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Autor Thema: EuGH C-421/18 - Beitragserhebung nur mit freiwilliger Leistungsvereinbarung  (Gelesen 1272 mal)

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Der Europäische Gerichtshof hatte darüber zu befinden, ob die Zwangsvollstreckung von Beiträgen zur Rechtsanwaltskammer rechtens ist, wenn ein Rechtsanwalt diese nicht freiwillig leistet.

Diese Entscheidung hat u. U. national auch Hebelwirkung für die IHK-Beiträge, Rundfunkbeiträge oder eben auch Beiträge zur Rechtsanwaltskammer, die es national ja ebenfalls hat.

Die Entscheidung ist aber vergleichsweise komplex und nicht einfach zu deuten.

Rn. 30 - EuGH C-421/18
Zitat
Zwar hat der nationale Gesetzgeber, wie in jener Rechtssache, einer Einrichtung, nämlich dem Vorstand der Kammer, die Befugnis eingeräumt, den Personen, die ihr beigetreten sind, hier den in das Verzeichnis der Kammer eingetragenen Rechtsanwälten, gemäß den internen Verfahren dieser Einrichtung die Zahlung bestimmter Beiträge aufzuerlegen.
Auch im europäischen Rahmenrecht könnte es also sein, daß die Leistung eines "Beitrages" zugunsten einer juristischen Person damit verknüpft ist, daß der/die "Beitragleistende" Mitglied dieser juristischen Person ist?

Es könnte sich die Frage stellen, welcher Rundfunkinteressent/Rundfunknichtinteressent Mitglied der beitragsbegünstigten Rundfunkanstalt d. ö. R. ist?

Weiter heißt es:

Rn. 33 - EuGH C-421/18
Zitat
Es ist jedoch nicht ausgeschlossen, dass eine Rechtsanwaltskammer mit ihren Mitgliedern neben den gesetzlich vorgeschriebenen Beziehungen auch vertragliche Beziehungen begründet. Soweit die genannten Beiträge daher die Gegenleistung für freiwillig vereinbarte Leistungen wären, etwa Versicherungsleistungen, die diese Kammer mit einem Dritten ausgehandelt hat, um für die Mitglieder dieser Kammer vorteilhaftere Bedingungen zu erhalten, wäre die Verpflichtung zur Zahlung dieser Beiträge vertraglicher Natur und fiele eine auf deren Erfüllung gerichtete Klage somit in den Anwendungsbereich von Art. 7 Nr. 1 Buchst. a der Verordnung Nr. 1215/2012. Es ist Sache des vorlegenden Gerichts, zu prüfen, ob dies im Ausgangsverfahren der Fall ist.
Hier haben wir jetzt diese Differenzierung zwischen Leistungen, die der Gesetzgeber vorgibt, und jenen, die die Beitragsbegünstigten nicht auf Basis der gesetzlichen Vorgabe erbringen.

Wenn die Rundfunkanstalt d. ö. R. Leistungen nicht selbst erbringt, also bei Dritten quasi einkauft, um sie dann ihren Mitgliedern anzubieten, bedarf es einer freiwilligen Vereinbarung zwischen Beitragsbegünstigtem und Beitragsleistendem, woraus ersichtlich ist, daß diese Leistungen gewünscht sind, um dafür zur Beitragszahlung herangezogen werden zu können?

Rechtssache C-421/18
http://curia.europa.eu/juris/document/document.jsf?text=&docid=221327&pageIndex=0&doclang=DE&mode=lst&dir=&occ=first&part=1&cid=4181641

Anbei noch Ausführungen aus der Stellungnahme des EU-Generalanwaltes:

Rn. 50 - Stellungnahme Generalanwalt zu C-421/18
Zitat
[...] Der Begriff „Vertrag oder Ansprüche aus einem Vertrag“ im Sinne dieser Bestimmung*** kann somit nicht so verstanden werden, dass er eine Situation erfasst, in der es an einer von einer Partei gegenüber einer anderen freiwillig eingegangenen Verpflichtung fehlt

*** = Brüssel 1 a - Verordnung
Diese hier?

Verordnung (EU) Nr. 1215/2012 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 12. Dezember 2012 über die gerichtliche Zuständigkeit und die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen (Neufassung)
https://eur-lex.europa.eu/legal-content/DE/TXT/?qid=1580751031715&uri=CELEX:02012R1215-20150226

Rn. 54 - Stellungnahme Generalanwalt zu C-421/18
Zitat
Hierzu stellte der Gerichtshof fest, dass „der Beitritt zu einem Verein zwischen den Vereinsmitgliedern enge Bindungen gleicher Art schafft, wie sie zwischen Vertragsparteien bestehen“, so dass es gerechtfertigt sei, für die Anwendung von Art. 7 Nr. 1 der Brüssel?I?a-Verordnung die in Frage stehenden Ansprüche als vertragliche Ansprüche anzusehen. Unerheblich sei in diesem Zusammenhang, „ob dieser Anspruch sich unmittelbar aus dem Beitritt oder aber aus diesem Beitritt in Verbindung mit einem Beschluss eines Vereinsorgans ergibt“

