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Streitgenossenschaft - Zusammenlegung der Verfahren gem. § 64 VwGO

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RoterSand:
Guten Abend,

es könnte sein, dass Person R die Zusammenlegung zweier Verfahren aus Gründen der Prozessökonomie bei Gericht beantragt hat. In diesen beiden Verfahren wird von zwei unterschiedlichen Beitragsschuldnern für die gleiche Wohnung ein Beitrag begehrt. Bei den beiden Personen handelt es sich um Eheleute, daher haben sie sich vorsorglich auch schon auf § 55 StPO i. V. M. § 46 Abs. 1 OWiG berufen und mitgeteilt, dass sie keinerlei Angaben hinsichtlich der Wohnungsinhaberschaft machen werden.

Das Gericht hat Person R gebeten zunächst die angefochtenen Bescheide zu übersenden und die Klage von Person R zu begründen. Also hat Person R die angefochtenen Bescheide dem Gericht übersandt. Für die Begründung der Klage hat Person R Akteneinsicht beantragt. Hier wartet Person R jetzt darauf, dass das Gericht Person R mitteilt, dass sie die Akteneinsicht nehmen kann. 

Es könnte sein, dass Person R jetzt eine Stellungnahme des NDR wie im Anhang erhalten haben könnte. Der NDR ist der Meinung, dass eine Streitgenossenschaft nicht vorliegt, da sowohl der Streitgegenstand als auch die Verpflichtung aus rechtlichem und tatsächlichem Grund nicht identisch sind, da die Adressaten von Festsetzungs- bzw. Widerspruchsbescheiden ausschließlich die entsprechenden Kläger sind.

Wie würdet ihr an der Stelle von Person R auf die Stellungnahme des NDR reagieren?

Viele Grüße
RoterSand

Markus KA:
Hierzu könnte auch hilfreich sein:
Ehefrau hat ebenfalls Widerspruchsbescheid erhalten, Klage Ehemann läuft
https://gez-boykott.de/Forum/index.php?topic=21650.0

Zeitungsbezahler:
Wäre es nicht besser, zwei getrennte Verfahren zu führen, unter anderem mit dem Argument: Es existiert bereits ein Festsetzungsbescheid für die Wohnung?
Eine Doppelzahlung wäre rechtsmißbräuchlich und eine Bereicherung der Rundfunkanstalt.
Wenn beide Verfahren bei unterschiedlichen Richtern landen, können die doch nur anhand des Sachverhaltes die Bescheide aufheben.
Diejenigen aus meinem Umfeld, die solche Sachverhalte hatten, sind leider eingeknickt und nicht sonderlich klagefreudig gewesen und hatten sich mit einer Abmeldung eines potentiellen Beitragszahlers zufriedengegeben.
In dieser Konstellation muß aber mindestens einer das Verfahren gewinnen und die Kosten der RA aufbrummen, bei Glück kann das andere Verfahren auch ins Leere laufen.

drboe:
Ggf. lohnt es den NDR dahingehend zu belehren, dass er von einem aus R und seiner Ehefrau bestehendem Gesamtschuldner widerrechtlich zweilmal den sogn. Rundfunkbeitrag verlangt und die sich gegen diese Forderung naturgemäß gemeinsam zur Wehr setzen. Zudem gibt es keine rechtliche Grundlage auf der der NDR Auskünfte vom Ehepartner des R verlangen kann. Im geltenden Rundfunkbeitragsstaatsvertrag ist in §8 (3) die Anzeigepflicht derart geregelt, dass die Anzeige eines Beitragsschuldners für eine Wohnung auch für weitere anzeigepflichtige Beitragsschuldner wirkt. Da für den Rundfunkbeitrag gilt "Eine Wohnung, ein Beitrag", kann mit Sicherheit gesagt werden, dass sich aus dem Zusammenleben in der gemeinsamen Wohnung keine Änderung der Beitragspflicht ergibt.


