Verfassungsbeschwerde vom 18. Juli 2016 gegen den RundfunkbeitragAktenzeichen 1 BvR 1675/16Verstoß gegen den Art. 3 (1) Grundgesetz (Belastungsgleichheit) wegen unzulässiger Typisierung (Punkt 5.5 der Verfassungsbeschwerde)Akzeptanzverlust der öffentlich-rechtlichen RundfunkoptionHorst Röper vom Forschungsinstitut Formatt, Prof. Dr. Bernd Holznagel und Dr. Thorsten Ricke von der Westfälischen Wilhelms-Universität Münster bestätigten während der 13. Sitzung des Haupt- und Medienausschusses am NRW Landtag vom 7. April 2011 den deutlichen Akzeptanzverlust des öffentlich-rechtlichen Rundfunksystems.
"Horst Röper (Forschungsinstitut Formatt):
Wichtiger erschien mir immer, dass mit der zurückgehenden Gebührenakzeptanz auch das System öffentlich-rechtlicher Rundfunk in der Bevölkerung immer weniger akzeptiert wurde. (…)
Prof. Dr. Bernd Holznagel (Westfälische Wilhelms-Universität Münster):
Dass das derzeitige Modell Akzeptanzverluste und auch erhebliche Umsetzungsverluste aufweist, wenn nur 75 % einspielt werden können, liegt auf der Hand. (…)
Dass auch das öffentlich-rechtliche System Akzeptanzverluste hat, das sehe ich gerade an der Uni jeden Tag. Die meisten Studenten haben eine ganz andere Mediennutzung als meine Generation. (…)
Dr. Thorsten Ricke (Westfälische Wilhelms-Universität Münster):
Die Akzeptanz der gegenwärtigen Gebühr ist bei Studenten sehr gering. Ein Drittel von ihnen nutzt zum Fernsehen mittlerweile den Computer und nicht mehr den Fernseher. Dass man die irgendwie erfassen muss, ist, glaube ich, selbstverständlich"
Quelle: 13. Sitzung des Haupt- und Medienausschusses am NRW Landtag vom 7. April 2011,
http://www.landtag.nrw.de/portal/WWW/dokumentenarchiv/Dokument/MMA15-177.pdf
Beim Radio erreichte der private Senderverbund Radio NRW (5,9 %) und der private Hörfunksender Antenne Bayern (5,6 %) die höchsten Nutzeranteile VOR den ö.-r. Radios:
Quelle: VPRT (Verband Privater Rundfunk und Telemedien e.V.), MedienVielfaltsMonitor II 2014
http://www.vprt.de/sites/default/files/MedienVielfaltsMonitor_2014-II_Nutzeranteile_Radio.jpg Bedenkt man, dass ein Teil der Gesellschaft die öffentlich-rechtliche Option nutzt, so ist es logisch, dass ein anderer große Teil der Gesellschaft die Option eben nicht nutzt. Die Nichtnutzer und die aus Sorge vor Repressalien zahlenden Millionen Nichtnutzer der öffentlich-rechtlichen Programme nutzen den Überfluss an Medien und informieren / unterhalten sich über andere Quellen.
Grundvoraussetzung Multifunktionsgeräte - Differenzierung beitragspflichtiger Nutzer/Nichtnutzer einer Option - Typisierungsfehler - spezifische Beziehung - Bebeitragung einer aus dem Überfluss an Quellen von der Politik bevorzugten fiktiven Eventualität - Verstoß gegen die Belastungsgleichheit des Art. 3 GrundgesetzDie Rundfunkgeräte (heute Multifunktionsgeräte) sind eine
Grundvoraussetzung für die Möglichkeit eines Empfangs / der Darstellung der weltweit verfügbaren Medieninhalte. Soweit die Multifunktionsgeräte vorhanden sind, werden sie zudem nutzerabhängig für alle möglichen Anwendungen verwendet, auch als Monitor für Online-Zeitungen, YouTube, Konferenzen, Skype, Fotos, Konsolenspiele, Leih- und Kauffilme, Internet und das Internetradio. Durch das Bereithalten eines Multifunktionsgerätes wird jedenfalls NICHT offenkundig ein Nutzungs- oder Teilnahmeinteresse an der öffentlich-rechtlichen Rundfunkoption bekundet, noch dass man eine lebenslange finanzielle Hinderung durch den Rundfunkbeitrag in Kauf nehmen will. Die Multifunktionsgeräte spiegeln im 21 Jahrhundert keine Nutzung der öffentlich-rechtlichen Medienoption mehr wider. Der direkte
vorteils- und damit abgabenbegründende Zusammenhang (spezifische Beziehung) zwischen dem Gerät und der Nutzung oder auch nur einem offenkundigen Nutzungs-/ Teilnahmeinteresse an den ö.-r. Programmen
gab es NUR zur Anfangszeit des öffentlich-rechtlichen Rundfunks. Dies liegt jedoch Jahrzehnte zurück. Zwischen der Wohnungsinhaberschaft und der besondere Vorteile vorgaukelnden Eventualität (öffentlich-rechtliche Rundfunkoption), die obendrein aus dem Überfluss an Medienquellen nach politischer Einflussmöglichkeit (Gremieneinfluss) bestimmt wurde, gibt es überhaupt keine spezifische Beziehung mehr. Ob eine bestimmte Medienoption überhaupt genutzt wird, hängt vor allem mit dem Nutzungswillen zusammen. Doch der ö.-r. Rundfunkbeitrag basiert nunmehr auf der sachlich nicht zusammenhängenden Wohnungsinhaberschaft, völlig unabhängig von der Nutzung oder Nichtnutzung dieser ö.-r. Option.
