@cecil: Ich gebe dir völlig Recht, der BGH ist nur für das Zivilrecht zuständig. Bei unseren Klagepunkten dreht es sich aber um das Verwaltungsrecht. Von daher, wie du schon sagtes, kann das Bundesverwaltungsgericht / Bundesverfassungsgericht anders urteilen.
Ich habe mir das Urteil auch mal vollständig durchgelesen und wieder gemerkt, wie man sich versucht aus der Schlinge zu ziehen.
Tübinger Urteil: Gläubiger ist nicht eindeutig erkennbar.
BGH: Auf Vollstreckungsersuchen steht oben rechts die Landesrundfunkanstalt und in der Grußformel nochmal. Das muss für den "dummen" Bürger reichen. Zudem kann nur die jeweilige Landesrundfunkanstalt im jeweiligen Wohngebiet als Einzige Institution den Einzug der Rundfunkbeiträge vollstrecken. Das erst der BGH feststellen muss, dass es für den Bürger
überhaupt nicht erkennbar ist, dürfte jeden zeigen, dass es eben nicht erkennbar ist. Allerdings antwortet der BGH darauf nur lapidar: "Der Umstand, dass der Gläubiger des Vollstreckungsersuchens erst durch eine aufwendige Auslegung durch den Senat ermittelt werden muss und das Beschwerdegericht zu einem gegenteiligen Ergebnis gelangt ist, deutet allerdings
eine gewisse Verbesserungsfähigkeit der Gestaltung an."
Tübinger Urteil: Verwaltungsakt wurde nicht automatisiert erstellt, deshalb fehlen Dienstsiegel und Unterschrift.
BGH: Tübingen hat nicht festgestellt, ob es sich um ein automatisiertes Schreiben mit nachträglicher Bearbeitung handelt. Der Gerichtsvollzieher brauch sich dahingehend auch keine Gedanken machen, ob oder ob nicht und muss deshalb auch nicht auf Dienstsiegel und Unterschrift achten.
Hier liegt der Knackpunkt, für den BGH ist der Empfänger der Gerichtsvollzieher, in unseren Festsetzungsbescheiden / Widerspruchsbescheiden sind wir die Empfänger. Man kann nicht davon ausgehen, das ein Bürger, der sich nicht mit der Materie auskennt, den Unterschied zwischen Beitragsservice und Landesrundfunkanstalt kennt. Denn der Beitragsservice gibt sich nach außen so zu erkennen, dass er alles darf. Dies gilt es nach wie vor, vor einem Verwaltungsgericht zu klären.Tübinger Urteil: Es fehlt ein primärer Beitragsbescheid.
BGH: Brauch man nicht, Bürger kann ja auf Widerspruchsbescheid klagen.
Tübinger Urteil: Wenn Gebühren-/Beitragsbescheid nichtig ist, besteht keine Vollstreckungsgrundlage.
BGH: Die rechtliche Überprüfung der Rechtmäßigkeit oder Wirksamkeit des Verwaltungsaktes durch den Gerichtsvollzieher und das Vollstreckungsgericht findet nicht statt, weil Grundlage der beantragten Zwangsvollstreckungsmaßnahme
nicht der Gebühren- und Beitragsbescheid, sondern das schriftliche Vollstreckungsersuchen der Vollstreckungsbehörde ist (§ 15a Abs. 3 Satz 2, § 16 Abs. 3 Satz 3 LVwVG BW).
Das hört sich für mich so an, als wäre es völlig egal, ob der Verwaltungsakt auf dem die Vollstreckung eingeleitet wird überhaupt rechtens ist.Meiner Meinung nach können die Richter an den Verwaltungsgerichten dieses Urteil kaum nutzen.
Mir ist aber am Anfang des Beschlusses etwas aufgefallen und zwar heißt es dort:
Daraus ergibt sich, dass im Streitfall allein der Gläubiger als Landesrundfunkanstalt im Hinblick auf die Geltendmachung und Vollstreckung der Beitragsforderungen partei- und prozessfähig ist.
Dem steht nicht entgegen, dass gemäß § 10 Abs. 7 Satz 1 RBStV jede Landesrundfunkanstalt die ihr nach dem Rundfunkbeitragsstaatsvertrag zugewiesenen Aufgaben und die damit verbundenen Rechte und Pflichten ganz oder teilweise durch die im Rahmen einer nichtrechtsfähigen öffentlich-rechtlichen Verwaltungsgemeinschaft - dem Beitragsservice (früher GEZ) - wahrnimmt.
