Hi Ho Attitudine,
deine Befürchtungen, durch den Klageweg unwägbaren finanziellen Problemen entgegenzusehen, kann ich gut nachvollziehen. Ich bin zwar älter als du, aber habe auch keine massigen Rücklagen bzw. kein übermäßiges Einkommen (arbeite im sozialen Bereich
).
Daher werde ich meine Schritte gut überlegen.
Gleichermaßen gilt, daß sich wehren, stets mit Engagement verbunden ist, u.U. auch finanziellen. Wieviel da jede / jeder glaubt einsetzen zu können, ist eine individuelle Frage, die aber beispielsweise in Relation gesetzt werden kann, zu den aktuellen momentanen Ausgaben. Beispielsweise kaufe ich fast ausschließlich meine Lebensmittel im Bioladen - kostet mehr als in konventionellen Supermärkten, aber:
es ist es mir wert! Daher spare ich lieber an anderer Stelle!
Zudem: 70 bis 100 Euro ist auch eine Menge für mich, aber wenn ich den GEZ Betrag zahle, dann werde ich bereits im ersten Jahr weitaus mehr Geld bezahlen, als mit diesen 100 Euro.
Ja, wenn ich verliere, dann sind diese 100 Euro einfach weg, aber wer sagt denn, daß ich verliere? Der alte Spruch, wer nicht kämpft, hat schon verloren, stimmt immer noch. Und falls ich verliere, dann trauere ich diesen 100 Euro auch nicht nach, sondern sie waren mein Einsatz!
Vielleicht helfen mir meine persönlichen Erfahrungen hierbei in Bezug auf sich wehren. Z.B. habe ich zusammen mit zwei anderen in meinem Betrieb einen Betriebsrat initiiert, und wir hatten überhaupt keine Erfahrung damit. Die Erfahrung kam mit dem Kampf um den Betriebsrat (ging bis vor Gericht). Das war eine sehr aufwühlende Erfahrung und für knapp zwei Jahre waren wir für eine ganze Reihe Leute (nicht nur Vorgesetzte, sondern auch viele Kolleg_innen!) die Buh-Leute schlechthin. Insbesondere ein Vorgesetzter hat u.a. mittels mehreren Abmahnungen versucht, mich rauszubefördern. Gegen jede habe ich mich aber wehren können, sprich, sie mußten zurückgezogen werden. Nun, fast 10 Jahre später, ist der Betriebsrat eine Selbstverständlichkeit bei uns, obiger Vorgesetzter hat selbst gekündigt und ich habe gemerkt, wieviele - ehemals auf mich wütende - Leute nun mit großen Respekt auf mich reagieren.
Solche Erfahrungen stärken und machen Mut, sich auch sonst nichts gefallen zu lassen - auch wenn am Anfang eines Kampfes Angst da ist. Denn die ist normal - du weißt nicht, was auf dich zu kommt, das macht Angst. Aber: wo die Angst ist, da geht es lang, heißt ein Spruch von Psychotherapeut_innen. Angst ist sinnvoll, weil sie dich schützen will. Also schau, wie du dich im Falle GEZ schützen kannst, z.B. könntest du die Beiträge, so du mal Beitragsaufforderungen bekommst, statt zu zahlen auf einem Konto parken und wenn du irgendwann nicht mehr weiterkämpfen willst / kannst, dann hast du zumindest diese Geld schon zusammen (plus Zinsen
).
Andererseits kann Angst auch nicht sinnvoll sein, wenn sie übermäßig ist oder einen Menschen davon abhält, überhaupt mal was zu wagen - daher der obige Spruch aus der Psychotherapie.
Falls du gerne liest: Kirsten Brodde "Protest! Wie ich die Welt verändern und dabei auch noch Spaß haben kann!!!" 2010 Ludwig Vlg. Ein Buch voller Beispiele von Otto und Ottilie Normalverbraucher_in, die eigentlich genug mit ihrem Alltag zu tun hatten, aber an einer Stelle dachten, HALT!, daß lasse ich mir nicht gefallen bzw. daß lasse ich nicht zu.
salü, Kristina