Wenn der Rundfunkbeitrag eine Gegenleistung, d.h. ein Entgelt, wäre, warum unterliegt er dann nicht der Umsatzsteuer?
Die Rundfunkanstalten sind Einrichtungen der jeweiligen Bundesländer. Sie sind Betriebe wirtschaftlicher Art von juristischen Personen des öffentlichen Rechts. Sie treten mit anderen Rundfunkunternehmen in eine Konkurrenzbeziehung. Diese Voraussetzungen führen zur Umsatzsteuerpflicht. Aber noch nicht einmal die Befreiung von der Umsatzsteuerpflicht ist im Umsatzsteuerrecht für die Sendeleistungen der Rundfunkanstalten geregelt. Warum? Weil die Rundfunkabgabe zu keinem Zeitpunkt Entgeltcharakter hatte. Das Schweigen des Umsatzsteuerrechts ist ein weiterer Sargnagel für die Argumentation des Entgeltcharakters des Rundfunkbeitrags.
Auch hier in der Saarländischen Verfassung wird die Finanzierung/Entgeltfunktion nicht angesprochen und definiert.
Lediglich auf Seite 328 findet sich folgendes:
Zitat:
>>
Die Finanzierung öffentlicher Aufgaben, zu denen auch die in Form von
Ehrenämtern wahrgenommenen Aufgaben gehören, hat grundsätzlich aus dem
Ertrag der in Art. 105 ff. GG ( https://dejure.org/gesetze/GG/105.html ) geregelten Einnahmequellen zu erfolgen. Außer-
steuerliche Lastenzuteilungen in Form einer Inpflichtnahme der Unternehmen
beeinträchtigen die durch das Steuersystem anzustrebende gerechte Lastenvertei-
lung (BVerfGE 55, 274, 303). Das
Bundesverfassungsgericht beruft sich inso-
fern auf eine „grundrechtliche Garantiefunktion der Finanzverfassung und der
Sonderabgaben-Rechtsprechung (
Belastungsgleichheit der Bürger)“. Diese gilt
nach der Rechtsprechung des Gerichts „
auch für Sonderabgaben der Länder;
anderenfalls stünde letzteren ein allgemeiner Zugriff auf das begrenzte Leis-
tungsvermögen der Bürger zu." (BVerfGE 92, 91, 115 f.; vgl. hierzu auch Eli-
cker, Der Grundsatz der Lastengleichheit als Schranke der Sonderabgaben,
Inpflichtnahmen und Dienstleistungspflichten, NVwZ 2003, S. 304).<<
12
Das Grundgesetz definiert nicht, was Rundfunk ist, sondern setzt ihn voraus. In
Art. 5 (Anmerkung einer fiktiven Person: Gemeint ist nicht Art. 5 GG sondern der Artikel 5 der Saarländischen Verfassung ab Seite 119 Link:
https://www.verfassungsgerichtshof-saarland.de/Kommentar%20SVerf%20(Endfassung%2022-06-09).pdf )
ist der Rundfunk wie gezeigt noch nicht einmal ausdrücklich genannt, es
muss jedoch trotzdem ermittelt werden, was verfassungsrechtlich dem Rundfunk
unterfällt.
Dabei ist der besonderen Rolle des Rundfunks und seiner Bedeutung
für die Demokratie Rechnung zu tragen. Er ist Medium und Faktor der öffentlichen
Meinungsbildung.
Daraus leitet das BVerfG ab, dass es eine erschöpfende
Definition dessen, was Rundfunk im verfassungsrechtlichen Sinne bedeutet,
nicht gibt (BVerfGE 74, 297, 350). Der Gehalt des Rundfunkbegriffs kann sich
vielmehr wandeln (BVerfGE 73, 118, 154 f.; 74, 297, 350). Von solch einem
dynamischen Rundfunkbegriff ist auch im Rahmen des Art. 5 auszugehen, um
eine Entwicklungsoffenheit zu gewährleisten.
Folgende Elemente sind – Anhaltspunkte
dafür bietet der in § 2 RStV verwendete Rundfunkbegriff, der allerdings
im Hinblick auf seine einfachgesetzliche Herkunft nicht ohne weiteres auf
die verfassungsrechtliche Ebene übernommen werden kann – für den verfassungsrechtlichen
Rundfunk von Relevanz: Die Bestimmung an die Allgemeinheit,
die fernmeldetechnische Verbreitung und die Darbietung. Für die Allgemeinheit
bestimmt ist eine Sendung oder Darbietung dann,
wenn sie sich an
einen unbestimmten Personenkreis, also an eine beliebige Öffentlichkeit richtet(Hoffmann-Riem, AfP 96, 10). Das Merkmal der fernmeldetechnischen Verbreitung
stellt auf die technische Seite ab, es muss die Technik des Funks verwendet
werden, also unter Benutzung elektromagnetischer Schwingungen längs oder
mittels eines Leiters oder ohne Verbindungsleitung ausgestrahlt werden (Hartstein/
Ring/Kreile/Dörr/Stettner, § 2 RStV, Rdn. 7). Darbietungen sind nur solche
Kommunikationsangebote, die zur öffentlichen Meinungsbildung bestimmt oder
wenigstens geeignet sind (Dörr in: Dittmann/Fechner/Sander, S. 125).