--- Zitat ---§ 8 Anzeigepflicht
(3) Die Anzeige eines Beitragsschuldners für eine Wohnung, eine Betriebsstätte oder ein Kraftfahrzeug wirkt auch für weitere anzeigepflichtige Beitragsschuldner, sofern sich für die Wohnung, die Betriebsstätte oder das Kraftfahrzeug keine Änderung der Beitragspflicht ergibt.
--- Ende Zitat ---

Der NDR kann sich auch nicht darauf berufen, dass der Nachweis der Ehe mit seiner Partnerin eine beitragsrelevante Information darstellt, da die Begrenzung auf einen Beitrag je Wohnung vom Status der Partnerschaft oder des Zusammenlebens völlig unabhängig ist. Zudem stellt der Ehestatus keine nach §8 (4) mitzuteilende Information dar. Der NDR sei zudem darauf hingewiesen, dass er zwar nach §9 des Rundfunkbeitragsstaatsvertrags Auskunftrechte gegenüber Personen besitzt, entsprechende Forderungen aber nur dann begründet sind, wenn tatsächliche Anhaltspunkte vorliegen, dass die Personen Beitragsschuldner sind und dies nicht oder nicht umfassend angezeigt haben. Dass eine Person unter einer Adresse wohnt, ist für sich allein noch kein solcher Anhaltspunkt. Einer Verpflichtung weiterer mit R in der Wohnung lebender Personen zu umfassenden Auskünften steht bereits der erwähnte §8 entgegen. Daran ändert sich auch nichts, wenn der NDR auf andere Weise von den Verpflichtungen des R erfahren hat, z. B. durch die Meldebehörden. Die Verpflichtung den sogn. Rundfunkbeitrag zu zahlen bedeutet auch nicht, dass die persönlichen Lebensumstände inkl. der Beziehungen zu Dritten gegenüber dem NDR offen gelegt oder nachgewiesen werden müssen. Der Justitiar des SWR Eicher hat dazu einmal erklärt, dass es den Rundfunk nicht interessiere "wer mit wem schläft". Der NDR scheint diesbezüglich eine deutlich höhere Neugier zu besitzen als Herr Eicher.


--- Zitat ---§ 9 Auskunftsrecht, Satzungsermächtigung
(1) Die zuständige Landesrundfunkanstalt kann von jedem Beitragsschuldner oder von Personen oder Rechtsträgern, bei denen tatsächliche Anhaltspunkte vorliegen, dass sie Beitragsschuldner sind und dies nicht oder nicht umfassend angezeigt haben, Auskunft über die in § 8 Absatz 4 genannten Daten verlangen. Kann die zuständige Landesrundfunkanstalt den Inhaber einer Wohnung oder einer Betriebsstätte nicht feststellen, ist der Eigentümer oder der vergleichbar dinglich Berechtigte der Wohnung oder des Grundstücks, auf dem sich die Betriebsstätte befindet, verpflichtet, der Landesrundfunkanstalt Auskunft über den tatsächlichen Inhaber der Wohnung oder der Betriebsstätte zu erteilen. Bei Wohnungseigentumsgemeinschaften kann die Auskunft auch vom Verwalter verlangt werden. Die Landesrundfunkanstalt kann mit ihrem Auskunftsverlangen neben den in § 8 Absatz 4 und 5 genannten Daten im Einzelfall weitere Daten erheben, soweit dies nach Satz 1 erforderlich ist; § 11 Absatz 6 gilt entsprechend. Die Landesrundfunkanstalt kann für die Tatsachen nach Satz 1 und die Daten nach Satz 4 Nachweise fordern. Der Anspruch auf Auskunft und Nachweise kann im Verwaltungszwangsverfahren durchgesetzt werden.
--- Ende Zitat ---

M. Boettcher

GesamtSchuldner:

--- Zitat von: RoterSand am 25. September 2019, 00:12 ---Bei den beiden Personen handelt es sich um Eheleute, daher haben sie sich vorsorglich auch schon auf § 55 StPO i. V. M. § 46 Abs. 1 OWiG berufen und mitgeteilt, dass sie keinerlei Angaben hinsichtlich der Wohnungsinhaberschaft machen werden.

