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Autor Thema: Verfassungsbeschwerde des rbb gg. rbb-Staatsvertrag - 1 BvR 2578/24 [Inhalt]  (Gelesen 920 mal)

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Verfassungsbeschwerde des rbb gg. rbb-Staatsvertrag - 1 BvR 2578/24 [Inhalt]



Falls noch nicht bekannt, der Schriftsatz der Verfassungsbeschwerde (vom RBB) wurde durch den Landtag Brandenburg veröffentlicht:

Landtag Brandenburg - Drs. 8/14, 08.01.2025 (PDF, 89 Seiten, ~13,5MB)
Verfassungsbeschwerde des rbb gegen den rbb-Staatsvertrag - 1 BvR 2578/24
https://www.parlamentsdokumentation.brandenburg.de/starweb/LBB/ELVIS/parladoku/w8/inf/ab_0001/14.pdf

Sicherung vom 10. Januar 2025; Wayback Machine:
https://web.archive.org/web/20250110154730/https://www.parlamentsdokumentation.brandenburg.de/starweb/LBB/ELVIS/parladoku/w8/inf/ab_0001/14.pdf



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RBB zieht gg. RBB-Staatsvertrag vor Bundesverfassungsgericht (11/2024)
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Nach Verfassungsklage: SPD in Brandenburg stellt RBB-Verbleib infrage (11/2024)
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Verfassungsbeschwerde des rbb gg. rbb-Staatsvertrag - 1 BvR 2578/24 [Inhalt]
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Verfassungsbeschwerde des rbb gg. rbb-Staatsvertrag - 1 BvR 2578/24 [Diskus]
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Außerdem...
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Unten folgend eine Abschrift f.d.R. Profät, wegen der Formatierung durch die Forum-Software teilweise abweichend (einrücken etc.; ick hab kein Bock hier stundenlang rumzufummeln).


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Landtag Brandenburg - Drs. 8/14, 08.01.2025 (PDF, 89 Seiten, ~13,5MB)
Verfassungsbeschwerde des rbb gegen den rbb-Staatsvertrag - 1 BvR 2578/24
https://www.parlamentsdokumentation.brandenburg.de/starweb/LBB/ELVIS/parladoku/w8/inf/ab_0001/14.pdf

Abschrift Seite 1 - 12

Zitat von: LT BB - Drs. 8/14, 08.01.2025, Verfassungsbeschwerde d. rbb gg. rbb-Staatsvertrag - 1 BvR 2578/24 (Abschrift)
Bundesverfassungsgericht
Schlossbezirk 3
76131 Karlsruhe

20. November 2024

Verfassungsbeschwerde

des Rundfunks Berlin-Brandenburg (rbb), vertreten durch seine Intendantin Ulrike Demmer, Masurenallee 8-14, 14057 Berlin

Bevollmächtigter:

gegen

§ 1 Gesetz zum Staatsvertrag über den Rundfunk Berlin-Brandenburg (rbb-Staatsvertrag) vom 20. Dezember 2023, GVB1. Berlin Nr. 34 vom 23. Dezember 2023, S. 422 (Anlage 2)

und

§ 1 Satz 1 Gesetz zum Staatsvertrag über den Rundfunk Berlin-Brandenburg (rbb-Staatsvertrag) vom 15. Dezember 2023, GVBl. Brandenburg Nr. 27 vom 15. Dezember 2023 I, S. 1 (Anlage 3),

beide in Verbindung mit

§ 2 Abs. 3 Staatsvertrag über den Rundfunk Berlin-Brandenburg (rbb-Staatsvertrag)

Vom 3. November 2023 und 17. November 2023, Anlage 1 zu§ 1 Satz 2 Berliner Gesetz zum Staatsvertrag über den Rundfunk Berlin-Brandenburg (rbb-Staatsvertrag), GVB1. Berlin Nr. 34 vom 23. Dezember 2023, S. 423 (Anlage 4) und die identische Veröffentlichung des rbb-Staatsvertrags in GVB1. Brandenburg Nr. 27 vom 15. Dezember 2023 I, S. 2: siehe auch die Bekanntmachungen über das Inkrafttreten des Staatsvertrages über den Rundfunk Berlin-Brandenburg (rbb-Staatsvertrag) in GVB1. Berlin Nr. 2 vom 31. Januar 2024, S. 11 (Anlage 5) und in GVB1. Brandenburg Nr. 1 vom 15. Januar 2024 I S. 1 (Anlage 6).

betreffend die Regionalbüros und Regionalstudios,
§ 4 Abs. 2 Nr. 1 und Abs. 4 Satz 1 rbb-StV betreffend die Landesfernsehprogramme,
§ 4 Abs. 4 Satz 3 und 4 rbb-StV betreffend die Leitungen des Landesangebots,
§ 8 Abs. 3 rbb-StV betreffend die öffentliche Ausschreibung zu besetzender Stellen,
§§ 15 Nr. 4 und 32 f. rbb-StV betreffend die Einrichtung eines Direktoriums,
§ 16 Abs. 3 und 4 rbb-StV betreffend die Haftung der Mitglieder von Rundfunk- und Verwaltungsrat
und
§ 31 rbb-StV betreffend die Haftung der Intendantin.

Namens und kraft anliegender auf mich lautender Vollmacht des rbb

Anlage 1.

erhebe ich Verfassungsbeschwerde gegen die genannten Vorschriften.

Zur Begründung trage ich Folgendes vor:

Die Verfassungsbeschwerde richtet sich gegen mehrere Vorschriften des rbb-Staatsvertrags, die den rbb in seiner Rundfunkfreiheit aus Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG verletzen.

Mit dem Staatsvertrag haben die Länder Berlin und Brandenburg Konsequenzen aus den 2022 bekannt gewordenen Versäumnissen beim rbb gezogen und zugleich das Ziel verfolgt, den rbb nachhaltig und zukunftsfähig aufzustellen.

Siehe die Begründung zum Staatsvertrag über den Rundfunk Berlin-Brandenburg, Abgeordnetenhaus Berlin, Drs. 19/1311, S. 52 f. (Anlage 7).

Gegen diese Zielsetzung ist verfassungsrechtlich nichts einzuwenden. Der Gesetzgeber hat in die Neuregelung jedoch Bestimmungen aufgenommen, die weder als Konsequenz aus den Ereignissen des Jahres 2022 noch mit dem Ziel der nachhaltigen und zukunftsfähigen Neuaufstellung des rbb gerechtfertigt werden können, sondern unter Verletzung des Grundrechts auf Rundfunkfreiheit des rbb gegen Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG verstoßen. Diese Grundrechtsverletzungen werden vom rbb mit der vorliegenden Verfassungsbeschwerde gerügt.

A. Sachverhalt

Der rbb-Staatsvertrag ist zwar aus Anlass und zum Zwecke der Bewältigung der Fehlentwicklungen geschlossen worden, die bei der Rundfunkanstalt 2022 deutlich geworden sind. Er verfolgt aber neben der Verhinderung von Missständen auch davon unabhängig Reformziele (I.). Bei der Darstellung und Analyse der verfassungsrechtlich problematischen Regelungen ist zwischen beiden Zielen zu unterscheiden (II).

I. Mit dem rbb-Staatsvertrag verfolgte Ziele

Der rbb-Staatsvertrag dient nach seiner Begründung zwei Hauptzielen: Zum einen sollen strukturelle Defizite in seiner Organisation beseitigt werden, damit eine Wiederholung der Fehlentwicklungen ausgeschlossen sei, die in den vergangenen Jahren offensichtlich geworden seien (1.). Zum anderen soll der Staatsvertrag für eine nachhaltige und zukunftsfähige Aufstellung des rbb sorgen (2.).

1. Beseitigung struktureller Defizite

Der rbb-Staatsvertrag zielt nach seiner Begründung zunächst darauf, „strukturellen Defiziten umfassend und präventiv entgegenzuwirken.“ Damit sollen Lehren aus dem Missbrauch von Entscheidungsbefugnissen durch die Leitung des rbb gezogen werden, die zu den im Staatsvertrag erwähnten „Versäumnissen“ in den vergangenen Jahren geführt haben. Solche Fehlentwicklungen sollen zukünftig verhindert werden. Bezweckt werden „eine bessere Kontrolle, größere Wirtschaftlichkeit, klarere Entscheidungsprozesse und größtmögliche Transparenz beim rbb“. Dazu sollen nach der Begründung des Staatsvertrags die Aufsichtsgremien aufgewertet und professionalisiert sowie die Aufgabenprofile des Rundfunkrates und des Verwaltungsrates geschärft werden. Eine unabhängige und funktionstüchtige Arbeitsweise in der Gremienaufsicht soll durch Regelungen zu Inkompatibilitäten und Interessenkonflikten sichergestellt werden. Erstmals werden für die Mitglieder der Aufsichtsgremien und für die Intendantin Sorgfaltspflichten und Handlungsmaßstäbe staatsvertraglich verankert, die eine weitere Qualitätssicherung gewährleisten sollen. Unter anderem die Deckelung des Gehalts der Intendantin dient nach dem Staatsvertrag der Steigerung der Akzeptanz des rbb.

Siehe die Begründung zum Staatsvertrag über den Rundfunk Berlin-Brandenburg, Abgeordnetenhaus Berlin, Drs. 19/1311, S. 52 f. (Anlage 7).

2. Neuaufstellung des rbb

„Darüber hinaus“ und gewissermaßen bei Gelegenheit der Beseitigung der von den Staatsvertragsparteien wahr genommenen strukturellen Defizite in der Organisation des rbb und von dieser Defizitbeseitigung ausdrücklich unterschieden zielt der Staatsvertrag auf eine „nachhaltige und zukunftsfähige“ Aufstellung des rbb. Dazu gehört die besondere Betonung der Regionalität, die durch eine „angemessene Verteilung der Ressourcen und Standorte sowie die Würdigung der Entstehungsgeschichte des rbb im Rahmen der internen Organisation“ erreicht werden soll. Die Akzeptanz des beitragsfinanzierten öffentlich-rechtlichen Rundfunks darf nach Auffassung der Vertragsparteien nicht durch „veraltete Strukturen“ gefährdet werden. Nach Einschätzung der Staatsvertragsparteien „wird der Auftrag des rbb flexibler gestaltet. Dem rbb werden bezüglich der Vorgaben, wie Angebote zu verbreiten sind, mehr Freiheiten eingeräumt, um auf Entwicklungen flexibler reagieren zu können.“ Betont wird zugleich die „Kernkompetenz der Rundfunkanstalten zu entscheiden, auf welche Art und Weise Inhalte vermittelt werden müssen.“ Die Begründung des Staatsvertrags hebt den „erweiterten Spielraum für den rbb“ hervor. Mit der Abkehr vom strengen Intendanten-Prinzip und dem Übergang zu einer Direktorialverfassung soll nach der Begründung des rbb-Staatsvertrags die Führungsstruktur des rbb „verschlankt und kollegial ausgestaltet“ werden.

Siehe die Begründung zum Staatsvertrag über den Rundfunk Berlin-Brandenburg, Abgeordnetenhaus Berlin, Drs. 19/1311, S. 53 (Anlage 7).

II. Missbrauchsabwehr und Zukunftssicherung

Missbrauchsabwehr und Zukunftssicherung sind die beiden Leitprinzipien des rbb-Staatsvertrags. Verfassungsrechtlich zu beanstandende Regelungen finden sich sowohl zur Beseitigung struktureller Defizite, also zur Missbrauchsabwehr (1.), als auch zur Neuaufstellung des rbb, also zur Zukunftssicherung (2.).

1. Regelungen zur Beseitigung struktureller Defizite

Durchgreifende verfassungsrechtliche Bedenken im Hinblick auf die Vereinbarkeit mit der Rundfunkfreiheit bestehen dort, wo die Beseitigung struktureller Defizite angestrebt wird, gegenüber den Regelungen über die durch die Einrichtung eines Direktoriums modifizierte Intendantenverfassung (a.), über die Haftung der Intendantin (b.), über die Haftung der Mitglieder von Verwaltungs- und Rundfunkrat (c.) und über die öffentliche Ausschreibung zu besetzender Stellen (d.).

a. Direktorium, §§ 15 Nr. 4 und 32 f. rbb-StV

Der rbb-Staatsvertrag hat mit dem Direktorium ein neues Organ des Rundfunks Berlin-Brandenburg geschaffen. Für die Stelle der Direktorin oder des Direktors für den programmlichen Bereich schlägt die Intendantin dem Rundfunkrat Kandidatinnen und Kandidaten vor. Für den administrativen Bereich schlägt die Intendantin dem Verwaltungsrat Kandidatinnen und Kandidaten für die Stelle der Direktorin oder des Direktors vor. Gewählt werden die Direktorinnen und Direktoren für höchstens fünf Jahre. Die wiederholte Wahl ist zulässig. Die Intendanten kann sie abrufen. Die Direktorinnen und Direktoren leiten ihren Geschäftsbereich „unter Beachtung der Gesamtverantwortung der Intendantin“ sowie im Rahmen der Beschlüsse der Aufsichtsgremien und der Beratungen im Direktorium selbstständig und in eigener Verantwortung. Eine Direktorin oder einen Direktor bestellt die Intendantin zum Stellvertreter (§ 32 Abs. 3 rbb-StV). Die Intendantin sowie die Direktorinnen und Direktoren bilden zusammen das Direktorium (§ 33 Abs. 3 Satz 1 rbb-StV). An den Sitzungen des Direktoriums nehmen die Leitungen der Landesangebote, die Chefredakteurin oder der Chefredakteur und die Justiziarin oder der Justiziar mit beratender Stimme teil (§ 33 Abs. 3 rbb-StV). Ihnen darf also kein Stimmrecht verliehen werden. Diese Regelung wird in der Begründung des rbb-Staatsvertrags nicht erläutert. Für die Direktorinnen und Direktoren gilt die Regelung der Pflichten und der Haftung der Intendantin in § 31 rbb-StV entsprechend (§ 32 Abs. 4 rbb-StV). Zur Begründung der Regelungen über die Pflichten und die Haftung der Direktorinnen oder Direktoren wird auf die Begründung der entsprechenden Vorschriften für die Intendantin verwiesen.

Siehe die Begründung zum Staatsvertrag über den Rundfunk Berlin-Brandenburg, Abgeordnetenhaus Berlin, Drs. 19/1311, S. 86 f. (Anlage 7).

Das Direktorium ist unter Beachtung der Gesamtverantwortung der Intendantin für alle Angelegenheiten zuständig, die für den Rundfunk Berlin-Brandenburg von erheblicher Bedeutung sind. Dazu zählen folgende in § 33 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 rbb-StV beispielhaft aufgezählte Punkte:

-   Grundsatzfragen der Programm-, Digital- und Personalstrategie,
-   Aufstellung des Wirtschaftsplans, des Jahresabschlusses und der mittelfristigen Finanzplanung,
-   Erstellung des Geschäftsberichts sowie des Strategie- und Entwicklungsplans,
-   Erwerb, Veräußerung und Belastung von Grundstücken,
-   Erwerb und Veräußerungen von Unternehmen und Beteiligungen,
-   Einstellung, Entlassung und Umgruppierung von Personal.

Unter Beachtung der Gesamtverantwortung der Intendantin ist das Direktorium auf Antrag einer Direktorin oder eines Direktors zuständig für die Klärung von Meinungsverschiedenheiten über Angelegenheiten, die mehrere Geschäftsbereiche berühren (§ 33 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 rbb-StV). Wenn die Intendantin Widerspruch gegen einen Beschluss des Direktoriums erhebt, gilt der Beschluss als nicht gefasst. Dies ist dem Verwaltungsrat in der auf die Entscheidung folgenden Sitzung mitzuteilen (§ 33 Abs. 2 Sätze 2 und 3 rbb-StV).

In der Begründung des Staatsvertrags wird darauf hingewiesen, dass die für die Zuordnung der Direktorinnen und Direktoren zu den Verantwortungsbereichen des Rundfunkrats und des Verwaltungsrats gewählten Bezeichnungen des programmlichen und des administrativen Bereichs ebenso wie der organisatorische Zuschnitt der beiden Führungspositionen vom rbb in Reaktion auf die sich verändernde Medienwelt flexibel angepasst werden könnten. § 32 Abs. 2 rbb-StV sei „Ausdruck der modifizierten Intendantenverfassung“. Die Vorschrift stelle den Rahmen der Arbeit des Direktoriums dar und betone gleichzeitig die grundsätzliche Selbstständigkeit und Verantwortung der Direktorinnen oder Direktoren. Die Regelung der Zuständigkeit des Direktoriums (§ 33 Abs. 2 rbb-StV) modifiziere die bisherige Intendantenverfassung und solle das Risiko von möglichen Compliance-Verstößen verringern. Die Intendantin sei dazu angehalten, sich für Entscheidungen in der Zuständigkeit des Direktoriums eine Mehrheit zu suchen. So würden Alleingänge der Intendantin künftig verhindert. Die Verteilung der Verantwortung solle außerdem die Effizienz steigern und die ökonomischen, organisatorischen sowie institutionellen Strukturen und Bedingungen des rbb verbessern. Die Widerspruchsbefugnis der Intendantin schaffe ein Vetorecht als Ausfluss ihrer Gesamtverantwortung.

Siehe die Begründung zum Staatsvertrag über den Rundfunk Berlin-Brandenburg, Abgeordnetenhaus Berlin, Drs. 19/1311, S. 86 f. (Anlage 7).


b. Pflichten und Haftung der Intendantin, § 31 rbb-StV

Die Intendantin hat nach der Regelung im Staatsvertrag die Sorgfalt einer ordentlichen und gewissenhaften Geschäftsleitung zu wahren (§ 31 Abs. 1 rbb-StV). Sie ist dem Rundfunk Berlin-Brandenburg bei einer schuldhaften Verletzung dieser Pflicht zum Ersatz des daraus entstehenden Schadens verpflichtet. Eine Haftung wegen leichter Pflichtverletzung ist ausgeschlossen. Auch liegt eine Pflichtverletzung nicht vor, wenn die Intendantin bei einer Entscheidung vernünftigerweise annehmen durfte, auf der Grundlage angemessener Information zum Wohle des Rundfunk Berlin-Brandenburg zu handeln. Dafür obliegt ihr im Streitfall die Beweislast (§ 31 Abs. 2 rbb-StV). Wird eine Versicherung zur Absicherung der Intendantin gegen Risiken aus der beruflichen Tätigkeit für den Rundfunk Berlin-Brandenburg abgeschlossen, ist ein angemessener Selbstbehalt von mindestens zehn Prozent des eingetretenen Schadens, höchstens aber in Höhe der festen jährlichen Vergütung der Intendantin vorzusehen (§ 31 Abs. 3 rbb-StV). Die Obergrenze für das Grundgehalt der Intendantin bildet ein Äquivalent zum Grundgehalt der Besoldungsgruppe B 11 nach dem Senatorengesetz

In der Fassung der Bekanntmachung vom 6. Januar 2000, GVB1. S. 221, zuletzt geändert durch Art. 4 des Gesetzes vom 15. November 2022, GVB1. S. 621.

in der jeweils geltenden Fassung (§ 41 Abs. 1 Satz 3 rbb-StV).

Der Sorgfaltsmaßstab für die Pflichterfüllung der Intendantin ist an aktienrechtliche Grundsätze angelehnt. Der Ausschluss einer Pflichtverletzung für den Fall, dass die Intendantin bei einer Entscheidung vernünftigerweise annehmen durfte, auf der Grundlage angemessener Information zum Wohle des Rundfunks Berlin-Brandenburg zu handeln, soll ihr ein vernünftiges Maß an unternehmerischen Ermessensspielraum zugestehen. Der Haftungsausschluss kommt aber nur in Betracht, wenn der Intendantin alle für die Entscheidung relevanten Informationen vorlagen. Die Beweislastumkehr zulasten der Intendantin wird mit ihrer „außerordentlichen Sachnähe“ begründet.

