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Autor Thema: "ordnungsgemäße Absendevermerke" der Bescheide bei Bestreiten des Zugangs  (Gelesen 26574 mal)

K
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Nachdem ich die Diskussion begonnen hatte, kam bei mir die Frage auf, ob denn anstelle eines "ordnungsgemäßen Absendevermerks", den das VG Schleswig-Holstein forderte, nicht auch die sog. Historien-Aufstellung des Beitragsservice genügen würde. Der Beschluss des VG Meinigen gibt auf diese Frage sehr deutlich Auskunft.

Nach der Lektüre des Beschlusses fällt auf, dass es zwei streitgegenständliche Serien von Verwaltungsakten gab, eine Serie mit älteren Verwaltungsakten und eine Serie mit neueren Verwaltungsakten. Bei der Serie mit den älteren Verwaltungsakten konnte ein Zugang nicht nachgewiesen werden, weil die Historien-Aufstellung keinen Hinweis auf die Absendung enthielt. Scheinbar war das EDV-System des Beitragsservice zu diesem Zeitpunkt noch nicht ausgereift genug. Die Historien-Aufstellung genügte zu diesem Zeitpunkt also noch nicht den gesetzlichen Anforderungen, so dass sie anstelle eines (früher üblichen) "ordnungsgemäßen Absendevermerks" noch nicht genügte. Jedoch hat der Beitragsservice wohl hinzugelernt, denn: Bei der Serie mit den neueren Verwaltungsakten enthält die Historien-Aufstellung nun auch "das Postauflieferungsdatum, die Sendungsnummer und die Entgeltabrechnungsnummer", so dass aufgrund dessen der Zugang nachgewiesen werden konnte und bloßes Bestreiten des Zugangs nicht mehr weiterhalf. In diesem Fall genügte anstelle des früher üblichen "ordnungsgemäßen Absendevermerks" die Historien-Aufstellung.

Fazit:
Im Ergebnis muss man somit also wohl festhalten, dass die sog. Historien-Aufstellung des Beitragsservice mittlerweile ausreicht, um den Zugang bei bloßem Betreiten dennoch nachzuweisen. Der Nutzer, dessen Fall von dem VG Schleswig-Holstein entschieden wurde, hatte wohl das Glück, dass das Gericht noch davon ausging, dass die Historien-Aufstellung einem "ordnungsgemäßen Absendevermerk" nicht genügt.

Hieran sieht man (meiner Ansicht nach) beispielhaft, dass man als Bürger gegen die Übermacht der öffentlichen Verwaltung praktisch keine Chance hat. Die wirklich bedeutsamen Diskussionen rund um den Rundfunkbeitrag spielen sich also nicht auf der Ebene des Verwaltungsrechts ab, sondern auf der Ebene des Verfassungsrechts.


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[...] Im Ergebnis muss man somit also wohl festhalten, dass die sog. Historien-Aufstellung des Beitragsservice mittlerweile ausreicht, um den Zugang bei bloßem Betreiten dennoch nachzuweisen. [...]

Die Gerichte mögen es einem so glauben machen, aber:
Nein, so einfach ist es nicht!

Mit dem "ordnungsgemäßen Aufgabevermerk" ist ein Zugang beim Adressaten nicht "nachgewiesen", sondern lediglich der Abgang beim Versender.


[...] extrem aufschlussreichen Beschluss des VG Meiningen [...]
...mit - meiner Auffassung nach - dennoch erheblichen Mängeln.

Hier werden - wie in so vielen anderen Entscheidungen - munter Verweise auf andere Entscheidungen durcheinandergewürfelt, man möchte sagen "wild", um nicht zu sagen "willkürlich".

Der ständigen höchstinstanzlichen Rechtsprechung des BFH, der all diese Punkten bereits höchstinstanzlich geklärt hat, wird die unterinstanzliche Rechtsprechung des BayVerwGH vorgezogen.