13 a)
Dienende Funktion und Ausgestaltungsbedürftigkeit. Ausgehend vom
Gedanken des Rundfunks als Medium und Faktor der öffentlichen Meinungsbildung
wird die Rundfunkfreiheit nach der Rechtsprechung des BVerfG als eine
„dienende Freiheit“ verstanden (erstmals im FRAG-Urteil, BVerfGE 57, 295,
320). Als solche betrifft sie die massenkommunikativen Prozesse zwischen der
Meinungsfreiheit und der Informationsfreiheit und nimmt insoweit eine Brückenfunktion
ein (Jarass, AfP 98, 133).
Die Rundfunkfreiheit dient der Aufgabe,
eine freie und umfassende Meinungsbildung durch den Rundfunk zu gewährleisten
(BVerfGE 57, 295, 320), sichert also die Informationsfreiheit und damit auch
die Funktionsfähigkeit der Demokratie. Aus dieser dienenden Funktion der
Rundfunkfreiheit folgt nach Ansicht des
BVerfG ein einfachgesetzlicher Ausgestaltungsvorbehalt,
mit dem sichergestellt werden soll, dass ein freier, d.h. umfassend
und ausgewogen informierender Rundfunk gewährleistet wird.Nimmt man die neuere Rechtsprechung des EGMR zu Art. 10 EMRK in den
Blick, so wird deutlich, dass der Straßburger Gerichtshof zwar die Rundfunkfreiheit
– wie hier an anderer Stelle bereits erläutert – als Teil der Meinungsäußerungsfreiheit
in Art. 10 EMRK individualrechtlich versteht. Er hat aber den Gedanken
der „dienenden Funktion“ der Medien für die Demokratie und die Informationsfreiheit
an anderer Stelle, nämlich bei Art. 10 Abs.2 EMRK (
https://dejure.org/gesetze/MRK/10.html ) aufgegriffen und nutzbar gemacht. Er betonte die Notwendigkeit, den Medienpluralismus zu
sichern.
Der EGMR berücksichtigt somit die gesellschaftlich-kulturelle und
politisch-demokratische Dimension der Medien, wenn auch im Rahmen der
Schrankenbestimmung (vgl. Heer-Reißmann in: Dörr/Kreile/Cole, Handbuch
Medienrecht, S. 26 f.).
Auch nach der Rechtsprechung des EuGH stellt die Aufrechterhaltung
eines pluralistischen Rundfunk- und Fernsehwesens im Hinblick
auf Art. 10 Abs. 2 EMRK ein zwingendes Allgemeininteresse dar, das Beschränkungen
der Grundfreiheiten zu rechtfertigen vermag (vgl. EuGH, Slg.
1991, I-4007, Rdn. 22; Slg 1997, I-3689, Rn 18, 26; Dörr in: Dörr/Kreile/Cole,
Handbuch Medienrecht, S. 36.).
b) Ausgestaltung nach der Konzeption der saarländischen Landesverfassung.
Nach der Konzeption der saarländischen Landesverfassung ist es angesichts
deren Ähnlichkeit mit Art. 10 EMRK naheliegend, den Gedanken der
Sicherung der Medienvielfalt nicht mittels der Ausgestaltungsdogmatik, sondern
ebenfalls erst bei den Schranken aufzugreifen. Damit wird nicht etwa der
Grundrechtsschutz im Vergleich zum Grundgesetz notwendig verkürzt, was im
Hinblick auf Art. 142 GG nicht hingenommen werden könnte. Es geht nicht um
ein mehr oder weniger an Grundrechtsschutz, sondern um einen anderen Weg,
also ein aliud. Die Ablehnung der Figur der „dienenden Freiheit“ und der daraus
folgenden „Ausgestaltungsdogmatik“ führt nicht automatisch dazu, dass rundfunkrechtliche
Sonderregelungen oder gar die Bestimmungen zur Sicherung der
Meinungsvielfalt aufgehoben werden müssen (Hain, in Bitburger Gespräche,
Jahrbuch 2007/I, S. 31 ff.).
Vielmehr gilt nach wie vor, dass für den freiheitlich demokratischen
Staat und die private Selbstentfaltung wie die demokratische
Partizipation seiner Bürger die Freiheitlichkeit des Prozesses der Meinungs- und
Willensbildung von essentieller Bedeutung ist.
Daher muss die Ordnung
des Mediensektors wie sonstiger meinungsrelevanter Bereiche so strukturiert
sein, dass sie dem unaufgebbaren Ziel der Freiheitlichkeit der Meinungsbildung
entspricht.Weiterlesen:
https://www.verfassungsgerichtshof-saarland.de/Kommentar%20SVerf%20(Endfassung%2022-06-09).pdf+++