Es geht weiter
2 Jahre war Ruhe, weil die Stadtkasse nach Einwand von Person A, dass die Forderungen teilweise verjährt seien, das Ersuchen an den Beitragsservice zurückgegeben hatte.
Nun ist anzunehmen, dass Person A in der Angelegenheit Post von der Abtl. Beitragsservice und fast zeitgleich von der Stadtkasse erhalten habe.
Beitragsservice verweist - wie erwartet - darauf, dass keine Bescheide verjährt seien.
"Ein Verwaltungsakt, der zur Durchsetzung des Anspruchs eines öffentlich-rechtlichen Rechtsträgers erlassen wird, hemmt die Verjährung dieses Anspruchs. Der Festsetzungsbescheid ist ein solcher Verwaltungsakt ist ein solcher Verwaltungsakt. Ist der Bescheid unanfechtbar geworden, verjähren die darin festgesetzten Forderungen nach §53 Abs. 2 Verwaltungsverfahrensgesetz erst in 30 Jahren."
Entsprechenden Bescheide (Anm.: aus einer 1.Klage von 2016 vor dem VG, die 2017 zunächst ausgesetzt und 6 Monate später für statistisch erledigt erklärt worden sei) seien bestandskräftig, so dass die Verjährungsfrist 30 Jahre betrage.
Ein unterbreitetes Vergleichsangebot sei mit Hinblick auf Gleichbehandlung aller Beitragsschuldner abzulehnen
Die Stadtkasse versuche nun das 2022er Vollstreckungsverfahren mit einer Vollstreckungsankündigung fortzusetzen, nachdem sie offenbar vom Beitragsservice dazu aufgefordert worden wäre ("unsere Forderungen besteht weiterhin in voller Höhe zu Recht").
Es ist anzunehmen, dass nun ein sehr ähnlich formuliertes Schreiben wie vor 2 Jahren an die Stadtkasse:
- mit erneutem Hinweis auf teilweise Verjährung; zur Untermauerung wurde allerdings zusätzlich nochmal die Verjährung einer Forderung detailliert vorgetragen, weil ein behaupteter Bescheid gar nicht zugegangen sei. Dazu wurde auch auf die 2017er Klage verwiesen
weniger erfolgreich war.
Es wurde nun von der Stadtkasse als Widerspruch von Person A gegen die Vollstreckunsankündigung ausgelegt, der nicht möglich sei.
Die erhobenen Einwendungen würden sich gegen die vollstreckende Forderung an sich richten und könnten grundsätzlich nur im Festsetzungsverfahren gegenüber dem Gläubiger geltend gemacht werden. Im Vollstreckungsverfahren könnten solche Anträge keine Berücksichtigung finden. Sie würden es der Stadtkasse daher auch nicht erlauben, die Vollstreckung einzustellen oder auszusetzen.
Dennoch wurde das Schreiben offenbar an die LRA weitergeleitet, um sich wohl nochmals rückzuversichern. Person A wird allerings weiterhin um Ausgleich der Forderung bis spätestens 30.9.2024 gebeten.
Eine mögliche Formulierung im Schreiben von Person A an die Stadtkasse könnte zuvor aber so gelautet haben:
...
die o.g. Vollstreckungsankündigung wird zurückgewiesen und in der Vollstreckungssache ein öffentlich-rechtlicher Unterlassungsanspruch gegen die Stadtkasse X gestellt.
Zu unterlassen sind die dem Anspruchsteller gegenüber angekündigten Vollstreckungsmaßnahmen.
Die Unterlassung ist gegeben, weil ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Verwaltungsakts bestehen und die Vollziehung für den Anspruchsteller, eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge hätte.
Die Anspruchsteller behält sich zudem vor, zur prozessualen Durchsetzung gegen die rechtswidrige Vollstreckung der
Stadtkasse X
beim zuständigen
Verwaltungsgericht XY
zu stellen/einzureichen:
1. Antrag auf vorläufigen Rechtschutz gemäß § 123 VwGO,
2. Anfechtungsklage in der Hauptsache gemäß § 42 VwGO,
Begründung:
1. Die angekündigten Vollstreckungsmaßnahmen sind rechtswidrig.
In der o.g. Vollstreckungsankündigung werden Vollstreckungsmaßnahmen angekündigt. Die hier vorliegend angekündigten Vollstreckungsmaßnahmen bzw. ihre Durchführungen sind rechtswidrig.
Im Falle der Durchführung der angedrohten Vollstreckungsmaßnahmen wären diese eine rechtswidrige Beeinträchtigung des Anspruchstellers. Der Anspruchsteller kann nicht prüfen, ob die Voraussetzungen der Vollstreckung gegeben sind.
2. Fehlende Voraussetzungen zur Vollstreckung
Es bestehen erhebliche Zweifel an der Vollstreckbarkeit des Vollstreckungsersuchens des Hessischen Rundfunks, insbesondere da die Voraussetzungen der Zwangsvollstreckung gemäß § 18 Abs.1 HessVwVG nicht gegeben sind.
„Verwaltungsakte, mit denen eine Geldleistung gefordert wird, können unter den Voraussetzungen des § 2 vollstreckt werden, wenn
1. der Verwaltungsakt dem Pflichtigen zugestellt worden ist; in Abgabesachen genügt die Bekanntgabe des Bescheids,
2. die Geldleistung fällig ist,
3. dem Pflichtigen die Vollstreckung durch eine Mahnung angedroht worden ist, es sei denn, dass diese nach § 19 nicht erforderlich ist,
4. die in der Mahnung bestimmte Zahlungsfrist oder in den Fällen des § 19 Abs. 2 Satz 2 , Abs. 3 und Abs. 4 Nr. 1 eine Zahlungsfrist von einer Woche, gerechnet vom Zeitpunkt der Fälligkeit, verstrichen ist.“
....