Wenn es nicht darauf ankommt, ob man Nutzer oder Nichtnutzer der öffentlich-rechtlichen Option ist, also die Verwirklichung (tatsächliche Nutzung) dieser fiktiven Eventualität überhaupt keine Rolle für die Zahlungspflicht und die Höhe des Rundfunkbeitrags spielt, dann kann es definitiv auch nicht auf die davorstehende - aus dem Überfluss an Quellen - von der Politik bevorzuge fiktive Nutzungs-Eventualität ankommen.
Deswegen ist die Annahme des Gerichts im Urteil BVerwG 6 C 7.15 vom 18. März 2016 zum Verfahren des Klägers bei Rz. 14
"Vielmehr soll er ebenso wie die frühere Rundfunkgebühr die Möglichkeit abgelten, die öffentlich-rechtlichen Rundfunkprogramme zu empfangen."
heute im
Multimediazeitalter vollkommen
überholt und unlogisch.
Die Begründung der Zahlungspflicht ist fehlerhaft, denn damit wird den Nichtnutzern und den aus Sorge vor Repressalien zahlenden Millionen Nichtnutzern der öffentlich-rechtlichen Programme willkürlich und fiktiv die nicht gewollte überflüssige Nutzungs-Eventualität unter dem Vorwand des besonderen Vorteils zugerechnet. Die Zurechnung leugnet die Millionen Nichtnutzer der öffentlich-rechtlichen Option und ist damit vollkommen abwegig, willkürlich und fiktiv. Das darf der Gesetzgeber nach dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts (BVerfGE Beschluss vom v. 27.07.1971, Aktenzeichen 2 BvF 1/68, RZ. 42) nicht:
„Es darf indessen nicht außer acht gelassen werden, daß sich der Gesetzgeber nicht beliebig der Fiktion bedienen kann. Ihm sind unter anderem bestimmte Grenzen auch dadurch gesetzt, daß der Verfassungsgesetzgeber, wenn er direkt oder indirekt auf Begriffe Bezug nimmt, die er der allgemeinen Rechtsordnung entlehnt, diese nicht mit einem beliebigen Inhalt füllen kann.“
Sofern die Allgemeinheit einen Vorteil hätte, gäbe es dann keinen individuell zurechenbaren Vorteil gegenüber der Allgemeinheit. Der Vorteil und erst recht der besondere Vorteil lösen sich in Luft auf, damit ist die Abgabe kein Beitrag. Durch den Rundfunkbeitrag wird widerrechtlich ein fiktiver Vorteil lebenslänglich bebeitragt, den die Allgemeinheit ohnehin durch andere frei verfügbare Quellen im Überfluss bereits hat.
Die persönlichen Nutzungsgewohnheiten und der Wille zum Empfang einer Medienoption werden willkürlich nicht berücksichtigt und die Nutzer und Nichtnutzer der Option in einen Topf geworfen. Werden Beiträge erhoben, verlangt der Art. 3 Abs. 1 GG, dass eine Differenzierung zwischen Beitragspflichtigen und nicht Beitragspflichtigen nach Maßgabe des Vorteils vorgenommen wird, dessen Nutzungsmöglichkeit mit dem Beitrag abgegolten werden soll. Eine mögliche sachgerechte Differenzierung findet nicht statt. Das ist ein klarer Verstoß gegen die Belastungsgleichheit des Art. 3 Grundgesetz. Das Typisierungsraster ist nicht einmal in der Lage zwei Hauptgruppen - Nutzer und Nichtnutzer des öffentlich-rechtlichen Rundfunks - voneinander zu trennen. Aus all den Gründen ist die Abgabe verfassungswidrig und der Kläger als Nichtnutzer der ö.-r. Option in seinem Grundrecht der Belastungsgleichheit nach Art. 3 Abs. 1 GG verletzt.
Ansonsten könnte der Staat / könnten die Länder jeden Bürger nach Belieben aufgrund fiktiver Eventualitäten finanziell unsachgemäß belasten. Das wäre gegen die Finanzverfassung. Der Rundfunkbeitrag ist daher verfassungswidrig.
Weitere Zitate der Verfassungsbeschwerde hier im Thread - zum Thema
"Keine Beitragspflicht der Allgemeinheit"http://gez-boykott.de/Forum/index.php/topic,19642.msg127778.html#msg127778"Keine Gegenleistung / kein Leistungsaustausch"http://gez-boykott.de/Forum/index.php/topic,19642.msg127779.html#msg127779