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Autor Thema: EuGH 283/81- Vorlagepflicht, w. Gerichte a. EU-Länder a. entscheiden würden  (Gelesen 138 mal)

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Vorabhinweis:
Der EuGH formuliert in dieser seiner älteren Entscheidungen eine klare Aussage darüber, wann es eine Vorlagepflicht durch ein nationales Gericht hat, nämlich dann, wenn nicht klar ist, ob die Gerichte der anderen Unionsländer genauso entscheiden würden. Solange diesbezüglich Zweifel bestehen, ist das nationale Gericht zur Vorlage verpflichtet.

Die Tragweite für die Belange des Rundfunk folgen aus Rn. 143 der letzten Rundfunkentscheidung des BVerfG 1 BvR 1675/16, siehe Querverweise.

Urteil des Gerichtshofes vom 6. Oktober 1982.
Srl CILFIT und Lanificio di Gavardo SpA gegen Ministero della Sanità.
Ersuchen um Vorabentscheidung: Corte suprema di Cassazione - Italien.
Vorlagepflicht.
Rechtssache 283/81

https://eur-lex.europa.eu/legal-content/DE/TXT/?uri=CELEX%3A61981CJ0283&qid=1709157867446

Zitat
14 DIE GLEICHE WIRKUNG KANN SICH FÜR DIE GRENZEN DER IN ARTIKEL 177 ABSATZ 3 AUFGESTELLTEN VERPFLICHTUNG ERGEBEN , WENN BEREITS EINE GESICHERTE RECHTSPRECHUNG DES GERICHTSHOFES VORLIEGT , DURCH DIE DIE BETREFFENDE RECHTSFRAGE GELÖST IST , GLEICH IN WELCHER ART VON VERFAHREN SICH DIESE RECHTSPRECHUNG GEBILDET HAT , UND SELBST DANN , WENN DIE STRITTIGEN FRAGEN NICHT VOLLKOMMEN IDENTISCH SIND .

16 SCHLIESSLICH KANN DIE RICHTIGE ANWENDUNG DES GEMEINSCHAFTSRECHTS DERART OFFENKUNDIG SEIN , DASS KEINERLEI RAUM FÜR EINEN VERNÜNFTIGEN ZWEIFEL AN DER ENTSCHEIDUNG DER GESTELLTEN FRAGE BLEIBT . DAS INNERSTAATLICHE GERICHT DARF JEDOCH NUR DANN DAVON AUSGEHEN , DASS EIN SOLCHER FALL VORLIEGT , WENN ES ÜBERZEUGT IST , DASS AUCH FÜR DIE GERICHTE DER ÜBRIGEN MITGLIEDSTAATEN UND DEN GERICHTSHOF DIE GLEICHE GEWISSHEIT BESTÜNDE . NUR WENN DIESE VORAUSSETZUNGEN ERFÜLLT SIND , DARF DAS INNERSTAATLICHE GERICHT DAVON ABSEHEN , DIESE FRAGE DEM GERICHTSHOF VORZULEGEN , UND SIE STATTDESSEN IN EIGENER VERANTWORTUNG LÖSEN .

Zitat
Leitsätze

1 . DIE VERPFLICHTUNG ZUR VORLAGE VON FRAGEN NACH DER AUSLEGUNG DES VERTRAGES UND DER HANDLUNGEN DER ORGANE DER GEMEINSCHAFT , DIE ARTIKEL 177 ABSATZ 3 EWG-VERTRAG DEN INNERSTAATLICHEN GERICHTEN AUFERLEGT , DEREN ENTSCHEIDUNGEN SELBST NICHT MEHR MIT RECHTSMITTELN DES INNERSTAATLICHEN RECHTS ANGEFOCHTEN WERDEN KÖNNEN , FÜGT SICH IN DEN RAHMEN DER ZUSAMMENARBEIT ZWISCHEN DEN INNERSTAATLICHEN GERICHTEN ALS MIT DER ANWENDUNG DES GEMEINSCHAFTSRECHTS BETRAUTEN GERICHTEN UND DEM GERICHTSHOF EIN , DURCH DIE DIE ORDNUNGSGEMÄSSE ANWENDUNG UND DIE EINHEITLICHE AUSLEGUNG DES GEMEINSCHAFTSRECHTS IN ALLEN MITGLIEDSTAATEN SICHERGESTELLT WERDEN SOLLEN . DIE GENANNTE BESTIMMUNG SOLL INSBESONDERE VERHINDERN , DASS ES INNERHALB DER GEMEINSCHAFT ZU VONEINANDER ABWEICHENDEN GERICHTSENTSCHEIDUNGEN ÜBER FRAGEN DES GEMEINSCHAFTSRECHTS KOMMT . DIE TRAGWEITE DER VERPFLICHTUNG IST DAHER ANHAND DIESER ZIELE NACH MASSGABE DER JEWEILIGEN BEFUGNISSE DER INNERSTAATLICHEN GERICHTE UND DES GERICHTSHOFES ZU BEURTEILEN .

