. 93).
Es heißt also, die staatliche Beihilfe darf nur in einer Höhe erfolgen, wie sie privatwirtschaft in gleichem Umfang aufgewendet werden würde.
Titel: Re: Kleiner Ausflug zum Europarecht
Beitrag von: pinguin am 02. März 2017, 14:21
Eine weitere Entscheidung in Punkto Gema und Co.

Verwertungsgesellschaft Rundfunk GmbH gegen Hettegger Hotel Edelweiss GmbH - Rechtssache C-641/15

http://curia.europa.eu/juris/document/document.jsf?text=&docid=187919&pageIndex=0&doclang=DE&mode=lst&dir=&occ=first&part=1&cid=604742

Die Wiedergabe von Hör- und Fernsehsendungen über ein in einem Hotelzimmer aufgestelltes Fernsehgerät findet nicht an einem Ort statt, der der Öffentlichkeit gegen Zahlung eines Eintrittsgeldes zugänglich ist; weder der Übernachtungspreis noch die im Hotel gekauften Getränke bspw. stellen ein Eintrittsgeld im Sinne der Bestimmungen dar. Gemapflichtig sind aber nur jene öffentlichen Aufführungen, für die die Bürger ein Eintrittsgeld bezahlen, um sie sehen zu können.

Dem Grunde nach sind also bspw. nur Kinos gemapflichtig.
Titel: Re: Kleiner Ausflug zum Europarecht
Beitrag von: pinguin am 14. März 2017, 00:18
Bitte aufmerksam durchlesen!

Betrifft : 
Staatliche Beihilfe E 2/2008 (ex CP 163/2004 und CP 227/2005) –
Finanzierung des ORF

http://ec.europa.eu/competition/state_aid/cases/223847/223847_1016418_150_2.pdf

Vieles dürfte auch auf den dt. ÖRR anwendbar sein. Obiges Dokument beinhaltet die endgültige Stellungnahme der EU-Kommission zum damaligen ORF-Beihilfeverfahren.
Titel: Re: Kleiner Ausflug zum Europarecht
Beitrag von: PersonX am 14. März 2017, 18:02
Zitat
Bitte aufmerksam durchlesen!

Das wird wohl nicht ausreichen.

Da muss sicherlich eine Liste gemacht werden mit Stichworten zum Prüfen, besonders aus

6. BEIHILFERECHTLICHE WÜRDIGUNG RN 98) bis 176)

Da gibt es offenbar einige Punkte, welche für die Deutsche Lösung ebenso zu prüfen sind.

im Kurzflug gesichtet springen einige Punkte ins Auge ;-) und das sind sicherlich nicht alle.
 
6.1.7. Definition des öffentlich-rechtlichen Auftrags RN 138 ... 144, 147
6.1.9. Verhältnismäßigkeitsprüfung RN 158
6.1.9.4. Fehlen einer angemessenen Finanzaufsicht
Titel: Re: Kleiner Ausflug zum Europarecht
Beitrag von: pinguin am 14. März 2017, 20:18
Das wird wohl nicht ausreichen.
Hast Recht, siehe neues Thema:
Auswertung Stellungnahmen EU-Kommission Beihilfeverfahren ORF und dt. ÖRR
http://gez-boykott.de/Forum/index.php/topic,22432.0.html
Titel: Re: Kleiner Ausflug zum Europarecht
Beitrag von: pinguin am 12. April 2017, 09:17
Anbei der Link zu einem bzw. mehreren EU-Dokumenten in Bezug auf Kollektivklagen.

Rahmen für den kollektiven Rechtsschutz (Kollektivklagen)
http://eur-lex.europa.eu/legal-content/DE/TXT/?qid=1431576724167&uri=LEGISSUM:090402_1

Zitat
Kollektive Rechtsschutzverfahren erleichtern den Zugang zur Justiz für jene, deren Rechte durch ein und dieselbe Organisation verletzt wurden. Sie ermöglichen es ihnen, ihre Rechte in solchen Fällen gemeinsam zu wahren, in denen sie es einzeln aufgrund der Kosten und des zeitlichen Aufwands nicht getan hätten.

Also, alle GEZ-Geschädigten haben in Europa das Recht, sich juristisch gemeinsam zusammenzutun.

Weiter im speziellen Thema dafür:

Sammelklagen & Kollektivklagen in Europa

http://gez-boykott.de/Forum/index.php/topic,22722.msg145239.html#msg145239
Titel: Re: Kleiner Ausflug zum Europarecht
Beitrag von: pinguin am 12. April 2017, 21:45
Anbei der Link zu einer weiteren Thematik, für die ein eigenes Thema eröffnet worden ist:

Zahlungsdienst - Zahlungsdienstleister (EU-Recht)
http://gez-boykott.de/Forum/index.php/topic,22732.0.html

Möglicherweise ist diese Thematik bedeutsam für die europäische Gültigkeit der Aktivitäten von GEZ und Co.
Titel: Re: Kleiner Ausflug zum Europarecht
Beitrag von: pinguin am 15. April 2017, 14:13
Als Info für jene User, die hier noch mitlesen.

Es hat eine neue

Mitteilung der Kommission im Rahmen der Durchführung der Richtlinie 2014/53/EU des Europäischen Parlaments und des Rates über die Harmonisierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Bereitstellung von Funkanlagen auf dem Markt und zur Aufhebung der Richtlinie 1999/5/EG
http://eur-lex.europa.eu/legal-content/DE/TXT/HTML/?uri=CELEX:52017XC0412%2808%29&from=DE

Ist also eine aktuelle Übersicht über alte Normen der Richtlinie 1999/5/EG für alle möglichen Rundfunkanlagen und ihre in der Richtlinie 2014/53/EU enthaltenen neuen Bestimmungen.

Details sind am Ende des Dokumentes aufgeführt, da die neue Norm tlw. veränderte Konditionen zu der alten Norm erfahren hat.
Titel: Re: Kleiner Ausflug zum Europarecht
Beitrag von: Peter-Alexander am 15. April 2017, 14:36
Also, alle GEZ-Geschädigten haben in Europa das Recht, sich juristisch gemeinsam zusammenzutun.

Wo ist der Sinn ?

Klagen vor dem EuGH sind doch schon kostenfrei ??

Der EuGH kann aber nur angerufen werden, wenn

1.) der nationale Verfahrensweg ausgeschöpft ist
2.) es Sachverhalte betrifft, die Bürger eines bestimmten EU-Landes bevor- oder benachteiligen
Titel: Re: Kleiner Ausflug zum Europarecht
Beitrag von: pinguin am 15. April 2017, 15:21
Wo ist der Sinn ?
Eine Gruppe von Bürgern wird weniger schnell abgebügelt als ein einzelner.
Titel: Re: Kleiner Ausflug zum Europarecht
Beitrag von: Peter-Alexander am 16. April 2017, 11:49
Ja, die "Gruppe von Bürgern" wird aber kaum deckungsgleiche Argumente haben. Der Umstand zB, dass in meinem (fiktiven) Fall, die GEZ von mir seit 2012 keinen Rundfunk-Beitrag will, ist sicher nicht exemplarisch.
So wenig wie es mein dt. Erstwohnsitz und mehrere Hauptwohnsitze in der EU sind.
Titel: Re: Kleiner Ausflug zum Europarecht
Beitrag von: pinguin am 18. April 2017, 08:00
Man könnte dazu zwar eine Pressemeldung anfertigen, doch da es nicht explizit um Rundfunk geht, stelle ich das mal hier einfach ein.

Brüssel erteilt dem VW-Boss eine Benimm-Lehrstunde
https://www.welt.de/wirtschaft/article163752820/Bruessel-erteilt-dem-VW-Boss-eine-Benimm-Lehrstunde.html

Ein Brief zeigt, wie sehr die EU von VW genervt ist
https://www.welt.de/wirtschaft/article163740871/Ein-Brief-zeigt-wie-sehr-die-EU-von-VW-genervt-ist.html

Beiden Artikeln ist zu entnehmen, daß auch Verbraucherschutz europäisches Recht darstellt und sich die EU-Kommission auf Verordnung 2006/2004 stützen kann, wenn es nötig sein sollte, zur Erreichung eines hohen Verbraucherschutzstandards bspw. auf unwillige Unternehmen einzuwirken.

Die genannte Verordnung sei hier mal verlinkt:

VERORDNUNG (EG) NR. 2006/2004 [...] über die Zusammenarbeit zwischen den für die Durchsetzung der Verbraucherschutzgesetze zuständigen nationalen Behörden („Verordnung über die Zusammenarbeit im Verbraucherschutz“)
http://eur-lex.europa.eu/legal-content/DE/TXT/?qid=1492494957224&uri=CELEX:32004R2006

Weil Verordnung, bedarf auch dieses Dokument keiner weiteren nationalen Bearbeitung für seine Gültigkeit, wie es bei der Datenschutz-Grundverordnung ja auch nicht erforderlich ist.

Es sei nochmals wiederholt, daß jede noch so kleine Behörde hier verpflichtet ist, eine EU-Verordnung in Eigenverantwortung einzuhalten.
Titel: Re: Kleiner Ausflug zum Europarecht
Beitrag von: pinguin am 18. April 2017, 21:50
Wenn man sich den vorherigen Beitrag und die darin verlinkten Artikel durchliest, sollte man sich nicht scheuen, auch Einblick in die genannte Verordnung 2006/2004 zu nehmen.

VERORDNUNG (EG) NR. 2006/2004 [...] über die Zusammenarbeit zwischen den für die Durchsetzung der Verbraucherschutzgesetze zuständigen nationalen Behörden („Verordnung über die Zusammenarbeit im Verbraucherschutz“)
http://eur-lex.europa.eu/legal-content/DE/TXT/?qid=1492494957224&uri=CELEX:32004R2006

Zitat
Artikel 1

Zielsetzung

Diese Verordnung regelt die Bedingungen, unter denen die zuständigen Behörden in den Mitgliedstaaten, die als für die Durchsetzung der Gesetze zum Schutz der Verbraucherinteressen verantwortlich benannt wurden, miteinander und mit der Kommission zusammenarbeiten, um im Interesse des Schutzes der wirtschaftlichen Interessen der Verbraucher zu gewährleisten, dass diese Gesetze eingehalten werden und das reibungslose Funktionieren des Binnenmarkts sichergestellt wird.

Zitat
Artikel 3

Begriffsbestimmungen

Für die Zwecke dieser Verordnung bezeichnet der Begriff

a)


„Gesetze zum Schutz der Verbraucherinteressen“ die im Anhang aufgeführten Richtlinien in der in die innerstaatliche Rechtsordnung der Mitgliedstaaten umgesetzten Form und die dort aufgeführten Verordnungen;

Schaut man nun in den diesen Anhang

Zitat
ANHANG

Von Artikel 3 Buchstabe a) (1) erfasste Richtlinien und Verordnungen

4.
   

Richtlinie 89/552/EWG des Rates vom 3. Oktober 1989 zur Koordinierung bestimmter Rechts- und Verwaltungsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Ausübung der Fernsehtätigkeit: Artikel 10 bis 21 (ABl. L 298 vom 17.10.1989, S. 23). Zuletzt geändert durch die Richtlinie 97/36/EG des Europäischen Parlaments und des Rates (ABl. L 202 vom 30.7.1997, S. 60).

Die Richtlinie 89/552/EWG ist immer noch jene, die maßgeblich in den Rundfunkstaatsverträgen benannt sind, seit langem aber außer Kraft ist; ersetzt durch die aktuelle Richtlinie 2010/13/EU über audio-visuelle Mediendienste.

Heißt also, auch die in den Rundfunkrichtlinien benannten Aspekte sind im Sinne des Verbraucherschutzes auszulegen und nur so anzuwenden; es kommt also nicht auf den Schutz von ÖRR und Co an, sondern auf die Verbraucherinteressen.

Es hat übrigens eine neue Entscheidung des EuGH, wonach auch der ÖRR Urheberrechte einzuhalten hat.

Rechtssache C-275/15
http://curia.europa.eu/juris/document/document.jsf?text=&docid=188484&pageIndex=0&doclang=DE&mode=lst&dir=&occ=first&part=1&cid=237934

Leitsatz:
Zitat
Art. 9 der Richtlinie 2001/29/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 22. Mai 2001 zur Harmonisierung bestimmter Aspekte des Urheberrechts und der verwandten Schutzrechte in der Informationsgesellschaft und insbesondere der Begriff „Zugang zum Kabel von Sendediensten“ ist dahin auszulegen, dass eine nationale Regelung, nach der das Urheberrecht nicht verletzt wird, wenn Werke, die von Fernsehsendern mit Gemeinwohlverpflichtungen ausgestrahlt wurden, im Gebiet der ursprünglichen Ausstrahlung umgehend über Kabel, gegebenenfalls auch mittels Internet, weiterverbreitet werden, nicht unter diese Bestimmung fällt und nicht von ihr gestattet wird.
Titel: Re: Kleiner Ausflug zum Europarecht
Beitrag von: Peter-Alexander am 19. April 2017, 09:32
Es sei nochmals wiederholt, daß jede noch so kleine Behörde hier verpflichtet ist, eine EU-Verordnung in Eigenverantwortung einzuhalten.

Wo kein Kläger, da kein Richter

Warum haben sich denn
- Sixt
- Rossmann
- Kind
nicht an die EU-Kommsision gewandt, weil sie im europäischen Wettbewerb benachteiligt sind, ggü. Mitbewerbern?? Entweder die Anwälte der Unternehmen taugen nichts, oder sie wollten jahrelang mit sinnlosen Prozessen Geld verdienen.  ;D

Heißt also, auch die in den Rundfunkrichtlinien benannten Aspekte sind im Sinne des Verbraucherschutzes auszulegen und nur so anzuwenden; es kommt also nicht auf den Schutz von ÖRR und Co an, sondern auf die Verbraucherinteressen.

Das wissen ARD und ZDF schon lange, dass ihre Abzocke EU-rechtswidrig ist, spätestens seit der Entscheidung der EU-Kommission Roaming-Gebühren bei der Telekommunikation abzuschaffen !
Es ist nun mal technisch kein Problem, TV-Programme zu verschlüsseln und das wird im EU-Ausland schon jahrzehntelang so gemacht, vom ÖRR in anderen EU-Ländern

Wichtig war bei dem Rundfunkstaatsvertrag, dass man den umständlichsten Weg, nämlich den über die Verwaltungsgerichte , jahrzehntelang durchhalten muss. Und während die Kläger ihre Prozesse im Schneckentempo durch die Instanzen gedrückt haben, kassierten die Konzerne Milliarden€, die sie nur an die zurückzahlen müssen, die "unter Vorbehalt" bezahlt haben
 ;)
Titel: Re: Kleiner Ausflug zum Europarecht
Beitrag von: noGez99 am 19. April 2017, 09:58
Zitat
die sie nur an die zurückzahlen müssen, die "unter Vorbehalt" bezahlt haben
Und das ist ja nach 3 Jahren verjährt, das heisst  den Beitrag von 2013 hat der ÖR  durch die Verzögerungstaktik schon im Sack.
Titel: Re: Kleiner Ausflug zum Europarecht
Beitrag von: pinguin am 20. April 2017, 16:04
Sinngemäß einer Entscheidung des EFTA-Gerichtshofes ist eine Tätigkeit eine öffentlichen Unternehmens eines wirtschaftliche Tätigkeit, wenn es im gleichen Marktsegment private Wettbewerber hat, auch dann, wenn eine Kommune als Unternehmen auftritt.

Die Preise, die eine Kommune als Unternehmen einfordert, dürfen die Kosten nicht übersteigen.

Rechtssache E-29/15
http://eur-lex.europa.eu/legal-content/DE/TXT/?uri=uriserv:OJ.C_.2017.123.01.0007.01.DEU&toc=OJ:C:2017:123:TOC

Zitat
(Missbrauch einer marktbeherrschenden Stellung — Begriff des Unternehmens — von Kommunen eingerichtete Kooperationsstrukturen — Abfallbewirtschaftung — Dienstleistungen von allgemeinem wirtschaftlichem Interesse — Anwendung unterschiedlicher Bedingungen bei gleichwertigen Leistungen gegenüber Handelspartnern — Preisdiskriminierung)

Zitat
1.
   

Eine Kommune kann als ein Unternehmen im Sinne des Artikels 54 EWR-Abkommen gelten, wenn sie eine wirtschaftliche Tätigkeit ausübt, die darin besteht, Güter oder Dienstleistungen auf dem Markt anzubieten. Bei der Feststellung, ob es sich bei einer Tätigkeit wie Abfallbewirtschaftung um eine wirtschaftliche Tätigkeit handelt, ist zu berücksichtigen, ob sie im Wettbewerb mit privaten Unternehmen erbracht wird. In diesem Zusammenhang muss dem Umstand, dass für die Erbringung von Dienstleistungen der Abfallbewirtschaftung erhaltene Gebühren nicht die Kosten übersteigen dürfen, Rechnung getragen werden, wenn das Vorliegen einer Wettbewerbssituation auf dem Markt beurteilt wird.

Der EFTA-Gerichtshof ist jener Gerichtshof, der sich mit Streitigkeiten jener Länder befasst, die dem EU-Binnenmarkt angehören, der EU selber jedoch nicht.
Titel: Re: Kleiner Ausflug zum Europarecht
Beitrag von: pinguin am 13. Mai 2017, 21:32
Aus der Stellungnahme des EU-Generalanwaltes Wathelet zur Rechtssache C-682/15 (http://curia.europa.eu/juris/document/document.jsf?text=unternehmen%2Bbeh%25C3%25B6rde&docid=186677&pageIndex=0&doclang=DE&mode=req&dir=&occ=first&part=1&cid=1099765#ctx1) läßt sich, siehe Rn 47, entnehmen, daß es für die verpflichtende Anwendung der Charta der Grundrechte der Europäischen Union genügt, wenn das EU-Recht den Rahmen setzt, in dem sich eine nationale Bestimmung bewegt.

Rn 47
Zitat
[...]Jede Maßnahme, die „in dem Rahmen“ getroffen wird, der durch eine sich aus dem Unionsrecht ergebende Verpflichtung vorgegeben wird, fällt nämlich unter dieses Recht und dient seiner Durchführung(13).

Rn 41
Zitat
Nach Art. 51 Abs. 1 der Charta ist die Durchführung des Rechts der Union tatsächlich die absolute Vorbedingung für die Anwendbarkeit der Charta auf die Mitgliedstaaten. [...]

Wir kennen um die Richtlinie 2010/13/EU über audio-visuelle Mediendienste und auch um ihre Funktion als eine das Rahmenrecht setzende Bestimmung; ergo sind die Bestimmungen der Charta einzuhalten.

Rn 84
Zitat
In Wirklichkeit geht es um nicht mehr und nicht weniger als darum, die Vorgaben von Art. 52 Abs. 1 der Charta zu beachten, wonach „eine Einschränkung des Rechts im Sinne von Art. 47 der Charta …, bei einem Gericht einen wirksamen Rechtsbehelf einzulegen[,] … nur dann gerechtfertigt sein [kann], wenn sie gesetzlich vorgesehen ist, den Wesensgehalt dieses Rechts achtet und unter Wahrung des [allgemeinen] Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit erforderlich ist und den von der Europäischen Union anerkannten dem Gemeinwohl dienenden Zielsetzungen oder den Erfordernissen des Schutzes der Rechte und Freiheiten anderer tatsächlich entspricht“(34).

Art 11 der Charta der Grundrechte der EU bestimmt zur Meinungs- und Informationsfreiheit die Freiheit behördlicher Einwirkung auf Personen.

Der Wesensgehalt dieser Bestimmung darf nicht angetastet werden, und jede Einschränkung dieses Rechts muß nicht nur verhältnismäßig sein, sondern auch den anerkannten Zielsetzungen, bzw. Erfordernissen der Union entsprechen.

Die Union behandelt alle Unternehmen gleich.
Titel: Re: Kleiner Ausflug zum Europarecht
Beitrag von: pinguin am 14. Mai 2017, 16:56
Auch im Rechtsgefüge der Europäischen Union darf ein Unternehmen keine hoheitlichen Befugnisse haben, sagt sinngemäß der EuGH in seiner Entscheidung zur Rechtssache C-424/15 (http://curia.europa.eu/juris/document/document.jsf?text=beh%25C3%25B6rde%2Bals%2Bunternehmen&docid=184670&pageIndex=0&doclang=DE&mode=req&dir=&occ=first&part=1&cid=121687#ctx1); es hat seitens des EU-Rechts offenbar einen "Grundsatz der Trennung hoheitlicher und betrieblicher Funktionen".

In der genannten Entscheidung geht es um Unternehmen, die Telekommunikationsnetze bereitstellen, und ihre Regulierungsbehörden.

Es ist also absehbar, daß keine der dt. LRA auch nur irgendwie hoheitlich auftreten darf, da sie im europäischen Rechtsgefüge als im Wettbewerb zur Privatwirtschaft stehende Unternehmen gehandelt werden.

Für den BS als Teil der LRA kann daher nichts anderes gelten; ist er Teil der LRA, hat er auch nur deren Befugnisse. Und diese sind auch kraft europäischem Recht durchweg "nicht-hoheitlich", weil Unternehmen.

Mglw. ist auch der Status "Beliehener" mit EU-Recht nicht so ohne weiteres vereinbar, da seitens des EU-Rechts eine strukturelle Trennung zwischen "hoheitlich" und "nicht-hoheitlich"quasi vorgeschrieben ist, die sich ja auch im dt. Körperschaftssteuergesetz wiederfindet.

Titel: Re: Kleiner Ausflug zum Europarecht
Beitrag von: pinguin am 17. Mai 2017, 00:26
Beispiel für europäische Definitionen:

Richtlinie 2002/21/EG
http://eur-lex.europa.eu/legal-content/DE/TXT/?qid=1494972085848&uri=CELEX:32002L0021

Zitat
Artikel 2

Begriffsbestimmungen

[...]

h) "Nutzer": eine natürliche oder juristische Person, die einen öffentlich zugänglichen elektronischen Kommunikationsdienst in Anspruch nimmt oder beantragt;

i) "Verbraucher": jede natürliche Person, die einen öffentlich zugänglichen elektronischen Kommunikationsdienst zu anderen als gewerblichen oder beruflichen Zwecken nutzt oder beantragt;

[...]

k) "Teilnehmer": jede natürliche oder juristische Person, die mit einem Anbieter öffentlich zugänglicher elektronischer Kommunikationsdienste einen Vertrag über die Bereitstellung derartiger Dienste geschlossen hat;

[...]

n) "Endnutzer": ein Nutzer, der keine öffentlichen Kommunikationsnetze oder öffentlich zugänglichen elektronischen Kommunikationsdienste bereitstellt;

Auch hier übrigens

Zitat
(11) Nach dem Grundsatz der Trennung hoheitlicher und betrieblicher Funktionen [...]

Den Begriff "Nutzer" findet man in der RICHTLINIE 2010/13/EU (http://eur-lex.europa.eu/legal-content/DE/TXT/?qid=1440190481646&uri=CELEX:02010L0013-20100505) an mehreren Stellen in den Erwägungsgründen und an einer Stelle im Bereich des Art 1.

Den Begriff "Verbraucher" findet man in den Art 3 und 29, sowie in den Erwägungsgründen.
Titel: Re: Kleiner Ausflug zum Europarecht
Beitrag von: pinguin am 22. Mai 2017, 14:54
Aus einer aktuellen Entscheidung des EuGH, die ich mal hier hineinsetze:

Rechtssache C-150/16
http://curia.europa.eu/juris/document/document.jsf?text=%25C3%25B6ffentliches%2BUnternehmen&docid=190790&pageIndex=0&doclang=DE&mode=req&dir=&occ=first&part=1&cid=156381#ctx1

Rn. 33
Zitat
In Bezug auf die Voraussetzung der Wettbewerbsverzerrung ist darauf hinzuweisen, dass Beihilfen, die ein Unternehmen von den Kosten befreien sollen, die es normalerweise im Rahmen seiner laufenden Geschäftsführung oder seiner üblichen Tätigkeiten zu tragen gehabt hätte, grundsätzlich die Wettbewerbsbedingungen verfälschen (Urteil vom 30. April 2009, Kommission/Italien und Wam, C-494/06 P, EU:C:2009:272, Rn. 54).

Wird also eine staatliche Beihilfe für die Finanzierung des Regelbetriebes verwendet, ist die Wettbewerbsverzerrung definitiv vorhanden.

Dem geneigten Leser bleibt das Lesen des restlichen Urteilstextes.
Titel: Re: Kleiner Ausflug zum Europarecht
Beitrag von: pinguin am 29. Mai 2017, 08:18
Hier mal eine fast aktuelle Mitteilung der EU-Kommission:

Brüssel, 22. Mai 2017
Europäische Kommission - Pressemitteilung
Ab heute unterstützt die Europäische Ermittlungsanordnung die Behörden im Kampf gegen Kriminalität und Terrorismus
Heute tritt die Europäische Ermittlungsanordnung in Kraft. Sie erleichtert den Justizbehörden die Suche nach Beweisen in anderen EU-Mitgliedstaaten.
http://europa.eu/rapid/press-release_IP-17-1388_de.htm

Es wäre demnach also durchaus denkbar, daß ganz offiziell ein anderes EU-Land gegen den dt. ÖRR ermitteln läßt und auch von den nationalen Behörden nicht daran gehindert werden darf.
Titel: Re: Kleiner Ausflug zum Europarecht
Beitrag von: pinguin am 04. Juni 2017, 18:13
Nochmal zur Erinnerung:

Arten von EU-Rechtsvorschriften
Die Europäische Union beruht auf dem Grundsatz der Rechtsstaatlichkeit. Das bedeutet, dass jede Maßnahme der EU auf den Verträgen beruht, die von ihren Mitgliedern demokratisch vereinbart wurden. Die EU-Rechtsvorschriften dienen der Verwirklichung der in den EU-Verträgen festgelegten Ziele und der Umsetzung von EU-Strategien. Es gibt zwei Arten von Rechtsvorschriften – Primärrecht und Sekundärrecht
https://ec.europa.eu/info/law/law-making-process/types-eu-law_de

Zitat
Verordnungen

Verordnungen sind Rechtsakte, die bei Inkrafttreten automatisch und in einheitlicher Weise in allen EU-Ländern gelten, ohne dass sie in einzelstaatliches Recht umgesetzt werden müssen. Sie sind in allen ihren Teilen verbindlich und gelten unmittelbar in allen Mitgliedsländern.