--- Ende Zitat ---
Den Sinn einer solchen Erklärung verstehe ich nicht. Wenn man das Gericht bittet, die Verfahren zusammenzulegen, dann muss man doch begründen, warum das Gericht das tun soll. Wenn zwei Personen, die in einem Haus (also unter einer Anschrift) in verschiedenen Wohnungen leben, gibt es für das Gericht in der Regel keinen Grund, die Verfahren zusammenzulegen.

Wohnt man dort in derselben Wohnung, so muss man das dem Gericht meines Erachtens auch mitteilen im Rahmen der Mitwirkungspflicht bei der Aufklärung des Sachverhalts nach § 86 VwGO:

--- Zitat ---§ 86
(1) Das Gericht erforscht den Sachverhalt von Amts wegen; die Beteiligten sind dabei heranzuziehen. Es ist an das Vorbringen und an die Beweisanträge der Beteiligten nicht gebunden.
(2) Ein in der mündlichen Verhandlung gestellter Beweisantrag kann nur durch einen Gerichtsbeschluß, der zu begründen ist, abgelehnt werden.
(3) Der Vorsitzende hat darauf hinzuwirken, daß Formfehler beseitigt, unklare Anträge erläutert, sachdienliche Anträge gestellt, ungenügende tatsächliche Angaben ergänzt, ferner alle für die Feststellung und Beurteilung des Sachverhalts wesentlichen Erklärungen abgegeben werden.
(4) Die Beteiligten sollen zur Vorbereitung der mündlichen Verhandlung Schriftsätze einreichen. Hierzu kann sie der Vorsitzende unter Fristsetzung auffordern. Die Schriftsätze sind den Beteiligten von Amts wegen zu übermitteln.
(5) Den Schriftsätzen sind die Urkunden oder elektronischen Dokumente, auf die Bezug genommen wird, in Abschrift ganz oder im Auszug beizufügen. Sind die Urkunden dem Gegner bereits bekannt oder sehr umfangreich, so genügt die genaue Bezeichnung mit dem Anerbieten, Einsicht bei Gericht zu gewähren.
Nichtamtliches Inhaltsverzeichnis
--- Ende Zitat ---
Wenn man dieser Mitwirkungspflicht in der fiktiven Ausgangssituation nicht nachkommt, schadet man sich doch selbst. Es ist zwar richtig, dass man eine OWi-Tatbestand verwirklicht, wenn man seine Rundfunkbeiträge über 6 Monate lang nicht bezahlt. Diese OWi wird aber in der Praxis nicht verfolgt. Wenn man geltend machen will, dass man unter der angegebenen Anschrift gar nicht wohnt (ich vermute mal, dass beide Personen dort gemeldet sind), ist man selber in der Beweispflicht, den Gegenbeweis zu führen. Eine pauschale Auskunftverweigerung dürfte da sehr kontraproduktiv sein und das Gericht unnötig verärgern.

Was die Stellungnahme des NDR angeht: Wenn es sich um eine gemeinsame Wohnung handelt (was bei Eheleuten, die unter der derselben Anschrift gemeldet hat, ja tendenziell naheliegt), dann ist jeder Ehepartner schon deshalb vom Verfahren des jeweils anderen betroffen, weil einerseits eine interne Ausgleichspflicht unter den Gesamtschuldnern nach  § 426 BGB  besteht, andererseits jede Zahlung (ggf. im Wege der Vollstreckung) sich immer auch zu Gunsten des anderen Gesamtschuldners auswirkt.

Eine Verpflichtung darauf hinzuwirken, dass nur ein Gesamtschuldner angemeldet bleibt, besteht meiner Meinung nach nicht.

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