Der Beitragsservice ist nicht rechtsfähig und damit auch nicht partei- und prozessfähig, sondern dient den Landesrundfunkanstalten, dem ZDF und dem Deutschlandradio aus Praktikabilitätsgründen lediglich als eine örtlich ausgelagerte gemeinsame Inkassostelle. Sie ist daher nur zur Beitreibung von Rundfunkbeiträgen im Namen der Landesrundfunkanstalten befugt.
Für mich heißt das doch deutlichst, dass der Beitragsservice keine Verwaltungsakte im Auftrag erlassen darf! Denn man kann nur das Recht haben Verwaltungsakte zu erlassen, wenn man auch gleichzeitig die Pflicht hat, das man gegen dieses Recht verklagt werden kann. Daraus und aus den Worten des BGH schließe ich, dass der Beitragsservice auf keinen Fall im Namen der Landesrundfunkanstalt Verwaltungsakte erlassen darf.
Wenn ich mir meine Widerspruchsbescheide alle anschaue, dann erkennt man sofort, dass dieser Verwaltungsakt vom Beitragsservice erlassen wurde.
1. Im Anschriftenkopf ist NUR der Beitragsservice angegeben.
2. In der Grußformel wird kurz die Landesrundfunkanstalt erwähnt
3. allerdings steht darunter gleich im Auftrag und zwei Unterschriften, die Unterschriftengeber scheinen vom Beitragsservice zu sein.
Diese Punkte zeigen deutlichst auf, dass der Beitragsservice den Verwaltungsakt erlassen hat.
Der §73 (1) VwGO sagt klar aus, das der Widerspruchsbescheid mindestens von der Behörde zu erlassen ist, die ihn ausgestellt hat.
Man kann nach §37 (3) VwVfG die erlassende Behörde nicht erkennen, denn bis auf die Grußformel und das man als Beklagter doch eine aufgeführte Rundfunkanstalt angeben soll, ist nix von der Landesrundfunkanstalt erkennbar. Somit wurde der der Bescheid nicht von der zuständigen Widerspruchsbehörde erlassen. Damit ist der Bescheid nach §44 Abs. 2 Satz 1 Verwaltungsverfahrensgesetz nichtig und somit liegt kein zugestellter Verwaltungsakt in Form eines Widerspruchsbescheids vor.
Folgende Punkte wurden beim Festsetzungsbescheid durch den BGH nicht revidiert:
1. Nach §37 (1) VwVfG muss ein Verwaltungsakt inhaltlich hinreichend bestimmt sein. Der Bescheid muss aus sich heraus verstanden werden und dies ohne sachverständigende Hilfe.
2. Nach §37 (3) VwVfG muss ein schriftlicher oder elektronischer Verwaltungsakt die erlassende Behörde erkennen lassen. Nach wie vor ist dies für den normalen Bürger nicht erkennbar.
3. Nach §37 (3) VwVfG muss der Verwaltungsakt die Unterschrift oder die Namenswiedergabe des Behördenleiters, seines Vertreters oder seines Beauftragten enthalten. Zwar sagt der BGH Beschluss aus, dass es eh nicht nachweisbar ist, dass es keine automatisierten Schreiben sind, aber man kann sich trotzdem mit folgender Begründung auf den Punkt stützen. Da es dem Empfänger des Schreibens eine gewisse Rechtsicherheit garantiert, da vor recht vielen gefälschten Zahlungsaufforderungen in den Medien gewarnt wird. Selbst auf der Seite des Beitragsservice wird vor gefälschten Beitragsbescheiden gewarnt.
4. Nach §58 VwGO muss in der Rechtsbehelfsbelehrung im Verwaltungsakt eindeutig die erlassende Verwaltungsbehörde mit vollständiger Anschrift angegeben sein. Dies ist hier allerdings nicht der Fall, da auf der Rückseite fett gedruckt und mit Absatz in den Vordergrund gerückt der Beitragsservice genannt wird, der allerdings keine Widerspruchsbehörde nach §73 VwGO darstellt. Nebenbei wird auch auf die umseitig genannte Landesrundfunkanstalt verwiesen.