Person X dankt sehr für diesen fiktiven Fall!
Person X hat sich auch überlegt, falls er mal vor Gericht stünde, dass er die folgenden Punkte in jedem Fall noch einmal in etwa so ansprechen würde. Vielleicht könntest du Person X dazu ja auch noch einen Ratschlag geben...
Die nachfolgenden Punkte sind bei der Beurteilung der Klage
fiktives Aktenzeichen HIER
Person X ./. Rundfunkanstalt des Vertrauens
zu berücksichtigen, da sie für die Klage erheblich sind:
1. Säumniszuschläge
Die Festsetzung von Säumniszuschlägen ist rechtlich nicht haltbar. Dem Kläger wurde erst nach Festsetzung von Säumniszuschlägen der Rechtsweg über einen Bescheid eröffnet. Er war somit gezwungen, zunächst eine Ordnungswidrigkeit zu begehen, um dann klagen zu können. Gemäß § 44 VwVfG (Verwaltungsverfahrensgesetz) ist ein Verwaltungsakt nichtig, wenn dieser „an einem besonders schwerwiegenden Fehler leidet und dies bei verständiger Würdigung aller in Betracht kommenden Umstände offensichtlich ist“. Dies stellte u.a. das Landgericht Tübingen fest (vgl. Beschluss v. 19. Mai 2014, Az. 5 T 81/14).
2. Verfassungskonformität
Die Behauptung des Beklagten, der Rundfunkbeitragsstaatsvertrag und die darin geregelte Beitragspflicht sei verfassungsgemäß (vgl. Klageerwiderung S. 3), basiert auf rein subjektiver Einschätzung der Situation. Der Beklagte ist nach Ansicht des Klägers durchaus nicht in der Lage, eine etwaige Verfassungskonformität dieses Staatsvertrages festzustellen. Diese Einschätzung übersteigt die Kompetenz des öffentlich rechtlichen Rundfunks. Die von Beklagtenseite angeführten Urteile beziehen sich ausschließlich auf Landesverfassungen, nicht jedoch auf Aussagen des Grundgesetzes. Erst das Bundesverfassungsgericht wird ggf. eine Verfassungsmäßigkeit des Rundfunkbeitragsstaatsvertrages feststellen können.
3. Sachgerechte Erfassung der Beitragspflicht / Typisierung
Die Erfassung der Beitragspflicht erfolgt durch den Rundfunkbeitragsstaatsvertrag in keiner Weise sachgerecht, wie es der Bayerische Verfassungsgerichtshof am 15.5.2014 bezeichnete. Allein von der Inhaberschaft einer Wohnung auf den Besitz eines Rundfunkempfangsgerätes, bzw. die grundsätzliche Teilnahme am Rundfunk zu schließen, ist nicht zulässig, da hier inzwischen keinerlei kausaler Zusammenhang mehr besteht. Mit dem zunehmendem Aufkommen mobiler Empfangsgeräte - die überall, insbesondere außerhalb von Wohnungen betrieben werden können - wird die Entkopplung von Wohnungsinhaberschaft und vermutetem Rundfunkempfang offensichtlich. In der Anknüpfung an die Inhaberschaft einer Wohnung liegt somit kein sachgerechtes Kriterium für die Anknüpfung einer Beitragspflicht. Somit liegt dem Rundfunkbeitrag eine nicht sachgerechte Typisierung zu Grunde, die inhaltlich und logisch nicht korrekt ist. Ferner ist eine Typisierung, die auf Inhaberschaft einer Wohnung beruht, schon deshalb unzulässig, weil hier keinerlei Typisierung stattfindet, sondern lediglich ein grobes Raster angelegt wird. „Die Grenzen zulässiger Typisierung“ (Az. 13 K 2728/10, VG Gelsenkirchen) wurden hier überschritten. Schließlich wohnt jeder rechtschaffene Bürger, der am gesellschaftlichen Leben teilnimmt, in einer Wohnung. Es wird ausnahmslos davon ausgegangen, dass jeder Wohnungsinhaber gleichzeitig Vollnutzer des öffentlich rechtlichen Programmangebotes sei.
