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"Beitragsservice" (vormals GEZ) => Widerspruchs-/Klagebegründungen => Thema gestartet von: Peli am 14. Dezember 2015, 05:18

Titel: Größte Ungleichheit gut belegbar - 37% Singlehaushalte
Beitrag von: Peli am 14. Dezember 2015, 05:18
Wie bisher bekannt ist den Landesrundfunkanstalten auf Gerichtsebene nur schwer bei-
zukommen (vorsichtig ausgedrückt). Ein vorgeworfener Verstoß gegen den Gleichheits-
grundsatz konnte/kann lt. Rechtsprechung nicht über eine sachgerechte Typsierung/Pau-
schalierung ausgehebelt werden.
 
Es gibt jedoch genau einen gut belegbaren Sachverhalt, bei dem dies nicht greift, da eine sach-
gerecht Typisierung nicht vorliegt. Dieser ist dazu noch die eigentliche Ursache für die Neuregelung
seit 2013. Er betrifft die Singlehaushalte, an welche die Rundfunkastalten vorher nur schlecht bis
gar nicht rangekommen sind, aber es schon immer wollten.

Lt. Statistischem Bundesamt - Pressemitteilung Nr. 185 vom 28.05.2014 - sind mehr als ein Drittel - 37% -
der Haushalte Singlehaushalte.
https://www.destatis.de/DE/PresseService/Presse/Pressemitteilungen/2014/05/PD14_185_122.html
(kann da auch als pdf heruntergeladen werden)
https://www.destatis.de/DE/PresseService/Presse/Pressemitteilungen/2014/05/PD14_185_122pdf.pdf;jsessionid=455A8DC8801246B94428D9933BF628B4.cae2?__blob=publicationFile

Dies bedeutet, dass ein Singlehaushalt gegenüber einem Nichtsinglehausalt, beispielweise mit
zwei Personen, als der maximal kleinsten Form eines Nichtsinglehaushaltes, hinsichtlich des pau-
schaulierten Rundfunkbeitrages eine doppelt so hohe Beitragsbelastung erfährt.
Seit dem 01.01.2013 tragen Singlehaushalte aufgrund das Pauschalbeitrages, basierend auf der Mel-
deadresse, überproportional zum Beitragsaufkommen bei, während Mehrpersonenhaushalte, die vor-
mals für jedes gemeldete Gerät einzeln bezahlen mussten, massiv entlastet werden
(Dies weiss auch der Beitragsservice, dreht hier aber den Spieß um und stellt es u.a. als Vorteil für
Studenten-WG´s dar. Die Mehrbelastung anderer wird natürlich absichtlich verschwiegen.) 

Seit dem 01.01.2013 findet eine massive Umschichtung der Beitragsbelastung zu Ungunsten der Single-
haushalte und zu Gunsten der Mehrpersonenhaushalte statt.
Bei der Typisierung durch den Gesetzgeber müssen die gesetzlichen Verallgemeinerungen  von einer
möglichst breiten, alle betroffenen Gruppen und Regelungsgegenstände einschließenden Beobachtung
ausgehen (vgl. BVerfGE 84, 348 <359>; 87, 234 <255>; 96, 1 <6> ). Insbesondere darf der Gesetzgeber
für eine gesetzliche Typisierung keinen atypischen Fall als Leitbild wählen, sondern muss realitätsge-
recht den typischen Fall als Maßstab zugrunde legen ( BVerfGE 116, 164 <182 f.>; 122, 210 <233>; stRspr).

Realitätsgerecht ist bei 37% der Singlehaushalte in Bezug auf den Rundfunkbeitrag und den Gleichheitsgrund-
satz aus dem Grundgesetz gar nichts. Dies sollte man auch so im Widerspruch und bei der Klage vor Gericht
vortragen. Meines Wissens ist dieser Punkt bisher völlig unter den Tisch gefallen, obwohl er den Kern der Sache
trifft (wenn ich mich hier irren sollte, bitte mir mit Quellen aushelfen bzw. man darf mich dann auch gerne be-
schimpfen und verbal verkloppen :) )   

Liebe Grüße

Peli


Titel: Re: Größte Ungleichheit gut belegbar - 37% Singlehaushalte
Beitrag von: Frei am 14. Dezember 2015, 08:53
Moin.

Angenommen, eine fiktive Person F hätte vor so einen ähnlich formulierten Text in der Klagebegründung zu verwenden (von dem einige Formulierungen aus Wikipedia zum Thema Gleichheitssatz (https://de.wikipedia.org/wiki/Gleichheitssatz) stammen):

Zitat
Verstoß gegen den Gleichheitssatz

in der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte der Vereinten Nationen steht in Art. 1 Satz 1: "Alle Menschen sind frei und gleich an Würde und Rechten geboren."

Als Gleichheitsprinzip bezeichnet man den naturrechtlichen Grundsatz, alle Menschen gleich zu behandeln, wenn eine Ungleichbehandlung sich nicht durch einen sachlichen Grund rechtfertigen lässt. Auf der Ebene der Europäischen Gemeinschaften ist der Gleichheitssatz in den Art. 18 Abs. 1 und Art. 157 des AEU-Vertrags verankert. Zudem enthält Titel III der EU-Grundrechtecharta ("Gleichheit") mehrere Artikel (insbesondere Art. 20) zur Gewährleistung des Gleichheitssatzes.
Es gibt im deutschen Verfassungsrecht einen allgemeinen Gleichheitssatz und verschiedene spezielle Gleichheitssätze. Der allgemeine Gleichheitssatz verpflichtet die öffentliche Gewalt, vergleichbare Fälle gleich zu behandeln. Die speziellen Gleichheitssätze legen fest, in welchen Fällen wesensgemäß Verschiedenes dennoch rechtlich gleich zu behandeln ist, z. B. die Gleichheitssätze in Art. 3 GG.
Gleichheitssätze verbieten nicht die Ungleichbehandlung oder Diskriminierung überhaupt. Sie fordern lediglich, dass eine Ungleichbehandlung durch einen sachlichen Grund gerechtfertigt sein muss.
Der allgemeine Gleichheitssatz (Art. 3 Abs. 1 GG) ist einschlägig in Fällen der Gleich- oder Ungleichbehandlung von Sachverhalten oder von Personen(gruppen). Sie liegt vor, wenn die öffentliche Gewalt miteinander vergleichbare Fälle nach unterschiedlichen Grundsätzen behandelt.

Das Bundesverfassungsgericht arbeitete in einem Urteil vom 17. November 1992, Az. 1 BvL 8/87, BVerfGE 87, 234 (255), heraus: "Der Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG verbietet es, dass eine Gruppe von Normadressaten im Vergleich zu anderen Normadressaten anders behandelt wird, obwohl zwischen beiden Gruppen keine Unterschiede von solcher Art und solchem Gewicht bestehen, dass sie die ungleiche Behandlung rechtfertigen könnten. Die rechtliche Unterscheidung muss also in sachlichen Unterschieden eine ausreichende Stütze finden." (http://www.servat.unibe.ch/dfr/bv087234.html#255)

Typisierende und pauschalierende Regelungen sind solche Normen, die eine Differenzierung zwischen Normadressaten nur auf ein Merkmal stützen, beispielsweise die Besteuerung nach einem bestimmten, pauschalen Steuersatz. Solche Regelungen sind grundsätzlich zulässig. Härten im Einzelfall sind dabei grundsätzlich auch hinzunehmen. Die Grenze sieht das Bundes-verfassungsgericht aber erreicht, wenn Härten nicht nur in vereinzelten, sondern typischerweise in bestimmten Fällen eintreten und wenn sie nicht nur von unerheblichem Umfang sind.

Bei der Ungleichbehandlung von Personengruppen wendet das Bundesverfassungsgericht seit der Entscheidung zur Präklusion im Zivilprozess die sogenannte "Neue Formel" an (nach dem Berichterstatter in dem Verfahren auch "Katzenstein-Formel" genannt). Danach muss für die Ungleichbehandlung ein "Grund von solcher Art und von solchem Gewicht" vorhanden sein, "dass er die Ungleichbehandlung rechtfertigen kann".
(siehe BVerfG, Beschluss vom 7. Oktober 1980, Az. 1 BvL 50, 89/79, 1 BvR 240/79, BVerfGE 55, 72, http://www.servat.unibe.ch/dfr/bv055072.html#)

Eine sachgerechte Typisierung der angeblich Rundfunkbeitrags-Zahlungspflichtigen seit der Neuregelung der Finanzierung des öffentlich-rechtlichen Rundfunks seit 2013 im Rundfunkbeitragsstaatsvertrag liegt nicht vor. Es betrifft die Singlehaushalte.

Lt. Statistischem Bundesamt (Pressemitteilung Nr. 185 vom 28.05.2014) - sind mehr als ein Drittel, und zwar 37% der Haushalte Singlehaushalte. Lt. dieser Pressemitteilung leben 17 % der Bevölkerung allein.
(https://www.destatis.de/DE/PresseService/Presse/Pressemitteilungen/2014/05/PD14_185_122.html)

Dies bedeutet, dass mindestens 17 % der Bevölkerung hinsichtlich des pauschalierten wohnungsabhängigen Rundfunkbeitrages eine doppelt so hohe Beitragsbelastung erfährt. Seit dem 01.01.2013 tragen Menschen in Singlehaushalten aufgrund das Pauschalbeitrages, basierend auf der Meldeadresse, überproportional zum Beitragsaufkommen bei, während Menschen in Mehrpersonenhaushalten, die vormals für jedes gemeldete Gerät einzeln bezahlen mussten, massiv entlastet werden.

Seit dem 01.01.2013 findet eine massive Umschichtung der Beitragsbelastung zu Ungunsten der Singlehaushalte und zu Gunsten der Mehrpersonenhaushalte statt. Bei der Typisierung durch den Gesetzgeber müssen die gesetzlichen Verallgemeinerungen von einer möglichst breiten, alle betroffenen Gruppen und Regelungsgegenstände einschließenden Beobachtung ausgehen (vgl. BVerfGE 84, 348 <359>; 87, 234 <255>; 96, 1 <6>). Insbesondere darf der Gesetzgeber für eine gesetzliche Typisierung keinen atypischen Fall als Leitbild wählen, sondern muss realitätsgerecht den typischen Fall als Maßstab zugrunde legen (vgl. BVerfGE 116, 164 <182 f.>; 122, 210 <233>; stRspr).