Die Datenschutz-Grundverordnung - VERORDNUNG (EU) 2016/679
Verordnung (EU) 2016/679 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 27. April 2016 zum Schutz natürlicher Personen bei der Verarbeitung personenbezogener Daten, zum freien Datenverkehr und zur Aufhebung der Richtlinie 95/46/EG (Datenschutz-Grundverordnung)
http://eur-lex.europa.eu/legal-content/DE/TXT/?qid=1496571378935&uri=CELEX:32016R0679
trat gemäß Art. 99 am 20. Tag nach ihrer Veröffentlichung im EU-Amtsblatt in Kraft, also am 24. Mai 2016.
Titel: Re: Kleiner Ausflug zum Europarecht
Beitrag von: pinguin am 09. Juni 2017, 09:46
Nur als Info:

Stellungnahme des Europäischen Ausschusses der Regionen — Überprüfung der Richtlinie über audiovisuelle Mediendienste
http://eur-lex.europa.eu/legal-content/DE/TXT/?uri=uriserv:OJ.C_.2017.185.01.0041.01.DEU&toc=OJ:C:2017:185:TOC
Zitat
Für die Durchführung der Richtlinie ist die Information von Bedeutung, welche natürlichen oder juristischen Personen einen beherrschenden Einfluss auf den Betrieb der Mediendienste und die Entscheidungen der Mediendienstanbieter ausüben, entweder aufgrund ihrer Eigentümer- oder Stimmrechte oder ihrer in sonstigen Vereinbarungen festgelegten Rechte. Zur Identifizierung dieser Personen und Organisationen wird in der Änderung auf die Richtlinie 2005/60/EG des Europäischen Parlaments und des Rates zur Verhinderung der Nutzung des Finanzsystems zum Zwecke der Geldwäsche und der Terrorismusfinanzierung verwiesen. Die Transparenz der Eigentümerstruktur von Mediendiensten ist auch eine grundlegende Voraussetzung für die Medienfreiheit.

Standpunkt (EU) Nr. 4/2017 des Rates in erster Lesung im Hinblick auf den Erlass einer Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates über die strafrechtliche Bekämpfung von gegen die finanziellen Interessen der Union gerichtetem Betrug
http://eur-lex.europa.eu/legal-content/DE/TXT/?uri=uriserv:OJ.C_.2017.184.01.0001.01.DEU&toc=OJ:C:2017:184:TOC

Begründung des Rates: Standpunkt (EU) Nr. 4/2017 des Rates in erster Lesung im Hinblick auf den Erlass einer Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates über die strafrechtliche Bekämpfung von gegen die finanziellen Interessen der Union gerichtetem Betrug
http://eur-lex.europa.eu/legal-content/DE/TXT/?uri=uriserv:OJ.C_.2017.184.01.0014.01.DEU&toc=OJ:C:2017:184:TOC
Titel: Re: Kleiner Ausflug zum Europarecht
Beitrag von: art18GG am 12. Juni 2017, 15:48
@pinguin

das ist ja eine schöne Fleißarbeit bei der ich mich jedoch frage, wie man dies in eine Klage einbauen kann. Dass der RBStV gegen viele europäische Gesetze und Reglungen verstößt ist nicht verwunderlich, dennoch braucht man auch Kläger, die selbst betroffen sind.
Die Untersuchung der Kommission gegen die Niederlande wurde beispielsweise erst eingeleitet, nachdem sich mehrerer kommerzieller niederländischer Rundfunkveranstalter bei der Kommission beschwert hatten (vgl. http://merlin.obs.coe.int/iris/2011/2/article2.de.html), weshalb ich mich frage, warum deutsche Privatsender sich bisher noch nicht bei der Kommission beschwert haben.
Es dürfte hier wahrscheinlich generell das Problem bestehen, dass die Bundesrepublik Deutschland noch nicht verklagt werden kann, weil der RBStV immer noch Ländersache ist, da das Bundesverfassungericht in der Sache noch nicht entschieden hat. Sobald eine Entscheidung aus Karlsruhe vorliegt, müssten also auch hier neue Beschwerden möglich sein, oder verstehe ich das falsch?

Es stellt sich dann auch die Frage, ob man sich als EU-Bürger beispielsweise an die aktuelle Wettbewerbskommissarin Margrethe Vestager aus Dänemark wenden kann.
Entsprechende Beschwerden müssten dann auf Englisch oder Dänisch an die Kommissarin verfasst und versendet werden, wofür wir hier im Forum jemanden suchen müssten.   
Titel: Re: Kleiner Ausflug zum Europarecht
Beitrag von: pinguin am 12. Juni 2017, 16:54
weshalb ich mich frage, warum deutsche Privatsender sich bisher noch nicht bei der Kommission beschwert haben.
Du könntest bspw. bei denen deswegen nachfragen? Die Antwort könnte Dich überraschen oder auch nicht; je nach Betrachtungsweise.

Es dürfte hier wahrscheinlich generell das Problem bestehen, dass die Bundesrepublik Deutschland noch nicht verklagt werden kann, weil der RBStV immer noch Ländersache ist, da das Bundesverfassungericht in der Sache noch nicht entschieden hat. Sobald eine Entscheidung aus Karlsruhe vorliegt, müssten also auch hier neue Beschwerden möglich sein, oder verstehe ich das falsch?
Es wäre zu vermuten, daß Du dieses falsch siehst, um bei Deiner Wortwahl zu bleiben.

Es stellt sich dann auch die Frage, ob man sich als EU-Bürger beispielsweise an die aktuelle Wettbewerbskommissarin Margrethe Vestager aus Dänemark wenden kann.
Wieso stellt sich die Frage? Lese Dich doch bitten in den AEUV ein, dann hättest Du Dich "geschlaut" und hättest ganz sicher längst ein Schreiben an Frau Vestager abgesendet.

AEUV= Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union.

Nur wenige nationale, also bspw. insbesondere dt. Bürger, haben bisher, evtl. durch persönliche Ignoranz des EU-Rechts, offenbar verstanden, daß sie zeitgleich zu ihrer nationalen Bürgerschaft auch EU-Bürger sind, ganz ohne Antrag. Und damit besteht grundsätzlich die Möglichkeit, sich direkt an alle EU-Behörden und ihre Mitarbeiter mit eu-rechtlichen Belangen zu wenden.

Entsprechende Beschwerden müssten dann auf Englisch oder Dänisch an die Kommissarin verfasst und versendet werden,
Wo steht das? Einem jeden EU-Bürger ist es gestattet, sich in seiner nationalen Sprache an EU-Behörden zu wenden. Kein Hindernis kann es allerdings sein, sein Anliegen zusätzlich in der Sprache der angesprochenen Person zu verfassen.
Titel: Re: Kleiner Ausflug zum Europarecht
Beitrag von: pinguin am 16. Juni 2017, 07:51
Nur als Info:

Vertragsverletzungsverfahren im Juni: wichtigste Beschlüsse
http://europa.eu/rapid/press-release_MEMO-17-1577_de.htm

Zitat
9. Grundsätze der Verträge
(Weitere Informationen: Alexander Winterstein – Tel.: +32 229 -93265, Uldis Šalajevs – Tel.: +32 229-67560)

Aufforderungsschreiben:

Staatshaftung für Verstöße gegen EU-Recht. Die Kommission hat heute beschlossen, ein Aufforderungsschreiben an Spanien zu richten, da die nationalen Bestimmungen dieses Mitgliedstaats über die staatliche Haftung für Verstöße gegen das EU-Recht den Grundsätzen der Äquivalenz und/oder Effektivität zuwiderlaufen. Im spanischen Recht sind für eine Haftung für Verstöße gegen das EU-Recht ungünstigere Bedingungen festgelegt als für die Haftung im Fall eines Verstoßes gegen die spanische Verfassung. Außerdem enthält es Verfahrensvorschriften, die nicht mit der ständigen Rechtsprechung des Gerichtshofs der EU im Einklang stehen. Durch die strittigen nationalen Vorschriften wird die staatliche Haftung für einen Verstoß gegen EU-Recht übermäßig erschwert, was sich negativ auf die Effektivität des Unionsrechts auswirkt.
Titel: Re: Kleiner Ausflug zum Europarecht
Beitrag von: pinguin am 19. Juni 2017, 00:15
Nur als Info, evtl. auch bereits in Wiederholung?

Der EuGH zur Unternehmensdefinition:
Rechtssachen T-231/06 und T-237/06
http://eur-lex.europa.eu/legal-content/DE/TXT/?qid=1497812690879&uri=CELEX:62006TJ0231

Zitat
Urteil des Gerichts (Erste erweiterte Kammer) vom 16. Dezember 2010.
Königreich der Niederlande (T-231/06) und Nederlandse Omroep Stichting (NOS) (T-237/06) gegen Europäische Kommission.
Staatliche Beihilfen - Öffentlich-rechtlicher Rundfunk - Maßnahmen der niederländischen Behörden - Entscheidung, mit der die Beihilfen für mit dem Gemeinsamen Markt teilweise vereinbar und teilweise unvereinbar erklärt wurden - Neue oder bestehende Beihilfe - Begriff der staatlichen Beihilfe - Begriff des Unternehmens - Überhöhte Bezuschussung der Kosten des öffentlich-rechtlichen Auftrags - Verhältnismäßigkeit - Begründungspflicht - Verteidigungsrechte.
Verbundene Rechtssachen T-231/06 und T-237/06.

Rn 92
Zitat
Nach ständiger Rechtsprechung umfasst der Begriff des Unternehmens im Wettbewerbsrecht jede eine wirtschaftliche Tätigkeit ausübende Einheit unabhängig von ihrer Rechtsform und der Art ihrer Finanzierung. Nach ebenfalls ständiger Rechtsprechung ist eine wirtschaftliche Tätigkeit jede Tätigkeit, die darin besteht, Güter oder Dienstleistungen auf einem bestimmten Markt anzubieten (vgl. Urteil des Gerichtshofs vom 12. September 2000, Pavlov u. a., C?180/98 bis C?184/98, Slg. 2000, I?6451, Randnrn. 74 und 75 und die dort angeführte Rechtsprechung).
damit ist klar, daß alle LRA Unternehmen sind und weder Ämter, noch Behörden, die zur Amtshilfe befugt wären. Der BS als 100%ige Tochtergesellschaft der LRA kann folglich auch nur ein Unternehmen sein und weder Amt noch Behörde und schon gar nicht zur Amtshilfe befugt.

Rn. 94
Zitat
Der Gerichtshof hat auch bereits entschieden, dass der Umstand, dass eine Einheit mit bestimmten im Allgemeininteresse liegenden Aufgaben betraut ist, nicht daran hindern kann, die fraglichen Tätigkeiten als wirtschaftliche Tätigkeiten anzusehen (vgl. in diesem Sinne Urteile des Gerichtshofs vom 25. Oktober 2001, Ambulanz Glöckner, C?475/99, Slg. 2001, I?8089, Randnr. 21, und vom 23. März 2006, Enirisorse, C?237/04, Slg. 2006, I?2843, Randnr. 34).

Aus Rn. 103
Zitat
Zweitens ist die Tätigkeit als Mittelsperson für Marktteilnehmer als solche eine wirtschaftliche Tätigkeit.
Der BS fungiert ja als durch seinen Finanztransfer als Mittler zwischen den LRA und übt damit eine wirtschaftliche Tätigkeit aus.

Die Klagen wurden mit Begründung abgewiesen; der Inhalt passt wunderbar auf den dt. ÖRR.

Diese Entscheidung ist vom BVerfG verarbeitbar.
Titel: Re: Kleiner Ausflug zum Europarecht
Beitrag von: pinguin am 30. Juni 2017, 16:53
Es hat mal wieder was Neues, in Teilen auch mit Gültigkeit für audio-visuelle Medien, wie den dt. ÖRR.

VERORDNUNG (EU) 2017/1128 [...] zur grenzüberschreitenden Portabilität von Online-Inhaltediensten im Binnenmarkt
http://eur-lex.europa.eu/legal-content/DE/TXT/PDF/?uri=CELEX:32017R1128&from=DE

Gern spare ich mir jetzt den Hinweis, daß jede EU-Verordnung unmittelbar gültig ist und von allen eigenverantwortlich einzuhalten ist, die von der Geltung betroffen sind.

Da Richtlinie 2010/13/EU über audio-visuelle Mediendienst mehrfach benannt ist, gilt sie folglich auch für den dt. ÖRR.

Herausragendes Merkmal ist, daß sie gemäß Artikel 1 nicht für den Bereich der Steuern gilt.

Wäre der Rundfunkbeitrag also auch offiziell eine Steuer, bräuchten sich Land und ÖRR evtl. nicht daran halten.

Da es in dieser Verordnung um Online-Inhaltedienste geht, geht es also primär um das Internet, das gemäß einer anderen, in den Tiefen dieses Forums schon einmal benannten Richtline, (Suche hilft sicherlich gerne weiter), kein Rundfunknetz darstellt; für niemanden, auch nicht für den dt. ÖRR.

In dieser Verordnung ist ausdrücklich von Abonnenten und Verträgen die Rede, die die Verbraucher als Abonnenten mit einem Online-Diensteanbieter geschlossen haben.

Sämtliche Online-Dienstleistungen müssen eu-weit jedem Abonnenten zur Verfügung stehen, egal in welchen EU-Land sich dieser Abonnent gerade aufhält; darüberhinaus gilt dieses für alle Anbieter eines Online-Inhaltedienstes, die ihre Dienstleistung gegen Zahlung eines Geldbetrages bereitstellen.

Damit wäre dann auch der dt. Rundfunkbeitrag erfasst, sofern er offiziell nicht als Steuer gilt.

Daneben hat es eine neue Richtlinie zum Gesellschaftsrecht, da ja nun einmal alles EU-Recht ist, was den EU-Binnenmarkt berührt:
RICHTLINIE
(EU) 2017/1132 [...] über bestimmte Aspekte des Gesellschaftsrechts
http://eur-lex.europa.eu/legal-content/DE/TXT/PDF/?uri=CELEX:32017L1132&from=DE
Titel: Re: Kleiner Ausflug zum Europarecht
Beitrag von: pinguin am 02. Juli 2017, 11:55
Im EU-Recht ist der Verbraucherschutz höherrangiger als bspw. der freie Warenverkehr, so daß u. U. eine den freien Warenverkehr begünstigende Regelung trotzdem nichtig sein könnte, wenn sie die Bestimmungen zum Verbraucherschutz nicht einhält. Sagt der EU-Generalanwalt HENRIK SAUGMANDSGAARD ØE in seinem Schlußantrag zur

Rechtssache C-15/15
http://curia.europa.eu/juris/document/document.jsf?text=bankdaten%2Bverbraucherschutz&docid=176781&pageIndex=0&doclang=DE&mode=req&dir=&occ=first&part=1&cid=14771#ctx1

Zitat
60 – Sie verweist hierzu auf das Urteil vom 3. Juni 1999, Colim (C-33/97, EU:C:1999:274, Rn. 39 bis 44), in dem angenommen wurde, dass Hindernisse für den freien Warenverkehr, die sich aus Anforderungen an die Sprache ergaben, durch das Ziel des Verbraucherschutzes gerechtfertigt sein können.

Weiterhin steht in diesem Dokument auch geschrieben, daß in einem Bereich, der von Harmonisierungsmaßnahmen überlagert wird, neben dem EU-Vertrag auch diese Harmonisierungsregeln Maßstab für das nationale Handeln darstellen, sonstiges Unionsrecht in der Sache aber unbeachtlich ist.

Zitat
24 – Die belgische Regierung beruft sich hierzu auf das Urteil vom 11. Dezember 2003, Deutscher Apothekerverband (C-322/01, EU:C:2003:664, Rn. 64), wonach „jede nationale Regelung in einem Bereich, der auf Gemeinschaftsebene abschließend harmonisiert wurde, anhand der fraglichen Harmonisierungsmaßnahme und nicht des primären Gemeinschaftsrechts zu beurteilen [ist]“. Der Gerichtshof führt in dieser Randnummer jedoch weiter aus, dass „die den Mitgliedstaaten in [der in jener Rechtssache in Rede stehenden Bestimmung des abgeleiteten Rechts] verliehene Befugnis, wie in dieser Bestimmung ausdrücklich gesagt wird, unter Beachtung des EG-Vertrags auszuüben [ist]“ und dass sie „eine Prüfung der Frage, ob sich das im Ausgangsfall fragliche nationale Verbot mit den Artikeln 28 EG bis 30 EG vereinbaren lässt, daher nicht entbehrlich [macht]“ (siehe Rn. 65).
Titel: Re: Kleiner Ausflug zum Europarecht
Beitrag von: pinguin am 14. Juli 2017, 00:12
Vertragsverletzungsverfahren im Juli
http://europa.eu/rapid/press-release_MEMO-17-1935_de.htm

Zitat
2. Wettbewerb

(Weitere Informationen: Ricardo Cardoso - Tel.: +32 229-80100, Yizhou Ren – Tel.: +32 229-94889)

Mit Gründen versehene Stellungnahmen:

Kommission fordert BULGARIEN, ZYPERN, die TSCHECHISCHE REPUBLIK, GRIECHENLAND, LETTLAND, MALTA und PORTUGAL zur Umsetzung der Richtlinie über kartellrechtliche Schadensersatzklagen auf

Die Europäische Kommission hat Bulgarien, Zypern, die Tschechische Republik, Griechenland, Lettland, Malta und Portugal aufgefordert, die Richtlinie über Schadensersatzklagen wegen Verstößen gegen das Kartellrecht (Richtlinie 2014/104/EU) vollständig in nationales Recht umzusetzen. Diese Richtlinie hilft Bürgerinnen und Bürgern und Unternehmen, Schadensersatz zu erlangen, wenn sie durch Verstöße gegen das EU-Wettbewerbsrecht geschädigt wurden, beispielsweise durch Bildung von Kartellen oder Missbrauch einer marktbeherrschenden Stellung. Sie erleichtert den Geschädigten unter anderem den Zugang zu den Beweismitteln, die sie benötigen, um den erlittenen Schaden nachzuweisen, und räumt ihnen mehr Zeit für die Geltendmachung ihrer Ansprüche ein. Deshalb ist diese Richtlinie ein wesentliches Element der Durchsetzung des EU-Wettbewerbsrechts. Die Mitgliedstaaten hätten sie bis 27. Dezember 2016 in nationales Recht umsetzen müssen. Die Kommission richtet heute mit Gründen versehene Stellungnahmen an Bulgarien, Zypern, die Tschechische Republik, Griechenland, Lettland, Malta und Portugal, weil diese Länder bisher keine nationalen Umsetzungsmaßnahmen gemeldet haben. Die sieben Mitgliedstaaten haben nun zwei Monate Zeit, um der Kommission mitzuteilen, welche Maßnahmen sie ergriffen haben, um dem EU-Recht nachzukommen. Sollten sie keine zufriedenstellende Antwort übermitteln, kann die Kommission Klage vor dem Gerichtshof der Europäischen Union erheben.
Diese Richtlinie, siehe rote Schrift, wurde im Forum schon mal kurz diskutiert.

Es wäre zu prüfen, ob deren Bestimmungen von den für den Rundfunk zuständigen Ländern ordnungsgemäß realisiert worden sind.
Titel: Re: Kleiner Ausflug zum Europarecht
Beitrag von: pinguin am 16. Juli 2017, 00:02
Nach den Ausführungen des EuGH u.a. zur Richtlinie 2010/13/EU über audio-visuelle Mediendienste folgt aus der korrekten Umsetzung, daß für alle Wettbewerbsunternehmen die gleichen Regeln zu gelten haben.

Rechtssache C-347/14
http://curia.europa.eu/juris/document/document.jsf?text=verbraucher%2Bfreie%2Bentscheidung&docid=170123&pageIndex=0&doclang=DE&mode=req&dir=&occ=first&part=1&cid=282239#ctx1

Rn. 22
Zitat
Außerdem zielt die Richtlinie 2010/13 nach ihren Erwägungsgründen 11, 21 und 24 darauf ab, dass in einem besonders wettbewerbsstarken Medienumfeld für Anbieter, die sich an das gleiche Publikum richten, die gleichen Regeln gelten und verhindert wird, dass audiovisuelle Mediendienste auf Abruf, wie die im Ausgangsverfahren fragliche Videosammlung, dem herkömmlichen Fernsehen gegenüber unlauteren Wettbewerb betreiben können.

Im genannten Erwägungsgrund 21 werden öffentlich-rechtliche Unternehmen ausdrücklich einbezogen.

Heißt also ganz konkret, die ÖRR dürfen aus Wettbewerbsgründen nichts, was nicht PRR auch dürfen; freilich müssen sich die Begriffe "ÖRR" und "PRR" hier auch beliebig austauschen lassen können, ohne das sich am konkreten restlichen Text einer Regelung etwas zu ändern braucht.
Titel: Re: Kleiner Ausflug zum Europarecht
Beitrag von: pinguin am 28. Juli 2017, 22:05
Die ist neu:

RICHTLINIE (EU) 2017/1371 DES EUROPÄISCHEN PARLAMENTS UND DES RATES
vom 5. Juli 2017
über die strafrechtliche Bekämpfung von gegen die finanziellen Interessen der Union gerichtetem Betrug

http://eur-lex.europa.eu/legal-content/DE/TXT/?uri=uriserv:OJ.L_.2017.198.01.0029.01.DEU&toc=OJ:L:2017:198:TOC

Zitat
TITEL I

GEGENSTAND, BEGRIFFSBESTIMMUNGEN UND ANWENDUNGSBEREICH

Artikel 1

Gegenstand

In dieser Richtlinie werden Mindestvorschriften für die Definition von Straftatbeständen und Strafen zur Bekämpfung von Betrug und sonstigen gegen die finanziellen Interessen der Union gerichteten rechtswidrigen Handlungen festgelegt, um im Einklang mit dem Besitzstand der Union in diesem Bereich den Schutz vor Straftaten zu Lasten dieser finanziellen Interessen zu verbessern.

[...]

Artikel 2
Begriffsbestimmungen und Anwendungsbereich

(1)   Für die Zwecke dieser Richtlinie gelten folgende Begriffsbestimmungen:

a) „finanzielle Interessen der Union“ sind sämtliche Einnahmen, Ausgaben und Vermögenswerte, die durch Folgendes erfasst, erworben oder geschuldet werden:

i) den Haushaltsplan der Union,

ii) den Haushaltsplänen der nach den Verträgen geschaffenen Organe, Einrichtungen und sonstigen Stellen der Union oder in den von diesen direkt oder indirekt verwalteten und überwachten Haushaltsplänen;
[...]

TITEL II

STRAFTATEN IM BEREICH VON BETRUG ZUM NACHTEIL DER FINANZIELLEN INTERESSEN DER UNION

Artikel 3
Betrug zum Nachteil der finanziellen Interessen der Union

(1)   Die Mitgliedstaaten treffen die erforderlichen Maßnahmen, um sicherzustellen, dass vorsätzlich begangener Betrug zum Nachteil der finanziellen Interessen der Union eine strafbare Handlung darstellt.
[...]

Artikel 4
Andere gegen die finanziellen Interessen der Union gerichtete Straftaten

(1)   Die Mitgliedstaaten treffen die erforderlichen Maßnahmen, um sicherzustellen, dass Geldwäsche gemäß der Beschreibung in Artikel 1 Absatz 3 der Richtlinie (EU) 2015/849, die sich auf von der vorliegenden Richtlinie erfasste Gegenstände aus Straftaten bezieht, eine Straftat darstellt.

(2)   Die Mitgliedstaaten treffen die erforderlichen Maßnahmen, um sicherzustellen, dass vorsätzliche Bestechlichkeit und vorsätzliche Bestechung Straftaten darstellen.

a) Im Sinne dieser Richtlinie bezeichnet der Ausdruck „Bestechlichkeit“ die Handlung eines öffentlichen Bediensteten, der unmittelbar oder über eine Mittelsperson für sich oder einen Dritten Vorteile jedweder Art als Gegenleistung dafür fordert, annimmt oder sich versprechen lässt, dass er eine Diensthandlung oder eine Handlung bei der Ausübung seines Dienstes auf eine Weise vornimmt oder unterlässt, dass dadurch die finanziellen Interessen der Union geschädigt werden oder wahrscheinlich geschädigt werden;

b) Im Sinne dieser Richtlinie bezeichnet der Ausdruck „Bestechung“ die Handlung einer Person, die einem öffentlichen Bediensteten unmittelbar oder über eine Mittelsperson einen Vorteil jedweder Art für diesen selbst oder für einen Dritten als Gegenleistung dafür verspricht, anbietet oder gewährt, dass der Bedienstete eine Diensthandlung oder eine Handlung bei der Ausübung seines Dienstes auf eine Weise vornimmt oder unterlässt, dass dadurch die finanziellen Interessen der Union geschädigt werden oder wahrscheinlich geschädigt werden.

[...]

