Mit diesen Urteilen hat das Bundesverwaltungsgericht eine Rechtsfrage im Sinne der Beitragspflichtigen entschieden, die im Forum schon mehrfach thematisiert worden war.
Fall von che09
Meldedatenabgleich, erstmalig Post an Nebenwohnung, Hauptwohnung Eltern (08/2018)
https://gez-boykott.de/Forum/index.php?topic=28501.0Fall von @Gesamtschuldner
Befreiung Nebenwohnung, wenn Beitragsnummer Hauptwohnung der Ehefrau "gehört" (05/2019)
https://gez-boykott.de/Forum/index.php?topic=30964.0Man ist als juristischer Laie doch sehr erstaunt, dass das Bundesverfassungsgericht seine mit Gesetzeskraft versehenen Entscheidungen so unklar formulieren konnte, dass über die Auslegung jahrelang vor den Verwaltungsgerichten gestritten werden musste.
Man muss aber froh sein, dass diese Frage überhaupt bis zum BVerwG vorgedrungen ist: das BVerwG soll eigentlich nur über Fälle grundsätzlicher Bedeutung verhandeln, und die Auslegung zeitlich befristeter Übergangsregelungen erfüllt dieses Kriterium nach meiner Erinnerung der Rechtsprechung des BVerwG eigentlich nicht. Aber wenn das OVG Bautzen die Revisionen zugelassen hat, dann ist das BVerwG daran gebunden.
Die Auswirkungen dieses bürgerfreundlichen Urteils werden vermutlich nur einen geringen Kreis von Betroffenen betreffen, sei es weil die Rundfunkanstalten mit einer rückwirkenden Ummeldung des Beitragskontos für die Hauptwohnung auf den Inhaber der Nebenwohnung die Voraussetzungen dafür geschaffen hatten, dass die Befreiung der Nebenwohnung auch nach der fehlerhaften Rechtsansicht der Rundfunkanstalten möglich ist und die Betroffenen damit klaglos gestellt hat, sei es weil die Betroffenen sich mit der Beitragspflicht für die Nebenwohnung abgefunden und den Rechtsweg nicht beschritten haben.
Erschreckend finde ich in diesem Zusammenhang, wie unkritisch die Rechtsmeinung der Rundfunkanstalten von anderen beruflich mit diesen Problemen beschäftigten Menschen übernommen wurde:
Z.B. Verbraucherberatungen oder etliche Rechtsanwälte (nach meiner Erinnerung, das müsste noch belegt werden, dazu hab ich leider momentan keine Zeit).
Aber auch die Politiker sind den Rundfunkanstalten bei der Neuregelung auf den Leim gegangen: die Neuregelung ist restriktiver als die Übergangsregelung des BVerfG, weil eine Befreiung der Nebenwohnung nur noch erfolgen kann, wenn man entweder selber angemeldet ist oder aber der Ehepartner.
Die Politiker haben die Möglichkeit, eine Befreiung auch für den Ehepartner des Angemeldeten zu ermöglichen, als Wohltat verkauft, obwohl die Neuregelung nach diesem Urteil des BVerwG eigentlich restriktiver wirkt als die Übergangsregelung des BVerfG.
Oder anders ausgedrückt: Hat ein in der Hauptwohnung zusammenlebendes Paar eine gemeinsame Nebenwohnung als Ferienwohnung oder Datsche, dann war es nach der Rechtsmeinung der Rundfunkanstalten nicht möglich, eine Befreiung der Nebenwohnung in der Übergangszeit zu erreichen.
Hier sind vermutlich sehr viele Datschenbesitzer verarscht worden und haben in der Übergangszeit auch für die Datsche Rundfunkbeiträge bezahlt.
Angesichts des Ausgabegebahrens von RBB, MDR und Co. könnte die Entscheidung des BVerwG durchaus politisch instrumentalisiert werden.