Archiv > Pressemeldungen August 2021

Bundesverfassungsgericht hebt Rundfunkbeitrag vorläufig auf 18,36 Euro an

<< < (3/11) > >>

ope23:
Was das Bundesverfassungsgericht dem von ihm gehüteten Grundgesetz angetan hat, gehört schon in einen eigenen Thread.


--- Zitat von: pjotre am 05. August 2021, 10:48 ---Das BVerfG erfindet also als "juristischen Kllimmzug für das ja wohl vorher festliegende Ergebnis" ein im Verfassungsrecht und im Grundgesetz nicht existierendes Konstrukt einer
"Schatten-Bundesrepublik Nummer 2": Die "föderale Verantwortungsgemeinschaft".

--- Ende Zitat ---
Gut erkannt, pjotre.

Die hierzuforum schon früher erwähnte "Bundestreue" greift hier nicht, da der Rundfunk Ländersache ist. Also bekam diese Bundestreue heute vom Bundesverfassungsgericht eine föderale Schwester, nämlich die föderale Verantwortungsgemeinschaft.

So wird hintenrum der deutsche offentlich-rechtliche Rundfunk zur Bundessache erhoben. Das Wort von "Verfassungsrang des ÖRR" ist ja schon gefallen.

Es tritt für mich eine weitere Merkwürdigkeit zutage, weshalb es überhaupt eines Staatsvertrags für 16 Bundesländer bedarf. Es könnten doch genausogut die einzelnen Bundesländer selbst die Höhe der Rundfunkbeiträge beschließen. Dann sind die Rundfunkbeiträge in jedem Bundesland halt unterschiedlich hoch. Gibt es doch auf anderen Sachgebieten auch. (Mehrländeranstalten kriegt man auch gewuppt, das ist wohl nicht das Problem.)

In der DDR gab es die Doppelherrschaft von Staat und Partei - so schon installiert in den DDR-Verfassungen.

Nun hat das Bundesverfassungsgericht den Weg eingeschlagen, eine Doppelherrschaft Staat und Rundfunk zu installieren. pjotre hat schon sehr schön die neuen Parallelstrukturen illustriert.

Der Iran ist das einzige(?) nichtkommunistische Land, in dem es eine dezidierte Doppelherrschaft gibt - dort: Staat und Religion.

Und so geriert sich auch der deutsche öffentlich-rechtliche Rundfunk: wie eine Kirche.

Und die Intonation der geifernden pro-örR Kommentatoren ist genau die, die ich aus kirchlichen Sekten (Spezialthema) kenne.

Wenn nun die vollständig automatisierte Behandlung von Menschen (von Direktanmeldung bis Inhaftierung) vom Bundesverfassungsgericht als verfassungsgemäß angesehen wird, hat es auch den ewigen Satz "Die Würde des Menschen ist unantastbar." der Rundfunkfreiheit geopfert. Seit heute halte ich es für möglich, dass das Bundesverfassungsgericht so entscheidet.


Mork vom Ork:
Die Meldung ist nur wenige Stunden alt, aber auf Heise.de gibt es schon über 400 Leserkommentare:

Heise.de: Bundesverfassungsgericht erhöht Rundfunkbeitrag
https://www.heise.de/news/Bundesverfassungsgericht-erhoeht-Rundfunkbeitrag-6155864.html

marx:
Humor haben sie ja. Entmündigen sie einfach das Landesparlament.

Der folgende Satz klingt bekannt:

--- Zitat ---Dabei wächst die Bedeutung der dem beitragsfinanzierten öffentlich-rechtlichen Rundfunk obliegenden Aufgabe, durch authentische, sorgfältig recherchierte Informationen, die Fakten und Meinungen auseinanderhalten, die Wirklichkeit nicht verzerrt darzustellen und das Sensationelle nicht in den Vordergrund zu rücken, vielmehr ein vielfaltsicherndes und Orientierungshilfe bietendes Gegengewicht zu bilden.

--- Ende Zitat ---
Er stammt aus dem Bruderurteil (BVerfG 18.7.2018, RN 80). Dort ist er bereits Teil der Beschreibung des die Bebeitragung rechtfertigenden Vorteils.


--- Zitat von: BVerfG 18.7.18, RN 80f ---Dies alles führt zu schwieriger werdender Trennbarkeit zwischen Fakten und Meinung, Inhalt und Werbung sowie zu neuen Unsicherheiten hinsichtlich Glaubwürdigkeit von Quellen und Wertungen. Der einzelne Nutzer muss die Verarbeitung und die massenmediale Bewertung übernehmen, die herkömmlich durch den Filter professioneller Selektionen und durch verantwortliches journalistisches Handeln erfolgt. Angesichts dieser Entwicklung wächst die Bedeutung der dem beitragsfinanzierten öffentlich-rechtlichen Rundfunk obliegenden Aufgabe, durch authentische, sorgfältig recherchierte Informationen, die Fakten und Meinungen auseinanderhalten, die Wirklichkeit nicht verzerrt darzustellen und das Sensationelle nicht in den Vordergrund zu rücken, vielmehr ein vielfaltssicherndes und Orientierungshilfe bietendes Gegengewicht zu bilden [...].

(2) In der Möglichkeit, den öffentlich-rechtlichen Rundfunk in dieser Funktion zu nutzen, liegt der die Erhebung des Rundfunkbeitrags rechtfertigende individuelle Vorteil [...].

--- Ende Zitat ---

Nevrion:
Also muss Sachsen-Anhalt nun den Rundfunkstaatsvertrag kündigen, wenn sie gegen eine Erhöhung sind? Irgendwie hab ich das Gefühl, dass die Richter mit ihrer Sichtweise eine reichlich exklusive Meinung in der Bevölkerung vertreten.

ope23:

--- Zitat von: Nevrion am 05. August 2021, 13:01 ---Also muss Sachsen-Anhalt nun den Rundfunkstaatsvertrag kündigen, wenn sie gegen eine Erhöhung sind?

--- Ende Zitat ---
Das würde nicht helfen.

Wenn sogar Untätigkeit eines Landtags durch richterliches Handeln (hier die Inkraftsetzung des Artikels 1 des Medienblähvertrags) ersetzt wird, dann ist es ein Leichtes, eine Kündigung schlicht für unwirksam zu erklären. Man kommt ja auch sonst nicht aus Verträgen raus  ::) .

Vorliegend hatte der neue MBlähV ab 1.1.2021 bis gestern gar keinen Bestand.
Er wurde heute dem Land Sachsen-Anhalt oktroyiert.

Navigation

[0] Themen-Index

[#] Nächste Seite

[*] Vorherige Sete

Zur normalen Ansicht wechseln