2 . ARTIKEL 177 ERÖFFNET FÜR DIE PARTEIEN EINES BEI EINEM INNERSTAATLICHEN GERICHT ANHÄNGIGEN RECHTSSTREITS KEINEN RECHTSBEHELF . DAS BETREFFENDE GERICHT MUSS ALSO NICHT SCHON ALLEIN DESHALB , WEIL EINE PARTEI GELTEND MACHT , DER RECHTSSTREIT WERFE EINE FRAGE NACH DER AUSLEGUNG DES GEMEINSCHAFTSRECHTS AUF , DAVON AUSGEHEN , DASS EINE FRAGE IM SINNE DIESES ARTIKELS GESTELLT WIRD . ES OBLIEGT IHM VIELMEHR GEGEBENENFALLS , DEN GERICHTSHOF VON AMTS WEGEN ANZURUFEN .

3 . AUS DEM VERHÄLTNIS ZWISCHEN DEN ABSÄTZEN 2 UND 3 DES ARTIKELS 177 ERGIBT SICH , DASS DIE IN ABSATZ 3 GENANNTEN GERICHTE EBENSO WIE ALLE ANDEREN INNERSTAATLICHEN GERICHTE DIE FRAGE , OB FÜR DEN ERLASS IHRER EIGENEN ENTSCHEIDUNG EINE ENTSCHEIDUNG ÜBER EINE GEMEINSCHAFTSRECHTLICHE FRAGE ERFORDERLICH IST , IN EIGENER ZUSTÄNDIGKEIT BEURTEILEN . DIESE GERICHTE SIND SOMIT NICHT ZUR VORLAGE EINER VON IHNEN AUFGEWORFENEN FRAGE NACH DER AUSLEGUNG DES GEMEINSCHAFTSRECHTS VERPFLICHTET , WENN DIE FRAGE NICHT ENTSCHEIDUNGSERHEBLICH IST , D . H ., WENN DIE ANTWORT AUF DIESE FRAGE , WIE AUCH IMMER SIE AUSFÄLLT , KEINERLEI EINFLUSS AUF DIE ENTSCHEIDUNG DES RECHTSSTREITS HABEN KANN . STELLEN SIE DAGEGEN FEST , DASS DAS GEMEINSCHAFTSRECHT HERANGEZOGEN WERDEN MUSS , UM EINE ENTSCHEIDUNG DES BEI IHNEN ANHÄNGIGEN RECHTSSTREITS ZU ERMÖGLICHEN , SIND SIE NACH ARTIKEL 177 VERPFLICHTET , DEM GERICHTSHOF JEDE SICH STELLENDE AUSLEGUNGSFRAGE VORZULEGEN .

4 . WENN AUCH ARTIKEL 177 ABSATZ 3 INNERSTAATLICHE GERICHTE , DEREN ENTSCHEIDUNGEN NICHT MEHR MIT RECHTSMITTELN DES INNERSTAATLICHEN RECHTS ANGEFOCHTEN WERDEN KÖNNEN , OHNE JEDE EINSCHRÄNKUNG DAZU VERPFLICHTET , DEM GERICHTSHOF ALLE SICH IN BEI IHNEN ANHÄNGIGEN VERFAHREN STELLENDEN FRAGEN DER AUSLEGUNG DES VERTRAGES VORZULEGEN , SO KANN DIE WIRKUNG , DIE VON EINER DURCH DEN GERICHTSHOF IN EINEM FRÜHEREN VERFAHREN GEGEBENEN AUSLEGUNG AUSGEHT , DOCH IM EINZELFALL DEN INNEREN GRUND DIESER VERPFLICHTUNG ENTFALLEN UND SIE SOMIT SINNLOS ERSCHEINEN LASSEN ; DIES GILT INSBESONDERE DANN , WENN DIE GESTELLTE FRAGE TATSÄCHLICH BEREITS IN EINEM GLEICHGELAGERTEN FALL GEGENSTAND EINER VORABENTSCHEIDUNG GEWESEN IST ODER WENN DER GERICHTSHOF DIE BETREFFENDE RECHTSFRAGE IN EINER GESICHERTEN RECHTSPRECHUNG GELÖST HAT , GLEICH IN WELCHER ART VON VERFAHREN SICH DIESE RECHTSPRECHUNG GEBILDET HAT , UND SELBST DANN , WENN DIE STRITTIGEN FRA GEN NICHT VOLLKOMMEN IDENTISCH SIND . DENNOCH BLEIBT ES DEN INNERSTAATLICHEN GERICHTEN , EINSCHLIESSLICH DER IN ARTIKEL 177 ABSATZ 3 GENANNTEN GERICHTE , IN ALL DIESEN FÄLLEN UNBENOMMEN , DEN GERICHTSHOF ANZURUFEN , WENN SIE ES FÜR ANGEBRACHT HALTEN .

