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Autor Thema: Mitbewohner in WG will keinen Zwangsbeitrag bezahlen und kein Gesamtschuldner sein  (Gelesen 19983 mal)

G
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Wenn in den für Klage 2 eingereichten Unterlagen ohnehin schon ein Mietvertrag in Kopie übersandt wird, könnte man meines Erachtens in einem Schriftsatz für Klage 1 darauf noch einmal darauf hinweisen, dass der Name samt Geburtsdatum des damaligen Mitbewohners sich aus diesem Mietvertrag ergibt, dass man aber weder dessen Beitragsnummer noch dessen aktuelle Anschrift kennt.

Laut Rundfunkbeitragsstaatsvertrag wird vermutet, dass jemand, der im Mietvertrag aufgeführt ist, auch Inhaber der Wohnung ist. Damit müsste dann (widerlegbar) bewiesen sein, dass die Personen A und B Gesamtschuldner sind. Auf irgendwelche Beitragsnummern kommt es dann nicht an. Das Gericht hat ja schon darauf hingewiesen, dass Zahlungen eines Gesamtschuldners auch dem anderen Gesamtschuldner zu Gute kommen.

Wenn Person A sich weitgehend sicher sein sollte, dass Person B bereits gezahlt hat, könnte er folgende Beweismittel dafür benennen:
- Parteivernehmung des Intendanten des NDR
- Zeugenvernehmung von Person B ggf. nach vorheriger Ermittlung der gegenwärtigen Anschrift von Person B durch das Gericht.


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Z
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Wichtig ist, daß dem Gericht gegenüber kommuniziert wird, daß B bereits bezahlt hat.
Aus dem Verwaltungsgericht Berlin weiß ich, daß die dortige Rundfunkanstalt (RBB) in der mündlichen Verhandlung eine komplette Liste von Beitragszahlern (ob auch Nichtzahler darunter waren oder fiktive Beitragsnummern ohne Zahlungseingang ist nicht bekannt, da weder Kläger noch Gericht Einblick in diese Liste hatten) der Grundstücksadresse dabei hatte, um sie mit dem Klägervortrag abzugleichen.
Und da fand sich tatsächlich der Name eines Zahlers, der mit dem vom Kläger vorgetragenen Namen übereinstimmte, worauf die Beklagte den Bescheid zurücknahm...
Hilfreich und glaubwürdig ist natürlich, wenn auch die original Beitragsnummer von B bekannt ist, diese Nummer ist ja systemschwachsinnig personengebunden statt wohnungsgebunden, aber im Berliner Verfahren war ein Zahlendreher in der Beitragsnummer und dennoch konnte ein Zahler zugeordnet werden. Der Datensatz dürfte aus dem Rechner des Beitragsservice gezogen worden sein, da habe ich keinen Einblick, ob ein ehemaliger Bewohner einer Adresse mit seiner Nummer da noch als Datensatz auftaucht.
Deshalb reicht es vielleicht, diese Nummer nur sicherheitshalber vor Gericht in petto zu haben.
Auch könnte sich ein Beweisantrag formulieren lassen, daß Beweis erhoben werden soll, daß noch ein weiterer Mitbewohner zahlungspflichtig gewesen wäre und dieser bereits der angeblich gesamtschuldnerischen Verpflichtung bereits (teilweise?) nachgekommen ist. Dafür muß der Kläger allerdings Butter bei die Fische liefern, also vielleicht Kontoauszüge eines gemeinsamen Kontos. Nur notfalls reicht vielleicht der Mietvertrag, das Gericht muß halt überzeugt werden und da macht sich ein Kontoauszug natürlich am besten...
Klar wäre es am besten wenn es sofort mit der Befreiung klappt, dann bräuchte man diesen Aufwand erst gar nicht. Da könnte man als Kläger vielleicht bitten, zuerst über die Befreiung zu verhandeln (wenn diese Verfahren gemeinsam verhandelt werden sollen, was ich auch schonmal als Zuschauer erlebt habe).
Zu den Gerichtsgebühren: Die hat man als Kläger doch schon vorab gezahlt, sonst würde es ja gar nicht vor Gericht weitergehen, solange man die Kosten nicht durch Feststellungsanträge (Vorsicht, unkalkulierbare Kostenfalle!) hochtreibt. Da wären also im Worst Case nur die Schreibkosten der Beklagten und die Anwaltskosten nach Honorarordnung (falls sich die Rundfunkanstalt extern verteten läßt) noch nachzuleisten. Die Zusammenlegung der Verfahren wäre bei Verlust beider Klagen für den Kläger das Argument, daß die Arbeit und der Schreibaufwand nur einmal angefallen sind, worauf sich das Gericht bei der Kostenverteilung durchaus einläßt.
Bei Erledigungserklärung des Verfahrens stellt der Kläger einen Kostenaufteilungsantrag, damit er seine eingezahlte Klagegebür ganz oder zum Teil zurückbekommt.