Gibt es Links zu Textstellen der folgenden 2 Verweise:
BVerfGE 84, 348 <359>; 87, 234 <255>; 96, 1 <6>
BVerfGE 116, 164 <182 f.>; 122, 210 <233>; stRspr

Und, könnte eine fiktive Person F in einer fiktiven Klagebegründung so einen Text verwenden? Was ist eure Meinung dazu?

Frei 8)
Titel: Re: Größte Ungleichheit gut belegbar - 37% Singlehaushalte
Beitrag von: Peli am 14. Dezember 2015, 12:29
Hallo Frei, mach Dir doch nicht die eigene Argumentation klein. Das Missverhältnis von 37,2 % Singlehaushalten zu 62,8% Nicht-Singlehaushalten ist
ganz sicher nicht geeignet für eine sachgerechte Pauschalierung/Typisierung. Und es sind die Haushalte, die über den Meldedatenabgleich als Grund-
lage für den Beitrag herangezogen werden. Sobald Du 17% in´s Spiel bringst, die in Deiner Argumentation meiner Ansicht nach auch falsch sind, sieht
es bei einem Richter nicht mehr so gut aus, insbesondere wenn er sich nur auf die reine Zahl und nicht den Kontext konzentriert. Ganz Allgemein gilt,
es muss eine wesentliche Ungleichheit vorliegen. Eine etwas größere Ungleichheit allein reicht nicht. Entscheidend zur Thematik und Gewichtung des
Beitrags im Ganzen ist der Anteil der Singlehaushalte - "eine Wohnung, ein Beitrag - im Verhältnis zu den Nichtsingle, also den Mehrpersonenhaushalten.

Was man noch anführen könnnte ist, dass ein Zweipersonenhaushalt nur die kleinste Form der Ungleichbehandlung darstellt. Es gibt aber auch Drei-, Vier- oder
Fünf-Personenhaushalte. Beispielsweise die klassische Familie im freistehenden Einfamlienhaus mit Fernseher, Radio, mehreren internetfähigen Computern
und einem bis zwei Autoradios. Hier ist das Missverhältniss und die Ungleichbehandlung besonders grass ausgeprägt. Insbesondere auch, weil bei der Familie alle tat-
sächlich für sich und gleichzeitig den Rundfunk auf verschiedenen Geräten real konsumieren können, während dies für den Singlehaushalt praktisch ganz un-
möglich ist.
Lt. meinem Link zum Statistischen Bundesamt sieht es bei den Privathaushalten so aus: Zweipersonenhaushalte (33,2 %), Dreipersonenhaushalte (14,5 %),
Haushalte mit 5 und mehr Personen (4,8 %) in Deutschland. Diese umfassen 9,7 Millionen Personen. Zählt man hier die Zwei-, Drei- und die Haushalte mit mehr als fünf
Personen zusammen, kommt eine Summe von 52,5 % heraus. Dies sind über 50% der Haushalte, bei denen gegenüber einem
Singlehaushalt sich die Beitragsbelastung mindestens halbiert, drittelt oder sogar viertel- oder fünftelt. (52,5 % sehen doch schon viel besser aus, als Deine 17% oder?)

Während bei einem Singlehaushalt gegenüber einem Nichtsinglehaushalt mit zwei gemeldeten Personen pro Kopf eine doppelt so hohe Beitragsbelastung
anfällt, liegt diese gegenüber einen Nichtsinglehaushalt mit vier oder fünf gemeldeten Personen - die klassische Familie im Haus - vier bzw. fünfmal so hoch.

LG Peli

 
Titel: Re: Größte Ungleichheit gut belegbar - 37% Singlehaushalte
Beitrag von: volkuhl am 14. Dezember 2015, 12:54
irgendwie bekomme ich leicht andere Zahlen, wenn ich mit der veröffentlichten Tabelle unter https://www.destatis.de/DE/ZahlenFakten/GesellschaftStaat/Bevoelkerung/HaushalteFamilien/Tabellen/Haushaltsgroesse.html "herumspiele".

16412 Einpersonenhaushalte == 40,8% der Haushalte == 20,43% der Bevölkerung -> 17,50 € p.P.
13837 2-Personenhaushalte == 34,4% der Haushalte == 34,44% der Bevölkerung -> 8,75 € p.P.
04968 3-Personenhaushalte == 12,35% der Haushalte == 18,55% der Bevölkerung -> 5,83 € p.P.
03672 4-Personenhaushalte == 9,13% der Haushalte == 18.28% der Bevölkerung -> 4,38 € p.P.
01333 Haushalte mit 5 und mehr Personen == 3,31% der Haushalte == ca.8,3% der Bevölkerung 3,50 € p.P.

Rechnung: Anzahl der Haushalte * Anzahl Personen pro Haushalt (5 und mehr Personen nur mit 5 multipliziert)
Obdachlose nicht berücksichtigt.

Wer oder was ist noch gleich vor dem Gesetz? Menschen oder Wohnungen?
Titel: Re: Größte Ungleichheit gut belegbar - 37% Singlehaushalte
Beitrag von: 907 am 14. Dezember 2015, 12:56
Es kommt noch "Weitere Bevorteilung von zusammenveranlagten Ehegatten(Einkommensteuerpflicht)" dazu
Zusammen veranlagte Steuerpflichtige werden als ein Steuerpflichtiger gezählt.

Wer ist überhaupt steuerpflichtig?

Zur Wahrung der Geltungskraft der Finanzverfassung bedürfen nichtsteuerliche Abgaben - über die Einnahmenerzielung hinaus oder an deren Stelle - einer besonderen sachlichen Rechtfertigung. Sie müssen sich zudem ihrer Art nach von der Steuer, die voraussetzungslos auferlegt und geschuldet wird, deutlich unterscheiden.

Es sind jedoch nicht beliebig viele Anknüpfungspunkte denkbar. Deren Anzahl ist vielmehr bei Beachtung des Grundsatzes der Belastungsgleichheit begrenzt. An denselben Anknüpfungspunkt kann aber nicht mehrmals mit verschiedenen Abgaben, die sich nur in der Bestimmung über die Mittelverwendung unterscheiden, angeknüpft werden. Materiell wäre dies als eine Erhöhung der entsprechenden schon bestehenden Steuer anzusehen.
Der Spielraum wird auch durch die Annahme eines "Steuererfindungsrechts" des Bundes oder der Länder nicht größer, da auch eine "neu erfundene" Steuer einen bisher nicht verwendeten Anknüpfungspunkt benötigt.

Quelle: Transfergerechtigkeit und Verfassung: Die Finanzierung der Rentenversicherung im Steuer- und Abgabensystem und im Gefüge der staatlichen Leistungen (Jus Publicum)

ps: man sollte nicht mit "Anzahl Personen pro Haushalt", sondern mit "Einkommensteuerpflichtigen pro Haushalt" rechnen
Titel: Re: Größte Ungleichheit gut belegbar - 37% Singlehaushalte
Beitrag von: Frei am 14. Dezember 2015, 13:31
ps: man sollte nicht mit "Anzahl Personen pro Haushalt", sondern mit "Einkommensteuerpflichtigen pro Haushalt" rechnen

Gibt's da Zahlen mit Quellenangabe? Die finde ich nicht, würden mich aber sehr interessieren. Oder kann man sich das evtl. aus verschiedenen Quellen "zusammenbasteln"?

Sonst könnte man so argumentieren, dass in Singlehaushalten wahrscheinlich nur Einkommenssteuerpflichtige wohnen, und in den Mehrpersonenhaushalten (außer bei Alleinerziehenden) meistens wenigstens zwei Einkommenssteuerpflichtige.

Das auszurechnen, welcher Anteil der Einkommenssteuerpflichtigen dann doppelt soviel zahlt wie der übrig bleibende Anteil, ist mir gerade aber zu kompliziert...

Frei 8)
Titel: Re: Größte Ungleichheit gut belegbar - 37% Singlehaushalte
Beitrag von: Peli am 14. Dezember 2015, 14:08
Der wesentliche Punkt auf den man sich konzentrieren sollte ist: "Ein Haushalt, ein Betrag" führt zu einer massiven Ungleichbehandlung, da es Ein-, Zwei-, Drei-, Vier- und Mehr-als-Fünf-Personenhaushalte gibt. Dann führt man unter der Quellenangabe aus, dass es 37,2 % Singlehaushalte sind und dass die Summe aus Zwei-, Drei- und die Haushalte mit mehr als fünf Personen zusammen 52,5 % ergeben.

Die ganze Argumentation, wer da wie steuerpflichtig ist, was und wieviel verdient etc. ist völlig irrelevant. Es kann auch jemand ohne festes Einkommen, und damit ohne Steuern zahlen zu müssen, in einem Zweipersonenhaushalt mit Erspartem dazu beitragen, dass sich die Beitragsbelastung halbiert.

Das Wesentliche ist die pauschale, nicht realitätsgerechte Ungleichbehandlung zwischen Ein- und Mehrpersonenhaushalten. Und die ist deutlich belegbar. Das sollte man nicht durch Ausschmücken verwässern. Vor Gericht kann man dann auf Nachfrage des Richters oder Einwänden der Gegenseite immer noch argumentieren.

LG Peli
Titel: Re: Größte Ungleichheit gut belegbar - 37% Singlehaushalte
Beitrag von: 907 am 14. Dezember 2015, 14:13
Es gibt ca. 38 706 068 Millionen(2010) Einkommensteuerpflichtige und 40 223 000 Millionen(2014) Haushalte
Zusammen veranlagte Steuerpflichtige werden als ein Steuerpflichtiger gezählt.

9,7 Millionen Ehepaare ohne Kind und 7,8 Millionen mit Kind
http://de.statista.com/statistik/daten/studie/2153/umfrage/anzahl-der-ehepaare-mit-und-ohne-kinder-in-deutschland-seit-1996/ (http://de.statista.com/statistik/daten/studie/2153/umfrage/anzahl-der-ehepaare-mit-und-ohne-kinder-in-deutschland-seit-1996/)

Mehr weiß ich nicht. Ist auch denke ich egal.