Es ist nicht ausgeschlossen, daß peu a peu die korrekte Verwendung europäischer Fördermittel untersucht wird.
Titel: Re: Kleiner Ausflug zum Europarecht
Beitrag von: pinguin am 29. Juli 2017, 14:12
Gestern wurde diese Richtlinie gefunden, siehe Vorbeitrag, heute nun eine kleine Ergänzung
Zitat
über die strafrechtliche Bekämpfung von gegen die finanziellen Interessen der Union gerichtetem Betrug

Einnahmen- und Ausgabenplan der Exekutivagentur Bildung, Audiovisuelles und Kultur für das Haushaltsjahr 2017 — Berichtigungshaushaltsplan Nr. 1
http://eur-lex.europa.eu/legal-content/DE/TXT/?uri=uriserv:OJ.C_.2017.248.01.0008.01.DEU&toc=OJ:C:2017:248:TOC

Ist zwar nur eine Tabelle, aber es hat offenbar einen EU-Haushaltsplan für audio-visuelle Medien; soweit er die Länder betreffen sollte, würde die EU die Nichteinhaltung als Betrug werten.
Titel: Re: Kleiner Ausflug zum Europarecht
Beitrag von: pinguin am 04. August 2017, 14:53
Nur also Info, weil ein dt. Rundfunkunternehmen beteiligt ist

Vorherige Anmeldung eines Zusammenschlusses

(Sache M.8409 — ProSiebenSat.1 Media/Television Française 1/Mediaset/JV)

http://eur-lex.europa.eu/legal-content/DE/TXT/?uri=uriserv:OJ.C_.2017.253.01.0010.01.DEU&toc=OJ:C:2017:253:TOC

Spätestens die Franzosen gehen hier direkt zum EuGH, um den Rundfunkbeitrag, so, wie er gestaltet ist, als EU-wettbewerbswidrig deuten zu lassen.
Titel: Re: Kleiner Ausflug zum Europarecht
Beitrag von: pinguin am 07. August 2017, 11:41
Zitat
Spätestens die Franzosen gehen hier direkt zum EuGH, um den Rundfunkbeitrag, so, wie er gestaltet ist, als EU-wettbewerbswidrig deuten zu lassen.
Die Franzosen sind schon in Sachen Rundfunk beim EuGH, um auch folgende Frage klären zu lassen:

Vorabentscheidungsersuchen des Conseil d’État (Frankreich) eingereicht am 23. Mai 2017 — France Télévisions SA/Playmédia, Conseil supérieur de l'audiovisuel (CSA)
http://eur-lex.europa.eu/legal-content/DE/TXT?uri=uriserv:OJ.C_.2017.256.01.0014.02.DEU&toc=OJ:C:2017:256:TOC

Zitat
Ist die in Art. 31 Abs. 1 der Richtlinie 2002/22/EG vorgesehene Bedingung, dass eine erhebliche Zahl von Endnutzern der der Übertragungspflicht unterliegenden Netze diese als Hauptmittel zum Empfang von Hörfunk- und Fernsehsendungen nutzen müssen, bei einer Übertragung per Internet im Hinblick auf alle Nutzer zu beurteilen, die Fernsehprogramme als Live-Stream im Internet betrachten, oder nur im Hinblick auf die Nutzer der Website, die der Übertragungspflicht unterliegt?

Diese

Richtlinie 2002/22/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 7. März 2002 über den Universaldienst und Nutzerrechte bei elektronischen Kommunikationsnetzen und -diensten (Universaldienstrichtlinie)

http://eur-lex.europa.eu/legal-content/DE/TXT/?qid=1502098979021&uri=CELEX:32002L0022

ist Teil der auch für den Rundfunk maßgeblichen europäischen Bestimmungen und folglich vom Rundfunk einzuhalten.

Interessant daraus übrigens Erwägungsgrund 47:
Zitat
(47) In einem vom Wettbewerb geprägten Umfeld sollten die Ansichten der Betroffenen, einschließlich der Nutzer und Verbraucher, von den nationalen Regulierungsbehörden berücksichtigt werden, wenn sie mit Endnutzerrechten zusammenhängende Angelegenheiten behandeln. Es sollte wirksame Verfahren für die Beilegung von Streitigkeiten sowohl zwischen Verbrauchern einerseits und Unternehmen, die öffentlich zugängliche Kommunikationsdienste erbringen, andererseits geben. Die Mitgliedstaaten sollten der Empfehlung 98/257/EG der Kommission vom 30. März 1998 betreffend die Grundsätze für Einrichtungen, die für die außergerichtliche Beilegung von Verbraucherrechtsstreitigkeiten zuständig sind(11), umfassend Rechnung tragen.

Zitat
Artikel 1

Anwendungsbereich und Ziele

(1) Innerhalb des Rahmens der Richtlinie 2002/21/EG (Rahmenrichtlinie) betrifft diese Richtlinie die Bereitstellung elektronischer Kommunikationsnetze und -dienste für Endnutzer.[...]

Richtlinie 2002/21/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 7. März 2002 über einen gemeinsamen Rechtsrahmen für elektronische Kommunikationsnetze und -dienste (Rahmenrichtlinie)
http://eur-lex.europa.eu/legal-content/DE/TXT/?qid=1502099702585&uri=CELEX:32002L0021

Erwägungsgründe:
Zitat
(28) Bei der Beurteilung der Frage, ob ein Unternehmen in einem speziellen Markt über beträchtliche Marktmacht verfügt, sollten die nationalen Regulierungsbehörden im Einklang mit dem Gemeinschaftsrecht vorgehen und den Leitlinien der Kommission weitestgehend Rechnung tragen.

(29) Die Gemeinschaft und die Mitgliedstaaten sind in der Welthandelsorganisation Verpflichtungen in Bezug auf Normen und den Rechtsrahmen für Telekommunikationsnetze und -dienste eingegangen.

Zitat
Artikel 14

Unternehmen mit beträchtlicher Marktmacht

(1) Wenn die nationalen Regulierungsbehörden aufgrund der Einzelrichtlinien nach dem in Artikel 16 genannten Verfahren festzustellen haben, ob Betreiber über beträchtliche Marktmacht verfügen, gelten die Absätze 2 und 3 dieses Artikels.

(2) Ein Unternehmen gilt als ein Unternehmen mit beträchtlicher Marktmacht, wenn es entweder allein oder gemeinsam mit anderen eine der Beherrschung gleichkommende Stellung einnimmt, d. h. eine wirtschaftlich starke Stellung, die es ihm gestattet, sich in beträchtlichem Umfang unabhängig von Wettbewerbern, Kunden und letztlich Verbrauchern zu verhalten.

Bei der Beurteilung der Frage, ob zwei oder mehr Unternehmen auf einem Markt gemeinsam eine beherrschende Stellung einnehmen, handeln die nationalen Regulierungsbehörden insbesondere im Einklang mit dem Gemeinschaftsrecht und berücksichtigen dabei weitestgehend die von der Kommission nach Artikel 15 veröffentlichten "Leitlinien zur Marktanalyse und zur Bewertung beträchtlicher Marktmacht". Die bei dieser Beurteilung heranzuziehenden Kriterien sind in Anhang II dieser Richtlinie aufgeführt.

(3) Verfügt ein Unternehmen auf einem bestimmten Markt über beträchtliche Marktmacht, so kann es auch auf einem benachbarten Markt als Unternehmen mit beträchtlicher Marktmacht angesehen werden, wenn die Verbindungen zwischen beiden Märkten es gestatten, diese von dem einen auf den anderen Markt zu übertragen und damit die gesamte Marktmacht des Unternehmens zu verstärken.
Zitat
Artikel 16

Marktanalyseverfahren
[...]
(2) Wenn eine nationale Regulierungsbehörde gemäß den Artikeln 16, 17, 18 oder 19 der Richtlinie 2002/22/EG (Universaldienstrichtlinie) oder nach Artikel 7 oder Artikel 8 der Richtlinie 2002/19/EG (Zugangsrichtlinie) feststellen muss, ob Verpflichtungen für Unternehmen aufzuerlegen, beizubehalten, zu ändern oder aufzuheben sind, ermittelt sie anhand der Marktanalyse gemäß Absatz 1 des vorliegenden Artikels, ob auf einem relevanten Markt wirksamer Wettbewerb herrscht.
[...]
(4) Stellt eine nationale Regulierungsbehörde fest, dass auf einem relevanten Markt kein wirksamer Wettbewerb herrscht, so ermittelt sie Unternehmen mit beträchtlicher Marktmacht auf diesem Markt gemäß Artikel 14 und erlegt diesen Unternehmen geeignete spezifische Verpflichtungen nach Absatz 2 des vorliegenden Artikels auf bzw. ändert diese oder behält diese bei, wenn sie bereits bestehen.
Titel: Re: Kleiner Ausflug zum Europarecht
Beitrag von: pinguin am 28. August 2017, 13:11
Zwei Entscheidungen des EuGH, die auch für die Rundfunkfinanzierung bedeutend sein könnten:

Europäische Kommission gegen Bundesrepublik Deutschland,
Rechtssache C-482/14 vom 28. Juni 2017
http://curia.europa.eu/juris/document/document.jsf?text=&docid=192205&pageIndex=0&doclang=DE&mode=lst&dir=&occ=first&part=1&cid=291081

U.a.:
Zitat
[...] Verbot, dem Betrieb der Eisenbahninfrastruktur zugewiesene öffentliche Gelder auf Eisenbahnverkehrsdienstleistungen zu übertragen [...]

Die staatlichen Gelder im Bereich der Rundfunkfinanzierung gibt es für die Erfüllung des staatlichen Auftrages; nur dafür dürfen diese Mittel eingesetzt werden.

Congregación de Escuelas Pías Provincia Betania gegen Ayuntamiento de Getafe
Rechtssache C-74/16 vom 27. Juni 2017
http://curia.europa.eu/juris/document/document.jsf?text=&docid=192143&pageIndex=0&doclang=DE&mode=lst&dir=&occ=first&part=1&cid=291081

Rn. 38ff
Zitat
Zum Begriff der staatlichen Beihilfe im Sinne von Art. 107 Abs. 1 AEUV
Eine staatliche Beihilfe ist es immer dann, wenn alle Bestimmungen des Art. 107, Abs., 1 gleichzeitig erfüllt sind.

Rn. 41ff
Zitat
Zu den Begriffen „Unternehmen“ und „wirtschaftliche Tätigkeit“

Der Begriff des Unternehmens umfasst im Rahmen des EU-Wettbewerbsrechts jede eine wirtschaftliche Tätigkeit ausübende Einheit, gleich welcher Rechtsform oder Finanzierungsweise; es ist somit egal, ob dieses Unternehmen privat-rechtlichen oder öffentlich-rechtlichen Charakter hat.

Eine wirtschaftliche Tätigkeit ist jede Art von Tätigkeit, die es zum Inhalt hat, eine Ware oder Dienstleistung am Markt bereitzustellen. Dabei ist es unmaßgeblich, ob eine Gewinnerzielungsabsicht besteht; es genügt eine Konkurrenzsituation gegenüber anderen Wirtschaftsteilnehmer, die gleiche bzw. ähnliche Waren oder Dienstleistungen dem Markt zur Verfügung stellen.

Rn. 65ff
Zitat
Zum Begriff „selektiver wirtschaftlicher Vorteil“

Zitat
[...]nach ständiger Rechtsprechung des Gerichtshofs Maßnahmen gleich welcher Art, die mittelbar oder unmittelbar Unternehmen begünstigen oder die als ein wirtschaftlicher Vorteil anzusehen sind, den das begünstigte Unternehmen unter normalen Marktbedingungen nicht erhalten hätte, als staatliche Beihilfen gelten. [...]

Rn. 74ff
Zitat
Zum Begriff „staatliche oder aus staatlichen Mitteln gewährte Beihilfe“

Rn. 78ff
Zitat
Zu den Voraussetzungen, dass die Beihilfen „den Handel zwischen Mitgliedstaaten beeinträchtigen“ und „den Wettbewerb verfälschen oder zu verfälschen drohen“

Rn. 86ff
Zitat
Zu den Begriffen „bestehende Beihilfen“ und „neue Beihilfen“ im Sinne der Abs. 1 und 3 von Art. 108 AEUV

-------------
Den Inhalt einer jeden Randnummernfolge wiederzugeben, ist zu viel; bitte selbst nachlesen. Die in den zitierten Überschriften benannten Begriffsdefinitionen sind präzise und genau.

Beide Entscheidungen können so vom Bundesverfassungsgericht in Sachen Rundfunkfinanzierung verarbeitet werden.
Titel: Re: Kleiner Ausflug zum Europarecht
Beitrag von: pinguin am 22. September 2017, 08:13
Die EU-Kommission genehmigte den Zusammenschluß von ProSiebenSat 1 Media/Television Française 1/Mediaset/JV

Keine Einwände gegen einen angemeldeten Zusammenschluss

(Sache M.8409 — ProSiebenSat 1 Media/Television Française 1/Mediaset/JV)

http://eur-lex.europa.eu/legal-content/DE/TXT/?uri=uriserv:OJ.C_.2017.315.01.0001.01.DEU&toc=OJ:C:2017:315:TOC

Zumindest gewinnt der dt. ÖRR damit einen ernsten europäischen Gegner.
Titel: Re: Kleiner Ausflug zum Europarecht
Beitrag von: pinguin am 25. September 2017, 16:55
Der EuGH bestätigt einmal mehr, daß eine Steuerbefreieung, bzw. Befreiung von der Zahlung der Mehrwertsteuer, alle Unternehmen einer Branche betreffen muß, um nicht als mit den EU-Verträgen unvereinbare Wettbewerbsverzerrung angesehen zu werden.

Vertragsverletzungsklage nach Art. 258 AEUV - EU-Kommission gegen Bundesrepublik Deutschland

Rechtssache C-616/15
http://curia.europa.eu/juris/document/document.jsf?text=&docid=194792&pageIndex=0&doclang=de&mode=req&dir=&occ=first&part=1&cid=120873
Titel: Re: Kleiner Ausflug zum Europarecht
Beitrag von: pinguin am 12. Oktober 2017, 11:42
Es hat ein Abkommen über den Europäischen Wirtschaftsraum
http://eur-lex.europa.eu/legal-content/DE/TXT/?uri=celex:01994A0103%2801%29-20160407

dieses wurde hier noch überhaupt nicht behandelt.

Zitat
TEIL I

ZIELE UND GRUNDSÄTZE
[...]
Artikel 3

Die Vertragsparteien treffen alle geeigneten Maßnahmen allgemeiner oder besonderer Art zur Erfüllung der Verpflichtungen, die sich aus diesem Abkommen ergeben.

Sie unterlassen alle Maßnahmen, welche die Verwirklichung der Ziele dieses Abkommens gefährden könnten.

Sie fördern außerdem die Zusammenarbeit im Rahmen dieses Abkommens.

Zitat
TEIL III

FREIZÜGIGKEIT, FREIER DIENSTLEISTUNGS- UND KAPITALVERKEHR
[...]
KAPITEL 3

DIENSTLEISTUNGEN

[...]
Artikel 37

Dienstleistungen im Sinne dieses Abkommens sind Leistungen, die in der Regel gegen Entgelt erbracht werden, soweit sie nicht den Vorschriften über den freien Waren- und Kapitalverkehr und über die Freizügigkeit unterliegen.

Als Dienstleistungen gelten insbesondere:
a) gewerbliche Tätigkeiten,
b) kaufmännische Tätigkeiten,
c) handwerkliche Tätigkeiten,
d) freiberufliche Tätigkeiten.

Unbeschadet des Kapitels 2 kann der Leistende zwecks Erbringung seiner Leistungen seine Tätigkeit vorübergehend in dem Staat ausüben, in dem die Leistung erbracht wird, und zwar unter den Voraussetzungen, welche dieser Staat für seine eigenen Angehörigen vorschreibt.

Zitat
TEIL IV

WETTBEWERBS- UND SONSTIGE GEMEINSAME REGELN

KAPITEL 1

VORSCHRIFTEN FÜR UNTERNEHMEN

Artikel 53

(1)  Mit diesem Abkommen unvereinbar und verboten sind alle Vereinbarungen zwischen Unternehmen, Beschlüsse von Unternehmensvereinigungen und aufeinander abgestimmte Verhaltensweisen, welche den Handel zwischen den Vertragsparteien zu beeinträchtigen geeignet sind und eine Verhinderung, Einschränkung oder Verfälschung des Wettbewerbs im räumlichen Geltungsbereich dieses Abkommens bezwecken oder bewirken, insbesondere

a) die unmittelbare oder mittelbare Festsetzung der An- oder Verkaufspreise oder sonstiger Geschäftsbedingungen;

b) die Einschränkung oder Kontrolle der Erzeugung, des Absatzes, der technischen Entwicklung oder der Investitionen;

c) die Aufteilung der Märkte oder Versorgungsquellen;

d) die Anwendung unterschiedlicher Bedingungen bei gleichwertigen Leistungen gegenüber Handelspartnern, wodurch diese im Wettbewerb benachteiligt werden;

e) die an den Abschluß von Verträgen geknüpfte Bedingung, daß die Vertragsparteien zusätzliche Leistungen annehmen, die weder sachlich noch nach Handelsbrauch in Beziehung zum Vertragsgegenstand stehen.

(2)  Die nach diesem Artikel verbotenen Vereinbarungen oder Beschlüsse sind nichtig.
Gemäß Absatz 3 sind Ausnahmen vom Absatz 1 nur dann zulässig, wenn die Verbraucher angemessen am Gewinn beteiligt werden.

Zitat
Artikel 54

Mit diesem Abkommen unvereinbar und verboten ist die mißbräuchliche Ausnutzung einer beherrschenden Stellung im räumlichen Geltungsbereich dieses Abkommens oder in einem wesentlichen Teil desselben durch ein oder mehrere Unternehmen, soweit dies dazu führen kann, den Handel zwischen den Vertragsparteien zu beeinträchtigen.[...]

Zitat
KAPITEL 2

STAATLICHE BEIHILFEN

Artikel 61

(1)  Soweit in diesem Abkommen nicht etwas anderes bestimmt ist, sind Beihilfen der EG-Mitgliedstaaten oder der EFTA-Staaten oder aus staatlichen Mitteln gewährte Beihilfen gleich welcher Art, die durch die Begünstigung bestimmter Unternehmen oder Produktionszweige den Wettbewerb verfälschen oder zu verfälschen drohen, mit dem Funktionieren dieses Abkommens unvereinbar, soweit sie den Handel zwischen Vertragsparteien beeinträchtigen.[...]

Zitat
PROTOKOLL 22

über die Definition der Begriffe „Unternehmen“ und „Umsatz“ (Artikel 56)

Artikel 1

Zum Zwecke der Zuweisung der Einzelfälle gemäß Artikel 56 des Abkommens gilt als „Unternehmen“ jedes Rechtssubjekt, das eine kommerzielle oder wirtschaftliche Tätigkeit ausübt.[...]

Zur Erinnerung:

Rechtssache C-177/16
http://curia.europa.eu/juris/document/document.jsf?text=wirtschaftliche%2BT%25C3%25A4tigkeit&docid=194436&pageIndex=0&doclang=de&mode=req&dir=&occ=first&part=1&cid=1284818#ctx1

Rn. 32
Zitat
Zunächst ist darauf hinzuweisen, dass der Begriff „Unternehmen“ in Art. 102 AEUV jede eine wirtschaftliche Tätigkeit ausübende Einrichtung unabhängig von ihrem Rechtsstatus und der Art ihrer Finanzierung umfasst (vgl. u. a. Urteil vom 1. Juli 2008, MOTOE, C-49/07, EU:C:2008:376, Rn. 20 und 21 und die dort angeführte Rechtsprechung).

Rn. 33
Zitat
Eine wirtschaftliche Tätigkeit ist jede Tätigkeit, die darin besteht, Güter oder Dienstleistungen auf einem bestimmten Markt anzubieten (Urteil vom 1. Juli 2008, MOTOE, C-49/07, EU:C:2008:376, Rn. 22 und die dort angeführte Rechtsprechung). Ausweislich der dem Gerichtshof vorliegenden Akte ist unstreitig, dass die Tätigkeit der AKKA/LAA, nämlich die Erhebung von Gebühren zur Vergütung von Urhebern musikalischer Werke, eine Dienstleistung ist.

Staatsvertrag für Rundfunk und Telemedien (Rundfunkstaatsvertrag - RStV)
https://bravors.brandenburg.de/vertraege/rstv

Zitat
§ 11a Angebote

(1) Angebote des öffentlich-rechtlichen Rundfunks sind Rundfunkprogramme (Hörfunk- und Fernsehprogramme) und Telemedien nach Maßgabe dieses Staatsvertrages und der jeweiligen landesrechtlichen Regelungen. Der öffentlichrechtliche Rundfunk kann programmbegleitend Druckwerke mit programmbezogenem Inhalt anbieten.

(2) Rundfunkprogramme, die über unterschiedliche Übertragungswege zeitgleich verbreitet werden, gelten zahlenmäßig als ein Angebot.

anzubieten - anbieten - Angebot

Die Rundfunkanstalten bieten ihre Dienstleistungen auf einem bestimmten Markt an, nämlich jenem Markt, der neben den Erzeugnissen der Printpresse auch audio-visuelle Erzeugnisse umfasst.

Folglich sind die Rundfunkanstalten, da sie kraft Definitionen einer wirtschaftlichen Tätigkeit nachgehen, grundsätzlich Unternehmen.

Nochmals zum EWR-Abkommen

Zitat
PROTOKOLL 1

über horizontale Anpassungen

Die Bestimmungen der Rechtsakte, auf die in den Anhängen zu diesem Abkommen Bezug genommen wird, sind nach Maßgabe des Abkommens und dieses Protokolls anzuwenden, sofern in dem jeweiligen Anhang nichts anderes bestimmt ist. Die für einzelne Rechtsakte erforderlichen besonderen Anpassungen sind in dem Anhang niedergelegt, in dem der betreffende Rechtsakt aufgeführt ist.

Zitat
7.   RECHTE UND PFLICHTEN

Die den EG-Mitgliedstaaten oder ihren Körperschaften des öffentlichen Rechts, ihren Unternehmen oder ihren Einzelpersonen in ihren Beziehungen zueinander verliehenen Rechte und die ihnen auferlegten Pflichten gelten als den Vertragsparteien verliehen bzw. auferlegt; als Vertragsparteien gelten gegebenenfalls auch ihre zuständigen Behörden, ihre Körperschaften des öffentlichen Rechts, ihre Unternehmen oder ihre Einzelpersonen.

Zitat
11.   INKRAFTTRETEN UND DURCHFÜHRUNG DER RECHTSAKTE

Die Bestimmungen über das Inkrafttreten und die Durchführung der Rechtsakte, auf die in den Anhängen zum Abkommen Bezug genommen wird, sind für die Zwecke des Abkommens unbeachtlich. [...]

Zitat
12.   ADRESSATEN DER RECHTSAKTE DER GEMEIN SCHAFT

Die Bestimmungen, daß ein Rechtsakt der Gemeinschaft an die Mitgliedstaaten der Gemeinschaft gerichtet ist, sind für die Zwecke des Abkommens unbeachtlich.
Alle das Abkommen tangierenden Rechtsakte sind also von allen einzuhalten?


Möglicherweise steht die Art der realen dt. Rundfunkfinanzierung nicht nur nicht in Übereinstimmung zu EU-Recht, sondern ebenfalls nicht in Übereinstimmung zum EWR-Abkommen.
Titel: Re: Kleiner Ausflug zum Europarecht
Beitrag von: gerechte Lösung am 12. Oktober 2017, 21:39
Wie es ausschaut, pfeifen die Macher des RBStV aufs Europarecht. Die Oberhäupter der Länder, die für die Einhaltung von Recht und Ordnung mit zuständig sind, halten sich hierbei selbst nicht dran. (Rechtsbeugung)

@pinguin ,
Gibt es hinsichtlich des BS, der ja Teil der LRA sein soll und sich selbst nicht verwalten darf und auch nichts anderes verwalten darf, da dafür lt. Gesetz die LRA für das jeweilige Land zuständig ist, vergleichsweise europäische Bestimmungen?
Gibt es etwas ähnliches?
Diesen BS mit all seinen Abteilungen, als eigener Großkonzern, der sich als Vertreter aller LRAs bezeichnet, darf es so, wie er derzeit ist, rechtlich gesehen gar nicht geben.
Es gibt ihn aber in der Form! Leider!
Weil es Vetternwirtschaft und Korruption und Vertuschung und Schönrederei gibt.
(Siehe NSU-Trio. Spurenverwischung, Aktenvernichtung, angebliche Selbstmorde und Zeugensterben sowie Lügen am laufenden Band.)
Titel: Re: Kleiner Ausflug zum Europarecht
Beitrag von: pinguin am 13. Oktober 2017, 09:10
Gibt es hinsichtlich des BS, der ja Teil der LRA sein soll und sich selbst nicht verwalten darf und auch nichts anderes verwalten darf, da dafür lt. Gesetz die LRA für das jeweilige Land zuständig ist, vergleichsweise europäische Bestimmungen?
Nicht, daß ich wüsste

Rechtssache C-223/16
http://eur-lex.europa.eu/legal-content/DE/TXT/?qid=1507876512206&uri=CELEX:62016CJ0223

Rn. 40
Zitat
Dies würde gegen den Grundsatz der Gleichbehandlung, der verlangt, dass die Bieter bei der Abfassung ihrer Angebote die gleichen Chancen haben, und voraussetzt, dass die Angebote aller Bieter den gleichen Bedingungen unterworfen sind, verstoßen und den gesunden und effektiven Wettbewerb zwischen den sich um einen öffentlichen Auftrag bewerbenden Unternehmen verzerren.

-----
Was ganz anderes:

Schlußantrag zur Rechtssache C-567/15
http://eur-lex.europa.eu/legal-content/DE/TXT/?qid=1507877263368&uri=CELEX:62015CC0567

Zitat
"[...]Begriff des öffentlichen Auftraggebers – Gesellschaft, deren Kapital über eine andere staatliche Gesellschaft vom Staat gehalten wird –‚In-House‘-Ausnahme“

Zitat
1.      Richtlinie 2004/17

4.        In Art. 2 heißt es:

„(1)      Im Sinne dieser Richtlinie bezeichnet der Ausdruck:

a)      ‚öffentlicher Auftraggeber‘ den Staat, die Gebietskörperschaften, die Einrichtungen des öffentlichen Rechts und die Verbände, die aus einer oder mehreren dieser Körperschaften oder Einrichtungen des öffentlichen Rechts bestehen.