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Erkennt denn niemand den Systemfehler bei der Schuldfeststellung? Der vermutete Schuldner soll selbst nachweisen, dass er Nicht-Schuldner ist. Er wird in diesem System dazu gezwungen, sich gegen von der Obrigkeit erstellte, nicht wirklich festgestellte Schuld zu verteidigen. Jeder einzelne, der "Klarstellung" jedweder Art der LRA/ dem Gericht gegenüber betreibt, hat das nicht erkannt.

Es werden "blind" unverifizierte Beitragsbescheide verschickt. Wenn der Inhalt nicht stimmt, soll der Betroffene sich verteidigen. Das widerspricht unserer Rechtsstruktur, nach der behördenähnliche Gläubiger natürlich selbst erstmal sorgfältig anhand von Tatsachen die Schuldnerschaft feststellen muss. Fehler kann es natürlich dabei ab und zu geben und dafür ist Widerspruch und Klage da. Aber systemimmanent, also für alle geltend,  darf der Fehler nicht sein. Und das ist er hier.


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„Eine ewige Erfahrung lehrt jedoch, daß jeder Mensch, der Macht hat, dazu getrieben wird, sie zu mißbrauchen. Er geht immer weiter, bis er an Grenzen stößt. Wer hätte das gedacht: Sogar die Tugend hat Grenzen nötig. Damit die Macht nicht mißbraucht werden kann, ist es nötig, durch die Anordnung der Dinge zu bewirken, daß die Macht die Macht bremse.“ (Montesquieu)

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  • Ersatzmaßstab Wohnung: das BVerfG erklärt die Welt
@seppl: sicher erkennen hier sehr viele, vermutlich sogar die meisten, den Systemfehler. Was nützt es, wenn man den Kopf in der Schlinge hat und der Henker nur noch die Klappe öffnen muss, wenn man dann "Systemfehler" ruft? 

In seiner Antwort #32 schrieb @Falk_51, dass er psychische Probleme und den Kopf nicht frei für die Auseinandersetzung hat. Es ist doch völlig legitim, dass jemand nach Wegen sucht ein negatives Urteil von vorneherein zu vermeiden. Was immer er tut, wenn er sich vor Gericht nicht äußert, wird man seine Situation nicht berücksichtigen und ihn verdonnern zu zahlen, obwohl das jemand für einen bestimmten Zeitraum bereits getan hat. Das Gericht wird seine diesbezüglichen Behauptungen als das einstufen, was sie ohne Beleg sind: Behauptungen. Es gehört nicht viel Phantasie dazu, sich auszumalen, wie die Entscheidung ausfällt, wenn man sich allein auf fehlerhaftes Vorgehen beruft.