Kann man vielleicht nur eine grobe Schätzung dazu vorlegen
Titel: Re: Größte Ungleichheit gut belegbar - 37% Singlehaushalte
Beitrag von: volkuhl am 14. Dezember 2015, 15:36
Der wesentliche Punkt auf den man sich konzentrieren sollte ist: "Ein Haushalt, ein Betrag" führt zu einer massiven Ungleichbehandlung, da es Ein-, Zwei-, Drei-, Vier- und Mehr-als-Fünf-
personenhaushalte gibt.
...
Das Wesentliche ist die pauschale, nicht realitätsgerechte Ungleichbehandlung zwischen Ein- und Mehrpersonenhaushalten. Und die ist deutlich belegbar. Das sollte man nicht durch Ausschmücken verwässern.
...

100% Zustimmung!

Was diese Ungleichbehandlung mit der Einkommensteuer zu tun haben soll, erschließt sich mir nicht. Oder ist jeder nicht-Einkommensteuer-Pflichtige automatisch vom Zwangsbeitrag befreit?
Titel: Re: Größte Ungleichheit gut belegbar - 37% Singlehaushalte
Beitrag von: pinguin am 14. Dezember 2015, 17:30
"Ein Haushalt, ein Betrag" führt zu einer massiven Ungleichbehandlung, da es Ein-, Zwei-, Drei-, Vier- und Mehr-als-Fünf-
personenhaushalte gibt.
Ich gebe hier zu bedenken, daß das aber durchaus ok ist, wenn man berücksichtigt, daß Mehrpersonenhaushalte, also echte Familien mit Kindern, Kosten zu stemmen haben, von denen ein Single verschont bleibt.

Es kann daher bei der Rundfunkbeitragsgegnerschaft nur darum gehen, jene Bürger allgemein von der Rundfunkbeitragsabgabe zu befreien, nachhaltig übrigens, egal, ob Ein- oder Mehrpersonenhaushalt, die mit Rundfunk und Co. nichts am Hut haben.

Es kann im Wettbewerbsrecht niemals die Pflicht für Nichtrundfunkkonsumenten geben, Rundfunk bezahlen zu müssen. Punkt.
Titel: Re: Größte Ungleichheit gut belegbar - 37% Singlehaushalte
Beitrag von: 907 am 14. Dezember 2015, 18:11
Es ist alles miteinander verzahnt. Man sollte nicht nur die Ungleichbehandlung bei der Heranziehung zur Finanzierung des öffentlich rechtlichen Rundfunks durch die Regelungen des 15. Rundfunkstaatsvertrages (Art.3 GG) sehen, sondern als ganze.

Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (vgl. etwa Beschluss vom 20. August 1997 - BVerwG 8 B 170.97 - BVerwGE 105, 144 <150> = Buchholz 401.64 § 4 AbwAG Nr. 5 S. 18; Urteil vom 17. Mai 2006 - BVerwG 6 C 22.04 - BVerwGE 126, 60 Rn. 50 = Buchholz 402.41 Allgemeines Polizeirecht Nr. 81; Beschluss vom 15. April 2008 - BVerwG 9 B 66.07 - Buchholz 401.63 Kur- und Fremdenverkehrsabgabe Nr. 9 Rn. 9)wird das Recht der Abgaben durch den aus Art. 3 Abs. 1 GG folgenden Grundsatz der Abgabengleichheit oder Abgabengerechtigkeit beherrscht. Ebenso spricht das Bundesverfassungsgericht unter Bezugnahme auf Art. 3 Abs. 1 GG nicht nur von dem Gebot der Steuergerechtigkeit, sondern auch - über das Steuerrecht hinausgehend - von dem Gebot der Abgabengerechtigkeit (vgl. BVerfG, Beschluss vom 10. März 1998 - 1 BvR 178/97 - BVerfGE 97, 332 <346>). Dabei bedeutet Abgabengerechtigkeit insbesondere Belastungsgleichheit (vgl. Urteile vom 20. Dezember 2000 - BVerwG 11 C 7.00 - BVerwGE 112, 297 <302> = Buchholz 401.84 Benutzungsgebühren Nr. 94 S. 9 und vom 25. Juli 2001 - BVerwG 6 C 8.00 - BVerwGE 115, 32 <44> = Buchholz 421.2 Hochschulrecht Nr. 158 S. 29 f.; Beschluss vom 22. März 2007 - BVerwG 10 BN 5.06 - Buchholz 401.9 Beiträge Nr. 49 Rn. 9). Diese wird in erster Linie dadurch gewährleistet, dass nach Art. 3 Abs. 1 GG grundsätzlich jeder, der den Abgabentatbestand erfüllt, zur Zahlung der Abgabe verpflichtet ist (vgl. Urteil vom 23. Mai 1973 - BVerwG 4 C 33.70 - BVerwGE 42, 222 <227 f.> = Buchholz 445.2 § 81 WVVO Nr. 3 S. 5 f.).

Es wird jeder, auch wenn derjenige keinen Abgabentatbestand erfüllt, zur Zahlung der Rundfunkabgabe verpflichtet. Es werden alle in einen Topf geworfen.
Denn unter dem Gesichtspunkt der Belastungsgleichheit kommt die Rundfunkabgabe vor allem der Steuer nahe, weil sie - insofern nicht anders als die Steuer - „voraussetzungslos“, d.h. ohne individuelle Gegenleistung erhoben wird. Der Abgabentatbestand ist gerade dann, und nur dann, erfüllt, wenn ein Wohnungsinhaber die öffentlich-rechtliche Rundfunkdarbietungen konsumiert.
Materiell wäre der Rundfunkbeitrag als eine Erhöhung der entsprechenden schon bestehenden Einkommensteuer(Anknüpfungspunkt:Wohnung) anzusehen. Der Spielraum wird auch durch die Annahme eines "Steuererfindungsrechts" des Bundes oder der Länder nicht größer, da auch eine "neu erfundene" Steuer einen bisher nicht verwendeten Anknüpfungspunkt benötigt. Der Rundfunkbeitrag ist laut VG keine Steuer, hat aber Merkmale von Steuern.
EuGH C-337/06:
„Die diesen Anstalten so zur Verfügung gestellten Mittel werden ohne spezifische Gegenleistung im Sinne der Rechtsprechung des Gerichtshofs ausgezahlt (vgl. in diesem Sinne Urteil University of Cambridge, Randnrn. 23 bis 25). Diese Zahlungen hängen nämlich nicht von einer vertraglichen Gegenleistung ab, da weder die Gebührenpflicht noch die Gebührenhöhe das Ergebnis einer Vereinbarung zwischen den öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten und den Verbrauchern sind.“

Drei grundlegende Prinzipien der Finanzverfassung begrenzen die Auferlegung nichtsteuerlicher Abgaben (vgl. BVerfGE 93, 319 <342 f.>; 108, 1 <16 f.>; 108, 186 <215 f.>; 110, 370 <387 f.>):
Zur Wahrung der Geltungskraft der Finanzverfassung bedürfen nichtsteuerliche Abgaben - über die Einnahmenerzielung hinaus oder an deren Stelle - einer besonderen sachlichen Rechtfertigung. Sie müssen sich zudem ihrer Art nach von der Steuer, die voraussetzungslos auferlegt und geschuldet wird, deutlich unterscheiden.

Das ganze kann nur durch 1) Ausschließbarkeit vom Konsum oder 2)Die Finanzierung über einkommensabhängige Beiträge (quasi Steuer) "geheilt" werden.

Obwohl halte ich die Ausschließbarkeit vom Konsum(Verschlüsselung) eher als ein unwahrscheinliches Szenario.(Siehe Finnland,Niederlande usw.)
Die grundrechtliche Ausprägung des Art. 5 I 2 GG als "dienende Freiheit" lässt sich insgesamt als Schnittstelle zwischen der Rundfunkfreiheit als Freiheitsrecht der Rundfunkveranstalter einerseits und der Informationsfreiheit der Rundfunkempfänger anderseits verstehen. (BVerfG Urteil aus dem Jahr 1981 --> "dienende Freiheit")

Man beweist die größte Ungleichheit - 37% Singlehaushalte stärker belastet als andere Haushalte und was dann?

Titel: Re: Größte Ungleichheit gut belegbar - 37% Singlehaushalte
Beitrag von: Peli am 14. Dezember 2015, 19:10
@ 907  könnte bei Dir vielleicht die Metapher "man sieht den Wald vor lauter Bäumen nicht" zutreffen?
    Im ersten Post ist doch schon alles gesagt und genau erklärt. Außerdem wirfst Du viele Dinge (Finanzen, Konsum etc.)
    durcheinander, statt sich auf das Wesentliche zu konzentrieren und dies herauszuarbeiten.

Es liegt ein wesentlicher Verstoß gegen den Gleichheitsgrundsatz aus Art. 3 GG vor.
Der Gesetzgeber darf pauschalieren - kommt in Praxis auch gar nicht darum rum -, aber hier gibt
es eben auch Grenzen. Und bei 37,2 % Singlehaushalten sind die Grenzen einer realitätsgerechten
Typisierung, wenn man die Meldeadresse - ein Beitrag pro Haushalt - als Maßstab heranzieht,  eben
mehr als deutlich überschritten.

Lieben Gruß Peli
Titel: Re: Größte Ungleichheit gut belegbar - 37% Singlehaushalte
Beitrag von: pinguin am 14. Dezember 2015, 21:10
@ 907  könnte bei Dir vielleicht die Metapher "man sieht den Wald vor lauter Bäumen nicht" zutreffen?
Nö; was 907 vorbringt, hat alles seine Berechtigung.

