Kurze Anmerkung dazu, Sieglinde Baumert hätte sich die Haft selbst zuzuschreiben und der absolut "passende" Vergleich zum Zeitungsabo:
Wenn jemand ein Zeitungsabo nicht zahlen will, kündigt er es!
Auch würden die Beitragsschulden der Thüringerin nicht bei 300 Euro liegen, sondern weit darüber, betont der Beitragsservice.
Das mag durchaus richtig sein, wenn man annimmt, dass besagte Person seit 1.1.2013 keine Rundfunkbeiträge bezahlt hat.
Worauf es jedoch ankommt, ist, daß das Vollstreckungsersuchen auf einen Betrag von unter 300 € ausgestellt war und Frau Baumert wegen
dieses Betrags und nicht wegen zusätzlicher noch bestehender Kosten vollstreckt werden sollte.
Was der Beitragsservice außerhalb des Ausstandverzeichnisses noch so alles an Beträgen auf das Vollstreckungsersuchen schreibt, ist rechtlich völlig irrelevant!
Außerdem handelt es sich um eine stichtagsbezogene Zahl – also lediglich um eine Momentaufnahme. Aus der Zahl zehn Prozent die Motivation, „zehn Prozent der Bürger gelten als aktive Verweigerer“ abzuleiten, ist falsch. Zum Vergleich eine Zahl: Im Jahr 2015 gab es 3900 (nicht mehrere Millionen) eingereichte Klagen zum Rundfunkbeitrag – und selbst hier ist die Motivation nicht gleichzusetzen mit der von „aktiven Verweigerern“: Die Klagegründe sind vielfältig und beziehen sich beispielsweise auf fehlerhafte Beitragsbescheide oder Befreiungssachverhalte“, erklärt der Beitragsservice.
Diese Aussage ist gar nicht mal so falsch. Hier kam mal wieder der Euphemismus zum Zuge. Denn: 10 % der Beitragsschuldner sind weniger als 10 % der Bevölkerung! Damit wäre die 10-%-Hürde definitiv geknackt und die Typisierung nicht mehr hinnehmbar.
Laut
Wikipedia hat Deutschland derzeit 82,8 Millionen Einwohner (31. Dezember 2016).
10 % von 82,2 Mio. sind 8,2 Mio
Laut statistischem Bundesamt gab es 2014 40,44 Mio. Wohnungsinhaber = Beitragsschuldner.
10 % von 40,44 Mio. sind "nur" 4,0 Mio Bürger also deutlich weniger.
Im Übrigen würde ich jemanden, der Klage gegen den Rundfunkbeitrag einreicht (egal aus welchen Gründen) als "aktiven Verweigerer" bezeichnen.
BayernWiderspruchsverfahren: §§ 69-73 VwGO (Bundesrecht)
BVerfG zu Sonderbeiträgen: "Weinabgabe" - B. v. 4.2.1958 (2 BvL 31, 33/56); "Berufsausbildungsabgabe" - BVerfGE 55,274, U. v. 10.12.1980; "Kohlepfennig" - BVerfGE 91, 186, B. v. 11.10.1994; "Straßenbaubeiträge" - B. v. 25.6.2014, 1 BvR 668/10.
BVerwG zu VA: B. v. 30.8.2006, 10 B 38.06; U. v. 23.8.2011, 9 C 2.11.