Als ‚Einrichtung des öffentlichen Rechts‘ gilt jede Einrichtung, die:

–      zu dem besonderen Zweck gegründet wurde, im Allgemeininteresse liegende Aufgaben nicht gewerblicher Art zu erfüllen;

–      Rechtspersönlichkeit besitzt und;

–      überwiegend vom Staat, von den Gebietskörperschaften oder von anderen Einrichtungen des öffentlichen Rechts finanziert wird, hinsichtlich ihrer Leitung der Aufsicht durch Letztere unterliegt, oder deren Verwaltungs-, Leitungs- oder Aufsichtsorgan mehrheitlich aus Mitgliedern besteht, die vom Staat, von den Gebietskörperschaften oder von anderen Einrichtungen des öffentlichen Rechts ernannt worden sind;



(2)      Diese Richtlinie gilt für Auftraggeber, die:

a)      öffentliche Auftraggeber oder öffentliche Unternehmen sind und eine Tätigkeit im Sinne der Artikel 3 bis 7 ausüben, oder;

…“.

5.        Art. 5 lautet:

„(1)      Unter diese Richtlinie fallen die Bereitstellung oder das Betreiben von Netzen zur Versorgung der Allgemeinheit mit Verkehrsleistungen per Schiene, automatische Systeme, Straßenbahn, Trolleybus, Bus oder Kabel.

Im Verkehrsbereich gilt ein Netz als vorhanden, wenn die Verkehrsleistung gemäß den von einer zuständigen Behörde eines Mitgliedstaats festgelegten Bedingungen erbracht wird; dazu gehören die Festlegung der Strecken, die Transportkapazitäten und die Fahrpläne.

(2)      Die vorliegende Richtlinie gilt nicht für Stellen, die Busverkehrsleistungen für die Allgemeinheit erbringen, die vom Anwendungsbereich der Richtlinie 93/38/EWG[(6)] nach deren Artikel 2 Absatz 4 ausgenommen worden sind.“

2.      Richtlinie 2004/18

6.        Art. 1 Abs. 9 bestimmt:

„‚Öffentliche Auftraggeber‘ sind der Staat, die Gebietskörperschaften, die Einrichtungen des öffentlichen Rechts und die Verbände, die aus einer oder mehreren dieser Körperschaften oder Einrichtungen des öffentlichen Rechts bestehen.

Als ‚Einrichtung des öffentlichen Rechts‘ gilt jede Einrichtung, die:

a)      zu dem besonderen Zweck gegründet wurde, im Allgemeininteresse liegende Aufgaben nicht gewerblicher Art zu erfüllen,

b)      Rechtspersönlichkeit besitzt und

c)      überwiegend vom Staat, von Gebietskörperschaften oder von anderen Einrichtungen des öffentlichen Rechts finanziert wird, hinsichtlich ihrer Leitung der Aufsicht durch Letztere unterliegt oder deren Verwaltungs-, Leitungs- oder Aufsichtsorgan mehrheitlich aus Mitgliedern besteht, die vom Staat, von den Gebietskörperschaften oder von anderen Einrichtungen des öffentlichen Rechts ernannt worden sind.

Die nicht erschöpfenden Verzeichnisse der Einrichtungen und Kategorien von Einrichtungen des öffentlichen Rechts, die die in Unterabsatz 2 Buchstaben a, b und c genannten Kriterien erfüllen, sind in Anhang III enthalten. Die Mitgliedstaaten geben der Kommission regelmäßig die Änderungen ihrer Verzeichnisse bekannt.“

3.      Richtlinie 2014/24/EU(7)

7.        Im zehnten Erwägungsgrund der Richtlinie heißt es:

„Der Begriff ‚öffentliche Auftraggeber‘ und insbesondere der Begriff ‚Einrichtungen des öffentlichen Rechts‘ sind wiederholt im Rahmen der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union überprüft worden. Um klarzustellen, dass der persönliche Geltungsbereich dieser Richtlinie unverändert bleiben sollte, ist es angezeigt, die Begriffsbestimmung beizubehalten, auf die sich der Gerichtshof selbst stützt, und einige Erläuterungen, die im Rahmen dieser Rechtsprechung gegeben wurden, als Schlüssel zum Verständnis der Begriffsbestimmung selbst aufzunehmen, ohne dass damit beabsichtigt wird, das Verständnis des Begriffs, so wie es in der Rechtsprechung dargelegt wurde, zu ändern. Zu diesem Zweck sollte daher klargestellt werden, dass eine Einrichtung, die unter marktüblichen Bedingungen arbeitet, gewinnorientiert ist und die mit der Ausübung ihrer Tätigkeit einhergehenden Verluste trägt, nicht als ‚Einrichtung des öffentlichen Rechts‘ angesehen werden sollte, da die im Allgemeininteresse liegenden Aufgaben, zu deren Erfüllung sie geschaffen oder mit deren Erfüllung sie beauftragt worden ist, als von gewerblicher Art anzusehen sind.

Desgleichen ist die Bedingung bezüglich der Herkunft der Finanzausstattung der betreffenden Einrichtung ebenfalls im Rahmen der Rechtsprechung überprüft worden, wobei unter anderem klargestellt wurde, dass unter ‚überwiegendfinanziert eine Finanzierung in Höhe von mehr als der Hälfte zu verstehen ist, worunter auch Zahlungen von Nutzern fallen können, die nach den Vorschriften des öffentlichen Rechts auferlegt, berechnet und erhoben werden.“

8.        Art. 2 Abs. 1 Nr. 4 enthält eine Definition der „Einrichtung des öffentlichen Rechts“, die derjenigen in Art. 1 Abs. 9 der Richtlinie 2004/18 ähnlich ist.

9.        Art. 12 Abs. 1 sieht vor:

„Ein von einem öffentlichen Auftraggeber an eine juristische Person des privaten oder öffentlichen Rechts vergebener öffentlicher Auftrag fällt nicht in den Anwendungsbereich dieser Richtlinie, wenn alle der folgenden Bedingungen erfüllt sind:

a)      Der öffentliche Auftraggeber übt über die betreffende juristische Person eine ähnliche Kontrolle aus … wie über seine eigenen Dienststellen;

b)      mehr als 80 % der Tätigkeiten der kontrollierten juristischen Person dienen der Ausführung der Aufgaben, mit denen sie von dem die Kontrolle ausübenden öffentlichen Auftraggeber oder von anderen von diesem kontrollierten juristischen Personen betraut wurden[,] und

c)      es besteht keine direkte private Kapitalbeteiligung an der kontrollierten juristischen Person, mit Ausnahme nicht beherrschender Formen der privaten Kapitalbeteiligung und Formen der privaten Kapitalbeteiligung ohne Sperrminorität, die in Übereinstimmung mit den Verträgen durch nationale gesetzliche Bestimmungen vorgeschrieben sind und die keinen maßgeblichen Einfluss auf die kontrollierte juristische Person vermitteln.

Bei einem öffentlichen Auftraggeber wird davon ausgegangen, dass er über die betreffende juristische Person eine ähnliche Kontrolle im Sinne von Unterabsatz 1 Buchstabe a ausübt wie über seine eigenen Dienststellen, wenn er einen ausschlaggebenden Einfluss sowohl auf die strategischen Ziele als auch auf die wesentlichen Entscheidungen der kontrollierten juristischen Person ausübt. Solche Kontrolle kann auch durch eine andere juristische Person ausgeübt werden, die vom öffentlichen Auftraggeber auf gleiche Weise kontrolliert wird.“

In jedem Fall muß der öffentliche Auftraggeber den Beauftragten derart kontrollieren, wie er seine eigenen Dienststellen kontrollieren würde.
Titel: Re: Kleiner Ausflug zum Europarecht
Beitrag von: pinguin am 01. November 2017, 11:03
Nur also Info:

Mit nachstehend verlinkter Verordnung wird eine Europäische Staatsanwaltschaft errichtet.

VERORDNUNG (EU) 2017/1939 DES RATES

vom 12. Oktober 2017

zur Durchführung einer Verstärkten Zusammenarbeit zur Errichtung der Europäischen Staatsanwaltschaft (EUStA)

http://eur-lex.europa.eu/legal-content/DE/TXT/?uri=uriserv:OJ.L_.2017.283.01.0001.01.DEU&toc=OJ:L:2017:283:TOC

Zitat
Artikel 1

Gegenstand

Mit dieser Verordnung wird die Europäische Staatsanwaltschaft (im Folgenden „EUStA“) errichtet und ihre Arbeitsweise geregelt.
Titel: Re: Kleiner Ausflug zum Europarecht
Beitrag von: pinguin am 12. November 2017, 20:52
Nur als Info:

Rechtssache C-298/16
http://curia.europa.eu/juris/document/document.jsf?text=&docid=196496&pageIndex=0&doclang=DE&mode=req&dir=&occ=first&part=1&cid=196863

Zitat
Aus diesen Gründen hat der Gerichtshof (Dritte Kammer) für Recht erkannt:

Der allgemeine unionsrechtliche Grundsatz der Wahrung der Verteidigungsrechte ist dahin auszulegen, dass es in Verwaltungsverfahren zur Überprüfung und Festlegung der Bemessungsgrundlage für die Mehrwertsteuer dem Einzelnen möglich sein muss, auf Antrag Zugang zu den Informationen und Dokumenten zu erhalten, die in der Verwaltungsakte enthalten sind und die von der Behörde für den Erlass ihrer Entscheidung berücksichtigt werden, es sei denn, eine Beschränkung des Zugangs zu diesen Informationen und Dokumenten ist durch dem Gemeinwohl dienende Ziele gerechtfertigt.

Eine Behörde muß auf Antrag in sämtliche Informationen und Dokumente Einsicht gewähren, die für eine Entscheidung maßgeblich waren. Eine Beschränkung darf nur durch Ziele gerechtfertigt sein, die dem Gemeinwohl dienen.
Titel: Re: Kleiner Ausflug zum Europarecht
Beitrag von: pinguin am 20. November 2017, 21:14
Nur als Info:

Rechtssache T-97/09
http://curia.europa.eu/juris/document/document.jsf?text=&docid=194521&pageIndex=0&doclang=DE&mode=lst&dir=&occ=first&part=1&cid=353131

Rn. 71
Zitat
[...]ist jedoch darauf hinzuweisen, dass nach der Rechtsprechung die Nichtbeachtung der Verfahrensvorschriften über den Erlass einer beschwerenden Maßnahme eine Verletzung wesentlicher Formvorschriften darstellt, die vom Unionsrichter auch von Amts wegen zu prüfen ist[...]

Rn. 87
Zitat
[...]Grundsatz, dass Verfahrensvorschriften unmittelbar nach ihrem Inkrafttreten anzuwenden sind[...]
Wäre die neue EU-Datenschutzgrundverordnung

VERORDNUNG (EU) 2016/679 DES EUROPÄISCHEN PARLAMENTS UND DES RATES

vom 27. April 2016

zum Schutz natürlicher Personen bei der Verarbeitung personenbezogener Daten, zum freien Datenverkehr und zur Aufhebung der Richtlinie 95/46/EG (Datenschutz-Grundverordnung)

http://eur-lex.europa.eu/legal-content/DE/TXT/?qid=1496571378935&uri=CELEX:32016R0679

eine Verfahrensvorschrift, wäre sie ab dem Tage ihres Inkrafttretens,

Zitat
Artikel 99

Inkrafttreten und Anwendung

(1)   Diese Verordnung tritt am zwanzigsten Tag nach ihrer Veröffentlichung im Amtsblatt der Europäischen Union in Kraft.
->

Zitat
4.5.2016  Amtsblatt der Europäischen Union  L 119/1

anzuwenden und einzuhalten.
Titel: Re: Kleiner Ausflug zum Europarecht
Beitrag von: pinguin am 04. Dezember 2017, 13:00
Nur also Info:

Aus der Pressemeldung einer aktuellen Entscheidung des EuGH:

Pressemitteilung Rechtssache C-413/15
http://eur-lex.europa.eu/legal-content/DE/TXT/?uri=uriserv:OJ.C_.2017.412.01.0005.01.DEU&toc=OJ:C:2017:412:TOC

Zitat
Einer privatrechtlichen Stelle, die ein Mitgliedstaat mit einer im öffentlichen Interesse liegenden Aufgabe betraut hat [...] können die unmittelbar anwendbaren Bestimmungen einer Richtlinie entgegengehalten werden.

Und hier die eigentliche Entscheidung dazu:
Rechtssache C-413/15
http://curia.europa.eu/juris/document/document.jsf?text=&docid=195361&pageIndex=0&doclang=DE&mode=lst&dir=&occ=first&part=1&cid=305558

Aus Rn. 32
Zitat
Nach ebenfalls ständiger Rechtsprechung des Gerichtshofs [...]  muss nämlich verhindert werden, dass der Staat aus der Nichtbeachtung des Unionsrechts Nutzen ziehen kann [...]

Auis Rn. 33
Zitat
[...] hat der Gerichtshof anerkannt, dass sich die Einzelnen auf unbedingte und hinreichend genaue Bestimmungen einer Richtlinie nicht nur gegenüber einem Mitgliedstaat und allen Trägern seiner Verwaltung wie den dezentralen Stellen berufen können [...]  sondern auch – [...] – gegenüber Organisationen oder Einrichtungen, die dem Staat oder dessen Aufsicht unterstehen oder mit besonderen Rechten ausgestattet sind, die über diejenigen hinausgehen, die nach den Vorschriften für die Beziehungen zwischen Privatpersonen gelten. [...]

Rn. 34
Zitat
Solche Organisationen oder Einrichtungen unterscheiden sich von Privatpersonen und sind dem Staat gleichzustellen, entweder weil sie juristische Personen des öffentlichen Rechts sind, die zum Staat im weiteren Sinne gehören, oder weil sie einer öffentlichen Stelle oder deren Aufsicht unterstehen oder weil sie von einer solchen Stelle mit der Erfüllung einer im öffentlichen Interesse liegenden Aufgabe betraut sind und hierzu mit den genannten besonderen Rechten ausgestattet wurden.

Mehr sei hieraus nicht zitiert; nochmals sei hier, siehe Rn. 34, hervorgehoben, daß im europäischen Recht bspw. juristische Personen des öffentlichen Rechts grundsätzlich dem Staat zugerechnet werden.

Alle Landesrundfunkanstalten sind auf Grund ihrer Rechtsform als "Anstalt des öffentlichen Rechts" als staatsnah einzustufen, die sie national aber wegen der durch Grundgesetz und BVerfG fixierten Staatsferne nicht sein dürfen.
Titel: Re: Kleiner Ausflug zum Europarecht
Beitrag von: faust am 04. Dezember 2017, 14:43
... auch deswegen also sollte Rundfunk Bundes - und nicht Ländersache sein:

Weil nur der Bund die geballte Kompetenz hat (... haben sollte), juristisch derart komplexe Materie befriedigend und konfliktfrei zu bewältigen und zu regeln !!!

Die Mainzelmännchen in den Landesparlamenten haben die offensichtlich nicht, und die Einzelrichter (... hach - welch stolzes Wort !!!) provinzieller Verwaltungsgerichte erst recht nicht.
Titel: Re: Kleiner Ausflug zum Europarecht
Beitrag von: pinguin am 04. Dezember 2017, 16:39
@faust

Ist nun einmal so, der Bund hat für alle EU-Belange national die volle Verantwortung, die er auch nicht auf die Länder abwälzen kann; der Bund sitzt hier mit allem finanziell im Matsch, was die Länder durch Nichtbeachtung von EU-Recht verbocken.

Denn die Nichtbeachtung europäischen Rechts darf sich nicht lohnen; siehe C-413/15, Rn. 32. -> Der weitere Bezug europäischer Fördermittel setzt Rechtstreue voraus.

Wie wollen die Länder das denn alles überhaupt überblicken, wo sie doch offensichtlich schon Mühe haben, nicht nur Änderungen des Grundgesetzes der Bundesrepublik Deutschland zur Kenntnis nehmen, sondern auch überhaupt der eigenen Landesverfassung Folge zu leisten?

Interessant ist an dieser neuerlichen Entscheidung auch, daß der Bürger, (bspw.), nicht nur allen staatlichen Stellen unmittelbar gültige EU-Rechtsakte vorhalten kann, sondern auch allen privatrechtlichen Stellen, so sie einen Auftrag des Staates ausführen.

Alle LRA haben die Bestimmungen der EU-Datenschutzgrundverordnung unmittelbar selbst eigenverantwortlich einzuhalten, wie jede andere staatliche Stelle auch, weil sie als "Anstalt des öffentlichen Rechts" im EU-Recht, siehe u. a. C-413/15, Rn. 34, dem Staat zugeordnet werden.
Titel: Re: Kleiner Ausflug zum Europarecht
Beitrag von: faust am 04. Dezember 2017, 17:00
.. gefällt mir ausserordentlich - nur die Verantwortlichen  :police: müssens halt noch begreifen !
Titel: Re: Kleiner Ausflug zum Europarecht
Beitrag von: pinguin am 08. Dezember 2017, 19:44
Nur als Info:

Rechtssache C-265/16
https://curia.europa.eu/jcms/upload/docs/application/pdf/2017-11/cp170125de.pdf

Link führt zur Pressemitteilung.

Eine Fernsehübertragung und die spätere Übertragung bspw. via Internet sind zwei technisch völlig unterschiedliche Übertragungswege; Rundfunk ist nicht Internet.

Ein Diensteanbieter, der eine Rundfunksendung im Internet anbieten möchte, braucht die urheberrechtliche Genehmigung des Rechteinhabers.

Für den dt. ÖRR heißt das, daß sie allenfalls reine Eigenproduktionen in Rundfunk und Internet anbieten dürfen, sofern ihnen für Fremproduktionen, deren Urheberschaft sie freilich nicht haben, keine Genehmigung des Urhebers vorliegt, sein Produkt auch im Internet verbreiten zu dürfen.

Zur Erinnerung an die Länder im Bunde: Internet zählt zu den Telemedien, ist kein Rundfunk und zudem Bundesrecht.
Titel: Re: Kleiner Ausflug zum Europarecht
Beitrag von: pinguin am 19. Dezember 2017, 13:54
Nur als Info:

Die EU-Kommission genehmigt den Zusammenschluß von Axel Springer, Porsche Digital und JV.

Keine Einwände gegen einen angemeldeten Zusammenschluss
(Sache M.8703 — Porsche Digital/Axel Springer/JV)
(Text von Bedeutung für den EWR)

http://eur-lex.europa.eu/legal-content/DE/TXT/?uri=uriserv:OJ.C_.2017.438.01.0004.01.DEU&toc=OJ:C:2017:438:TOC
Titel: Re: Kleiner Ausflug zum Europarecht
Beitrag von: pinguin am 27. Dezember 2017, 13:26
Nur als Info:

VERORDNUNG (EU) 2017/2394 DES EUROPÄISCHEN PARLAMENTS UND DES RATES

vom 12. Dezember 2017

über die Zusammenarbeit zwischen den für die Durchsetzung der Verbraucherschutzgesetze zuständigen nationalen Behörden und zur Aufhebung der Verordnung (EG) Nr. 2006/2004

(Text von Bedeutung für den EWR)

http://eur-lex.europa.eu/legal-content/DE/TXT/?uri=uriserv:OJ.L_.2017.345.01.0001.01.DEU&toc=OJ:L:2017:345:TOC

Zitat
Artikel 3

Begriffsbestimmungen

Für die Zwecke dieser Verordnung bezeichnet der Ausdruck
„Unionsrecht zum Schutz der Verbraucherinteressen“ die im Anhang aufgeführten Verordnungen und Richtlinien, letztere in der in die innerstaatliche Rechtsordnung der Mitgliedstaaten umgesetzten Form;
[...]

Zitat
ANHANG

In Artikel 3 Nummer 1 genannte Richtlinien und Verordnungen

[...]
9.
Richtlinie 2005/29/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 11. Mai 2005 über unlautere Geschäftspraktiken im binnenmarktinternen Geschäftsverkehr zwischen Unternehmen und Verbrauchern und zur Änderung der Richtlinie 84/450/EWG des Rates, der Richtlinien 97/7/EG, 98/27/EG und 2002/65/EG des Europäischen Parlaments und des Rates sowie der Verordnung (EG) Nr. 2006/2004 des Europäischen Parlaments und des Rates (Richtlinie über unlautere Geschäftspraktiken) (ABl. L 149 vom 11.6.2005, S. 22).
[...]
17.
Richtlinie 2010/13/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 10. März 2010 zur Koordinierung bestimmter Rechts- und Verwaltungsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Bereitstellung audiovisueller Mediendienste (Richtlinie über audiovisuelle Mediendienste) (ABl. L 95 vom 15.4.2010, S. 1): Artikel 9, 10, 11 und Artikel 19 bis 26.
[...]
20.
Richtlinie 2011/83/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 25. Oktober 2011 über die Rechte der Verbraucher, zur Abänderung der Richtlinie 93/13/EWG des Rates und der Richtlinie 1999/44/EG des Europäischen Parlaments und des Rates sowie zur Aufhebung der Richtlinie 85/577/EWG des Rates und der Richtlinie 97/7/EG des Europäischen Parlaments und des Rates (ABl. L 304 vom 22.11.2011, S. 64).

Zitat
(47)
Die Verordnung (EG) Nr. 45/2001 des Europäischen Parlaments und des Rates ( 6 ), die Verordnung (EU) 2016/679 des Europäischen Parlaments und des Rates ( 7 ) und die Richtlinie (EU) 2016/680 des Europäischen Parlaments und des Rates ( 8 ) sollten im Zusammenhang mit der vorliegenden Verordnung gelten.
Titel: Re: Kleiner Ausflug zum Europarecht
Beitrag von: pinguin am 10. Januar 2018, 21:37
Es hat wieder Neues vom EuGH:

In Verbindung zu dem Beitrag weiter vorn hinsichtlich Rechtssache C-265/16

Kleiner Ausflug zum Europarecht
https://gez-boykott.de/Forum/index.php/topic,12861.msg161282.html#msg161282

Rechtssache C-275/15
http://eur-lex.europa.eu/legal-content/DE/TXT/?qid=1515602394489&uri=CELEX:62015CJ0275

entschied der EuGH, daß es einem Fernsehsender nicht gestattet ist, eine Fernsehsendung über Kabel oder Internet weiterzuverbreiten, auch dann nicht, wenn dieser Fernsehsender einer sog. Gemeinwohlverpflichtung unterliegt.

Heißt also konkret auch für den dt. ÖRR, wenn es seitens der Urheber einer audio-visuellen Produktion keine ausdrückliche Genehmigung hat, daß ein Fernsehsender diese Produkte einem Kabelnetz zur Verfügung stellt, ist der Zugang zum Kabel nicht gestattet.

Im europäischen Recht wird zwischen dem "Zugang zum Kabel" und der "Weiterverbreitung via Kabel" unterschieden.

Rn. 19
Zitat
Erstens geht schon aus den Worten „Zugang zum Kabel“ hervor, dass sich dieser Begriff von dem der „Weiterverbreitung über Kabel“ unterscheidet, wobei nur Letzterer im Rahmen der Richtlinie 2001/29 die Verbreitung eines audiovisuellen Inhalts bezeichnet.

Es braucht also für jeden Übertragungsweg eine separate Genehmigung des Urhebers einer audio-visuellen Produktion, daß der dieses Werk der Öffentlichkeit zur Verfügung stellende Sendedienst dieses auf diese Weise auch darf.

Erteilt ein Urheber einem Diensteanbieter also die Genehmigung, sein Werk via Rundfunk zu verbreiten, darf dieses Werk weder von diesem Dienstanbieter noch von einem anderen Diensteanbieter weder dem Kabel bereitgestellt, noch über Kabel weiterverbreitet werden; für jeden dieser Schritte braucht es eine separate Genehmigung des Urhebers.

Der Leitsatz lautet:

Zitat
Art. 9 der Richtlinie 2001/29/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 22. Mai 2001 zur Harmonisierung bestimmter Aspekte des Urheberrechts und der verwandten Schutzrechte in der Informationsgesellschaft und insbesondere der Begriff „Zugang zum Kabel von Sendediensten“ ist dahin auszulegen, dass eine nationale Regelung, nach der das Urheberrecht nicht verletzt wird, wenn Werke, die von Fernsehsendern mit Gemeinwohlverpflichtungen ausgestrahlt wurden, im Gebiet der ursprünglichen Ausstrahlung umgehend über Kabel, gegebenenfalls auch mittels Internet, weiterverbreitet werden, nicht unter diese Bestimmung fällt und nicht von ihr gestattet wird.
Titel: Re: Kleiner Ausflug zum Europarecht
Beitrag von: pinguin am 21. Januar 2018, 12:44
Wieder was Neues:

Rn. 32
Zitat
Daraus folgt, dass die Behörden der Mitgliedstaaten sowie die nationalen Gerichte ab dem Zeitpunkt des Inkrafttretens einer Richtlinie es so weit wie möglich unterlassen müssen, das innerstaatliche Recht auf eine Weise auszulegen, die die Erreichung des mit dieser Richtlinie verfolgten Ziels nach Ablauf von deren Umsetzungsfrist ernsthaft gefährden würde (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 4. Juli 2006, Adeneler u. a., C-212/04, EU:C:2006:443, Rn. 122 und 123).

Rechtssache C-439/16 PPU
http://curia.europa.eu/juris/document/document.jsf?text=&docid=184894&pageIndex=0&doclang=DE&mode=lst&dir=&occ=first&part=1&cid=1193998

Behörden wie Gerichter der nationalen Mitgliedstaaten müssen alles unterlassen, was ab dem Tage des Inkraftretens einer Richtlinie, (Verordnung), geeignet wäre, das Umsetzungsziel nach Ablauf der Umsetzungsfrist zu gefährden.

VERORDNUNG (EU) 2016/679 DES EUROPÄISCHEN PARLAMENTS UND DES RATES

vom 27. April 2016

zum Schutz natürlicher Personen bei der Verarbeitung personenbezogener Daten, zum freien Datenverkehr und zur Aufhebung der Richtlinie 95/46/EG (Datenschutz-Grundverordnung)

http://eur-lex.europa.eu/legal-content/DE/TXT/?qid=1496571378935&uri=CELEX:32016R0679

Zitat
Artikel 99

Inkrafttreten und Anwendung

(1)   Diese Verordnung tritt am zwanzigsten Tag nach ihrer Veröffentlichung im Amtsblatt der Europäischen Union in Kraft.

(2)   Sie gilt ab dem 25. Mai 2018.

