In Erwiderung zu den Eingangsthesen sei wiederholt darauf hingewiesen, dass die vom BVerfG geprägte sog. "Bestands- und Entwicklungsgarantie" und sich daraus ergebende "Finanzierungsgarantie" für den ö.r. Rundfunk sich ausdrücklich nur auf das "duale Rundfunksystem", nicht aber auf ein "multiples Telemediensystem" des Abruf- und Kommunikationsnetzwerkes "Internet" bezog und mitnichten eine "Ewigkeitsgarantie" und schon gar nicht ein Finanzierungsprivileg für ö.r. Rundfunk-Sender im Abruf-Internet bedeutet!
[...]
Der Begriff "neuartiges Rundfunkempfangsgerät" für internetfähige Alltags- Kommunikations- und Abrufgeräte sowie das Argument, wer ein solches besitze, könne auch "Rundfunk" und damit ARD-ZDF-GEZ im Internet "empfangen", sind von der Medien-Politik übernommener Lobby-Sprech von ARD-ZDF-GEZ, um ein für die Finanzierungsbegründung/ Finanzierungsverpflichtung erforderliches "nutzungswilliges Interesse" für den sog. (und nie ausgeschriebenen!) "Telemedienauftrag" herbeizureden bzw. aufzudrängen und somit aufgrund des nahezu 100%igen Verbreitungsgrades genau dieser "internetfähigen multifunktionalen Alltags-Kommunikations- und Abrufgeräte" erst die Allgemeinfinanzierung herbeizutypisierung und herbeizupauschalieren.
Auf diese Argumentationsschiene sollte man sich also besser nicht einlassen, wenn man nicht will, dass die Vielfalt im Internet weiter gefährdet wird und zukünftig noch ganz andere Dinge nach gleicher Methode pseudo-"solidarisch" allgemeinfinanziert werden sollen.
Aus den gleichen Gründen kommt m.E. auch keine ähnlich gestrickte Kopfpauschale auf die Allgemeinheit in Frage.
Das kann ich leider nicht ganz unwidersprochen lassen.
Die Behauptung, ein internetfähiger PC sei ein Rundfunkempfangsgerät, wurde nicht nur medienpolitisch verbreitet, sondern leider
auch vom BVerfG selbst mitverschuldet in seiner unverständlichen Begründung zur Nichtannahme-Entscheidung der Verfassungsbeschwerde gegen das soc.
"PC-Urteil" des BVerwG:
BVerfG, Beschluss der 2. Kammer des Ersten Senats vom 22. August 2012
- 1 BvR 199/11 - Rn. (1-23),http://www.bverfg.de/e/rk20120822_1bvr019911.htmlRn. 18: "[...] Die gebührenrechtliche Heranziehung von Personen, die mittels internetfähiger PCs Rundfunksendungen empfangen können, ist zur Erreichung des Ziels mangels eines milderen, gleich wirksamen Mittels auch erforderlich. Zugangssperren stellen schon deshalb kein gleich wirksames Mittel dar, weil in technischer Hinsicht Zweifel an einer umgehungssicheren Ausgestaltung bestehen. [...]"
bzgl. sog. PC-Urteil des BVerwG
Urteil vom 27.10.2010 - BVerwG 6 C 12.09
https://www.bverwg.de/271010U6C12.09.0Dadurch, dass man Geräte, die typischerweise gerade nicht für den Rundfunk genutzt werden (Handys, Smartphones, (internetfähige) PCs etc.), als "Rundfunkempfangsgeräte" deklariert hat, hat man dem örR das Mittel an die Hand gegeben, jedem einzelnen Bürger in diesem Land die "Möglichkeit der Rundfunknutzung" zu unterstellen, womit der Wohnungsbeitrag in einem gewissen Sinne sogar folgerichtig war.
Hier wurde an der Realität vorbei argumentiert, da die Angebote im Internet, selbst wenn sie von den örR kommen, keine Rundfunkangebote im Sinne eines an einem Sendeplan orientierten Programms sind, das jeder problemlos empfangen kann. (Wenn im Internet zu viele Personen auf den selben Inhalt zugreifen wollen, kann das den Server überlasten. Das passiert beim Rundfunk nicht, da ist es egal, wie viele Leute ihre Geräte anschalten (oder auslassen).)
Die Behauptung, ein internetfähiger PC oder ein Handy seien Rundfunkempfangsgeräte, ist damit ebenso falsch als würden die Gemeinden neuerdings die Hundesteuer auch auf Papageien erheben, nur weil diese bellen können. Selbst wenn etwas bellen kann, ist es noch lange kein Hund.
Der Pro-Kopf-Beitrag scheint dem BVerfG, meiner Ansicht nach, nicht wirklich als Gegenlösung vorzuschweben, sondern diente eher der Argumentation.Das BVerfG wird sich endlich der Frage stellen müssen, ob sich das duale System in der heutigen Zeit wirklich noch sinnvoll verteidigen lässt (man erinnere sich an den Beschluss bzgl. der mangelnden Staatsferne des ZDF, in dem durchaus erkannt wurde, dass es sich um eine medienpolitische Spielwiese handelt und eine Staatsferne in keinster Weise existiert). Dazu wird es einen großen Schritt machen müssen, denn das heißt auch, dass es die Souveränität aufbringen muss, seinen Fehler 2012 einzugestehen, was ihm nur neuen Respekt einbringen kann.
Edit "Bürger":
Link-Infos zum besseren Verständnis ergänzt. Der Hinweis ist natürlich richtig.
Das BVerwG hatte - wieder mal unter 5- bis 6-fachem Bezug auf "Hahn/Vesting", das Lobby-Gesetz-Lobby-Kommentarwerk von ARD-ZDF-GEZ - siehe u.a. unter
Beck'scher Kommentar zum Rundfunkrecht - Die juristische Welt der Kommentare
https://gez-boykott.de/Forum/index.php/topic,20125.msg148466.html#msg148466
basierend auf dem Lobby-Sprech von ARD-ZDF-GEZ internetfähige Geräte als "neuartige Rundfunkempfangsgeräte" deklariert.
Diese Beurteilung ist aufgrund der Nichtannahme der dagegen gerichteten Verfassungsbeschwerde dazumal vom BVerfG leider nie in der erforderlichen Tiefe angegriffen bzw. überprüft worden.
Das BVerfG hat im Wesentlichen den Vortrag/ die Argumentation des BVerwG wiedergegeben.
Und ja, dies ist eines der Kern-Probleme, welche zu unserer jetzigen Situation führten.
Daher gilt es, diese "PC-Entscheidungen" nochmals in Tiefe anzugreifen.
Dies sollte jedoch in gut aufbereitetem, eigenständigen Thread mit aussagekräftigem Thread-Betreff erfolgen, da dies über das hieisige Kern-Thema der "Kopfpauschale" hinausgeht, wenn auch eng damit verknüpft ist.
Danke für das Verständnis und die Berücksichtigung.
BayernWiderspruchsverfahren: §§ 69-73 VwGO (Bundesrecht)
BVerfG zu Sonderbeiträgen: "Weinabgabe" - B. v. 4.2.1958 (2 BvL 31, 33/56); "Berufsausbildungsabgabe" - BVerfGE 55,274, U. v. 10.12.1980; "Kohlepfennig" - BVerfGE 91, 186, B. v. 11.10.1994; "Straßenbaubeiträge" - B. v. 25.6.2014, 1 BvR 668/10.
BVerwG zu VA: B. v. 30.8.2006, 10 B 38.06; U. v. 23.8.2011, 9 C 2.11.