Aus Zeitmangel ist es mir nicht möglich den Originalbeschluss hochzuladen und zu anonymisieren. Aus diesem Grund erfolgt hierzu nur eine Wiedergabe der "Leitsätze", die Begründung sowie meine Kommentierung.
Im Vorgeplenkel steht, dass am Vollstreckungsersuchen nichts zu kritisieren gäbe der Gerichtsvollzieher hätte alles gemäß §750 ZPO geprüft.
1)
In der Erinnerung würde auf die rechtskräftige Entscheidung vom Landgericht (Beschluss sofortige Beschwerde mit Aktenzeichen abgestellt)
Ferner steht darin:
"Die materielle Rechtskraft des Beschlusses tritt mit Wirkung für und gegen den Erinnungsführer ein, sodass insoweit rechtskräftig feststeht, dass hinsichtlich des Gläubigers in diesem Verfahren davon auszugehen ist, dass die angezweifelte Behördeneigenschaft vorliegt."
Ergänzend wird auf die üblichen Verdächtigen: RBStV, Satzung Rundfunkanstalt etc. hingewiesen, beispielsweise findet sich folgender Passus:
"Der festgesetzte Betrag wird nach §10 Abs. 6 RBStV im Verwaltungsvollstreckungsverfahren vollstreckt."
[...]
"Es gelten die Bestimmungen des 8. Buches der ZPO entsprechend der Maßgabe, dass an die Stelle der vollstreckbaren Ausfertigung des Schuldtitels das schriftliche Vollstreckungsersuchen tritt und eine Zustellung des Vollstreckungsersuchen nicht erforderlich ist"
Es folgt noch eine Satz über Vermögensauskunft (einmal nach §802a und einmal nach §802c ZPO)
Es folgt noch ein Wort über die Satzung, dass der Beitragsservice per Satzung von den Rundfunkanstalten ermächtigt wird.
Zum Abschluss folgt:
"Dies ändert nichts an der Gläubigereigenschaft und damit der Behördeneigenschaft der jeweiligen Landesrundfunkanstalt, die auch nach wie vor auf dem Briefkopf benannt ist. Insofern sind Bedenken dagegen, dass der Mitteldeutsche Rundfunk, eine Anstalt des öffentlichen Rechts, keine Behörde im Sinne der Vorschriften ist, nicht durchgreifend"
(Mit Zitat BGH vom 11.05.2015)
2)
"Die formalen Voraussetzungen nach §4 Abs. 2 SächsVwVG sind eingehalten. Insoweit kann auf die rechtskräftige Entscheidung des Landgerichts [...] Bezug genommen werden. Die materielle Rechtskraft des Beschlusses tritt mit Wirkung für und gegen den Erinnerungsfü+hrer ein, sodass insoweit rechtskräftig feststeht, dass das Vollstreckungsersuchen zum 2. Mai 2017 den formellen Voraussetzungen entspricht. Es sind hier alle objektiv vorhandenen Tatsachen präkludiert und nicht nur solche, die in das Erinnerungs- bzw. Beschwerdeverfahren eingeführt wurden sind."
Es folgen Zitate aus Gesetzeskommentaren, die allerdings nicht alle auf dem neusten Stand sind.
3)
"Soweit der Schuldner erneut vorträgt, dass er keine Mahnungen des Gläubigers erhalten hat, ist dies im Rahmen des vorliegenden Erinnerungsverfahrens nach §766 ZPO nicht Prüfungsgegenstand. Der Gerichtsvollzieher und auch das Vollstreckungsgericht, welches im Rahmen einer Vollstreckungserinnerung über die Zulässigkeit des Vorgehens in der Zwangsvollstreckung entscheidet, sind lediglich gehalten, zu prüfen, ob das Vollstreckungsersuchen den Voraussetzungen des § 4 Abs. 3 SächsVwVG entsprcht"
Es folgen Zitate BGH Urteil und Landgerichtsbeschluss
4)
Hier ist ein Absatz für den Fall das gerügt wurde, dass der Gerichtsvollziehen die Zusage die Vollstreckungsaussetzung bis zur Entscheidung der Rechtsbehelfe nicht eingehalten habe.
5)
Für den Fall der Rüge, der Unvollständigkeit der Rechtsbehelfsbelehrung durch den Gerichtsvollzieher, wird hier auf Bestimmungen § 802f Abs. 3 und 4 ZPO in Verbindung mit §802c ZPO verwiesen und erläutert. Der Hinweis auf fehlenden Hinweis auf Vollstreckungsabwehrklage wird als nicht vorgeschrieben abgebügelt.
6)
Für den Fall dass der Kostenansatz gerügt wird, sei das unbegründet, da keine Kostenrechnung ersichtlich sei.
