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Autor Thema: Verwaltungszwangsverfahren ohne Widerspruchsbescheid + Karteileiche  (Gelesen 3699 mal)

M
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Hallo zusammen,

es wird ein Feedback des Forums für die folgende fiktive Story benötigt:

Person A wird 2013 in der fiktiven Stadt K beim BS zwangsangemeldet. Person A tätigt keine Zahlungen. Schriften des BS und des WDR ohne Rechtsbelehrung werden ignoriert. Festsetzungsbescheide werden alle fristgerecht mit einem Widerspruch beantwortet. Sonstiger Schriftverkehr findet nicht statt. Einen erneuten Festsetzungsbescheid in 2016 über eine Summe von 6xx,yy samt Säumniszuschlägen und Mahnkosten beantwortet Person A wieder mit einem fristgerechten Widerspruch. Auch hiernach erhält Person A keinen Widerspruchsbescheid. Danach bekommt er bis zum heutigen Tage keine weitere Post vom BS oder dem örR. Er ist, wie es aussieht, eine Karteileiche.

In 2016 zieht Person X in Person A's Wohnung dazu. Person X kommt aus dem Ausland, hat kein eigenes Einkommen und hat ein Studentenvisum. Person A hat sich finanziell für Person X verpflichtet.
Person X wird klarerweise nach einer Anmeldung bei der Stadt K von BS angeschrieben. Nach einiger Zeit wird Person X zwangsangemeldet und bekommt regelmäßig belästigende Post und Rechnungen. Nach einiger zeit trudelt der erste Festsetzungsbescheid ein und wird fristgerecht mit einem Widerspruch beantwortet. Person X bekommt keinen Widerspruchsbescheid. Stattdessen erhält Person X ein Erklärungsschreiben ohne Rechtsbelehrung der wohl bekannten Art. Im Erklärungsschreiben wird Person X aufgefordert
  • Entweder den ausstehenden Betrag zu begleichen
  • Oder auf den Widerspruchsbescheid zu bestehen
Das Schreiben ignoriert Person X aufgrund fehlender Rechtsbelehrung.
Es folgen 2 weitere Festsetzungsbescheide. Beide werden mit einem Widerspruch beantwortet.

Eine Woche später erhält Person X ein Schreiben mit dem Betreff: Verwaltungszwangsverfahren zur Beitreibung von Geldforderungen., allerdings nicht über den vollständigen Betrag. Dieser ist rechnerisch dem Zeitraum zu zu ordnen, der sich bis zum o.g. Erklärungsschreiben erstreckt. Die Frist für die Vollstreckungsankündigung liegt noch in der Zukunft.

Fragen an das Forum, die eine solche fiktive Situation potentiell aufwerfen könnte:
  • Gibt es juristische Nachteile für Person A, wenn Person A für so lange Zeit "vergessen wird"?
  • Welche potentiellen Schritte könnten nun Person A und Person X unternehmen?
  • Person X greift bei persönlicher Vorstellung in jeglichen Behörden auf Person A's Unterstützung zurück. Wie muss sich Person A potentiell in solchen Fällen vorstellen?


Brainstorming-Möglichkeit 1: Person A meldet sich beim BS und legt die Haushalte zusammen. Vorteil: Person X wird in Ruhe gelassen. Nachteil: Person A's Akte wird entstaubt. Der zu zahlende Betrag von Person A ist deutlich höher. 
Brainstorming-Möglichkeit 2: Person X meldet sich bei der Vollstreckungskammer und bezahlt (in Bar und unter Vorbehalt) den geforderten (noch recht niedrigen) Betrag. Weitere Zahlungen nach Feststellungsbescheiden werden nicht getätigt, Feststellungsbescheide werden weiterhin mit Widersprüchen beantwortet. Vorteil: Zeit schinden. Nachteil: Es wird was bezahlt.

Vielen Dank!




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Ich nehme an dass die Aussetzung vom Vollzug beantragt wurde.

Dann schau doch mal hier, nach diesem Thread sollte die Vollstreckung nicht möglich sein, da das Vorverfahren nicht abgeschlossen ist:

Re: Der Bumerangeffekt
https://gez-boykott.de/Forum/index.php/topic,25185.msg162489.html#msg162489


PS: gibt es noch eine andere Partei mit dem der Haushalt zusammengelegt werden kann?


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Im Fall das es sich um Festsetzungsbescheide handelt, welche nur eine Schuld feststellen haben diese kein Leistungsgebot. Ein Leistungsgebot ist aber Voraussetzung für die Vollstreckung von öffentlichen Kosten und Abgaben. Deshalb braucht es einen Leistungsbescheid in welchem zur Zahlung ausdrücklich aufgefordert wird. Erst damit bekommt der Vollstreckungstitel überhaupt erst einen vollstreckbaren Inhalt. vgl.