@907
Letztlich bleibt dann nur die echte Steuer übrig? Aber; zweckgebundene Steuern darf es gemäß Abgabenordnung nicht geben. Ergo darf, wenn Steuer, nur auf bereits bestehende allgemeine Steuern zurückgegriffen werden. Hier empfiehlt sich dann, es sei wiederholt, ein Bundesgesetz, weil Steuerrecht halt nun einmal Bundesrecht ist, das den Ländern gestattet, einen Betrag X aus den den Ländern zustehenden Steuermitteln für ihren(!) ÖRR als ergänzende Unterstützung aufzuwenden.
Titel: Re: Größte Ungleichheit gut belegbar - 37% Singlehaushalte
Beitrag von: Peli am 14. Dezember 2015, 23:15
@ pinguin

A. Thema hier im Thread: guter Beleg der wesentlichen Ungleichbehandlung durch eine staatliche Stelle - Statistisches Bundesamt -
     welches die Argumentation der Rundfunkanstalten widerlegt. Und sonst nix anderes

B. Thema von 907: Näher der Beiträge zur Steuer. Ist für die Landesrundfunkanstalten noch nicht ausgestanden. Die Position wackelt
                              noch, trotz erster Ablehnung in Bayern (Sixt-Ermano Greuer-Klage). Hier gibt es gar keine staatliche Stelle, welche
                              die Position der Rundfunkbeitragsgegner unterstützt.       


Um Erfolg zu haben, insbesondere beim Richter und für spätere Instanzen, ist es - erst recht aus Eigeninteresse - auch wichtig, die Dinge
sauber zu trennen. Der Richter muss sich seinen Kopf machen und entscheiden. Da helfen amtliche Zahlen und eine klare Aussage.

Die Verzahnung - Synthese - ist sicher da, kommt aber erst zum Schluss, wenn die Einzelpunkte analysiert und auf Widersprüche oder
Fehler erfolgreich abgeklopft wurden.

Lieben Gruß

Peli






 

   
Titel: Re: Größte Ungleichheit gut belegbar - 37% Singlehaushalte
Beitrag von: pinguin am 15. Dezember 2015, 00:41
@ pinguin

A. Thema hier im Thread: guter Beleg der wesentlichen Ungleichbehandlung durch eine staatliche Stelle - Statistisches Bundesamt -
     welches die Argumentation der Rundfunkanstalten widerlegt. Und sonst nix anderes
Was bitte hat denn nicht damit zu tun? Das von 907 gehört jedenfalls dazu, und damit auch jede Antwort darauf.
Titel: Re: Größte Ungleichheit gut belegbar - 37% Singlehaushalte
Beitrag von: Peli am 20. Dezember 2015, 23:07
Nochmal komplett und (fast) druckreif zusammengefasst:
 
Folgende Thematik der Ungleichbehandlung fiel bisher unter den Tisch, obwohl sie den Kern der neuen Rundfunkbeiträge bildet. Er betrifft die Singlehaushalte, an welche die Rundfunkastalten vorher nur schlecht bis gar nicht rangekommen sind, aber es schon immer wollten.

Lt. Statistischem Bundesamt - Pressemitteilung Nr. 185 vom 28.05.2014 - sind mehr als ein Drittel - 37% - der Haushalte Singlehaushalte.
https://www.destatis.de/DE/PresseService/Presse/Pressemitteilungen/2014/05/PD14_185_122.html
(kann da auch als pdf heruntergeladen werden)
https://www.destatis.de/DE/PresseService/Presse/Pressemitteilungen/2014/05/PD14_185_122pdf.pdf;jsessionid=455A8DC8801246B94428D9933BF628B4.cae2?__blob=publicationFile

Dies bedeutet, dass ein Singlehaushalt gegenüber einem Nichtsinglehausalt, beispielweise mit zwei Personen, als der maximal kleinsten Form eines Nichtsinglehaushaltes, hinsichtlich des pauschaulierten Rundfunkbeitrages eine doppelt so hohe Beitragsbelastung erfährt.
Seit dem 01.01.2013 tragen Singlehaushalte aufgrund das Pauschalbeitrages, basierend auf der Meldeadresse, überproportional zum Beitragsaufkommen bei, während Mehrpersonenhaushalte, die vormals für jedes gemeldete Gerät einzeln bezahlen mussten, massiv entlastet werden. Dies wissen auch die Rundfunkanstalten und der Beitragsservice, drehen hier aber den Spieß um und stellen es u.a. als Vorteil für Studenten-WG´s dar. Die Mehrbelastung anderer wird natürlich absichtlich verschwiegen.

Seit dem 01.01.2013 findet eine massive Umschichtung der Beitragsbelastung zu Ungunsten der Singlehaushalte und zu Gunsten der Mehrpersonenhaushalte statt. Irgend jemand muss die Zeche schließlich zahlen, wenn Mehrpersonenhaushalte deutlich entlastet werden. Bei Beitragsstabilität bzw. den tatsächlichen erzielten Mehreinnahmen wird zwangsläufig jemand über die Maßen belastet, denn sonst geht die ganze Rechnung nicht mehr auf.

Bei der Typisierung durch den Gesetzgeber müssen aber die gesetzlichen Verallgemeinerungen von einer möglichst breiten, alle betroffenen Gruppen und Regelungsgegenstände einschließenden Beobachtung ausgehen (vgl. BVerfGE 84, 348 <359>; 87, 234 <255>; 96, 1 <6> ).
Insbesondere darf der Gesetzgeber für eine gesetzliche Typisierung keinen atypischen Fall als Leitbild wählen, sondern muss realitätsgerecht den typischen Fall als Maßstab zugrunde legen ( BVerfGE 116, 164 <182 f.>; 122, 210 <233>; stRspr).

Realitätsgerecht ist bei 37% der Singlehaushalte in Bezug auf den Rundfunkbeitrag und den Gleichheitsgrundsatz aus dem Grundgesetz gar nichts.

Und ein Zweipersonenhaushalt stellt dabei nur die kleinste Form der Ungleichbehandlung darstellt. Es gibt auch Drei-, Vier- oder Fünf-Personenhaushalte. Beispielsweise die klassische Familie im freistehenden Einfamlienhaus mit Fernseher, Radio, mehreren internetfähigen Computern und einem bis zwei Autoradios. Hier ist das Missverhältniss und die Ungleichbehandlung besonders grass ausgeprägt. Insbesondere auch, weil bei der Familie alle tatsächlich für sich und gleichzeitig den Rundfunk auf verschiedenen Geräten real konsumieren/"nutzen" können, während dies für den Singlehaushalt physikalisch ganz unmöglich ist.
Lt. Statistischen Bundesamt sieht es bei den Privathaushalten so aus: Zweipersonenhaushalte (33,2 %), Dreipersonenhaushalte (14,5 %), Haushalte mit 5 und mehr Personen (4,8 %) in Deutschland. Diese umfassen 9,7 Millionen Personen. Zählt man hier die Zwei-, Drei- und die Haushalte mit mehr als fünf  Personen zusammen, kommt eine Summe von 52,5 % heraus.
Dies sind über 50% der Haushalte, bei denen gegenüber einem Singlehaushalt sich die Beitragsbelastung mindestens halbiert, drittelt oder sogar viertel- oder fünftelt.

Während bei einem Singlehaushalt gegenüber einem Nichtsinglehaushalt mit zwei gemeldeten Personen pro Kopf eine doppelt so hohe Beitragsbelastung anfällt, liegt diese gegenüber einen Nichtsinglehaushalt mit vier oder fünf gemeldeten Personen - die klassische Familie im Haus - vier bzw. fünfmal so hoch.

LG Peli
Titel: Re: Größte Ungleichheit gut belegbar - 37% Singlehaushalte
Beitrag von: 907 am 30. Dezember 2015, 12:17
@ Peli

hast du schon Urteile im Zusammenhang mit diesem Argument ausgewertet? Könnte hilfreich sein.
Gut vorbereitet ist halb gewonnen.

hier ein Beispiel:

"Der Grundsatz der Gleichbehandlung ist auch nicht dadurch verletzt, dass die Regelung in § 2 Abs. 1 i. V. m. § 3 RBStV zum einen nicht zwischen Haupt- und Zweitwohnungen und zum anderen nicht zwischen Ein- und Mehrpersonenhaushalten unterscheidet, sondern für jede Wohnung ein einheitlicher Rundfunkbeitrag anfällt. Die Wohnung ist als Nutzungseinheit einer oder mehrerer Personen ein realitätsgerechter Anknüpfungspunkt für die Beitragspflicht. Art. 3 Abs. 1 GG gebietet nicht, den Rundfunkbeitrag nach der Zahl der Personen in der Wohnung (Ein- und Mehrpersonenhaushalte) oder der Zahl der Wohnungen (Erst- und Zweitwohnungen) weiter abzustufen oder Ausnahmen vorzusehen."
Titel: Re: Größte Ungleichheit gut belegbar - 37% Singlehaushalte
Beitrag von: Spark am 30. Dezember 2015, 14:13
Zitat
Art. 3 Abs. 1 GG gebietet nicht, den Rundfunkbeitrag nach der Zahl der Personen in der Wohnung (Ein- und Mehrpersonenhaushalte) oder der Zahl der Wohnungen (Erst- und Zweitwohnungen) weiter abzustufen oder Ausnahmen vorzusehen.

Zitat
Artikel 3 GG

(1) Alle Menschen sind vor dem Gesetz gleich.

