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Archiv => Archiv => Pressemeldungen Juli 2018 => Thema gestartet von: noGez99 am 04. Juli 2018, 14:43

Titel: Deutscher Rundfunkbeitrag vor dem Europäischen Gerichtshof
Beitrag von: noGez99 am 04. Juli 2018, 14:43
SWR aktuell, 04.07.2018
Deutscher Rundfunkbeitrag vor dem Europäischen Gerichtshof
Landrichter aus Tübingen hält Praxis von SWR und ZDF für EU-rechtlich verboten – Bundesgerichtshof hat sie aber abgesegnet
Der Jurist hat sechs Fälle vorliegen, in denen Bürger den Rundfunkbeitrag nicht gezahlt haben. Der SWR will das Geld per Vollstreckung einfordern. Ob er das darf, darüber verhandelte der EuGH mündlich.

Zitat
Die Gegner des Rundfunkbeitrags waren nicht gekommen, so dass in der gut zweistündigen Verhandlung vorm höchsten Gericht der EU niemand das deutsche System grundsätzlich in Frage stellte.
[...]
Und die Vertreterin der EU-Kommission teilte mit, dass sie beständig das deutsche System überwachen würden, aber, wie schon 2007 einmal offiziell festgestellt, hier keine unzulässige Beihilfe erkennen könnten.

EU-Kommission steht zur deutschen Beitragspraxis
[...]

Urteil des EuGH im Spätherbst

Am Schluss der Verhandlung zeigte sich: Der Generalanwalt kann das Urteil des Verfassungsgerichts auf jeden Fall berücksichtigen. Er gibt am 26. September sein Votum ab. Das heißt, das endgültige Urteil der europäischen Richter in Sachen deutscher Rundfunkbeitrag kommt im Spätherbst.

Weiterlesen (vorsicht, Link geht zum SWR):
https://www.swr.de/swraktuell/bw/karlsruhe/deutscher-rundfunkbeitrag-vor-dem-europaeischen-gerichtshof-landrichter-aus-tuebingen-haelt-praxis-von-swr-und-zdf-fuer-eu-rechtlich-verboten-bundesgerichtshof-hat-sie-aber-abgesegnet/-/id=1572/did=22002868/nid=1572/103zynx/index.html

Mal sehen was unsere Mitstreiter vor Ort berichten.
Titel: Re: Deutscher Rundfunkbeitrag vor dem Europäischen Gerichtshof
Beitrag von: Bürger am 04. Juli 2018, 14:52
Also irgendwie klingt der ("presseähnliche"?) Artikel des SWR so "Larifari"...
...und es klingt auch so, als ob die Verhandlung selbst ebenfalls eher so "Larifari" gewesen sei?

"Larifari"
https://de.wiktionary.org/wiki/Larifari
Titel: Re: Deutscher Rundfunkbeitrag vor dem Europäischen Gerichtshof
Beitrag von: Bürger am 04. Juli 2018, 15:00
Zitat
Und die Vertreterin der EU-Kommission teilte mit, dass sie beständig das deutsche System überwachen würden, aber, wie schon 2007 einmal offiziell festgestellt, hier keine unzulässige Beihilfe erkennen könnten.
Quelle: Im Einstiegsbeitrag verlinkter Artikel
Es gab dazumal keine "Feststellung" sondern eine "Einigung"...

Zur Relativierung der Aussage daher hier ein paar im Forum bereits erwähnte Hintergründe
Arbeitspapier des VPRT "Zum Auftrag der örR-Anstalten in der digit. Medienwelt"
https://gez-boykott.de/Forum/index.php/topic,18471.msg120881.html#msg120881
...auch hier noch etwas interessantes zum Kompromiss zwischen den Bundesländern*** und dem EuGH aus dem Jahre 2007 wegen der wettbewerbsverzerrenden Subventionierung, was letztendlich zum Drei-Stufen-Test geführt hat - gefunden in einem Link unter

ARD Rundfunkrat: Drei-Stufen-Tests und das implizierte Publikum
http://gez-boykott.de/Forum/index.php/topic,18472.msg120877.html#msg120877

Zitat
1. Der Beihilfekompromiss mit der EU-Kommission

Im Jahre 2003 reichte der „Verband Privater Rundfunk und Telemedien“ (VPRT) eine Beschwerde bei der EU-Kommission in Brüssel ein. Darin rügte er die Finanzierung des öffentlich-rechtlichen Rundfunks als wettbewerbsverzerrend und klassifizierte die deutsche "Rundfunkgebühr" als unzulässige staatliche Beihilfe i. S. v. Art. 87 Abs. 1 EGV. Als Begründung führte der VPRT an, dass dem Tätigkeitsfeld der Rundfunkanstalten keine wirkliche Grenze, etwa in Form eines konkreten Funktionsauftrags gesetzt sei. Insbesondere im Online-Bereich sah der VPRT gefährliche Ausuferungen zu Lasten der privaten Anbieter. Die Kommission überzeugten die Argumente des VPRT in weiten Teilen. Sie qualifizierte die deutsche Rundfunkfinanzierung deshalb fortan als staatliche Beihilfe. Eine solche Beihilfe ist grundsätzlich unzulässig. Nur wenn sie die Ausnahmekriterien des Art 86 Abs. 2 EGV erfüllt kann sie ausnahmsweise gerechtfertigt sein. Insbesondere ist dazu nötig, dass die Aufgabe, die mit der staatlichen Beihilfe - also hier der Rundfunkgebühr - finanziert wird, klar definiert ist. Darüber hinaus darf die Beihilfegewährung – vereinfacht ausgedrückt – nicht grob wettbewerbsverzerrende Auswirkungen haben. Die zuständigen Bundesländer und der öffentlich-rechtliche Rundfunk selbst sahen in der deutschen Rundfunkfinanzierung zu keiner Zeit eine staatliche Beihilfe. Ein mehrjähriger Streit zwischen der EU-Kommission und der Bundesrepublik entbrannte.

Im sog. "Beihilfekompromiss" einigten sich die Bundesländer*** im Jahr 2007 aber schließlich mit der EU-Kommission. Anscheinend scheuten beide Seiten den Gang zum Europäischen Gerichtshof (EuGH). Denn eigentlich hätte nur ein Urteilsspruch abschließende Klarheit bringen können. Allerdings hätten beide Seiten dabei riskiert, dass die Rundfunkfinanzierung in der gesamtem EU in Frage gestellt worden wäre, was unabsehbare politische Folgen gehabt hätte. [...]
Quelle: http://www.telemedicus.info/article/1160-Was-ist-eigentlich-der-Drei-Stufen-Test.html

***Edit "Bürger":
Bitte die Hinweise beachten unter
KLAGE nach Europarecht - Ende der ARD-ZDF-GEZ Belästigung?
https://gez-boykott.de/Forum/index.php/topic,15317.msg160328.html#msg160328
denen gemäß es nicht die Bundesländer, sondern das Auswärtige Amt war.
Danke für das Verständnis und die Berücksichtigung.

Titel: Re: Deutscher Rundfunkbeitrag vor dem Europäischen Gerichtshof
Beitrag von: dreamliner am 04. Juli 2018, 15:03
Der Artikel ist meiner Meinung nach sehr "positiv" für den Rundfunk verfasst....

Was mich darin sehr stutzig macht ist die Aussage, das der Unabhängige Generalanwalt das Urteil des Bundesverfassungsgericht berücksichtige kann.

Der sollte / muss doch eine Unabhängige Einschätzung abgeben und sich nicht von anderen Urteilen am höchsten Gericht beeinflussen lassen.
Titel: Re: Deutscher Rundfunkbeitrag vor dem Europäischen Gerichtshof
Beitrag von: volkuhl am 04. Juli 2018, 15:26
Die übliche Desinformation und Allgemeinplätze. Ich sehe in der Berichterstattung nicht eine der vorgelegten Fragen beantwortet...
Titel: Re: Deutscher Rundfunkbeitrag vor dem Europäischen Gerichtshof
Beitrag von: MichaelEngel am 04. Juli 2018, 15:33
Zusammenfassung des presseähnlichen Aufsatzes des SWR: in der Verhandlung war kein Gegner des Rundfunkbeitrags anwesend, die anwesenden eifrigen Befürworter des Beitrags, einschließlich der Bundersregierung, der schwedischen Regierung und der EU Kommission, beruhigten den Generalanwalt, also den Gutachter, der vor den Richtern ganz unabhängig seine Meinung sagt.
Titel: Re: Deutscher Rundfunkbeitrag vor dem Europäischen Gerichtshof
Beitrag von: nexus77 am 04. Juli 2018, 15:38
Zitat
Und die Vertreterin der EU-Kommission teilte mit, dass sie beständig das deutsche System überwachen würden, aber, wie schon 2007 einmal offiziell festgestellt, hier keine unzulässige Beihilfe erkennen könnten.
Quelle: Im Einstiegsbeitrag verlinkter Artikel