Zitat von: VG Meiningen, Beschluss v. 02.07.2015, Az. 8 E 183/15 Me
[...] Die Behörde kann aber ihrer Beweispflicht im Streitfall auch nach den Grundsätzen über den Beweis des ersten Anscheins genügen, wenn sie Tatsachen vorträgt, aus denen nach allgemeiner Lebenserfahrung geschlossen werden kann, dass der Empfänger das Schreiben tatsächlich erhalten haben muss (vgl. BayVGH, B. v. 06.07.2007 - 7 C 07.1151 - NVwZ-RR 2008, 252 f., juris).

Kann sie nach ständiger Rechtsprechung des BFH eben nicht!

hochinst. Urteile > Bestreiten/Nachweis Zustellung/Bekanntgabe (Zugangsfiktion)
http://gez-boykott.de/Forum/index.php/topic,13736.0.html
[...]
BFH
Az. X B 11/08
Beschluss vom 14.02.2008
http://dejure.org/dienste/vernetzung/rechtsprechung?Text=X%20B%2011/08
Volltext
http://www.jusmeum.de/urteil/bfh/43f022aa73099d504cd67c28d39a9f37a08d81e5d9ca2852df1be85830856015

Zitat
Rd.Nr. 4 ff.
In diesem Zusammenhang weist der angerufene Senat darauf hin, dass es --soweit ersichtlich-- einmütiger Auffassung entspricht, dass

- der Adressat eines schriftlichen Verwaltungsakts, der den Zugang des Schriftstücks überhaupt bestreitet, nicht substantiiert vortragen muss, warum ihn die Sendung nicht erreicht hat. Er ist hierzu objektiv nicht in der Lage (Urteil des Bundesfinanzhofs --BFH-- vom 5. Dezember 1974 V R 111/74, BFHE 114, 176, BStBl II 1975, 286);

- der Finanzbehörde der volle Beweis für den Zugang des schriftlichen Verwaltungsakts auch dann obliegt, wenn der Nichtzugang erst nach Jahren geltend gemacht wird (BFH-Urteil vom 14. März 1989 VII R 75/85, BFHE 156, 66, BStBl II 1989, 534);

- dieser Beweis auf Indizien gestützt und im Wege der freien Beweiswürdigung geführt werden kann. Bestimmte Verhaltensweisen des Steuerpflichtigen innerhalb eines längeren Zeitraums nach Absendung des Steuerbescheids können im Zusammenhang mit dem Nachweis der Absendung des Bescheids vom FG dahingehend gewürdigt werden, dass --entgegen der Behauptung des Steuerpflichtigen-- von einem Zugang des Bescheids ausgegangen wird (BFH-Urteil in BFHE 156, 66, BStBl II 1989, 534);

- auf den sog. Anscheinsbeweis, der auf einen typischen, nicht aber auf den tatsächlichen Geschehensablauf abstellt, der Zugangsbeweis nach § 122 Abs. 2 der Abgabenordnung hingegen nicht gestützt werden kann (BFH-Urteil vom 15. September 1994 XI R 31/94, BFHE 175, 327, BStBl II 1995, 41).
[...]


Ich weiß, dass ich mit diesem Einwurf etwas vom Hauptthema abschweife, halte dies aber für nötig, um Entscheidungen dieser Art ins "rechte" Licht zu rücken.

Selbstverständlich gilt es, die Art und Weise der "ordnungsgemäßen Absendevermerke" weiter unter die Lupe zu nehmen.

Sie mögen einer von mehreren Bausteinen sein, die im Falle des Bestreitens des Zugangs eine Rolle spielen. Sie sind aber bei weitem nicht das einzige und bei weitem nicht das wichtigste Kriterium. Sie müssen im Zusammenhang betrachtet werden.


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Beachte auch, dass es gemäß
Thüringer Verwaltungszustellungs- und Vollstreckungsgesetz (ThürVwZVG)
http://landesrecht.thueringen.de/jportal/portal/t/11p/page/bsthueprod.psml?pid=Dokumentanzeige&showdoccase=1&js_peid=Trefferliste&fromdoctodoc=yes&doc.id=jlr-VwZVGTH2009V3IVZ&doc.part=X&doc.price=0.0&doc.hl=0#focuspoint
wie auch gemäß der meisten anderen Landes-Verwaltungszustellungsgesetze
nur folgende Zustellungsarten gibt:

