Nähmen wir mal an, die Rundfunkanstalt hätte folgendermaßen mit einem Widerspruchsbescheid reagiert:
ARD
Deutschlandradio
BEITRAGSSERVICE
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Herrn
Willi Mustermann
Abteilung Recht und Personal _ _ _ _ _ _
ARD ZDF Deutschlandradio Beitragsservice Freimersdorfer Weg 6 50829 Köln
Web
www.rundfunkbeitrag.de/service E-Mail service@rundfunkbeitrag.de
Ihre Nachricht vom _ _.07.2014 Datum _ _.07.2014 Beitragsnummer _ _ _ _ _ _ _
Widerspruchsbescheid von Radio _ _ _ _ _
Sehr geehrter Herr Mustermann,
Ihren Widerspruch gegen den Bescheid von Radio _ _ _ _ vom _ _.06.2014 weisen wir zurück.
Gründe:
Sie wenden sich gegen die Festsetzung der Rundfunkbeiträge.
Ihr Widerspruch ist zulässig, aber unbegründet.
Rechtsgrundlage der Beitragserhebung ist der Rundfunkbeitragsstaatsvertrag, der durch die Zustimmung der Landesparlamente Gesetzeskraft hat.
"Seit dem 1. Januar 2013 ist im privaten Bereich grundsätzlich für jede Wohnung von deren Inhaber (Beitragsschuldner) ein Rundfunkbeitrag in Höhe von 17,98 Euro im Monat zu entrichten" (Bayerischer Verwaltungsgerichtshof, Beschluss vom 03.12.2013 - 7 ZB 13.1817).
Hierzu hat der Bayerische Verfassungsgerichtshof (Entscheidung vom 15.05.2014 - Vf. 8-VII-12, Vf. 24-VII-12, Rz. 62) festgestellt: "Die Pflicht zur Zahlung eines Rundfunkbeitrags im privaten Bereich für jede Wohnung (§ 2 Absatz 1 Rundfunkbeitragsstaatsvertrag) (...) ist verfassungsgemäß. Sie verstößt weder gegen die Rundfunkempfangsfreiheit noch gegen die allgemeine Handlungsfreiheit und den allgemeinen Gleichheitssatz oder das Verbot der Benachteiligung behinderter Menschen."
Die Entscheidung des Bayerischen Verfassungsgerichtshofs ist abrufbar unter
http://www.bayern.verfassungsgerichtshof.de.
Auch der Verfassungsgerichtshof Rheinland-Pfalz (Urteil vom 13.05.2014 - VGH B 35/12, S. 52) hat bestätigt, dass "die Neugestaltung der Rundfunkfinanzierung keinen verfassungsrechtlichen Bedenken (begegnet)". Die Entscheidung ist veröffentlicht unter
http://www.mjv.rlp.de/Gerichte/VerfassungsgerichtshofDie Möglichkeit zum Rundfunkempfang besteht typischerweise in Wohnungen. Nach Erhebungen des Statistischen Bundesamts haben 2012 96,4 % der Haushalte über ein Fernsehgerät, 83,5 % über einen (fernsehtauglichen) PC und 90,3 % über ein Handy mit eingebautem UKW-Radio oder Internetzugang verfügt. Hinzu kommen (Auto-)Radios etc. Insgesamt ist im Privatbereich also von einer fast 100%igen Ausstattung mit Rundfunkgeräten auszugehen.
Die frühere Unterscheidung zwischen Hörfunkgeräten, Fernsehgeräten und neuartigen Rundfunkgeräten ließ sich angesichts der technischen Entwicklung nicht länger aufrechterhalten. Da mit TV-Geräten heute auch Radiosendungen empfangen werden können und Internet-PC häufig als Ersatzfernseher fungieren, war die Differenzierung nach Grund- und Fernsehgebühren überholt.
Daher ist es nach Ansicht des Bayerischen Verfassungsgerichtshofs "aufgrund der zunehmenden Digitalisierung und Medienkonvergenz (...) auch nicht zu beanstanden, dass für die Beitragsbemessung nicht mehr, wie bei der früheren Rundfunkgebühr, zwischen Hörfunk- und Fernsehnutzung unterschieden, sondern ein einheitlicher, das gesamte Programmangebot des öffentlichrechtlichen Rundfunks abdeckender Beitrag erhoben wird" (Entscheidung vom 15.05.2014 - Vf. 8-VII-12, Vf. 24-VII-12, Rz. 114).
Daher knüpft der Rundfunkbeitrag nicht mehr an Rundfunkgeräte an, sondern an Raumeinheiten, in denen sie in aller Regel stehen.