2007 ?
Da gab es noch GEZ und Gebühren. Jetzt BS und Beitrag. Also was ganz anderes.
Titel: Re: Deutscher Rundfunkbeitrag vor dem Europäischen Gerichtshof
Beitrag von: GEZ_Total_Verweigerer am 04. Juli 2018, 15:39
Was mich darin sehr stutzig macht ist die Aussage, das der Unabhängige Generalanwalt das Urteil des Bundesverfassungsgericht berücksichtige kann.
Der sollte / muss doch eine Unabhängige Einschätzung abgeben und sich nicht von anderen Urteilen am höchsten Gericht beeinflussen lassen.
Die Antwort lautet: Eine Krähe hackt der anderen kein Auge aus  ;)
Titel: Re: Deutscher Rundfunkbeitrag vor dem Europäischen Gerichtshof
Beitrag von: Dauercamper am 04. Juli 2018, 15:44
Die übliche Desinformation und Allgemeinplätze. Ich sehe in der Berichterstattung nicht eine der vorgelegten Fragen beantwortet...
So ist es !  :)

Zitat
Und die Vertreterin der EU-Kommission teilte mit, dass sie beständig das deutsche System überwachen würden, aber, wie schon 2007 einmal offiziell festgestellt, hier keine unzulässige Beihilfe erkennen könnten.
Quelle: Im Einstiegsbeitrag verlinkter Artikel

2007 ?
Da gab es noch GEZ und Gebühren. Jetzt BS und Beitrag. Also was ganz anderes.
Merkt doch keiner !  ;)

Die Antwort lautet: Eine Krähe hackt der anderen kein Auge aus  ;)
Nein, der EuGH muss auf deutsche Befindlichkeiten keine Rücksicht nehmen. Er kann es aber   :)
Titel: Re: Deutscher Rundfunkbeitrag vor dem Europäischen Gerichtshof
Beitrag von: GEZwungen78 am 04. Juli 2018, 16:05
Zitat
Die Gegner des Rundfunkbeitrags waren nicht gekommen, so dass in der gut zweistündigen Verhandlung vorm höchsten Gericht der EU niemand das deutsche System grundsätzlich in Frage stellte.

Warum hat eigentlich kein "Gegner" daran teil genommen?
Werden Kläger, die vorhaben, bis zum EUGH zu ziehen, nochmal separat angehört?
Titel: Re: Deutscher Rundfunkbeitrag vor dem Europäischen Gerichtshof
Beitrag von: Dauercamper am 04. Juli 2018, 16:08
Das Erscheinen der Klägerseite vor dem EuGH wurde nicht angeordnet.
Titel: Re: Deutscher Rundfunkbeitrag vor dem Europäischen Gerichtshof
Beitrag von: ChrisLPZ am 04. Juli 2018, 16:12
Zitat
Der Generalanwalt, also der Gutachter, der vor den Richtern ganz unabhängig seine Meinung sagt, fragte nach dem Bundesverfassungsgericht. Das wolle doch am 18. Juli über den Rundfunkbeitrag entscheiden – ob es da Kollisionen geben könnte. Der Vertreter der Bundesregierung beruhigte: Nein, da ginge es nicht um staatliche Beihilfe, sondern nur darum, ob der Beitrag im Einzelnen gerecht erhoben würde.

Zitat aus der Verfassungsbeschwerde des Leitverfahrens 1 BvR 1675/16 (Prozessbevollmächtigter RA Thorsten Bölck) S.40-41
Zitat
7. Verletzung des Rechts auf den gesetzlichen Richter, Art. 101 (1) S. 2 GG
Das Urt. des BVwG verletzt den Bf. in seinem Grundrecht auf den gesetzlichen Richter nach Art. 101 (1) S. 2 GG. Hiernach darf niemand seinem gesetzlichen Richter entzogen werden.

Der gesetzliche Richter in diesem Sinne ist auch der EuGH.

Jemand wird dann seinem gesetzlichen Richter entzogen, wenn eine Rechtssache nicht dem EuGH vorgelegt wird, obwohl sie dem EuGH vorgelegt werden muss.

Hier muss eine Vorlage an den EuGH erfolgen.

Nach Art. 267 AEUV entscheidet der Gerichtshof der Europäischen Union im Wege der Vorabentscheidung u.a. über die Auslegung der Verträge.

Wird eine derartige Frage in einem schwebenden Verfahren bei einem einzelstaatlichen Gericht gestellt, dessen Entscheidungen selbst nicht mehr mit Rechtsmitteln des innerstaatlichen Rechts angefochten werden können, so ist dieses Gericht zur Anrufung des Gerichtshofs verpflichtet. Dieses ist hier der Fall.

In dem RevVf 6 C 7.15 beim BVwG stellte sich eine solche Frage.

Das in dem RevVf 6 C 7.15 ergangene Urt. des BVwG v. 18.3.2016 ist nicht mehr mit Rechtsmitteln des deutschen VwProzR's nach der VwGO anfechtbar.

Deshalb ist das BVwG zur Anrufung des EuGH verpflichtet. Diese Pflicht verletzte das BVwG, indem es den EuGH nicht anrief.
Die sich hier stellende Auslegungsfrage ist folgende: Ist Art. 108 (3) AEUV in der Weise auszulegen, dass die Kommission der Europäischen Union vor dem Erlass des NRW-ZustG zum RBStV so rechtzeitig -zwecks Äußerung dazu- zu unterrichten ist, weil es sich bei der WBA um eine beabsichtigte Einführung oder Umgestaltung einer Beihilfe handelt, die NRW-Landesregierung keine Schritte zur Gesetzeswerdung des RBStV einleiten darf, bevor die Kommission der EU einen abschließenden Beschluss erlassen hat?

Diese Auslegungsfrage ist im hier dargestellten Sinne zu bejahen.

Sie ist aus folgendem Grund zu bejahen:

Vor der Gesetzeswerdung des NRW-ZustG zum RBStV musste die NRW-Landesregierung einen abschließenden Beschluss der Kommission der EU erwirken, der sich mit der Rechtsfrage befasst, ob die WBA eine Umgestaltung der bis zum 31.12.2012 bestehenden Beihilfe in Gestalt der seinerzeitigen Rundfunkgebühr ist.
Quelle:
Schreiben des Bundesverfassungsgerichts - Erster Senat - vom 30. August 2017
https://gez-boykott.de/Forum/index.php/topic,24625.0.html
Titel: Re: Deutscher Rundfunkbeitrag vor dem Europäischen Gerichtshof
Beitrag von: samson_braun am 04. Juli 2018, 16:12
Warum hat eigentlich kein "Gegner" daran teil genommen?
Werden Kläger, die vorhaben, bis zum EUGH zu ziehen, nochmal separat angehört?
Das Erscheinen der Klägerseite vor dem EuGH wurde nicht angeordnet.
Aber es gab doch gar keinen Kläger - nur einen penetranten Frager - ein HOCH auf den  (#)
Titel: Re: Deutscher Rundfunkbeitrag vor dem Europäischen Gerichtshof
Beitrag von: ChrisLPZ am 04. Juli 2018, 16:26
Zitat
Die Gegner des Rundfunkbeitrags waren nicht gekommen, so dass in der gut zweistündigen Verhandlung vorm höchsten Gericht der EU niemand das deutsche System grundsätzlich in Frage stellte.
Schade, dass von den an der Vorlage Beteiligten niemand anwesend war. Das wird natürlich gleich ausgeschlachtet  >:(

Zitat
Die Vertreterin der schwedischen Regierung wies darauf hin, wie wichtig die öffentlich-rechtliche Versorgung für das demokratische und kulturelle Leben in einer Gesellschaft sei. […]
Wurden Vertreter aller EU-Regierungen eingeladen?

Zitat
EU-Kommission steht zur deutschen Beitragspraxis
Auch wenn der Beitrag seit 2013 anders erhoben wird – es würde doch ungefähr die gleiche Summe wie früher erwirtschaftet. Insofern hätte sich nichts Wesentliches geändert.
Einmal davon abgesehen, dass die Umstellung auf den Rundfunkbeitrag in der Beitragsperiode 2013-2016 Mehreinnahmen von ca. 2 Milliarden Euro generierte, ist diese Argumentation doch wohl ein Witz, oder?
Titel: Re: Deutscher Rundfunkbeitrag vor dem Europäischen Gerichtshof
Beitrag von: Viktor7 am 04. Juli 2018, 16:57
Zitat
Der SWR verteidigte den neuen Rundfunkbeitrag. Und auch der Vertreter der Bundesregierung erklärte ausführlich, …

Auch am 16.05.2018 haben die Sender und die Ländervertretung vor dem Bundesverfassungsgericht versucht, den gegen den Willen abgepressten Rundfunkbeitrag zu verteidigen. Das BVerfG hat davon nicht viel gehalten und sehr kritische Fragen gestellt ohne zufriedenstellende Antworten zu bekommen.

Der SWR und andere Anstalten leben sehr gut auf Kosten der Nichtnutzer und potentieller Nichtnutzer dieser Option. Die Politiker bemächtigen sich der Sender, um die Bürger subtil in ihrem Sinne zu beeinflussen. Der SWR berichtet über die angeblichen Gegner des Rundfunkbeitrags und übersieht geflissentlich, dass Menschen ihr durch das Grundgesetz garantiertes Recht der Belastungsgleichheit (Art. 3. Abs. 1 GG) wahrnehmen wollen.