Diese Verordnung ist in allen ihren Teilen verbindlich und gilt unmittelbar in jedem Mitgliedstaat.

Geschehen zu Brüssel am 27. April 2016.

Veröffentlich im EU-Amtsblatt am 4.5.2016; seit dem 24. 5. 2016 dürfen keine Maßnahmen mehr getätigt werden, die die Zielsetzung dieser Verordnung gefährden würden.
Titel: Re: Kleiner Ausflug zum Europarecht
Beitrag von: pinguin am 22. Januar 2018, 13:37
Wieder was Neues, auch wenn die Entscheidung im Langtext noch nicht veröffentlicht ist.

Rechtssache T-670/16
http://eur-lex.europa.eu/legal-content/DE/TXT/?uri=uriserv:OJ.C_.2018.022.01.0040.02.DEU&toc=OJ:C:2018:022:TOC

Der EuGH hat hier eine Nichtigkeitsklage für unzulässig erklärt, die seitens des damaligen Beklagten in der Sache des EU-US-Datenschutzschild angestrengt worden ist.

In diesem Beschluß wird offenbar folgendes geklärt:

Zitat
((Nichtigkeitsklage - Raum der Freiheit, der Sicherheit und des Rechts - Schutz natürlicher Personen bei der Verarbeitung personenbezogener Daten - Übermittlung personenbezogener Daten in die Vereinigten Staaten - Gemeinnützige Gesellschaft irischen Rechts - Kein Schutz personenbezogener Daten für juristische Personen - Für die Verarbeitung Verantwortlicher - Klage im Namen der Mitglieder und Unterstützer - Klage im öffentlichen Interesse - Unzulässigkeit))

Der darin genannte und hier verlinkte Durchführungsbeschluß der Kommission ist lesenswert:

Durchführungsbeschlusses (EU) 2016/1250 der Kommission vom 12. Juli 2016
http://eur-lex.europa.eu/legal-content/DE/TXT/?uri=uriserv:OJ.L_.2016.207.01.0001.01.DEU&toc=OJ:L:2016:207:TOC

Mehrmals in diesem Dokument wird die Zweckbindung der Datenerhebung hervorgehoben.

-> Meldedaten sind Meldedaten und dürfen für nichts anderes verwendet werden, es sei denn derjenige, zu dem diese Daten gehören, hat der weiteren Verwendung zugestimmt.
Titel: Re: Kleiner Ausflug zum Europarecht
Beitrag von: pinguin am 17. Februar 2018, 08:23
Es hat eine vergleichsweise neue Verordnung, die für die Altersruhebezüge bei ÖRR und Co. relevant sein könnte.

Dokument nur als PDF verfügbar, nicht als HTML.

VERORDNUNG (EU) 2018/231 DER EUROPÄISCHEN ZENTRALBANK
vom 26. Januar 2018 über die statistischen Berichtspflichten der Altersvorsorgeeinrichtungen (EZB/2018/2)

http://eur-lex.europa.eu/legal-content/DE/TXT/PDF/?uri=CELEX:32018R0231&from=DE
Titel: Re: Kleiner Ausflug zum Europarecht
Beitrag von: pinguin am 29. März 2018, 11:28
Gemäß der EU-Kommission muß das Mitgliedsland mit Angabe der Gründe jeden Vorgang melden, der eine national strengere Regel vorsieht, als in einem von der EU harmonisierten Bereich bestimmt worden ist.

Zitat
[...]Artikel 114 Absatz 4 legt fest, dass ein Mitgliedstaat, der nach dem Erlass einer Harmonisierungsmaßnahme der EU seine strengeren einzelstaatlichen Bestimmungen beibehalten möchte, die durch wichtige Erfordernisse im Sinne des Artikels 36 AEUV oder in Bezug auf den Schutz der Arbeitsumwelt oder den Umweltschutz gerechtfertigt sind, der Kommission diese Bestimmungen sowie die Gründe für ihre Beibehaltung mitteilt. [...]

Notifizierung gemäß Artikel 114 Absatz 4 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union — Antrag auf Genehmigung der Beibehaltung einzelstaatlicher Maßnahmen, die strenger sind als die Bestimmungen einer Harmonisierungsmaßnahme der Union
http://eur-lex.europa.eu/legal-content/DE/TXT/?uri=uriserv:OJ.C_.2018.114.01.0011.01.DEU&toc=OJ:C:2018:114:TOC
Titel: Re: Kleiner Ausflug zum Europarecht
Beitrag von: pinguin am 02. Mai 2018, 12:28
Es hat zwar weder etwas mit Rundfunk zu tun, noch mit Beihilfen, es sei hier aber dennoch vermerkt, weil relevant für den Datenschutz:

RICHTLINIE (EU) 2018/645 DES EUROPÄISCHEN PARLAMENTS UND DES RATES

vom 18. April 2018

zur Änderung der Richtlinie 2003/59/EG über die Grundqualifikation und Weiterbildung der Fahrer bestimmter Kraftfahrzeuge für den Güter- oder Personenkraftverkehr und der Richtlinie 2006/126/EG über den Führerschein

(Text von Bedeutung für den EWR)

http://eur-lex.europa.eu/legal-content/DE/TXT/?uri=uriserv:OJ.L_.2018.112.01.0029.01.DEU&toc=OJ:L:2018:112:TOC

Das Besondere(?) daran ist nun, daß explizit die Einhaltung der EU-Datenschutzgrundverordnung gefordert wird und nur berechtigte Behörden überhaupt Zugriff auf jene personenbezogenen Daten haben dürfen, die Gegenstand dieser Richtlinie sind.

Zitat
6.
Der folgende Artikel wird eingefügt:

„Artikel 10a

Durchsetzungsnetz

[...]

(3)  Im Einklang mit der Verordnung (EU) 2016/679 des Europäischen Parlaments und des Rates (*3) tragen die Mitgliedstaaten dafür Sorge, dass personenbezogene Daten ausschließlich zum Zweck der Prüfung der Einhaltung dieser Richtlinie und insbesondere der in dieser Richtlinie festgelegten Ausbildungsanforderungen verarbeitet werden.

(4)   Der Zugriff auf das Netz wird geschützt. Die Mitgliedstaaten dürfen den Zugriff lediglich den für die Umsetzung und Überwachung der Einhaltung dieser Richtlinie zuständigen Behörden gewähren.

(*3)  Verordnung (EU) 2016/679 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 27. April 2016 zum Schutz natürlicher Personen bei der Verarbeitung personenbezogener Daten, zum freien Datenverkehr und zur Aufhebung der Richtlinie 95/46/EG (Datenschutz-Grundverordnung) (ABl. L 119 vom 4.5.2016, S. 1).“"
Zitat
Artikel 2

Die Richtlinie 2006/126/EG wird wie folgt geändert:
[...]

3.
Artikel 15 erhält folgende Fassung:

„Artikel 15

Amtshilfe

[...]

(3)   Die Mitgliedstaaten tragen dafür Sorge, dass personenbezogene Daten im Zusammenhang mit dieser Richtlinie ausschließlich zum Zweck der Umsetzung dieser Richtlinie und der Richtlinien 2003/59/EG und (EU) 2015/413 des Europäischen Parlaments und des Rates (*6) verarbeitet werden. Für die Verarbeitung personenbezogener Daten im Rahmen dieser Richtlinie gelten die Verordnungen (EU) 2016/679 (*7 ) und (EG) Nr. 45/2001 (*8 ) des Europäischen Parlaments und des Rates.

(4)   Der Zugriff auf das Netz wird geschützt. Die Mitgliedstaaten dürfen den Zugriff lediglich den für die Umsetzung und Überwachung der Einhaltung dieser Richtlinie und der Richtlinien 2003/59/EG und (EU) 2015/413 zuständigen Behörden gewähren.

(*6 )  Richtlinie (EU) 2015/413 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 11. März 2015 zur Erleichterung des grenzüberschreitenden Austauschs von Informationen über die Straßenverkehrssicherheit gefährdende Verkehrsdelikte (ABl. L 68 vom 13.3.2015, S. 9)."

(*7 )  Verordnung (EU) 2016/679 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 27. April 2016 zum Schutz natürlicher Personen bei der Verarbeitung personenbezogener Daten, zum freien Datenverkehr und zur Aufhebung der Richtlinie 95/46/EG (Datenschutz-Grundverordnung) (ABl. L 119 vom 4.5.2016, S. 1)."

(*8 )  Verordnung (EG) Nr. 45/2001 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 18. Dezember 2000 zum Schutz natürlicher Personen bei der Verarbeitung personenbezogener Daten durch die Organe und Einrichtungen der Gemeinschaft und zum freien Datenverkehr (ABl. L 8 vom 12.1.2001, S. 1).“"

Titel: Re: Kleiner Ausflug zum Europarecht
Beitrag von: pinguin am 28. Juni 2018, 16:37
Zitat
Jede Person hat das Recht auf Achtung ihres Privat- und Familienlebens, ihrer Wohnung sowie ihrer Kommunikation.
[...]
Die jüngsten Ereignisse haben gezeigt, dass Daten auf Kosten der Privatsphäre erhoben, verarbeitet und verwendet werden können. Der Zugang zu großen Datenmengen kann dazu genutzt werden, einen ungerechtfertigten Vorteil gegenüber Wettbewerbern zu erlangen oder gar die Medien und die öffentliche Meinung zu beeinflussen.
[...]
Stillschweigen oder Untätigkeit können nicht als Einwilligung betrachtet werden.
[...]
Vor einer Weiterverwendung der Daten für einen neuen Zweck muss der Nutzer entsprechend informiert werden und seine erneute Einwilligung erteilen, es sei denn, diese Weiterverwendung ist nach der Verordnung ohnehin rechtmäßig und zulässig.
[...]
Die neue Datenschutzregelung muss vom ersten Tag an vor Ort angewandt werden.
[...]
Die Union kann nicht hinnehmen, dass jemand durch Auswertung gezielter persönlicher Kommunikations- und Standortdaten zunächst detaillierte politische Profile seiner Bürgerinnen und Bürger erstellt und dieses Wissen anschließend nutzt, um deren politisches Verhalten zu manipulieren.
[...]

MITTEILUNG DER KOMMISSION

Vollendung eines vertrauenswürdigen digitalen Binnenmarkts für alle

Beitrag der Europäischen Kommission zur informellen Tagung der EU-Staats- und Regierungschefs zum Thema Datenschutz und digitaler Binnenmarkt am 16. Mai 2018 in Sofia

https://eur-lex.europa.eu/legal-content/DE/TXT/?qid=1530170830581&uri=CELEX:52018DC0320
Titel: Re: Kleiner Ausflug zum Europarecht
Beitrag von: drboe am 28. Juni 2018, 19:00
Wenn die EU die "Vollendung des Marktes" und den "Datenschutz" addressiert, kann da nichts Gutes bei herauskommen. Der EU ist der Schutz der Daten der Bürger völlig egal. Sie finanziert seit Jahren Entwicklung und Einsatz von Überwachungstechniken, hat willig den Wünschen der deutschen Bundesregierung entsprochen und eine Vorratsdatenspeicherung etabliert, die erst gerichtlich gestoppt werden musste. Sie liefert ebenso willig Passenger Name Records (PNR) von Flugreisenden und will solche auch erheben. Sie gestattet den Zugriff auf das SWIFT- System durch US-Geheimdienste. Bis heute können Daten aus Europa in den USA abgelegt werden. Die EU etabliert Zensursysteme unter dem Vorwand des Urheberrechts. Der Vorrang des Wirtschaftens ist in fast allen EU-Entscheidungen überdeutlich. Eine kleine Einführung in das Folterkabinett der hochgelobten EU folgt:

Zitat
EU finanziert Überwachungstechnik für den BND
Seit vielen Jahren versucht der BND, eine Spracherkennung zu bauen, die Telefonate durchsucht und Stimmen wiederfindet. Das Geld dafür besorgt er sich auch bei der EU.

https://www.zeit.de/digital/datenschutz/2017-02/bnd-ueberwachung-sprache-eu
Zitat
EU-Überwachungsprojekt Indect - Die volle Kontrolle
Die Europäische Union lässt forschen: Können Computer auf den Bildern von Überwachungskameras automatisch Gefahren erkennen? Alarm schlagen, wenn eine Person eine Waffe trägt, oder sich auch nur ständig nervös umsieht? Kann ein Programm dann einen Menschen identifizieren, in dem die Kamerabilder mit Datenbanken abgeglichen werden?

Was in Hollywood-Filmen bereits eindrucksvoll funktioniert, soll endlich Wirklichkeit werden; eine Art Gefechtsstand für den öffentlichen Raum. "Intelligentes Informationssystem zur Unterstützung von Überwachung, Suche und Erfassung von Bürgern in städtischen Räumen" heißt das Forschungsprojekt, abgekürzt Indect. Deutsche Firmen arbeiten mit, Universitäten mehrerer EU-Länder, die Polizeibehörden von Nordirland und Polen.

Erprobt werden soll eine Plattform, die verschiedene Datenquellen anzapft, um Verdächtige aufzuspüren. Das Internet wird dabei durchsucht, die Bilder von Drohnen ausgewertet. Weil das arg nach Massenüberwachung und Rasterfahndung klingt, wollte der Linken-Abgeordnete Andrej Hunko genauer wissen, woran da seit 2009 mit mehr als zehn Millionen Euro Fördergeldern gearbeitet wird.

http://www.spiegel.de/netzwelt/netzpolitik/eu-ueberwachungsprojekt-indect-die-volle-kontrolle-a-866785.html
Zitat
Geldwäscherichtlinie: Überwachen und jahrelang speichern

Die EU-Geldwäscherichtlinie soll 2018 erneuert und verschärft werden, sie weist jedoch die gleichen Mängeln wie die Vorratsdatenspeicherung auf. Aber nicht nur das: Alle Geldtransaktionen und Kontobewegungen werden heute schon überprüft und durchleuchtet, um ungewöhnliche oder verdächtige Transaktionen herauszufiltern. Carolin Kaiser analysiert die Geldwäscherichtlinie in einem Gastbeitrag.

https://netzpolitik.org/2018/eu-geldwaescherichtlinie-ueberwachen-und-jahrelang-speichern/
Zitat
Neue EU-Verordnung zur grenzenlosen Überwachung

Quer durch die EU sollen Direktanordnungen nationaler Strafverfolger zur Ausfolgung von Benutzerdaten durch die Telefonie- und Internetprovider in anderen EU-Staaten möglich werden.

http://fm4.orf.at/stories/2908095/
Zitat
Kontinuierliche, automatische Überwachung: Die EU, die Zensur und das Urheberrecht

Die EU plant eine Zeitenwende: Künftig sollen Inhalte noch vor der Veröffentlichung im Internet herausgefiltert – also zensiert – werden. Die Einführung dieses gefährlichen Prinzips wird von der EU mit dem „unverfänglichen“ Schutz des Urheberrechts verknüpft. Wird das Prinzip der prophylaktischen Löschung vor einer Veröffentlichung jedoch erst einmal akzeptiert, kann es zukünftig auch potenziell zur politischen Zensur genutzt werden. Die Strategie der harmlos formulierten, aber vielseitig einsetzbaren Regelungen nutzen die EU-Institutionen nicht das erste Mal im Zusammenhang mit versuchter Meinungsunterdrückung. Von Tobias Riegel.

https://www.nachdenkseiten.de/?p=44517

Es gibt wirklich keinen Grund angebliche Datenschutzbemühungen der EU zu promoten. Ein Realitätsabgleich zeigt nämlich schnell, dass EU-Recht eben auch den Abbau von Bürgerrechten beinhaltet. Man darf in diesem Zusammenhang an den Obergauner der EU erinnern, Herrn Juncke, der die Strategie, mit der ein autoritäres Regime etabliert werden soll, ja hervorragend skizziert hat.

M. Boettcher
Titel: Re: Kleiner Ausflug zum Europarecht
Beitrag von: pinguin am 11. Juli 2018, 22:19
Zitat
47.      In Bezug auf die Religionsfreiheit hat der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte (im Folgenden: EGMR) entschieden, dass diese „zwar in erster Linie die innere Überzeugung betrifft, aber auch die Freiheit umfasst, seine Religion einzeln und privat oder gemeinsam mit anderen öffentlich und im Kreise von Glaubensgenossen zu bekennen. Außerdem hat der [EGMR] bereits Gelegenheit gehabt, negative Rechte aus Art. 9 [EMRK] anzuerkennen, insbesondere die Freiheit, keiner Religion anzugehören, und die Freiheit, eine Religion nicht auszuüben“(48).

SCHLUSSANTRÄGE DES GENERALANWALTS

PAOLO MENGOZZI


Rechtssache C-25/17
http://curia.europa.eu/juris/document/document.jsf?text=&docid=198949&pageIndex=0&doclang=DE&mode=lst&dir=&occ=first&part=1&cid=495600

->
Zitat
48      EGMR, 21. Februar 2008, Alexandridis/Griechenland (CE:ECHR:2008:0221JUD001951606, § 32 und die dort angeführte Rechtsprechung).

Das Urteil zur obigen Stellungnahme ist neu und war zumindest heute früh noch nicht veröffentlicht.

Es läßt sich aus der Stellungnahme und der Pressemitteilung aber entnehmen, daß jeder für die volle Einhaltung der Datenschutzbestimmungen verantwortlich ist, der sie verarbeitet, entgegennimmt, die Verarbeitung beauftragt etc., sofern sich diese Datenverarbeitung nicht dem familiären/persönlichen Bereich zuordnen läßt.

Grob läßt sich die Aussage formulieren, daß die Verarbeitung, bzw. Entgegennahme personenbezogener Daten für eine Organisation grundsätzlich keine familiäre/persönliche Datenverarbeitung ist.
Titel: Re: Kleiner Ausflug zum Europarecht
Beitrag von: pinguin am 15. Juli 2018, 11:58
Ergänzung:

Das Urteil zum vorstehenden Schlußantrag ist nun auch online.

Insbesondere daran interessant sind

Rn 68
Zitat
Hingegen kann eine natürliche oder juristische Person, die aus Eigeninteresse auf die Verarbeitung personenbezogener Daten Einfluss nimmt und damit an der Entscheidung über die Zwecke und Mittel dieser Verarbeitung mitwirkt, als für die Verarbeitung Verantwortlicher im Sinne von Art. 2 Buchst. d der Richtlinie 95/46 angesehen werden.

und

Leitsatz 3
Zitat
3.      Art. 2 Buchst. d der Richtlinie 95/46 ist im Licht von Art. 10 Abs. 1 der Charta der Grundrechte dahin auszulegen, dass eine Religionsgemeinschaft gemeinsam mit ihren als Verkündiger tätigen Mitgliedern als Verantwortliche für die Verarbeitungen personenbezogener Datenangesehen werden kann, die durch diese Mitglieder im Rahmen einer Verkündigungstätigkeit von Tür zu Tür erfolgen, die von dieser Gemeinschaft organisiert und koordiniert wird und zu der sie ermuntert, ohne dass es hierfür erforderlich wäre, dass die Gemeinschaft Zugriff auf diese Daten hat oder ihren Mitgliedern nachweislich schriftliche Anleitungen oder Anweisungen zu diesen Datenverarbeitungen gegeben hat.

Rechtssache C-25/17
http://curia.europa.eu/juris/document/document.jsf?text=&docid=203822&pageIndex=0&doclang=DE&mode=lst&dir=&occ=first&part=1&cid=11642

Es braucht im Bereich der Datenverarbeitung keine ausdrücklich Weisung oder Schriftform, um verantwortlich zu sein; es genügt, daß Daten verarbeitet werden, um verantwortlich für den Umgang mit diesen Daten zu werden.

Und damit sind letztlich alle verantwortlich und auch alle haftbar; daß EMA, (100% Haftungsübergang im Land Brandenburg gemäß Kommunalverfassung auf den Chef jener Körperschaft, zu der das EMA gehört), die LRA wie auch der Beitragsservice und alle Helfershelfer.
Titel: Re: Kleiner Ausflug zum Europarecht
Beitrag von: pinguin am 20. Juli 2018, 19:03
Es hat einen aktuellen

Verhaltenskodex für die Durchführung von Beihilfeverfahren
https://eur-lex.europa.eu/legal-content/DE/TXT/?uri=uriserv:OJ.C_.2018.253.01.0014.01.DEU&toc=OJ:C:2018:253:TOC

Ein Auszug:
Zitat
9.1.   Das Beschwerdeformular und die Verpflichtung zum Nachweis beeinträchtigter Interessen   

69.
   „Beteiligte“ sind nach der Definition in Artikel 1 Buchstabe h der Verfahrensverordnung Mitgliedstaaten, Personen, Unternehmen oder Unternehmensvereinigungen, deren Interessen aufgrund der Gewährung einer Beihilfe beeinträchtigt sein können, insbesondere der Beihilfeempfänger, Wettbewerber und Berufsverbände. Beteiligte, die eine förmliche Beschwerde bei der Kommission einlegen möchten, füllen das Beschwerdeformular (46) aus und übermitteln ihr alle verlangten Auskünfte sowie eine nichtvertrauliche Fassung der Beschwerde (47). Wenn das Beschwerdeformular vollständig ausgefüllt ist und der Beschwerdeführer nach Artikel 1 Buchstabe h der Verfahrensverordnung nachweist, dass seine Interessen durch die Gewährung der Beihilfe beeinträchtigt sein könnten (48), registrieren die Dienststellen der Kommission die Sache als förmliche Beschwerde.
   
70.
   Wenn der Beschwerdeführer nicht alle im Beschwerdeformular verlangten Auskünfte erteilt bzw. keine potenzielle Beeinträchtigung seiner Interessen nachweist, behandeln die Kommissionsdienststellen seine Eingabe als Marktinformation (49) und teilen dies dem Beschwerdeführer mit. Marktinformationen können dazu führen, dass die Kommission weitere Untersuchungen anstellt.
Zitat
Zusammenfassung einer Anmeldung: Aufforderung zur Stellungnahme von Beteiligten

Anmeldung einer staatlichen Beihilfe

Am … ist die Anmeldung einer Beihilfemaßnahme nach Artikel 108 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union bei der Kommission eingegangen. Die Kommission hat nach einer vorläufigen Prüfung festgestellt, dass die angemeldete Maßnahme für ein gestrafftes Verfahren nach Abschnitt 6 der Mitteilung der Kommission über einen Verhaltenskodex für die Durchführung von Beihilfeverfahren (ABl. C … vom … 2018, S. …) infrage kommen könnte.

Alle Beteiligten können bei der Kommission zu der geplanten Beihilfemaßnahme Stellung nehmen.

Hauptmerkmale der Beihilfemaßnahme:

Nummer der Beihilfe: SA …

Mitgliedstaat:

Referenznummer des Mitgliedstaats:

Region:

Bewilligungsbehörde:

Titel der Beihilfemaßnahme:

Nationale Rechtsgrundlage:

Vorgeschlagene unionsrechtliche Grundlage für die Prüfung: … Leitlinien oder gefestigte Beschlusspraxis der Kommission (siehe Kommissionsbeschlüsse 1, 2 und 3)

Art der Maßnahme: Beihilferegelung/Ad-hoc-Beihilfe

Änderung einer bestehenden Beihilfemaßnahme:

Laufzeit (Regelung):

Tag der Gewährung:

Betroffene Wirtschaftszweige:

Art des Beihilfeempfängers (KMU/Großunternehmen):

Mittelausstattung:

Beihilfeinstrument (Zuschuss, Zinsvergünstigung …):

Stellungnahmen, in denen wettbewerbsrechtliche Bedenken hinsichtlich der angemeldeten Maßnahme geltend gemacht werden, müssen bei der Kommission spätestens 10 Arbeitstage nach dieser Veröffentlichung eingehen und eine nichtvertrauliche Fassung enthalten, die dem betreffenden Mitgliedstaat und/oder anderen Beteiligten übermittelt werden kann. Stellungnahmen können unter Angabe der Beihilfenummer SA … per Fax, per Post oder per E-Mail an folgende Adresse gerichtet werden:

Europäische Kommission

Generaldirektion Wettbewerb

Registratur Staatliche Beihilfen

1049 Bruxelles/Brussel

BELGIQUE/BELGIË

Fax +32 22961242

E-Mail: stateaidgreffe@ec.europa.eu
Titel: Re: Kleiner Ausflug zum Europarecht
Beitrag von: pinguin am 22. Juli 2018, 10:19
Und noch was Neues, dieses Mal vom Gerichtshof selber:

EMPFEHLUNGEN

an die nationalen Gerichte bezüglich der Vorlage von Vorabentscheidungsersuchen

https://eur-lex.europa.eu/legal-content/DE/TXT/?uri=uriserv:OJ.C_.2018.257.01.0001.01.DEU&toc=OJ:C:2018:257:TOC
Titel: Re: Kleiner Ausflug zum Europarecht
Beitrag von: pinguin am 24. Juli 2018, 06:55
Eine Überlegung:

Die Nichteinhaltung der EMRK innerhalb der EU könnte ins Vertragsverletzungsverfahren münden; wegen Nichteinhaltung des Vertrages von Lissabon, mit dem die europäischen Verträge ja ergänzt worden sind und der erklärt, daß die EMRK innerhalb der EU einzuhalten ist.
Titel: Re: Kleiner Ausflug zum Europarecht
Beitrag von: pinguin am 17. August 2018, 10:58
Es ist eine

Verordnung des Europäischen Parlaments und des Rates über den Schutz des Haushalts der Union im Falle von generellen Mängeln in Bezug auf das Rechtsstaatsprinzip in den Mitgliedstaaten
https://eur-lex.europa.eu/legal-content/DE/TXT/?uri=uriserv:OJ.C_.2018.291.01.0001.01.DEU&toc=OJ:C:2018:291:TOC

in Vorbereitung.

Hintergrund 4

[...] Missachtet ein Mitgliedstaat die in Artikel 2 EUV verankerten Grundwerte, wozu das Rechtsstaatsprinzip gehört, kann die Kommission darüber hinaus den Mechanismus nach Artikel 7 EUV auslösen, der in letzter Instanz zur Aussetzung bestimmter Rechte (einschließlich der Stimmrechte im Rat; siehe Ziffer 15) führen kann. [...]

