Vielen Dank an "Tarudi" und "es reicht" für's Kommen!
Dem Bericht von Tarudi ist nicht viel hinzuzufügen. Auch ich hatte den Eindruck als wäre der Richter der Verteidiger des SWR. Selbst als es um die verfahrensrechtlich vollkommen belanglose Tatsache ging, dass der SWR und Beitragsservice auf schriftliche Fragen nicht reagieren, übernahm der Richter sofort die Verteidigung. Bei einem solchen Massenverfahren müsse man doch Verständnis haben wenn die Kommunikation leide. Das seien halt Copy-Paste-Textbausteine, das gehe nicht anders.
Ruhenlassen und Warten auf Karlsruhe wurde angesprochen aber abgelehnt. Dies könne nur der SWR veranlassen. Ich habe auch vorgeschlagen, der SWR könne seine Forderungen zurückziehen. Der Richter meinte, da brauche er gar nicht zu fragen (!), die Antwort kenne er. Ich bat ihn, dennoch zu fragen. Er fragte den SWR-ler ob er "abhelfen" könne. Da machte der sehr junge SWR-ler erstmals den Mund auf und sagte "nein". Als ich dann dem Gericht die Aussage des Justiziars des SWR, Dr. Hermann Eicher, überreichte, wonach der SWR keine Behörde sei, (zu finden unter
www.ard.de/home/intern/presse/pressearchiv/252836/index.html), sagte der SWR-ler nochmal was, nämlich, dass der SWR eine Behörde sei. Ich fragte ihn, ob er aus der Geschäftsführung des SWR sei (denn Ober sticht bekanntlich Unter). Der Richter verstand sofort und übernahm barsch die Antwort, der Herr habe Prozessvollmacht. Im Übrigen interessiere ihn als Richter nicht, was der SWR selber sage, er entscheide davon unabhängig. Somit werden Fakten direkt vom Tisch gewischt. Und diese Aussage des SWR sei auch in anderen Verfahren schon vorgebracht worden. Und es gehe hier nicht zu wie im Zivilprozess, wo die Beteiligten sich einigen könnten. Im Verwaltungsrecht sei das anders. Ich erklärte ihm, dass er nun zumindest nicht mehr schreiben könne, "Anhaltspunkte, dass es sich beim Antragsgegner nicht um eine Behörde handeln könnte, hat die Kammer nicht". So steht es nämlich in der Ablehnung meines vorausgegangenen Eilantrages.
Die Richterin ging auf den Inhalt der Aussage des Jutiziars nicht näher ein, bemängelte aber, dass der SWR ausgerechnet auf einen Artikel der BILD-Zeitung reagiere. Das würde sie stören.
Auf jeden Fall ist der Richter der Meinung, der Rundfunk könne gleichzeitig staatsfern und Behörde sein. Gerichte würden ja auch durch Steuern finanziert und seinen aber gleichzeitig unabhängig. Auch die Tatsache, dass der Verwaltungsgerichtshof Mannheim in seinen Urteilen (in denen die Behördeneigenschaft "bestätigt" wird) das LVwVfG anwende, obwohl dies laut §2 nicht auf den SWR anwendbar sei, sei völlig normal. Selbst wenn es das Gesetz gar nicht gäbe, sei der SWR dennoch eine Behörde. Er könne gleichzeitig als Unternehmen auftreten, das sei kein Widerspruch. So könne er z.B. Bleistifte kaufen.
An dieser Stelle hatte ich besonders stark das Gefühl, dass es dem Richter nicht darum ging, die Vorbringen ernst zu nehmen, sondern sie abzuwimmeln.