Dazu das passende Zitat:
Die finanzielle Gleichbehandlung der Nichtnutzer sowie der aus Sorge vor Repressalien zahlenden Nichtnutzer und der Nutzer des ö.-r. Rundfunks verstößt gegen den Artikel 3 Abs.1 GG. Ungleiche Sachverhalte müssen ungleich behandelt werden.

Dazu das Bundesverfassungsgericht:
Zitat
Werden Beiträge erhoben, verlangt der Art. 3 Abs. 1 GG, dass eine Differenzierung zwischen Beitragspflichtigen und nicht Beitragspflichtigen nach Maßgabe des Vorteils vorgenommen wird, dessen Nutzungsmöglichkeit mit dem Beitrag abgegolten werden soll.
Quelle: 1 BvR 668/10, 1 BvR 2104/10, Beschluss vom 25. Juni 2014 , RZ 51

- Wie hat hier der Gesetzgeber differenziert?
Er hat er gar nicht differenziert. Seit dem 1.1.2013 wird die Allgemeinheit bebeitragt.

- Wo sind die nicht Beitragspflichtigen nach Maßgabe des Vorteils?
Die gibt es nicht.

- Wo ist der besondere Vorteil für die Nichtnutzer des Rundfunks?
Den gibt es nicht, es gibt höchstes nur die finanzielle Nötigung und Belästigung.

Wie viele Mio. Bürger die finanziell ungehinderte Medienwahl gern selbstbestimmt wählen würden, interessiert die ö.-r. Anstalten und die Politiker nicht.

Warten wir einfach auf Infos von unvoreingenommenen Stellen.
Titel: Re: Deutscher Rundfunkbeitrag vor dem Europäischen Gerichtshof
Beitrag von: nexus77 am 04. Juli 2018, 18:20
Zitat
EU-Kommission steht zur deutschen Beitragspraxis
Auch wenn der Beitrag seit 2013 anders erhoben wird – es würde doch ungefähr die gleiche Summe wie früher erwirtschaftet. Insofern hätte sich nichts Wesentliches geändert.
Einmal davon abgesehen, dass die Umstellung auf den Rundfunkbeitrag in der Beitragsperiode 2013-2016 Mehreinnahmen von ca. 2 Milliarden Euro generierte, ist diese Argumentation doch wohl ein Witz, oder?

Wissen die da überhaupt, dass nun jeder blechen muss?
Oder meinen die immer noch, nur wer TV, Radio hat, muss in Deutschland zahlen.
So kommt mir das nämlich vor  ::)
Titel: Re: Deutscher Rundfunkbeitrag vor dem Europäischen Gerichtshof
Beitrag von: Dauercamper am 04. Juli 2018, 18:28
Ich werde die "Märchenstunde" des SWR nicht kommentieren, sondern warte auf die Berichte der Prozessbeobachter
 8)
Titel: Re: Deutscher Rundfunkbeitrag vor dem Europäischen Gerichtshof
Beitrag von: Viktor7 am 04. Juli 2018, 19:18
Anbei die vorgelegten Fragen:

https://eur-lex.europa.eu/LexUriServ/LexUriServ.do?uri=CELEX:62017CN0492:DE:PDF (https://eur-lex.europa.eu/LexUriServ/LexUriServ.do?uri=CELEX:62017CN0492:DE:PDF)

Daraus ein der vielen Punkte:
Zitat
5. Ist das nationale Gesetz „RdFunkBeitrStVtrBW“, insbesondere § § 2 und 3, mit dem unionsrechtlichen Gleichbehandlungsgebot und Diskriminierungsverbot vereinbar, wenn der zur Finanzierung eines öffentlich-rechtlichen
Fernsehsenders von jedem Bewohner voraussetzungslos zu zahlende Beitrag eine Alleinerziehende pro Kopf mit dem
vielfachen dessen belastet, was ein Mitglied einer Wohngemeinschaft schuldet? Ist die Richtlinie 2004/113/EG (
1) so auszulegen, dass auch der streitgegenständliche Beitrag erfasst wird und dass eine mittelbare Benachteiligung ausreicht, wenn aufgrund der realen Begebenheiten zu 90 % Frauen höher belastet werden?

Natürlich hat der SWR in seinem Bericht zu den vorgelegten Fragen geschwiegen. Das heißt dann bei den ö.-r. Sendern eine objektive Berichterstattung, die in Wahrheit eine zielgerichtete Manipulation der öffentlichen Meinung ist.
Titel: Re: Deutscher Rundfunkbeitrag vor dem Europäischen Gerichtshof
Beitrag von: MMichael am 05. Juli 2018, 07:26
Ist bekannt, wo
die Berichte der Prozessbeobachter
hier im Forum erscheinen werden?
Danke für den Hinweis! ;)
Titel: Re: Deutscher Rundfunkbeitrag vor dem Europäischen Gerichtshof
Beitrag von: MMichael am 05. Juli 2018, 09:41
schwedischen
Schweden? Schweden?? ...
Ach, SCHWEDEN (nahe Dänemark) - unser(e) "Vorbild(er)"?! ;)
Zitat
so wurde Ende letzten Jahres eine spezielle Parlamentskommission beauftragt, nach neuen Lösungen zu suchen.
Quelle: https://www.nzz.ch/feuilleton/medien/rundfunkgebuehr-verliert-in-schweden-rueckhalt-ld.1324525 (Hervorhebungen nicht im Orginal)
Zitat
Am 16. Oktober übergab der Vorsitzende dieser Kommission, der frühere Gewerkschaftsboss Sture Nordh, den Bericht der Kulturministerin. Ihm ist damit eine kleine politische Sensation gelungen: Alle acht im Parlament vertretenen und sonst zerstrittenen Parteien haben sich darauf geeinigt, die Rundfunkgebühr abzuschaffen und durch eine moderat progressive und plafonierte Steuer zu ersetzen. Bereits ab dem 1. Januar 2019 soll für alle Steuerpflichtigen mit einem steuerpflichtigen Einkommen von mehr als 131 000 Kronen (ca. 15 600 Fr.) eine Mediensteuer von 1308 Kronen fällig werden. Da Schweden keine Ehepaarbesteuerung kennt, gibt es für die meisten Durchschnittshaushalte mit minderjährigen Kindern gegenüber der heutigen Abgabe von 2340 Kronen (280 Fr.) pro Haushalt nur eine geringe Erhöhung auf 2616 Kronen (310 Fr.). Dieser Höchstbetrag betrifft etwa 67 Prozent der Steuerpflichtigen; 24 Prozent zahlen weniger, und für 9 Prozent, darunter viele Studenten, entfällt die Steuer ganz.
Quelle: https://www.nzz.ch/feuilleton/medien/rundfunkgebuehr-verliert-in-schweden-rueckhalt-ld.1324525 (Hervorhebungen nicht im Orginal)

Könnte es sein, dass die Schwedin nicht will, dass die eigene Steuer unter die Lupe genommen wird? Wer weiß.... ob diese Umstellung EU-mäßig angemeldet wurde?
Titel: Re: Deutscher Rundfunkbeitrag vor dem Europäischen Gerichtshof
Beitrag von: noGez99 am 05. Juli 2018, 10:55
Anscheinend gibt es von der Autorin auch einen Audiobeitrag:

Zitat
04.07.2018 | @mediasres
EuGH verhandelt über Rundfunkbeitrag

Autor/in:        Deppe, Gigi
Sendezeit:    15:48 Uhr
Länge:          2:53 min Minuten
Audio abspielen
https://ondemand-mp3.dradio.de/file/dradio/2018/07/04/eugh_verhandelt_ueber_rundfunkbeitrag_dlf_20180704_1548_acb7f89f.mp3

Den gibt es wohl auch hier
https://www.podcast.de/episode/384814604/EuGH+verhandelt+%C3%BCber+Rundfunkbeitrag/

und hier sollte er auch sein, aber anscheinen in der Überarbeitung/Linkfehler:
https://www.swr.de/swraktuell/bw/verhandlung-zum-deutschen-rundfunkbeitrag-beim-eugh/-/id=1622/did=22003046/nid=1622/1gotvcz/index.html
Titel: Re: Deutscher Rundfunkbeitrag vor dem Europäischen Gerichtshof
Beitrag von: gerichtsvollzieher am 05. Juli 2018, 11:20
siehe auch mein Hinweis
unter dem Kalendereintrag 4.7. Luxemburg

EuGH Luxembourg: mündl. Verhandlung C-492/17, 04.07.2018, 9 Uhr
https://gez-boykott.de/Forum/index.php/topic,27835.msg176117.html#msg176117


____
Edit "ChrisLPZ":
Verlinkung hinzugefügt
Titel: Re: Deutscher Rundfunkbeitrag vor dem Europäischen Gerichtshof
Beitrag von: Markus KA am 06. Juli 2018, 13:49
Zitat
Die Gegner des Rundfunkbeitrags waren nicht gekommen, so dass in der gut zweistündigen Verhandlung vorm höchsten Gericht der EU niemand das deutsche System grundsätzlich in Frage stellte.

