[...] „Dieses Papier soll auch ein Signal an die Ministerpräsidentinnen und -präsidenten sowie an die Rundfunkkommission senden, dass es in der Gesellschaft weitaus mehr Befürworter eines starken öffentlich-rechtlichen Angebots gibt als dessen Kritiker. [...]
...ähm, bitte?
Wie kann mit einem Thesenpapier, das (
wie gewonnene?)
- 40 Erstunterzeichner und bislang noch nicht einmal
- ~150 Mitunterzeichner
vorweist, ein
"Signal an die Ministerpräsidentinnen und -präsidenten sowie an die Rundfunkkommission senden, dass es in der Gesellschaft weitaus mehr Befürworter eines starken öffentlich-rechtlichen Angebots gibt als dessen Kritiker"?
Sieht so der "wissenschaftliche Ansatz" aus?
Hm. Also die Unterschriftenaktion von
www.rundfunk-protest.dehttps://online-boykott.de/unterschriftenaktionhat mittlerweile über 110.000 Unterzeichner. Ziehen wir mal generös 10% Fehlerquote ab, blieben immerhin noch 100.000 - und das - wohlgemerkt - gänzlich ohne politisch-mediale Unterstützung wie z.B. Tagesspiegel und dadurch ausgelöste weitere mediale Verbreitung.
Aber selbst wenn dort mal Unterzeichner im 5- oder 6-stelligen Bereich zustande kommen sollten, so wäre dies noch keine "weitaus größere Mehrheit" der 40 Mio Beitragskonten.
Die bisherigen unabhängigen(!) und repräsentativen Umfragen scheinen da eine andere Sprache zu sprechen.
Auch spricht es nicht gerade für Unabhängigkeit, sondern eben für Befangenheit, wenn die "überwiegende Mehrheit" der Initiatoren und Erstunterzeichner aus Profiteuren aller Couleur besteht.
Sei's drum.
Vielleicht sollte man diesen Ansatz auch anders lesen
"Signal an die Ministerpräsidentinnen und -präsidenten sowie an die Rundfunkkommission senden, dass es in der Gesellschaft weitaus mehr Befürworter eines starken öffentlich-rechtlichen Angebots gibt als dessen Kritiker"
Hm... Stärke darf nicht allein das Kriterium sein, denn die "Breitenwirkung und Suggestivkraft" trägt ein gefährliches Potenzial in sich - dies ist auch vom BVerfG so beurteilt.
Viel wichtiger wäre ein
"starke KRITISCHES" öffentlich-rechtliches Angebot, welches auch tatsächlich dem Ideal einer 4. Gewalt nachkommt. Eine
4. Gewalt als Kontrollinstrument gegenüber der Politik, selbst wenn es nur mit 1 Milliarde pro Jahr gefüttert würde, wäre schon eher diskutabel.
Solange aber die "Kontrollgremien" reine Feigenblätter sind, kann man sich diese Überlegungen erst einmal sparen.
Dabei fällt mir auf, dass genau auch diese
Kontrollgremien überhaupt nicht Gegenstand der Thesen sind.
WARUM NICHT?Oder habe ich etwas übersehen?
Korrektur: In These 3 steht etwas dazu.
Allerdings wird da nicht auf die Zusammensetzung der Gremien Bezug genommen.
Es klingt so, als ob der alte Klüngel einfach nur weitermachen soll, aber eben etwas "transparenter".
Das "Kritische" fehlt mir hier, das "Starke" ist mir zu überbetont.Das stimmt nachdenklich über das eigentliche Ansinnen und den Bewusstseinshorizont der Initiatoren.
Dessen ungeachtet:
Vielleicht sollte man sich aber noch mal genauer mit den
Thesen selbst inhaltlich auseinandersetzen?
Denn: Nüchtern betrachet muss die
These 8"Der Auftrag bestimmt den Beitrag – nicht umgekehrt."ja eigentlich nicht verkehrt sein
Der "Auftrag" könnte heutzutage ja durchaus auch enger definiert sein und damit der Beitrag deutlich geringer ausfallen.
Nichts anderes ist ja u.a. auch unser Anliegen:
Definition des "Grundversorgungsauftrags".Wozu wohl insbesondere gerade nicht die horrenden Pensionsverpflichtungen, HalliGalli-Herzschmerz-Quotensport und sittenwidrige Intendanten-, Moderatoren- und B-Promi-Bezüge gehören dürften.
Auch
These 9"Klassische Angebote müssen überprüft werden."Im Gegenzug zur Weiterentwicklung des Online-Angebots sind die Länder im Übrigen aufgefordert zu überprüfen, ob und inwieweit bei einer Herausbildung des Internet als Leitmedium auf klassische Angebote verzichtet werden kann.
Allerdings sei anzumerken, dass ein Internet als "Leitmedium"
jeden mit einschließt.
Das ist der
fundamentale Unterschied einer "multiplen Telemedienordnung" zur althergebrachten "dualen Rundfunkordnung".
Insofern stellt sich hier die Frage, inwiefern die Idee eines "Leitmediums" Internet überhaupt angebracht ist.
Auch
These 10"Ein Verbreitungsweg neben dem Internet unter öffentlicher Kontrolle muss zukünftig erhalten bleiben."kann durchaus interessant gelesen werden:
Die Erhaltung eines Verbreitungsweges neben dem Internet muss gewährleistet werden, weil so der Zugang zu den öffentlich-rechtlichen Angeboten für Personen sichergestellt wird, die nicht über einen Internetanschluss verfügen. Auch unter sicherheitsrelevanten Aspekten ist der terrestrische Ausspielweg notwendig, um im Gefahrenfall über eine vom Netz unabhängige Verbreitungsinfrastruktur zu verfügen.
Wenn dies bedeutet, dass es
neben dem Internet nur noch
einen(!) öfentlich-rechtlichen bundesweiten Rundfunksender gäbe (ggf. mit regionalen Zeitfenstern), dann wäre sogar einer der Forderungen der Unterschriftenaktion Genüge getan
www.rundfunk-protest.dehttps://online-boykott.de/unterschriftenaktion2. Ein bundesweit kostenlos empfangbares Fernseh- und Radioprogramm für die Übermittlung von Nachrichten und Informationen und für die Koordinierung im Katastrophenfall, Finanzierung aus Steuermitteln.
Also, vielleicht sollte man - trotz aller formeller Kritik am Zustandekommen dieser Thesen-Kampagne - die schließlich angeblich beabsichtigte
Debatte sachlich-kritisch begleiten?
...und damit auch zeigen, dass eine
"überwiegende Mehrheit" zu allererst ein Interesse an der
Grundrechtswahrung hat und öffentlich-rechtliche Medien zu allererst eine
dienende Funktion zu erfüllen haben. Nicht - wie derzeit - geradezu umgekehrt.