Noch eine Bemerkung zum Rundfunkbeitragsstaatsvertrag:
Dieser ist meiner Meinung nach nicht unterschrieben. Ich frage den SWR täglich schriftlich nach Unterschriften, denn dieser RBStV wird immer wieder als Rechtsgrundlage genannt. Obwohl das Verwaltungsgericht Sigmaringen dies im Beschluss zu meinem vorausgegangenen und abgelehnten Eilantrag selbst so sieht ("Die Verpflichtung des Antragstellers zur Zahlung des Rundfunkbeitrags dürfte sich aus §2 Abs. 1 RBStV ergeben."), hat der Richter dieser Aussage in der Verhandlung widersprochen. Der Rundfunkbeitragsstaatsvertrag sei nicht die Rechtsgrundlage der Beitragserhebung. Er verwies auf Gesetze. Da mir aber Beitragsservice und SWR in mehreren Schreiben dies genau so mitgeteilt haben, bestand ich auf dieser Tatsache und verlangte Unterschriften unter den RBStV. Der SWR Verwaltungsdirektor schrieb mir dazu im Jan 2017: "Bitte haben Sie Verständnis dafür, dass es uns nicht möglcih ist, unterschriebene Nachweise über den zugrunde liegenden Staatsvertrag zu übermitteln. Sie haben aber die Möglichkeit, sich diesbezüglich an das Staatsministerium Baden-Württemberg zu wenden." Ich beschwerte mich, dass ich nun auch noch selber die Unterschriften beibringen soll und erklärte, dass ich den SWR aufgefordert hätte, doch bitte selbst beim Staatsministerium nachzufragen. Der Richter widersprach und meinte, ich müsse mich darum kümmern. Ich klärte ihn auf, dass der SWR von mir Geld haben wolle und nicht umgekehrt und somit der SWR die Unterschriften vorlegen müsse, sonst zahle ich nicht. Der Richter widersprach.
Wo sind wir hier eigentlich, dass man vom Gericht aufgefordert wird, selber zu beweisen, dass der Gegner Recht hat???
Man darf nicht vergessen: Der SWR ist Teil der ARD, die haben weltweit Korrespondenten sitzen. Wenn in Kairo gerade nichts los ist, dreht der dortige Korrespondent Däumchen. Da könnte der sich doch mal kümmern. Das kostet nichts, der wird sowieso bezahlt.
Ich fragte den SWR-ler, ob der SWR denn selber beim Staatsministerium nachgefragt habe. Antwort: Nein. Ich selbst habe (mehr um zu beweisen, dass das nicht zielführend ist) im März 2017 ein freundlich formuliertes Einschreiben ans Staatsministerium geschickt. Der Einlieferungsbeleg liegt mir vor. Bis heute kam keine Antwort.
Das Staatsministerium veröffentlicht aber normalerweise auch Gesetze, aber ein Vertrag ist kein Gesetz. Daher dürften die gar nicht für den RBStV zuständig sein.
Nun muss das Gericht die Unterschriften unter den RBStV besorgen. Ich bestehe darauf.
Für Interessierte: Diese Fundstelle hat mir der Beitragsservice genannt:
http://www.ard.de/download/682716/15_Rundfunkaenderungs_staatsvertrag.pdfAngeblich ist das der unterschriebene RBStV.
Man achte aber unbedingt auf die Gänsefüßchen in Art. 1 gleich am Anfang und ganz am Ende. Der ganze Artikel 1 steht in Gänsefüßchen und ist somit nur zitiert, aber nicht unterschrieben. Die Richterin fragte mich, was ich denn wolle, in den anderen Artikeln (z.B. Art.3) seien doch auch Gänsefüßchen. Dann wurde mir noch erklärt, dass das absolut normal sei und dass man das immer so mache. Ich glaube das ist so eine Masche von denen: Ist doch alles normal, sei doch endlich still, stell' Dich nicht so an, und wenn man dann nachgibt, hat man ein gutes Argument weggeworfen. Also nicht zu schnell nachgeben.
Nach einer solchen Verhandlung fühlt man sich so, wie ein unzufriedener DDR-Bürger sich fühlen dürfte, dem erklärt wird, dass alles prima sei. Man sei in der Deutschen Demokratischen Republik, schon der Name sage doch, dass es demokratisch zugehe. Und man dürfe alle paar Jahre an demokratischen Wahlen teilnehmen. Jedes Mal werde der Staatsratsvorsitzende und erste Generalsekretär der SED, Genosse Erich Honecker, mit über 99 Prozent der Stimmen gewählt. Wenn man also unzufrieden sei, habe man selber ein Problem. Alle anderen wählen doch den Genossen und das sei doch der beste Beweis, dass alles prima ist. Und der antifaschistische Schutzwall gegen den imperialistischen Westen schütze die Bevölkerung vor den von dort drohenden Gefahren. Da müsse man schon Verständnis haben, wenn Reisen über diese Grenze nicht so einfach sind. Man müsse diese halt beantragen usw. usw. usw. ...
Der Richter hat sich immerhin sachlich gegeben, wurde nicht ausfallend, hat mich stets ausreden lassen, keinen Zeitdruck aufgebaut und hat sich am Ende für die sachliche Diskussion bedankt.
Er ging sehr routiniert vor. Er verfügt - wie erwartet - über fundierte Kenntnisse im Verwaltungsrecht. Hat immer die passende, wohlformulierte Antwort parat. War aber auch extrem parteiisch.