Siehe die Begründung zum Staatsvertrag über den Rundfunk Berlin-Brandenburg, Abgeordnetenhaus Berlin, Drs. 19/1311, S. 85 f. (Anlage 7).

Die Obergrenze des Grundgehalts der Intendantin entspricht nach der Vertragsbegründung dem, was die Rechnungshöfe von Berlin und von Brandenburg hinsichtlich des Arbeits- und Verantwortungsbereich einer Intendantin als adäquate Vergütungsobergrenze vorgeschlagen haben.

Siehe die Begründung zum Staatsvertrag über den Rundfunk Berlin-Brandenburg, Abgeordnetenhaus Berlin, Drs. 19/1311, S. 91. (Anlage 7).

In dem einschlägigen Bericht der Rechnungshöfe heißt es:

„Als Lösungsansatz sieht der Rechnungshof eine Gehaltsobergrenze für die Intendantin oder den Intendanten für erforderlich an. Da Rundfunkbeiträge zwar nicht zum staatlichen Haushalt gehören, aber gleichwohl als öffentliche Finanzmittel einzuordnen sind, hat der RBB als Sachwalter der Mittel damit wirtschaftlich und sparsam umzugehen. Die Geltung des Wirtschaftlichkeitsprinzips soll die Rundfunkanstalt dazu anhalten, ihren Rundfunkauftrag mit dem geringstmöglichen finanziellen Aufwand zu erreichen (Sparsamkeitsprinzip). Der Auftrag des RBB ist gemeinwohlorientiert und er ist keinem mit dem freien Markt vergleichbaren Wettbewerbsdruck ausgesetzt. Zudem ist der RBB nicht insolvenzfähig. Damit geht ein deutlich geringeres Erfolgs- und ggf. auch Haftungsrisiko der Leitungsebene des RBB gegenüber Geschäftsführungen von Unternehmen der privaten Wirtschaft einher, sodass sich eine Orientierung der Vergütung am Gehaltsgefüge des öffentlichen Dienstes geradezu aufdrängt. Vor diesem Hintergrund kann der Aufgaben- und Verantwortungsbereich der Intendantin oder des Intendanten einer Rundfunkanstalt nicht als „höherwertiger“ betrachtet werden als jener von Regierungsmitgliedern auf Landesebene. Der Gesetzgeber erachtet für diese Personengruppe eine Besoldung nach B 11 für angemessen (in Berlin ca. 178.000 € brutto jährlich). An dieser sollte sich das Intendantengehalt orientieren.“

Rechnungshof von Berlin, Abschließender Bericht gemäß § 37 Satz 3 Medienstaatsvertrag, Gemeinsam abgestimmte Prüfung ausgewählter Teilbereiche der Haushalts- und Wirtschaftsführung des Rundfunk Berlin-Brandenburg (RBB) durch den Rechnungshof von Berlin und den Landesrechnungshof Brandenburg, Teilprüfung: Prüfung des Vergütungssystems und der Anstellungsverträge leitender Angestellter, 2023, S. 12 (Anlage 8  ).

c. Pflichten und Haftung der Mitglieder von Verwaltungs- und Rundfunkrat, § 16 Abs. 3 und 4 rbb-StV

Die Haftung der Mitglieder der Aufsichtsgremien Rundfunk- und Verwaltungsrat ist entsprechend der Haftung der Intendantin ausgestaltet: Sie müssen die Sorgfalt einer ordentlichen und gewissenhaften Überwachung und Beratung wahren. Wenn sie diese Pflicht nicht nur leicht fahrlässig schuldhaft verletzen, sind sie zum Schadensersatz verpflichtet, es sei denn, sie durften bei einer Entscheidung vernünftigerweise annehmen, auf der Grundlage angemessener Information zum Wohle des Rundfunks Berlin-Brandenburg zu handeln; im Streitfall trifft sie die Beweislast (§ 16 Abs. 3 und 4 rbb-StV). Wenn der Rundfunk Berlin-Brandenburg eine Versicherung zur Absicherung der Gremienmitglieder gegen Risiken aus deren Überwachungs- und Beratungstätigkeit abschließt, ist ein angemessener Selbstbehalt vorzusehen, der für die Mitglieder des Rundfunkrates mindestens die Höhe der jährlichen Aufwandsentschädigung und für die Mitglieder des Verwaltungsrat mindestens die Höhe der jährlichen Vergütung umfassen muss (§ 16 Abs. 4 rbb-StV). Eine Regelung über die Zulässigkeit einer Selbstbehaltsversicherung enthält der Staatsvertrag nicht. Der Selbstbehalt soll eine „angemessene, verhaltenssteuernde Wirkung“ entfalten.

Siehe die Begründung zum Staatsvertrag über den Rundfunk Berlin-Brandenburg, Abgeordnetenhaus Berlin, Drs. 19/1311, S. 67 (Anlage 7).

d. Öffentliche Ausschreibung, § 8 Abs. 3 rbb-StV

Der Rundfunk Berlin-Brandenburg hat gemäß § 8 Abs. 3 rbb-StV alle zu besetzenden Stellen öffentlich auszuschreiben. Die Pflicht zur öffentlichen Ausschreibung aller zu besetzenden Stellen wird mit Gründen der Transparenz erklärt.

Siehe die Begründung zum Staatsvertrag über den Rundfunk Berlin-Brandenburg, Abgeordnetenhaus Berlin, Drs. 19/1311, S. 61 (Anlage 7).

2. Regelungen zur Neuaufstellung

Die Rundfunkfreiheit des rbb aus Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG verletzen die folgenden Regelungen zu der mit dem rbb-Staatsvertrag beabsichtigten Neuaufstellung des rbb: die Vorgabe, bestimmte Regionalbüros und Regionalstudios einzurichten (a.), die Pflicht, zeitlich festgelegte Landesfernsehprogramme zu veranstalten (b.) und die Regelung der Leitung der Landesangebote (c.).

a. Regionalbüros und Regionalstudios, § 2 Abs. 3 rbb-StV

In Bezug auf die Organisation des rbb legt § 2 Abs. 3 Satz 1 rbb-Staatsvertrag fest, dass der rbb nach Maßgabe der Satzung und unter Beachtung der regionalen Gliederung des Versorgungsgebietes Regionalstudios, mindestens in Cottbus/Chósebuz und Frankfurt (Oder), sowie Regionalbüros, mindestens in Brandenburg an der Havel, Prenzlau und Perleberg betreiben muss. Mit ihrem Programmbeitrag sollen sie die Lebenswirklichkeit der Regionen widerspiegeln und einen relevanten Beitrag zum Gesamtangebot des Rundfunk Berlin-Brandenburg leisten (§ 2 Abs. 3 Satz 2 rbb-Staatsvertrag). In der Begründung der Regelung wird dargelegt, dass Abs. 3 Satz 1 dem bisherigen § 2 Abs. 3 Staatsvertrages über die Errichtung einer gemeinsamen Rundfunkanstalt der Länder Berlin und Brandenburg entspreche. Dabei werde der amtliche Ortsname „Cottbus/Chósebuz“ übernommen. Außerdem würden die bestehenden Regionalbüros in Prenzlau und Perleberg sowie ein weiteres Regionalbüro in Brandenburg an der Havel staatsvertraglich festgeschrieben. Das diene der regionalen Verankerung des rbb im Brandenburger Verbreitungs-/Versorgungsgebiet, die sich auch im Angebot des rbb widerspiegeln solle. Das stelle der neue Satz 2 klar.

Siehe die Begründung zum Staatsvertrag über den Rundfunk Berlin-Brandenburg, Abgeordnetenhaus Berlin, Drs. 19/1311, S. 55 (Anlage 7).

§ 2 Abs. 3 des Staatsvertrages über die Errichtung einer gemeinsamen Rundfunkanstalt der Länder Berlin und Brandenburg in der Fassung vom 25. Juni 2002 lautete:

„Der Rundfunk Berlin-Brandenburg betreibt nach Maßgabe der Satzung und unter Beachtung der regionalen Gliederung des Sendegebiets Regionalstudios, mindestens in Cottbus und Frankfurt (Oder).“

GVBl. Berlin 2002, S. 138.

b. Landesfernsehprogramme, § 4 Abs. 2 Nr. 1 und § 4 Abs. 4 Satz 1 rbb-StV

Der Rundfunk Berlin-Brandenburg wird durch den Staatsvertrag verpflichtet, ein Landesfernsehprogramm für Berlin und Brandenburg mit regionalen Auseinanderschaltungen von mindestens 60 Minuten des täglichen Gesamtprogramms zur gesonderten Darstellung jedes Landes zu veranstalten; die regionalen Auseinanderschaltungen bilden jeweils das Landesangebot von Berlin und Brandenburg. Die Landesangebote sollen insbesondere zur Erfüllung des Auftrags des rbb in dem jeweiligen Land beitragen (§ 4 Abs. 2 Nr. 1 und § 4 Abs. 4 Satz 1 und 2 rbb-StV). Begründet wird die Regelung damit, dass sie einer weitergehenden regionalen Verwurzelung des rbb in den beiden Ländern diene. Die besondere Bedeutung des Beitrags der Landesangebote zu dem Auftrag des rbb gemäß § 3 Abs. 2 Satz 1 rbb-StV werde hervorgehoben. Nach dieser Vorschrift tragen die Angebote des Rundfunk Berlin-Brandenburg der regionalen Vielfalt der Länder Berlin und Brandenburg sowie der Sprache und Kultur des sorbischen/wendischen Volkes Rechnung.

Siehe die Begründung zum Staatsvertrag über den Rundfunk Berlin-Brandenburg, Abgeordnetenhaus Berlin, Drs. 19/1311, S. 58 (Anlage 7).

c. Leitung des Landesangebots, § 4 Abs. 4 Satz 3 und 4 rbb-StV

Geleitet werden das Landesangebot von Berlin und das Landesangebot von Brandenburg jeweils von einer Person, die auf Vorschlag der Intendantin vom Rundfunkrat für die Dauer von fünf Jahren gewählt wird und die jeweils der Direktorin oder dem Direktor für den Programmlichen Bereich direkt unterstellt ist. Stellungnahmen der Leitungen der Landesangebote sind gesondert in dem Bericht aufzuführen, den der Rundfunk Berlin-Brandenburg alle zwei Jahre dem Abgeordnetenhaus von Berlin und dem Landtag Brandenburg über die Erfüllung seines Auftrags und die Schwerpunkte der jeweils geplanten Angebote (Zielvorgaben) zur Kenntnis gibt (§ 3 Abs. 7 rbb-StV). Aus der Begründung der Vorschriften ergibt sich, dass die Landesangebote eigene Leitungen erhalten, weil sie für die regionale Verwurzelung des rbb essenziell und damit identitätsstiftend für das gesamte Angebot des rbb seien. Satz 4 des Absatzes gliedere die leitenden Personen „personalorganisatorisch“ ein.

Siehe die Begründung zum Staatsvertrag über den Rundfunk Berlin-Brandenburg, Abgeordnetenhaus Berlin, Drs. 19/1311, S. 58 (Anlage 7).


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Landtag Brandenburg - Drs. 8/14, 08.01.2025 (PDF, 89 Seiten, ~13,5MB)
Verfassungsbeschwerde des rbb gegen den rbb-Staatsvertrag - 1 BvR 2578/24
https://www.parlamentsdokumentation.brandenburg.de/starweb/LBB/ELVIS/parladoku/w8/inf/ab_0001/14.pdf

Abschrift Seite 12 - 18

Zitat von: LT BB - Drs. 8/14, 08.01.2025, Verfassungsbeschwerde d. rbb gg. rbb-Staatsvertrag - 1 BvR 2578/24 (Abschrift)
B. Zulässigkeit

Die Verfassungsbeschwerde ist zulässig.

Der rbb ist beschwerdefähig (I.). Die Zustimmungsgesetze der Länder Berlin und Brandenburg sind in Verbindung mit den als verfassungswidrig gerügten Vorschriften des rbb-Staatsvertrags ein zulässiger Beschwerdegegenstand (II.). Der rbb ist beschwerdebefugt; er ist durch die Regelungen der Zustimmungsgesetze und des rbb-Vertrags selbst, unmittelbar und gegenwärtig betroffen (III.). Die Beschwerdefrist ist eingehalten (IV.). Fachgerichtlicher Rechtsschutz ist gegen die Zustimmungsgesetze nicht gegeben (V.). Der Grundsatz der Subsidiarität der Verfassungsbeschwerde ist beachtet (VI.). Die Verfassungsbeschwerde ist hinreichend substantiiert (VII.). Das Rechtsschutzbedürfnis für die Erhebung der Verfassungsbeschwerde ist gegeben (VIII.). Die Verfassungsbeschwerde ist zur Entscheidung anzunehmen (IX.).

I. Beschwerdefähigkeit

Der rbb kann als Rundfunkanstalt des öffentlichen Rechts mit der Verfassungsbeschwerde eine Verletzung seiner Rundfunkfreiheit geltend machen.

Vgl. BVerfGE 158, 389 (413, Rn. 64); zuvor schon BVerfGE 119, 181 (211) m. w. N.; st. Rspr.

Der rbb rügt eine Verletzung seiner Rundfunkfreiheit aus Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG durch die beiden Zustimmungsgesetze in Verbindung mit den genannten Vorschriften des rbb-Staatsvertrags, die seine Programmautonomie verfassungswidrig einschränken.

II. Beschwerdegegenstand

Gegenstand der Verfassungsbeschwerde sind mit den beiden Zustimmungsgesetzen der Länder Berlin und Brandenburg in Verbindung mit den gerügten Vorschriften des rbb-Staatsvertrags Akte der Gesetzgebung und damit der öffentlichen Gewalt im Sinne von § 90 Abs. 1 BVerfGG.
Die Zustimmungsgesetze der Länder zu rundfunkrechtlichen Staatsverträgen sind zulässiger Beschwerdegegenstand einer Verfassungsbeschwerde, weil erst das jeweilige Zustimmungsgesetz dem Norminhalt des Staatsvertrags innerstaatliche Verbindlichkeit verleiht.

BVerfGE 119, 181 (211); vgl. schon BVerfGE 90, 60 (86).

III. Beschwerdebefugnis

Der rbb ist auch beschwerdebefugt. Er ist durch die beiden angegriffenen Zustimmungsgesetze in Verbindung mit den gerügten Vorschriften des rbb-Staatsvertrags selbst, gegenwärtig und unmittelbar betroffen.

Selbstbetroffenheit ist nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts jedenfalls dann gegeben, wenn der Beschwerdeführer Adressat der Regelung ist.

BVerfGE 119, 181 (212).

Die mit dieser Verfassungsbeschwerde angegriffenen Vorschriften der beiden Zustimmungsgesetze in Verbindung mit den gerügten Bestimmungen des rbb-Staatsvertrags betreffen den rbb als Beschwerdeführer selbst, da sie den rechtlichen Rahmen für die Erfüllung des Auftrags des rbb bilden.

Der rbb ist durch die Vorschriften der beiden Zustimmungsgesetze von Berlin und Brandenburg in Verbindung mit den in dieser Verfassungsbeschwerde gerügten Regelungen des rbb-Staatsvertrags auch gegenwärtig betroffen, weil die Vorschriften spätestens seit dem Inkrafttreten des rbb-Staatsvertrags am 1. Januar 2024 für das Handeln des rbb rechtlich verbindlich sind.

Siehe die Bekanntmachung des Regierenden Bürgermeisters von Berlin über das Inkrafttreten des Staatsvertrages über den Rundfunk Berlin-Brandenburg (rbb-Staatsvertrag) vom 5. Januar 2024, GVB1. Berlin Nr. 2 vom 31. Januar 2024, S. 11 (Anlage 5) und die Bekanntmachung des Ministerpräsidenten des Landes Brandenburg über das Inkrafttreten des Staatsvertrages über den Rundfunk Berlin-Brandenburg (rbb-Staatsvertrag) vom 5. Januar 2024, GVB1. Brandenburg I Nr. 1 vom 15. Januar 2024, S. 1 (Anlage 6) in Verbindung mit § 3 Gesetz zum Staatsvertrag über den Rundfunk Berlin-Brandenburg (rbb-Staatsvertrag) vom 20. Dezember 2023, GVB1. Berlin Nr. 34 vom 23. Dezember 2023, S. 422 (Anlage 2) und § 3 Gesetz zum Staatsvertrag über den Rundfunk Berlin-Brandenburg (rbb-Staatsvertrag) vom 15. Dezember 2023, GVB1. Brandenburg I Nr. 27 vom 15. Dezember 2023 I, S. 1 (Anlage 3), beide in Verbindung mit § 53 Abs. 1 rbb-StV.

Der rbb ist durch die Vorschriften der beiden Zustimmungsgesetze in Verbindung mit den mit dieser Verfassungsbeschwerde gerügten Regelungen des rbb-Staatsvertrags schließlich auch unmittelbar betroffen, ohne dass es eines weiteren Vollzugsakts bedürfte. Rundfunkrechtliche Staatsverträge binden die öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten, ohne dass es verwaltungsmäßiger Vollzugsakte bedürfte.

Vgl. dazu BVerfGE 119, 181 (212); st. Rspr.

IV. Beschwerdefrist

Die Beschwerdefrist von einem Jain- für Verfassungsbeschwerden gegen ein Gesetz seit dem Inkrafttreten des Gesetzes gemäß § 93 Abs. 3 BVerfGG ist eingehalten. Das Zustimmungsgesetz zum Staatsvertrag über den Rundfunk Berlin-Brandenburg (rbb-Staatsvertrag) des Landes Berlin ist am 24. Dezember 2023 in Kraft getreten.

§ 3 Abs. 1 Gesetz zum Staatsvertrag über den Rundfunk Berlin-Brandenburg (rbb-Staatsvertrag) vom 20. Dezember 2023, GVB1. Berlin Nr. 34 vom 23. Dezember 2023, S. 422 (Anlage 2).

Das Zustimmungsgesetz zum Staatsvertrag über den Rundfunk Berlin-Brandenburg (rbb-Staatsvertrag) des Landes Brandenburg ist am 16. Dezember 2023 in Kraft getreten.

§ 3 Abs. 1 Gesetz zum Staatsvertrag über den Rundfunk Berlin-Brandenburg (rbb-Staatsvertrag) vom 15. Dezember 2023, GVB1. Brandenburg INr. 27 vom 15. Dezember 2023 I, S. 1 (Anlage 3).

Der rbb-Staatsvertrag ist am 1. Januar 2024 in Kraft getreten.

Siehe die Bekanntmachungen über das Inkrafttreten des Staatsvertrages über den Rundfunk Berlin-Brandenburg (rbb-Staatsvertrag) in GVB1. Berlin Nr. 2 vom 31. Januar 2024, S. 11 (Anlage 5) und in GVB1. Brandenburg Nr. 1 vom 15. Januar 2024 1 S. 1 (Anlage 6).

V. Rechtswegerschöpfung, § 90 Abs. 2 Satz 1 BVerfGG

Ein unmittelbarer fachgerichtlicher Rechtsschutz ist gegen Parlamentsgesetze wie die Zustimmungsgesetze zu rundfunkrechtlichen Staatsverträgen, die zu ihrer Verbindlichkeit für die öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten keiner Vollzugsakte der Verwaltung bedürfen, nicht eröffnet. Eine Erschöpfung des fachgerichtlichen Rechtsschutzes kommt folglich nicht in Betracht.

   Vgl. BVerfGE 74, 69 (74); 75, 108 (145).