Allerdings sollte dem Gericht unbedingt die Frage gestellt werden, warum er denn beweisen muss, dass er im fraglichen Zeitraum mit jemandem die Wohnung teilte, der bezahlt hat. Und ob es nicht eigentlich Aufgabe des NDR wäre zu belegen, dass er für die von ihm nun allein bewohnte Wohnung für die strittige Zeit keine Zahlungen erhalten hat. Immerhin sind ja Doppelzahlungen nicht vorgesehen und stehen dem NDR auch nicht zu. Wenn man also z. B. einen Mietvertrag auf den Tisch legt, der den Namen des Mitbewohners enthält, ist der NDR am Zug. Der kann nämlich prüfen, ob er in der Zeit Zahlungen der Person erhalten hat. Auch für den NDR bzw. dessen Beitragsservice gilt, dass solche Unterlagen über Jahre aufbewahrt werden müssen. Um den Preis einer kleinen Mühe kann man den Ball an den NDR zurück spielen, sich ein Verfahren vom Hals schaffen, die offenen Kosten reduzieren und den Druck, sich mit dem NDR zu beschäftigen statt für das eigene Wohlfinden zu sorgen, senken. Das scheint mir angesichts der Aussichten und der Alternativen, Systemfehler hin oder her, ein akzeptabler Preis zu sein.

M. Boettcher


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Ken Je(b)sen, Betreiber von KenFM, soll "politische Entfremdung" betreiben und "unwahre Verschwörungstheorien" verbreiten. Daher beobachtet ihn der sogn. Verfassungsschutz. Würden die "Verschwörungspraktiker" dieses Dienstes ihren Maßstab an den öffentlich-rechtlichen Rundfunk und Publikationen von der BILD-Zeitung bis zum Magazin SPIEGEL anlegen, in Deutschland bliebe kein Medium unbeobachtet. So schnell wird in Deutschland zum Staatsfeind, der nicht mit dem Strom schwimmt.

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@drboe: Nochmals weise ich darauf hin, dass der Systemfehler relevant wird, wenn Gesamtschuldner mehrfach vollstreckt werden. Fordern kann die LRA laut BGB Gesamtschuldnerparagraphen von allen. Aber einziehen darf sie nur einmal. Das ist dann kein Argumentationsproblem vor Gericht mehr sondern pures UNRECHT, wenn doppelt, oder bei bereits erfolgter Zahlung noch einmal vollstreckt wird. Die Kasse.Hamburg hat dieses Problem ja mit dem Formular "Antrag auf Befreiung von Zahlungen des Rundfunkbeitrages" https://www.hamburg.de/contentblob/10936380/ab175707a4addc711194b61d53968e8d/data/antrag-auf-befreiung-rundfunkbeitrag.pdf mit dem Begriff "Befreiung" schönzureden versucht. Es ist eine reine (systemimmanente!) Beitragsüberhebung, die da bei Nichteingriff des "Schuldners" automatisiert vorgeht. Das ist Unrecht und das wissen die Vollstreckungsstellen. Und sie sind bei wissentlicher Vollstreckung in ungeprüfte Verhältnisse - die hier vorliegen, wenn der angebliche Schuldner nicht selber zur Klärung beiträgt - mit in der Pflicht.
Wenn bestimmte Gerichtsurteile so dann nicht mehr vollstreckbar sind, ist es egal, ob man sie "gewinnt" oder "verliert". Bewusst "Ins Blaue" vollstrecken dürfte den Vollstreckungsstellen auch gegen den Strich gehen.
Vollstreckt die Kasse.Hamburg bei undefinierter Gesamtschuldnerlage "ins Blaue"?
https://gez-boykott.de/Forum/index.php/topic,33983.msg206928.html#msg206928


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  • Ersatzmaßstab Wohnung: das BVerfG erklärt die Welt
Wir sind einer Meinung, dass der Sender nicht mehrfach einziehen darf. Ich schrieb oben: "Immerhin sind ja Doppelzahlungen nicht vorgesehen und stehen dem NDR auch nicht zu." Von allen fordern darf der NDR nur, solange die Forderung offen ist. Danach wäre eine Forderung rechtswidrig. Es steht auch fest, dass die Behandlung von offiziellen Gesamtschuldnern bezüglich des sogn. Rundfunkbeitrags skandalös ist. Um den grundsätzlichen Streit zu führen, was du ja dankenswerter Weise sehr weit betrieben hast und weiter verfolgst, muss man aber vergleichsweise entspannt sein. Wer psychische Probleme hat, ist von der gebotenen Lockerheit aber weit entfernt. Für den ist eine grundsätzliche Diskussion, so richtig sie ist, wenig hilfreich.

