Hallo liebe Mitstreiter,
ich habe die Kommentarzitate zu
Artikel 66
(1) Die Gesetze werden vom Landtag beschlossen.
(2) Staatsverträge bedürfen der Zustimmung des Landtags.
vervollständigt. Die folgenden Zitate sind nun vollständig zitiert:
3. Staatsverträge
Staatsverträge bedürfen gem. Art. 66 Satz 2 LV NRW nur der schlichten Zustimmung des Landtages. Die Landesverfassung kennt nicht das in Art. 59 Abs. 2 Satz 1 GG vorgeschriebene und übliche Verfahren der Vertragsgesetzgebung. Ihre Regelung ist gleichwohl mit dem GG vereinbar (BVERWGE 74, 139, 140 ff). Wie bei Art. 59 Abs. 2 Satz 1 GG bedingen Zustimmungserfordernis und Vertragsinhalt samt -folgen aber einander.
Staatsverträge sind demnach solche Verträge des Landes mit anderen Ländern, mit dem Bund und - im Rahmen des Art. 32 Abs. 3 GG - mit auswärtigen Staaten,
die zur korporativen Bindung des Landes auch im innerstaatlichen Funktionsbereich des Landtags führen. Art. 59 Abs. 2 Satz 1 GG, der Bundesstaats- sowie Völkerrechtspraxis folgend, werden deshalb Verträge über die unter Gesetzes- und Haushaltsvorbehalt stehenden Gegenstände als Staatsvertrag behandelt und vom Verwaltungsabkommen abgegrenzt, deren Vertragsgegenstände und -folgen nur im Bereich der Verwaltung im Sinne von Art. 3 Abs. 2 LV NRW liegen. Insoweit kommt es darauf an, ob ein Vertrag ohne Mitwirkung des Landtags erfüllt werden kann. Dies ist auch dann der Fall, wenn die Exekutive sich auf eine Verordnungsermächtigung gem Art. 70 LV NRW stützen kann.
4. Vertragszustimmung
Die Zustimmung erfolgt im Anschluß an die Vereinbarung des Vertragstextes und dessen unverbindliche Unterzeichnung, aber vor der Vertragsratifikation, d.h. der gegenüber dem Vertragspartner verbindlichen Vertragsunterzeichnung durch das gem. Art. 57 LV NRW kompetente Vertretungsorgan des Landes. Die nachträgliche Zustimmung wirft Rechtsfolgenprobleme auf, wenn Vertrags- und Zustimmungsgeltung zeitlich auseinanderfallen. Der Zustimmung kommt eine Doppelwirkung zu: Ermächtigung zum verbindlichen Vertragsschluß, Inkorporation bzw. Transformation der Vertragsregeln in innerstaatliches Recht, die Einbeziehung bzw. Umsetzung kann gleichwohl noch durch besonderes Gesetz vorgenommen werden, um legislative Rechtsklarheit zu schaffen, insbesondere um bestehende Gesetze vertragsgemäß zu ändern oder zu ergänzen. Inkrafttreten und Geltungskraft der durch Zustimmung inkorporierten bzw. transformierten Regeln hängen vom Rechtsbestand des Vertrages ab. Gleichwohl ist die Form der einfachen Zustimmung nicht Ausdruck eines bundesstaatsrechtlichen oder völkerrechtlichen Monismus der Rechtsordnung. Die mit Gesetzeskraft geltenden Vertragsregeln sind in die innerstaatliche Rangordnung der Rechtsquellen eingefügt, dürfen also auch ungeachtet des Vertrages, aber mit dem Risiko der Vertragsverletzung innerstaatlich durch Gesetz geändert werden; es besteht kein Vorrang des Vertragsrechts.
Vielleicht wird es jetzt deutlicher/eindeutiger. Immer mit dem Hintergrund des "Vorbehalt des Gesetzes"!
Aktuell finden sich in Entscheidungen der VGs folgende Behauptungen:
VG Gelsenkirchen"...der durch
Zustimmungsgesetz des nordrheinwestfälischen Landtags nach Art. 66 Satz 2 der Landesverfassung Nordrhein-Westfalen zum 15. Rundfunkänderungsstaatsvertrag vom 13. Dezember 2011 (GV.NRW.2011 S. 675) mit Wirkung ab 1. Januar 2013 formell nordrhein-westfälisches Landesrecht geworden ist."
Quelle:
https://www.justiz.nrw.de/nrwe/ovgs/vg_gelsenkirchen/j2016/14_K_529_14_Urteil_20160126.htmlEin Blick in die vom VG Gelsenkirchen benannte Quelle "GV.NRW.2011 S. 675" offenbart: "
Bekanntmachung des Fünfzehnten Staatsvertrages zur Änderung rundfunkrechtlicher Staatsverträge" Beweis->
https://recht.nrw.de/lmi/owa/br_vbl_detail_text?anw_nr=6&vd_id=13027&vd_back=N675&sg=0&menu=1VG Köln"1. Das
Zustimmungsgesetz des nordrhein-westfälischen Landtages zum Fünfzehnten Rundfunkänderungsstaatsvertrag zur Änderung rundfunkrechtlicher Staatsverträge verletzt nicht die im Grundgesetz vorgesehenen Regelungen zur Gesetzgebungskompetenz."
Quelle:
https://www.justiz.nrw.de/nrwe/ovgs/vg_koeln/j2014/6_K_7041_13_Urteil_20141016.htmlVG Minden"1. Das
Zustimmungsgesetz des nordrhein-westfälischen Landtages zum Fünfzehnten Rundfunkänderungsstaatsvertrag zur Änderung rundfunkrechtlicher Staatsverträge verletzt nicht die im Grundgesetz vorgesehenen Regelungen zur Gesetzgebungskompetenz."