VI. Subsidiarität

Der Grundsatz der Subsidiarität steht der Verfassungsbeschwerde nicht entgegen. Er verlangt, dass der Beschwerdeführer über das Gebot der Erschöpfung des Rechtswegs im engeren Sinne hinaus alle ihm nach Lage der Sache zur Verfügung stehenden und ihm zumutbaren prozessualen Möglichkeiten ergreift, um eine Korrektur der geltend gemachten Grundrechtsverletzung im jeweils sachnächsten Verfahren durch die Fachgerichte zu erwirken oder ihren Eintritt zu verhindern.

So zutreffend die Zusammenfassung der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts durch Henke, § 90 Rn. 138, in: Burkiczak/Dollinger/Schorkopf, Bundesverfassungsgerichtsgesetz, 2. Aufl. 2022.

Einen wirkungsvollen Rechtsschutz durch Anrufung der Fachgerichte kann der rbb vorliegend in zumutbarer Weise nicht erlangen. Die Pflicht zur Anrufung der Fachgerichte ist dem rbb nicht zumutbar, weil dies offensichtlich sinn- und aussichtslos wäre.

Zu diesem Maßstab BVerfGE 123, 148 (172); st. Rspr.

Da die Regelungen des rbb-Staatsvertrags den rbb unmittelbar, d.h. ohne Einschaltung einer Verwaltungsbehörde, rechtlich binden, ist es insbesondere unmöglich, einen Verwaltungsakt zum Vollzug des Staatsvertrags zu provozieren, der dann verwaltungsgerichtlich überprüft werden könnte.

VII. Allgemeines Rechtsschutzbedürfnis

Das Rechtsschutzbedürfnis des rbb für die Erhebung der Verfassungsbeschwerde

Zur Erforderlichkeit des Rechtsschutzbedürfnisses BVerfGE 153, 1 (32, Rn. 75).

ist durch das Vorliegen der Beschwerdebefugnis sowie die Beachtung des Grundsatzes der Subsidiarität indiziert. Entgegenstehende Aspekte existieren nicht.

Zu diesem Maßstab Henke, § 90 Rn. 116, in: Burkiczak/Dollinger/Schorkopf, Bundesverfassungsgerichtsgesetz, 2. Aufl. 2022 mit weiteren Nachweisen.

VIII. Substantiierung

Der Vortrag zu dieser Verfassungsbeschwerde ist auch hinreichend substantiiert. Die Ausführungen zur Begründetheit der Verfassungsbeschwerde versetzen das Bundesverfassungsgericht in die Lage, aus sich heraus, also ohne weitere Ermittlungen, über die Sachentscheidungsvoraussetzung zu befinden und sich im Hinblick auf das Annahmeverfahren eine Meinung über die Erfolgsaussichten des Begehrens zu bilden.

Zu diesem Maßstab BVerfGK 5, 170 (171); 19, 306 (313).

Vorgetragen wird substantiiert zu den Zulässigkeitsvoraussetzungen sowie den Annahmevoraussetzungen der Verfassungsbeschwerde

Siehe dazu die vorangegangenen Ausführungen unter I. bis VII. und die folgenden Darlegungen unter IX.

und sowohl zu dem zu Grunde liegenden Sachverhalt als auch zu der behaupteten Grundrechtsverletzung. Die Ausführungen zur Begründetheit der Verfassungsbeschwerde setzen sich auch substantiiert mit der Verfassungsrechtslage und der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts auseinander. Die Grundrechtsverletzung wird in Auseinandersetzung mit den vom Bundesverfassungsgericht entwickelten Maßstäben im Einzelnen dargelegt. Es erfolgt eine argumentative Auseinandersetzung mit den Gründen der angegriffenen Rechtsnormen. Auch die verfassungsrechtlich noch nicht geklärten Fragen werden aufgezeigt.

Siehe dazu unten C.

IX. Annahme zur Entscheidung, § 93a BVerfGG

Die Verfassungsbeschwerde ist zur Entscheidung anzunehmen, weil ihr grundsätzliche verfassungsrechtliche Bedeutung zukommt und weil sie zur Durchsetzung der Grundrechte des rbb angezeigt ist; dem rbb würde nämlich durch die Versagung der Entscheidung zur Sache ein besonders schwerer Nachteil entstehen.


1. Grundsätzliche verfassungsrechtliche Bedeutung

Der Verfassungsbeschwerde des rbb kommt grundsätzliche verfassungsrechtliche Bedeutung zu. Sie betrifft die Auslegung des Grundgesetzes und ist somit verfassungsrechtlicher Art. Für die durch Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG geprägte Rundfunkverfassung des Grundgesetzes sind die Folgerungen aus dem dienenden Charakter des Grundrechts der Rundfunkfreiheit für die Reichweite der Befugnisse des Gesetzgebers von herausragender Bedeutung. Die genaue Abgrenzung zwischen der Regelungsbefugnis des Gesetzgebers bei der Ausgestaltung der Rundfunkfreiheit und ihren Grenzen in der grundrechtlich garantierten Rundfunkfreiheit, insbesondere der Programmautonomie, aber auch der Organisationsautonomie der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten ist sowohl für den Gesetzgeber als auch für die Rundfunkanstalten entscheidend.

Die durch die Verfassungsbeschwerde aufgeworfenen Fragen lassen sich nicht ohne weiteres aus dem Grundgesetz beantworten, sind aber klärungsbedürftig und noch nicht vollständig durch die verfassungsgerichtliche Rechtsprechung geklärt. An der Klärung besteht eine über den Einzelfall weit hinausgehendes Interesse.

Zu den Voraussetzungen der grundsätzlichen verfassungsrechtlichen Bedeutung Bindig, § 93a Rn. 19 ff., in: Burkiczak/Dollinger/Schorkopf, Bundesverfassungsgerichtsgesetz, 2. Aufl. 2022.

2. Besonders schwerer Nachteil

Dem rbb würde durch die Versagung der Entscheidung zur Sache ein besonders schwerer Nachteil entstehen. Die Rundfunkfreiheit hat für den rbb existenzielle Bedeutung. Die von ihm geltend gemachte Verletzung seines Grundrechts auf Rundfunkfreiheit hat besonderes Gewicht, weil die Rundfunkfreiheit für die Bildung der öffentlichen Meinung und damit für die demokratische Ordnung von besonderer Bedeutung ist.

Auch zu den Voraussetzungen eines besonders schweren Nachteils Bindig, § 93a Rn. 32 ff., in: Burkiczak/Dollinger/Schorkopf, Bundesverfassungsgerichtsgesetz, 2. Aufl. 2022.

Nur wenn die Rundfunkfreiheit, insbesondere die Programmautonomie des rbb, durch den Gesetzgeber beachtet wird, kann der rbb seine Aufgabe für die Freiheit der individuellen und öffentlichen Meinungsbildung erfüllen und ist sichergestellt, dass die Vielfalt der bestehenden Meinungen im Rundfunk in größtmöglicher Breite und Vollständigkeit Ausdruck findet. Die mit der Verfassungsbeschwerde angegriffenen Regelungen verletzen die Rundfunkfreiheit, insbesondere die Programmautonomie des rbb, und machen ihm die Erfüllung der ihm durch Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG zugewiesenen Aufgabe unmöglich.


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Landtag Brandenburg - Drs. 8/14, 08.01.2025 (PDF, 89 Seiten, ~13,5MB)
Verfassungsbeschwerde des rbb gegen den rbb-Staatsvertrag - 1 BvR 2578/24
https://www.parlamentsdokumentation.brandenburg.de/starweb/LBB/ELVIS/parladoku/w8/inf/ab_0001/14.pdf

Abschrift Seite 18 - 31

Zitat von: LT BB - Drs. 8/14, 08.01.2025, Verfassungsbeschwerde d. rbb gg. rbb-Staatsvertrag - 1 BvR 2578/24 (Abschrift)
C. Begründetheit

Die Verfassungsbeschwerde ist begründet.

§ 1 Gesetz zum Staatsvertrag über den Rundfunk Berlin-Brandenburg (rbb-Staatsvertrag) des Landes Berlin und § 1 Satz 1 Gesetz zum Staatsvertrag über den Rundfunk Berlin-Brandenburg (rbb-Staatsvertrag) des Landes Brandenburg, beide in Verbindung mit § 2 Abs. 3 rbb-Staatsvertrag, § 4 Abs. 2 Nr. 1 und Abs. 4 Satz 1 rbb-StV, § 4 Abs. 4 Satz 3 und 4 rbb-StV, § 8 Abs. 3 rbb-StV, §§ 15 Nr. 4 und 32 f. rbb-StV, 16 Abs. 3 und 4 rbb-StV und § 31 rbb-StV, verletzen das Grundrecht der Rundfunkfreiheit des rbb aus Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG. Die gerügten vertraglichen Regelungen sowohl zu der beabsichtigten Beseitigung von den Vertragsparteien wahrgenommener struktureller Defizite als auch zur nachhaltigen und zukunftsfähigen Aufstellung des rbb schränken die Rundfunkfreiheit und die Autonomie des rbb verfassungswidrig ein. Sie verfehlen deutlich die verfassungsrechtlichen Vorgaben (I.) für die Ausgestaltung der Rundfunkfreiheit (II).

I. Verfassungsrechtliche Vorgaben

Das Bundesverfassungsgericht hat die verfassungsrechtlichen Vorgaben für die Ausgestaltung der Rundfunkfreiheit durch den Gesetzgeber seit mehreren Jahrzehnten in einer Reihe von Entscheidungen konkret herausgearbeitet. Grundlage der Rechtsprechung ist das Verständnis der Rundfunkfreiheit als dienende Freiheit (1.). Aufgabe des Gesetzgebers ist es, mit seinen Regelungen die dienende Freiheit aus Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG auszugestalten (2.). Verboten ist ihm eine Beschränkung der Rundfunkfreiheit (3.). Auch darf der Gesetzgeber die Regelung der Organisationsstruktur einer Rundfunkanstalt nicht zur Beeinflussung der publizistischen Programminhalte benutzen (4.). Er muss den Einfluss staatsnahen Mitglieder in den Aufsichtsgremien einer Rundfunkanstalt konsequent begrenzen (5.) und die Programmautonomie strikt sichern und stärken (6.).

1. Rundfunkfreiheit als dienende Freiheit

Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG gewährleistet die Rundfunkfreiheit als dienende Freiheit. Das Grundrecht ist seinem Träger nicht „zum Zwecke der Persönlichkeitsentfaltung oder Interessenverfolgung eingeräumt“.

BVerfGE 87, 181 (197).

Die Rundfunkfreiheit ist keine „natürliche“ Freiheit, die unabhängig von dem Erlass rechtlicher Regelungen besteht. Sie ist vielmehr von vornherein ausgestaltungsbedürftig und normgeprägt.

BVerfGE 95, 220 (237); dazu Schulze-Fielitz, Art. 5 I, II, Rn. 107 und 215, in: Dreier (Hrsg.), Grundgesetz, Kommentar, Bd. I, 3. Aufl. 2013 mit weiteren Nachweisen.

Die Rundfunkfreiheit schützt alle mit der Veranstaltung von Rundfunkprogrammen zusammenhängenden Tätigkeiten.

BVerfGE 121,50 (58, Rn. 112).

Dazu gehören die Beschaffung der Informationen sowie die Auswahl des Stoffes und der Art und Weise der Darstellung über die Produktion von Sendungen bis hin zu ihrer Verbreitung.

BVerfGE 77, 65 (74); 91, 125 (134 f.); 103,44 (59, Rn. 57); 119, 309 (318 f. Rn. 27).

Kern der Rundfunkfreiheit ist die umfassende Programmfreiheit.

BVerfGE 59, 231 (258); 87, 181 (201); 90, 60 (87); 95, 220 (234); 97, 298 (310); 114, 371 (389).

Sie erstreckt sich auf die Organisation und die Finanzierung des Rundfunkbetriebs, soweit sie Rückwirkungen auf die Programmtätigkeit haben können.

BVerfGE 59, 231 (259 f.); 83, 238 (310 f.); 87, 181 (198); 89, 144 (153); 90, 60 (93).

Dazu gehört die von staatlichem Einfluss freie Auswahl, Einstellung und Beschäftigung der programminhaltlich mitwirkenden Mitarbeiter.

   BVerfGE 9, 231 (260).

Staatliche Handlungen, welche die zur Veranstaltung des Rundfunks geschützte Tätigkeiten der Rundfunkanstalten ver- oder behindern, greifen in die Rundfunkfreiheit ein. Die gesetzgeberische Ausgestaltung der Rundfunkfreiheit ist hingegen kein Eingriff,

Dazu Schulze-Fielitz, Art. 5 I, II, Rn. 107 und 216, in: Dreier (Hrsg.), Grundgesetz, Kommentar, Bd. I, 3. Aull. 2013 mit weiteren Nachweisen.

sondern Erfüllung einer objektivrechtlichen Pflicht des Gesetzgebers. Seine Aufgabe ist die Ausgestaltung der Rundfunkfreiheit des Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG als dienende Freiheit. Seine Ausgestaltungsgesetze dienen der Realisierung des Kommunikationsgrundrechts selbst und schaffen erst in die vom Grundrecht gebotene funktionsfähige positive Ordnung der öffentlichen Meinungsbildungsprozesse.

BVerfGE 73, 118 (166); ebenso BVerfGE 57, 297 (319, 321); 74, 297 (343); 89, 144 (152); 114, 371 (387); 121, 30 (50, 58 f„ Rn. 88,112 f.).

Gemäß der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts gilt zusammengefasst folgendes Konzept der dienenden Freiheit des Rundfunks in Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG:

Der Gesetzgeber muss die Freiheit des Rundfunks von staatlicher Beherrschung und Einflussnahme sicherstellen und eine positive Ordnung schaffen, so dass die Vielfalt der bestehenden Meinungen im Rundfunk in möglichster Breite und Vollständigkeit Ausdruck findet. Das erfordert materielle, organisatorische und Verfahrensregelungen. Sie müssen an der Aufgabe der Rundfunkfreiheit orientiert und geeignet sein, den Schutz der Meinungsfreiheit und der Rundfunkfreiheit
zu gewährleisten.

BVerfGE 57, 295 (319 f.); st. Rspr.

Der Gesetzgeber darf nur Regelungen treffen, die zur Gewährleistung der grundrechtlichen Freiheit aus Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG geeignet sind. Er musst die Freiheit des Rundfunks sichern und darf sie nicht einschränken. In seinem weiten Gestaltungsspielraum

Dazu BVerfGE 158, 389 (416 f„ Rn. 77).

ist er an das Übermaßverbot und Untermaßverbot gebunden. Nicht erforderliche oder unangemessene Regelungen zur Ausgestaltung der Rundfunkfreiheit sind verfassungswidrig.

Vgl. Hoffmann-Riem, Art. 5 Abs. 1,2, Rn. 158, in: AK-GG, 3. Aufl. 2001 unter Bezug auf BVerfGE 74, 334 (345).

Der Gesetzgeber darf Regelungen der Organisationsstruktur des Rundfunks nicht zur Einflussnahme auf die publizistische Tätigkeit des Rundfunks nutzen. Was der gesetzliche Rundfunkauftrag in publizistischer Hinsicht verlangt, darf nur der Rundfunk selbst aufgrund seiner professionellen Maßstäbe bestimmen.

Vgl. BVerfGE 90, 60 (88); st. Rspr.

Grundrechtlich geschützt ist grundsätzlich auch die Entscheidung über die für die Erfüllung des Funktionsauftrags benötigte Zeit sowie über Anzahl und Umfang der erforderlichen Programme. Der Gesetzgeber darf nur zum Schutze der Beitragszahlenden Regelungen treffen, die es dem rbb verwehren, den Programmumfang und den damit unmittelbar verbundenen Geldbedarf über den Rahmen des Funktionsnotwendigen hinaus auszuweiten.

Vgl. BVerfGE 87,181 (200 ff); 90, 60 (92 f.); 119, 181 (218 f. und 222 f.).

Staatliche Organe dürfen auch mittelbar keinen Einfluss auf das Programm erhalten. Über die funktionssichernden gesetzlichen Programmvorgaben hinaus darf das Parlament keinen Einfluss auf Inhalt und Form der Programme der Rundfunkanstalt nehmen. Die gesetzliche Regelung der Organisationsstruktur des Rundfunks muss stets auf das materielle Ziel der Rundfunkfreiheit bezogen sein und darf nicht zur Einflussnahme auf die publizistische Tätigkeit des Rundfunks verwendet werden. Sie ist von politischer Bestimmung aus dem Parlament freizuhalten. Das Verbot, die Regelung der Organisationsstruktur des Rundfunks zur Einflussnahme auf die publizistische Tätigkeit zu verwenden, erstreckt sich über das Programm hinaus auch auf die Personen, die das Programm gestalten oder verantworten. Diese Vorgaben, die Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG als dienendes Grundrecht dem ausgestaltenden Gesetzgeber macht, umfassen im Einzelnen die nachfolgend näher dargestellten Elemente.

2. Gesetzliche Ausgestaltung der dienenden Freiheit des Rundfunks

Die gesetzliche Regelung des Rundfunkrechts muss die zur Gewährleistung der Rundfunkfreiheit erforderlichen Vorkehrungen treffen. Das Bundesverfassungsgericht geht auf der Grundlage dieses Verfassungsgebots zu Recht davon aus, dass die in Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG gewährleistete Freiheit des Rundfunks der gesetzlichen Ausgestaltung bedarf. Die Notwendigkeit der gesetzlichen Ausgestaltung der Rundfunkfreiheit ergibt sich aus der Aufgabe und der Eigenart der grundrechtlichen Gewährleistung. Die Rundfunkfreiheit ist eine dienende Freiheit. Sie dient der Gewährleistung freier individueller und öffentlicher Meinungsbildung. Die freie Meinungsbildung vollzieht sich in einem Prozess der Kommunikation und stellt ein objektives Prinzip der Gesamtrechtsordnung dar.

Vgl. BVerfGE 57, 295 (319 ff); st. Rspr.

Nach der bekannten Feststellung des Ersten Senats des Bundesverfassungsgerichts ist der Rundfunk „Medium“ und „Faktor“ des verfassungsrechtlich geschützten Prozesses freier Meinungsbildung. Daraus folgert das Gericht, dass Rundfunkfreiheit primär eine der Freiheit der Meinungsbildung in ihren subjektiv- und objektivrechtlichen Elementen dienende Freiheit ist. Die Rundfunkfreiheit bildet unter den Bedingungen der modernen Massenkommunikation eine notwendige Ergänzung und Verstärkung der Meinungsfreiheit. Die Rundfunkfreiheit „dient der Aufgabe, freie und umfassende Meinungsbildung durch den Rundfunk zu gewährleisten.“

BVerfGE 57, 295 (320); Hervorhebung im Original.

Gewährleistet wird sowohl die Freiheit der individuellen als auch der öffentlichen Meinungsbildung. Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG statuiert in diesem Sinne einen Auftrag zur Gewährleistung der Rundfunkfreiheit. Dieser Auftrag zielt auf eine Rundfunkordnung, „die sicherstellt, dass die Vielfalt der bestehenden Meinungen im Rundfunk in größtmöglicher Breite und Vollständigkeit Ausdruck findet“. Der Gesetzgeber hat die Aufgabe, die Rundfunkordnung auszugestalten. Dabei hat er einen weiten Gestaltungsspielraum.

Zuletzt BVerfGE 158, 389 (416 f., Rn. 77).

Das Bundesverfassungsgericht betont zu Recht, dass freie Meinungsbildung nur in dem Maße gelingen wird, wie der Rundfunk seinerseits frei, umfassend und wahrheitsgemäß informiert. Freie Meinungsbildung ist aber Voraussetzung sowohl der Entfaltung der Persönlichkeit als auch der demokratischen Ordnung. Dafür sind die Medien und ist wegen seiner Breitenwirkung, Aktualität und Suggestivkraft insbesondere der Rundfunk von besonderer Bedeutung. Die Ausgestaltung der Rundfunkordnung durch den Gesetzgeber ist dementsprechend sowohl für die Persönlichkeitsentfaltung als auch für die Funktionsfähigkeit der demokratischen Ordnung grundlegend.