Art 2 EUV
Zitat
Artikel 2

Die Werte, auf die sich die Union gründet, sind die Achtung der Menschenwürde, Freiheit, Demokratie, Gleichheit, Rechtsstaatlichkeit und die Wahrung der Menschenrechte einschließlich der Rechte der Personen, die Minderheiten angehören. Diese Werte sind allen Mitgliedstaaten in einer Gesellschaft gemeinsam, die sich durch Pluralismus, Nichtdiskriminierung, Toleranz, Gerechtigkeit, Solidarität und die Gleichheit von Frauen und Männern auszeichnet.
Also Einhaltung EMRK wie Charta.

KONSOLIDIERTE FASSUNGEN

DES VERTRAGS ÜBER DIE EUROPÄISCHE UNION UND DES VERTRAGS ÜBER DIE ARBEITSWEISE DER EUROPÄISCHEN UNION

https://eur-lex.europa.eu/legal-content/DE/TXT/?uri=uriserv:OJ.C_.2016.202.01.0001.01.DEU&toc=OJ:C:2016:202:TOC

Die Nichteinhaltung der EMRK könnte also dazu führen, daß der betreffende Mitgliedsstaat auf EU-Ebene nix mehr zu melden hat.
Titel: Re: Kleiner Ausflug zum Europarecht
Beitrag von: pinguin am 13. September 2018, 15:13
Mal wieder was Neues vom EuGH; Link zur Pressemitteilung; Urteil noch nicht veröffentlicht:

Zitat
Die Vermarktung von SIM-Karten, die kostenpflichtige vorinstallierte und –aktivierte Dienste enthalten, stellt eine aggressive unlautere Geschäftspraxis dar, wenn der Verbraucher zuvor nicht entsprechend aufgeklärt wurde

Solch ein Verhalten stellt insbesondere eine "Lieferung unbestellter Waren und Dienstleistungen" dar, [...]

PRESSEMITTEILUNG NR. 130/18
Rechtssache C-54/17
https://curia.europa.eu/jcms/upload/docs/application/pdf/2018-09/cp180130de.pdf (https://curia.europa.eu/jcms/upload/docs/application/pdf/2018-09/cp180130de.pdf)
Titel: Re: Kleiner Ausflug zum Europarecht
Beitrag von: pinguin am 02. Oktober 2018, 12:04
Es hat eine Bürgerinitiative und den Beschluß der EU-Kommission, diese Bürgerinitiative zu registrieren:

BESCHLUSS (EU) 2018/1471 DER KOMMISSIONvom 19. September 2018über die geplante Bürgerinitiative „STOP BETRUG und Missbrauch von EU-MITTELN — durch bessere Kontrolle von Beschlüssen und der Durchführung sowie durch Sanktionen“ (Bekannt gegeben unter Aktenzeichen C(2018) 6077) 
https://eur-lex.europa.eu/legal-content/DE/TXT/?uri=uriserv:OJ.L_.2018.246.01.0046.01.DEU&toc=OJ:L:2018:246:TOC
Titel: Re: Kleiner Ausflug zum Europarecht
Beitrag von: pinguin am 29. November 2018, 22:06
Die neue Richtlinie über audio-visuelle Mediendienste wurde im EU-Amtsblatt publiziert und tritt, wie üblich, 20 Tage später in Kraft.

RICHTLINIE (EU) 2018/1808 DES EUROPÄISCHEN PARLAMENTS UND DES RATES
vom 14. November 2018
zur Änderung der Richtlinie 2010/13/EU zur Koordinierung bestimmter Rechts- und Verwaltungsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Bereitstellung audiovisueller Mediendienste (Richtlinie über audiovisuelle Mediendienste) im Hinblick auf sich verändernde Marktgegebenheiten
https://eur-lex.europa.eu/legal-content/DE/TXT/?uri=uriserv:OJ.L_.2018.303.01.0069.01.DEU&toc=OJ:L:2018:303:TOC (https://eur-lex.europa.eu/legal-content/DE/TXT/?uri=uriserv:OJ.L_.2018.303.01.0069.01.DEU&toc=OJ:L:2018:303:TOC)

Diese Richtlnie macht das, was in den Rundfunkstaatsverträgen die ganze Zeit praktziert wird, sie ändert eine bestehende Richtlinie, die in Kraft bleibt.
Wichtig an der neuen Richtlinie ist, daß ausdrücklich im bestimmenden Teil festgehalten ist, daß die Charta einzuhalten ist ...
Zitat
9.
Artikel 6 erhält folgende Fassung:
  „Artikel 6
  (1)   Unbeschadet der Verpflichtung der Mitgliedstaaten, die Menschenwürde zu achten und zu schützen, sorgen die Mitgliedstaaten mit angemessenen Mitteln dafür, dass die audiovisuellen Mediendienste, die von den ihrer Rechtshoheit unterworfenen Mediendiensteanbietern bereitgestellt werden,
a)
keine Aufstachelung zu Gewalt oder Hass gegen eine Gruppe von Personen oder gegen ein Mitglied einer Gruppe aus einem der in Artikel 21 der Charta genannten Gründe enthalten;
b)
keine öffentliche Aufforderung zur Begehung einer terroristischen Straftat gemäß Artikel 5 der Richtlinie (EU) 2017/541 enthalten.
(2)   Die für die Zwecke dieses Artikels ergriffenen Maßnahmen müssen notwendig und verhältnismäßig sein und im Einklang mit den in der Charta niedergelegten Rechten und Grundsätzen stehen.“

Zusätzlich wurde eine weiter Datenschutzverordnung veröffentlicht, dier sich mit nicht personengebundenen Daten beschäftigt.

VERORDNUNG (EU) 2018/1807 DES EUROPÄISCHEN PARLAMENTS UND DES RATES
vom 14. November 2018

über einen Rahmen für den freien Verkehr nicht-personenbezogener Daten in der Europäischen Union

https://eur-lex.europa.eu/legal-content/DE/TXT/?uri=uriserv:OJ.L_.2018.303.01.0059.01.DEU&toc=OJ:L:2018:303:TOC (https://eur-lex.europa.eu/legal-content/DE/TXT/?uri=uriserv:OJ.L_.2018.303.01.0059.01.DEU&toc=OJ:L:2018:303:TOC)

Diese Verordnung berührt nicht die EU-Datenschutzgrundverordnung, wenn personenbezogene Daten und nicht personenbezogene Daten untrennbar verbunden sind

Zitat
Artikel 2
Anwendungsbereich
  (1)   Diese Verordnung gilt für die Verarbeitung elektronischer Daten, die keine personenbezogenen Daten sind, in der Union, die
a)
als eine Dienstleistung für Nutzer erfolgt, die in der Union wohnhaft oder niedergelassen sind, ungeachtet dessen, ob der Diensteanbieter in der Union niedergelassen ist oder nicht; oder
b)
von einer natürlichen oder juristischen Person, die in der Union wohnhaft oder niedergelassen ist, für ihren eigenen Bedarf durchgeführt wird.
(2)   Bei einem Datensatz, der aus personenbezogenen und nicht-personenbezogenen Daten besteht, gilt diese Verordnung für die nicht-personenbezogenen Daten des Datensatzes. Sind personenbezogene und nicht-personenbezogene Daten in einem Datensatz untrennbar miteinander verbunden, berührt diese Verordnung nicht die Anwendung der Verordnung (EU) 2016/679.
 
Titel: Re: Kleiner Ausflug zum Europarecht
Beitrag von: pinguin am 18. Dezember 2018, 20:58
Die Neufassung der

RICHTLINIE (EU) 2018/1972 DES EUROPÄISCHEN PARLAMENTS UND DES RATES
vom 11. Dezember 2018
über den europäischen Kodex für die elektronische Kommunikation
(Neufassung)

https://eur-lex.europa.eu/legal-content/DE/TXT/?uri=uriserv:OJ.L_.2018.321.01.0036.01.DEU&toc=OJ:L:2018:321:TOC (https://eur-lex.europa.eu/legal-content/DE/TXT/?uri=uriserv:OJ.L_.2018.321.01.0036.01.DEU&toc=OJ:L:2018:321:TOC)

Das Teil hat 328 Erwägungsgründe und bezieht sämtlliche Übertragungsnetze ein, über die elektronische Kommunikation möglich ist

Zitat
Artikel 2
Begriffsbestimmungen
Für die Zwecke dieser Richtlinie gelten folgende Begriffsbestimmungen:

 1.  „elektronisches Kommunikationsnetz“:
Übertragungssysteme, ungeachtet dessen, ob sie auf einer permanenten Infrastruktur oder zentralen Verwaltungskapazität basieren, und gegebenenfalls Vermittlungs- und Leitwegeinrichtungen sowie anderweitige Ressourcen — einschließlich der nicht aktiven Netzbestandteile –, die die Übertragung von Signalen über Kabel, Funk, optische oder andere elektromagnetische Einrichtungen ermöglichen, einschließlich Satellitennetze, feste (leitungs- und paketvermittelt, einschließlich Internet) und mobile Netze, Stromleitungssysteme, soweit sie zur Signalübertragung genutzt werden, Netze für Hör- und Fernsehfunk sowie Kabelfernsehnetze, unabhängig von der Art der übertragenen Informationen;
[...]
13. „Nutzer“:
eine natürliche oder juristische Person, die einen öffentlich zugänglichen elektronischen Kommunikationsdienst in Anspruch nimmt oder beantragt;
14.  „Endnutzer“:
ein Nutzer, der keine öffentlichen elektronischen Kommunikationsnetze oder öffentlich zugänglichen elektronischen Kommunikationsdienste bereitstellt;
15.  „Verbraucher“:
jede natürliche Person, die einen öffentlich zugänglichen elektronischen Kommunikationsdienst zu anderen als gewerblichen, geschäftlichen, handwerklichen oder beruflichen Zwecken nutzt oder beantragt;
[...]

Zitat
Artikel 3
Allgemeine Ziele
(2)

b)
Förderung des Wettbewerbs bei der Bereitstellung elektronischer Kommunikationsnetze und zugehöriger Einrichtungen — einschließlich eines effizienten infrastrukturbasierten Wettbewerbs — und des Wettbewerbs bei der Bereitstellung elektronischer Kommunikationsdienste und zugehöriger Dienste;
[...]

d)
Förderung der Interessen der Bürgerinnen und Bürger der Union, indem sie die Konnektivität und breite Verfügbarkeit und Nutzung von Netzen — einschließlich Festnetz-, Mobilfunk- und Drahtlosnetzen — mit sehr hoher Kapazität wie auch von elektronischen Kommunikationsdiensten gewährleisten, indem sie größtmögliche Vorteile in Bezug auf Auswahl, Preise und Qualität auf der Grundlage eines wirksamen Wettbewerbs ermöglichen, die Sicherheit der Netze und Dienste aufrechterhalten, mittels der erforderlichen sektorspezifischen Vorschriften ein hohes gemeinsames Schutzniveau für die Endnutzer sicherstellen und die Bedürfnisse — wie z. B. erschwingliche Preise — bestimmter gesellschaftlicher Gruppen, insbesondere von Endnutzern mit Behinderungen, älteren Endnutzern und Endnutzern mit besonderen sozialen Bedürfnissen, sowie die Wahlmöglichkeiten und den gleichwertigen Zugang für Endnutzer mit Behinderungen berücksichtigen.
[...]

(4)   Die nationalen Regulierungsbehörden und anderen zuständigen Behörden gehen bei der Verfolgung der in Absatz 2 genannten und in diesem Absatz festgelegten politischen Ziele unter anderem so vor, dass sie
[...]

e)
die vielfältigen Bedingungen im Zusammenhang mit Infrastrukturen, Wettbewerb, Gegebenheiten der Endnutzer und insbesondere der Verbraucher, die in den verschiedenen geografischen Gebieten innerhalb der Mitgliedstaaten herrschen, — auch in Bezug auf die von natürlichen Personen ohne Gewinnerzielungsabsicht verwaltete lokale Infrastruktur — gebührend berücksichtigen;
Die Mitgliedstaaten stellen sicher, dass die nationalen Regulierungsbehörden und die anderen zuständigen Behörden unparteiisch, objektiv, transparent, diskriminierungsfrei und verhältnismäßig handeln.
[...]

KAPITEL I
  Nationale Regulierungsbehörden und andere zuständige Behörden 
Artikel 5
Nationale Regulierungsbehörden und andere zuständige Behörden

(1)   Die Mitgliedstaaten sorgen dafür, dass alle in dieser Richtlinie festgelegten Aufgaben von zuständigen Behörden wahrgenommen werden.
[...]
Artikel 6
Unabhängigkeit der nationalen Regulierungsbehörden und anderen zuständigen Behörden

  (1)   Die Mitgliedstaaten gewährleisten die Unabhängigkeit der nationalen Regulierungsbehörden und anderen zuständigen Behörden, indem sie dafür sorgen, dass sie rechtlich und funktional von jeder natürlichen oder juristischen Person unabhängig sind, die elektronische Kommunikationsnetze, -geräte oder -dienste anbietet. Wenn Mitgliedstaaten weiterhin an Unternehmen, die elektronische Kommunikationsnetze oder -dienste anbieten, beteiligt sind oder diese kontrollieren, müssen sie eine wirksame strukturelle Trennung der hoheitlichen Funktion von Tätigkeiten im Zusammenhang mit dem Eigentum oder der Kontrolle sicherstellen.
[...]

Diese Richtlinie könnte der Cut sein, mit dem eine weitere bürgerunfreundliche Erhöhung des Rundfunkbeitrages gestoppt wird.

Zudem darf sich der Rundfunk nicht selbst kontrollieren, er braucht eine von ihm unabhängige wirksame Aufsicht.
Titel: Re: Kleiner Ausflug zum Europarecht
Beitrag von: GEZ_Total_Verweigerer am 19. Dezember 2018, 02:06
Warum ist eigentliich im Zuge der Nutzer und Endnutzer nicht der Begriff Nichtnutzer definiert?  ;D
Titel: Re: Kleiner Ausflug zum Europarecht
Beitrag von: marga am 19. Dezember 2018, 09:09
(...) Zudem darf sich der Rundfunk nicht selbst kontrollieren, er braucht eine von ihm unabhängige wirksame Aufsicht.

Diese Aussage mit einer "unabhängigen Aufsicht" und einer "nicht Selbstkontrolle" betrifft aber nicht die LRAn (Landesrundfunkanstalten).

Diese werden mit "Rechtsaufsicht der jeweiligen Landesregierung" kontrolliert  (jedenfalls schreibt das Landesmediengesetz dies im Saarland genau so vor).

Zitat
    § 42 Rechtsaufsicht, Saarländisches Mediengesetz
    (1) In Fällen, in denen die Gesetze verletzt werden, kann die Landesregierung die Organe des
    SR
im Wege der Rechtsaufsicht auf Maßnahmen oder Unterlassungen der Anstalt hinweisen
.

    (2) Wird diese Rechtsverletzung nicht innerhalb einer angemessenen Frist behoben, so weist die Landesregierung den SR an, bestimmte Maßnahmen auf Kosten der Anstalt durchzuführen.
Quelle: LMG Saarland
https://www.lmsaar.de/wp-content/uploads/2018/05/I_2_SMG-neu-201805.pdf (https://www.lmsaar.de/wp-content/uploads/2018/05/I_2_SMG-neu-201805.pdf)

Weiterlesen auch hier, Ist der RBStV in NRW wirklich in Landesrecht transformiert worden?
https://gez-boykott.de/Forum/index.php/topic,26332.msg185515.html#msg185515 (https://gez-boykott.de/Forum/index.php/topic,26332.msg185515.html#msg185515)
Titel: Re: Kleiner Ausflug zum Europarecht
Beitrag von: marga am 19. Dezember 2018, 09:56
Warum ist eigentliich im Zuge der Nutzer und Endnutzer nicht der Begriff Nichtnutzer definiert?  ;D

Es existiert hierzu Literatur. Guggst du hier:
Eine Zeitreihenanalyse auf Tagesbasis zu den kurzfristigen Agenda-Setting-Effekten von Fernsehnachrichten

Zitat
Das Paradox der Medienwirkung auf Nichtnutzer
Kann es Medienwirkungen auf Nichtnutzer geben?
;)
Quelle: Springer Link
https://link.springer.com/article/10.1007/s11616-007-0083-1 (https://link.springer.com/article/10.1007/s11616-007-0083-1)
Titel: Re: Kleiner Ausflug zum Europarecht
Beitrag von: pinguin am 19. Dezember 2018, 17:53
Diese Aussage mit einer "unabhängigen Aufsicht" und einer "nicht Selbstkontrolle" betrifft aber nicht die LRAn (Landesrundfunkanstalten).
Und wo steht dieses im Recht der EU?

Alle(!) Rundfunkunternehmen sind gleich zu behandeln, weswegen sich alle(!) Rundfunkunternehmen in eigener Sache auch auf die Konvention stützen dürfen. Diese Kernaussage aus dem Bereich EGMR/Europarat bindet den Bereich EuGH/Europäischer Rat/EU, weil Letzere eine Teilmenge der Ersteren sind.

Aus Art. 6 der benannten Richtlinie:
Zitat
dass sie rechtlich und funktional von jeder natürlichen oder juristischen Person unabhängig sind, die elektronische Kommunikationsnetze, -geräte oder -dienste anbietet.
Es bedarf der vollständigen rechtlichen wie funktionalen Trennung zwischen Rundfunkunternehmen und Regulierungsbehörde.

Ebenfalls aus diesem Art. 6 der benannten Richtlinie:
Zitat
Wenn Mitgliedstaaten weiterhin an Unternehmen, die elektronische Kommunikationsnetze oder -dienste anbieten, beteiligt sind oder diese kontrollieren, müssen sie eine wirksame strukturelle Trennung der hoheitlichen Funktion von Tätigkeiten im Zusammenhang mit dem Eigentum oder der Kontrolle sicherstellen.
Titel: Re: Kleiner Ausflug zum Europarecht
Beitrag von: gez-negativ am 19. Dezember 2018, 20:53
Zitat
Artikel 2
Begriffsbestimmungen
Für die Zwecke dieser Richtlinie gelten folgende Begriffsbestimmungen:
 1.  „elektronisches Kommunikationsnetz“:

[...]
13. „Nutzer“:
eine natürliche oder juristische Person, die einen öffentlich zugänglichen elektronischen Kommunikationsdienst in Anspruch nimmt oder beantragt;
14.  „Endnutzer“:
ein Nutzer, der keine öffentlichen elektronischen Kommunikationsnetze oder öffentlich zugänglichen elektronischen Kommunikationsdienste bereitstellt;
15.  „Verbraucher“:
jede natürliche Person, die einen öffentlich zugänglichen elektronischen Kommunikationsdienst zu anderen als gewerblichen, geschäftlichen, handwerklichen oder beruflichen Zwecken nutzt oder beantragt;
[...]
Die Kommunikation beim Rundfunk ist sehr, sehr einseitig, es geht mehr in Richtung Meinungsmanipulation. Verbraucherbeeinflussung durch fake-news und Werbung.

Ich verstehe das mit „Verbraucher“ beim Rundfunk, dass es die bezeichnet, die vorher als Nutzer, Teilnehmer bezeichnet wurden.

Nutzer/ Endnutzer müssten dann die sein, die die Netze gewerblich nutzen?

Wenn ab sofort diese Begriffe bestimmt sind, dann müsste man sich doch im RBStV zukünftig daran halten?
Titel: Re: Kleiner Ausflug zum Europarecht
Beitrag von: pinguin am 20. Dezember 2018, 09:16
Ich verstehe das mit „Verbraucher“ beim Rundfunk, dass es die bezeichnet, die vorher als Nutzer, Teilnehmer bezeichnet wurden.
Ob das wirklich so zu deuten wäre? Ein "Verbraucher" ist als natürliche Person definiert; ein Teilnehmer oder Nutzer muß aber keineswegs eine natürliche Person sein.
Titel: Re: Kleiner Ausflug zum Europarecht
Beitrag von: marga am 20. Dezember 2018, 09:45
(...) Alle(!) Rundfunkunternehmen sind gleich zu behandeln, weswegen sich alle(!) Rundfunkunternehmen in eigener Sache auch auf die Konvention stützen dürfen. Diese Kernaussage aus dem Bereich EGMR/Europarat bindet den Bereich EuGH/Europäischer Rat/EU, weil Letzere eine Teilmenge der Ersteren sind. (...)

Werter user @pinguin,

nach dieser Aussage urteilt die Deutsche Verwaltungsgerichtsbarkeit leider keineswegs.
Sie hält sich auch in keiner Weise mit den bisherigen ergangen Urteilen an die von dir „propagierten Urteile und Rechtsvorschriften der Europäischen Union“.
Dem Nichtnutzer und dem Nichtzwangsrundfunkbeitragszahler nützen die „Normen und Vorschriften der EU" reichlich wenig.
Der Deutsche Rundfunk (ARD Zusammenschluss) genießt durch seine „Sondergesetzgebung einen absoluten Schutz der Landesregierungen/Landesgesetzgeber“.
Das EU-Recht kümmert die Deutsche Verwaltungsgerichtsbarkeit, was die Kernaussage aus dem Bereich EGMR/Europarat und dem Bereich EuGH/Europäischer Rat/EU, bezüglich der LRAn angeht (nach deiner Aussage = "Alle Rundfunkunternehmen"), einen „feuchten Kehricht“.  :o

Titel: Re: Kleiner Ausflug zum Europarecht
Beitrag von: pinguin am 20. Dezember 2018, 13:21
Sie hält sich auch in keiner Weise mit den bisherigen ergangen Urteilen an die von dir „propagierten Urteile und Rechtsvorschriften der Europäischen Union“.
EGMR-Entscheidungen basieren nicht auf EU-Recht! Bitte nicht verwechseln; die europäischen Verträge, die via Europarat entstanden sind und von der Bundersrepublik Deutschland ratifiziert worden sind, sind Bundesrecht, folglich sind Entscheidungen des EGMR Entscheidungen in Sachen Bundesrecht.

Zitat
Dem Nichtnutzer und dem Nichtzwangsrundfunkbeitragszahler nützen die „Normen und Vorschriften der EU" reichlich wenig.
Es geht nicht um Normen der EU, es geht um Normen des Bundesrechtes.

Und da haben wir

Zitat
Die Europäische Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten hat den Rang eines Bundesgesetzes, (BVerfG - 2 BvR 1481/04 - Rn. 30), und bricht gemäß Art. 31 GG jede Art von Landesrecht, welches sich außerhalb der vom Bund gesetzten Norm bewegt, (BVerfG - 2 BvN 1/95 - Rn. 66).
Und eben in diesem 2 BvR 1481/04 kam das BVerfG zur Entscheidung, daß sich jedes staatliche Organ außerhalb der bundesstaatlichen Bindung an Recht und Gesetz gemäß Art. 20, Abs. 3 GG stellt, wenn es die Konvention weder beachtet noch einhält und dieses Entscheidungen des EGMR einschließt.

Zitat
Das EU-Recht kümmert die Deutsche Verwaltungsgerichtsbarkeit, was die Kernaussage aus dem Bereich EGMR/Europarat und dem Bereich EuGH/Europäischer Rat/EU, bezüglich der LRAn angeht (nach deiner Aussage = "Alle Rundfunkunternehmen"), einen „feuchten Kehricht“.  :o

Siehe darüber; es ist schade, daß EGMR/Europarat mit EuGH/Europäischer Rat/ EU vermixt werden, denn das Recht des EGMR/Europarat ist Bundesrecht, daß des EuGH/Europäischen Rates/EU nicht.

Bereits das Bundesverwaltungsgericht stellte sich in der einen Rechtssache,

BVerwG 6 B 38.18
http://www.bverwg.de/de/250118B6B38.18.0 (http://www.bverwg.de/de/250118B6B38.18.0)

siehe Thema,

BVerwG 6 B 38.18 - Vereinbarkeit des [...] Rundfunkbeitrag mit Unionsrecht
https://gez-boykott.de/Forum/index.php/topic,26862.msg168812.html#msg168812 (https://gez-boykott.de/Forum/index.php/topic,26862.msg168812.html#msg168812)

wo der Kläger Art. 10 EMK vorbrachte, außerhalb des Rechts der Bundesrepublik Deutschland, als es auf dieses vom Kläger vorgebrachte Argument gar nicht einging.
Titel: Re: Kleiner Ausflug zum Europarecht
Beitrag von: pinguin am 22. Dezember 2018, 12:48
Das Unionsrecht steht selbst einer nationalhöchstrichterlichen Entscheidung entgegen, wenn diese nicht dem Unionsrecht entspricht.

 Rechtssache C-385/17

Link zur Pressemitteilung:
https://curia.europa.eu/jcms/upload/docs/application/pdf/2018-12/cp180201de.pdf

Link zum Volltext:
http://curia.europa.eu/juris/document/document.jsf?text=&docid=208963&pageIndex=0&doclang=DE&mode=lst&dir=&occ=first&part=1&cid=3316240

Zitat
Aus diesen Gründen hat der Gerichtshof (Vierte Kammer) für Recht erkannt:

2. [...] und das Unionsrecht ist dahin auszulegen, dass es die nationalen Gerichte daran hindert, auf der Grundlage des nationalen Rechts das berechtigte Vertrauen der Arbeitgeber auf den Fortbestand der nationalen höchstrichterlichen Rechtsprechung zu schützen, [...]
Titel: Re: Kleiner Ausflug zum Europarecht
Beitrag von: pinguin am 14. Januar 2019, 13:19
Hier mal wieder was Neues, gehört eigentlich ins Wettbewerbsrecht, aber die dortigen Themen passen dafür gerade nicht.