Artikel 3 Absatz 1 des Grundgesetzes bezieht sich auf Menschen. Dieses absurde Beitragssystem wendet den Artikel 3 Abs. 1 GG aber auf Wohnungen und Betriebsstätten an.
Hieß es nicht in einem Urteil oder auch in diversen Schreiben der Rundfunkanstalten: "...soll jedermann gleichermaßen hinzugezogen werden." ?
Außerdem bieten Wohnungen und Betriebsstätten für sich alleine gesehen noch keine Möglichkeit von Rundfunkempfang. Und darum geht es doch schließlich, um die Möglichkeit Rundfunk empfangen zu können. Dazu bedarf es aber immer noch zusätzlicher technischer Geräte und Anlagen (Antennen, Kabelanschluß), welche die Eigenschaft besitzen Rundfunk zu empfangen und für einen möglichen Nutzer (Rundfunkkonsument) zugänglich zu machen.
Titel: Re: Größte Ungleichheit gut belegbar - 37% Singlehaushalte
Beitrag von: PersonX am 30. Dezember 2015, 14:41
Diesen Satz mit jedermann findet sich zum Beispiel im Widerspruchsbescheid von einem NDR an einen Kämpfer, dieser publiziert dieses auch öffentlich auf seiner Webseite ( gez-abschaffen.de - oder ähnlich).
Titel: Re: Größte Ungleichheit gut belegbar - 37% Singlehaushalte
Beitrag von: mickschecker am 30. Dezember 2015, 15:23
"...soll jedermann gleichermaßen hinzugezogen werden." ?
Na immerhin scheint da schon mal ein jemand auf der richtigen Spur gewesen zu sein.
Fragt sich nur, was dieser unter "gleichermaßen hinzugezogen" verstanden haben will.
Für Otto Normalo bedeutet dies zumindest, dass JEDER seinen finanziellen Möglichkeiten entsprechend in einem gesunden, vertretbarem Maß an der Finanzierung z.Bsp. des ÖRR beteiligt wird. Also analog der Finanzierung zahlreicher anderer allgemein gesellschaftlicher Belange. siehe eines jeden Lohn/Gehaltsabrechnung...
Gleichermaßen kann doch niemals nach gesundem Menschenverstand auf Wohnung bezogen sein.
Dieser Wohnungsklamauk bezweckt doch nur die scheinheilige Legalisierung dieses verkorksten Beitragsmodells.
Da die nicht mögliche Steuervariante außen vor bleiben muss, müssen halt die prallen und sprudelnden Töpfe von Unternehmen über die kuriose Betriebsstättenabgabe zumindest ansatzweise ergiebig angezapft werden. Eine plausible Begründung dafür gibt es nicht, dieser Schwachsinn ist "geschützt".
Titel: Re: Größte Ungleichheit gut belegbar - 37% Singlehaushalte
Beitrag von: InesgegenGEZ am 30. Dezember 2015, 17:11
Zitat
Art. 3 Abs. 1 GG gebietet nicht, den Rundfunkbeitrag nach der Zahl der Personen in der Wohnung (Ein- und Mehrpersonenhaushalte) oder der Zahl der Wohnungen (Erst- und Zweitwohnungen) weiter abzustufen oder Ausnahmen vorzusehen.

Zitat
Artikel 3 GG

(1) Alle Menschen sind vor dem Gesetz gleich.

Artikel 3 Absatz 1 des Grundgesetzes bezieht sich auf Menschen. Dieses absurde Beitragssystem wendet den Artikel 3 Abs. 1 GG aber auf Wohnungen und Betriebsstätten an.
Hieß es nicht in einem Urteil oder auch in diversen Schreiben der Rundfunkanstalten: "...soll jedermann gleichermaßen hinzugezogen werden." ?
Außerdem bieten Wohnungen und Betriebsstätten für sich alleine gesehen noch keine Möglichkeit von Rundfunkempfang. Und darum geht es doch schließlich, um die Möglichkeit Rundfunk empfangen zu können. Dazu bedarf es aber immer noch zusätzlicher technischer Geräte und Anlagen (Antennen, Kabelanschluß), welche die Eigenschaft besitzen Rundfunk zu empfangen und für einen möglichen Nutzer (Rundfunkkonsument) zugänglich zu machen.

Wenn der Rundfunkbeitrag im Sinne von Artikel 3 Absatz 1 des Grundgesetzes angewendet werden soll, dann bleibt nur die Pro-Kopf-Pauschale. Denn letztendlich kann nur der Mensch (nicht die Wohnung o. ä.) am Rundfunk teilnehmen und da alle Menschen daran teilnehmen "können", müssten auch alle "ohne weiter abzustufen" zahlen. Anders ist es mit dem Grundgesetz überhaupt nicht vereinbar!
Titel: Re: Größte Ungleichheit gut belegbar - 37% Singlehaushalte
Beitrag von: Peli am 30. Dezember 2015, 19:57
@ InesgegenGEZ

GENAU das ist es!!! Danke nochmals für die Verdeutlichung.

@ 907

Danke für Deinen berechtigten Hinweis. Nein, dass muss ich entweder noch tun, oder für eine Klagebegründung
mögliche argumentatorische Scheinhintertüren vonvorneherein abschließen.

Ich weiß, dass wir hier mit dem Ungleichbehandlung in Bezug auf Single- und Mehrpersonenhaushalte genau
richtig liegen. Dies wissen auch die Landesrundfunkanstalten.

Es ist wichtig hier die offene Kerbe gut zu erweitern.

Danke nochmals!

LG Peli
Titel: Re: Größte Ungleichheit gut belegbar - 37% Singlehaushalte
Beitrag von: pinguin am 30. Dezember 2015, 21:25
Wenn der Rundfunkbeitrag im Sinne von Artikel 3 Absatz 1 des Grundgesetzes angewendet werden soll, dann bleibt nur die Pro-Kopf-Pauschale.
Dann hast Du aber genauso eine Steuer, wie es jetzt ja auch eine ist?

Denn ein Betrag, den alle Bürger entrichten müssen, kann nimmer Gebühr oder Beitrag sein? Eine für einen bestimmten Zweck erhobene Steuer sieht die Abgabenordnung bekanntlich nicht vor. Nur deswegen funzt eine separate Steuer nicht. Die Unterstützung des dt. ÖRR aus allgemeinen Steuern ist aber durchaus legitim.

Hast Du aber Beitrag oder Gebühr bedarf es eines Teils der Bürger, die aus der Zahlung dieses Beitrages oder dieser Gebühr einen Vorteil gegenüber jenen Bürgern haben, die diesen Beitrag oder diese Gebühr nicht zahlen.
Titel: Re: Größte Ungleichheit gut belegbar - 37% Singlehaushalte
Beitrag von: willnich am 30. Dezember 2015, 22:05
Folgende Thematik der Ungleichbehandlung fiel bisher unter den Tisch,

Hallo Peli und Forum,
mit dem Thema Singlehaushalte - Mehrpersonenhaushalte bin ich sowohl in der Klage als auch in der Berufung abgewiesen worden. Bemerkenswert ist, dass KEIN Gericht bisher eine Aussage dazu getroffen hat, ob es eine Ungleichbehandlung (die unübersehbar ist) sieht oder nicht.
Es wird lapidar immer wieder (sinngemäß) wiederholt, dass jeder Wohnungsinhaber sich am Beitrag beteiligen müsse und deswegen alle gleich behandelt würden.
Meine Argumentation in der Revision habe ich wiederum sehr zugespitzt darauf beschränkt, zu sagen, was offensichtlich ist, dass nämlich Art. 3 GG nicht die Gleichbehandlung von WOHNUNGEN, sondern die Gleichbehandlung von MENSCHEN betrifft. Und wohnende Menschen werden nach diesem Beitragsgesetz eben SYSTEMATISCH ungleich behandelt - ohne jeglichen Grund.
Meine Revisionsverhanldung in Leipzig ist am 17.3.2016 in Leipzig und ich bin sehr gespannt, ob endlich in der 3. Instanz ein Gericht es endlich "wagt", dieses Thema anzufassen.

Willnich
Titel: Re: Größte Ungleichheit gut belegbar - 37% Singlehaushalte
Beitrag von: 907 am 30. Dezember 2015, 23:46
"Bei Ungleichbehandlungen geringerer Intensität findet die sog. Willkürformel Anwendung. Für Maßnahmen höherer Intensität gilt die sog. neue Formel des Bundesverfassungsgerichts.
Eine Ungleichbehandlung höherer Intensität wird bei personenbezogenen und nicht bloß sachbezogenen Ungleichbehandlungen angenommen. Letztere sind allerdings dann von höherer Intensität, wenn durch die sachliche Ungleichbehandlung der Gebrauch grundrechtlich geschützter Freiheiten erschwert wird."

http://wwwuser.gwdg.de/~staatsl/downloads/bk/2/gleichheitsr.pdf

"Nach der Rspr. des Bundesverfassungsgerichts sind Ungleichbehandlungen
geringerer Intensität verfassungsrechtlich zulässig, soweit der Staat nicht willkürlich
handelt (Willkürverbot).  Erst bei einem Verstoß gegen das Willkürverbot verletzt
die Ungleichbehandlung Art. 3 I GG.

Willkürlich ist eine Differenzierung dann, wenn sich für sie keine vernünftigen
Erwägungen finden lassen, die sich aus der Natur der Sache ergeben oder sonst
wie einleuchtend sind. Es muss also nur irgendein sachlicher Grund für die
Ungleichbehandlung vorliegen. "

http://wwwuser.gwdg.de/~staatsl/downloads/bk/2/gleichheitsr.pdf

Ungleichbehandlungen höherer Intensität prüft das BVerfG anhand der sog. neuen Formel. Danach ist Art. 3 I GG verletzt, wenn
„eine Gruppe von Normadressaten im Vergleich zu anderen Normadressaten anders behandelt wird, obwohl zwischen beiden Gruppen keine Unterschiede von solcher Art und solchem Gewicht bestehen, dass sie die ungleiche Behandlung rechtfertigen könnten“.