Rn. 57 - Stellungnahme Generalanwalt zu C-421/18
Zitat
[...] dass eine juristische oder natürliche Person, die einer juristischen Person (z. B. einem Verein oder einer Gesellschaft) freiwillig beigetreten ist, damit einverstanden ist, sich allen Verpflichtungen aus diesem Beitritt zu unterwerfen, die in der Satzung und den Beschlüssen der Organe der letztgenannten juristischen Person verankert sind, wodurch enge Bindungen zwischen dieser juristischen Person und ihren Mitgliedern hergestellt werden, die vertraglichen Bindungen vergleichbar sind.
Freiwilliger Beitritt zu einer eine Satzung führenden juristischen Person; welche Rundfunknichtnutzer, ja selbst, welcher Rundfunknutzer trat denn der beitragsbegünstigten juristischen Person "LRA" überhaupt je bei?

Rechtssache C-421/18 - Schlußantrag HENRIK SAUGMANDSGAARD ØE
http://curia.europa.eu/juris/document/document.jsf?text=&docid=216568&pageIndex=0&doclang=DE&mode=lst&dir=&occ=first&part=1&cid=4181641

Hier kommt jetzt das landesrechtliche Rundfunkfinanzierungssystem an seine Grenzen, soweit es Belange betrifft, die nicht konkret landesrechtlich bestimmt worden sind.

Der Bürger aus Bremen kann in keinem Falle verpflichtet sein, die Berichterstattung über Hamburg zu finanzieren, wenn dieses nicht explizit seitens des für Bremen zuständigen Gesetzgebers im Auftrag für den Rundfunk von Bremen so bestimmt worden ist.

Natürlich darf der Rundfunk von Bremen auch über Hamburg berichten, aber ohne Verpflichtung für den Bürger von Bremen, das finanzieren zu müssen.

Dito läßt sich eine derartige Aussage für andere Länder und ihre LRA, die ARD, das ZDF, die nationale wie übernationale Schöpfungstiefe der Angebote treffen.

Für die Finanzierung aller Bestandteile, die über die konkrete Aufgabenstellung des Gesetzgebers hinausgehen, bedarf es zur finanziellen Heranziehung des Beitragspflichtigen der freiwilligen Erklärung des Beitragsverpflichteten über das potentielle Interesse an den die Aufgabenstellung übersteigenden Leistungen des Beitragsbegünstigten.

Interessant an den Ausführungen von EuGH und Generalanwalt ist übrigens auch, daß der, der die Forderung erhebt, als jener geführt wird, der die Klage erhebt.

Rn. 16 - Stellungnahme Generalanwalt zu C-421/18
Zitat
Da Herr JN indessen keine Zahlungen leistete, erhob die Rechtsanwaltskammer Dinant gegen ihn mit Ladung vom 17. Mai 2017 Klage vor dem Tribunal de première instance de Namur (Gericht erster Instanz Namur), dem vorlegenden Gericht, mit dem Antrag, ihn zur Zahlung von 7 277,70 Euro zuzüglich Zinsen sowie die Kosten und Aufwendungen des Verfahrens zu verurteilen.

Der Umstand, siehe Hervorhebung in Fettdruck, könnte nachstehendes Thema in seinem Inhalt dezent erweitern:

Gemeinden provozieren zwei EU-Vertragsverletzungsverfahren gegen den Bund
https://gez-boykott.de/Forum/index.php/topic,33126.msg202672.html#msg202672

Da kommt dann auch eine Menge Arbeit auf die Gerichte zu, die sich doch gemäß

Das Gericht muß materiellem Unionsrecht entsprechen -> 1 BvR 1675/16
https://gez-boykott.de/Forum/index.php/topic,30058.msg188159.html#msg188159

am Unionsrecht und den Auslegungen des EuGH zu orientieren haben.


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  • IP logged  »Letzte Änderung: 03. Februar 2020, 18:45 von pinguin«
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  • Beiträge: 7.302
Es könnte sich die Frage stellen, ob die Tätigkeit der Creditreform, die gegenüber dem Rundfunk sicherlich auf vertraglicher Basis erfolgt, überhaupt aus Rundfunkbeiträgen finanziert werden darf, wenn es seitens der Beitragsverpflichteten keine freiwilligen Leistungserklärungen dazu hat.

Creditreform
https://gez-boykott.de/Forum/index.php/topic,9378.0.html

Es könnte sich die weitere Frage stellen, ob die Produkte des Fernsehballetts,

Das Deutsche Fernsehballett stellt den Betrieb zum Jahresende ein
https://gez-boykott.de/Forum/index.php/topic,33220.msg203187.html#msg203187

soweit sie vom MDR dargeboten wurden, wegen

Zitat
[...] 2011 verkaufte der MDR das Ballett an den Berliner TV-Produzenten [...]

überhaupt aus Rundfunkbeiträgen hätten finanziert werden dürfen.


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