"§10 Abs. 5 Satz 2 RBStV betrifft zwar im Wortlaut nach nur den Erlass von Festsetzungsbescheiden, erfasst aber erkennbar auch den Erlass von Widerspruchsbescheiden."
Die Argumentation im Urteil ist ja total haarsträubend:
Der RBStV als Landesrecht regelt zunächst nur die Zuständigkeit zum Erlass von Festsetzungsbescheiden: primär ist die LRA zuständig, zu der man im streitigen Zeitraum seinen Wohnsitz hatte. Alternativ kann sich aber auch die LRA des neuen Wohnsitz für zuständig erklären.
Diese Festlegungen der zuständigen Ausgangsbehörde haben mit Bundesrecht erst einmal nichts zu tun.
Liegt ein Festsetzungsbescheid erst einmal vor, so hat das nach Bundesrecht aber zwingende Konsequenzen: Eine spätere Klage ist gegen die LRA zu führen, die den Bescheid erlassen hat (das gilt für alle Teile des Verwaltungsrechts, hat also mit dem RBStV nichts zu tun). Auch ist bei dieser Behörde der Widerspruch zu erheben (schriftlich, elektronisch oder zu Protokoll).
Wer den Widerspruchsbescheid zu erlassen hat, ist vorrangig im Bundesrecht geregelt: in Selbstverwaltungsangelegenheiten (wozu das Rundfunkbeitragswesen zählt) ist das die Behörde, die den Ursprungsbescheid erlassen hat.
Die VwGO hat aber hier eine Öffnungsklausel ("soweit nicht durch Gesetz etwas anderes bestimmt ist").
Klar ist damit: wenn die LRA des neuen Wohnsitzes den Ausgangsbescheid erlassen hat, dann ist sie auch für den Widerspruchsbescheid zuständig. Das ergibt sich aber nicht aus dem RBStV als Landesrecht, sondern aus der VwGO als Bundesrecht.
Aber welchen Sinn soll es machen, für das Widerspruchsverfahren einen örtlichen Zuständigkeitswechsel durchzuführen?
Doch keinen: die Einleitung des Widerspruchsverfahrens erfolgt ja bei der alten Behörde, auch die Klage wäre gegen diese zu richten. Auch ein vorläufiges Rechtsschutzverfahren wäre gegen die alte LRA zu richten. Der Post- und Telekommunikationsaufwand dürfte doch gleich sein, ob man nun mit Frankfurt oder mit Hamburg kommuniziert.
Warum sollte die Ausgangsbehörde die Kontrolle darüber abgeben, wann sie einen Widerspruchsbescheid erlässt und sich damit einem Prozesskostenrisiko aussetzt?
Insofern halte ich die entsprechende Passage im Urteil für groben Unfug:
Das Problem ist aber, dass sich Person X auf eine Klage vor dem falschen Gericht in HH bereits eingelassen hat. Normalerweise hätte dieses Gericht seine örtliche Unzuständigkeit von Amts wegen feststellen und den Fall nach Frankfurt überweisen müssen, selbst wenn es den Widerspruchsbescheid für formal korrekt hält.
Das ist in meinen Augen ein wesentlicher Verfahrensmangel. Aber in der jetzigen Situation von Person X macht es vermutlich keinen Sinn, das weiter auszufechten: ein Verfahren in Hessen wäre natürlich viel aufwendiger zu führen, und die Erfolgsaussichten, dass man in der Sache Recht bekommt, sind ohnehin äußerst bescheiden.