http://wwwuser.gwdg.de/~staatsl/downloads/bk/2/gleichheitsr.pdf

"Der Gleichheitssatz ist verletzt, wenn sich ein vernünftiger, sich aus der Natur der Sache
ergebender oder sonst wie sachlich einleuchtender Grund für die gesetzliche Differenzierung
oder Gleichbehandlung nicht finden lässt, kurzum, wenn die Bestimmung als willkürlich bezeichnet
werden muss."
[BVerfGE 1, 14 (52)].
Zitat
"Der Grundsatz der Gleichbehandlung ist auch nicht dadurch verletzt, dass die Regelung in § 2 Abs. 1 i. V. m. § 3 RBStV zum einen nicht zwischen Haupt- und Zweitwohnungen und zum anderen nicht zwischen Ein- und Mehrpersonenhaushalten unterscheidet, sondern für jede Wohnung ein einheitlicher Rundfunkbeitrag anfällt. Die Wohnung ist als Nutzungseinheit einer oder mehrerer Personen ein realitätsgerechter Anknüpfungspunkt für die Beitragspflicht. Art. 3 Abs. 1 GG gebietet nicht, den Rundfunkbeitrag nach der Zahl der Personen in der Wohnung (Ein- und Mehrpersonenhaushalte) oder der Zahl der Wohnungen (Erst- und Zweitwohnungen) weiter abzustufen oder Ausnahmen vorzusehen."
die Rechtsauffassung des Bundesverfassungsgerichts
Die Verfassungsmäßigkeit der Flugsicherheitsgebühren
Die gesetzliche Kostenregelung sei auch verfassungsmäßig. Sie sei in formeller Hinsicht von der Gesetzgebungskompetenz des Bundes für den Luftverkehr nach Art. 73 Nr. 6 GG gedeckt. Die Gebührenregelung genüge auch den Anforderungen des Art. 80 Abs. 1 GG und der Wesentlichkeitstheorie. Die Flugsicherheitsgebühr widerspreche nicht dem grundgesetzlichen Abgabensystem. Denn die Flugsicherheitsgebühr knüpfe an eine individuell zurechenbare Leistung des Staates, die Sicherheitskontrolle, an. Die Flugsicherheitsgebühr verstoße auch in materieller Hinsicht nicht gegen das Grundgesetz. Es sei mit dem allgemeinen Gleichheitssatz vereinbar, daß der Gesetzgeber die Kosten der Sicherheitskontrolle den Fluggästen und den Fluggesellschaften aufbürde. Denn diese hätten durch die Sicherheitsmaßnahmen einen besonderen Vorteil. Soweit auch die Allgemeinheit einen Vorteil aus der Sicherheitskontrolle im Flughafenbereich habe, werde dies dadurch berücksichtigt, daß keine gebührenmäßige Umlegung der übrigen Sicherheitskontrollen (Geländeüberwachung, Polizeieinsätze etc.) erfolge.

Alle Wohnungsinhaber ohne Ausnahmen = Allgemeinheit

Ungeachtet der fehlenden verfassungsrechtlichen Definition des finanzrechtlichen Beitrags sollte daher auf der Grundlage restriktiver Interpretationen an den Kernmerkmalen festgehalten werden: Ein Beitrag im engeren, finanzrechtlichen Sinn ist hiernach nur anzunehmen, wenn ein unmittelbarer, besonderer und zudem individueller Vorteil angeboten wird. Fehlt es an einem dieser Merkmale scheidet eine Einordnung als Beitrag im engeren, finanzrechtlichen Sinn, dessen Legitimation bereits und ausschließlich in der Gewährleistung der beschriebenen Vorzüge zu sehen ist, aus.


Entweder eine Ausnahmeregelung für die Gruppe der Nicht-Nutzer des öffentlichen Rundfunks oder eine andere Finanzierungsform. Alles andere ist Käse.
Titel: Re: Größte Ungleichheit gut belegbar - 37% Singlehaushalte
Beitrag von: Peli am 31. Dezember 2015, 00:18
@ 907    Erst einmal DANKE für Deine tollen Ausführungen und Hinweise!

@ willnich   Es kommt auch sehr darauf an, dass Du Dich zu den einzelnen Punkten verbal deutlich bemerkbar machst, und zwar mit  Nachdruck.
Du hast entweder einen Richter/Richterin die offen ist,  diese ist aber darauf angewiesen, dass Du die wesentlichen Punkte verdeutlichst (das ist dann tatsächlich Deine Aufgabe), oder einen Richter/eine Richterin, der dass alles egal ist. Dann kann man es tatsächlich nur als Training für den nächsten, neuen Richter oder Vergleichbares sehen.
Man muss den Meschen im Richter erreichen, neben den reinen Fakten, die zu belegen sind, hilft hier ein guter Vortrag ungemein, zumindest dann, wenn er ergebnisoffen ist. Und solche gibt es auch.

Du hast die Musik bestellt und bezahlst auch dafür. Rühr Dich, widerspreche, gib Einwände etc.. Passiv oder zu sanft sollte man auf keinen Fall sein,wenn man das Wort hat.

LG Peli
Titel: Re: Größte Ungleichheit gut belegbar - 37% Singlehaushalte
Beitrag von: willnich am 31. Dezember 2015, 00:30
Die Wohnung ist als Nutzungseinheit einer oder mehrerer Personen ein realitätsgerechter Anknüpfungspunkt für die Beitragspflicht. Art. 3 Abs. 1 GG gebietet nicht, den Rundfunkbeitrag nach der Zahl der Personen in der Wohnung (Ein- und Mehrpersonenhaushalte) oder der Zahl der Wohnungen (Erst- und Zweitwohnungen) weiter abzustufen oder Ausnahmen vorzusehen.

ABER DE FACTO WIRD "WEITER ABGESTUFT":
Jeder Wohnungsinhaber ist Beitragszahler - dem Grunde nach. Aber nicht jeder Beitragszahler zahlt einen Beitrag. Keine weitere Abstufung läge vor, wenn für einen 2-Personen-Haushalt 2 Beiträge bezahlt würden (meinetwegen gesamtschuldnerisch) und für einen 5-Personen-Haushalt eben 5 Beiträge. Die können über ein Beitragskonto entrichtet werden.
Tatsächlich gibt es aber in einem 2-Personen-Haushalt entweder eine Person, die zahlt und eine, die dies nicht tut - oder aber beide zahlen einen untereinander vereinbarten Bruchteil eines Beitrags.
Schaut man also nicht auf die Wohnung, sondern auf die Personen - und für die gilt Art. 3 GG!!! - dann hat "der Gesetzgeber" "abgestuft" - und zwar willkürlich.
Titel: Re: Größte Ungleichheit gut belegbar - 37% Singlehaushalte
Beitrag von: burns_21 am 11. April 2016, 11:15
Meine Revisionsverhanldung in Leipzig ist am 17.3.2016 in Leipzig und ich bin sehr gespannt, ob endlich in der 3. Instanz ein Gericht es endlich "wagt", dieses Thema anzufassen.

Wie hat man das Thema in Leipzig aufgegriffen? Die Ungleichbehandlung ist für mich der größte Kritikpunkt an einer Abgabe für ÖR Rundfunk.

Gruß Christian
Titel: Re: Größte Ungleichheit gut belegbar - 37% Singlehaushalte
Beitrag von: Schluss-mit-lustig am 11. April 2016, 12:38
Wie hat man das Thema in Leipzig aufgegriffen?

Von Gerichtsseite aus, getreu dem Motto ~ "Wenn diese Ungleichbehandlung nicht wäre würden ja Familien viel mehr belastet werden und dann würden Familien ggü. Singles ungleich behandelt werden."

Anscheinend hat man auch in Leipzig noch nicht so recht begriffen (oder vielmehr begreifen wollen), dass Grundrechtsträger in erster Linie der einzelne Bürger ist, da uneingeschränkt grundrechtsfähig ... und nicht etwa irgendwelche Wohneinheiten oder -gemeinschaften.  >:(
Titel: Re: Größte Ungleichheit gut belegbar - 37% Singlehaushalte
Beitrag von: willnich am 18. Juni 2016, 13:16
Zum Thema Ungleichbehandlung empfehle ich jetzt sehr, die Begründung der heute eingereichten Verfassungsbeschwerde zu lesen. Diese ist anonymisiert hier als neues Thema bei Klagebegründungen eingestellt.
Viel Spaß beim Lesen - jede Kritik kommt jetzt zu spät, denn das Ding ist draußen ... alle Argumente dürfen aber gerne abgeschrieben und erforderlichenfalls ergänzt und erweitert werden ... :-*

Willnich
Titel: Re: Größte Ungleichheit gut belegbar - 37% Singlehaushalte
Beitrag von: Miklap am 18. Juni 2016, 16:32
Hier der entsprechende link:

Verfassungsbeschwerde ist bei der Post...
http://gez-boykott.de/Forum/index.php/topic,19257.0.html#top (http://gez-boykott.de/Forum/index.php/topic,19257.0.html#top)

btw: @willnich: haste super gemacht  ;)
Titel: Re: Größte Ungleichheit gut belegbar - 37% Singlehaushalte
Beitrag von: beat am 18. Juni 2016, 17:06
Zum Thema Ungleichbehandlung empfehle ich jetzt sehr, die Begründung der heute eingereichten Verfassungsbeschwerde zu lesen. Diese ist anonymisiert hier als neues Thema bei Klagebegründungen eingestellt.
Viel Spaß beim Lesen - jede Kritik kommt jetzt zu spät, denn das Ding ist draußen ... alle Argumente dürfen aber gerne abgeschrieben und erforderlichenfalls ergänzt und erweitert werden ... :-*

Willnich

Toll!

Vielen Dank. Ich wollte heute meine Antwort an das Verwaltungsgericht auf dessen Anregung, meine Klage zurückzunehmen, per Post versenden. Das Argument der Ungleichbehandlung habe ich in meiner Klage ebenfalls aufgeführt. Ich werde meiner Antwort gleich mal eine Kopie der Verfassungsbeschwerde beilegen. Da wird sich der Verwaltungsrichter Herr H. aber sehr freuen ;-)
Titel: Re: Größte Ungleichheit gut belegbar - 37% Singlehaushalte
Beitrag von: Spark am 01. Juli 2016, 18:49
Daß Haushalte in Wirklichkeit, entgegen ständiger Behauptungen, ungleich behandelt werden, sogar unabhängig von der Anzahl der Personen in einem Haushalt, läßt sich alleine schon mathematisch zweifelsfrei belegen.

Schon ein einfaches Beispiel hierzu macht dieses deutlich.
Nehmen wir einen Haushalt A und einen Haushalt B. Haushalt A hat im Monat 20 Äpfel zur Verfügung, Haushalt B 10 Äpfel.