Sehr geehrte Frau Deppe,

das kann man jetzt nicht so ganz stehen lassen.

Ein "Gegner" saß direkt vor und der zweite rechts "neben" Ihnen.

Aber ein herzliches Dankeschön an Sie für die technische Unterstützung im Umgang mit den "versteckten" Kopfhörern.   :)
Titel: Re: Deutscher Rundfunkbeitrag vor dem Europäischen Gerichtshof
Beitrag von: Dauercamper am 06. Juli 2018, 14:03
Der EuGH sah wohl keine Notwendigkeit, die Anwesenheit der Klägerseite anzuordnen. Nur so wären die Auslagen der Fahrtkosten der Klägerseite erstattet worden.

Das Märchen, dass der EuGH gar kein Verfahren führen würde, was in den laufenden Vollstreckungsverfahren als Begründung benutzt wird um die Aussetzung abzulehnen, glaubt man nur in Deutschland.
Da wohl in eklatanter Weise gegen EU-Richtlinien verstoßen wurde, wurde der EuGH in der Sache überhaupt erst tätig.
In 28 EU-Ländern gibt es keine Beitragseintreibung bei Nichtnutzern. Der Rundfunk wird, als Gemeinschaftsaufgabe, meist durch Steuermittel finanziert, was natürlich mit dafür sorgt, dass die Kosten im Rahmen bleiben.

@Gerichtsvollzieher und Markus KA

Danke für eure Präsenz  :police:
Titel: Re: Deutscher Rundfunkbeitrag vor dem Europäischen Gerichtshof
Beitrag von: art18GG am 06. Juli 2018, 14:59
Und die Vertreterin der EU-Kommission teilte mit, dass sie beständig das deutsche System überwachen würden, aber, wie schon 2007 einmal offiziell festgestellt, hier keine unzulässige Beihilfe erkennen könnten.
Dass die EU-Kommission schlecht informiert ist, ist mir bei meinen eigenen Schriftwechseln mit der Kommission schon aufgefallen. Die sprechen dort immer noch von einer Rundfunkgebühr. Daher würde mich interessieren, wer genau von der EU-Kommission dort gewesen ist, damit man die Person besser aufklären kann. Wer war denn aus Schweden da?

Ansonsten finde ich es sehr ärgerlich, dass keiner von den Antragstellern anwesend war. Die Kostenfrage für die Anreise hätte man hier im Forum vielleicht über eine Spendenaktion lösen können, wenn dies wirklich das Problem war.
Titel: Re: Deutscher Rundfunkbeitrag vor dem Europäischen Gerichtshof
Beitrag von: Ötzi am 06. Juli 2018, 15:48
[...]
In 28 EU-Ländern gibt es keine Beitragseintreibung bei Nichtnutzern. Der Rundfunk wird, als Gemeinschaftsaufgabe, meist durch Steuermittel finanziert, was natürlich mit dafür sorgt, dass die Kosten im Rahmen bleiben.
[...]

Woher kommt diese Zahl von 28? Gibt es da irgendwo eine externe Quelle?

Selbst wenn in einem Land "keine Beitragseintreibung bei Nichtnutzern" besteht, bedeutet das ja noch nicht, dass die Nichtnutzer nicht doch, z.B. durch Steuererhebung, den Rundfunk zwangsweise mitfinanzieren müssen; das kommt auf die Details der Steuer an. Wenn es nach EU-Recht zulässig ist bzw. wäre, Rundfunk unabhängig von der Nutzung durch Steuern zu finanzieren, wieso sollte dann  ein "von jedem Bewohner voraussetzungslos zu zahlender Beitrag" nach EU-Recht unzulässig sein?
(Jetzt mal abgesehen davon, dass es dann eigentlich kein Beitrag mehr ist.)
Titel: Re: Deutscher Rundfunkbeitrag vor dem Europäischen Gerichtshof
Beitrag von: Dauercamper am 06. Juli 2018, 16:19
Wenn es nach EU-Recht zulässig ist bzw. wäre, Rundfunk unabhängig von der Nutzung durch Steuern zu finanzieren, wieso sollte dann  ein "von jedem Bewohner voraussetzungslos zu zahlenderBeitrag" nach EU-Recht unzulässig sein?
(Jetzt mal abgesehen davon, dass es dann eigentlich kein Beitrag mehr ist.)

Eine Steuer kann national erhoben werden, weil die Steuereinnahmen in den allgemeinen Haushalt fließen. Die Verteilung der Steuermittel bestimmt die Regierung. Die Kontrolle über die Vergabe der Steuermittel hat in Deutschland der Bundesrechnungshof.
Eine Finanzierung über Steuer wäre auch gerecht, weil die Steuerlast entsprechend dem Einkommen erfolgt und damit wäre gerade Kichhof I und II mit Mehrkosten belastet, wie der Rest von dem Verein in Karlsruhe.

Die Aussage:
"Ein Beitrag - gerecht für Alle" ist schlicht Unfug.

Ironischerweise wird in Deutschland auch der Solidaritätszuschlag in Frage gestellt, weil er keine Steuer ist, sondern eine Abgabe. Er ist auch keine freiwillige Abgabe und wird auch gar nicht von allen gezahlt. Was kommt dann als nächstes? In Deutschland wird momentan auch die verpflichtende zusätzliche Altersversorge debattiert, weil diese betrügerische "Riesterrente" kaum einer abschließen will und der ÖPNV soll auch noch "kostenlos" werden, was dann auch der Bürger per Abgabe berappen soll.
Deutschland bildet sich ein, dass man ständig neue Abgaben erfinden und dem Bürger aufdrücken könne, ohne dass das der EU-Kommission mitgeteilt werden müsste.

Es geht nicht alleine um die Finanzierung des ÖRR, sondern auch um die ständige Ausbreitung der Finanzierung der Gesellschaftslasten in Form von ständig neuen Abgaben
 :)
Natürlich könnte der ÖRR dann auch nur noch eine Grundversorgung leisten...
Titel: Re: Deutscher Rundfunkbeitrag vor dem Europäischen Gerichtshof
Beitrag von: noGez99 am 06. Juli 2018, 16:28
@Ötzi

Da wird einiges durcheinander geworfen. Nach Eu-Recht kann
- der Staat Steuern erheben
- mit den Steuern darf er machen was er will, wenn der freie Wettbewerb nicht behindert wird.

Aber hier geht es um etwas anderes:
- die alte Rundfunkgebühr war eine Altbeihilfe, die quasi geduldet wurde.
- eine Änderung der Altbeihilfe macht daraus eine neue Beihilfe, die von der EU neu überprüft werden muss ob sie zulässig ist. Das hat der ör (absichtlich?) versäumt, damit ist die neue Beihilfe EU-rechtswidrig. Der EuGH kann (muss?) entscheiden, dass seit 2013 alles den Beitragszahlern zurückbezahlt werden muss, inklusive Strafzahlung vom Staat (leider nicht vom ör) an die EU.

Es war unglaublich dumm von dem ÖRR, keine Notifizierung durchgeführt zu haben (oder unglaublich arrogant, dass sie meinten, die komplette Gerichtsbarkeit unter Ihrer Kontrolle zu haben, so dass niemand eine EU-Vorlage machen würde). Und der Bund hat bei der Dummheit mitgemacht.

Das ist eine ganz andere Frage als die Steuerfinanzierung und ob damit auch Nichtnutzer zur Finanzierung herangezogen werden.
Wenn der Staat eine Steuerfinanzierung machen wollte, müsse er einen Auftrag definieren und eine EU-weite Ausschreibung machen. Das wäre ein wettbewerbskonformes Vorgehen, gegen das die EU wohl nichts einzuwenden hätte (User Pinguin kann das sicher genauer erklären).
Titel: Re: Deutscher Rundfunkbeitrag vor dem Europäischen Gerichtshof
Beitrag von: Dauercamper am 06. Juli 2018, 16:44
Naja, das mit der Verpflichtung zur Ausschreibung trifft wohl auch bei den restlichen der 28 EU-Länder nicht zu (meines Wissens)  8)
Sofern mit bekannt  8) , gibt es auch keine Klagen gegen die Steuerfinanzierung der ÖRR.

Die Ironie ist, dass Kirchhof I + II behaupten, eine Steuerfinanzierung wäre (höchstwahrscheinlich) verfassungswidrig.

Das muss man sich auf der Zunge zergehen lassen  ;D

Da behaupten "2 Typen", die Regelungen in den anderen EU-Ländern, die EU-rechtskonform sind (meines Wissens)  8) wären in Deutschland verfassungswidrig.
 :o
Titel: Re: Deutscher Rundfunkbeitrag vor dem Europäischen Gerichtshof
Beitrag von: Ötzi am 06. Juli 2018, 16:48
[...] Eine Finanzierung über Steuer wäre auch gerecht, weil die Steuerlast entsprechend dem Einkommen erfolgt und damit wäre gerade Kichhof I und II mit Mehrkosten belastet, wie der Rest von dem Verein in Karlsruhe. [...]
Dem kann ich - unabhängig von meinen eigenen Finanzen - nicht zustimmen. Das hängt, wie schon gesagt, von den Details der Steuer ab. Ich vermute, dass Vielverdiener den ÖRR eher weniger nutzen als Wenigverdiener, und für Internet oder Brötchen müssen sie auch nicht automatisch viel mehr zahlen, nur weil sie mehr Einkommen haben.

