Die für Rundfunksachen zuständige 27. Kammer des Verwaltungsgerichts Düsseldorf ändert regelmäßig die in der Klageschrift vom Kläger genannte Bezeichnung des Klagegners (Passivrubrum) von
Westdeutscher Rundfunk Köln Anstalt öffentlichen Rechts, vertreten durch den Intendanten
ab und bezeichnet den Prozeßgegner als
Westdeutscher Rundfunk Anstalt des öffentlichen Rechts, Abteilung Justiziariat
Damit macht das Gericht die vorliegende Klage unzulässig, da sie sich gegen den falschen und nicht passivlegitimierten Prozeßgegner richten würde.
Der Prozeßgegner „Westdeutscher Rundfunk Köln AöR, Abteilung Justiziariat“ ist schon allein wegen fehlender rechtlicher Selbständigkeit und zudem auch als juristische Person ohne die Nennung einer natürlichen Person als gesetzlichen Vertreter nicht passivlegitimiert.
Der Kläger hat aber, wie der Klageschrift unzweifelhaft zu entnehmen ist, seine Klage gegen den Westdeutschen Rundfunk AöR in seiner Gesamtheit gerichtet, nicht aber nur gegen einen einzelnen Funktionsbereich. Damit ist der Prozeßgegner eindeutig bestimmt. Dieser ist der Westdeutsche Rundfunk Köln, Anstalt des öffentlichen Rechts, vertreten durch den Intendanten. So hatte der Kläger den Prozeßgegner in seiner Klageschrift auch richtig bezeichnet.
Voraussetzung für eine zulässige Klageerhebung ist unter anderem, daß der Kläger in der Klageschrift den Beklagten bezeichnet (§ 82 Abs. 1 Satz 1 VwGO). Welches der richtige Beklagte ist, bestimmt § 78 Abs. 1 Nr. 1, 1. HS VwGO. Danach ist die Klage gegen die Körperschaft zu richten, deren Behörde den angefochtenen Verwaltungsakt erlassen oder den beantragten Verwaltungsakt unterlassen hat.
Ohne jeden Zweifel ist der Westdeutsche Rundfunk Köln AöR, vertreten durch den Intendanten, die Körperschaft, der ein angefochtener Festsetzungs- oder Widerspruchsbescheid formal zuzurechnen ist.
Die Abteilung „Justiziariat“ ist hingegen nicht beteiligt, sie kann also auch nicht Prozeßgegner sein. Die Abteilung „Justiziariat“ tritt nur insofern in Erscheinung, als sie allenfalls als Prozeßvertreter für den Beklagten auftritt. Damit aber ist die Abteilung „Justiziariat“ keinesfalls Prozeßgegner, denn andernfalls müßte auch in den Fällen, in denen sich der Beklagte in vergleichbaren Verfahren durch niedergelassene Rechtsanwälte vertreten läßt, nicht der Beklagte, sondern der Prozeßvertreter als Partei im Passivrubrum genannt werden.
Die Abteilung Justiziariat ist eine rechtlich unselbständige Abteilung des WDR, sie ist weder dessen gesetzlicher Vertreter noch ein durch Gesetz oder Satzung bestimmtes Organ. Damit kann die Abteilung Justiziariat des WDR nicht Prozeßpartei sein, so daß eine ausdrücklich gegen die Abteilung Justiziariat des WDR gerichtete Klage unzulässig ist.
Das Gericht mißachtet zudem mit dieser eigenmächtigen Änderung des Rubrums die eindeutige gesetzliche Regelung des § 62 Abs. 3 VwGO, die ausdrücklich bestimmt, daß für juristische Personen des öffentlichen Rechts ihre gesetzlichen Vertreter und Vorstände handeln. Das Gericht unterliegt gem. Art. 20 Abs. 3 GG der Bindung an das Gesetz und darf von der o. a. Regelung nicht abweichen.
In § 25 Abs. 2 des Gesetzes über den „Westdeutschen Rundfunk Köln“ (WDR-Gesetz, WDRG) ist der Intendant zum gesetzlichen Vertreter des Beklagten bestimmt: „Die Intendantin oder der Intendant vertritt den WDR gerichtlich und außergerichtlich.“ Der Wortlaut des § 25 Abs. 2 WDRG ist eindeutig, unmißverständlich und der Auslegung nicht zugänglich.
Zudem bestimmt § 13 Abs. 1 WDRG den Rundfunkrat, den Verwaltungsrat und die Intendantin oder den Intendanten zu den Organen der Anstalt. Die Abteilung Justiziariat zählt nach dem Willen des Gesetzgebers also nicht zu den Organen des WDR, so daß sie auch nicht als selbständige Prozeßpartei auftreten kann. Die Abteilung Justiziariat ist rechtlich unselbständig und ohne eine ausdrückliche Bevollmächtigung durch den Intendanten auch nicht zur Vertretung des WDR befugt.