Wenn wir diese beiden Haushalte nun in ein Verhältnis zueinander setzen, erhalten wir:

2:1

Nun kommt eine gesetzliche Abgabe von 5 Äpfeln pro Monat ins Spiel. Nach dieser Abgabe sieht das Verhältnis so aus:

3:1

Wie müßte die gesetzliche Abgabe nun gestaltet sein, daß das Verhältnis der beiden Haushalte zueinander auch nach einer Abgabe unverändert bleibt und wirklich eine Gleichbehandlung gewährleistet ist? Mathematisch gesehen gibt es nur einen Weg. Haushalt A und B müßten einen pauschalen Prozentsatz ihrer Äpfel entrichten. Sagen wir mal als Beispiel 10 Prozent, dann erhalten wir nach einer Abgabe dieses Verhältnis:

Haushalt A bleiben 18 Äpfel
Haushalt B bleiben 9 Äpfel

= 2:1

Nur so läßt sich eine gleichmäßige Belastung aller Haushalte erreichen.
Bei dem derzeitigen pauschalen Beitrag wird es immer eine ungleiche Belastung der Haushalte geben, weil sich das Verhältnis zu Gunsten der besser gestellten Haushalte verschiebt. Bei einem pauschalen Prozentsatz kann dieses aber nicht passieren.
Titel: Re: Größte Ungleichheit gut belegbar - 37% Singlehaushalte
Beitrag von: volkuhl am 01. Juli 2016, 19:16
...
Mathematisch gesehen gibt es nur einen Weg.
...

Sorry, aber ganz falscher Ansatz...

Für eine "Leistung", die ich nicht haben will, darf es überhaupt keinen Zwang geben! ...schon überhaupt keinen ungesetzlichen, wie derzeit praktiziert.

Die Grundgesetzwidrigkeit der Zwangsabgabe erklärt sich bereits mit 37% Single-Haushalten, die gleich stark genötigt werden wie Mehrpersonenhaushalte. Dafür braucht es weder Äpfel, noch Birnen, ja nicht einmal Finger, um das zu belegen: 37% zahlen mindestens doppelt so viel wie die übrigen ca. 63% der Haushalte.
Titel: Re: Größte Ungleichheit gut belegbar - 37% Singlehaushalte
Beitrag von: Spark am 01. Juli 2016, 19:30
Bitte dieses Beispiel nicht missverstehen.
Es ging mir hierbei nur um die immer und immer wieder propagierte angebliche Beitragsgerechtigkeit. Und die läßt sich schon mathematisch restlos widerlegen. Dafür braucht man nicht mal großartig zwischen Ein- und Mehrpersonenhaushalten zu unterscheiden.

Daß es keine Differenzierung zwischen Nutzern und Nichtnutzern gibt kommt noch zusätzlich hinzu. Aber darum ging es in diesem Beispiel nicht.
Titel: Re: Größte Ungleichheit gut belegbar - 37% Singlehaushalte
Beitrag von: ohmanoman am 01. Juli 2016, 23:35
Ich mag aber keine Äpfel!   >:(

Und nu?  ;D
Titel: Re: Größte Ungleichheit gut belegbar - 37% Singlehaushalte
Beitrag von: pinguin am 01. Juli 2016, 23:43
Spielt alles keine Rolle, handelt es sich doch um eine Dienstleistung, für die es nur einen für alle gleichen Preis geben kann. Wäre es anders, würde man das ganze System in Frage stellen. Eine Dienstleistung aber bezahlen üblicherweise nur jene, die sie in Anspruch nehmen.
Titel: Re: Größte Ungleichheit gut belegbar - 37% Singlehaushalte
Beitrag von: Spark am 02. Juli 2016, 03:52
Spielt alles keine Rolle, handelt es sich doch um eine Dienstleistung, für die es nur einen für alle gleichen Preis geben kann. Wäre es anders, würde man das ganze System in Frage stellen. Eine Dienstleistung aber bezahlen üblicherweise nur jene, die sie in Anspruch nehmen.

Das ist richtig. Das Endprodukt, das von den örR produzierte und bereitgestellte Angebot ist eine Dienstleistung, welche aber kostenlos zur Verfügung gestellt wird. (Andernfalls würde es sich nämlich tatsächlich um Pay-TV handeln.)
Der Rundfunkbeitrag hingegen hat aber keine Entgeldfunktion für diese Dienstleistung. Er dient vielmehr der Schaffung dieser Dienstleistung. Alleine schon deshalb ist die Argumentation, daß der Rundfunkbeitrag rein für die Möglichkeit der Nutzung der örR Angebote erhoben wird nicht korrekt, denn das würde ihm automatisch den Charakter einer Entgeldfunktion für das fertige Produkt verleihen.

Um aber nochmals auf das eigentliche Thema des Threads zurückzukommen.
Mit der Unterscheidung zwischen ein- und Mehrpersonenhaushalten ist es ja noch nicht getan. Das ist nur die Spitze des Eisberges. Es besteht auch eine Ungleichbehandlung von Ein- und Mehrpersonenhaushalten untereinander.  Das sollte das kleine Beispiel eigentlich nur verdeutlichen.
Titel: Re: Größte Ungleichheit gut belegbar - 37% Singlehaushalte
Beitrag von: ChrisLPZ am 02. Juli 2016, 08:55
Bei den Revisionsverhandlungen am BVerwG im März konnte man den Eindruck gewinnen, dass im Rahmen der mündlichen Verhandlung und der Urteilsverkündung zumindest dem damalig vorsitzenden Richter Neumann bei dem Punkt des Gleichheitssatzes §3 GG bzw. der Pauschalisierung/Typisierung nicht ganz wohl in seiner Haut war. Auch in einem kurzen Gespräch mit ihm nach der Urteilsbegründung über diesen Punkt hatte ich eher den (natürlich subjektiven) Eindruck, dass dieses Argumentationsgebäude auf sehr wackligem Fundament stehe und auch er nicht zu 100% von der Verfassungsmässigkeit der in diesem Fall herangezogenen Typisierung überzeugt sei. Schlusstenor des kurzen Gesprächs war, dass dies das BVerfG entscheiden müsse.

Auszug aus der mündlichen Urteilsbegründung (http://gez-boykott.de/Forum/index.php/topic,17946.0.html):
Zitat
Die Gleichheitsfrage wurde in einem weiteren Zusammenhang gestellt. Ist es mit dem Gleichheitssatz §3 GG vereinbar, dass ein Einpersonenhaushalt genau soviel bezahlt, wie ein Mehrpersonenhaushalt. Wäre nicht ein Prokopfbeitrag geboten? Der Senat hat diese Frage verneint. Die Familienbelastung wäre höher. Die Beitragshöhe sei eher gering.
Hier wurde mit einer höheren Familienbelastung und eher niedrigen Beitragshöhe (eher niedrig zu was?) argumentiert.
Ob diese Argumente vor dem Bundesverfassungsgericht angesichts der enormen Benachteiligung von 37% Singlehaushalten wirklich standhalten können?

Gleich darauf folgte der Schlusssatz der Urteilsbegründung durch Richter Neumann:
Zitat
der Beitrag sei nicht alternativlos. Der Gesetzgeber habe jedoch die verfassungsrechtlichen Grenzen
nicht überschritten.
Der Ball wurde also zum Gesetzgeber zurückgespielt.
Titel: Re: Größte Ungleichheit gut belegbar - 37% Singlehaushalte
Beitrag von: pinguin am 02. Juli 2016, 09:06
Der Rundfunkbeitrag hingegen hat aber keine Entgeldfunktion für diese Dienstleistung. Er dient vielmehr der Schaffung dieser Dienstleistung.
Ist das nicht eine doppelt gemoppelte Mogelpackung?

Es bleibt der schon früher vorgebrachte Vergleich zu öffentlichen und privaten Bibliotheken. In beiden Fällen hat es einen Jahresbetrag, den der die Bibliothek nutzende oder nutzen wollende Bürger bezahlt. Die Dienstleistungen selber sind vergleichbar, weil beides Medien sind.

Zitat
Es besteht auch eine Ungleichbehandlung von Ein- und Mehrpersonenhaushalten untereinander.
Wo sollte es außer bei der Nichtnutzung des einen und bei der Nutzung des anderen eine Ungleichbehandlung geben?

Es gäbe einen Aufschrei im Volke, müssten Familien das Doppelte bis Mehrfache dessen bezahlen, was Nichtfamilien zu leisten hätten.

Andererseits darf keinerfürdievon ihm individuell gewählte Lebensform bestraft werden, denn das gibt weder Grundgesetz noch Charta her.

Man sollte sich auch strikt überlegen, ob es mit Grundgesetz wie Charta vereinbar sein kann, die Grundrechte natürlicher Personen zugunsten der Rechte juristischer Personen einzuschränken.

Genau das passiert nämlich im Rundfunkbereich mit dieser Zwangsabzocke, wo die natürliche Person gezwungen wird, eine juristische Person zu unterstützen, die die natürliche Person punktuell nicht unterstützen würde, sondern evtl. eine andere, hätte sie die wirkliche freie Wahl ob des eigenen Medienbudgets.
Titel: Re: Größte Ungleichheit gut belegbar - 37% Singlehaushalte
Beitrag von: Kurt am 02. Juli 2016, 14:24
Der Rundfunkbeitrag – Rundfunk- und finanzverfassungsrechtliche Einordnung

Rechtsgutachten erstellt im Auftrag von ARD, ZDF und Deutschlandradio
Prof. Dr. Hanno Kube, LL.M.
Inhaber des Lehrstuhls für Öffentliches Recht, Europarecht, Finanz- und Steuerrecht an der Johannes Gutenberg-Universität Mainz

Juni 2013

Zitat
11.
Ein zukunftsfähiger Beitragstatbestand muss sich vom Gerätebezug lösen und sich stattdessen dem Menschen als Informationsempfänger im Sinne von Art. 5 Abs. 1 Satz 1 Alt. 2 GG zuwenden.
Beitragspflichtig muss danach im Grundsatz das jedem einzelnen Volljährigen unterbreitete Rundfunkangebot gestellt werden, ungeachtet der genutzten Empfangstechnik.

Quelle: http://www.ard.de/download/401140/Rechtsgutachten__Der_Rundfunkbeitrag___rundfunk__und_finanzverfassungsrechtliche_Einordnung.pdf
**************************************************************

Da wird doch ausgesprochen wie es sein müsste: 1 Beitrag pro 1 Nutzer


Gruß
Kurt
Titel: Re: Größte Ungleichheit gut belegbar - 37% Singlehaushalte
Beitrag von: Spark am 02. Juli 2016, 14:38
Mein Beispiel bringt das, was ich eigentlich meinte, leider nicht klar zum Ausdruck. Man möge mir das bitte nachsehen, da ich nicht sehr sprachgewandt bin. Deshalb nochmal ein neuer Versuch.

