Die Tragweite des genannten EuGH Urteils C-337/06 geht sogar noch etwas weiter; ersichtlich aus der kombinierten Betrachtung der Rz. 46 mit den anderen zitierten Rz. Denn selbst wenn Art und Höhe von Gebühren staatlich vorgeschrieben sind, handelt es sich nicht um eine "Finanzierung durch den Staat", wenn eine Zahlungspflicht erst dann eintritt, nachdem zwischen Zahlungspflichtigem und Zahlungsempfänger ein Vertrag geschlossen wurde. Siehe auch hier:
http://gez-boykott.de/Forum/index.php/topic,12988.0.htmlIm Grunde sagt der EuGH mit diesem Urteil, daß es nur 2 Möglichkeiten der Generierung einer Zahlungspflicht hat; einmal auf Basis einer Steuer und einmal auf Basis eines zwischen Zahlungspflichtigem und Zahlungsempfänger abgeschlossenen Vertrages. Und zwar völlig unabhängig davon, ob der Staat die zu zahlenden Beträge nach Art und Höhe festlegt oder nicht.
Da gemäß Europarecht Rundfunk dem Wettbewerbsrecht zugeordnet ist, kann es hier keine Pflicht für den Verbraucher geben, einen Vertrag abschließen zu müssen.
Wie in meinem Europathema bereits dargelegt, führt der Europäische Gerichtshof eine Ermittlung der Grundlagen durch, auf Basis derer dann eine Entscheidung getroffen wird.
Auch wenn es im Urteil C-337/06 um die öffentliche Vergabepraxis ging, so war es dafür dennoch nötig, die Art und Weise der Finanzierung der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten der Bundesrepublik Deutschland zu ermitteln, denn nur durch Kenntnis dieses Sachverhaltes konnte der Klagegegenstand entsprechend behandelt werden.
Das Ergebnis aus dieser Grundlagenermittlung war halt die Erkenntnis, daß es sich bei der Finanzierung der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten der Bundesrepublik Deutschland um eine "Finanzierung durch den Staat" handelt, weil erkannt worden ist, daß die vom Rundfunkteilnehmer zu zahlende Rundfunkgebühr kein Ergebnis einer Vereinbarung zwischen Rundfunkteilnehmer und Rundfunkanstalt ist, sondern staatlich festgelegt wird.
Der EuGH hat bei seiner Grundlagenermittlung bestätigt, was die EU-Kommission bereits in 2005 erkannte und auch veranlasste, ein Beihilfeverfahren einzuleiten. Wie bekannt, wurde dieses später unter Auflagen eingestellt.
Seit 2005 ist aber für die dt. örR deutlich ersichtlich, daß sowohl EU-Kommission wie auch EuGH die Art und Weise der Finanzierung des örR als "Finanzierung durch den Staat" bzw. "staatliche Beihilfe" einstufen.
Anfang 2013 wurde aus der "Rundfunkgebühr" der "Rundfunkbeitrag".
Es bedarf keiner großen Kunst festzustellen, daß sich im Grunde an der Art und Weise der Finanzierung der örR nichts wesentlich geändert hat, weil hierfür ein Blick in den derzeit gültigen 15. Rundfunkänderungsstaatsvertrag ausreicht, (in den Tiefen des Forums an einigen Stellen verlinkt), der in 2010 von den damals amtierenden Ministerpräsidenten aller Bundesländer der Bundesrepublik Deutschland unterzeichnet worden ist.
Geändert wurde der Begriff "Rundfunkgebühr", (und artverwandte Begriffe), in "Rundfunkbeitrag", (und artverwandte Begriffe).
Der Europäische Gerichtshof würde bei Untersuchung des aktuellen Systems der Rundfunkfinanzierung mittels Rundfunkbeitrag zu keinem anderen Ergebnis kommen, als es in C-337/06 dargelegt worden ist, weil sich an der Art und Weise der Finanzierung der örR nichts geändert hat.
Wie auch die Rundfunkgebühr ist auch der Rundfunkbeitrag in Art und Höhe kein Ergebnis einer Vereinbarung zwischen Rundfunkteilnehmer und Rundfunkanstalt und ist somit ebenfalls als "Finanzierung durch den Staat" anzusehen.
Die Überleitung zur Steuer gelingt dann, wenn man sich bewusst wird, welche Mittel einem Staat überhaupt zur Verfügung stehen, um etwas finanzieren zu können. Ok, manch Leser wird meinen, der Staat erzeugt seine Mittel durch den Verkauf von Brötchen, Butter und Öl oder aus den Gewinnen jener Firmen, an denen der Staat als Eigentümer beteiligt ist.
In Urzeiten mag es noch anders gewichtet worden sein, doch heute finanziert sich ein Staat primär durch jene Steuern, die er seinen Bürgern auferlegt. Dem Wesen einer Steuer aber entspricht jenes, was der EuGH in C-337/06 erkannt hat; für Steuer wie auch für Rundfunkgebühr oder Rundfunkbeitrag gilt, daß sie kein Ergebnis einer Vereinbarung zwischen Zahlungsleistendem und Zahlungsempfänger sind.
Die europarechtliche Sicht ist hier eindeutig und nicht auslegbar.
Der in einem anderen Thema verlinkte Jahresabschlußbericht des MDR weist übrigens auf obiges Urteil C-337/06 und erkennt den Grundtenor des Urteils an, daß es sich um eine staatliche Beihilfe handelt.
Alle Rundfunkanstalten des örR der Bundesrepublik Deutschland kennen das Urteil, da sie die Beklagten in diesem Prozess waren. Sie alle wissen spätestens seit 2007, daß die Art und Weise ihrer Finanzierung europarechtlich eine Steuer darstellt. Ferner wissen sie, daß sie zur Steuerverwaltung nicht befugt sind, weil das Grundgesetz die Steuerverwaltung alleine Finanzbehörden zugesteht; die Abgabenordnung sagt aber, daß Rundfunkanstalten keine Finanzbehörden sind, weil sie mit keiner der in der Abgabenordnung namentlich genau definierten Finanzbehörden darstellen.
Grundgesetz wie auch Abgabenordnung sind Bundesrecht und auch für die Bundesländer verbindlich einzuhalten.
Darüberhinaus wird zu klären sein, inwieweit Rundfunkanstalten überhaupt noch als Behörden gelten dürfen, da sowohl gemäß Verwaltungsrecht wie auch gemäß Abgabenordnung nur der Behörde ist, der Aufgaben der öffentlichen Verwaltung wahrnimmt. (Wird meist gleich in den ersten 10 § geklärt).
Die Frage ist also, welche Aufgaben der öffentlichen Verwaltung nehmen Rundfunkanstalten war? Es wird hier tunlichst zu berücksichtigen sein, daß Rundfunk kein staatliches Monopol mehr darstellt, wie es vor Gründung der ersten privat-rechtlichen Rundfunkanstalt der Fall war.
Steuern dürfen insofern nur für rein hoheitliche Aufgaben erhoben werden, keinesfalles für die Bezahlung jener Bereiche, die bei allen Rundfunksendern üblicherweise nötig sind, um ihre Erzeugnisse herzustellen oder zu vermarkten, weil alles, was nicht eine rein hoheitliche Aufgabe ist, dem Wettbewerbsrecht unterliegt und sich dessen Bestimmungen zu fügen hat.