(User Pinguin kann das sicher genauer erklären)
Das fände ich interessant.
Titel: Re: Deutscher Rundfunkbeitrag vor dem Europäischen Gerichtshof
Beitrag von: Dauercamper am 06. Juli 2018, 17:07
Bei einer Steuererhebung, ist die Ausgabenseite die wesentliche. Zwar könnte, wie du geschrieben hast, sich an der Höhe der Lasten nichts ändern. Man muss aber bedenken, dass ein Teil, der heute zahlt, gar nicht steuerpflichtig ist, weil die Einnahmen viel zu niedrig sind.
Die würden auch keinen Beitrag zum ÖRR leisten müssen, die Finanzierungslücke würde größer.

Wichtiger wäre aber, dass der Zwang zur Sparsamkeit da wäre und auch insbesondere luxuriöse Pensionen selbst zu finanzieren wären, etwa durch Rücklagen der Arbeitgeber

Nicht der Druck der Politik würde sich erhöhen, sondern der Zwang zur Sparsamkeit, gegen den man sich wehrt. Wenn in Deutschland Schwimmbäder und Theater geschlossen werden müssen und Schulen nicht saniert werden können, kann man sich als Intendant nicht einfach (+/-)300.000€ p/a in den eigenen Sack stecken.  >:(
Titel: Re: Deutscher Rundfunkbeitrag vor dem Europäischen Gerichtshof
Beitrag von: Ötzi am 06. Juli 2018, 17:52
Solange ich als Nichtnutzer für den ÖRR nichts zahlen brauchte bzw. sollte, hat mich das überhaupt nicht gejuckt, wieviel da die Indentanten verdienen. Der Daimer-Chef verdient noch mehr. Warum auch nicht? Ich muss ja deswegen keinen Mercedes kaufen -> Wettbewerb nicht gestört. Eine Steuerfinanzierung mag für die ÖRR-Nutzer vielleicht irgendwie etwas von Vorteil sein, aber das ist kein Grund, Nichtnutzer zur Finanzierung des ÖRR heranzuziehen.
Wenn ich kein Kfz habe, muss ich auch keine Kfz-Steuer bezahlen.
Titel: Re: Deutscher Rundfunkbeitrag vor dem Europäischen Gerichtshof
Beitrag von: pinguin am 06. Juli 2018, 22:02
@ötzi

Lies Dich bitte durch's Forum; insbesondere durch folgende 2 Hauptthemen mit all ihren weiterführenden Themen:

[Übersicht] EU-Recht
https://gez-boykott.de/Forum/index.php/topic,20730.0.html

[Übersicht] Datenschutz
https://gez-boykott.de/Forum/index.php/topic,23670.0.html

Um es etwas "einfacher" zu machen:

Der EuGH klassifizierte die damalige dt. Rundfunkgebühr in der Rechtssache C-337/06 als "aus staatlichen Mitteln" geleistet, weil diese dt. Rundfunkgebühr keine Folge einer Vereinbarung/eines Vertrages zwischen Leistungsnehmer und Leistendem war, sie also ohne Zutun des Zahlungsleistenden entstand; (das "Zutun" des Zahlungsleistenden in Form des Innehabens eines Rundfunkempfangsgerätes war für das Gericht gegenstandslos, da eben keine Folge eines Vertrages zwischen ÖRR und Rundfunknutzer).

Die Parallele zu heute besteht darin, dass aus "Gebühr" ein "Beitrag" wurde und aus dem "Rundfunkempfangsgerät" eine "Wohnung".

Ausgehend von dem damaligen Beihilfeverfahren und der Einstufung der Rundfunkgebühr als "aus staatlichen Mitteln" geleistet, kann davon ausgegangen werden, dass die Rundfunkgebühr auch formal eine staatliche Beihilfe war; folglich gilt Beihilferecht.

Im Beihilferecht ist jede Änderung wie auch jede Neueinführung melde- bzw. genehmigungspflichtig, weil staatliche Beihilfen zugunsten von Unternehmen im EU-Recht im Grunde vollständig untersagt sind; im EU-Recht ist jedes Unternehmen gehalten, auf eigenen Füßen zu stehen.

Das EU-Recht trägt dem besonderen Umstand Rechnung, dass in der Anfangszeit des Rundfunks meist der Staat diesen finanzierte, in dem es zulässt, dass das EU-Mitgliedsland seinen ÖRR staatlich unterstützen darf.

Was aber wiederum nichts daran ändert, dass diese staatliche Stütze melde- bzw. genehmigungspflichtig wird, wenn der geschützte Altbestand geändert wird.

In groben Zügen ist das die staatliche Seite. Es ist also nicht Aufgabe des ÖRR, die Änderung nach Brüssel zu melden, sondern Job jener Länder, zu denen der ÖRR gehört.

Kommen wir nun zum nächsten Aspekt, nämlich Art 10 EMRK zur Informations- und Meinungsfreiheit mit "without interference by public authority" - "ohne Einflussnahme durch öffentliche Authorität".

Recht der EU, Recht der Bundesrepublik Deutschland, unmittelbares Verfassungsrecht im Land Brandenburg.

Kein Adressat der EMRK ist verpflichtet, Eingriffe des Staates in seine individuelle Meinungs- und Informationsfreiheit zu dulden; Adressaten der EMRK sind alle natürlichen und juristischen Personen. Inwieweit sich juristische Personen des öffentlichen Rechts auf die EMRK stützen dürfen, entzieht sich meiner Kenntnis; in Deutschland dürfen sich diese speziellen Personen in eigener Sache jedenfalls nicht auf die Art. 1 bis 17 GG berufen.

Dass dieses auch im Bereich Rundfunk gilt; -> EuGH C-260/89; nachdem in der Gemeinschaft keine Maßnahme rechtens ist, die sich über Art. 10 EMRK hinwegsetzt.

Der Staat hat sich aus dem individuellen Medienverhalten der Bürger grundsätzlich rauszuhalten.

Der Staat darf freilich eigene Unternehmen, also Staatsunternehmen haben, nur eben nach reinen marktwirtschaftlichen Kriterien, wie sie für alle Unternehmen gelten.

In Deutschland kommt erschwerend hinzu, dass die Steuerhoheit beim Bund liegt; die Länder hätten somit gar keine Befugnis, eine separate Mediensteuer einzuführen, die übrigens allen Medien zugute kommen müsste, weil der Staat das Medienverhalten bekanntlich nicht steuern darf, den Ländern bliebe es aber unbenommen, ihren ÖRR aus ihrem Länderhaushalt zu finanzieren, ohne dass der Bund tätig werden müsste. Meldepflichtig nach Brüssel wäre es trotzdem.


Edit "Bürger" @alle:
Vorsorglicher Hinweis, hier bitte keine Einzelthemen zu vertiefen oder das EU-Recht in Gänze durchzugehen, sondern bitte im Wesentlichen am Kern-Thema dieses Threads bleiben, welches da lautet
Deutscher Rundfunkbeitrag vor dem Europäischen Gerichtshof
und insbesondere den im Einstiegsbeitrag verlinkten Artikel und dessen Ausführungen zum Gegenstand hat.
Zu vertiefenden Diskussionen bzgl. EU-Recht siehe bitte oben von "Punguin" bereits benannte sowie weitere Threads per Forum-Suche (https://gez-boykott.de/Forum/index.php?action=search).
Mehrfachdiskussionen sind aus Kapazitätsgründen sowie aus Gründen der Übersicht und zielgerichteten Diskussion im Forum nicht vorgesehen.
Danke für das Verständnis und die Berücksichtigung.
Titel: Re: Deutscher Rundfunkbeitrag vor dem Europäischen Gerichtshof
Beitrag von: P am 07. Juli 2018, 23:00
Zitat
Der Generalanwalt, also der Gutachter, der vor den Richtern ganz unabhängig seine Meinung sagt, fragte nach dem Bundesverfassungsgericht. Das wolle doch am 18. Juli über den Rundfunkbeitrag entscheiden – ob es da Kollisionen geben könnte. Der Vertreter der Bundesregierung beruhigte: Nein, da ginge es nicht um staatliche Beihilfe, sondern nur darum, ob der Beitrag im Einzelnen gerecht erhoben würde.

Zitat aus der Verfassungsbeschwerde des Leitverfahrens 1 BvR 1675/16 (Prozessbevollmächtigter RA Thorsten Bölck) S.40-41
Zitat
7. Verletzung des Rechts auf den gesetzlichen Richter, Art. 101 (1) S. 2 GG
Das Urt. des BVwG verletzt den Bf. in seinem Grundrecht auf den gesetzlichen Richter nach Art. 101 (1) S. 2 GG. Hiernach darf niemand seinem gesetzlichen Richter entzogen werden.