Person A sei der Meinung, dass sie mit dem weiteren Vortrag zum behaupteten, aber niemals erhaltenen, Festsetzungsbescheid die fehlenden Voraussetzungen zur Vollstreckung unterstrichen hat und damit doch sehr wohl und durchaus berechtigte Einwendungen gegen das Vollstreckungsverfahren nach § 18 Abs.1 HessVwVG erhoben hat, da ein nicht erhaltener Bescheid ja keine fällige Geldleistung begründen kann, die vollstreckt werden dürfte.
Unterliegt Person A in der Hinsicht einem Irrtum?
Kann die Stadtkasse es zu Recht als Widerspruch auslegen, der natürlich an dieser Stelle nicht zulässig wäre.
Muss ein Vollstreckungsersuchen aufgehoben werden, wenn darin u.a. eine nicht fällige Geldleistung eingefordert wird?
Können die zu Recht eingeforderten fälligen Geldleistungen (die u.U. nach einer verlorenen 2.Klage von 2022 bestehen könnten) weiterhin unmittelbar auf Basis des bestehenden Vollstreckungsersuchens vollstreckt werden oder muss zunächst ein neues, korrigiertes Vollstreckungsersuchen erlassen werden?
1. ein Festsetzungsbescheid ist kein vollstreckbarer Titel, da es sich lediglich um einen feststellenden Verwaltungsakt handelt. Die Feststellung "Sie haben Ihr Auto rot lackiert" enthält keinen vollstreckbaren Inhalt, ebensowenig die Feststellung "Sie schulden dem ÖRR Geld".
2. vollstreckbar ist ausschließlich der Leistungsbescheid, also die unbedingte und unmißverständliche Aufforderung, etwas zu tun oder zu unterlassen, also "lackieren Sie innerhalb von zwei Wochen Ihr Auto blau" oder "zahlen Sie bis zum 25.02.2045 den Betrag von 1234,56 Euro auf das Konto De123456789012". Wie so etwas auszusehen hat, hat das BVerwG in mehreren Entscheidungen klar definiert.
Damit ist die zitierte Information bereits als falsch entlarvt. Daß der Autor zudem keine Ahnung hat, geht aus dem Verweis auf die 30jährige Verjährungsfrist hervor. Diese muß nämlich durch Gesetz bestimmt sein. Da aber in Hessen, wo der vorliegende Fall angesiedelt ist, das Hessische Landesverwaltungsverfahrensgesetz nicht für die Tätigkeit des HR gilt, gibt es keine gesetzliche Bestimmung darüber, wie die Verjährungsfrist bei einem rechtskräftigen Festsetzungsbescheid des HR über Rundbeiträge aussieht, weil der RBStV dieses nicht regelt und es ein Rundfunkverwaltungsverfahrensgesetz schlichtweg nicht gibt. Damit bleibt es bei der regelmäßigen Verjährungsfrist von 3 Jahren.
Daß die Gerichte diesen Sachverhalt in den bisherigen Verfahren schlichtweg ignoriert haben, liegt offenbar daran, daß dies wohl noch nie so detailliert mit Nachweisen der Gesetze und Gesetzesbegründungen sowie der Gesetzeshistorie, Rechtsprechung des BVerwG und Parlamentsdokumenten nachgewiesen wurde, und die Damen und Herren Richter sich einfach nur auf den Beckschen Kommentar zum Rundfunkrecht stützen konnten, in dem Frau T... (Mitarbeiterin des Beitragsservice) geschrieben hat, daß ein Festsetzungsbescheid über Rundfunkbeiträge vollstreckbar sei, ohne hierfür eine gesetzliche Grundlage zu benennen. Es gilt also in der Argumentation vor Gericht auch, den Richter in aller Deutlichkeit darauf hinzuweisen, daß er gem. Art. 20 Abs. 3 GG der Bindung an Recht und Gesetz unterliegt und daß er nicht zu etwas verurteilen darf, wenn es kein Gesetz gibt, daß den Sachverhalt regelt.
In den Verfahren von Georg Thiel vor dem VG Münster hat die Richterin diese Rechtsgrundlagen vorsätzlich ignoriert. Sie ist in der Verhandlung ausdrücklich auf die fehlende gesetzliche Grundlage hingewiesen worden und hat daraufhin wortwörtlich geantwortet "Gesetze kann man ja auslegen" (ich war persönlich anwesend). Um der Richterin die Rechtsbeugung, die sie mit den Urteilen zweifellos begangen hat, nachzuweisen, bedarf es anderer Entscheidungen über den Sachverhalt durch das BVerwG oder durch eines der Landesverfassungsgerichte. Es sind derzeit in NRW mehrere Gerichtsverfahren anhängig, in denen die oben skizzierte (der schriftsätzliche Vortrag umfaßt eine zweistellige Seitenzahl) Argumentation Verfahrensgegenstand ist. Es bleibt also spannend.
Da sich im weiteren Verlauf bei Person A dann nur noch darum drehen dürfte, ob die Festsetzungsbescheide aus der 1.Klage (statistisch erledigten Klage) im Zeitverlauf verjährt sind. Gibt es nach 2 Jahren denn zu den anhängigen Verfahren Neuigkeiten? Oder weiterhin aussichtslos, weil man gegen das vermeintlich fehlende Leistungsgebot nicht ankommt und 30 Jahre Verjährung des Festsetzungsbescheids durchgewunken wird?