Quelle:
https://www.justiz.nrw.de/nrwe/ovgs/vg_minden/j2014/11_K_3920_13_Urteil_20141119.htmlVG Düsseldorf"Die Grundgesetzwidrigkeit des
Zustimmungsgesetzes des Landtages zum Rundfunkbeitragsstaatsvertrages als formelles Landesgesetz könnte als entscheidungserhebliche Vorfrage nach Art. 93 Abs. 1 Nr. 5, 100 Abs. 1 GG i.V.m. §§ 13 Nr. 11, 80 ff. BVerfGG allein im Wege der konkreten Normenkontrolle durch das Bundesverfassungsgericht festgestellt werden."
Quelle:
https://www.justiz.nrw.de/nrwe/ovgs/vg_duesseldorf/j2015/27_K_6965_13_Urteil_20150310.htmlVG Arnsberg"Die durch den 15. Rundfunkänderungsstaatsvertrag neu gefassten Rechtsgrundlagen des Rundfunkbeitrags sowie das entsprechende
Zustimmungsgesetz des Landes Nordrhein-Westfalen vom 13. Dezember 2011 (Gesetz- und Verordnungsblatt für das Land Nordrhein-Westfalen – GVBl – Nr. 30 vom 16. Dezember 2011, S. 675 ff.) sind verfassungsgemäß."
Quelle:
https://www.justiz.nrw.de/nrwe/ovgs/vg_arnsberg/j2014/8_K_3279_13_Urteil_20141020.htmlEin Blick in die vom VG Arnsberg benannte Quelle "Gesetz- und Verordnungsblatt für das Land Nordrhein-Westfalen – GVBl – Nr. 30 vom 16. Dezember 2011, S. 675 ff." offenbart: "
Bekanntmachung des Fünfzehnten Staatsvertrages zur Änderung rundfunkrechtlicher Staatsverträge" Beweis->
https://recht.nrw.de/lmi/owa/br_vbl_detail_text?anw_nr=6&vd_id=13027&vd_back=N675&sg=0&menu=1VG Aachen"Der nordrhein-westfälische Landtag hat hierzu in seiner Sitzung vom 8. Dezember 2011 gemäß Art. 66 Satz 2 der Landesverfassung ein
Zustimmungsgesetz beschlossen und dieses mit dem 15. Rundfunkänderungsstaatsvertrag im nordrhein-westfälischen Gesetz- und Verordnungsblatt bekannt gemacht (GV. NRW. 2011, S. 675), wodurch der RBStV in Nordrhein-Westfalen geltendes Recht geworden ist."
Quelle:
https://www.justiz.nrw.de/nrwe/ovgs/vg_aachen/j2016/8_L_145_15_Beschluss_20160404.htmlUnd wieder ein Blick in die zitierte Quelle "GV. NRW. 2011, S. 675": "
Bekanntmachung des Fünfzehnten Staatsvertrages zur Änderung rundfunkrechtlicher Staatsverträge" Beweis->
https://recht.nrw.de/lmi/owa/br_vbl_detail_text?anw_nr=6&vd_id=13027&vd_back=N675&sg=0&menu=1Selbst das
OVG Münster behauptet:
"Namentlich fällt das
Zustimmungsgesetz des Landtags Nordrhein-Westfalen zu dem 15. Rundfunkänderungsstaatsvertrag in die Gesetzgebungskompetenz des Landesgesetzgebers aus Art. 70 Abs. 1 GG (dazu [1])."
Quelle:
https://www.justiz.nrw.de/nrwe/ovgs/ovg_nrw/j2016/2_A_760_16_Urteil_20160901.htmlPerson A ist ein (nicht öffentlicher) Beschluß des
VG Düsseldorf bekannt, in dem das VG Düsseldorf von "
im Rang eines Gesetztes" spricht und die "Wissenschaftlichen Dienste des Deutschen Bundestages" zum Thema "Staatsverträge zwischen den Bundesländern" zitiert. Das VG Düsseldorf übersieht dabei allerdings, daß die "Wissenschaftlichen Dienste des Deutschen Bundestages" von einem
Zustimmungsgesetz sprechen, und dass für den „Rang eines Gesetzes“ die Voraussetzung ein Gesetz ist.
Quelle:
https://www.bundestag.de/blob/190052/424c9d512ff446a6aeadebf8a60725ee/staatsvertraege_zwischen_den_bundeslaendern-data.pdfIm Urteil des BVerfG 1 BvR 1675/16 spricht selbst das BVerfG von „
Zustimmungsgesetze und
Zustimmungsbeschlüsse der Länder“ und „
Zustimmungsbeschlüsse zum Fünfzehnten Rundfunkänderungsstaatsvertrag in den Ländern Bayern und
Nordrhein-Westfalen.
Quelle:
https://www.bundesverfassungsgericht.de/SharedDocs/Entscheidungen/DE/2018/07/rs20180718_1bvr167516.htmlInsofern hat das BVerfG ja bereits abschließend festgestellt, daß es "Zustimmungsgesetze und Zustimmungsbeschlüsse der Länder" gibt, und daß es in NRW eben kein Zustimmungsgesetz gibt, sondern einen Zustimmungsbeschluß.
Was soll der Bürger davon halten? Wenn er es denn überhaupt bemerkt.
Nachdenkender