--> Das wird im Forum bereits thematisiert.

Lindner "Verwaltungsvollstreckungsgesetz f. d. Freistaat Sachsen: Kommentar"
https://gez-boykott.de/Forum/index.php/topic,23748.msg151220.html#msg151220

in der im Forum bekannten Streitschrift von Herrn Dr. iur. utr. Hennecke wird dazu ab Auflage 5 folgendes ausgeführt

in der Streitschrift Version 6 ab Seite 27 ff.
Zitat

5. Das Übermaß der Vollstreckung

...

Leistungsbescheide über öffentliche Abgaben sind nach allgemeinen Abgabenrecht Vollstreckungstitel; das heißt, die öffentliche Forderung kann mit Zwangsmaßnahmen beigetrieben werden. Voraussetzung ist jedoch, daß der Bürger auch ausdrücklich zur Zahlung aufgefordert wird (daher "Leistungsbescheid") und der Vollstreckungstitel damit überhaupt einen vollstreckbaren Inhalt hat. Die Rundfunkanstalten erlassen demgegenüber aber nur "Feststellungsbescheide" über eine bestimmte Summe und vermischen diese Bescheide mit weiteren, nicht ausdrücklich festgestellten Forderungen. Es bestehen daher, wie oben bereits erwähnt, erhebliche Zweifel, ob die "Feststellungsbescheide" einen vollstreckbaren Inhalt haben und damit überhaupt die Voraussetzung für eine Zwangsvollstreckung abgeben. Trotzdem setzen sich die Rundfunkanstalten über die Grundsätze des Vollstreckungsrechts hinweg, deuten die Feststellungsbescheide einseitig in vollstreckungsfähige Titel um und überfallen den Bürger, der sich dessen gar nicht versehen hatte, mit Vollstreckungsmaßnahmen. Es könnte hiergegen die "Erinnerung" gemäß § 766 Absatz 1 der Zivilprozeßordnung (ZPO) oder womöglich auch verwaltungsgerichtlicher Rechtsschutz im Wege einer Anfechtungsklage oder einer vorbeugenden Unterlassungsklage gegen die Vollstreckungsbehörde gegeben sein, die damit zu begründen wäre, daß ein vollstreckbarer Titel nicht vorliegt und daher Hoheitsgewalt ausgeübt wird, die keine Rechtsgrundlage hat. 19

[...]

19 Für das genaue Verfahren wären die Verwaltungsvollstreckungsgesetze der Länder maßgeblich; vgl. § 169 VwGO. Über den Generalverweis von § 173 VwGO kann es auch zur Anwendung von § 766 ZPO kommen.

[...]

Das deckt sichin soweit mit den Angaben aus dem "Verwaltungsvollstreckungsgesetz für den Freistaat Sachsen: Kommentar" von Tilo Lindner, 2011, Justiziar im Landratsamt Meißen
"Books on demand"
ISBN 9783842356795

Natürlich sollte das entsprechend der anderen Länder geprüft werden.


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Hi! Vielen Dank für die Antwort.

Ich nehme an dass die Aussetzung vom Vollzug beantragt wurde.

Es wurde noch nichts beantragt. Wie würde man da vorgehen? Der Bumerangeffekt sieht interessant aus. Es wurden nämlich weitere Festsetzungsbescheide zugeschickt, die (noch) nicht Gegenstand der Vollstreckung sind.

PS: gibt es noch eine andere Partei mit dem der Haushalt zusammengelegt werden kann?

Nach der fiktiven Story ist es leider nicht möglich. Nur Person A und Person X leben zusammen in einem Haushalt.


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Zitat
Festsetzungsbescheide werden alle fristgerecht mit einem Widerspruch beantwortet.
Wurde im Widerspruch die " Aussetzung des Vollzug" beantragt?

Zitat
Nur Person A und Person X leben zusammen in einem Haushalt.
Ich habe mich nicht präzise ausgedrückt: gibt es unter der Meldeadresse noch einen Beitragszahler? Z.B, in einem Mehrfamilienhaus.


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Wurde im Widerspruch die " Aussetzung des Vollzug" beantragt?
Ja, nach § 80 (4) VwGO.

Ich habe mich nicht präzise ausgedrückt: gibt es unter der Meldeadresse noch einen Beitragszahler? Z.B, in einem Mehrfamilienhaus.
Es handelt sich um ein Mehrfamilienhaus, ja. Es wird angenommen, dass sich unter den Mietern auch Beitragszahler befinden.


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