Zitat
Zweiter Abschnitt
Arten der Zustellung
§ 2    Begriff der Zustellung, Zustellungsarten
§ 3    Zustellung durch die Post mit Zustellungsurkunde
§ 4    Zustellung durch die Post mittels Einschreiben
§ 5    Zustellung durch die Behörde
§ 5 a    Zustellung elektronischer Dokumente
§ 5 b    Zustellung elektronischer Dokumente über De-Mail-Dienste
§ 6    Zustellung durch die Behörde mittels Vorlegens der Urschrift

Nehmen wir mal die "einfachste" Form der "Zustellungsarten": das Einschreiben.
Hier wird es interessant... ;)

Zitat
§ 4 Zustellung durch die Post mittels Einschreiben

(1) Ein Schriftstück kann durch die Post durch Übergabe-Einschreiben oder durch Einschreiben mit Rückschein zugestellt werden.

(2) Zum Nachweis der Zustellung genügt der Rückschein. Im Übrigen gilt das Schriftstück am dritten Tag nach der Aufgabe zur Post als zugestellt, es sei denn, dass es nicht oder zu einem späteren Zeitpunkt zugegangen ist. Im Zweifel hat die Behörde den Zugang und dessen Zeitpunkt nachzuweisen. Der Tag der Aufgabe zur Post ist in den Akten zu vermerken; des Namenszeichens des damit beauftragten Bediensteten bedarf es nicht. Anstelle des Vermerks kann der Einlieferungsbeleg der Post verbunden mit der genauen Bezeichnung des zuzustellenden Schriftstücks (Betreff, Datum, Aktenzeichen) zu den Akten genommen werden.

Eine "Zustellung durch die Post mit einfachem Brief" gibt es schon einmal gar nicht.
Es handelt sich dabei um eine "Ersatzzustellung".

Wie bei einer solchen "Ersatzzustellung" der Wert eines "ordnungsgemäßen Aufgabevermerks" einzustufen ist, das dürfte hier die Frage sein. Ich meine, er wäre nicht des Papiers wert - jedenfalls nicht mehr als ein Beleg über das Versenden eines einfachen Briefs.

Siehe hierzu auch nochmals die BFH-Rechtsprechung u.a. unter
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http://gez-boykott.de/Forum/index.php/topic,13736.0.html
[...]
BFH
Az. I R 240/74
Urteil vom 08.12.1976
https://www.jurion.de/Urteile/BFH/1976-12-08/I-R-240_74

Hier in Bezug auf (augenscheinlich eine ältere Version)
Verwaltungszustellungsgesetz (VwZG)
http://www.gesetze-im-internet.de/vwzg_2005/

im Endeffekt aber aufgrund gleicher/ ähnlicher Formulierungen wohl prinzipiell auch übertragbar auf
Verwaltungsverfahrensgesetz (VwVfG)
http://www.gesetze-im-internet.de/vwvfg/
§ 41 Bekanntgabe des Verwaltungsaktes
http://www.gesetze-im-internet.de/vwvfg/__41.html

Zitat
22
aa) Wird - wie hier - im Besteuerungsverfahren die Zustellung von schriftlichen Bescheiden dadurch ersetzt, daß die Bescheide dem Empfänger durch einfachen Brief verschlossen zugesandt werden, so gilt die Bekanntgabe mit dem dritten Tag nach der Aufgabe zur Post als bewirkt, es sei denn, daß das zuzusendende Schriftstück nicht oder zu einem späteren Zeitpunkt zugegangen ist (§ 17 Abs. 2 VwZG). Darin liegt - entgegen der Ansicht des Klägers - keine Fiktion, sondern - wie die Worte "es sei denn" deutlich machen - lediglich eine widerlegbare Vermutung. Im Zweifel hat die Behörde den Zugang des Schriftstücks und den Zeitpunkt des Zugangs nachzuweisen.

Damit stehen den Erleichterungen dieses Übermittlungsverfahrens für die Finanzbehörde die Erschwernisse beim Nachweis des Zugangs und des Zeitpunkts des Zugangs gegenüber.
Risiken, die naturgemäß mit dem vereinfachten Übermittlungsverfahren nach § 17 VwZG verbunden sind, trägt die Behörde.