5 . ARTIKEL 177 ABSATZ 3 EWG-VERTRAG IST DAHIN AUSZULEGEN , DASS EIN GERICHT , DESSEN ENTSCHEIDUNGEN SELBST NICHT MEHR MIT RECHTSMITTELN DES INNERSTAATLICHEN RECHTS ANGEFOCHTEN WERDEN KÖNNEN , SEINER VORLAGEPFLICHT NACHKOMMEN MUSS , WENN IN EINEM BEI IHM SCHWEBENDEN VERFAHREN EINE FRAGE DES GEMEINSCHAFTSRECHTS GESTELLT WIRD , ES SEI DENN , ES HAT FESTGESTELLT , DASS DIE RICHTIGE ANWENDUNG DES GEMEINSCHAFTSRECHTS DERART OFFENKUNDIG IST , DASS FÜR EINEN VERNÜNFTIGEN ZWEIFEL KEINERLEI RAUM BLEIBT ; OB EIN SOLCHER FALL GEGEBEN IST , IST UNTER BERÜCKSICHTIGUNG DER EIGENHEITEN DES GEMEINSCHAFTSRECHTS , DER BESONDEREN SCHWIERIGKEITEN SEINER AUSLEGUNG UND DER GEFAHR VONEINANDER ABWEICHENDER GERICHTSENTSCHEIDUNGEN INNERHALB DER GEMEINSCHAFT ZU BEURTEILEN .

In der nächsten Entscheidung wird auf Rechtssache 283/81 verwiesen.

URTEIL DES GERICHTSHOFES
30. September 2003(1)

„Gleichbehandlung - Entgelt von Universitätsprofessoren - Mittelbare Diskriminierung - Dienstalterszulage - Haftung eines Mitgliedstaats für Schäden, die dem Einzelnen durch dem Mitgliedstaat zuzurechnende Verstöße gegen das Gemeinschaftsrecht entstanden sind - Einem nationalen Gericht zuzurechnende Verstöße“

In der Rechtssache C-224/01

https://curia.europa.eu/juris/document/document.jsf?text=&docid=48649&pageIndex=0&doclang=de&mode=lst&dir=&occ=first&part=1&cid=4929902

Zitat
118.
        Der Verwaltungsgerichtshof durfte nämlich nicht davon ausgehen, dass sich die Lösung der Rechtsfrage einer gesicherten Rechtsprechung des Gerichtshofes entnehmen oder keinerlei Raum für einen vernünftigen Zweifel lasse (vgl. Urteil vom 6. Oktober 1982 in der Rechtssache 283/81, CILFIT u. a., Slg. 1982, 3415, Randnrn. 14 und 16). Er war daher nach Artikel 177 Absatz 3 EG-Vertrag verpflichtet, sein Vorabentscheidungsersuchen aufrechtzuerhalten.

SCHLUSSANTRÄGE DES GENERALANWALTS
PHILIPPE LÉGER
vom 8. April 2003(1)
Rechtssache C-224/01

https://curia.europa.eu/juris/document/document.jsf?text=&docid=48192&pageIndex=0&doclang=de&mode=lst&dir=&occ=first&part=1&cid=4929902

Zitat
173.
        Überdies hätte der Verwaltungsgerichtshof an seinem Vorabentscheidungsersuchen festhalten oder es ergänzen müssen, um bestimmte Klarstellungen zur Tragweite des Urteils Schöning-Kougebetopoulou zu erhalten. Orientiert man sich am Urteil Cilfit u. a., so ist es schwer vorstellbar, dass der Verwaltungsgerichtshof tatsächlich davon überzeugt war, dass die - als richtig unterstellte - Anwendung des Gemeinschaftsrechts derart offenkundig war, dass keinerlei Raum für vernünftige Zweifel an der Entscheidung der betreffenden Rechtsfrage blieb, und dass dies auch für die Gerichte der übrigen Mitgliedstaaten und den Gerichtshof ebenso offenkundig wäre(144).


Querverweise:
Das Gericht muß materiellem Unionsrecht entsprechen -> 1 BvR 1675/16
https://gez-boykott.de/Forum/index.php?topic=30058.0

BVerfG 2 BvR 793/07 - Vorlagepflicht, wenn kein zweifelfreies Ergebnis möglich
https://gez-boykott.de/Forum/index.php?topic=36841.0


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- Gegner des Landes Brandenburg wie auch gesamt Europas;

 
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