Zuerst möchte ich anmerken, daß ich den Aspekt der Nutzung und Nichtnutzung bewußt ausgeklammert habe. Der kommt aber natürlich auch noch mit dazu. Ich beschränke mich hier aber auf die verkappte Sichtweise der Rundfunker und Politiker, nach der es nur zwei Gruppen gibt: Nutzer und "Schwarznutzer".

Wenn ich sage, Ein- und Mehrpersonenhaushalte untereinander meine ich nicht zwischen diesen beiden Gruppen. Damit befaßt sich ja schon das Thema dieses Threads selbst. Ich meine auch die Ungleichbehandlung in den Gruppen selbst.
Nach der Logik dieses dubiosen Beitragssystems wird die Gleichbehandlung oder auch Beitragsgerechtigkeit mit einem pauschalen Betrag für alle Haushalte definiert. Und genau diese Definition ist es, die massiv gegen Artikel 3 Abs. 1 GG verstößt, denn durch einen pauschalen Beitrag kann es einfach keine gleichmäßige Belastung aller Haushalte geben.

Nehmen wir zwei Mehrpersonenhaushalte: je Haushalt Vater, Mutter und zwei Kinder.
Haushalt A hat ein Einkommen von 5000€ im Monat, Haushalt B hat 2000€ im Monat. Jeder dürfte wohl nachvollziehen können, daß bei einem pauschalen Beitrag für Haushalt B eine größere Belastung besteht als für Haushalt A.

Wenn es jetzt aber nicht ein pauschaler Beitrag sondern ein pauschaler Prozentsatz des Einkommens ist, dann wäre die Belastung für beide Haushalte absolut identisch, auch wenn die Beträge unterschiedlich wären. Das ist elementare Mathematik, jeder kann es nachrechnen. Bei einem pauschalen Prozentsatz wird sich das Verhältnis von Haushalt A zu B niemals ändern.

Ein anderes Beispiel um dies zu verdeutlichen ist beispielsweise die Mehrwertsteuer von derzeit 19%. Nehmen wir mal zwei verschiedene Produkte, einen Sportwagen und einen kleinen Blumentopf, den ich in einer Gärtnerei kaufe. Bei beiden ist das Verhältnis durch die zusätzliche Belastung der Mehrwertsteuer identisch. Wäre die Mehrwertsteuer allerdings ein pauschaler Betrag, dann würde der kleine Blumentopf wohl einige hundert Euro mehr kosten.

Eine tatsächliche Gleichbehandlung und gleichmäßige Belastung aller Haushalte kann es nur dann geben, wenn die individuellen wirtschaftlichen Verhältnisse eines jeden Haushalts, unabhängig von der Anzahl der Personen darin, als Grundlage genommen werden.


Was den Rundfunkbeitrag und die Dienstleistung örR betrifft. Der Rundfunkbeitrag darf einfach keine Entgeldfunktion für diese Dienstleistung haben. Das Angebot des örR wird kostenlos der Allgemeinheit zur Verfügung gestellt. Wenn dem nicht so ist, dann ist örR kein Free-TV mehr, sondern schlicht ein Bezahlfernsehen. (wobei dann nur der Faktor der tatsächlichen Nutzung wirklich entscheidend sein kann)
Auch wenn im Zusammenhang mit örR oft von Zwangs-Pay-TV gesprochen wird, das eigentliche Angebot des örR ist kostenlos.
Titel: Re: Größte Ungleichheit gut belegbar - 37% Singlehaushalte
Beitrag von: volkuhl am 02. Juli 2016, 18:29
Einkommensabhängige "Beitrags"höhe halte ich nicht für gerechter. So könnte man z.B. argumentieren, dass derjenige mit höherem Einkommen auch mehr arbeitet - daraus die (unterschiedliche) Beitragshöhe zu rechtfertigen hat mit Gerechtigkeit nicht das geringste zu tun. Noch weiter zugespitzt: wer mehr arbeitet hat weniger Zeit Rundfunk zu konsumieren - ergo müsste der Beitrag sinken!

Um bei deinem Beispiel der 19% USt zu bleiben: die zahlt auch jeder, unabhängig vom Einkommen. Nach Deiner Argumentation wäre diese aber verfassungswidrig weil ungerecht?!?

Einzig gerechte Möglichkeit: wer nutzen will zahlt, wer nicht nutzt zahlt nicht. Und wer sich die Nutzung aufgrund zu geringen Einkommens nicht leisten kann, hat Pech gehabt. Bei Bezahlsendern (Sky und Co) stört das doch auch niemanden.

btw: man kann auch ohne örR überleben!
Titel: Re: Größte Ungleichheit gut belegbar - 37% Singlehaushalte
Beitrag von: Spark am 03. Juli 2016, 02:16
Die Mehrwertsteuer bezieht sich ja ausschließlich auf die angebotenen Produkte. Einen Zusammenhang zwischen Produkten und Einkommen gibt es nicht, kann auch nicht hergestellt werden. Der Preis eines Produktes muß für alle gleich sein. Man stelle sich nur mal vor, eine Person A und B müßten unterschiedliche Preise für ein und dasselbe Produkt zahlen. Das wäre ja das absolute Chaos. (Markt- und wettbewerbliche Mechanismen einmal ausgeblendet.)
Aber was noch entscheidender ist, bei Produkten gleich welcher Art, bestimmt jeder einzelne für sich selbst ob er sie erwerben möchte oder nicht.

Was den aktuellen Rundfunkbeitrag betrifft, sollte das aufgeführte Beispiel eigentlich nur verdeutlichen, daß die vielgepriesene Belastungsgleichheit aller Haushalte eben gerade nicht gegeben ist. Und wenn ich schon lese, daß es um Beitragsgerechtigkeit geht. Seit ich mich zwangsweise mit dieser ganzen Materie befassen muß, wird immer wieder damit argumentiert vom BS, den Rundfunkanstalten und auch den Gerichten.
Ich sage nicht, daß ein einkommensabhängiger Beitrag gerechter ist, nur daß die Belastung aller Haushalte gleich wäre. Das derzeitige System ist allerdings Lichtjahre davon entfernt und verstößt damit eindeutig gegen Artikel 3 Abs. 1 GG.

Den Faktor Nutzung/Nichtnutzung hatte ich nur für dieses Beispiel ausgeblendet. Nach dem aktuellen System dürften Nichtnutzer überhaupt nicht für einen Beitrag herangezogen werden und das wissen die auch ganz genau. Aber selbst die Gerichte legen es sich immer wieder zurecht, wie es gerade am besten paßt.
Das System, was Paul Kirchhof damals entwickelt hat, eine geräte- und nutzungsunabhängige Finanzierung kann nur als Steuer funktionieren, und das muß er als ehemaliger Verfassungsrichter mit Sicherheit auch gewußt haben.
Titel: Re: Größte Ungleichheit gut belegbar - 37% Singlehaushalte
Beitrag von: pinguin am 03. Juli 2016, 06:59
Das ganze ist doch eh von vorne bis hinten vermurkst. Da hilft nur ein vollständiger Neuaufbau, rundfunkspezifisch ideal nach niederländischem Modell.

Grundsätzlich gerecht wäre zudem, wenn jeder für Waren und Dienstleistungen, die von ihm bestellt und in Anspruch genommen worden sind, auch den gleichen Preis bezahlt; Bedürftige haben ja heute schon in vielen Bereichen Rabatte auf die ursprünglichen Preise, so daß sich ganz sicher auch im Bereich Rundfunk hier eine Lösung finden könnte.

Zu den ganzen Rundfunkverträgen; Gerichte biegen da so einiges, wie es Rundfunk wohl gerade haben möchte. Es ist ausdrücklich von Nutzern die Rede und von Angeboten; Nichtnutzer werden nicht erfasst und wären gar nicht zur Zahlung heranzuziehen.
Titel: Re: Größte Ungleichheit gut belegbar - 37% Singlehaushalte
Beitrag von: Seiko am 04. Juli 2016, 18:22
So wie pinguin geschrieben hat bitte direkt einführen. Niederländisches System (dann auch gleich mit Originalton und deutschen Untertiteln) und ich wäre zufrieden. Was mit die ÖRR anbieten ist doch einfach nur ein großer Witz.
Titel: Re: Größte Ungleichheit gut belegbar - 37% Singlehaushalte
Beitrag von: willnich am 05. Juli 2016, 21:38
Bei den Revisionsverhandlungen am BVerwG im März konnte man den Eindruck gewinnen, dass im Rahmen der mündlichen Verhandlung und der Urteilsverkündung zumindest dem damalig vorsitzenden Richter Neumann bei dem Punkt des Gleichheitssatzes §3 GG bzw. der Pauschalisierung/Typisierung nicht ganz wohl in seiner Haut war. Auch in einem kurzen Gespräch mit ihm nach der Urteilsbegründung über diesen Punkt hatte ich eher den (natürlich subjektiven) Eindruck, dass dieses Argumentationsgebäude auf sehr wackligem Fundament stehe und auch er nicht zu 100% von der Verfassungsmässigkeit der in diesem Fall herangezogenen Typisierung überzeugt sei. Schlusstenor des kurzen Gesprächs war, dass dies das BVerfG entscheiden müsse.

Das entspricht genau meiner Wahrnehmung und spiegelt sich ja auch im Urteil wieder, in dem davon die Rede ist, dass diese Ungleichbehandlung "noch" verfassungsgemäß sei. Dieses "NOCH" ist eigentlich ein "nicht, aber wir können/wollen nicht anders"...
Titel: Re: Größte Ungleichheit gut belegbar - 37% Singlehaushalte
Beitrag von: willnich am 05. Juli 2016, 21:44
So könnte man z.B. argumentieren, dass derjenige mit höherem Einkommen auch mehr arbeitet -

Lebst du noch in dem Glauben, dass Geld "mit Arbeit verdient" wird?