Eine neue Richtlinie

RICHTLINIE (EU) 2019/1 DES EUROPÄISCHEN PARLAMENTS UND DES RATES
vom 11. Dezember 2018

zur Stärkung der Wettbewerbsbehörden der Mitgliedstaaten im Hinblick auf eine wirksamere Durchsetzung der Wettbewerbsvorschriften und zur Gewährleistung des reibungslosen Funktionierens des Binnenmarkts


https://eur-lex.europa.eu/legal-content/DE/TXT/?uri=uriserv:OJ.L_.2019.011.01.0003.01.DEU&toc=OJ:L:2019:011:TOC (https://eur-lex.europa.eu/legal-content/DE/TXT/?uri=uriserv:OJ.L_.2019.011.01.0003.01.DEU&toc=OJ:L:2019:011:TOC)

Diese Richtlinie gilt u. a. für
Zitat
10. „Unternehmen“ im Sinne der Artikel 101 und 102 AEUV jede eine wirtschaftliche Tätigkeit ausübende Einheit, unabhängig von ihrer Rechtsform und der Art ihrer Finanzierung;
Definitiv bestimmt ist auch,

Zitat
Artikel 3
Garantien
  (1)   Verfahren, die Zuwiderhandlungen gegen Artikel 101 oder Artikel 102 AEUV betreffen, einschließlich der Ausübung der in dieser Richtlinie genannten Befugnisse durch die nationalen Wettbewerbsbehörden, müssen die allgemeinen Grundsätze des Unionsrechts und der Charta der Grundrechte der Europäischen Union einhalten.[...]
Aber ganz knusper ist die Formulierung nicht, wenn man auf die Artikel 15 und 16 schaut, evtl. falsch übersetzt?

Denn, wie bitte schön, kann

Zitat
Artikel 15
Höchstbetrag der Geldbuße
  (1)   Die Mitgliedstaaten stellen sicher, dass der Höchstbetrag der Geldbuße, den nationale Wettbewerbsbehörden gegen jedes Unternehmen oder jede Unternehmensvereinigung verhängen können, das/die sich an einer Zuwiderhandlung gegen Artikel 101 oder 102 AEUV beteiligt hat, mindestens 10 % des weltweiten Gesamtumsatzes des Unternehmens oder der Unternehmensvereinigung in dem der Entscheidung gemäß Artikel 13 Absatz 1 vorausgegangenen Geschäftsjahr beträgt.
Macht keinen Sinn, einen "Höchstbetrag" mit "mindestens" einzuleiten.

Diese Richtlinie ist bis 2021 umzusetzen.
Titel: Re: Kleiner Ausflug zum Europarecht
Beitrag von: pinguin am 18. Februar 2019, 20:43
Es hat was Neues.

Die Universaldiensterichtlinie regelt gemäß EuGH C-298/17, Rn. 20ff, nicht den Inhalt eines Dienstes, sondern die Art der Übertragung dieses Dienstes; ein Unternehmen, das also lediglich Live-Streaming per Internet bereitstellt, ist nicht als ein ein Unternehmen anzusehen, daß unter die Bestimmungen dieser Universaldiensterichtlinie fallen würde, sofern ihm nicht das Übertragungsnetz selbst gehört.

In der Entscheidung der Vierten Kammer unter Mitwirkung des Herrn von Danwitz geht es um Fernsehübertragungen im Internet.

Rechtssache C-298/17
http://curia.europa.eu/juris/document/document.jsf?text=&docid=208967&pageIndex=0&doclang=DE&mode=lst&dir=&occ=first&part=1&cid=14231916
Titel: Re: Kleiner Ausflug zum Europarecht
Beitrag von: pinguin am 10. Mai 2019, 17:27
Eine neue Richtlinie:

Zitat
Artikel 2 - Begriffsbestimmungen
Artikel 3 - Betrügerische Verwendung von unbaren Zahlungsinstrumenten
Artikel 4 - Straftaten im Zusammenhang mit der betrügerischen Verwendung körperlicher unbarer Zahlungsinstrumente
Artikel 5 - Straftaten im Zusammenhang mit der betrügerischen Verwendung nichtkörperlicher unbarer Zahlungsinstrumente
Artikel 6 - Betrug im Zusammenhang mit Informationssystemen
Artikel 7 - Tatwerkzeuge
Artikel 8 - Anstiftung, Beihilfe und Versuch
Artikel 9 - Strafen für natürliche Personen
Artikel 10 - Verantwortlichkeit juristischer Personen
Artikel 11 - Sanktionen gegen juristische Personen
[...]

Artikel 20
Umsetzung

(1)   Die Mitgliedstaaten setzen die Rechts- und Verwaltungsvorschriften in Kraft, die erforderlich sind, um dieser Richtlinie bis zum 31. Mai 2021 nachzukommen. [...]

RICHTLINIE (EU) 2019/713 DES EUROPÄISCHEN PARLAMENTS UND DES RATES
vom 17. April 2019
zur Bekämpfung von Betrug und Fälschung im Zusammenhang mit unbaren Zahlungsmitteln und zur Ersetzung des Rahmenbeschlusses 2001/413/JI des Rates
https://eur-lex.europa.eu/legal-content/DE/TXT/?uri=uriserv:OJ.L_.2019.123.01.0018.01.DEU&toc=OJ:L:2019:123:TOC
Titel: Re: Kleiner Ausflug zum Europarecht
Beitrag von: pinguin am 20. Mai 2019, 12:20
Gleich 3 neue Regelwerke, eines davon auch für Sendeunternehmen relevant.

Kurzfassung:

Es besteht hier die Pflicht für Rechteinhaber, einer Verwertungsggesellschaft beizutreten;
es besteht die Pflicht für Sendeunternehmen, die Genehmigung der Rechteinhaber einzuholen

RICHTLINIE (EU) 2019/789 DES EUROPÄISCHEN PARLAMENTS UND DES RATES
vom 17. April 2019
mit Vorschriften für die Ausübung von Urheberrechten und verwandten Schutzrechten in Bezug auf bestimmte Online-Übertragungen von Sendeunternehmen und die Weiterverbreitung von Fernseh- und Hörfunkprogrammen und zur Änderung der Richtlinie 93/83/EWG des Rates
https://eur-lex.europa.eu/legal-content/DE/TXT/?uri=uriserv:OJ.L_.2019.130.01.0082.01.DEU&toc=OJ:L:2019:130:TOC (https://eur-lex.europa.eu/legal-content/DE/TXT/?uri=uriserv:OJ.L_.2019.130.01.0082.01.DEU&toc=OJ:L:2019:130:TOC)

--------------------
In der nachstehenden Richtlinie geht es primär um die Rechte der Presseverlage, also Printpresse, und ... lest selbst:

Zitat
Artikel 15

[...]

(5)   Die Mitgliedstaaten sehen vor, dass Urheber der in einer Presseveröffentlichung enthaltenen Werke einen angemessenen Anteil der Einnahmen erhalten, die die Presseverlage aus der Nutzung ihrer Presseveröffentlichungen durch Anbieter von Diensten der Informationsgesellschaft erhalten.

Ein Forum wäre übrigens nicht primär betroffen; man lese die "Begriffsbestimmungen" unter Artikel 2.

RICHTLINIE (EU) 2019/790 DES EUROPÄISCHEN PARLAMENTS UND DES RATES
vom 17. April 2019
über das Urheberrecht und die verwandten Schutzrechte im digitalen Binnenmarkt und zur Änderung der Richtlinien 96/9/EG und 2001/29/EG
https://eur-lex.europa.eu/legal-content/DE/TXT/?uri=uriserv:OJ.L_.2019.130.01.0092.01.DEU&toc=OJ:L:2019:130:TOC (https://eur-lex.europa.eu/legal-content/DE/TXT/?uri=uriserv:OJ.L_.2019.130.01.0092.01.DEU&toc=OJ:L:2019:130:TOC)

-------------------
Das dritte Regelwerk ist eine Verordnung, also unmittelbar gültig, die die Europäische Bürgerinitiative näher regelt; es braucht dafür mindestens 1 Million Unterstützer aus mindestens 1 Viertel der Mitgliedstaaten.

VERORDNUNG (EU) 2019/788 DES EUROPÄISCHEN PARLAMENTS UND DES RATES
vom 17. April 2019

über die Europäische Bürgerinitiative

https://eur-lex.europa.eu/legal-content/DE/TXT/?uri=uriserv:OJ.L_.2019.130.01.0055.01.DEU&toc=OJ:L:2019:130:TOC (https://eur-lex.europa.eu/legal-content/DE/TXT/?uri=uriserv:OJ.L_.2019.130.01.0055.01.DEU&toc=OJ:L:2019:130:TOC)
Titel: Re: Kleiner Ausflug zum Europarecht
Beitrag von: pinguin am 17. Juni 2019, 15:52
Auch für vom Kontoinhaber nicht authorisierte Kontoverfügungen, wie bspw. Lastschriften, gelten die gleichen Kriterien, wie sie für "Zahlungsdienste", Zahlungsdienstenutzer" gemäß den europäischen Bestimmungen einzuhalten sind.

Leitsätze:
Zitat
1.      Art. 2 Abs. 1 der Richtlinie 2007/64/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 13. November 2007 über Zahlungsdienste im Binnenmarkt, zur Änderung der Richtlinien 97/7/EG, 2002/65/EG, 2005/60/EG und 2006/48/EG sowie zur Aufhebung der Richtlinie 97/5/EG ist dahin auszulegen, dass unter den Begriff „Zahlungsdienste“ im Sinne dieser Bestimmung die Ausführung von Lastschriften fällt, die vom Zahlungsempfänger zulasten eines Zahlungskontos ausgelöst wurden, dessen Inhaber er nicht ist, ohne dass der Inhaber des so belasteten Kontos ihnen zugestimmt hätte.

2.      Art. 58 der Richtlinie 2007/64 ist dahin auszulegen, dass unter den Begriff „Zahlungsdienstnutzer“ im Sinne dieser Bestimmung der Inhaber eines Zahlungskontos fällt, zu dessen Lasten ohne seine Zustimmung Lastschriften ausgeführt wurden.

Rechtssache C-295/18
http://curia.europa.eu/juris/document/document.jsf?text=&docid=212905&pageIndex=0&doclang=DE&mode=lst&dir=&occ=first&part=1&cid=9794263 (http://curia.europa.eu/juris/document/document.jsf?text=&docid=212905&pageIndex=0&doclang=DE&mode=lst&dir=&occ=first&part=1&cid=9794263)

Man könnte prüfen, ob auch die Kontopfändung unter diese Bestimmungen fällt, da auch sie Folge eines nicht authorisierten Zahlungsvorganges ist.

Es wäre also u. U. auch zu prüfen, ob Kontopfändungen im Rahmen des europäischen Binnenmarktes nur auf Grund einer rechtskräftigen gerichtlichen Entscheidung zulässig sind.
Titel: Re: Kleiner Ausflug zum Europarecht
Beitrag von: pinguin am 19. Juni 2019, 16:55
Wir alle kennen die aktuelle EuGH-Entscheidung zur geplanten dt. Maut; hat wohl auch ein bereits geschlossenes Thema dazu?

Ein eigenes Thema braucht es hier aber nicht, obschon auch diese Entscheidung eine durchaus relevante Tatsache bestätigt, die allen am europäischen Recht interessierten Leserinnen und Lesern bereits bekannt sein dürfte.

Ein nationales Unternehmen, (hier: Verkehrsunternehmen), darf nicht von einer Abgabe entlastet werden, die Wettbewerbsunternehmen, (hier: bspw. Verkehrsunternehmen aus Österreich), zu leisten haben, stellt dieses doch eine im europäischen Binnenmarkt unzulässige Diskriminierung des Wettbewerbsunternehmens dar.

Rn. 162
Zitat
Somit ist festzustellen, dass die streitigen nationalen Maßnahmen, indem sie die neue Belastung, die in der von allen Verkehrsunternehmen zu zahlenden Infrastrukturabgabe liegt, durch eine Steuerentlastung bei der Kraftfahrzeugsteuer in Höhe eines Betrags, der mindestens dem der entrichteten Abgabe entspricht, vollständig ausgleichen, die inländischen Verkehrsunternehmen zugutekommt und von der ausländische Verkehrsunternehmen ausgeschlossen sind, bewirken, dass die Lage der ausländischen Verkehrsunternehmen im Vergleich zu der der deutschen Verkehrsunternehmen in einem für Erstere ungünstigen Sinne verändert wird (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 19. Mai  1992, Kommission/Deutschland, C-195/90, EU:C:1992:219‚ Rn. 23).

Rechtssache C-591/17
http://curia.europa.eu/juris/document/document.jsf?text=&docid=215105&pageIndex=0&doclang=DE&mode=req&dir=&occ=first&part=1&cid=5229449 (http://curia.europa.eu/juris/document/document.jsf?text=&docid=215105&pageIndex=0&doclang=DE&mode=req&dir=&occ=first&part=1&cid=5229449)

Die im Urteil genannte andere Rechtssache C-195/90, die nur als PDF verfügbar ist, sagt schon damals mit Rn. 23, wohin ja verwiesen wird, eindeutig:

Rn. 23 - Rechtssache C-195/90
Zitat
Zum anderen ist festzustellen, daß das Gesetz vom 30. April 1990, indem es die neue  Belastung, die in der von allen Verkehrsunternehmen zu zahlenden Straßenbenutzungsgebühr liegt, in erheblichem Umfang durch eine nur den inländischen Verkehrsunternehmen zugute kommende Senkung der Kraftfahrzeugsteuer ausgleicht, bewirkt, daß die Lage, der Verkehrsunternehmen der anderen Mitgliedstaaten im Vergleich zu der der inländischen Verkehrsunternehmen in einem für erstere ungünstigen Sinne verändert wird.

Rechtssache C-195/90
http://curia.europa.eu/juris/showPdf.jsf?text=&docid=97335&pageIndex=0&doclang=DE&mode=lst&dir=&occ=first&part=1&cid=10250407 (http://curia.europa.eu/juris/showPdf.jsf?text=&docid=97335&pageIndex=0&doclang=DE&mode=lst&dir=&occ=first&part=1&cid=10250407)

Unternehmensgleichbehandlung ist also elementarer Grundsatz im europäischen Binnenmarkt; und nun schauen wir uns mal die Behandelung der Rundfunkunternehmen an, die innerhalb Deutschlands tätig sind und erinnern uns an BGH KZR 31/14, Rn. 2, 29 und 47, wonach auch die dt. ÖRR Unternehmen im Sinne des Kartellrechts sind und fragen uns, was diese dürfen, die Nicht-ÖRR aber nicht?

Ferner fragen wir uns nun, ob die dt. ÖRR vom Staat von Lasten befreit werden, die die Nicht-ÖRR zu tragen haben? Gerne erinnern wir uns dabei sicher auch an die vom BVerfG herausgearbeitete Nichtinsolvenzfähigkeit der dt. ÖRR.
Titel: Re: Kleiner Ausflug zum Europarecht
Beitrag von: drboe am 25. Juni 2019, 10:32
Wir alle kennen die aktuelle EuGH-Entscheidung zur geplanten dt. Maut; hat wohl auch ein bereits geschlossenes Thema dazu?

Ein eigenes Thema braucht es hier aber nicht, obschon auch diese Entscheidung eine durchaus relevante Tatsache bestätigt, die allen am europäischen Recht interessierten Leserinnen und Lesern bereits bekannt sein dürfte.

Ein nationales Unternehmen, (hier: Verkehrsunternehmen), darf nicht von einer Abgabe entlastet werden, die Wettbewerbsunternehmen, (hier: bspw. Verkehrsunternehmen aus Österreich), zu leisten haben, stellt dieses doch eine im europäischen Binnenmarkt unzulässige Diskriminierung des Wettbewerbsunternehmens dar.

Die aktuelle Entscheidung des EUGH vom 18.06.2019 betrifft den nun gescheiterten Versuch der BRD eine Maut für PKW einzuführen. Nur diese neue PKW-Maut wurde mit der zutreffenden Feststellung abgelehnt, dass mit dieser Abgabe ausschließlich Fahrer belastet werden, deren PKW nicht in Deutschland registriert sind, da deutsche Fahrzeughalter eine Kompensation über die Kfz-Steuer erhalten sollten. Die hier von @pinguin behauptete Korrelation mit Unternehmen / Verkehsrunternehmen - die übrigens PKW-Vermietung betreiben müssten - existiert in diesem Kontext gar nicht. Vielmehr sollte die nun untersagte Maut alle PKW  bzw. deren Nutzer treffen, nicht nur die von (Verkehrs)Unternehmen, mit Ausnahme der in Deutschland registrierten PKW. Eine Maut für alle LKW, gleich welcher Herkunft, gibt es in Deutschland bereits seit dem 1. Januar 2005. Diese Maut ist unstreitig zulässig, da sie alle Teilnehmer mit LKW gleichermaßen belastet.

Auch die hier gezogene Verbindung der Belastung durch den sogn. Rundfunkbeitrag für Unternehmen in der EU ist keineswegs naheliegend. Es ist auch in der EU unstrittig, dass die nationalen Gesetzgeber den Betrieb von Empfangsgeräten kostenpflichtig machen können. Dass damit die nationalen Unternehmen gegenüber den anderen Marktteilnehmern benachteiligt werden, mag sein, ist aber sicher hinzunehmen. Andernfalls müssten im Sinne der Gerechtigkeit nämlich alle Unternehmen in der EU neben den Zahlungen für den nationalen Rundfunk auch die für die übrigen 27 Länder übernehmen. Die sich an ein solches Verfahren sicher anschließende Frage wäre, warum dann nicht auch die Steuern in allen Ländern fällig werden bzw. EU-weit einheitlich sind. Es ist ja nicht so, dass Unternehmen und Bürger durch Abgaben in allen Ländern der EU gleich belastet werden.

Kurz: die angesprochene Entscheidung bestätigt weder in Bezug auf die PKW-Maut noch die Belastung von Unternehmen durch den sogn. Rundfunkbeitrag irgend eine Tatsache, die in diesem Forum weiterhilft.

M. Boettcher
Titel: Re: Kleiner Ausflug zum Europarecht
Beitrag von: pinguin am 13. Juli 2019, 08:45
Die hier von @pinguin behauptete Korrelation mit Unternehmen / Verkehsrunternehmen - die übrigens PKW-Vermietung betreiben müssten - existiert in diesem Kontext gar nicht.
Doch, sie besteht, Du willst es nur nicht wahrhaben. Der Begriff "Verkehrsunternehmen" wird doch in der Entscheidung selbst genannt, in der zitierten Rn. 162 gleich 5x. Und freilich ist ein Verkehrsunternehmen auch ein Unternehmen. Und die Maut kippt wegen der Ungleichbehandlung der betroffenen Unternehmen, wegen nichts anderem.

Rn. 162 - zur Wiederholung
Zitat
Somit ist festzustellen, dass die streitigen nationalen Maßnahmen, indem sie die neue Belastung, die in der von allen Verkehrsunternehmen  zu zahlenden Infrastrukturabgabe liegt, durch eine Steuerentlastung bei der Kraftfahrzeugsteuer in Höhe eines Betrags, der mindestens dem der entrichteten Abgabe entspricht, vollständig ausgleichen, die inländischen Verkehrsunternehmen zugutekommt und von der ausländische Verkehrsunternehmen ausgeschlossen sind, bewirken, dass die Lage der ausländischen Verkehrsunternehmen im Vergleich zu der der deutschen Verkehrsunternehmen in einem für Erstere ungünstigen Sinne verändert wird (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 19. Mai  1992, Kommission/Deutschland, C-195/90, EU:C:1992:219‚ Rn. 23).
Titel: Re: Kleiner Ausflug zum Europarecht
Beitrag von: drboe am 13. Juli 2019, 11:27
Tatsache ist und bleibt, dass die geplante Maut für PKW in Deutschland jeden nicht-deutschen  PKW-Fahrer getroffen hätte, nicht ausschließlich (Verkehrs-)Unternehmen. Österreich hat sich gerade dagegen gewendet, dass in der Konstruktion dieser deutschen Maut ein finanzieller Ausgleich für (alle) in Deutschland zugelassenen PKW enthalten ist, folglich nur nicht-deutsche Fahrzeuge belastet wären, während in Österreich Inländer wie Ausländer für PKW eine Maut zahlen müssen, sofern sie mautpflichtige Strecken z. B. auf Autobahnen nutzen.

Es gibt also insofern keine Korrelation mit Verkehrsunternehmen, als deren Hervorhebung völlig unsinnig ist, weil dies suggeriert, es wären lediglich Verkehrsunternehmen belastet worden, was definitiv nicht der Fall ist, da tatsächlich alle PKW belastet worden wären, egal ob sie nun einem Verkehrsunternehmen, einem anderen Unternehmen oder Privatleuten gehören.

M. E. gehört zur Nutzung von Quellen/Zitaten auch deren kritische Einordnung. Wenn in einem Zitat Unsinn vorkommt, der hier in der besonderen Hervorhebung von Verkehrsunternehmen liegt, obwohl sie gegenüber anderen nicht aus Deutschland stammenden Unternehmen und Privatpersonen tatsächlich nicht besonders belastet worden wären, sollte man das schon erwähnen.

M. Boettcher
Titel: Re: Kleiner Ausflug zum Europarecht
Beitrag von: pinguin am 14. Juli 2019, 10:17
Es geht nicht um die PKW-Fahrer, nicht für den EuGH.

Es wäre eine unzulässige staatliche Beihilfe, wenn den dt. Verkehrsunternehmen die Maut via reduzierter Kfz.-Steuer erlassen worden wäre. Siehe auch:

Rn. 126 - Rechtssache C-706/17
Zitat
Hierzu ist darauf hinzuweisen, dass Beihilfen, die ein Unternehmen von den Kosten befreien sollen, die es normalerweise im Rahmen seiner laufenden Geschäftsführung oder seiner üblichen Tätigkeiten zu tragen gehabt hätte, grundsätzlich die Wettbewerbsbedingungen verfälschen (Urteil vom 18. Mai 2017, Fondul Proprietatea, C-150/16, EU:C:2017:388, Rn. 33 und die dort angeführte Rechtsprechung).
... und damit unzulässig sind.

Es ist sicherlich richtig, daß es bei der. dt. Maut um Pkw ging, nur folgt daraus halt eine Benachteiligung/Ungleichbehandlung der im europ. Binnenmarkt tätigen Pkw.-vermietenden Unternehmen, wenn das dt. Pkw.-vermietende Unternehmen die dt. Maut via dt. Kfz.-Steuer defaktisch erlassen bekommt, während das ausländische Pkw.-vermietende Unternehmen diese dt. Maut voll zu tragen hat und nicht via seiner ausländischen Kfz.-Steuer abziehen kann. 

Die daraus resultierende Unternehmensungleichbehandlung ist nicht zuläassig.

Gleiches würde auch für die Lkw.-Maut gegolten haben; sie wäre auch vom EuGH gekippt worden, wenn sie dt. Transportunternehmen von ihrer Kfz.-Steuer hätten abziehen dürfen.
Titel: Re: Kleiner Ausflug zum Europarecht
Beitrag von: drboe am 14. Juli 2019, 12:14
Ich schrieb schon, dass das Gericht unsinnige Entscheidungen fällt bzw. Unsinn in Beschlüsse schreibt. An diesem Beispiel sieht man nämlich sehr schön, wie nutzlos deine EU-Fixierung ist.

In Deutschland gab es 2018 ca. 238.000 Miet-PKW (1) gegenüber einem Gesamtbestand von ca. 47 Mio PKW (2). D. h., der Anteil von Mietfahrzeugen der Kategorie PKW beträgt nicht einmal 0,5 Prozent. Man darf wohl unterstellen, dass der Anteil in den übrigen EU-Ländern nicht höher ist. Ebenso, dass PKW-Vermieter regelmäßig mehr als einen PKW vermieten. Berücksichtigt man nun noch, dass viele PKW-Vermieter die Nutzung des Fahrzeuges im Ausland untersagen und teils technisch unterbinden (GPS), und selbst bei den Vermietern, die das gestatten, nur ein Teil der Fahrzeuge grenzüberschreitend eingesetzt wird, so sorgt sich der EUGH um eine mögliche Belastung eines verschwindenden Bruchteils der in der EU angesiedelten Unternehmen, während die reale Benachteiligung des Gros der Bevölkerung dem EUGH am Allerwertesten vorbei geht. Und du erwartest bei dieser Gewichtung tatsächlich eine Lösung die Mehrheit der Bevölkerung betreffenden Probleme von EU-Institutionen? Träum weiter!

NB: aus beruflicher Tätigkeit ist mir bekannt, dass das eigentliche Geschäft der PKW-Vermieter darin besteht, die vergünstigt erworbenen PKW nach ca. 6 Monaten zu veräußern. Die Vermietung selbst ist nicht selten sogar ein Verlustgeschäft. Dazu passt, wie in (1) angegeben, dass die Zahl der Neuerwerbe durch die Vermieter die im Mittel zur Vermietung bereit gehaltenen Fahrzeuge deutlich übersteigt.

M. Boettcher

Quellen:
1. https://de.statista.com/statistik/daten/studie/265223/umfrage/pkw-bestand-bei-autovermietern/
2. https://www.umweltbundesamt.de/daten/verkehr/verkehrsinfrastruktur-fahrzeugbestand
Titel: Re: Kleiner Ausflug zum Europarecht
Beitrag von: pinguin am 14. Juli 2019, 12:37
@drboe

Der EuGH hat mehrfach entschieden, daß die Wirkung einer Regel entscheidend ist und nicht der primäre Wortlaut; daß nach Deiner Auffassung nur ein geringer Teil der Pkw. überhaupt betroffen wäre, spielt dann gar keine Rolle, wenn eine Ungleichbehandlung von Wettbewerbern bei Ermittlung der Wirkung einer Regel festzustellen ist.

