Hier nun ein Bericht der Verhandlungen, denen ich zuschauen konnte.
Die Stadt Kempen hat das Problem, welches fast alle Kommunen und Betriebstätten haben: enormen Verwaltungsaufwand und gestiegene Kosten wegen dem RBStV. Der Verwaltungsaufwand durch ständiges An-und Ummelden von Fahrzeugen und Mitarbeitern ist riesig, wird aber erschwert durch die Tatsache, dass BS völlig überfordert ist mit dieser Aufgabe, alle Meldungen zu verarbeiten. Hinzu kommen falsche Bescheide an die Stadt, weil es nun eine Kindertagesstätte, einen Kindergarten, eine Kindertageseinrichtung usw. geben soll, wofür Beiträge zu leisten wären. Dass es sich um ein und dieselbe Einrichtung unter verschiedenen Namen handelt... wir wissen ja, BS ist einfach zu blöd.
Beklagt wurde, der Rundfunkbeitrag sei eine Steuer und dass durch die Typisierung und die Staffelung der Beiträge die Kommunen zu unrecht, entgegen dem Gleichheitssatz Artikel 3 GG, schlechter behandelt würden. Kleinere Kommunen stärker als Große.
Nachdem die Probleme der Typisierung und Steuer/Nichtsteuer angesprochen wurde, sagte die Richterin, letztendlich müsse dies das Bundesverfassungsgericht entscheiden.
Der Anwalt der Stadt Kempen sagte, Einrichtungen wie Kindergärten, Polizeistationen, Seniorenwohnheime usw. müssen Wohnortsnah vorhanden sein, es sei nicht möglich, diese Einrichtungen in einer großen Betriebsstätte unterzubringen, durch die dadurch erforderliche Anzahl an Betriebsstätten würde die Kommune finanziell sehr stark belastet. Es wäre nicht belegt, dass durch Rundfunk ein Vorteil entstünde, der in vielen kleinen Betriebsstätten größer wäre als in einer großen Betriebstätte. Der Berichterstatter sagte, da jedes Rundfunkgerät damals beitragspflichtig war, auch Uhren mit Radio, diese aber nicht gemeldet wurden, sei die jetzige Regelung gerechter. Die Richterin versuchte noch, den Vorteil zu finden, Besucher und Kunden könnten profitieren, Mitarbeiter in den Pausen... naja, dann lenkte sie das Thema auf die Frage, wieviele Kommunen denn klagen würden. Diese Frage konnte weder der Vertreter der Stadt Kempen beantworten, noch die Beklagtenvertreterin. Die Berufung wird zugelassen, das mache die Berufungsbeantragung einfacher.
Die nächste Klägerin ist ein sozialer Sonderfall, wie es aber nicht selten ist. Sie wolle keine Sozialhilfe in Anspruch nehmen, will aber befreit werden. Die Beitragserhebung sei unsozial, sie müsse Flaschen sammeln um Essen kaufen zu können und müsse Rundfunkgebühr bezahlen, obwohl sie keinen Rundfunk nutzt. Wenn ich mich recht erinnere, wurde auch hier wieder von der Richterin gesagt, letztendlich müsse das Bundesverfassungsgericht über die Verfassungsmäßigkeit entscheiden. Es würden sehr viele Anwälte in eigenem Namen und viele Firmen klagen. Die Richterin bemühte sich sehr um die Dame, im Endergebnis bekommt sie vom WDR die entsprechenden Formulare zugeschickt, um alles beantragen zu können und sie muss zur Sozialbehörde, damit sie den Beleg bekommt, dass ihr Befreiungen zustehen. Die Richterin appelierte an die Beklagtenvertreterin, die Befreiungsmöglichkeiten für die Dame rückwirkend anzuerkennen, wenn die Belege vorhanden sind.
Das war meiner Meinung nach ein typischer Fall, wo ein Verwaltungsgericht eine Fehlentscheidung des BS, aber auch des Klägers, korrigieren konnte:
Die Klägerin müsse keine Sozialhilfe in Anspruch nehmen, aber den Beleg vorweisen, dass ihr Sozialhilfe zusteht.
BS muss Formulare versenden und die Befreiung rückwirkend anerkennen (hier in diesem Fall leider beides auf freiwilliger Basis).
Mein Fall wurde als nächstes verhandelt. Ich konnte erklären, warum meine Wohnung keine Wohnung im Sinne des RBStVs ist, dass ich den Gleichheitssatz Artikel 3 GG verletzt sehe und das Europarecht verletzt wird. Auf meine Frage wegen Richtervorlage nach Artikel 100 GG wurde mir sinngemäß erklärt, das müsse geprüft werden, ob die Gesetze Verfassungskonform angewendet würden und es müsse möglicherweise durch die Instanzen. Ich habe noch die Expertiese der Grundrechtepartei als Beweis nachgereicht, alles soll in der Beratung gewürdigt werden, auch das, was nicht mündlich verhandelt wurde.