Vgl. zuletzt BVerfGE 158, 389 (417, Rn. 78).

Die Aufgabe der Gewährleistung der so verstandenen Rundfunkordnung begründet und begrenzt die Pflicht des Gesetzgebers, die Rundfunkfreiheit auszugestalten. Er muss die Freiheit des Rundfunks von staatlicher Beherrschung und Einflussnahme sicherstellen. Doch darin erschöpft sich der Gewährleistungsinhalt der Rundfunkfreiheit nicht. Bloße Staatsfreiheit des Rundfunks reicht nicht aus, um die Freiheit der Berichterstattung durch Rundfunk zu sichern. Vielmehr ist eine positive gesetzliche Ordnung erforderlich. Sie muss sicherstellen, dass die Vielfalt der bestehenden Meinungen im Rundfunk in möglichster Breite und Vollständigkeit Ausdruck findet. Auf diese Weise muss eine umfassende Information geboten werden. Damit das gelingen kann, „sind materielle, organisatorische und Verfahrensregelungen erforderlich, die an der Aufgabe der Rundfunkfreiheit orientiert und deshalb geeignet sind zu bewirken, was Art. 5 Abs. 1 GG gewährleisten will.“

BVerfGE 57, 295 (320); st. Rspr.

Die Pflicht des Gesetzgebers zur Ausgestaltung der Rundfunkfreiheit findet ihren Grund und ihre Grenze in der grundrechtlichen Gewährleistung. Der Gesetzgeber muss sich an der Rundfunkfreiheit orientieren und darf nur Regelungen treffen, die geeignet zur Gewährleistung der grundrechtlichen Freiheit aus Art. 5 Abs. 1 GG sind.

Nachdrücklich betont das Bundesverfassungsgericht im Übrigen, dass das Parlament das zur Gewährleistung der Rundfunkfreiheit Wesentliche selbst bestimmen muss. Das Parlament darf die Entscheidung darüber nicht der Exekutive überlassen.

BVerfGE 57, 295 (320 f.).

Aufgabe des Gesetzgebers ist somit die Ausgestaltung der Rundfunkfreiheit. Deren Beschränkung ist ihm versagt. Regeln muss der Gesetzgeber insbesondere die Organisationsstruktur des Rundfunks unter Beachtung der Rundfunkfreiheit der Rundfunkanstalten. Den Kern des Schutzes der Rundfunkfreiheit bildet die Gewährleistung der Programmautonomie. Der Gesetzgeber darf nur Regelungen treffen, die zur Gewährleistung der Rundfunkfreiheit geeignet und erforderlich sind.

3. Verbot der Beschränkung der Rundfunkfreiheit

Die aus Art. 5 Abs. 1 GG folgende Aufgabe des Gesetzgebers, die Rundfunkfreiheit rechtlich auszugestalten, berechtigt ihn nicht zu einer Beschränkung des Grundrechts. Es ist zwar Sache des Gesetzgebers, wie er seine Aufgabe erfüllen will. Eine bestimmte Form der Rundfunkorganisation schreibt ihm die Verfassung nicht vor. Allein entscheidend ist, dass eine freie, umfassende und wahrheitsgemäße Meinungsbildung gewährleistet ist und dass Beeinträchtigungen oder Fehlentwicklungen vermieden werden. Der Gesetzgeber muss nicht nur sicherstellen, dass der Rundfunk nicht einer oder einzelnen gesellschaftlichen Gruppen ausgeliefert wird und dass die in Betracht kommenden gesellschaftlichen Kräfte im Gesamtprogramm zu Wort kommen. Er muss auch durch seine Vorkehrungen gewährleisten, dass die Freiheit der Berichterstattung nicht angetastet wird.

BVerfGE 57, 295 (321 f.); st. Rspr.

Die Aufgabe der Ausgestaltung der Freiheit des Rundfunks erlaubt es dem Gesetzgeber dementsprechend nicht, die Freiheit der Berichterstattung einzuschränken. Der Gesetzgeber muss die Freiheit sichern und darf sie nicht begrenzen. Er hat einen Einschätzungsspielraum, ist aber sowohl an das Übermaßverbot als Verbot übermäßiger Beschränkungen als auch an das Untermaßverbot als Verbot, Entfaltungsmöglichkeiten des Rundfunks nur untermäßig abzusichern, gebunden. Hoffmann-Riem, der als Mitglied des Ersten Senats des Bundesverfassungsgerichts lange der zuständige Berichterstatter für die Rundfunkfreiheit war, hat das prägnant so formuliert: „Eine auch unter Respektierung der gesetzlichen Einschätzungskompetenz als ungeeignet einzuordnende, den Ausgestaltungszweck auch nicht teilweise erreichende, sondern ihn verfehlende Regelung, ist verfassungswidrig, weil sie belastet, ohne zur Verwirklichung der Funktionsfähigkeit der Medienordnung beizutragen. Gleiches gilt, wenn sie zur Erreichung des Regelungsziels auch unter Berücksichtigung des vom Gesetzgeber gewählten Regelungskonzepts nicht erforderlich oder wenn das Verhältnis zwischen den in Kauf genommenen Beschränkungen und den beabsichtigten Funktionssicherungen unangemessen ist... Solche ausgestaltenden Regeln sind regelhaft nur insoweit rechtmäßig, als sie - im Vergleich zur bisherigen - zur besseren oder zumindest gleichwertigen Sicherung der Rundfunkfreiheit führen“.

Hoffmann-Riem, Art. 5 Abs. 1, 2, Rn. 158, in: AK-GG, 3. Aufl. 2001 unter Bezug auf BVerfGE 74, 334 (345).

Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts sind Gesetze, welche die Rundfunkfreiheit ausgestalten, dann verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden, wenn sie geeignet sind, das Ziel der Rundfunkfreiheit zu fördern, und die von Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG geschützten Interessen angemessen berücksichtigen.

BVerfGE 97,228 (267).

Aufgabe des Gesetzgebers ist also eine Ausgestaltung der Rundfunkordnung, mit der die Freiheit der Meinungsbildung gewährleistet ist. Versagt sind ihm gesetzliche Regelungen, die diese Freiheit einschränken, ohne dass das zur Gewährleistung der Freiheit erforderlich ist. An diesem Maßstab sind die gesetzlichen Regelungen zu messen.

4. Organisationsstruktur des Rundfunks

Im Rahmen seiner Ausgestaltungsaufgabe muss der Gesetzgeber insbesondere die Organisationsstruktur des Rundfunks regeln. Die Regelung der Organisationsstruktur darf der Gesetzgeber aber nicht zur Einflussnahme auf die publizistische Tätigkeit des Rundfunks nutzen, die nach Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG gerade von politischer Bestimmung und Beeinflussung freigehalten werden muss. Der Rundfunk selbst bestimmt aufgrund seiner professionellen Maßstäbe, was der gesetzliche Rundfunkauftrag in publizistischer Hinsicht verlangt. Eine Indienstnahme des Rundfunks für außerpublizistische Zwecke ist damit unvereinbar.

Das gilt nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts nicht nur für unmittelbare Einflussnahmen Dritter auf das Programm, sondern auch für Einflüsse, welche die Programmfreiheit mittelbar beeinträchtigen können. Das Gericht weist in diesem Zusammenhang zu Recht auf das Spannungsverhältnis hin, das sich daraus ergibt, dass der Staat unverzichtbar Garant einer umfassend zu verstehenden Rundfunkfreiheit ist, dass aber zugleich seine Repräsentanten selber in Gefahr sind, die Rundfunkfreiheit ihren Interessen unterzuordnen. Das Grundrecht der Rundfunkfreiheit schließt jede politische Instrumentalisierung des Rundfunks aus. Die Stellung des Staates als Garant einer umfassend zu verstehenden Rundfunkfreiheit ist ambivalent, weil seine Repräsentanten stets in Gefahr sind, die Rundfunkfreiheit nach ihren Interessen auszugestalten. Die Kommunikationsgrundrechte schützen aber die Kommunikationsmedien gerade vor einer Gängelung durch den Staat.

Vgl. BVerfGE 90, 60 (88).

Dieser Schutz bezieht sich nicht nur auf die manifesten Gefahren unmittelbarer Lenkung oder Maßregelung des Rundfunks. Vielmehr umfasst er nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts auch die subtileren Mittel indirekter Einwirkung, mit denen sich staatliche Organe Einfluss auf das Programm verschaffen oder Druck auf die beim Rundfunk Tätigen ausüben können.

Das Gericht verweist in diesem Zusammenhang ausdrücklich auf die Mittel, über die der Staat verfügt, indem er den Rundfunk organisiert und beaufsichtigt. Gerade die gesetzliche Organisation des öffentlich-rechtlichen Rundfunks und die staatliche Aufsicht über die Rundfunkanstalten können zur Einwirkung auf den Rundfunk genutzt werden. Die damit zwangsläufig eröffneten Einflussmöglichkeiten auf die publizistische Tätigkeit sollen aber von Verfassungs wegen so weit wie möglich ausgeschaltet werden. Der Gesetzgeber muss eine positive Ordnung zum Schutz des Rundfunks schaffen und stellt zugleich eine Gefahrenquelle für die Rundfunkfreiheit dar, „weil die Neigung zur Instrumentalisierung des Rundfunks nicht nur bei der Regierung, sondern auch bei den im Parlament vertretenen Parteien bestehen kann.“ Das Parlament darf über die funktionssichernden gesetzlichen Programmvorgaben hinaus keinen Einfluss auf Inhalt und Form der Programme der Rundfunkveranstalter nehmen. Auch der Gesetzgeber übt Staatsgewalt aus und bedarf in dieser Funktion der öffentlichen Kontrolle, die ganz wesentlich durch freie Medien erfolgt. Der Gesetzgeber schützt die Rundfunkfreiheit, er kann sie durch seine Regelungen aber auch gefährden.

BVerfGE 90, 60 (88 ff).

Der Gesetzgeber kann innerhalb seines Gestaltungsspielraums die Organisation des Rundfunks auch ändern. Allerdings muss die Organisationsstruktur stets auf das materielle Ziel der Rundfunkfreiheit bezogen sein und darf nicht zur Einflussnahme auf die publizistische Tätigkeit des Rundfunks verwendet werden. Sie muss zum Schutz der Rundfunkfreiheit von politischer Bestimmung freigehalten werden. Verboten ist nicht nur eine Einflussnahme auf das Programm, sondern auch auf die Personen, die das Programm gestalten oder verantworten. Der Gesetzgeber ist nach der Verfassungsrechtsprechung nicht berechtigt, ihre Amtsführung verdeckt zu sanktionieren oder sie wegen ihrer Amtsführung zu ersetzen.

5. Staatlicher Einfluss in Aufsichtsgremien

Das Verbot, die Regelung der Organisationsstruktur zur Einflussnahme auf die publizistische Tätigkeit des Rundfunks zu verwenden, erstreckt sich nicht nur auf das Programm, sondern auch auf die Personen, die das Programm gestalten oder verantworten. Deshalb muss der Gesetzgeber den Einfluss der staatlichen und staatsnahen Mitglieder in den Aufsichtsgremien konsequent begrenzen.

BVerfGE 136,9 (39, Rn. 51).

Unvereinbar mit dem Gebot der Staatsfeme sind gesetzliche Regelungen, welche die staatlichen und staatsnahen Mitglieder von Aufsichtsgremien in die Lage versetzen, als Gesamtheit Entscheidungen allein durchzusetzen oder zu blockieren. Ihr Anteil muss deutlich geringer sein als der Anteil der staatsfernen Mitglieder. Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts ist diese Voraussetzung nur erfüllt, wenn jedem staatlichen und staatsnahen Mitglied mindestens zwei staatsferne Mitglieder gegenüberstehen und somit der Anteil der staatlichen und staatsnahen Mitglieder ein Drittel der gesetzlichen Mitglieder des jeweiligen Gremiums nicht übersteigt.

BVerfGE 136, 9 (38 f„ Rn. 50).

6. Programmautonomie

Wesentlicher Teil der Freiheit des öffentlich-rechtlichen Rundfunks ist seine Programmautonomie. Sie garantiert den Rundfunkanstalten die Entscheidungsbefugnis darüber, welche Inhalte zur Erfüllung des Funktionsauftrags als nötig angesehen und welche Formen des Programms gewählt werden. „Eingeschlossen ist grundsätzlich auch die Entscheidung über die benötigte Zeit und damit auch über Anzahl und Umfang der erforderlichen Programme.“ Diesen Kern der Programmautonomie hat der Erste Senat des Bundesverfassungsgerichts 2021 noch einmal ausdrücklich betont.

BVerfGE 158, 389 (421, Rn. 84).

Die Grenze der Programmautonomie besteht darin, dass die Rundfunkanstalten in der Festlegung des Umfangs ihrer Programme an die Vorgaben des Gesetzgebers gebunden sind. Von der auf den Programminhalt bezogenen Programmautonomie der Rundfunkanstalten ist nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts die Entscheidung des Gesetzgebers über den Programmumfang zu unterscheiden. Den Rundfunkanstalten ist es verwehrt, ihren Programmumfang und den damit verbundenen Geldbedarf über den Rahmen des Funktionsnotwendigen hinaus auszuweiten, Die Rundfunkanstalten können nach der Verfassungsrechtsprechung in der Bestimmung des Programmumfangs und der damit mittelbar verbundenen Festlegung ihres Geldbedarfs nicht vollständig frei sein. Vielmehr bleibt die Ausgestaltung des Auftrags des öffentlich-rechtlichen Rundfunks zur Vielfaltsicherung nach Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG Sache des Gesetzgebers, der die entsprechenden medienpolitischen und programmleitenden Entscheidungen zu treffen hat.

BVerfGE 158, 389 (421, Rn. 84).

Damit setzt das Bundesverfassungsgericht seine Rechtsprechung fort, die es schon am 6. Oktober 1992 ausführlich begründet hat: Die Rundfunkanstalten sind im Rahmen der verfassungsrechtlichen Zielsetzung und der gesetzlichen Aufgabenzuweisung frei zu entscheiden, wie sie ihre Funktion erfüllen. Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG schützt ihre Programmautonomie, die sich auf Inhalt und Form der Rundfunksendungen bezieht. Die Rundfunkanstalten bestimmen aufgrund ihrer professionellen Maßstäbe, was der Rundfunkauftrag in publizistischer Hinsicht verlangt. Auch die Entscheidung über die zur Verwirklichung der von den Rundfunkanstalten als nötig angesehenen Inhalte und Formen benötigte Zeit und damit über den Umfang des Programms wird grundsätzlich vom Schutz der Rundfunkfreiheit umfasst. Sie ist folglich primär Sache der Rundfunkanstalten. Da aber mit der Bestimmung des Programmumfangs mittelbar auch eine Festlegung des Geldbedarfs der Rundfunkanstalten verbunden ist, verpflichtet die Verfassung den Gesetzgeber nicht, jede Programmentscheidung, welche die öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten in Ausübung ihrer Programmfreiheit treffen, finanziell zu honorieren. Finanziert werden müssen nur diejenigen Programme, deren Veranstaltung zur Wahrnehmung der spezifischen Funktionen der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten erforderlich ist.

BVerfGE 87, 181 (200 ff.).

Der Rundfunk hat von Verfassungs wegen keinen Anspruch auf die Verwirklichung von Programmen, die für ein dem klassischen Rundfunkauftrag entsprechendes Programm für die gesamte Bevölkerung nicht erforderlich sind. Was zur Funktionserfüllung erforderlich ist, hängt von den wechselnden Umständen ab.

BVerfGE 90, 60 (92 f.).

Am 11. September 2007 hat der Erste Senat des Bundesverfassungsgerichts erneut betont, dass die Rundfunkanstalten in der Bestimmung des Programmumfangs sowie in der damit mittelbar verbundenen Festlegung ihres Geldbedarfs nicht vollständig frei sind. Es ist ihnen verwehrt, ihren Programmumfang und den damit mittelbar verbundenen Geldbedarf über den Rahmen des Funktionsnotwendigen hinaus auszuweiten.

BVerfGE 119, 181 (218 f.).

Der Gesetzgeber darf die Funktion des öffentlich-rechtlichen Rundfunks nur in abstrakter Weise festlegen. Der Genauigkeit seiner Vorgaben sind durch die Programmfreiheit Grenzen gesetzt. Die Rundfunkanstalten sind in der Art und Weise, wie sie ihren Funktionsauftrag erfüllen, frei. „Die Bestimmung dessen, was die verfassungsrechtlich vorgegebene und gesetzlich umschriebene Funktion aus publizistischer Sicht erfordert, steht Ihnen aufgrund der Gewährleistung des Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG zu“. Die staatlichen Vorgaben dürfen deshalb nicht detailgenau sein. Das betrifft insbesondere die Entscheidung darüber, welches Programm und welchen Programmumfang die Erfüllung der Funktion des öffentlich-rechtlichen Rundfunks erfordert. Die Einflussnahme des Staates auf die Programmgestaltung der Rundfunkanstalten muss wirksam ausgeschlossen werden.

BVerfGE 119, 181 (222 f.).

Das Bundesverfassungsgericht betont zu Recht immer wieder, dass die Entscheidung über die zur Erfüllung des Funktionsauftrags als nötig angesehenen Inhalte und Formen den Rundfunkanstalten als Ausfluss ihrer Programmautonomie zusteht. „Eingeschlossen ist grundsätzlich
auch die Entscheidung über die benötigte Zeit und damit auch über Anzahl und Umfang der erforderlichen Programme.“ Grenze der Programmautonomie ist der Rahmen des Funktionsnotwendigen. Nur insoweit sind gesetzliche Programmbegrenzungen nicht von vornherein unzulässig und nur in diesem Rahmen bleibt es Sache des Gesetzgebers, den Auftrag des öffentlich-rechtlichen Rundfunks nach Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG zur Vielfaltssicherung auszugestalten und die entsprechenden medienpolitischen und programmleitenden Entscheidung zu treffen; ihm kommt dabei ein weiter Gestaltungsspielraum zu.

So zuletzt BVerfGE 158, 389 (421, Rn. 84).

Grundrechtlich geschützt ist grundsätzlich also auch die Entscheidung der Rundfunkanstalten über die benötigte Zeit und damit auch über Anzahl und Umfang der erforderlichen Programme im Rahmen des Funktionsnotwendigen. Medienpolitische und programmleitende Entscheidungen des Gesetzgebers müssen die auf Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG beruhende Programmautonomie der Rundfunkanstalten beachten. Den Rundfunkanstalten ist es aber verwehrt, ihren Programmumfang und den damit mittelbar verbundenen Geldbedarf über den Rahmen des Funktionsnotwendigen hinaus auszuweiten.


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Landtag Brandenburg - Drs. 8/14, 08.01.2025 (PDF, 89 Seiten, ~13,5MB)
Verfassungsbeschwerde des rbb gegen den rbb-Staatsvertrag - 1 BvR 2578/24
https://www.parlamentsdokumentation.brandenburg.de/starweb/LBB/ELVIS/parladoku/w8/inf/ab_0001/14.pdf

Abschrift Seite 31 - 38

Zitat von: LT BB - Drs. 8/14, 08.01.2025, Verfassungsbeschwerde d. rbb gg. rbb-Staatsvertrag - 1 BvR 2578/24 (Abschrift)
II. Verfassungsrechtliche Bewertung der untersuchten Vorschriften

Aus den aufgezeigten verfassungsrechtlichen Vorgaben ergibt sich, dass sowohl Vorschriften des rbb-Staatsvertrags zur Beseitigung struktureller Defizite (1.) als auch zur Neuaufstellung des rbb (2.) nicht mit Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG zu vereinbaren sind.