Der gesetzliche Richter in diesem Sinne ist auch der EuGH.

...

Deshalb ist das BVwG zur Anrufung des EuGH verpflichtet. Diese Pflicht verletzte das BVwG, indem es den EuGH nicht anrief.
Die sich hier stellende Auslegungsfrage ist folgende: Ist Art. 108 (3) AEUV in der Weise auszulegen, dass die Kommission der Europäischen Union vor dem Erlass des NRW-ZustG zum RBStV so rechtzeitig -zwecks Äußerung dazu- zu unterrichten ist, weil es sich bei der WBA um eine beabsichtigte Einführung oder Umgestaltung einer Beihilfe handelt, die NRW-Landesregierung keine Schritte zur Gesetzeswerdung des RBStV einleiten darf, bevor die Kommission der EU einen abschließenden Beschluss erlassen hat?
Das Bundesverfassungsgericht entscheidet dazu aber nicht in der Sache, sondern eben nur, wie beschrieben, ob das Bundesverwaltungsgericht eine Vorlage an den EuGH hätte machen müssen.  Ergebnis könnte also allenfalls sein, dass das Bundesverwaltungsgericht das Recht auf den gesetzlichen Richter verletzt hat und diese Vorlage machen muss, über die der EuGH dann entscheiden müsste. Jedenfalls eigentlich, denn zu so einer Vorlage wird es kaum noch kommen.

Denn die Vorlage des LG Tübingen enthält unter 1 bereits die Frage:
Zitat
Sind Art. 107/108 AEUV so auszulegen, dass das Gesetz betreffend den Rundfunkbeitrag der Zustimmung der Kommission bedurft hätte und mangels Zustimmung unwirksam ist?
Die Frage liegt dem EuGH (neben anderen Fragen) daher bereits vor und das Urteil des EuGH dazu wird im Spätherbst erwartet und damit wird die Klärung durch den EuGH erfolgt sein. Eine Vorlage durch das Bundesverwaltungsgericht hätte sich damit erledigt.

Allerdings könnte das Urteil des Bundesverfassungsgerichts erhebliche Auswirkungen auf die Ausgestaltung der Beihilfe haben. Vielleicht ist es das, was der Generalanwalt mit Kollisionen meinte. Die Aussage, es ginge nicht um staatliche Beihilfe ist auf jeden Fall falsch, denn es geht gerade um die Ausgestaltung dieser Beihilfe.
Titel: Re: Deutscher Rundfunkbeitrag vor dem Europäischen Gerichtshof
Beitrag von: ChrisLPZ am 08. Juli 2018, 08:06
Aus dem Protokoll der mündl. Verhandlung am BVerfG vom 16.05.2018;

II. Anknüpfung an den Inhaber der Wohnung.
[…]
Masing: Wenn man davon ausgehen würde, dass der individuelle Vorteil in der Rundfunknutzung läge, dann sei dieser Vorteil personenbezogen. Darum sei es rechtfertigungsbedürftig, wenn mehrere Personen in einer Wohnung nur einmal den Beitrag zahlen müssten, eine alleinlebende Person aber denselben Beitrag zahlen müsse. Bisher seien zur Rechtfertigung zwei Argumente vorgebracht worden:

1. Der Wohnungsbeitrag knüpfe an das alte System an. Es sei fraglich, ob die Rechtfertigung ausreiche, dass das alte System genauso gewesen sei.

2. Zwar erscheine ihm der Schutz der Familie einleuchtend, doch gäbe es auch viele Fallkonstellationen, bei denen bspw. auch Alleinerziehende mit dem vollen Beitrag belastet würden. Darum müsse man fragen, ob Mehrpersonenhaushalte hier subventioniert würden, ob das dann Ausnahmen seien, die man in Folge der Typisierung ignorieren könne.

Als Frage ergäbe sich darum auch für ihn, ob man bei einer personenbezogenen Abgabe das Problem der Notifizierung in Bezug zu der europäischen Union gehabt hätte. [52]

Dörr: Die Bundesländer, die sich auf das Wohnungsmodell geeinigt hätten, hätten andere Modelle überprüft, auch hinsichtlich der EU-Rechtslage. [53] Es hätte 8 Modellvorschläge gegeben, man hätte 10 Jahre lang diskutiert.

Dabei sei ihnen auch die Verwaltungspraktikabilität wichtig gewesen, denn man hätte eine Verwaltungsvereinfachung angestrebt. Außerdem hätte man besonderen Wert auf die Persönlichkeitsrechte, den Datenschutz und die Unverletzbarkeit der Wohnung gelegt.

Es sei auch zu beachten, dass dem Rundfunkstaatsvertrag alle Länder zustimmen mussten. Die Landesparlamente hätten hier Gestaltungsspielraum gehabt. Man habe sich auf das Wohnungsmodell geeinigt, weil es das beste Modell gewesen sei. Wichtig wäre dabei auch gewesen, dass mit dem neuen Finanzierungssystem genauso viel eingenommen werde wie vorher. Dies hätte überraschend gut funktioniert: Da man nicht mit der großen Anzahl an „Schwarzsehern“ gerechnet habe, sei es zu Mehrerträgen gekommen und damit zu einer Beitragssenkung . 54 Über ein Pro-Kopf-Modell ließe sich diskutieren, da es zunächst einleuchtender erscheine; es wäre jedoch schwerer umsetzbar und weniger gut abschätzbar gewesen und hätte einen größeren Verwaltungsaufwand bedeutet.
[…]


[…]
52 Vgl. Art. 108 Abs. 3 Satz 1 AEUV: „(3) Die Kommission wird von jeder beabsichtigten Einführung oder Umgestaltung von Beihilfen so rechtzeitig unterrichtet, dass sie sich dazu äußern kann. Ist sie der Auffassung, dass ein derartiges Vorhaben nach Artikel 107 mit dem Binnenmarkt unvereinbar ist, so leitet sie unverzüglich das in Absatz 2 vorgesehene Verfahren ein. Der betreffende Mitgliedstaat darf die beabsichtigte Maßnahme nicht durchführen, bevor die Kommission einen abschließenden Beschluss erlassen hat.“ Anmerkung der Protokollführer: Da auch von Seiten der Gesetzgeber darauf beharrt wurde, die Umstellung des Finanzierungsmodells sei keine „Umgestaltung2, wurde die vorgeschriebene Notifizierung schlicht ignoriert. Sie wurden von den Gerichten bestätigt, dass eine Notifizierung nicht notwendnotwendig gewesen sei.
Vgl. BayVerfGH, Entscheidung vom 15.05.2014, Vf. 8-VII-12, Rn. 89, https://www.bayern.verfassungsgerichtshof.de/media/images/bayverfgh/8-vii-12__24-vii-12-entscheidung.pdf oder BVerwG, Urteil vom 18.03.2016, 6 C 7.15, http://www.bverwg.de/180316U6C7.15.0.

53 Anmerkung der Protokollführer: Dass die Gesetzgeber sich gerade nicht mit dieser Frage auseinander gesetz haben, ergibt sich aus den Landtagsprotokollen, bspw. Bay LT, Protokollauszug, 66. Plenum, 2.02.2011, S. 10, Vorgangsmappe, S. 41, https://www1.bayern.landtag.de/webangebot1/dokumente.suche.maske.jsp?DOKUMENT_INTEGER_WAHLPERIODE=16&DOKUMENT_DOKUMENTNR=7001&DOKUMENT_INTEGER_DATE_FLAG=2&DOKUMENT_EINFACHE_SORTIERUNG=1&BUTTONSCHLAGWORT=Suche+starten.
und https://www1.bayern.landtag.de/ElanTextAblage_WP16/Protokolle/16%20Wahlperiode%20Kopie/16%20WP%20Plenum%20Kopie/066%20PL%20020211%20ges%20endg%20Kopie.pdf

54 Anmerkung der Protokollführer: Anderer Ansicht ist das Gutachten von Haucap / Norman / Pagel: Das Rundfunkbeitragsaufkommen nach der Reform des Rundfunkfinanzierungsmodells, 2014, im Auftrag von Sixt und Rossmann, http://www.dice.hhu.de/fileadmin/redaktion/Fakultaeten/Wirtschaftswissenschaftliche_Fakultaet/DICE/Ordnungspolitische_Perspektiven/058_OP_Haucap_Normann_Benndorf_Pagel.pdf.

[…]
https://gez-boykott.de/Forum/index.php/topic,27411.msg175440.html#msg175440
Titel: Re: Deutscher Rundfunkbeitrag vor dem Europäischen Gerichtshof
Beitrag von: drboe am 08. Juli 2018, 10:06
Mir ist schleierhaft, wie man darauf kommt, dass der sogn. Rundfunkbeitrag, der die Wohnung zur Grundlage der Zahlungspflicht macht, an das alte System anknüpft, das eine andere aber wesentliche Voraussetzung beinhaltete, nämlich die reale Nutzungsmöglichkeit von Rundfunksendungen. Zur Finanzierung tragen hier schließlich verschiedene Gruppen bei. Wer so argumentiert, der lässt sich auch klaglos den Blinddarm entfernen, wenn eigentlich ein Bypass gelegt werden soll. Es sind ja beides Operationen.

