Ich möchte gerne skizzieren, was sich im Sitzungssaal die eine Stunde zugetragen hat. Als einzige Zuhörerin, neben einer Volontärin der Presse, durfte ich Folgendes erleben:
Zunächst wurde die Klageschrift zusammenfassend wiedergegeben. Darin ging es neben der persönlichen Wohnortbeschreibung der Klägerin (sie hatte in dem bestimmten Zeitraum keinen Fernsehempfang über Internet...) um die Aussage "Beitrag oder Steuer" und "Verstoß gegen den Gleichheitsgrundsatz" sowie "Zu hoher Betrag für die sogenannte Grundversorgung - mögliche Finanzierung aus Steuermitteln".
Der Richter versuchte dann so eine Art Gedankenspiel in Bezug auf "Beitrag oder Steuer" zu statuieren. Früher war der Anknüpfungspunkt das Haben eines Empfangsgerätes - Heute ist es das Haben einer Wohnung. Er stellte eine Verknüpfung mit Haben einer Wohnung und dem Konsum von Rundfunk dar.
Eine Steuer wäre es, wenn wirklich jeder Wohnungsinhaber zu zahlen verpflichtet sei.
Ein Beitrag wäre es, wenn es Möglichkeiten des Abmeldens gäbe. Er hatte dazu soviel mit Paragrafen zitiert und erklärt, dass es mir schwer fiel, ihm zu folgen. Interessant allerdings fand ich folgenden Gedanken von ihm:
§4 Abs. 6 wurde oft erwähnt. Darin die "objektive Unmöglichkeit" Rundfunk zu konsumieren. Wenn es einem also gar unmöglich ist,
an der Veranstaltung teilzunehmen, fällt das dann unter die "objektive Unmöglichkeit"? Und wenn also diese Möglichkeit besteht, ist es dann ein Beitrag und keine Steuer?
Seitens der Beklagten (NDR) verwies man auf die üblichen Abmeldemöglichkeiten (Sozialhilfeempfänger u.ä. sowie die Härtefallregelungen).
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In Bezug auf die beklagte zu teure Grundversorgung erlaubte sich der Richter einen ordentlichen Patzer. Er verglich diese Aussage spontan damit, dass er auch manchmal was an der Straßenreinigung auszusetzen habe und diese zu bezahlen sei.
Womit sehr unelegant zur Qualität des Fernsehprogramms übergeleitet wurde.
Eines bleibt hier zu unterstreichen: Lassen wir uns in solchen Verhandlungen niemals auf die Diskussion von Qualität des Rundfunkprogramms ein! An dieser Stelle verzettelte sich die Klägerin in Aussagen und ihre bisher besonnene ruhige Ausstrahlung nahm kurzzeitig eine Wende. Ihr Wunschvorschlag, die Grundversorgung mit einem geringen Beitrag aller und den Rest über Steuern zu finanzieren, beantwortete der Richter spontan damit, dass dann die Staatsferne ('Pressefreiheit' wurde vom Richter in diesem Zusammenhang nicht gesagt!) nicht mehr gegeben sei. Diese Idee wurde regelrecht im Keim erstickt.
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Damit wurde das Thema "Ungleichbehandlung" auf den Plan gerufen. Neben allen uns bekannten Gegenüberstellungen wie z.B. Single - Großfamilie u.ä. fand ich einen Gedanken des Richters erwähnenswert:
"Profitiert eigentlich der Nichtkonsument davon, dass die anderen an der Veranstaltung teilnehmen? Muss ich vielleicht als Nichtkonsument eine gewisse Ungleichbehandlung hinnehmen, weil sich durch die Informationen des Rundfunks die übrige Gesellschaft weiter entwickelt und mich mitträgt?

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Insgesamt hatte ich das Gefühl, dass der Richter mit Gefolge sehr locker war. Er gab der (unerfahrenen) Klägerin keinen Grund zur Aufregung. Im Gegenteil, er zeigte sich sehr freundlich, verständig und naja manchmal auch väterlich (er war schon älter).
Leider konnte ich bis zur Urteilsverkündung nicht mehr warten.
Ich möchte anmerken, dass diese Zusammenfassung jeglicher Vollständigkeit entbehrt und lediglich meine Eindrücke und Erinnerungen aus der Sitzung wiedergibt.