Das hier vorliegende System der Beitragserhebung öffnet dem Gesetzgeber zudem Tür und Tor für weitere Beitragserhebungen in dem Sinne, dass der Bürger ja einen abstrakten Vorteil daraus ziehe. So könnte, dem vorliegenden Beitragssystem sinngemäß folgend, der Gesetzgeber z.B. Beiträge für die Nutzungsmöglichkeit von Spielplätzen erheben, oder, wie bereits in Berlin angedacht, Beiträge für ein verpflichtendes Ticket für den ÖPNV (vgl.
http://www.rbb-online.de/politik/beitrag/2015/03/berliner-opposition-will-nahverkehr-ohne-fahrschein.html), egal, ob dieser genutzt wird oder nicht. Der ÖPNV steht ja jedem Bürger „zur Verfügung“.
Zudem: Die bisherige Rechtsprechung folgt der Annahme, dass der Rundfunkbeitrag wegen der vorhandenen Nutzungsmöglichkeit erhoben werden dürfe. Diese Möglichkeit der Angebotsnutzung ignoriert allerdings die Möglichkeit der Angebotsverweigerung völlig. Wenn das Angebot des öffentlich rechtlichen Rundfunks angeblich Vorteile für jeden Wohnungsinhaber bietet, so sind bewiesenermaßen auch Nachteile vorhanden. Hier wird willkürlich zu Gunsten des öffentlich rechtlichen Rundfunks argumentiert und entschieden. Personen, die wegen erheblicher Nachteile keinen Vorteil im Empfang des öffentlich rechtlichen Rundfunkangebotes sehen, werden willkürlich davon ausgeschlossen, dieses Angebot nicht finanzieren zu müssen.
4. Definition des Wohnungsbegriffes
Um die Definition des Wohnungsbegriffes im RBStV weiterhin ad absurdum zu führen, bedarf es nur eines weiteren Beispiels. Der RBStV definiert eine Wohnung in §3 wie folgt:
„Wohnung ist unabhängig von der Zahl der darin enthaltenen Räume jede ortsfeste, baulich abgeschlossene Raumeinheit, die 1. zum Wohnen oder Schlafen geeignet ist oder genutzt wird und 2. durch einen eigenen Eingang unmittelbar von einem Treppenhaus, einem Vorraum oder von außen, nicht ausschließlich über eine andere Wohnung, betreten werden kann.“
In diesem Zusammenhang möchte der Kläger darauf hinweisen, dass seine Wohnung in der XYZ-Straße. 123 nur durch eine weitere „ortsfeste, baulich abgeschlossene Raumeinheit, die zum Wohnen oder Schlafen geeignet ist […]“, betreten werden kann. Umgangssprachlich nennt man diese Raumeinheit auch „Treppenhaus“. Niemand wird bestreiten können, dass auch eine solche Raumeinheit als Schlafplatz geeignet sein kann. Dieses Beispiel macht deutlich, wie absurd dieses Gesetz ist. Streng genommen würde die vom Kläger zum Wohnen oder Schlafen genutzte Raumeinheit nicht in diese Definition passen, somit auch nicht beitragspflichtig sein.
5. Verletzung der Privatautonomie
In Deutschland gilt der Grundsatz der Privatautonomie, wonach jedes Individuum die Befugnis besitzt, entsprechend seinen Bedürfnissen seine Rechtsverhältnisse selbstverantwortlich und ohne staatliche Intervention ordnen zu können. Durch einen Winkelzug wird nun der Grundsatz der Privatautonomie durch den RBStV ausgehebelt. Als Rechtsgrundlage für den Rundfunkbeitrag wird der Rundfunkbeitragsstaatsvertrag genannt. Der habe Gesetzeskraft erlangt und sei daher kein Vertrag zu Lasten Dritter. Die Rechtmäßigkeit dieses Vorgangs in Hinblick auf die Privatautonomie muss bezweifelt werden. Interessanterweise spricht der RBStV an mehreren Stellen selbst von einem „Vertrag“, der sogar eine Kündigungsfrist beinhaltet (vgl. §15 RBStV).