7)
Erinnerung wird insgesamt als unbegründet zurückgewiesen.
So nach zwei Tagen in der Juristenbibliothek, bin ich etwas schlauer über das Vollstreckungsverfahren und die abgelehnte Erinnerungsbegründung:
Nach meinem Erkenntnisstand prüft das Vollstreckungsgericht (Amtsgericht) im Rahmen der Erinnerung nur, ob das Vollstreckungsersuchen formal richtig ist und ob die Voraussetzungen nach
§750 ZPO vorliegen. Über den Inhalt und die Rechtmäßigkeit wird nicht geprüft. Das erklärt auch, warum das Amtsgericht alle Einreden in 2) präkludiert.
Die
Verantwortlichkeit der Richtigkeit des Vollstreckungsersuchens
obliegt bekanntlich
der ersuchenden Behörde. Auf die Idee zu überprüfen,
ob die Amtshilfe ersuchende tatsächlich eine Behörde ist, kommt das Gericht nicht und setzt es stillschweigend voraus. Somit wird die
vermeintliche Behörde "Rundfunkanstalt bzw.
"Beitragsservice" befragt,
ob das Vollstreckungsersuchen seine Richtigkeit hat. Die Antwort kann man sich denken. Weil sich das Amtsgericht als Vollstreckungsorgan nicht dafür interessiert, ob das Ersuchen gerechtfertigt ist, prüft es hier auch nicht die Einrede mit der nicht erhaltenden Mahnung. Hier vertraut es (in Beamtenmentalität) auf die Aussage der ersuchenden Stelle. Im Regelfall, aber nicht hier, ist dieses Verhalten auch nützlich und sinnvoll.
Ergo das Rechtsmittel Erinnerung konnte keinen Erfolg bringen. Das Amtsgericht beurteilt alles nur nach ZPO ohne die Regelungen des Verwaltungsrechtes zu berücksichtigen. Alle Einwände, die das System zum Einstürzen bringen würden, werden präkludiert oder als Nichtgegenstand des Verfahrens nicht betrachtet.
Nun steht die Frage, welche Angriffspunkte für eine sofortige Beschwerde bleiben), auch wenn ich mir sicher bin, dass die wieder abgebügelt wird. Immerhin würde es etwas Zeit für die Vorbereitung einer Vollstreckungsabwehrklage bringen.
Materielle Einwände bezüglich des (Nicht)Behördenstatus der hiesigen Rundfunkanstalt bringen nicht viel. Die sind in einer Vollstreckungsgegenklage besser aufgehoben. Auch die ausbleibende Mahnung kann nur am Rande angebracht werden.
Ich sehe folgende Punkte:
a)
Zunächst hätte geprüft werden müssen, ob die Ersuchende Stelle überhaupt befugt ist ein Vollstreckungsersuchen zu erstellen, da hier ein
Konflikt zwischen RBStV, SächsVwVG und SächsVwOrgG vorliegt.
Hier böte sich die Möglichkeit einzuwenden, dass gar
kein vollstreckungsfähiger Verwaltungsakt vorliegt (Stichwort Festsetzungsbescheid), auch wenn die wohl in einer Klage besser aufgehoben wäre.
b)
Für den Fall, dass es die Konflikte so löst, dass es dem RBStV Vorrang einräumt, hätte das Vollstreckungsersuchen nicht nur nach §750 ZPO sondern
insbesondere auch nach VwVG und SächsVwOrgG geprüft werden müssen. Insbesondere hätte geprüft werden müssen, ob die Vollstreckungsvoraussetzungen nach VwVG und SächsVwOrgG vorliegen (Stichwort fehlende Mahnung)
c) Es könnten nochmal die Formfehler im gerügt werden (insbesondere das
fehlende Aktenzeichen,
fehlender Name und das
fehlende Dienstsiegel). Entgegen der Lesart des Amtsgerichtes ist nach Lindner das
Dienstsiegel und der Namen für ein Vollstreckungsersuchen zwingend erforderlich, damit die Vollstreckungsbehörde erkennen kann, dass das Ersuchen tatsächlich von einer Behörde kommt. Der Gesetzestext, dass Unterschrift und Dienstsiegel bei elektronischen Ersuchen fehlen können bedeutet, dass der Name des Ersuchenden dennoch zwingend ist. Auf das händische Siegel kann verzichtet werden, aber ein eingescanntes mitgedrucktes Siegel kann aber jeder Behörde zugemutet werden.
d) Das Vollstreckungsgericht hätte verwaltungsrechtlichen Fragen an das Verwaltungsgericht gemäß
§ 17a Abs. 2 GVG abgeben können
Hmm was seht Ihr noch für Angriffspunkte?