Man kann dem NDR wie allen LRA vorwerfen, dass sie die für viele Wohnungen gegebene Gesamtschuldnerschaft einfach ignorieren und diese regelmäßig durch eine persönliche Haftung an einer einzigen Person festmachen. Idiotischer Weise befinden sie sich bei ihrer Vorgehensweise im Einklang mit dem RVStV, weil der fordert die Daten aller Bewohner zu löschen, nachdem man eine Person als Zahler "auserkoren" hat. D. h., das Gesetz definiert einerseits Gesamtschuldner, und verlangt zugleich, aus allen Gesamtschuldnern Einzelschuldner zu machen.
Andererseits ignoriert die LRA auch gesetzliche Vorgaben, nach denen sie von jedem, zu dem sie keinen Wohnungsbezug kennt, Aufklärung fordert, obwohl eindeutig geregelt ist, dass der, der angemeldet ist, d. h. einer "Beitragsnummer" zugeordnet ist, stellvertretend für alle Wohnungsinhaber tätig wird. Wenn der zahlt, so schulden alle anderen Inhaber dem ÖRR keinen Cent. Sie sind nicht beitragspflichtig und damit sollten sie m. E. auch nicht auskunftspflichtig sein. Wer liest aus dem Gesetz die Verpflichtung, das Wohnen an sich und oder die Defizite des Systems zur korrekten Bebeitragung der Wohnungen zu Auskünften verpflichtet, wenn bereits gezahlt wird?
Der Rundfunk verzichtet sogar darauf die Beiträge von anderen Mitgliedern zu fordern, wenn das "auserwählte" Mitglied nicht zahlt. Statt der einfachen Option einen anderen Inhaber zur Zahlung aufzufordern, verfolgen sie eine Person mit allen Mitteln, während die Forderungsoption gegen alle anderen peu a peu verjährt. Neben der fehlenden Ausstiegsoption hat das System des sogn. Rundfunkbeitrags ersichtlich diverse Fehler. Nur wollen Politiker, Rundfunkmacher und Gerichte die nicht sehen.

M. Boettcher


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Wenn bestimmte Gerichtsurteile so dann nicht mehr vollstreckbar sind, ist es egal, ob man sie "gewinnt" oder "verliert".
Ich glaube nicht, dass sich die Vollstreckungsstellen mit dem rein abstrakten Argument beeindrucken lassen, die rückständigen Beiträge könnten bereits von einem anderen hypothetischen Gesamtschuldner entrichtet worden sein.
Und selbst wenn das in Hamburg klappen würde, muss das in anderen Bundesländern nicht auch klappen: Vollstreckungsrecht ist ja hinsichtlich der Vollstreckungsorgane Landesrecht, und wenn sich in Hamburg die Finanzverwaltungs beeindrucken lässt, ist damit nichts darüber gesagt, wie sich baden-württembergische Gerichtsvollzieher oder kommunale Vollstreckungsstellen in vielen anderen Ländern verhalten werden.

Insofern sollte man davon ausgehen, dass man dieses Argument vor Gericht bringen muss im Rahmen einer Vollstreckungsabwehrklage. Und diesbezüglich ist in § 767 (2) ZPO https://www.gesetze-im-internet.de/zpo/__767.htmlklar geregelt, dass nur solche Einwendungen zulässig sind, die nicht bereits im vorherigen Erkenntnisverfahren (das im Zivilrecht zum vollstreckbaren Titel führt bzw. das im Verwaltungsrecht den vollstreckbaren Bescheid durch ein Verwaltungsgericht überprüft) geltend gemacht werden konnten.

In einer Anfechtungsklage - wie im vorliegenden Fall die Klage 1 - überprüft das Gericht, ob der angefochtene Bescheid zum Zeitpunkt der letzten Behördenentscheidung (Zustellung des Widerspruchsbescheides) rechtmäßig war. Dieser Prüfzeitpunkt (der sämtliche Rechtsbereiche der Verwaltungsgerichtsbarkeit betrifft) ist ja auch der Grund dafür, dass die Klagen 1 und 2
 separat voneinander geführt werden (siehe das hier im Thread bereits thematisierte Urteil des BVerwG).