1. Regelungen zur Beseitigung struktureller Defizite

Verfassungswidrig sind nach den verfassungsrechtlichen Vorgaben folgende Regelungen zur Beseitigung struktureller Defizite: die Modifizierung der Intendantenverfassung durch die Einführung eines Direktoriums (a.), die Regelung der Haftung der Intendantin (b.) und der Mitglieder des Rundfunkrates und des Verwaltungsrates (c.) sowie die Pflicht zur generellen öffentlichen Ausschreibung aller zu besetzenden Stellen (d.).

a. Direktorium, §§ 15 Nr. 4 und 32 f. rbb-StV

Die staatsvertragliche Regelung der Einrichtung eines Direktoriums in der in §§ 15 Nr. 4 und 32 f. rbb-StV vorgesehenen Form dient nicht der Gewährleistung der Rundfunkfreiheit, sondern gefährdet deren organisatorische Grundlage. Sie verletzt das Grundrecht des rbb aus Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG. Die Ergänzung der Organe des rbb um ein Direktorium gemäß § 15 Nr. 4 rbb-StV führt in der gegenwärtigen Ausgestaltung zum einen zu einer Schwächung der Leitungsverantwortung der Intendantin (1). Die durch den Staatsvertrag vorgegebene Anzahl der Direktorinnen bzw. Direktoren und Festlegung deren inhaltlicher Ausrichtung stellt zum anderen einen Eingriff in die nach Art. GG geschützte Organisationshoheit dar und erschwert die Erfüllung der Aufgaben des rbb erheblich (2).

(1) Schwächung der Leitungsverantwortung

Die Begründung des Staatsvertrags verweist ausdrücklich darauf, dass der Passus „in eigener Verantwortung“, der bisher die Leitungsverantwortung der Intendantin betonte und stärkte,

Siehe § 21 Abs. 1 des Staats Vertrages über die Errichtung einer gemeinsamen Rundfunkanstalt der Länder Berlin und Brandenburg vom 25. Juni 2002, GVB1. Berlin S. 635 und GVB1. Brandenburg I Nr. 41 S. 2.

bewusst und gezielt gestrichen worden ist, „da die Leitungsstruktur durch die Einführung des Direktoriums als neues Organ kollektiver ausgestaltet wird (modifizierte Intendantenverfassung).“

Begründung zum Staatsvertrag über den Rundfunk Berlin-Brandenburg, Abgeordnetenhaus Berlin, Drs. 19/1311, S. 85 (Anlage 7).

Wenn die Intendantin den rbb nicht mehr in eigener Verantwortung leitet, stellt sich unweigerlich die Frage, in wessen Verantwortung sie den rbb leitet. Möglicherweise schwebte dem Gesetzgeber eine kollektive Leitung des rbb durch das Direktorium zur gesamten Hand vor. Das passt jedoch nicht mit der Vorgabe in § 30 Abs. 1 S. 1 rbb StV zusammen, dass die Intendantin den rbb leitet. Zudem ist die Intendantin weiterhin für die gesamten Geschäfte des Rundfunk Berlin-Brandenburg einschließlich der Gestaltung des Programms verantwortlich, allerdings „unbeschadet der Rechte der anderen Organe“ (§ 30 Abs. 1 Satz 2 rbb-StV). Soweit die Rechte der anderen Organe reichen, ist die Intendantin also folgerichtig nicht verantwortlich, vermag deshalb auch eine Leitungsaufgabe nicht wahrzunehmen.

Die Leitungsaufgabe geht insoweit auf das Direktorium über. Das Direktorium ist gemäß § 33 Abs. 2 Nr. 1 rbb-StV für alle Angelegenheiten zuständig, die für den Rundfunk Berlin-Brandenburg von erheblicher Bedeutung sind, allerdings nur „unter Beachtung der Gesamtverantwortung der Intendantin“. Die Leitungsbefugnis der Intendantin wird also nur unbeschadet der Rechte des Direktoriums ausgeübt, während das Direktorium seinerseits die Gesamtverantwortung der Intendantin beachten muss. In der Konsequenz kommt es zu einer Verwässerung der Verantwortung. Wie sich aus der Regelung über die Befugnis der Intendantin zum Widerspruch gegen einen Beschluss des Direktoriums in § 33 Abs. 2 Satz 2 rbb-StV ergibt, können die beiden Direktoren, die auf Vorschlag der Intendantin vom Rundfunkrat bzw. vom Verwaltungsrat gewählt werden und von ihr abberufen werden können, die Intendantin bei der Behandlung ihrer Anträge überstimmen, obwohl sie deren Gesamtverantwortung beachten müssen.

Wie diese widersprüchliche Regelung überhaupt eine klare Zuordnung der Leitungsverantwortung ermöglichen soll, ist nicht ersichtlich. Die Intendantin kann durch ihren Widerspruch Beschlüsse des Direktoriums verhindern, sie kann aber im Bereich der Zuständigkeit des Direktoriums ihre Leitungsvorstellungen trotz ihrer Gesamtverantwortung nicht gegen die Stimmen der beiden Direktoren bzw. Direktorinnen durchsetzen. Das kann dazu führen, dass es in den Angelegenheiten, für die das Direktorium zuständig ist, zu keiner Entscheidung kommt, weil die Intendantin sich im Direktorium in einer Minderheitenposition befindet, zugleich aber durch ihr Widerspruchsrecht Beschlüsse, die mit der Mehrheit der beiden Direktoren bzw. Direktorinnen ergehen, annullieren kann.

Die so ausgestaltete modifizierte Intendantenverfassung ist mit Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG nicht vereinbar. Die staatsvertraglichen Regelungen über das Direktorium und sein Verhältnis zur Leitungsbefugnis der Intendantin stellen keine Ausgestaltung der Ordnung des rbb dar, die der Rundfunkfreiheit dient. Sie beschränkten ohne Not und sachlichen Grund die Leitungsverantwortung der Intendantin mit der Folge einer Diffusion der Verantwortung im Zuständigkeitsbereich des Direktoriums, der für die Erfüllung des Auftrags des rbb von erheblicher Bedeutung ist. Der in der staatsvertraglichen Regelung liegende Eingriff in die von der Rundfunkfreiheit umfasste Organisationsautonomie des rbb ist nicht nur nicht geeignet, die Rundfunkfreiheit zu gewährleisten, sondern gefährdet die Erfüllung des Auftrags, der sich für den Gesetzgeber aus Art, 5 Abs. 1 Satz 2 GG ergibt. Eine Rundfunkanstalt wie der rbb kann nur dann ihren Auftrag erfüllen, wenn die Verantwortung für ihre Leitung durch den Gesetzgeber klar und eindeutig geregelt ist. Das ist auch die Voraussetzung für die mit der Neuregelung beabsichtigte Verringerung des Risikos von möglichen Compliance-Verstößen.

Vgl. zu diesem Regelungszweck die Begründung zum Staatsvertrag über den Rundfunk Berlin-Brandenburg, Abgeordnetenhaus Berlin, Drs. 19/1311, S. 86 (Anlage 7).

Compliance setzt eine klare Zuordnung von Verantwortung voraus und wird durch eine Diffusion von Verantwortung gefährdet.

Die Einführung des Direktoriums als zusätzliches Organ des rbb dient folglich in der verabschiedeten Form nicht der Stärkung der Rundfunkfreiheit, sondern schwächt sie und ist deshalb verfassungswidrig. Dass der Gesetzgeber selbst bei der Regelung der Verantwortlichkeiten des Direktoriums, wie es im rbb Staatsvertrag vorgesehen ist, Nachbesserungsbedarf sah, zeigt sich deutlich an der Neufassung des ZDF-Staatsvertrages in seiner am 25. Oktober 2024 von den Ministerpräsidenten beschlossenen Fassung. Auch der neu gefasste ZDF-Staatsvertrag sieht die Einführung eines Direktoriums vor, allerdings mit klarer Zuständigkeitsregelung. Dort ist in § 27b Abs. 3 geregelt, dass „nach Befassung des Direktoriums“ der Intendant „im Einzelfall und unter Berufung auf seine Gesamtverantwortung“ auch allein entscheiden kann.

Vgl. ZDF-Staatsvertrag in seiner am 25. Oktober 2024 durch die Ministerpräsidenten beschlossenen Fassung (Anlage 9).

(2) Eingriff in die Organisationshoheit des rbb

Die vorgeschlagenen Regelungen in § 32 Abs. 1 rbb-StV bedeuten einen massiven Eingriff in die Organisationshoheit des rbb. Anders als etwa bei der modifizierten Intendantenverfassung von Radio Bremen, legt § 32 Abs. 1 rbb-StV fest, dass dem Direktorium neben der Intendantin bzw. dem Intendanten nicht mein- als zwei Personen angehören dürfen. Zudem bestimmt § 32 rbb-StV, welche Bereiche diese Personen zu vertreten haben, nämlich den administrativen Bereich sowie den programmlichen Bereich. Es gibt keinen sachlichen Grund, dem rbb die Befugnis zu entziehen, ein Direktorium aus mehr als zwei Personen zu bilden, wenn das nach seiner Einschätzung sachgerecht ist, oder die Zuständigkeit der Mitglieder des Direktoriums nach seinen fachlichen Einschätzungen und Erfahrungen festzulegen.

Die Beschränkung der Zusammensetzung des Direktoriums auf zwei Direktoren bzw. Direktorinnen erschweren darüber hinaus die Aufgabenerfüllung des rbb erheblich. Mit dieser Festschreibung auf zwei Direktionen mit vorgegebenen Bereichen nimmt der Gesetzgeber dem rbb die Möglichkeit, flexibel auf Veränderungen zu reagieren. Das gilt nicht zuletzt, weil etwa der Bereich Medientechnik und IT der Unternehmensbereich ist, der dem markantesten Wandel unterworfen ist. Er muss von einer Person gesteuert werden, die so qualifiziert ist, dass sie die Innovationen und die Investitionen in zwei- bis dreistelliger Millionenhöhe sowie zudem die Führung von etwa 700 Mitarbeitenden verantworten kann. Die Beschränkung des Direktoriums auf zwei Mitglieder versperrt für den rbb die Möglichkeit, ein drittes Mitglied des Direktoriums für diesen wichtigen Unternehmensbereich zu bestimmen. Dadurch entsteht ein erhebliches unternehmerisches Risiko.

Da nicht ersichtlich ist, inwieweit die Vorgabe, dass das Direktorium des rbb lediglich zwei Direktoren bzw. Direktorinnen - einen für den programmlichen und einen für den administrativen Bereich - aufweisen darf, geeignet sein könnte, die Rundfunkfreiheit zu fördern, zugleich aber erheblich in die Organisationshoheit des rbb eingreift, verletzt die Regelung des § 32 Abs. 1 rbb-StV die Organisationsautonomie des rbb und damit seine Rundfunkfreiheit aus Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG.

b. Haftung der Intendantin, § 31 rbb-StV

Auch die Regelung der Haftung der Intendantin ist mit Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG nicht zu vereinbaren. Die ausdrückliche staatsvertragliche Regelung der Haftung der Intendantin in § 31 rbb-StV stellt ein Novum im Recht des öffentlich-rechtlichen Rundfunks dar. Das bedeutet zwar nicht, dass vor Inkrafttreten der staatsvertraglichen Regelung die Intendantin nicht gehaftet hätte. Vielmehr- ergab sich die Haftungsgrundlage zuvor aus der entsprechenden Anwendung von §§ 93, 116 AktG gemäß den allgemeinen Grundsätzen der Haftung der Organe öffentlich-rechtlicher Anstalten.

Siehe dazu und zum Folgenden die Gutachterliche Stellungnahme zu den Haftungsregelungen des rbb-Staatsvertrags vom 3. und 17. November 2023, 5. April 2024, S. 6 ff. (Anlage 10).

Die neuen Regelungen des § 31 rbb-StV sind den aktienrechtlichen Regelungen weitgehend angenähert. Das Aktiengesetz kennt allerdings keinen Ausschluss der Haftung für leichte Fahrlässigkeit, wie ihn § 31 Abs. 1 Satz 1 zweiter Halbsatz rbb-StV normiert. Für die Intendantin greift ebenso wie für den Verwaltungsrat und den Rundfunkrat das Geschäftsleiterermessen als Haftungserleichterung ein, das eine Entscheidung unter Risiko ohne Haftungssanktion ermöglichen soll. Die Intendantin trifft insoweit allerdings wie in einer Aktiengesellschaft die Beweisiast (§ 31 Abs. 2 Satz 2 und 3 rbb-StV). Anders als das Aktienrecht kennt der Staatsvertrag andererseits keine Regelung, die dem Haftungsausschluss bei Vorliegen eines Hauptversammlungsbeschlusses vergleichbar wäre.

Wie § 93 Abs. 2 Satz 3 AktG für Aktiengesellschaften sieht auch § 31 Abs. 3 rbb-StV den Abschluss einer Haftpflichtversicherung durch den rbb gegen Risiken aus der beruflichen Tätigkeit der Intendantin für den Rundfunk Berlin-Brandenburg vor. Zwingend notwendig ist für die Intendantin ein angemessener Selbstbehalt in Höhe von mindestens 10 Prozent des eingetretenen Schadens, höchstens aber in Höhe der festen jährlichen Vergütung der Intendantin. Im Aktienrecht beträgt demgegenüber der verpflichtend zu vereinbarende Selbstbehalt mindestens das Eineinhalbfache der festen jährlichen Vergütung (§ 93 Abs. 2 Satz 2 AktG). Ob die Intendantin den Selbstbehalt auf eigene Kosten versichern kann, da sich im Staatsvertrag insoweit keine einschränkende Regelung findet, ist gerichtlich bislang nicht geklärt.

Vgl. die Gutachterliche Stellungnahme zu den Haftungsregelungen des rbb-Staatsvertrags vom 3. und 17. November 2023, 5. April 2024, S. 3 und 3 (Anlage 10).

Die staatsvertragliche Haftungsregelung ist an den Vorgaben orientiert, die das Aktienrecht für Aktiengesellschaften aufstellt. Diese Anlehnung an die Vorgaben für privatwirtschaftliche Unternehmen ist grundsätzlich problematisch, weil die Vergütung der Intendantin auf der anderen Seite den Regelungen des öffentlichen Dienstes folgt. Regierungsmitglieder, deren Vergütungsregelung für die Intendantin übernommen wird, unterfallen aber nicht einer vergleichbaren Haftung. Würden sie Gefahr laufen, für nicht nur leicht fahrlässiges Regierungshandeln in Höhe eines Jahresgehalts zu haften, würde das nicht ohne Grund eine abschreckende Wirkung entfalten. Qualifizierte Kandidatinnen und Kandidaten würden kaum ein solches Haftungsrisiko auf sich nehmen.

Die am öffentlichen Dienst orientierte Vergütung der Intendantin passt somit nicht zu der gesellschaftsrechtlichen Haftungsregelung. Der Gesetzgeber bezieht sich bei der Einführung der Deckelung des Gehalts der Intendantin auf die Ausführungen des Landesrechnungshöfe

Vgl. Abschließender Bericht gemäß § 37 Satz 3 Medienstaatsvertrag Gemeinsam abgestimmte Prüfung ausgewählter Teilbereiche der Haushalts- und Wirtschaftsführung des Rundfunk Berlin-Brandenburg (RBB) durch den Rechnungshof von Berlin und den Landesrechnungshof Brandenburg Teilprüfung: Prüfung des Vergütungssystems und der Anstellungsverträge leitender Angestellter, 2023, S. 12 (Anlage 8  ).

Die Rechnungshöfe begründen die Gehaltsdeckelung damit, dass der Auftrag des rbb gemeinwohlorientiert und er keinem mit dem freien Markt vergleichbaren Wettbewerbsdruck ausgesetzt sei. Zudem sei der rbb nicht insolvenzfähig. Damit gehe ein deutlich geringeres Erfolgs- und auch Haftungsrisiko der Leitungsebene des rbb gegenüber Geschäftsführungen von Unternehmen der privaten Wirtschaft einher, sodass sich eine Orientierung der Vergütung am Gehaltsgefüge des öffentlichen Dienstes geradezu aufdränge. Vor diesem Hintergrund könne der Aufgaben- und Verantwortungsbereich der Intendantin oder des Intendanten einer Rundfunkanstalt nicht als „höherwertiger“ betrachtet werden als jener von Regierungsmitgliedern auf Landesebene.

Abschließender Bericht gemäß § 37 Satz 3 Medienstaatsvertrag Gemeinsam abgestimmte Prüfung ausgewählter Teilbereiche der Haushalts- und Wirtschaftsführung des Rundfunk Berlin-Brandenburg (RBB) durch den Rechnungshof von Berlin und den Landesrechnungshof Brandenburg Teilprüfung: Prüfung des Vergütungssystems und der Anstellungsverträge leitender Angestellter, 2023, S. 13 (Anlage 8  ).

Unterstellt man aber diesen Verantwortungsumfang, so muss auch die Haftung der eines Beamten entsprechen und nicht auf der Grundlage aktienrechtlicher Regelungen zu bestimmen sein.

Vor diesem Hintergrund steht die gewählte Begründung für die Begrenzung des Intendantengehalts in klarem Widerspruch zur Anwendung der Haftungsregelungen für börsennotierte Unternehmen. Keiner der vom Rechnungshof genannten Regierungsmitgliedern auf Landesebene, die nach Verantwortungsbereichen der Intendantin gleichgestellt sein sollen, ist den aktienrechtlichen Haftungsregelungen unterworfen.

Die am öffentlichen Dienst orientierte Vergütung der Intendantin passt somit nicht zu der gesellschaftsrechtlichen Haftungsregelung. Die gesellschaftsrechtliche Haftungsregelung basiert darauf, dass Vorstände einer dem rbb in der Größe vergleichbaren Aktiengesellschaft regelmäßig eine deutlich höhere Vergütung erhalten als die Intendantin. Sie können deshalb auch leichter ein wirtschaftliches Risiko eingehen. Stellt man in Rechnung, dass die Intendantin gemäß § 29 Abs. 1 Satz 2 rbb-StV nur für fünf Jahre gewählt wird, ist das wirtschaftliche Risiko aus der Haftung in Höhe einer Jahresvergütung so hoch, dass es auf für das Amt der Intendantin des rbb geeignete Personen abschreckend wirken kann.

Die Ausgestaltungsregelungen der Haftung der Intendantin mit zwingendem Selbstbehalt i.H. eines Jahresgehaltes bei Abschluss einer D&O-Versicherung unter gleichzeitiger Deckelung des Gehaltes aufgrund eines nur geringeren Erfolgs- und auch Haftungsrisikos dieses Amtes verstoßen in der vorliegenden Form folglich wegen ihrer Unverhältnismäßigkeit gegen Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG.


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Landtag Brandenburg - Drs. 8/14, 08.01.2025 (PDF, 89 Seiten, ~13,5MB)
Verfassungsbeschwerde des rbb gegen den rbb-Staatsvertrag - 1 BvR 2578/24
https://www.parlamentsdokumentation.brandenburg.de/starweb/LBB/ELVIS/parladoku/w8/inf/ab_0001/14.pdf

Abschrift Seite 38 - 48

Zitat von: LT BB - Drs. 8/14, 08.01.2025, Verfassungsbeschwerde d. rbb gg. rbb-Staatsvertrag - 1 BvR 2578/24 (Abschrift)
c. Haftung der Mitglieder von Rundfunk- und Verwaltungsrat, § 16 Abs. 3 und 4 rbb-StV

Die Mitglieder des Rundfunkrates und des Verwaltungsrates haften, wenn sie die Sorgfalt einer ordentlichen und gewissenhaften Überwachung und Beratung gemäß § 16 Abs. 2 Satz 1 rbb-StV verletzen. Das entspricht der Sorgfaltspflicht nach aktienrechtlichen Grundsätzen und ist verfassungsrechtlich unproblematisch. Näher zu prüfen ist jedoch der zwingende Selbstbehalt: Wenn der Rundfunk Berlin-Brandenburg eine Versicherung zur Absicherung der Gremienmitglieder gegen Risiken aus deren Überwachungs- und Beratungstätigkeit abschließt, ist ein angemessener Selbstbehalt des jeweiligen Mitglieds vorzusehen. Der Selbstbehalt der Mitglieder des Rundfunkrates muss mindestens die Höhe ihrer jährlichen Aufwandsentschädigung, der Selbstbehalt der Mitglieder des Verwaltungsrats muss mindestens die Höhe der jährlichen Vergütung umfassen (§ 16 Abs. 4 rbb-StV). Diese Regelung geht über das Aktienrecht hinaus, das einen zwingenden Selbstbehalt für Aufsichtsratsmitglieder nicht kennt.

