Wenn bestimmte Gerichtsurteile so dann nicht mehr vollstreckbar sind, ist es egal, ob man sie "gewinnt" oder "verliert".
Ich glaube nicht, dass sich die Vollstreckungsstellen mit dem rein abstrakten Argument beeindrucken lassen, die rückständigen Beiträge könnten bereits von einem anderen hypothetischen Gesamtschuldner entrichtet worden sein.
Und selbst wenn das in Hamburg klappen würde, muss das in anderen Bundesländern nicht auch klappen: Vollstreckungsrecht ist ja hinsichtlich der Vollstreckungsorgane Landesrecht, und wenn sich in Hamburg die Finanzverwaltungs beeindrucken lässt, ist damit nichts darüber gesagt, wie sich baden-württembergische Gerichtsvollzieher oder kommunale Vollstreckungsstellen in vielen anderen Ländern verhalten werden.
Insofern sollte man davon ausgehen, dass man dieses Argument vor Gericht bringen muss im Rahmen einer Vollstreckungsabwehrklage. Und diesbezüglich ist in § 767 (2) ZPO
https://www.gesetze-im-internet.de/zpo/__767.htmlklar geregelt, dass nur solche Einwendungen zulässig sind, die nicht bereits im vorherigen Erkenntnisverfahren (das im Zivilrecht zum vollstreckbaren Titel führt bzw. das im Verwaltungsrecht den vollstreckbaren Bescheid durch ein Verwaltungsgericht überprüft) geltend gemacht werden konnten.
In einer Anfechtungsklage - wie im vorliegenden Fall die Klage 1 - überprüft das Gericht, ob der angefochtene Bescheid zum Zeitpunkt der letzten Behördenentscheidung (Zustellung des Widerspruchsbescheides) rechtmäßig war. Dieser Prüfzeitpunkt (der sämtliche Rechtsbereiche der Verwaltungsgerichtsbarkeit betrifft) ist ja auch der Grund dafür, dass die Klagen 1 und 2
separat voneinander geführt werden (siehe das hier im Thread bereits thematisierte Urteil des BVerwG).
Das bedeutet also: wenn ein anderer Gesamtschuldner vor Erlass des Widerspruchsbescheides für die fragliche Wohnung und für den fraglichen Zeitraum gezahlt hat, dann muss man das in der Anfechtungsklage geltend machen.
Erfolgte die Zahlung später, wird aber nicht anspruchsmindernd berücksichtigt, so kann man das im Rahmen einer Vollstreckungsabwehrklage geltend machen.
In beiden Fällen wird man aber nur Erfolg haben, wenn man die Behörde bzw. das Gericht darüber aufklärt, wer dieser andere Gesamtschuldner ist. Denn nur dann kann ja geklärt werden, ob dieser schon gezahlt hat.
Es ist übrigens nicht die Aufgabe des Vollstreckungsorgans zu prüfen, ob ein anderer Gesamtschuldner an den Gläubiger gezahlt hat. Selbst wenn das Vollstreckungsorgan die möglichen anderen Gesamtschuldner kennen würde, könnte er diese Prüfung rein praktisch gar nicht leisten: wenn auf den Konto des NDR jeden Monat mehrere Millionen Beitragszahlungen eingehen, kann der Gerichtsvollzieher diese doch gar nicht daraufhin überprüfen, ob sie etwas mit seinem Vollstreckungsauftrag zu tun haben, selbst wenn er Zugang zu den Konten des NDR hätte.
Insofern ist ein Schuldner auch in anderen Rechtsbereichen nicht davor gefeit, dass Ansprüche vollstreckt werden, auch wenn der Gläubiger schon von anderer Seite befriedigt wurde. Hier vertraut die Rechtsordnung also darauf, dass ein redlicher Gläubiger nicht mehrfach oder trotz Zahlung vollstreckt. Tut er es dennoch, so steht die Vollstreckungsabwehrklage dem Schuldner zur Verfügung, der zudem Schadensersatz fordern kann.
Das Problem mit dem Rundfunkbeitrag ist halt die Konstrukion, dass die Rundfunkanstalten keinen Überblick über bestehende Gesamtschuldnerschaften haben (sollen), so dass also tatsächlich die Gefahr besteht, dass sie ins Blaue hinein schon gezahlte Beiträge vollstrecken.
Dass dieses Manko des Systems das ganze System zum Einsturz bringt, glaube ich aber nicht. Jedenfalls glaube ich nicht, dass die Verwaltungsgerichte sich daran beteiligen, wenn jeder Betroffene die Möglichkeit hat, die Namen seiner Mitbewohner zu nennen.