Nach der Rechtsprechung verstößt dies nicht gegen Art. 3 Absatz 1 Grundgesetz:
"In der Anknüpfung an die Inhaberschaft einer Wohnung liegt ein sachgerechtes Kriterium für die Anknüpfung der Beitragspflicht, das nicht gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz von Art. 3 Abs. 1 Grundgesetz (GG) verstößt, indem es auch die Gruppe derjenigen, die überhaupt kein Empfangsgerät im privaten Bereich besitzen, mit der typbildenden Gruppe derjenigen, die tatsächlich Empfangsgeräte in der Wohnung bereithalten, in der Beitragspflicht gleichstellt. Da jede gesetzliche Regelung verallgemeinern muss, ist der Gesetzgeber zur Vereinfachung und Typisierung befugt." (Verwaltungsgericht Potsdam, Urteil vom 30.07.2013 -11 K 1090/13).
Aus denselben Gründen hat das Verwaltungsgericht des Saarlandes (Beschluss vom 29.11.2013
- 6 L 1980/13) "keine ernstlichen Zweifel an der Rechtmäßigkeit des Rundfunkbeitragsstaatsver-trags". Auch nach Ansicht des Verwaltungsgerichts Bremen (Urteil vom 20.12.2013 - 2 K 605/13) begegnet "die Heranziehung des Wohnungsinhabers als Beitragsschuldner seit dem 01.01.2013 (...) keinen rechtlichen Bedenken". Ebenso kann das Verwaltungsgericht Ansbach (Urteil vom 25.07.2013 - AN 14 K 13.00535, bestätigt durch den Bayerischen Verwaltungsgerichtshof, Beschluss vom 03.12.2013 - 7 ZB 13.1817) "eine Verfassungswidrigkeit des Rundfunkbeitrags-staatsvertrags nicht erkennen".
Nur wenn mehr als 10 % der Einzelfälle von der Grundannahme des Gesetzgebers abweichen würden, wäre der Gleichheitssatz verletzt (Bundesverwaltungsgericht, Beschluss vom 28.08.2008
- 9 B 40/08). Dies ist angesichts der genannten Daten des Statistischen Bundesamts jedoch nicht der Fall. Die Erhebung eines Rundfunkbeitrags ist daher selbst dann rechtmäßig, wenn in der betroffenen Wohnung im Ausnahmefall überhaupt kein Rundfunkgerät vorhanden ist. Erst recht ist es zulässig, einen Rundfunkbeitrag unabhängig davon zu erheben, ob im konkreten Fall "nur" ein Radiogerät/PC oder auch ein Fernsehgerät vorhanden ist.
Nach alledem verstößt der Rundfunkbeitrag nicht gegen den Gleichheitssatz. Auch eine Verletzung weitere der von Ihnen aufgeführten Grundrechte liegt nicht vor. Der Rundfunkbeitrag ist daher zu Recht festgesetzt worden.
Als Wohnungsinhaber sind Sie gemäß § 2 Absatz 1 Rundfunkbeitragsstaatsvertrag beitragspflichtig. Die Rundfunkbeiträge sind zu Recht festgesetzt worden.
Auch die Festsetzung des Säumniszuschlags ist rechtmäßig. Die Landesrundfunkanstalten sind nach § 9 Absatz 2 Rundfunkbeitragsstaatsvertrag ermächtigt, Einzelheiten des Anzeigeverfahrens und des Verfahrens zur Leistung des Rundfunkbeitrags durch Satzung zu regeln.
Werden geschuldete Rundfunkbeiträge nicht innerhalb einer Frist von vier Wochen nach Fälligkeit in voller Höhe entrichtet, wird ein Säumniszuschlag von 1 % der rückständigen Beitragsschuld, mindestens aber 8,00 EUR fällig. Der Säumniszuschlag wird zusammen mit der Rundfunkbeitragsschuld durch Bescheid festgesetzt (§ 11 Absatz 1 der Satzung der Landesrundfunkanstalt über das Verfahren zur Leistung der Rundfunkbeiträge).
Eine rechtzeitige und ausgleichende Zahlung erhielten wir nicht. Der Bescheid vom _ _.06.2014 ist daher insgesamt rechtmäßig.
Sie bitten um Aussetzung der Vollziehung des angefochtenen Bescheids.
Nach § 80 Absatz 4 Satz 3 Verwaltungsgerichtsordnung soll die Aussetzung bei öffentlichen Abgaben und Kosten erfolgen, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Verwaltungsaktes bestehen oder wenn die Vollziehung für den Abgaben- oder Kostenpflichtigen eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge hätte. Ein ernstlicher Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angefochtenen Bescheids besteht aus vorgenannten Gründen nicht. Eine Vollziehung des Bescheids stellt auch keine unbillige Härte dar, da Ihnen durch die Vollziehung kein über die bloße Zahlung des Betrags hinausgehender Nachteil entsteht. Da die Voraussetzungen für eine Aussetzung nach § 80 Absatz 4 Satz 3 Verwaltungsgerichtsordnung nicht vorliegen, ist eine Aussetzung der Vollziehung des angefochtenen Bescheids nicht möglich.
Mit freundlichen Grüßen Radio _ _ _ _ Im Auftrag