Das bedeutet also: wenn ein anderer Gesamtschuldner vor Erlass des Widerspruchsbescheides für die fragliche Wohnung und für den fraglichen Zeitraum gezahlt hat, dann muss man das in der Anfechtungsklage geltend machen.
Erfolgte die Zahlung später, wird aber nicht anspruchsmindernd berücksichtigt, so kann man das im Rahmen einer Vollstreckungsabwehrklage geltend machen.

In beiden Fällen wird man aber nur Erfolg haben, wenn man die Behörde bzw. das Gericht darüber aufklärt, wer dieser andere Gesamtschuldner ist. Denn nur dann kann ja geklärt werden, ob dieser schon gezahlt hat.

Es ist übrigens nicht die Aufgabe des Vollstreckungsorgans zu prüfen, ob ein anderer Gesamtschuldner an den Gläubiger gezahlt hat. Selbst wenn das Vollstreckungsorgan die möglichen anderen Gesamtschuldner kennen würde, könnte er diese Prüfung rein praktisch gar nicht leisten: wenn auf den Konto des NDR jeden Monat mehrere Millionen Beitragszahlungen eingehen, kann der Gerichtsvollzieher diese doch gar nicht daraufhin überprüfen, ob sie etwas mit seinem Vollstreckungsauftrag zu tun haben, selbst wenn er Zugang zu den Konten des NDR hätte.

Insofern ist ein Schuldner auch in anderen Rechtsbereichen nicht davor gefeit, dass Ansprüche vollstreckt werden, auch wenn der Gläubiger schon von anderer Seite befriedigt wurde. Hier vertraut die Rechtsordnung also darauf, dass ein redlicher Gläubiger nicht mehrfach oder trotz Zahlung vollstreckt. Tut er es dennoch, so steht die Vollstreckungsabwehrklage dem Schuldner zur Verfügung, der zudem Schadensersatz fordern kann.

Das Problem mit dem Rundfunkbeitrag ist halt die Konstrukion, dass die Rundfunkanstalten keinen Überblick über bestehende Gesamtschuldnerschaften haben (sollen), so dass also tatsächlich die Gefahr besteht, dass sie ins Blaue hinein schon gezahlte Beiträge vollstrecken.
Dass dieses Manko des Systems das ganze System zum Einsturz bringt, glaube ich aber nicht. Jedenfalls glaube ich nicht, dass die Verwaltungsgerichte sich daran beteiligen, wenn jeder Betroffene die Möglichkeit hat, die Namen seiner Mitbewohner zu nennen.


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@Gesamtschuldner: Es ist richtig, dass die Landesvollstreckungsgesetze verschieden sind und auch die Voraussetzungen der Vollstreckungsorgane anders sind. Somit ist das, was in Hamburg in Sachen Vollstreckung passiert, erstmal auch nur für Hamburg gültig. Aber als Idee auch gut für "woanders".

Bevor die Sache hier vor Gericht geht - wo dann wieder ein Richter mit dem Blauen Himmel über ihm entscheidet - habe ich hier in Hamburg erstmal Kontakt mit der Vollstreckungsstelle aufgenommen. Diese hat dann das Anliegen zur Stellungnahme an das NDR Justiziariat übermittelt. Auf die Stellungnahme darf man gespannt sein, da es sich bei der Finanzbehörde, der die Kasse.Hamburg angehört, um eine streng an  staatliche Regelungen gebundene Institution handelt - was auf den NDR nahezu gar nicht und auf Richter der Verwaltungsgerichte nur - durch ihre Interpretationsfreiheit - bedingt zutrifft. Der NDR kann da also nicht "irgendwas" erzählen, sondern es muss schon Hand und Fuss haben: Ist es gesichert, dass mit der Vollstreckung keine Beitragsüberhebung stattfindet? - Das ist die zentrale Frage, die zu beantworten ist.