M. Boettcher
Titel: Re: Deutscher Rundfunkbeitrag vor dem Europäischen Gerichtshof
Beitrag von: cook am 08. Juli 2018, 10:11
Zumal die Operationen am Enddarm (MDR und RBB) überhaupt nie notifiziert wurden  :police:
Titel: Re: Deutscher Rundfunkbeitrag vor dem Europäischen Gerichtshof
Beitrag von: Knax am 08. Juli 2018, 10:24
Mir ist schleierhaft, wie man darauf kommt, dass der sogn. Rundfunkbeitrag, der die Wohnung zur Grundlage der Zahlungspflicht macht, an das alte System anknüpft

Na, das ist doch total klar! ---> Die Abgabenhöhe ist schließlich gleich hoch geblieben und hat damit an das alte System angeknüpft.  :P
Titel: Re: Deutscher Rundfunkbeitrag vor dem Europäischen Gerichtshof
Beitrag von: drboe am 08. Juli 2018, 13:19
@Knax: du hast recht. Dann lass ich mir jetzt den Blinddarm entfernen  8)

M. Boettcher


Edit "Bürger" @alle:
Vorsorgliche Bitte, nach dieser kleinen Erheiterung zwischendurch ;) nun wieder eng zum eigentlichen Kern-Thema dieses Threads, welches da lautet
Deutscher Rundfunkbeitrag vor dem Europäischen Gerichtshof
Danke für das Verständnis und die Berücksichtigung.
Titel: Re: Deutscher Rundfunkbeitrag vor dem Europäischen Gerichtshof
Beitrag von: Bürger am 10. Juli 2018, 02:24
Mir ist schleierhaft, wie man darauf kommt, dass der sogn. Rundfunkbeitrag, der die Wohnung zur Grundlage der Zahlungspflicht macht, an das alte System anknüpft, das eine andere aber wesentliche Voraussetzung beinhaltete, nämlich die reale Nutzungsmöglichkeit von Rundfunksendungen.

Die Antwort liegt in der Rundfunkfreiheit rundfunk- und abgabgenrechtlichen Phantasie von ARD-ZDF-GEZ...

...denn gemäß
Verhandlungen BVerfG 16./17.05.2018 > Berichte/ Protokolle
https://gez-boykott.de/Forum/index.php/topic,27411.msg175438.html#msg175438
A. Einführung und Sachbericht
[...]
III. Stellungnahmen der Gegenseite
[...]
2. Stellungnahme der ARD durch Kube
Er wolle sich auf 5 Punkte der finanzverfassungsrechtlichen Grundlagen konzentrieren.
[...]
4. Mit der Anknüpfung der Beitragspflicht an die Wohnung habe der Gesetzgeber seinen Ermessensspielraum nicht überschritten, weshalb der Rundfunkbeitrag nicht verfassungswidrig sei. Es gäbe genug Datenmaterial zur Möglichkeit, öffentlich-rechtlichen Rundfunk in der Wohnung empfangen zu können. Die Anknüpfung an die Wohnung sei deswegen realitätsgerecht und der Gesetzgeber hätte sich damit kaum von der vorherigen Gesetzeslage entfernt, da regelmäßig Zweitgeräte in einer Wohnung, für die schon gezahlt worden sei, befreit worden wären. Darum habe sich für etwa 90 % der Wohnungsinhaber nichts geändert. [...]

und
Verhandlungen BVerfG 16./17.05.2018 > Berichte/ Protokolle
https://gez-boykott.de/Forum/index.php/topic,27411.msg175440.html#msg175440
II. Anknüpfung an den Inhaber der Wohnung.
[...]
Eicher: Das Problem, das gerade behandelt würde, sei kein Problem des Rundfunkbeitrags, sondern hätte schon bei der Rundfunkgebühr bestanden. Auch dort sei die Wohnung der Anknüpfungspunkt gewesen, weil dort das Zweitgerät befreit gewesen sei. Deswegen hätte von der Änderung des Finanzierungsmodells 90 % der Bevölkerung nichts mitbekommen. Für die meisten hätte sich nichts geändert. [...]

wollten Kube und Eicher in der Verhandlung bzw. in ihren Stellungnahmen nun Glauben machen/ den Anschein erwecken/ die These bemühen, dass sich "im Kern nichts geändert" hätte, weil angeblich - "na huch, das haben wir alle komischerweise erst jetzt bemerkt" - schon das alte Modell der sog. "Rundfunkgebühr" eigentlich nicht nur eher ein "Beitrag" anstelle einer "Gebühr", sondern "eigentlich auch schon eine Wohnungsabgabe war, wegen der Zweitgeräte-Befreiung und so, na Sie wissen schon."

"Der wohnungsbezogene Rundfunkbeitrag existiert also eigentlich schon immer, deswegen gab es auch keine Änderung."

Oder anders ausgedrückt:
"Für 90% hat sich nichts (spürbar) geändert bzw. haben 90% der Leute nichts von einer Änderung mitbekommen (tolle Sache das!), deswegen hat sich am Kern nichts geändert."

Oder in Anlehnung an die Vergleiche der Vorkommentare:
"Der Blinddarm war schon immer ein Mastdarm." ...oder so.


 ::)

Meine These:
Dieses Geschwurbel wird nur und hauptsächlich aufgetischt, um die insbesondere auch am EuGH anhängige europarechtliche Frage der Notifizierungspflicht zu verschleiern.


Rhetorische - und hier bitte nicht zu vertiefende - Frage:
Für wie blöd halten die einen...?
...und wie "glaubwürdig" können Information und Berichterstattung von einem "ö.r. Rundfunk-System" sein, welches sich solcher verqueren Logiken bedient?!?
Titel: Re: Deutscher Rundfunkbeitrag vor dem Europäischen Gerichtshof
Beitrag von: Spark am 10. Juli 2018, 06:57
Zitat
Deswegen hätte von der Änderung des Finanzierungsmodells 90 % der Bevölkerung nichts mitbekommen. Für die meisten hätte sich nichts geändert.
90 % der Bevölkerung hat von der Änderung nichts mitbekommen, weil peinlichst darauf geachtet wurde, dass sich der Betrag in der Höhe nicht ändert.
Und deshalb hat auch so gut wie keiner die wirkliche und gravierendere Änderung mitbekommen.
Vor 2013 erfolgte die Anknüpfung an ein Luxusgut. Seit 2013 erfolgt die Anknüpfung an ein Existenzbedürfnis.

Zitat
Es gäbe genug Datenmaterial zur Möglichkeit, öffentlich-rechtlichen Rundfunk in der Wohnung empfangen zu können.
Man kann Rundfunk zur Not auch in der Kanalisation empfangen. Beides sagt aber noch lange nichts über eine tatsächliche Nutzung aus.

Um kurz auf die rhetorische Frage einzugehen:
Der Slogan: Einfach für alle - ein Beitrag. (oder wie dieser Spruch auch immer geht)
hat diese Frage eigentlich schon beantwortet.
Titel: Re: Deutscher Rundfunkbeitrag vor dem Europäischen Gerichtshof
Beitrag von: drboe am 10. Juli 2018, 12:37
Eicher: Das Problem, das gerade behandelt würde, sei kein Problem des Rundfunkbeitrags, sondern hätte schon bei der Rundfunkgebühr bestanden. Auch dort sei die Wohnung der Anknüpfungspunkt gewesen, weil dort das Zweitgerät befreit gewesen sei. Deswegen hätte von der Änderung des Finanzierungsmodells 90 % der Bevölkerung nichts mitbekommen. Für die meisten hätte sich nichts geändert.

Ein Ansatz, der an der Sache völlig vorbei geht. Eicher sagt es selbst: das Zweitgerät war befreit. Ergo ging es bis Ende 2012 immer und ausschließlich um Geräte, und um nichts anderes. In den Gutachten gegen den Rundfunkbeitrag geht es bei der Finanzierungsfrage auch um den Charakter der alten Rundfunkgebühr, die Abkehr vom Gerätebezug und vor allem dessen Folgen. Es ist kaum vorstellbar, dass sich alle Gegner des Beitrags irren und nur Eicher die lautere Wahrheit verbreitet.

Zitat von: Prof. Koblenzer
Damit wird die Finanzierung des öffentlich-rechtlichen Rundfunks auf eine neue Grundlage gestellt, denn im Unterschied zur vorhergehenden geräteabhängigen Rundfunkgebühr erfolgt beim Rundfunkbeitrag eine völlige Ablösung vom Gerätebezug.

Zitat von: Prof. Koblenzer
Im Grunde ist bereits die alte Rundfunkgebühr nicht als Gebühr, sondern vielmehr als Beitrag zu qualifizieren. Denn Gebühren auslösender Tatbestand war das Bereithalten entsprechender Empfangsgeräte, d.h. das Verfügen über die Möglichkeit Rundfunksendungen zu empfangen. Die Rundfunkgebühr war also nicht an die tatsächliche Inanspruchnahme der Programmangebote, sondern an den Teilnehmerstatus gekoppelt, der durch das Bereithalten eines entsprechenden Empfangsgeräts begründet wurde.