Vgl. die Gutachterliche Stellungnahme zu den Haftungsregelungen des rbb-Staatsvertrags vom 3. und 17. November 2023, 5. April 2024, S. 35 (Anlage 10).

Das Ziel der Regelung, eine „verhaltenssteuernde Wirkung“ zu entfalten, geht offenbar dahin, die Mitglieder der Aufsichtsgremien zu einer pflichtgemäßen Erfüllung ihrer Aufgabe der Überwachung und Beratung des rbb anzuhalten. Dieses Ziel ist zur Gewährleistung der Rundfunkfreiheit noch vertretbar, obwohl man berücksichtigen muss, dass die Mitglieder des Rundfunkrats ehrenamtlich tätig sind. Es scheint auch vertretbar, dass der Gesetzgeber den zwingenden Selbstbehalt für geeignet hält, ein pflichtgemäßes Handeln der Mitglieder der Aufsichtsgremien zu befördern. Überzeugende Gründe für die Erforderlichkeit der gesetzlichen Festlegung eines Selbstbehalts in Flöhe der jährlichen Aufwandsentschädigung der Mitglieder des Rundfunkrates und der jährlichen Vergütung der Mitglieder des Verwaltungsrates sind weder genannt worden noch sonst ersichtlich.

Der Betrag erscheint für die Gremienmitglieder, die ehrenamtlich tätig werden, nicht nur „vergleichsweise hoch“.

So zutreffend die Gutachterliche Stellungnahme Haftungsregelungen des rbb-Staatsvertrags vom 3. und 17. November 2023, 5. April 2024, S. 35 (Anlage 10).

Die Höhe des Betrags kann vielmehr- abschreckend wirken und so die Gewinnung geeigneter Mitglieder der Aufsichtsgremien ohne Not erschweren.

Aus der Begründung des rbb-Staatsvertrags ergibt sich weder ein Grund für die zwingende Vorgabe des Selbstbehalts im Unterschied zum Aktienrecht noch ein Grund für dessen Höhe. Solche Gründe sind auch sonst nicht ersichtlich. Die Regelung ist deshalb unverhältnismäßig und nicht mit dem Grundrecht der Rundfunkfreiheit aus Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG vereinbar.

d. Zwingende öffentliche Ausschreibungen, § 8 Abs. 3 rbb-StV

Die Pflicht des rbb, ausnahmslos jede zu besetzende Stelle öffentlich auszuschreiben (§ 8 Abs. 3 rbb-StV), ist strenger als die Pflicht, die das Beamtenrecht in Berlin, Brandenburg und auch im Bund begründet. Das Berliner Landesbeamtengesetz schreibt in § 8 Abs. 1 Satz 1 LBG nur eine Ausschreibung vor, die nicht öffentlich sein muss und von der Ausnahmen möglich sind. Das Beamtengesetz für das Land Brandenburg regelt in § 6, dass zu besetzende Stellen „grundsätzlich“ - also nicht generell - auszuschreiben sind. Nur bei der Neueinstellung von Bewerbern muss die Ausschreibung öffentlich sein. Davon sind Ausnahmen für lautbahnangehörige Ämter nach Maßgabe der Laufbahnvorschriften zulässig. Auch das Bundesbeamtengesetz schreibt nur die Ausschreibung zu besetzender Stellen vor und beschränkt die Pflicht zur öffentlichen Ausschreibung auf die (Neu-)Einstellung von Bewerberinnen und Bewerbern. Auch hier sind Ausnahmen durch Rechtsverordnung möglich. Von dieser Möglichkeit hat die Bundesregierung in § 4 Abs. 2 und 3 Bundeslaufbahnverordnung Gebrauch gemacht und nicht nur einen Katalog der Fälle geregelt, in denen die Pflicht zur Stellenausschreibung nicht besteht. Die Bundeslaufbahnverordnung erlaubt vielmehr darüber hinaus ein Absehen von der Pflicht zur Stellenausschreibung allgemein oder in Einzelfällen, wenn Gründe der Personalplanung oder des Personaleinsatzes entgegenstehen und es sich nicht um (Neu-)Einstellungen handelt; in besonderen Fällen kann aus Gründen der Personalplanung oder des Personaleinsatzes auch bei einer (Neu-)Einstellung von einer Ausschreibung abgesehen werden.

In der Begründung des rbb-Staatsvertrags wird die weit über das Beamtenrecht hinausgehende Pflicht des rbb, alle zu besetzenden Stellen öffentlich auszuschreiben, nur knapp mit „Gründen der Transparenz hinsichtlich seiner Personalpolitik“ begründet.

Begründung zum Staatsvertrag über den Rundfunk Berlin-Brandenburg, Abgeordnetenhaus Berlin, Drs. 19/1311, S. 61 (Anlage 7).

Warum diese Gründe der Transparenz anders als im Beamtenrecht von Berlin und Brandenburg sowie des Bundes beim rbb gegenüber Gründen der Personalplanung oder des Personaleinsatzes stets Vorrang haben müssen, wird nicht gesagt. Gründe dafür sind auch nicht ersichtlich. Vielmehr gehören Personalplanung und Personaleinsatz zur Personalautonomie, die als Teil der Rundfiinkfreiheit des Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG dem die Rundfunkordnung des rbb ausgestaltenden
Gesetzgebers verfassungsrechtlich vorgegeben ist. Die generelle Pflicht zur öffentlichen Ausschreibung von Stellen ist zur Gewährleistung von Transparenz nicht erforderlich, wie das Beamtenrecht der Länder Berlin und Brandenburg sowie des Bundes zeigt. Es verstößt folglich gegen das Übermaßverbot, wenn der Gesetzgeber dem rbb für jede zu besetzende Stelle ausnahmslos eine öffentliche Ausschreibung vorschreibt und ihm so die Möglichkeit einer Personalplanung und eines Personaleinsatzes nimmt, die nach der grundrechtlich geschützten Einschätzungsprärogative des rbb notwendig sein können. Die gegenüber dem Beamtenrecht deutlich weitergehende Einschränkung der Handlungsmöglichkeiten des rbb ist dementsprechend nicht gerechtfertigt. Sie verstößt gegen die in Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG gewährleistete Rundfunkfreiheit des rbb.

2. Regelungen zur Neuaufstellung des rbb

Die folgenden Regelungen zur Neuaufstellung des rbb verletzen dessen Grundrecht auf Rundfunkfreiheit aus Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG: die Pflicht, im einzelnen festgelegte Regionalbüros und Regionalstudios zu betreiben (a.), das Gebot, ein Landesfernsehprogramm für Berlin und Brandenburg mit regionalen Auseinanderschaltungen von mindestens 60 Minuten des täglichen Gesamtprogramms zur gesonderten Darstellung jedes Landes zu veranstalten (b.) sowie die ausdrücklichen Vorgaben für die Leitungen des Landesprogramms (c.).

a. Regionalbüros und Regionalstudios, § 2 Abs. 3 rbb-StV

Die in § 2 Abs. 3 rbb-StV konkret nach Zahl und Ort festgelegt Pflicht des rbb zum Betreiben von Regionalstudios und Regionalbüros verstößt gegen die Rundfunkfreiheit aus Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG.

Der rbb muss wie bisher Regionalstudios in Cottbus/Chósebuz und Frankfurt (Oder) sowie nunmehr zusätzlich Regionalbüros und zwar in Brandenburg an der Havel, Prenzlau und Perleberg betreiben (§ 2 Abs. 3 rbb-StV). Eine Verpflichtung zum Betrieb von Regionalbüros gab es bislang nicht. Die Regionalstudios und Regionalbüros sollen die Lebenswirklichkeit der Regionen widerspiegeln. Diese Vorgaben, mit denen der Sitz regionaler Einrichtungen des rbb vom Staat vorgegeben werden, treten neben die Bestimmung von Berlin und Potsdam zum Sitz des Rundfunks Berlin-Brandenburg und als Dienstorte der Intendantin (§ 2 Abs. 1 rbb-StV).

Sie reichen weiter als die einschlägigen Bestimmungen für andere Mehrländeranstalten. So legt der Staatsvertrag über den Norddeutschen Rundfunk neben der Bestimmung von Hamburg zum Sitz des Senders nur fest, dass Landesfunkhäuser in den Hauptstädten der vier beteiligten Länder Hamburg, Hannover, Kiel und Schwerin unterhalten werden. Bezüglich seiner Regionalstudios wird nur vorgegeben, dass sie in Mecklenburg-Vorpommern, Niedersachsen und Schleswig-Holstein unterhalten werden. Der Staatsvertrag gibt weder die Zahl noch die Orte der Niederlassung für die Regionalstudios vor.

§ 2 Abs. 2 NDR-Staatsvertrag vom 4. bis 9. März 2021 (Anlage 11).

Der Staatsvertrag über den Mitteldeutschen Rundfunk gibt ebenfalls neben der Bestimmung von Leipzig zum Sitz des MDR

§ 1 Abs. 1 Staatsvertrag über den Mitteldeutschen Rundfunk (Anlage 12).

nur vor, dass Landesfunkhäuser in den Hauptstädten des Freistaats Sachsen, des Landes Sachsen-Anhalt und des Freistaats Thüringen Dresden, Magdeburg und Erfurt unterhalten werden. Dagegen werden weder die Zahl noch die Niederlassungsorte der Regionalstudios vorgegeben.

§ 2 Abs. 1 Staatsvertrag über den Mitteldeutschen Rundfunk (Anlage 12).

Der Staatsvertrag über den Südwestrundfunk

Vom 3. Juli 2013, in Kraft getreten am 1. Januar 2014, geändert durch SWR-Änderungsstaatsvertrag vom 1./9. April 2015, in Kraft getreten am 30. Juni 2015.

beschränkt sich darauf, Baden-Baden, Mainz und Stuttgart zum Sitz des SWR und Stuttgart zum Dienstort der Intendanz zu bestimmen

§ 1 Abs. 1 Satz 2 und 3 SWR-Staatsvertrag (Anlage 13).

sowie vorzugeben, dass der SWR seinen Auftrag in den Landeshauptstädten Stuttgart und Mainz, die auch Sitz der Landessender sind, sowie am dritten Standort Baden-Baden erfüllt.

   § 2 SWR-Staatsvertrag (Anlage 13).

Vorgaben für die Einrichtung von Regionalstudios oder Regionalbüros enthält der SWR-Staatsvertrag nicht.

Schon der Blick auf diese staatsvertraglichen Regelungen für andere deutsche Mehrländeranstalten indiziert, dass die Bestimmung von Ort und Mindestzahl der Regionalstudios und Regionalbüros in § 2 Abs. 3 Satz 1 rbb-Staatsvertrag übermäßig und deshalb mit Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG unvereinbar ist und die Rundfunkfreiheit des rbb verletzt. Der Gesetzgeber ist mit der Regelung seiner verfassungsrechtlichen Aufgabe nicht gerecht geworden, die Rundfunkfreiheit als dienende Freiheit auszugestalten. Organisatorische Regelungen wie die Bestimmung von Regionalstudios und Regionalbüros gehören zur positiven Ordnung des Rundfunks.

Die rbb-Regionalstudios und -büros sichern grundsätzlich die Präsenz des rbb in der Brandenburger Fläche, die Reaktionsgeschwindigkeit im Ereignisfall und eine Nähe zu den Menschen auch dort, wo die Wege weit sind. Die Regionalstudios sind breit aufgestellte rbb-Standorte mit täglichem Redaktionsvollbetrieb und eigener Produktion. Sie sind eigenständige Redaktionen mit Studio- und Redaktionsleitung. Die Regionalbüros sind erheblich kleinere Repräsentanzen und organisatorisch Redaktionen zugeordnet. Eine ihrer Hauptaufgaben besteht in der täglichen Produktion von Hörfunk-Regionalnachrichten.

Die Entscheidung, wieviel und wo konkret diese Repräsentanzen zu unterhalten sind, um das Land Brandenburg in seiner Breite schnell und wirksam im Programm des rbb abzubilden, muss jedoch in der Entscheidungshoheit des rbb liegen. Mit der Bestimmung, dass Sitz des rbb Berlin und Potsdam ist und daher jeweils einen Standort an den genannten Orten betreiben muss, ist die Organisationshoheit der Gesetzgeber erschöpft. In dieser Regelungstiefe bewegen sich auch die Vorschriften der anderen Mehrländeranstalten. Die konkrete Bestimmung von Anzahl und Orten der Regionalstudios und Regionalbüros geht darüber weit hinaus.

Diese Verpflichtung trägt nichts zur Sicherung der Freiheit des Rundfunks von staatlicher Beherrschung und Einflussnahme bei, Die Regelungen sind nicht etwa geeignet, die grundrechtliche Freiheit des rbb zu sichern, sondern schränken diese Freiheit im Gegenteil ein, da sie dem rbb einschneidende Vorgaben für die innere Organisation der Erfüllung seines publizistischen Auftrags machen. Wie die Lebenswirklichkeit der Regionen im Programm des rbb am besten widergespiegelt wird und welcher organisatorischer Vorkehrungen es dazu bedarf, entscheidet der rbb in Ausübung seiner grundrechtlich geschützten Rundfunkfreiheit.

Regionalpolitische und standortpolitische Erwägungen haben in der Wirtschaftspolitik der Länder durchaus ihren Platz. Sie vermögen aber Einschränkungen der Rundfunkfreiheit nicht zu rechtfertigen. Der Gesetzgeber des Staatsvertrags bindet so Ressourcen, über die der rbb in Ausübung seiner grundrechtlichen Freiheit zur Erfüllung seines publizistischen Auftrags selbst zu entscheiden hat. Das hat zur Konsequenz, dass diese Ressourcen an anderer Stelle fehlen. Die publizistische Freiheit des rbb wird so eingeschränkt und nicht gesichert. Die gesetzliche Regelung der Organisationsstruktur des rbb ist nicht auf das materielle Ziel der Rundfunkfreiheit bezogen, sondern dient standortpolitischen Zielen. Es ist nicht Aufgabe des staatlichen Gesetzgebers, darüber zu entscheiden, wie viele Regionalstudios und Regionalbüros zur Erfüllung des publizistischen Auftrags des rbb erforderlich sind und wo sie unterhalten werden müssen. Die Festlegung der Zahl und der Standorte der Regionalstudios und der Regionalbüros des rbb verletzt folglich dessen in Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG gewährleistete Rundfunkfreiheit.

b. Landesfernsehprogramme, § 4 Abs. 2 Nr. 1 und Abs. 4 Satz 1 rbb-StV

Mit der Regelung der Landesfernsehprogramme in § 4 Abs. 2 Nr. 1 und Abs. 4 Satz 1 rbb-StV beschränkt der Gesetzgeber unzulässig die Programmautonomie des rbb, die in Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG als Grundrecht gewährleistet ist.

Der rbb wird durch den Staatsvertrag verpflichtet, ein Landesfernsehprogramm für Berlin und Brandenburg mit regionalen Auseinanderschaltungen von mindestens 60 Minuten des täglichen Gesamtprogramms zur gesonderten Darstellung jedes Landes zu veranstalten.

§ 4 Abs. 2 Nr. 1 rbb-StV.

Dadurch soll der Auftrag des rbb erfüllt werden, die Lebenswirklichkeit der Regionen widerzuspiegeln, einen objektiven und umfassenden Überblick, über das länder- und regionenbezogene Geschehen zu geben und der regionalen Vielfalt der Länder Berlin und Brandenburg Rechnung zu tragen.

Vgl, §§ 2 Abs. 3 Satz 2 und 3 Abs. 2 Satz 1 und 2 rbb-StV.

Die staatsvertragliche Regelung der Auseinanderschaltung von mindestens 60 Minuten im täglichen Gesamtprogramm wird damit begründet, dass sie einer weitergehenden regionalen Verwurzelung des rbb in beiden Ländern diene.

Begründung zum Staatsvertrag über den Rundfunk Berlin-Brandenburg, Abgeordnetenhaus Berlin, Drs. 19/1311, S. 58 (Anlage 7).

Mit der staatsvertraglichen Vorgabe der Auseinanderschaltung von mindestens 60 Minuten im täglichen Gesamtprogramm zur gesonderten Darstellung jedes Landes beschränkt der Gesetzgeber verfassungswidrig die Programmautonomie des rbb. Durch sie wird der rbb der Möglichkeit beraubt, aufgrund seiner professionellen Maßstäbe zu bestimmen, was der Rundfunkauftrag in publizistischer Hinsicht verlangt. Die Programmautonomie des rbb umfasst auch die Entscheidung über die zur Verwirklichung der von ihm als nötig angesehenen Inhalte und Formen benötigte Zeit. Die staatsvertragliche Regelung ist nicht an der Aufgabe der Rundfunkfreiheit orientiert und dient nicht der Gewährleistung der grundrechtlichen Freiheit aus Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG. Vielmehr- schränkt sie diese Freiheit unter Verstoß gegen die Verfassung ein. Nur der rbb selbst darf aufgrund seiner professionellen Maßstäbe bestimmen, was der gesetzliche Rundfunkauftrag in publizistischer Hinsicht verlangt. Ob also die gesonderte Darstellung jedes Landes einer Auseinanderschaltung von mindestens 60 Minuten im täglichen Gesamtprogramm verlangt oder nicht, hat nach der verfassungsrechtlichen Gewährleistung der Rundfunkfreiheit nicht der Gesetzgeber zu entscheiden, sondern der rbb in Ausübung seiner Programmautonomie.

Die Vorgabe der gesonderten Darstellung jedes Landes und der regionalen Vielfalt darf der Gesetzgeber als Teil des Programmauftrags und der Angebotsgrundsätze des rbb treffen. In welcher Form und in welcher Zeit dieser gesetzliche Programmauftrag erfüllt wird, entscheidet aber der rbb in Ausübung seiner grundrechtlich geschützten Programmautonomie allein. Folglich verletzt die gesetzliche Beschränkung der Programmautonomie in § 4 Abs. 2 Nr. 1 und Abs. 4 Satz 1 rbb-StV das Grundrecht des rbb aus Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG.

c. Leitung des Landesangebots,  § 4 Abs. 4 Satz 3 und 4 rbb-StV

Die in § 4 Abs. 4 Satz 3 und 4 rbb-StV normierte Regelung, dass die Intendantin dem Rundfunkrat zwei Personen zur Wahl für die Dauer von fünf Jahren vorschlagen muss, die jeweils das Landesangebot von Berlin und das Landesangebot von Brandenburg leiten und der Direktorin oder dem Direktor für den Programmlichen Bereich direkt unterstellt sind, verletzt ebenfalls das Grundrecht des rbb auf Rundfunkfreiheit aus Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG des rbb.

Die Landesangebote sollen nach der Begründung des Staatsvertrags eigene Leitungen erhalten, weil sie für die regionale Verwurzelung des rbb essenziell und damit identitätsstiftend für das gesamte Angebot des rbb seien.

Siehe die Begründung zum Staatsvertrag über den Rundfunk Berlin-Brandenburg, Abgeordnetenhaus Berlin, Drs. 19/1311, S. 58 (Anlage 7).