Die Finanzbehörde Hamburg hat auch ein Justiziariat. Dieses ist - im Gegensatz zum interessengeleiteten Justiziariat des NDR mit seinen Angestellten - behördlich neutral gestimmt.

Da es sich um einen strukturellen Fehler in der Abwicklung handelt, ist gar nicht die Frage, ob nun in einem speziellen Fall tatsächlich schon bezahlt wurde oder nicht, sondern ob Fehlvollstreckungen systematisch ausgeschlossen sind. Und das sind sie nicht.

@drboe: Ich habe "Systemfehler" gerufen, und der Henker hat die Sache zur Stellungnahme zurückgegeben - es scheint hier also doch zu funktionieren unter gewissen Grundvoraussetzungen. Um bei dem Beispiel zu bleiben: Der Henker wird nicht einen Auftrag ausführen, der offen lässt, ob der Hinzurichtende oder vielleicht ein anderer schuldig ist. Das Urteil dazu würde es in einem Rechtsstaat nicht geben. Und: der Henker arbeitet nicht als Vollstreckungshilfe! Da rollen die Köpfe in voller Eigenregie... UND: Bei Hinrichtungen gibt es keine Gesamtschuld.

Dass @Falk_51 lieber ein positives Urteil von vornherein haben möchte, ist verständlich. Dein Hinweis auf seine psychische Lage ist wichtig und zu berücksichtigen.


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B
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Moin,

ist es nicht so, dass der Henker die Vollstreckungsvoraussetzungen prüfen muss, weil er sonst nach durchgeführter falscher Hinrichtung in Regress genommen werden kann  (#).

Insoweit die Klärung dieser Frage auch sein Interesse sein sollte?


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s
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...Jedenfalls glaube ich nicht, dass die Verwaltungsgerichte sich daran beteiligen, wenn jeder Betroffene die Möglichkeit hat, die Namen seiner Mitbewohner zu nennen.

Wieso sollte denn jeder Betroffene diese Möglichkeit haben? Ich habe es selbst mal erlebt für 9 Monate in einer WG mit jemandem zusammen zu wohnen, dessen Namen ich nicht kannte. Er war für 2 Auslandssemester nicht im Land und ich kannte Ihn nur unter "Toni". Sollte es das Gericht etwa beeindrucken, wenn man sagt, der Toni zahlt schon?
Jetzt müsste man schon den Vermieter fragen, wie denn dieser Toni heißt oder? Und da stehen wir wieder am Anfang, wenn der Vermieter sagt, " Sag ich dir nicht, darf ich nicht, muss ich nicht, will ich nicht"

Letztlich hat der ÖRR dafür Sorge zu tragen, dass er keine Beiträge mehrfach einfordert, sollte er es dennoch tun, dann ist das schlicht "gesetzeswidrig".
Da in den Bescheiden keine Gesamtschuldnerschaft adressiert ist, gibt es für den Betroffenen zunächst nur die Möglichkeit zu sagen, "die Schuld wurde/wird bereits von einem anderen getilgt" - was absurd ist, denn "die Schuld" wird ja für jeden Betroffenen persönlich adressiert, daher ist es erst mal sehr abwegig wenn jemand anders meine Schulden zahlen sollte.

Dieser Systemfehler (einer unter vielen) kann doch nur geheilt werden, in dem zunächst die Gesamtschuldnerschaft definiert und in einem Bescheid adressiert wird, oder der Betroffene darüber in Kenntnis gesetzt wird, dass er jetzt für die Gesamtschuldnerschaft XYZ zur Zahlung herangezogen wird. Dazu müsste der ÖRR aber wissen Wer mit Wem zusammenwohnt, aber das wissen ja nicht mal die Meldebehörden.