Beides zitiert aus dem Gutachten "Abgabenrechtliche Qualifizierung des neuen Rundfundfunkbeitrags und finanzverfasungsrechtliche Konsequenzen" (Prof. Dr. iur. Thomas Koblenzer, RA/FASt; Carina Günther)

Ähnlich begründen das Exner&Seifarth

Zitat von: Exner, Seifath
Schon die bis zum 31. 12. 2012 erhobene „Rundfunkgebühr“ war nicht frei von begriffslogischen Brüchen als „Gebühr“ im abgabenrechtlichen Sinne zu subsumieren: Während eine „Gebühr“ die Gegenleistung für eine konkret-tatsächliche Nutzung darstellt, liegt ein „Beitrag“ dort vor, wo eine Geldleistung für die Möglichkeit der Inanspruchnahme einer Leistung zu entrichten ist. Da die vormalige „Rundfunkgebühr“ jedoch bereits dann zu entrichten war, wenn mit dem Bereithalten eines Empfangsgerätes die bloße Möglichkeit des Rundfunkempfangs bestand und die konkrete Nutzung dieses Geräts beziehungsweise Inanspruchnahme des angebotenen öffentlich-rechtlichen Rundfunks irrelevant war, stellte die Rundfunkabgabe nach altem Recht begriffslogisch gerade keine „Rundfunkgebühr“ dar, sondern einen „Rundfunkbeitrag“.

Wurde auf diese Weise die Pflicht zur Zahlung der alten Rundfunkabgabe jedenfalls durch das Bereithalten eines Empfangsgerätes begründet, standen seiner Einordnung als Vorzugslast, was den Oberbegriff für Gebühren und Beiträge darstellt, keine durchgreifenden Zweifel entgegen. Für die reformierte Rundfunkfinanzierung gilt dies hingegen nicht. Mit ihr wird für das Entstehen der Abgabenpflicht vom Erfordernis der technischen Möglichkeit zum Empfang öffentlich-rechtlicher Rundfunkleistungen ausdrücklich abgesehen.

Es ging also definitiv um einen Wechsel vom Gerätebezug, einer sachlich gerechtfertigten Korrelation, auch wenn die "Rundfunkgebühr" eigentlich keine Gebühr war, hin zu einem Wohnungsbezug. Der Verzicht auf die Anbindung an ein Empfangsgerät hat aber erheblich Konsequenzen. Die Kopplung an das Gerät "rettete" seinerzeit die angebliche Gebühr davor als Steuer angesehen zu werden. Beim Wohnungsbeitrag ist dieser "Rettungsanker" entfallen. Zudem wird die Allgemeinheit bebeitragt, was selbst dann, wenn 90% den Wechsel gar nicht mitbekommen haben, zu erheblichen Mehreinnahmen führte. Dies auf Grund der geänderten und vergrößerten Zahl der Zahler und entgegen der Behauptung der Sender an der Höhe der Gesamteinnahmen ändere sich nichts. Dazu hätte man nämlich die monatliche Forderung senken müssen, was dann sicher auch die 90% darauf gebracht hätte, dass bei der Rundfunkfinanzierung etwas geändert wurde. Nur das schlechte und einseitige Programm, das bleibt.

M. Boettcher


Edit "Bürger":
Danke für die zutreffenden Erörterungen und Ergänzungen. Dennoch der vorsorgliche Hinweis, hier bitte nicht weiter eigenständige Einzelthemen zu vertiefen, sondern am übergeordneten Kern-Thema bleiben, welches da lautet
Deutscher Rundfunkbeitrag vor dem Europäischen Gerichtshof
und insbesondere den im Einstiegsbeitrag verlinkten Artikel des SWR und dessen Wiedergabe der Verhandlung zum Gegenstand hat.
Sofern dazu nichts mehr zu kommentieren ist, bliebe vorerst abzuwarten, was der EuGH dann tatsächlich daraus macht.
Danke für das Verständnis und die Berücksichtigung.
Titel: Re: Deutscher Rundfunkbeitrag vor dem Europäischen Gerichtshof
Beitrag von: Philosoph am 13. Juli 2018, 11:00
Es geht nicht alleine um die Finanzierung des ÖRR, sondern auch um die ständige Ausbreitung der Finanzierung der Gesellschaftslasten in Form von ständig neuen Abgaben
OT. Da fragt man sich doch, was eigentlich mit den Steuern passiert, die dem grundsätzlichen Erhalt und Ausbau von Bildung, Sozialwesen, Medizin und Infrastrutkur dienen soll. Der Bürger wird finanziell ausgesaugt.


Aber hier geht es um etwas anderes:
- die alte Rundfunkgebühr war eine Altbeihilfe, die quasi geduldet wurde.
- eine Änderung der Altbeihilfe macht daraus eine neue Beihilfe, die von der EU neu überprüft werden muss ob sie zulässig ist. Das hat der ör (absichtlich?) versäumt, damit ist die neue Beihilfe EU-rechtswidrig. Der EuGH kann (muss?) entscheiden, dass seit 2013 alles den Beitragszahlern zurückbezahlt werden muss, inklusive Strafzahlung vom Staat (leider nicht vom ör) an die EU.
Ich will ja den ÖRR nicht in Schutz nehmen, dennoch bin ich der Ansicht, dass nicht der ÖRR, sondern die Gesetzgeber diese Überprüfung hätten beantragen müssen. Das hat nicht der gierige ÖRR absichtlich versaumt, sondern unsere Volksvertreter. Das ist eigentlich Landesverrat, wird aber leider noch immer nicht als solcher geahndet.
Allein schon aufgrund der unterlassenen Notifizierung sollte der EuGH eine Strafe verhängen, die dann aber nicht von den Opfern, also den Bürgern, sondern von den Parlamentariern gezahlt werden muss, die uns diesen Mist eingebrockt haben.


Da behaupten "2 Typen", die Regelungen in den anderen EU-Ländern, die EU-rechtskonform sind (meines Wissens)  8) wären in Deutschland verfassungswidrig.
 :o
Andere Länder, andere Sitten. Was in dem einen Land verboten oder erlaubt ist, muss nicht zwangsläufig auch für ein anderes Land gelten.
Die Behauptung einer verbotenen Steuerfinanzierung leitet das BVerfG aus Art. 5 GG aus, nach dem der Rundfunk staatsfern sein soll. Abgesehen davon, dass dieses Ziel offensichtlich nicht erreicht wird, selbst wenn der Anteil der politisch Aktiven unter 30 Prozent liegen sollte, ist damit gemeint, dass der Staat nicht über die Befugnis der Zusprechung der Finanzmittel Einfluss nimmt. Das Problem liesse sich jedoch problemlos über die KEF umgehen, die eine Vorgabe machen könnte, an die sich die für die Steuerverteilung zuständige Stelle halten müsste, also ähnlich, wie es eigentlich schon gedacht ist.


Das Herumgeeiere von Eicher und Co. wurde jedoch auch vom BVerfG als solches erkannt
Kirchhof:  „Die These hören wir gerne, aber wo ist das Argument?“ [Gelächter im Publikum.]
Quelle:
Verhandlungen BVerfG 16./17.05.2018 > Berichte/ Protokolle
https://gez-boykott.de/Forum/index.php/topic,27411.msg175440.html#msg175440
Titel: Re: Deutscher Rundfunkbeitrag vor dem Europäischen Gerichtshof
Beitrag von: pinguin am 13. Juli 2018, 14:01
Andere Länder, andere Sitten. Was in dem einen Land verboten oder erlaubt ist, muss nicht zwangsläufig auch für ein anderes Land gelten.
EU-Recht gilt in jedem EU-Land gleichermaßen, wenn es nicht auf EU-Ebene Ausnahmen definiert hat.

Den Rahmen für Rundfunk setzt u.a. die Richtlinie 2010/13/EU über audio-visuelle Mediendienste.

Ist doch im Verhältnis von Grundgesetz zu den Länderverfassungen nicht anders; die Landesverfassung gilt nur für das Land, das Grundgesetz parallel dazu für alle.
Titel: Re: Deutscher Rundfunkbeitrag vor dem Europäischen Gerichtshof
Beitrag von: bauerral am 27. Juli 2018, 21:38
Ich zitiere Karat
Zitat
Über sieben Brücken muss Du gehn,
sieben dunkle Jahre über stehn,
sieben Mal wirst Du die Asche sein,
aber einmal auch der hellen Schein
"Über sieben Brücken mußt du gehn" – Wikipedia
https://de.wikipedia.org/wiki/%C3%9Cber_sieben_Br%C3%BCcken_mu%C3%9Ft_du_gehn
https://www.google.de/search?q=Über+sieben+Brücken+muss+Du+gehn (https://www.google.de/search?q=Über+sieben+Brücken+muss+Du+gehn)


...bezogen auf den "Rundfunk":
Noch sind wir in den sieben Jahren aber ich bin mir sicher, wir haben irgend wann den "hellen Schein", das soll heißen, wir werden gewinnen - und dafür kämpfe ich bzw. kämpfen wir.