Das EU-Mitgliedsland Österreich hat einen Sachverhalt um die geplante dt. Maut moniert, was es durfte, und der EuGH muß dem nachgehen.
Titel: Re: Kleiner Ausflug zum Europarecht
Beitrag von: drboe am 14. Juli 2019, 13:35
Ich gebe zu, dass ich mit meinem Urteil wohl etwas zu harsch war, was den EUGH bezüglich dieses Urteils insgesamt betrifft. Allerdings muss ich dir den Vorwurf machen, dass du ein österreichisches Randproblem, nämlich die Interessen der Vermieter von nicht einmal 20.000 in Österreich verfügbaren Miet-PKW hier unnötig aufbläst. Die erste von vier Rügen Österreichs an der deutschen PKW Maut betrifft nämlich tatsächlich Art. 18 AEUV, also das Diskriminierungsverbot auf Grund der Staatsangehörigkeit. Auch dieser Rüge, mit der Österreich die Interessen der Österreicher mit PKW  ohne eine Beschränkung auf Verkehrsunternehmen und mittelbar die aller EU-PKW-Fahrer vertritt, hat der EUGH tatsächlich entsprochen. Mein Fehler besteht darin, dass ich diesen Teil des Urteils leider nicht im Detail gelesen sondern allenfalls überflogen habe.
Ich sage nicht, dass die Interessen von PKW-Vermietern nicht beachtet werden müssen. Allerdings stellen deren wirtschaftliche Probleme im Vergleich mit dem, das die Gesamtheit aller PKW Nutzer aus Österreich treffen sollte, ein eher exotisches Randproblem dar, dass zu problematisieren sich eigentlich nicht lohnt.

M. Boettcher
Titel: Re: Kleiner Ausflug zum Europarecht
Beitrag von: pinguin am 27. August 2019, 07:42
Zwei leider identische Vorlagen des Bundesverwaltungsgerichtes an den EuGH, die der EuGH wohl zu einem Verfahren zusammenfassen wird.

Vorabentscheidungsersuchen des Bundesverwaltungsgerichts (Deutschland) eingereicht am 31. Mai 2019 — Johannes Dietrich gegen Hessischer Rundfunk

(Rechtssache C-422/19)

https://eur-lex.europa.eu/legal-content/DE/TXT/?uri=uriserv:OJ.C_.2019.288.01.0028.01.DEU&toc=OJ:C:2019:288:TOC

Vorabentscheidungsersuchen des Bundesverwaltungsgerichts (Deutschland) eingereicht am 31. Mai 2019 — Norbert Häring gegen Hessischer Rundfunk

(Rechtssache C-423/19)

https://eur-lex.europa.eu/legal-content/DE/TXT/?uri=uriserv:OJ.C_.2019.288.01.0028.02.DEU&toc=OJ:C:2019:288:TOC

Die Thematik ist im Forum ja bekannt; es geht um die Bargeldannahme, die dem ÖRR unangenehm ist.
Titel: Re: Kleiner Ausflug zum Europarecht
Beitrag von: pinguin am 06. September 2019, 19:23
Aus einer aktuellen Entscheidung des EuGH, die in Folge eines Tötungsdeliktes ergangen ist:

Aus der Pressemitteilung zur Rechtssache C-417/18
Zitat
Folglich ist ein nach dem nationalen Recht eines Mitgliedstaats für den Eintritt der Haftung dieses Staates ausreichender mittelbarer Kausalzusammenhang zwischen einem Rechtsverstoß der nationalen Behörden und dem entstandenen Schaden auch als ausreichend dafür anzusehen, dass der Staat für einen ihm zuzurechnenden Verstoß gegen das Unionsrecht haftet.

Rechtssache C-417/18
https://curia.europa.eu/jcms/upload/docs/application/pdf/2019-09/cp190105de.pdf

In der Entscheidung ging es um die absolut verpflichtende und kostenfrei zu erfolgende Weitergabe der Standortdaten nach Anruf der europaweit einheitlichen Notfallrufnummer 112; auch dann, denn das Handy, wie in in dieser Rechtsaache, keine SIM-Karte enthält.

Die Notfallrufnummer muß nicht nur selbst kostenfrei anrufbar sein, ohne Unterbrechung der Verbindung, wenn der Anruf zu lange dauert; der Standort des Anrufers muß auch kostenfrei den Notdiensten übermittelt werden, und zwar grundsätzlich.

Wenn wir diese Entscheidung zu diesem im Grunde grausamen Fall aber nun trotzdem auf den Rundfunk beziehen, siehe Zitat, und uns zudem auf Art. 10 EMRK, wie auch Art. 11 Charta stützen, wird klar, (beides ja EU-Recht), daß die Bundesrepublik Deutschland gegenüber allen Rundfunkbeitrags-Zwangsabgezockten und Rundfunkbeitrags-Zwangsinhaftierten, (jeweils in Folge der nicht-authorisierten Direktanmeldung und der legalen Unwilligkeit, einer nicht vom Gesetzgeber vorgesehenen Zwangsanmeldung trotz Rundfunknichtinteresse, Folge zu leisten), in Haftung ist, weil die Behörden des Staates die in Art. 10 EMRK wie Art. 11 Charta eindeutig bestimmte Aussage, daß sie sich in das Medienverhalten der Bürger nicht einzumischen haben, ignorierten.

Der Staat ist also immer in Haftung, wenn eindeutiges EU-Recht mißachtet wird und für den Einzelnen aus dieser Mißachtung ein Schaden entsteht.
Titel: Re: Kleiner Ausflug zum Europarecht
Beitrag von: pinguin am 24. September 2019, 06:24
Es hat 2 Deutschland betreffende Entscheidungen des EuGH zu Art. 11 der Charta der Grundrechte der EU; in beiden Entscheidungen ging es um Urheberrecht und die Auslegung der Richtlinie 2001/29 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 22. Mai 2001 zur Harmonisierung bestimmter Aspekte des Urheberrechts und der verwandten Schutzrechte in der Informationsgesellschaft

Es wird ausgeführt, daß

Zitat
Das nationale Gericht muss sich im Rahmen der Abwägung, [...] auf eine Auslegung dieser Bestimmungen stützen, die unter Achtung ihres Wortlauts und unter Wahrung ihrer praktischen Wirksamkeit mit den durch die Charta der Grundrechte der Europäischen Union gewährleisteten Grundrechten voll und ganz im Einklang steht.

Natürlich könnte an Stelle dieser Urheberrichtlinie auch die Richtlinie 2010/13/EU über audio-visuelle Medien gestanden haben; die Bestimmungen sind also grundsätzlich so anzuwenden, daß die Charta eingehalten bleibt.

Beide Links führen zu den Pressemitteilungen, wie sie im EU-Amtsblatt veröffentlicht worden sind:

Rechtssache C-469/17
https://eur-lex.europa.eu/legal-content/DE/TXT/?uri=uriserv:OJ.C_.2019.319.01.0005.01.DEU&toc=OJ:C:2019:319:TOC

Rechtssache C-516/17
https://eur-lex.europa.eu/legal-content/DE/TXT/?uri=uriserv:OJ.C_.2019.319.01.0007.01.DEU&toc=OJ:C:2019:319:TOC
Titel: Re: Kleiner Ausflug zum Europarecht
Beitrag von: pinguin am 07. November 2019, 11:44
Jetzt geht's um's Geld?

Mitteilung der Kommission über die Berechnung der Kapitalkosten für Altinfrastrukturen im Zusammenhang mit der Prüfung nationaler Notifizierungen im Sektor der elektronischen Kommunikation in der EU durch die Kommission (Text von Bedeutung für den EWR)
https://eur-lex.europa.eu/legal-content/DE/TXT/?uri=uriserv:OJ.C_.2019.375.01.0001.01.DEU&toc=OJ:C:2019:375:TOC

Es geht also um die Erfassung/Berechnung von Kosten nationaler, meldepflichtiger Maßnahmen, die altstrukturelle Unternehmen mit erheblicher Marktmacht betreffen, die sich im elektronischen Binnenmarkt betätigen.

Da fallen mir alle Aktivitäten des öffentlich-rechtlichen Rundfunks ein, der sich mit staatlicher Unterstützung außerhalb des Rundfunks im elektronischen Binnenmarkt ausbreiten will; diese Maßnahmen sind nämlich alle notifizierungspflichtig.
Titel: Re: Kleiner Ausflug zum Europarecht
Beitrag von: marga am 07. November 2019, 12:04
Jetzt geht's um's Geld?
(...)
Da fallen mir alle Aktivitäten des öffentlich-rechtlichen Rundfunks ein, der sich mit staatlicher Unterstützung außerhalb des Rundfunks im elektronischen Binnenmarkt ausbreiten will; diese Maßnahmen sind nämlich alle notifizierungspflichtig.

Das stimmt, da gibbet  es dies dazu und viel Ausdauer beim Lesen der 36 Seiten!

Verband Privater Rundfunk und Telemedien e. V. (VPRT) (PDF, 36 Seiten, ~1,2MB)
http://ec.europa.eu/competition/state_aid/reform/comments_broadcasting/vprt.pdf
Zitat
Öffentliche Konsultation der EU-Kommission zum künftigen
Rahmen für die staatliche Finanzierung
des öffentlich-rechtlichen Rundfunks

Antworten des Verbandes Privater Rundfunk und Telemedien e. V. (VPRT) zum Fragebogen zur Überarbeitung der Mitteilung der Kommission über die  Anwendung der Vorschriften über staatliche Beihilfen auf den öffentlich-rechtlichen Rundfunk („Rundfunkmitteilung“, 2001/C 320/04)
Titel: Re: Kleiner Ausflug zum Europarecht
Beitrag von: pinguin am 26. November 2019, 20:30
Auch neu:

Zitat
Artikel 2

Sachlicher Anwendungsbereich


(1)   Durch diese Richtlinie werden gemeinsame Mindeststandards für den Schutz von Personen festgelegt, die folgende Verstöße gegen das Unionsrecht melden:

a)
Verstöße, die in den Anwendungsbereich der im Anhang aufgeführten Rechtsakte der Union fallen und folgende Bereiche betreffen:

i)
öffentliches Auftragswesen,

ii)
Finanzdienstleistungen, Finanzprodukte und Finanzmärkte sowie Verhinderung von Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung,

iii)
Produktsicherheit und -konformität,

iv)
Verkehrssicherheit,

v)
Umweltschutz,

vi)
Strahlenschutz und kerntechnische Sicherheit,

vii)
Lebensmittel- und Futtermittelsicherheit, Tiergesundheit und Tierschutz,

viii)
öffentliche Gesundheit,

ix)
Verbraucherschutz,

x)
Schutz der Privatsphäre und personenbezogener Daten sowie Sicherheit von Netz- und Informationssystemen;

b)
Verstöße gegen die finanziellen Interessen der Union im Sinne von Artikel 325 AEUV sowie gemäß den genaueren Definitionen in einschlägigen Unionsmaßnahmen;

c)
Verstöße gegen die Binnenmarktvorschriften im Sinne von Artikel 26 Absatz 2 AEUV, einschließlich Verstöße gegen Unionsvorschriften über Wettbewerb und staatliche Beihilfen, sowie Verstöße gegen die Binnenmarktvorschriften in Bezug auf Handlungen, die die Körperschaftsteuer-Vorschriften verletzen oder in Bezug auf Vereinbarungen, die darauf abzielen, sich einen steuerlichen Vorteil zu verschaffen, der dem Ziel oder dem Zweck des geltenden Körperschaftsteuerrechts zuwiderläuft.

(2)   Diese Richtlinie lässt die Befugnis der Mitgliedstaaten unberührt, den Schutz nach nationalem Recht in Bezug auf Bereiche oder Rechtsakte auszudehnen, die nicht unter Absatz 1 fallen.

Richtlinie (EU) 2019/1937 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 23. Oktober 2019 zum Schutz von Personen, die Verstöße gegen das Unionsrecht melden
https://eur-lex.europa.eu/legal-content/DE/TXT/?uri=uriserv:OJ.L_.2019.305.01.0017.01.DEU&toc=OJ:L:2019:305:TOC

Diese Richtlinie ist bereits in Kraft und bis 17. Dez. 2021 umzusetzen.

Die Richtlinien und Verordnungen, die von dieser Richtlinie erfasst werden, werden im Anhang benannt und via dem Link zum jeweiligen EU-Amtsblatt, in dem sie publiziert worden sind, ebenfalls verlinkt.
Titel: Re: Kleiner Ausflug zum Europarecht
Beitrag von: Profät Di Abolo am 17. Mai 2020, 01:41
Guten TagX,

aus aktuellem Anlass:

BVerfG, Urteil des Zweiten Senats vom 05. Mai 2020
- 2 BvR 859/15 -
, Link:
https://www.bundesverfassungsgericht.de/SharedDocs/Entscheidungen/DE/2020/05/rs20200505_2bvr085915.html;jsessionid=A12D583F674CFB5C6C482216F076DCA1.2_cid394

Zitat
1. Stellt sich bei einer Ultra-vires- oder Identitätskontrolle die Frage nach der Gültigkeit oder Auslegung einer Maßnahme von Organen, Einrichtungen und sonstigen Stellen der Europäischen Union, so legt das Bundesverfassungsgericht seiner Prüfung grundsätzlich den Inhalt und die Beurteilung zugrunde, die die Maßnahme durch den Gerichtshof der Europäischen Union erhalten hat.

2. Der mit der Funktionszuweisung des Art. 19 Abs. 1 Satz 2 EUV verbundene Rechtsprechungsauftrag des Gerichtshofs der Europäischen Union endet dort, wo eine Auslegung der Verträge nicht mehr nachvollziehbar und daher objektiv willkürlich ist. Überschreitet der Gerichtshof diese Grenze, ist sein Handeln vom Mandat des Art. 19 Abs. 1 Satz 2 EUV in Verbindung mit dem Zustimmungsgesetz nicht mehr gedeckt, so dass seiner Entscheidung jedenfalls für Deutschland das gemäß Art. 23 Abs. 1 Satz 2 in Verbindung mit Art. 20 Abs. 1 und Abs. 2 und Art. 79 Abs. 3 GG erforderliche Mindestmaß an demokratischer Legitimation fehlt.

3. Bei der Berührung fundamentaler Belange der Mitgliedstaaten, wie dies bei der Auslegung der Verbandskompetenz der Europäischen Union und ihres demokratisch legitimierten Integrationsprogramms in der Regel der Fall ist, darf die gerichtliche Kontrolle die behaupteten Absichten der Europäischen Zentralbank nicht unbesehen übernehmen.

4. Die Kombination eines weiten Ermessens des handelnden Organs und einer Begrenzung der gerichtlichen Kontrolldichte durch den Gerichtshof der Europäischen Union trägt dem Prinzip der begrenzten Einzelermächtigung offensichtlich nicht hinreichend Rechnung und eröffnet den Weg zu einer kontinuierlichen Erosion mitgliedstaatlicher Zuständigkeiten.

5. Die Wahrung der kompetenziellen Grundlagen der Europäischen Union hat entscheidende Bedeutung für die Gewährleistung des demokratischen Prinzips. Die Finalität des Integrationsprogramms darf nicht dazu führen, dass das Prinzip der begrenzten Einzelermächtigung als eines der Fundamentalprinzipien der Europäischen Union faktisch außer Kraft gesetzt wird.

6. a) Der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit bei der Kompetenzabgrenzung zwischen der Europäischen Union und den Mitgliedstaaten und die damit verbundene wertende Gesamtbetrachtung besitzen ein für das Demokratieprinzip und den Grundsatz der Volkssouveränität erhebliches Gewicht. Ihre Missachtung ist geeignet, die kompetenziellen Grundlagen der Europäischen Union zu verschieben und das Prinzip der begrenzten Einzelermächtigung zu unterlaufen.

b) Die Verhältnismäßigkeit eines Programms zum Ankauf von Staatsanleihen setzt neben seiner Eignung zur Erreichung des angestrebten Ziels und seiner Erforderlichkeit voraus, dass das währungspolitische Ziel und die wirtschaftspolitischen Auswirkungen benannt, gewichtet und gegeneinander abgewogen werden. Die unbedingte Verfolgung des währungspolitischen Ziels unter Ausblendung der mit dem Programm verbundenen wirtschaftspolitischen Auswirkungen missachtet offensichtlich den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit aus Art. 5 Abs. 1 Satz 2 und Abs. 4 EUV.

c) Dass das Europäische System der Zentralbanken keine Wirtschafts- und Sozialpolitik betreiben darf, schließt es nicht aus, unter dem Gesichtspunkt des Art. 5 Abs. 1 Satz 2 und Abs. 4 EUV die Auswirkungen zu erfassen, die ein Ankaufprogramm für Staatsanleihen etwa für die Staatsverschuldung, Sparguthaben, Altersvorsorge, Immobilienpreise, das Überleben wirtschaftlich nicht überlebensfähiger Unternehmen hat, und sie – im Rahmen einer wertenden Gesamtbetrachtung – zu dem angestrebten und erreichbaren währungspolitischen Ziel in Beziehung zu setzen.

7. Ob ein Programm wie das PSPP eine offenkundige Umgehung von Art. 123 Abs. 1 AEUV darstellt, entscheidet sich jedoch nicht an der Einhaltung eines einzelnen Kriteriums, sondern nur auf der Grundlage einer wertenden Gesamtbetrachtung. Vor allem die Ankaufobergrenze von 33 % und die Verteilung der Ankäufe nach dem Kapitalschlüssel der Europäischen Zentralbank verhindern, dass unter dem PSPP selektive Maßnahmen zugunsten einzelner Mitgliedstaaten getroffen werden und dass das Eurosystem zum Mehrheitsgläubiger eines Mitgliedstaats wird.

8. Eine (nachträgliche) Änderung der Risikoverteilung für die unter dem PSPP erworbenen Staatsanleihen würde die Grenzen der haushaltspolitischen Gesamtverantwortung des Deutschen Bundestages berühren und wäre mit Art. 79 Abs. 3 GG unvereinbar. Sie stellte in der Sache eine vom Grundgesetz verbotene Haftungsübernahme für Willensentscheidungen Dritter mit schwer kalkulierbaren Folgen dar.

9. Bundesregierung und Bundestag sind aufgrund ihrer Integrationsverantwortung verpflichtet, auf eine Verhältnismäßigkeitsprüfung durch die Europäische Zentralbank hinzuwirken. Sie müssen ihre Rechtsauffassung gegenüber der Europäischen Zentralbank deutlich machen oder auf sonstige Weise für die Wiederherstellung vertragskonformer Zustände sorgen.

10. Verfassungsorgane, Behörden und Gerichte dürfen weder am Zustandekommen noch an Umsetzung, Vollziehung oder Operationalisierung von Ultra-vires-Akten mitwirken. Das gilt grundsätzlich auch für die Bundesbank.


Legal Tribune Online; LTO;
BVerfG auf Konfrontation mit dem EuGH Anlei­hen­kauf­pro­gramm der EZB kom­pe­ten­zwidrig
; Link:
https://www.lto.de/recht/nachrichten/n/bverfg-2bvr85915-ezb-anleihenkauf-eugh-geldpolitik-pspp-dialog-konfrontation/

EU-Vertragsverletzungsverfahren gegen Deutschland? Der Wider­spens­tigen Zäh­mung
; Link:
https://www.lto.de/recht/hintergruende/h/bverfg-ezb-urteil-provokation-eugh-eu-vertragsverletzungsverfahren/

Prof. Dr. Markus Ludwigs und Patrick Sikora, Würzburg
Der Vorrang des Unionsrechts unter Kontrollvorbehaltdes BVerfG
; Link:
https://www.jura.uni-wuerzburg.de/fileadmin/02140700/Veroeffentlichungen/Ludwigs-Sikora.pdf

Der (europäische) Föderalist;
Scheiternder Dialog der Gerichte: Wie die europäische Rechtsgemeinschaft zu erodieren droht;
Link: 
https://www.foederalist.eu/2017/02/verfassungspluralismus-europaische-rechtsgemeinschaft-erosion.html

Zitat
...

Taricco und Ajos

Dass das Bundesverfassungsgericht im EZB-Verfahren letztlich zurücksteckte, hatte womöglich auch mit der großen öffentlichen Aufmerksamkeit für den Fall zu tun. Hätte das wichtigste nationale Gericht des größten EU-Mitgliedstaats in einem solch wichtigen Fall den offenen Konflikt mit dem EuGH gesucht, wäre ein großer Krach wohl unausweichlich gewesen. Doch ganz folgenlos blieb die scharfe Rhetorik der Karlsruher Richter trotzdem nicht. Denn andere nationale Verfassungsgerichte – aus kleineren Ländern und in kleineren Fällen – hatten in letzter Zeit weniger Beißhemmungen.

Einer dieser Fälle ist die Taricco-Entscheidung des italienischen Verfassungsgerichts (mehr dazu hier und hier). Konkret geht es darin um bestimmte Verjährungsfristen im italienischen Strafrecht, die so kurz sind, dass zahlreiche Strafen ungeahndet blieben. Der EuGH hatte dies unter Bezug auf Art. 325 AEUV für europarechtswidrig erklärt und Italien deshalb gezwungen, einen eigentlich verjährten Fall wieder zu öffnen. Das italienische Verfassungsgericht sah darin jedoch einen Verstoß gegen das Verbot einer rückwirkenden Bestrafung, das zum Rechtsstaatsprinzip und damit zum Identitätskern der italienischen Verfassung gehöre – und legte dem EuGH den Fall deshalb kurzerhand noch einmal vor, mit der impliziten Aufforderung, seine vorherige Entscheidung zu revidieren oder sich auf einen größeren Konflikt einzustellen.

Noch weiter ging der Oberste Gerichtshof von Dänemark vor einigen Wochen im Fall Ajos. Hier hatte der EuGH ein dänisches Gesetz für nicht anwendbar erklärt, da es gegen das europäische Verbot einer Altersdiskriminierung verstoße. Das dänische Gericht hielt dagegen, dass dieses europäische Diskriminierungsverbot lediglich von den EuGH-Richtern erfunden worden sei und keine konkrete Grundlage im EU-Vertrag habe. Die EuGH-Entscheidung sei deshalb nicht vom dänischen Verfassungsrecht gedeckt – und das dänische Gesetz, das der EuGH für europarechtswidrig erklärt hatte, müsse dennoch weiterhin angewendet werden.

Verheerende Präzedenzfälle

Beide Fälle, Taricco und Ajos, sind für sich selbst genommen eher klein: Betroffen ist darin nur ein überschaubarer Personenkreis, nicht gleich (wie im EZB-Verfahren) der Fortbestand der ganzen Eurozone. Der große Knall dürfte deshalb erst einmal ausbleiben. Doch gerade das könnte diese Entwicklung auch gefährlich machen. Denn die nationalen Verfassungsgerichte tragen damit zu einer allmählichen Erosion der europäischen Rechtsgemeinschaft bei – und schaffen Präzedenzfälle, die in künftigen, wichtigeren Verfahren verheerende Folgen haben könnten.

Denn man muss sich nur vor Augen halten, dass es das nächste Mal nicht mehr um Dänemark und Italien gehen könnte, sondern um Polen und Ungarn: um Länder also, in denen die nationalen Regierungen in den letzten Jahren einiges daran gesetzt haben, um sich die nationalen Verfassungsgerichte gefügig zu machen. Die Möglichkeit, sich künftig durch den Verweis auf diesen oder jenen „Kernbestandteil der nationalen Verfassungsidentität“ vor der Einhaltung von Europarecht drücken zu können, dürfte für die Viktor Orbáns und Jaros?aw Kaczy?skis des Kontinents durchaus eine willkommene Perspektive sein.
...

Exkurs:

Die Lehre von der Teilrechtsfähigkeit juristischer Personen des öffentlichen Rechts und die Ultra-vires-Doktrin des öffentlichen Rechts; Link:
https://www.duncker-humblot.de/buch/die-lehre-von-der-teilrechtsfaehigkeit-juristischer-personen-des-oeffentlichen-rechts-und-die-ultra-vires-doktrin-des-oeffentlichen-rechts-9783428100781/?page_id=1

Zitat
Beschreibung:

Über die Frage des Umfangs der Rechtsfähigkeit des Staates und der sonstigen juristischen Personen des öffentlichen Rechts ist seit der Entscheidung des Bundesgerichtshofs vom 28. Februar 1956 (BGHZ 20, 119 ff.) selten vertieft nachgedacht worden. Daher ist auch nicht geklärt, welche Folgen es hat, wenn der Staat oder die juristischen Personen des öffentlichen Rechts den ihnen vom Recht gezogenen Wirkungskreis überschreiten. In Rechtsprechung und Schrifttum wird in solchen Fällen oftmals das Ultra-vires-Prinzip herangezogen, ohne daß der Inhalt und die Rechtskonsequenzen dieses Prinzips hinreichend deutlich werden. Andere Gerichtsentscheidungen und Stimmen in der Literatur wenden bei Überschreitung des Wirkungskreises wie selbstverständlich die allgemeinen Fehlerfolgen an. Der Autor unternimmt den Versuch, die Problematik von Grund auf neu zu überdenken. Da auch andere Rechtsordnungen eine Ultra-vires-Lehre kennen, bemüht sich der Autor darum, deren Erkenntnisse einzubeziehen. Insbesondere nimmt er einen Rechtsvergleich mit dem englischen Recht und dem europäischen Gemeinschaftsrecht, daneben auch mit dem US-amerikanischen Recht und Völkerrecht vor.

Im Ergebnis gelangt der Verfasser zu der Auffassung, daß die Lehre von der Teilrechtsfähigkeit juristischer Personen des öffentlichen Rechts und die deutsche ultra-vires-Doktrin aufzugeben sind, weil sie unnötige Abgrenzungsprobleme verursachen, zur Anerkennung rechtsfreier Räume führen und rechtsstaatswidrige Konsequenzen haben. Auch juristische Personen des öffentlichen Rechts sind vollrechtsfähig. Der Wirkungskreis dieser Personen beschränkt nicht das rechtliche Können, sondern nur das rechtliche Dürfen.

Ohne einen einzigen Berufsbeamten jahrelang "vollautomatische Verwaltungsakte" erlassen!

Ultra-Vires! Die kleinen Viren sind die schlimmsten!

 :)
Titel: Re: Kleiner Ausflug zum Europarecht
Beitrag von: pinguin am 22. Juli 2020, 14:33
Eine neue Mitteilung der EU-Kommisssion zur Handhabung der Art. 101 und 102 AEUV vor den nationalen Gerichten

Mitteilung der Kommission Mitteilung über den Schutz vertraulicher Informationen durch nationale Gerichte in Verfahren zur privaten Durchsetzung des EU-Wettbewerbsrechts 2020/C 242/01 C/2020/4829
https://eur-lex.europa.eu/legal-content/DE/TXT/?uri=uriserv:OJ.C_.2020.242.01.0001.01.DEU&toc=OJ:C:2020:242:TOC