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"Toni" ist ein gutes Beispiel. In einer "echten" Gerichtsverhandlung würde man den Sachverhalt so darstellen wie oben geschildert. Dann wird die LRA gefragt, ob unter einem Konto, das einem "Toni" gehören könnte der Beitrag bereits gezahlt wurde. Die Antwort hat zu lauten: "Ja, es wurde gezahlt" oder "Nein, es sind keine Zahlung eingegangen". "Sorry, wissen wir nicht, können wir nicht feststellen" geht als Vollstreckungsvoraussetzung nicht, auch nicht, wenn man den angeblichen Schuldner als "bockig" deklariert und "selber Schuld wenn bei Euch mehrfach gefordert wird, wenn Du die Beitragsnummern nicht rausrückst" sagt.


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Ja und richtig spannend wird es wenn Toni die WG-Wohnung nur als Nebenwohnung inne hat, aber bereits für seine Hauptwohnung bezahlt. Dann bin ich, der mit Toni zusammen wohnt, schlechter gestellt als jemand der mit Tina zusammen wohnt, die die WG als Hauptwohnung inne hat und bezahlt.

Oder wenn Toni blind oder taub oder gar beides ist. Da Toni ja offensichtlich Student ist, wäre es auch möglich, dass er befreit ist und schon sollte ich wieder den vollen Beitrag zahlen. Ich habe es in irgend einem anderem Thread bereits mal festgestellt: "Wohnungsbeitrag geteilt durch Anzahl der Inhaber = Anteil der persönlichen Schuld" Und das ganze völlig unabhängig von Befreiungen, denn sonst wird gleiches (zusammenwohnen mehrerer Personen) wesentlich ungleich behandelt.


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@seppl: Du hast ja prinzipiell recht, aber hier geht es darum, ein Verfahren "zu gewinnen" und nicht darum, es gegen die Wand zu fahren und hinterher mit Trick 17 weiterzuführen, dafür hat der Kläger wahrscheinlich nicht die Kraft.
Die Absuirditäten des Rundfunkrechts wissen wir schon seit dem unsäglichen Bundesverfassungegerichtsurteil, da muß man kein Risiko fahren, wenn es auf andere Art erfolgreich abzuschließen wäre.

Wenn die Sache mit der Befreiung aus irgendeinem dahergezauberten Grund nicht läuft, dann hat man halt noch den Joker in der Tasche, wenn man nach deren Regeln spielt. Wenn man versucht nach eigenen Regeln zu spielen, dann kann das schief gehen.

Wir können uns den Mund fusselig reden und wir sehen beide, daß der Kaiser nackt ist, aber wir sind momentan die einzigen, die das wissen...


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s
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Wie wäre es denn wenn man mal einen Testballon losschickt?

Mal angenommen Person X bekommt einen Bescheid (oder auch mehrere) und läuft vielleicht steil auf die Vollstreckung zu.
Jetzt erhebt Person X Klage vorm Amtsgericht (ist doch das richtige oder?) gegen seine aktuellen und ehemaligen Mitbewohner auf Zahlung ihres jeweiligen Anteils.

Was wird das Amtsgericht wohl entscheiden?
Im Prinzip können sie nur sagen: Wo ist denn die Grundlage deiner Forderung? In den Bescheiden bist ja nur DU Person X angeschrieben, von den anderen steht da nix.
Dennoch steht im sogenannten Gesetz was von Gesamtschuldnerschaft...
wäre echt interessant diesen Weg mal zu erörtern und ggf. auszuprobieren.

Spannend wirds dann sein wer die Gerichtskosten zahlt - da könnte man das "Verursacherprinzip" ja anwenden oder? Heißt die LRA muss die Gerichtskosten zahlen, denn den Prozess gäbe es nicht, hätten sie die Bescheide korrekt adressiert oder?


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  • an den ÖRR : "You can´t always get what you want"
Warum lasst ihr @seppl nicht sein Ding machen und hackt ständig auf ihn ein, er argumentiere ständig in die falsche Richtung. Habt ihr 3 vielleicht diesbezüglich auch etwas ernsthaftes am laufen? Nö, dann wartet bitte erstmal das Ergebnis von@seppl seiner Sache ab, dann könnt ihr gern euren Weg hier weiter gehen und von Erfolg kronen lassen.. Besser meckern kann jeder, echtes Handeln wäre besser.


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You can win if you want

 
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