Vor dem Hintergrund des rechtsstaatlichen (Art. 20 Abs. 3 GG) Gebotes der Normenklarheit und Normenwahrheit (vgl. BVerfG, Beschluß vom 09.04.2003 - 1 BvL 1/01, 1 BvR 1749/01 - Rn. 61:
„Gesetzliche Regelungen müssen so gefasst sein, dass der Betroffene seine Normunterworfenheit und die Rechtslage so konkret erkennen kann, dass er sein Verhalten danach auszurichten vermag (...). (...) Nicht nur bei Eingriffen in die Freiheitssphäre des Einzelnen (...), sondern auch bei der Gewährung von Leistungen und deren zivilrechtlicher Behandlung müssen die Normen in ihrem Inhalt entsprechend ihrer Zwecksetzung für die Betroffenen klar und nachvollziehbar sowie in ihrer Ausgestaltung widerspruchsfrei sein.“)
ist das Gericht an den Wortlaut der gesetzlichen Vorschriften gebunden und darf diese nicht in einer Weise auslegen, die von dem Wortlaut und dem damit zum Ausdruck gebrachten erklärten Willen des Gesetzgebers nicht gedeckt ist.
Der Wortlaut eines Gesetzes steckt die äußersten Grenzen funktionell vertretbarer und verfassungsrechtlich zulässiger Sinnvarianten ab. Entscheidungen, die den Wortlaut einer Norm offensichtlich überspielen, sind unzulässig (Müller/Christensen, Juristische Methodik, Rn. 310, zum Ganzen Rn. 304 ff., 10. Auflage 2009). Die Bindung der Gerichte an das Gesetz folgt aus Art. 20 Abs. 3 und Art. 97 Abs. 1 GG. Daß die Gerichte dabei an den Gesetzestext (im Sinne des amtlichen Wortlauts bzw. Normtextes) gebunden sind, folgt aus dem Umstand, daß nur dieser Gesetzestext Ergebnis des von der Verfassung vorgegebenen parlamentarischen Gesetzgebungsverfahrens ist. Eine Überschreitung der Wortlautgrenze verstößt sowohl gegen das Gesetzesbindungsgebot als auch gegen das Gewaltenteilungsprinzip.
Wer Partei eines Rechtsstreits ist, ergibt sich aus der in der Klageschrift gewählten Parteibezeichnung, die nach der Rechtsprechung als Teil einer Prozeßhandlung grundsätzlich der Auslegung zugänglich ist.
Die Aufgabe des Gerichts, das Klagebegehren sachgerecht auszulegen und den richtigen Beklagten zu ermitteln (§§ 88, 78 Abs. 1 Nr. 1 2. HS VwGO), findet in der Dispositionsbefugnis der Partei ihre Grenze; sie legitimiert den Richter nicht, an die Stelle dessen, was eine Partei erklärtermaßen will, das zu setzen, was sie — nach Meinung des Richters — zur Verwirklichung ihres Bestrebens wollen sollte (vgl. BVerwG, Beschluß vom 29.08.1989, 8 B 9/89, Buchholz 310 § 88 VwGO Nr. 17).
Damit dürfte die eigenmächtige Abänderung des Passivrubrums in der eingangs wiedergegebenen Art und Weise nach diesseitiger Ansicht rechtswidrig und ein Hinweis auf die fehlende Unparteilichkeit des Gerichts sein.
Als Hintergrund der Vorgehensweise des Gerichts wird angenommen, daß es damit ermöglicht werden soll, daß die Angestellten der WDR-Abteilung Justiziariat den WDR in Rechtsstreitigkeiten vor Gericht vertreten, ohne daß diese für jedes Verfahren eine vom Intendanten unterzeichnete Vollmacht im Original vorzulegen haben. Denn wenn die Abteilung Justiziariat Prozeßgegner ist, dann wird zumindest die (rechtlich dennoch falsche) Annahme erleichtert, daß die Angestellten des Justiziariats selbst als Partei auftreten und damit der Vollmacht nicht bedürfen.
Vor diesem Hintergrund und vor dem Hintergrund, daß auch Person Q davon betroffen ist und diesen Spuk dem Ende näherbringen möchte, werden die Forenmitglieder gebeten, hier zahlreich aus ihren eigenen oder ihnen bekannten Klagen gegen Rundfunkanstalten das jeweilige von dem jeweiligen Gericht in den Verfügungen und dem Urteil verwendete Passivrubrum mitzuteilen.
Es ist nicht Zweck dieses Beitrags, eine Diskussion hierüber anzustoßen. Wer darüber diskutieren möchte, der soll das bitte in einen eigenständigen Thread auslagern. Hier sollen nur
Informationen gesammelt werden.
Damit die Sache übersichtlich bleibt, sollte der folgende Aufbau der ansonsten bitte kommentarlosen Beiträge wie folgt aussehen:
1) Gericht / Bundesland2) Aktenzeichen (dieses zählt nicht zu den geschützten Daten und darf daher auch hier genannt werden)
3) vollständige und wortgenaue Wiedergabe des Passivrubrums (Bezeichnung der beklagten Rundfunkanstalt)
Danke für zahlreiche Beteiligung