Zu regeln wie die regionale Verwurzelung und die identitätsstiftende Wirkung des Angebots des rbb konkret sichergestellt wird, ist aber nicht Aufgabe des Gesetzgebers, indem er Regelungen nach seinen Vorstellungen entwirft, sondern gehört zur Rundfunkfreiheit des rbb. Diese grundrechtliche Freiheit darf der Gesetzgeber durch seine Regelungen nicht einschränken. Vielmehr muss die gesetzliche Ausgestaltung der Rundfunkordnung zur Gewährleistung der Freiheit des Rundfunks geeignet und erforderlich sein. Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts darf der Gesetzgeber Regelungen der Organisationsstruktur des Rundfunks nicht zur Einflussnahme auf dessen publizistische Tätigkeit nutzen. Dieses Verbot bezieht sich nicht nur auf das Programm, das im Zentrum der Rundfunkfreiheit steht, sondern auch auf die Personen, die das Programm gestalten oder veranstalten.

BVerfG, Beschluss der 1. Kammer des Ersten Senats, 1 BvR 1946/98, Rn. 35.

Die gesetzliche Festlegung der Leitung des Landesangebots im Staatsvertrag zielt aber als Festlegung der Organisationsstruktur des rbb gerade auf die Einflussnahme auf dessen publizistische Tätigkeit. Die gesetzlichen Vorgaben für die Organisation der Leitung des Landesprogramms sollen ein Programm sicherstellen, dass identitätsstiftend ist und die regionale Verwurzelung des Programms des rbb sichert.

Mit welcher Organisationsstruktur der Leitung des Landesangebots die identitätsstiftende Wirkung und die regionale Verwurzelung des Programms des rbb verwirklicht wird, fällt in die Rundfunkfreiheit des rbb.

Es ist bereits nicht erkennbar, wie die Regelung, dass die Leitungen der Landesangebote direkt dem Direktor/der Direktorin für den programmliche Bereich unterstellt sein sollen, dem Ziel der regionalen Verwurzelung und identitätsstiftenden Wirkung dienen soll. Vielmehr- reicht sie weit in die Organisationshoheit des rbb hinein, ohne dass hiermit die Erfüllung des Programmauftrages sichergestellt werden könnte.

Die Vorgabe, dass diese Positionen für fünf Jahre zu vergeben sein sollen, führen darüber hinaus für den rbb zu enormen arbeitsrechtlichen Risiken: Eine Befristung solcher Arbeitsverträge auf der (maximal) dritten Leitungsebene wird rechtlich kaum begründbar sein.

Weiterhin gehört die Entscheidung über die Organisationsstruktur des rbb zur Leitungsverantwortung der Intendantin und nicht zur Zuständigkeit der Aufsichtsgremien. Die Bildung der Aufsichtsgremien aus vorwiegend verbandlich organisierten gesellschaftlichen Gruppen hat demgegenüber nach dem Urteil des Ersten Senats des Bundesverfassungsgerichts vom 14. März 2024 nicht den Sinn, diesen die Programmgestaltung zu übertragen oder sie gar zum Träger des Grundrechts der Rundfunkfreiheit zu machen. Die Aufsichtsgremien sind nach dem Urteil vielmehr Sachwalter des Interesses der Allgemeinheit. Ihre Aufgabe ist es, die für die Programmgestaltung maßgeblichen Personen und Gremien darauf zu kontrollieren, dass alle bedeutsamen politischen, weltanschaulichen und gesellschaftlichen Kräfte, deren Vielfalt durch ein gruppenplural zusammengesetztes Gremium auch bei ausgewogener Besetzung nie vollständig oder
repräsentativ abgebildet werden kann, im Gesamtprogramm angemessen zu Wort kommen können.

BVerfGE 136, 9 (31 f„ Rn. 35).

Der Gesetzgeber kann zwar im Staatsvertrag dem rbb den Auftrag geben, für eine regionale Verwurzelung und die identitätsstiftende Wirkung des Programms Rechnung zu tragen. In welcher Organisationsstruktur dieser Auftrag am besten erfüllt wird, müssen jedoch die Programmverantwortlichen des rbb selbst entscheiden.

Weder aus dem Text der staatsvertraglichen Regelung über die Leitung der Landesangebote noch aus der Begründung lässt sich somit ersehen, warum der gesetzliche und staatsvertragliche Eingriff in die Organisationsautonomie des rbb erforderlich sein sollte, um die Rundfunkfreiheit oder die Erfüllung des Programmauftrags sicherzustellen. Auch sonst sind sachlich gerechtfertigte Gründe für die Einschränkung der grundrechtlichen Freiheit des rbb nicht ersichtlich. Deshalb verletzt die Regelung des § 4 Abs. 4 Satz 3 und 4 rbb-StV die Organisationsautonomie des rbb und damit seine Rundfunkfreiheit aus Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG.

Ende der Verfassungsbeschwerde, es folgt Anlage 10
Gutachterliche Stellungnahme zu den Haftungsregelungen des rbb-Staatsvertrags vom 3. und 17. November 2023



Edit "Bürger" @alle: Bitte hier die Abschrift abwarten und keine sonstigen Beiträge posten. Diskussion siehe unter
Verfassungsbeschwerde des rbb gg. rbb-Staatsvertrag - 1 BvR 2578/24 [Diskus]
https://gez-boykott.de/Forum/index.php?topic=38301.0


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Zitierte bzw. zur Begründung herangezogene Entscheidungen des BVerfG

Liste nicht komplett vollständig. Einzelne Entscheidungen nicht gefunden. Möglichkeit von Schreibfehler in der rbb-Verfassungsbeschwerde nicht ausgeschlossen1.
F.d.R. Profät


BVerfGK 5, 170 (171)
BVerfG, Beschluss der 1. Kammer des Ersten Senats vom 7. April 2005 - 1 BvR 1333/04 -
https://www.bverfg.de/e/rk20050407_1bvr133304

BVerfGE 153, 1
BVerfG, Beschluss des Zweiten Senats vom 14. Januar 2020 - 2 BvR 1333/17
https://www.bverfg.de/e/rs20200114_2bvr133317

BVerfGE 123, 148
BVerfG, Beschluss des Zweiten Senats vom 12. Mai 2009 - 2 BvR 890/06
https://www.bverfg.de/e/rs20090512_2bvr089006

BVerfGE 74, 69
BVerfGE 74, 69 - Subsidiarität der Gesetzesverfassungsbeschwerde
https://www.servat.unibe.ch/dfr/bv074069.html

BVerfGE 75, 108
BVerfGE 75, 108 - Künstlersozialversicherungsgesetz
https://www.servat.unibe.ch/dfr/bv075108.html

BVerfGE 90, 60
BVerfG, Urteil des Ersten Senats vom 22. Februar 1994 - 1 BvL 30/88
https://www.bverfg.de/e/ls19940222_1bvl003088

BVerfGE 158, 389
BVerfG, Beschluss des Ersten Senats vom 20. Juli 2021 - 1 BvR 2756/20 -
https://www.bverfg.de/e/rs20210720_1bvr275620

BVerfGE 119, 181
BVerfG, Urteil des Ersten Senats vom 11. September 2007 - 1 BvR 2270/05 -
https://www.bverfg.de/e/rs20070911_1bvr227005

BVerfGE 87, 181
BVerfGE 87, 181 - 7. Rundfunkentscheidung
https://www.servat.unibe.ch/dfr/bv087181.html

BVerfGE 121, 30
BVerfG, Urteil des Zweiten Senats vom 12. März 2008 - 2 BvF 4/03 -
https://www.bverfg.de/e/fs20080312_2bvf000403

BVerfGE 77, 65
BVerfGE 77, 65 - Beschlagnahme von Filmmaterial
https://www.servat.unibe.ch/dfr/bv077065.html

BVerfGE 91, 125
Fernsehaufnahmen im Gerichtssaal I
BVerfG, Beschluss des Ersten Senats vom 14. Juli 1994 - 1 BvR 1595/92

https://www.bverfg.de/e/rs19940714_1bvr159592

BVerfGE 103, 44
Fernsehaufnahmen im Gerichtssaal II
BVerfG, Urteil des Ersten Senats vom 24. Januar 2001 - 1 BvR 2623/95-

https://www.bverfg.de/e/rs20010124_1bvr262395

BVerfGE 119, 309
Gerichtsfernsehen
BVerfG, Beschluss des Ersten Senats vom 19. Dezember 2007 - 1 BvR 620/07 -

https://www.bverfg.de/e/rs20071219_1bvr062007

BVerfGE 59, 231
BVerfGE 59, 231 - Freie Mitarbeiter
https://www.servat.unibe.ch/dfr/bv059231.html

BVerfGE 90, 60
8. Rundfunkentscheidung
BVerfG, Urteil des Ersten Senats vom 22. Februar 1994 - 1 BvL 30/88 -

https://www.bverfg.de/e/ls19940222_1bvl003088

BVerfGE 95, 220
BVerfG, Beschluss des Ersten Senats vom 26. Februar 1997 - 1 BvR 2172/96
https://www.bverfg.de/e/rs19970226_1bvr217296

BVerfGE 97, 298
extra-radio
BVerfG, Beschluss des Ersten Senats vom 20. Februar 1998 - 1 BvR 661/94 -

https://www.bverfg.de/e/rs19980220_1bvr066194

BVerfGE 114, 371
BVerfG, Beschluss des Ersten Senats vom 26. Oktober 2005 - 1 BvR 396/98 -
Verfassungsrechtlichen Anforderungen an die finanzielle Unterstützung privater Rundfunkanbieter durch das bayerische Teilnehmerentgelt

https://www.bverfg.de/e/rs20051026_1bvr039698

BVerfGE 83, 238
BVerfGE 83, 238 - 6. Rundfunkentscheidung
https://www.servat.unibe.ch/dfr/bv083238.html

BVerfGE 89, 144
BVerfGE 89, 144 - Konkurs von Rundfunkanstalten
https://www.servat.unibe.ch/dfr/bv089144.html

BVerfGE 73, 118
BVerfGE 73, 118 - 4. Rundfunkentscheidung
https://www.servat.unibe.ch/dfr/bv073118.html

BVerfGE 57, 295
BVerfGE 57, 295 - 3. Rundfunkentscheidung
https://www.servat.unibe.ch/dfr/bv057295.html

BVerfGE 74, 297
BVerfGE 74, 297 - 5. Rundfunkentscheidung
https://www.servat.unibe.ch/dfr/bv074297.html

BVerfGE 89, 144
BVerfGE 89, 144 - Konkurs von Rundfunkanstalten
https://www.servat.unibe.ch/dfr/bv089144.html

BVerfGE 97,228
Kurzberichterstattung
BVerfG, Urteil des Ersten Senats vom 17. Februar 1998 - 1 BvF 1/91 -

https://www.bverfg.de/e/fs19980217_1bvf000191

BVerfGE 136, 9
Aufsichtsgremien; Staatsferne; ZDF-Urteil
BVerfG, Urteil des Ersten Senats vom 25. März 2014 - 1 BvF 1/11 -

https://www.bverfg.de/e/fs20140325_1bvf000111

BVerfG, Beschluss der 1. Kammer des Ersten Senats, 1 BvR 1946/98
BVerfG, Beschluss der 1. Kammer des Ersten Senats vom 15. Januar 1999 - 1 BvR 1946/98 -
https://www.bverfg.de/e/rk19990115_1bvr194698


1 Beispiele nicht gefundener Entscheidungen und vermutlicher Schreibfehler:

Landtag Brandenburg - Drs. 8/14, 08.01.2025 (PDF, 89 Seiten, ~13,5MB)
Verfassungsbeschwerde des rbb gegen den rbb-Staatsvertrag - 1 BvR 2578/24
https://www.parlamentsdokumentation.brandenburg.de/starweb/LBB/ELVIS/parladoku/w8/inf/ab_0001/14.pdf

Abschrift Seite 18 - 31

Zitat von: LT BB - Drs. 8/14, 08.01.2025, Verfassungsbeschwerde d. rbb gg. rbb-Staatsvertrag - 1 BvR 2578/24 (Abschrift)

...

Die Rundfunkfreiheit schützt alle mit der Veranstaltung von Rundfunkprogrammen zusammenhängenden Tätigkeiten.

BVerfGE 121,50 (58, Rn. 112).

Dazu gehören die Beschaffung der Informationen sowie die Auswahl des Stoffes und der Art und Weise der Darstellung über die Produktion von Sendungen bis hin zu ihrer Verbreitung.

BVerfGE 59, 231 (258); 87, 181 (201); 90, 60 (87); 95, 220 (234); 97, 298 (310); 114, 371 (389).

Sie erstreckt sich auf die Organisation und die Finanzierung des Rundfunkbetriebs, soweit sie Rückwirkungen auf die Programmtätigkeit haben können.

BVerfGE 59, 231 (259 f.); 83, 238 (310 f.); 87, 181 (198); 89, 144 (153); 90, 60 (93).

Dazu gehört die von staatlichem Einfluss freie Auswahl, Einstellung und Beschäftigung der programminhaltlich mitwirkenden Mitarbeiter.

   BVerfGE 9, 231 (260).


Wahrscheinlich BVerfGE 121, 30 sowie BVerfGE 59, 231



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Landtag Brandenburg - Drs. 8/14, 08.01.2025 (PDF, 89 Seiten, ~13,5MB)
Verfassungsbeschwerde des rbb gegen den rbb-Staatsvertrag - 1 BvR 2578/24
https://www.parlamentsdokumentation.brandenburg.de/starweb/LBB/ELVIS/parladoku/w8/inf/ab_0001/14.pdf

Abschrift Anlage 10 rbb-Verfassungsbeschwerde vom 20.11.2024; Formatierung abweichend, s. Eingangsbeitrag (kein Bock)

GUTACHTERLICHE STELLUNGNAHME ZU DEN HAFTUNGSREGELUNGEN DES RBB-STAATSVERTRAGES VOM 3. UND 17. NOVEMBER 2023

Seite 1 - 10

Zitat von: LT BB - Drs. 8/14, 08.01.2025, Verf.Beschw. d. rbb gg. rbb-StV - 1 BvR 2578/24 (Abschrift); Anlage 10 - Gutacht. Stellungn. zu Haftungsregelungen
rbb-Logo


GUTACHTERLICHE STELLUNGNAHME ZU DEN HAFTUNGSREGELUNGEN DES RBB-STAATSVERTRAGES VOM 3. UND 17. NOVEMBER 2023


Wir wurden gebeten, eine Stellungnahme zu den Haftungsregelungen des Staatsvertrages über den Rundfunk Berlin-Brandenburg (rbb-Staatsvertrag) vom 3. November 2023 und 17. November 2023 (hinfort: „rbb-StV neu“ bzw. „Staatsvertrag“) auszuarbeiten.

In dieser Stellungnahme wird zunächst die haftungsrechtliche Rechtslage auf Basis des durch den rbb-StV neu abgelösten Staatsvertrages über die Errichtung einer gemeinsamen Rundfunkanstalt der Länder Berlin und Brandenburg vom 25. Juni 2002, in der Gestalt ihrer Änderungsfassungen (hinfort: „rbb-StV alt“), unter Berücksichtigung der entsprechenden Vorschriften anderer Rundfunk-Staatsverträge bzw. -gesetze analysiert (Erster Teil). Sodann werden die Neuregelungen rbb-StV neu konkret bezogen auf Haftungsregelungen untersucht und unter Berücksichtigung bestehender gesellschaftsrechtlicher Haftungsregime bewertet (Zweiter Teil). In einem Dritten Teil wird das Haftungsregime des rbb-StV neu der früher unter dem rbb-StV alt herrschenden Rechtslage vergleichend gegenübergestellt.

Ausdrücklich nicht geprüft haben wir die Organhaftungsregelungen nach dem rbb-StV neu auf ihre Verfassungsgemäßheit, etwa im Hinblick auf Gremienkompetenzen oder verfassungswidrige Aufgabenzuweisungen.

Die Ergebnisse unserer Überprüfung haben wir zusammengefasst und der vertieften Untersuchung der vorgenannten Fragestellungen vorangestellt.

Zusammenfassende Ergebnisse

?   Vergleichbare (Haftungs-)Regelungen finden sich in anderen Rundfunkstaatsverträgen nicht. Dies bedeutet jedoch nicht, dass der rbb nun unter der Geltung des rbb-StV neu einem gänzlich anderem Haftungsregime unterworfen wäre als andere öffentlich-rechtliche Rundfunkanstalten. Denn nach der hier vertretenen Auffassung hafteten die Organe des rbb - wie auch die Organe anderer Rundfunkanstalten - auch ohne dahingehende explizite Haftungsregelungen in den Rundfunk-Staatsverträgen bzw. den Rundfunkgesetzen schon nach der früheren Rechtslage (unter Geltung des StV-rbb alt) nach den Grundsätzen des aktienrechtlichen Haftungsregimes.

?   Aus (organ-)haftungsrechtlicher Sicht sind die Neuregelungen des rbb-StV neu mit Blick auf die Haftung der Organe den aktienrechtlichen Regelungen weitgehend angenähert, zum Teil wurden die Regelungen des AktG wörtlich übernommen. Die Haftung der Organe des rbb entspricht daher der aktienrechtlichen Dogmatik der (Organ-)lnnenhaftung mit wenigen Ausnahmen.

?   Eine strukturelle Besonderheit weist der Staatsvertrag in der aktuellen Fassung hinsichtlich des Haftungsausschlusses für leichte Fahrlässigkeit auf. Eine derartige Haftungsbeschränkung kennt das AktG nicht. Die Haftung der Organe der Aktiengesellschaft ist nicht dispositiv und ein genereller Ausschluss bestimmter Verschuldensgrade (z.B. leichte Fahrlässigkeit) ist unzulässig. Hier enthält der Staatsvertrag daher eine deutliche Haftungserleichterung für die Organe des rbb. Offen ist hingegen, wie sich diese Veränderung der Haftungsdogmatik, die im AktG gerade nicht angelegt ist, in der Praxis auflösen lässt.

?   Der Intendant haftet - wie auch der Vorstand einer AG - für die Sorgfalt einer ordentlichen und gewissenhaften Geschäftsleitung. Verwaltungsrat und Rundfunkrat haften - wie auch ein Aufsichtsrat - für die Sorgfalt einer ordentlichen und gewissenhaften Überwachung und Beratung. Insbesondere mit Blick auf den Rundfunkrat und dessen Besetzung sowie seiner Funktionen könnte die Haftungsangleichung in der Sache kritisch erscheinen.

?   Als Haftungserleichterung greift sowohl für den Intendanten als auch für Verwaltungsrat und Rundfunkrat das Geschäftsleiterermessen (sog. Business Judgment) korrigierend ein, um insbesondere eine Entscheidung unter Risiko ohne Haftungssanktion zu ermöglichen.

?   Eine gewisse Erleichterung für die Organe des rbb könnte sich daraus ergeben, dass im AktG nur „unternehmerische“ Entscheidungen dem Geschäftsleiterermessen, das die Haftungserleichterung gewährt, unterfallen, während die Organe des rbb offenbar für sämtliche Entscheidungen auf das Geschäftsleiterermessen rekurrieren können. Allerdings dürfte der Ermessensspielraum bei „typischen“ nicht-unternehmerischen Entscheidungen (z.B. Einhaltung formaler Gesetze) auf nahezu Null reduziert sein, sodass die abweichende Formulierung im Vergleich zum AktG kaum praktische Relevanz erlangen dürfte. Auf der anderen Seite ist auf Grundlage des Wortlauts und der fehlenden Beschränkung auf „unternehmerische" Entscheidungen das Geschäftsleiterermessen vorliegend auch auf programmliche Maßnahmen anwendbar.