23
bb) Dem Adressaten stehen alle Möglichkeiten offen,
- den Nichtzugang,
- den Zugang erst nach Ablauf der Dreitagesfrist oder
- die Unrichtigkeit des vom FA vermerkten Postaufgabedatums
geltend zu machen.

Bestreitet der Adressat den Zugang des Schriftstücks überhaupt, so bedarf dieses Bestreiten in der Regel keiner näheren Substantiierung.

Behauptet der Adressat, der vom FA vermerkte und der tatsächliche Tag der Aufgabe zur Post wichen voneinander ab, oder macht er geltend, das Schriftstück sei erst nach Ablauf der Dreitagesfrist zugegangen, so muß er sein Vorbringen allerdings durch nähere Angaben (Poststempel, Briefumschlag, Eingangsvermerk) substantiieren (vgl. BFH-Urteil vom 30. September 1966 III 226/63, BFHE 87, 203, BStBl III 1967, 99).
Eine Mitwirkungspflicht des Adressaten in diesem engen Rahmen ist indessen sachlich gerechtfertigt, weil die Umstände, die der Adressat gegebenenfalls darlegen muß, in seinem Kenntnisbereich liegen. Eine Umkehrung der Beweislast liegt darin nicht.
[...]


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Aus aktuellem und wiederkehrendem Anlasse ergänzte Hinweise:

Beachte aus immer wiederkehrendem Anlasse auch das unter
hochinst. Urteile > Bestreiten/Nachweis Zustellung/Bekanntgabe (Zugangsfiktion)
http://gez-boykott.de/Forum/index.php/topic,13736.0.html
ergänzte
BFH-Urteil von 1989 zur Nichtanwendbarkeit von Anscheinsbeweisen sowie der Unzumutbarkeit von Nachforschungen seitens des Adressaten zwecks "Glaubhaftmachung" des Nicht-Zugangs von Verwaltungsakten
Beachte jedoch auch, dass sich insbesondere die Amts-, Land- und Verwaltungsgerichte bislang augenscheinlich (noch?) nicht (alle) an diese höchstinstanzliche BFH-Rechtsprechung gebunden fühlen...

Außerdem:
Bundesverwaltungsgericht bestätigt die ständige Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs zum
Bestreiten des Zugangs eines Verwaltungsaktes durch Nichtwissen des Adressaten

BVerwG > Bestreiten des Zugangs eines Verwaltungsaktes durch Nichtwissen
http://gez-boykott.de/Forum/index.php/topic,23163.0.html

Sowie ergänzende Diskussion speziell zur
Entkräftung der "Zugangsfiktion" mittels AGB der Deutschen Post siehe bitte auch den eigenständigen Thread unter
Aushebelung der Zugangsfiktion durch die AGB der Deutschen Post
https://gez-boykott.de/Forum/index.php/topic,28563.0.html



Beachte bei all dem jedoch auch die wichtigen Hinweise im Einstiegsbeitrag:

Edit "Bürger" - wichtiger Hinweis vorab:
Das Forum rät ausdrücklich davon ab, tatsächlich zugegangene Bescheide zu ignorieren.
Aufgrund der hinlänglich bekannten Problematik, dass selbst ein Bestreiten des Zugangs tatsächlich nicht zugegangener Bescheider derzeit (noch) von so ziemlich allen Gerichten abgebügelt wird, kann und wird das Forum allein schon aus Kapazitätsgründen keinerlei Diskussion zu absichtlich ignorierten Bescheiden bieten. Jeder hat es selbst in der Hand...
Siehe hierzu bitte die ausführlichen Hinweise im
"Schnelleinstieg"
Zu allererst bitte hier lesen! Schnelleinstieg, "Erste Hilfe", Hinweise...
http://gez-boykott.de/Forum/index.php/topic,12292.0.html



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Querverweis aus aktuellem Anlass ;)

Vollstr.-Einstellg. wg. fehl. Voraussetz./ fehl. Zugangsnachw. von Briefpost
https://gez-boykott.de/Forum/index.php?topic=33720.0

PS: "Absendevermerke" unerheblich, da diese nicht den erforderlichen Zugangsnachweis ersetzen und eine Zugangsvermutung bei einfacher Briefpost nicht besteht ;)


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