?   Abweichend von der aktienrechtlichen Haftungsregelung entfällt für den Intendanten - insoweit anders als für den Vorstand der AG - der Haftungsausschluss bei Vorliegen eines Hauptversammlungsbeschlusses. Es findet sich im Staatsvertrag keine entsprechende Regelung, zumal ein Beschlussorgan der Anstaltsträger (wie etwa eine Hauptversammlung) nicht vorgesehen ist. Der Intendant kann sich daher nicht durch einen Beschluss der Anstaltsträger von einer Haftung befreien lassen. Das ist eine Verschärfung gegenüber dem AktG.

?   Das gilt auch für Verwaltungsrat und Rundfunkrat, wobei diese auch nach dem AktG keine Haftungsbefreiung durch einen Beschluss der Anstaltsträger (bzw. der Aktionäre in der AG) beanspruchen können. Insoweit handelt es sich nicht um eine Verschärfung der aktienrechtlichen Regelungen.

?   Der zwingende Selbstbehalt einer etwaigen D&O-Versicherung des Intendanten ist den Selbstbehaltsvorgaben des AktG insbesondere der Höhe nach angenähert, wobei die aktuelle Fassung des Staatsvertrages die Höhe des Selbstbehalts des Intendanten unter den Betrag des zwingenden Selbstbehalts für Vorstände gesenkt hat. Aktienrechtlich ist eine Absicherung des Vorstands (auf eigene Kosten) gegen das Risiko des Selbstbehalts allerdings möglich und zulässig. Das gilt entsprechend auch für den Intendanten.

?   Eine Verschärfung gegenüber dem AktG gibt es durch die Neuregelung des Staatsvertrages allerdings mit Blick auf zwingende Selbstbehalte von Rundfunkrat und Verwaltungsrat. Der Gesetzgeber des AktG hielt einen zwingenden Selbstbehalt für Aufsichtsräte für nicht erforderlich. In der Neufassung des Staatsvertrages sind für Verwaltungsrat und Rundfunkrat hingegen Selbstbehalte in Höhe von mindestens der jährlichen Vergütung bzw. Aufwandsentschädigung geregelt. Das geht nach Grund und Höhe über die Regelungen des AktG hinaus. Eine nachvollziehbare Begründung ist nicht erkennbar.

?   Zusammenfassend lässt sich festhalten: Im Vergleich zur Rechtslage unter Geltung des Aktienrechts werden Vorstand, Verwaltungsrat und Rundfunkrat des rbb durch den rbb-StV neu nunmehr einerseits bessergestellt, da dieser - anders als das Aktiengesetz - die Haftung für leichte Fahrlässigkeit ausschließt. Eine Haftungserleichterung für Vorstand und Aufsichtsgremien des rbb dürfte auch darin liegen, dass die Business Judgment Rule für sämtliche Entscheidungen greifen soll und nicht nur für unternehmerische Entscheidungen. Andererseits liegt eine Verschärfung der Rechtslage durch den rbb-StV neu für die Aufsichtsgremien Verwaltungsrat/Rundfunkrat demgegenüber in der Etablierung eines zwingenden Selbstbehaltes bei einer D & O-Versicherung.


Erster Teil: Organhaftung unter Geltung des rbb-StV alt und anderer Rundfunk- Staatsverträge bzw. -gesetze

A. Sachverhalt

B. Rechtliche Würdigung


1. Organhaftung bei Anstalten öffentlichen Rechts

2. Organhaftung beim rbb

Zweiter Teil: Gesellschaftsrechtliche Bezüge

A. Sachverhalt, Einleitung


I. Gesellschaftsrechtliche Bezüge der Haftungsregelungen für Organe

II. Gesetzliche Haftungsregelungen in AktG und GmbH

III. Haftungsregelungen im rbb-StV neu

IV. Organhaftung als Innenhaftung in Abgrenzung zur Außenhaftung sowie Haftung aus anderen Rechtsgründen

B. Organhaftung nach AktG und rbb-StV neu

I. Vorstandshaftung nach § 93 AktG, Intendantenhaftung nach § 31 rbb-StV neu

1. Sorgfaltsmaßstab und Pflichtenkreis

1.1 Sorgfaltsmaßstab und Pflichtenkreis nach § 93 Abs. 1 Satz 1 AktG

1.2 Übertragbarkeit auf rbb-StV neu

2. Konkrete Pflichtverletzungen nach § 93 Abs. 3 AktG

2.1. Aktienrechtliche Regelung

2.2 Übertragbarkeit auf rbb-StV neu

3. Haftungserleichterung, Geschäftsleiterermessen (Business Judgment)

4. Haftungsausschluss nach § 93 Abs. 4 Satz 1 AktG

5. Beweislast

6. D&O Versicherung, Selbstbehalt

7. Abdingbarkeit der Haftungsregelungen

II. Haftung der Direktoren bzw. des Direktorium nach rbb-StV neu

III. Pflichten und Haftung von Aufsichtsrat nach AktG und Rundfunkrat, Verwaltungsrat nach rbb-StV neu

1. Aktienrechtliche Regelungen für den Aufsichtsrat der AG (§ 116 AktG) 32

1.1 Verweis auf § 93 Abs. 1 und 2 AktG

1.2 Verweis auf § 93 Abs. 3 AktG und § 15b InsO

1.3 Haftungsausschluss nach § 93 Abs. 4 AktG

1.4 Haftung und Vergütungsverantwortung nach § 116 Satz 3 AktG

1.5 Abdingbarkeit des § 116 AktG

2. Haftung von Rundfunkrat und Verwaltungsrat nach rbb-StV neu

Dritter Teil: Vergleich des Organhaftungsregimes nach rbb-StV alt und rbb-StV neu




Erster Teil: Organhaftung unter Geltung des rbb-StV alt und anderer Rundfunk-Staatsverträge bzw. -gesetze

A. Sachverhalt

Der rbb-StV alt sah keinerlei explizite Regelungen zur Haftung seiner Organe Intendant, Verwaltungsrat und Rundfunkrat vor.

Das Gleiche gilt etwa für den SWR-Staatsvertrag, da die Regelung in § 25 Absatz 1 Satz 1

Die Intendantin oder der Intendant leitet den SWR, trägt die Verantwortung für den gesamten Betrieb und die Programmgestaltung und hat dafür zu sorgen, dass das Programm den gesetzlichen Vorschriften entspricht.

allenfalls einen Sorgfaltsmaßstab (an der untersten Grenze) etabliert, aber keinerlei anknüpfende Regelung für den Fall eines Verstoßes hiergegen existiert. Annähernd identisch ist § 2 Abs. 1 Satz 1 WDR-Gesetz ausgestaltet:

Die Intendantin oder der Intendant leitet den WDR selbständig, trägt die Verantwortung für die Programmgestaltung und für den gesamten Betrieb der Anstalt und hat dafür zu sorgen, daß das Programm den gesetzlichen Vorschriften entspricht.

Auch im NDR-StV (§ 30 Intendanz und Direktorium) finden sich keinerlei Haftungsregelungen für seine Organe. Das Gleiche gilt nach § 35 des SMG für den SR. Auch das neue SR-Gesetz schweigt (gleich dem SMG) zur Haftung der Organe des SR (§ 14).

Es lässt sich somit festhalten, dass keine andere normative Grundlage einer öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalt eine auch nur im Ansatz mit den Haftungsregelungen des rbb-StV neu vergleichbare Haftungsregelung enthält. Dieser Befund gilt auch für das erst vor kurzem vom saarländischen Landtag beschlossene SR-Gesetz. Der Gesetzgeber des Saarlandes sah also auch in 2023 keine Veranlassung, explizite Haftungsregelungen für die Organe des SR zu etablieren.

B. Rechtliche Würdigung

Das Schweigen sämtlicher Gesetze/Staatsverträge, auf deren Basis die öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten in Deutschland gründen, zur Haftung ihrer Organe darf nicht zu der Fehlannahme leiten, dass diese Organe deswegen keinerlei Haftung ausgesetzt seien. Vielmehr fehlt es dann lediglich an einer spezialgesetzlichen Haftungsregelung, welche die - ohnehin geltenden - allgemeinen Haftungsregelungen verdrängen könnten.

Um die Bedeutung der im rbb-StV neu enthaltenen Organhaftungsvorschriften ermessen zu können, ist daher der Frage nachzugehen, welche allgemeinen Organhaftungsregelungen für die Organe des rbb in der Vergangenheit anzuwenden waren, unter Geltung des zur Organhaftung schweigenden rbb-StV alt.

1. Organhaftung bei Anstalten öffentlichen Rechts

Mit einer gewissen Selbstverständlichkeit wird mittlerweile auch für Organe von öffentlich-rechtlichen Anstalten (AöR) auf die Haftungsregelungen der §§ 93, 116 AktG entsprechend zurückgegriffen, wenn und soweit keine spezialgesetzlichen Vorschriften vorgreiflich sind:

In seinem (öffentlich zugänglichen) Rechtsgutachten zu den Pflichten von Vorstand und Verwaltungsrat der Bayerischen Landesbank (einer AöR) im Zusammenhang mit dem Kauf der Hypo Group Alpe Adria vom 20.05.2010 führt Lutter unter Verweis auf entsprechende Quellen aus, dass sich in Abwesenheit von allgemeinen Regeln für öffentliche Unternehmen und ihre Organe sowie deren Rechte und Pflichten in der wissenschaftlichen Literatur nach und nach die Ansicht durchgesetzt habe, dass auf öffentliche Unternehmen wie die Bayerische Landesbank ersatzweise die Regeln des Aktienrechts entsprechend anzuwenden seien (S. 2). Zur Organhaftung des Vorstands heißt es auf Seite 57 des Gutachtens:

„Weder das BayLBG noch die Satzung der BayernLB formulieren auch nur einen Satz zum Problem der Haftung des Vorstands. Da sich diese Normen mithin als unergiebig erweisen, ist auf die Regelungen des Aktiengesetzes als allgemein gültige Aussagen für die Haftung von Organmitgliedern unternehmerisch tätiger juristischer Personen [Fn 169 m.w.N.]."

In der Festschrift für Hommelhoff, 2012, 1001,1011, kommen Schmidt/Bulla, in ihrem Beitrag „Zur Haftung von Mitgliedern der Aufsichtsorgane von Anstalten des öffentlichen Rechts am Beispiel der Bayerischen Landesbank und der Bayerischen Staatsforsten" ebenfalls zu dem Ergebnis, dass „die aktienrechtliche Rechtsprechung zur Verantwortlichkeit des Aufsichtsrats auch für vergleichbar organisierte Anstalten des öffentlichen Rechts heranzuziehen" ist.

Im Jahr 2014 erging im Rahmen eines Hinweisbeschlusses des BGH (NJW-RR 2015, 603) eine erste höchstrichterliche Entscheidung zu der Frage der (analogen) Anwendbarkeit der aktienrechtlichen Organhaftungsregelungen für Vorstände von Sparkassen (AöRs), die der BGH als nicht „ernsthaft umstritten" einstufte (ebenda, Rn. 3 ff.):

„Die vom Berufungsgericht aufgeworfene Rechtsfrage der entsprechenden Anwendung von S 93 AktG auf den Vorstand einer Sparkasse ist nicht ernsthaft umstritten:
vielmehr wird die Auffassung des Berufungsgerichts, das eine solche Anwendung des § 93 AktG für möglich erachtet, in der Literatur jedenfalls im Ergebnis geteilt (für eine Analogie: Lutter, Pflichten und Haftung von Sparkassenorganen, 1991, §§ 2, 3, S. 10 ff.; ders., ZIP 2009, 197, 198 Fn. 2; ders., ZIP 2007, 841, 848 zur business judgement rule; ders., BB 2009, 786, 790 f. für die Vorstände von Landesbanken; Grimm, Organisationsrecht der Landesbanken im Spannungsfeld zwischen öffentlich-rechtlichem Organisationsrecht und Aktienrecht, 1988, S. 113f.;Püttner, Die öffentlichen Unternehmen, 1985, S. 231; Rümker, Festschrift Werner, 1984, S. 751, 775; Fischer, DStR 2007, 1083, 1088; Kiethe, BKR 2005, 177, 180; Schaaf/Müller, VW 1997, 1593; Kust, WM 1980, 758; für eine "Orientierung" an § 93 AktG: Preussner, NZG 2005, 575, 577; für eine Anwendung des § 93 AktG bei der Bestimmung des Sorgfaltsmaßstabs für die Haftung aus § 280 BGB i.V.m. dem Dienstvertrag: Heinevetter, Sparkassengesetz Nordrhein-Westfalen, 2. Aufl., § 18 Rz. 9.1 und § 38 Rz. 4; Hauschka, Die Dienstrechtsstellung der Vorstandsmitglieder der öffentlich-rechtlichen Sparkassen, 1981, S. 115f.;i.E. zustimmend wohl auch Schlierbach/Püttner, Das Sparkassenrecht in der Bundesrepublik Deutschland, 5. Aufl., S. 220 f., der eine Haftungsbegrenzung wie bei den ehrenamtlichen Organmitgliedern für die Vorstandsmitglieder ablehnt, die bei ihrer Geschäftsführung unternehmerisch zu planen und die Sorgfalt eines ordentlichen und gewissenhaften Geschäftsleiters anzuwenden hätten).

[...]

II. Die Revision hat auch keine Aussicht auf Erfolg.

1. Der Senat geht mit dem Berufungsgericht davon aus, dass auf die Haftung von Sparkassenvorständen S 93 AktG entsprechend anwendbar ist, und zwar auch im Geltungsbereich des Sparkassengesetzes Nordrhein-Westfalen. Insbesondere die Anwendung
von § 93 Abs. 1 Satz 2 AktG führt entgegen der Auffassung der Revision nicht dazu, dass Sparkassen unter Verstoß gegen § 107 Abs. 6 GO NW zu Banken werden. Vielmehr ist es auch bei Anwendung des aktienrechtlichen Haftungsregimes auf den Vorstand einer Sparkasse ohne weiteres denkbar, den eventuellen Besonderheiten, die sich aus dem von Sparkassen zu erfüllenden öffentlichen Zweck im Rahmen der Daseinsvorsorge ergeben mögen (vgl. für Nordrhein-Westfalen: §2 Abs. 3 SpkG NW), Rechnung zu tragen. Eine Anwendung der nur für Verwaltungsratsmitglieder vorgesehenen Haftunaserleichterung entspricht dagegen, wie das Berufungsgericht ebenfalls zu Recht ausgeführt hat, ersichtlich nicht dem Willen des nordrheinwestfälischen Gesetzgebers. Da die Zahlungsverpflichtung des Beklagten dementsprechend auf einem formell und materiell rechtmäßigen Gesetz beruht und das Berufungsgericht bei seiner Rechtsanwendung auch seine (u.U. rechtsfortbildende) Kompetenz nicht überschritten hat, verhelfen der Revision auch entsprechende verfassungsrechtliche Erwägungen nicht zum Erfolg.“


Der BGH bestätigte damit die vorinstanzlichen Entscheidungen des LG Düsseldorf (BeckRS 2015, 02796) und des OLG Düsseldorf (BeckRS 2015, 02793), die zur Bejahung der analogen Anwendbarkeit des § 93 AktG maßgeblich darauf abhoben, dass es zum einen - anders als für die Mitglieder des Verwaltungsrates einer Sparkasse in NRW - für Sparkassenvorstände an einer spezialgesetzlichen Regelung fehle und zum anderen der Vorstand einer nordrheinwestfälischen Sparkasse strukturell mit dem Vorstand einer AG vergleichbar sei. In NZG 2021, 748, hat der BGH (in Strafsachen) im Zusammenhang mit der Prüfung einer Untreue nach § 266 Abs. 1 StGB unter Verweis auf die zivilrechtliche Rechtsprechung des BGH auf die analoge Anwendung von § 93 AktG im Falle von Sparkassenvorständen abgestellt.

Empt/Orlikowski-Wotf untersuchten in der Folge der BGH-Entscheidung aus dem Jahr 2014 (NJW-RR 2015, 603) in ihrem Beitrag, „Die Haftung von Vorstand und Verwaltungsrat von Anstalten des öffentlichen Rechts am Beispiel Nordrhein-Westfalen“, ZIP 2016, 1053, die Frage, nach welchen Haftungsregelungen Vorstandsmitglieder und Verwaltungsratsmitglieder anderer nordrhein-westfälischer AöRs (als Sparkassen) haften. Dabei bejahten die Autoren mit denselben Argumenten im Grundsatz ebenfalls die Anwendbarkeit der aktienrechtlichen Haftungsvorschriften für die Organe kommunaler AöRs in NRW. Wegen (vorgreiflicher) spezialgesetzlicher Haftungsregelungen, die in der „Verordnung über kommunale Unternehmen und Einrichtungen als Anstalt des öffentlichen Rechts (Kommunalunternehmensverordnung - KUV)“ des Landes NRW verankert sind, ergeben sich für die Organe von nordrhein-westfälischen AöRs Haftungserleichterungen im Vergleich zu den aktienrechtlichen Regelungen. Die Abhandlung schließt mit Ausführungen zur Übertragbarkeit ihrer Ergebnisse auf kommunale AöRs in anderen Ländern:

„3. Überträgt man diese Ergebnisse auf kommunale AöRs in anderen Bundesländern, kommt es zunächst immer darauf an, ob das jeweilige Landesrecht spezielle Regelungen zur Organhaftung beinhaltet. Fehlt es daran, sind - soweit die Kompetenzen der Organe der jeweiligen AöR mit denen von Vorstand und Aufsichtsrat bei einer AG vergleichbar sind - die aktienrechtlichen Regelungen analog heranzuziehen. "

Im Land Berlin existiert keine mit NRW oder anderen Flächenstaaten vergleichbare kommunale Ebene. Für die Berliner Stadtreinigungsbetriebe, die Berliner Verkehrsbetriebe und die Berliner Wasserbetriebe, allesamt AöRs, gilt das Berliner Betriebe-Gesetz (BerlBG). Dessen § 8 regelt die Aufgaben des Vorstands; Absatz 2 der Norm enthält folgende Haftungsregelung:

Die Mitglieder des Vorstands haben mit der Sorgfalt ordentlicher Kaufleute vertrauensvoll und eng zum Wohl der Anstalt zusammenzuarbeiten. Soweit sie ihre Pflichten verletzen, sind sie der Anstalt zum Ersatz des daraus entstehenden Schadens verpflichtet. Ist streitig, ob sie die Sorgfalt ordentlicher Kaufleute angewandt haben, trifft sie die Beweislast. Schließt die Anstalt für die Mitglieder des Vorstands eine Haftpflichtversicherung ab, ist ein angemessener Selbstbehalt zu vereinbaren.

Die Vorschrift normiert für den Vorstand dieser Betriebe einen an „Kaufleute“ anknüpfenden Sorgfaltsmaßstab, einen nicht beschränkten Haftungstatbestand, eine für ihn ungünstige Beweislastregelung und Vorgaben zur Versicherung (Pflicht zur Vereinbarung eines angemessenen Selbstbehaltes). Das entspricht im Groben und Ganzen dem aktienrechtlichen Haftungstatbestand des § 93 AktG. Ähnliches gilt für die Mitglieder des Aufsichtsrates nach § 11 Abs. 2 BerlBG:

Die Mitglieder des Aufsichtsrats haben die Regeln ordnungsgemäßer Unternehmensführung zu beachten. Verletzen sie die Sorgfalt schuldhaft, haften sie der Anstalt gegenüber auf Schadensersatz. Schließt die Anstalt für die Mitglieder des Aufsichtsrats sowie für den Vertreter oder die Vertreterin gemäß §10 Abs. 5 Satz 1 eine Haftpflichtversicherung ab, ist ein angemessener Selbstbehalt zu vereinbaren.

Die Kommunalverfassung des Landes Brandenburg (BbgKVerf), die u.a. den Rechtsrahmen für AöR auf kommunaler Ebene in Brandenburg bereitstellt, enthält keinerlei Vorschriften zur Haftung der in § 95 geregelten Organe solcher AöR.


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