online-boykott.de, 30.07.2021Rechtsanwalt Thorsten Bölck
Vollstreckung für den WDR: erfolgreiche Anfechtung einer Kontopfändung der Stadt KerpenDer WDR, die zweitgrößte Sendeanstalt Europas, geht mit allen Mitteln gegen Bürger vor, die den sogenannten „Rundfunkbeitrag“ (besser bekannt als GEZ-Gebühr) verweigern. Unter anderem lässt er von den Städten Kontopfändungen vornehmen, um säumige Beiträge einzutreiben. Ein mächtiger Apparat gegen den einzelnen Bürger als letztes und schwächtes Glied in der Kette.
Aber nicht alles, was sich dieser Apparat leistet, kann durchgesetzt werden, wenn man sich zu helfen weiß. Mit Hilfe des bekannten Rechtsanwalts Thorsten Bölck konnte eine Kontopfändung in Köln erfolgreich abgewendet werden.
Aufgrund von einem Bürger geschuldeter „Rundfunkbeiträge“ hatte die Stadt Kerpen am 22.6.2021 auf Veranlassung des WDR dessen Forderungen gegenüber der Kreissparkasse Köln als Drittschuldner gepfändet.
In der
Pfändungsverfügung hat die Stadt Kerpen
keinen zu vollstreckenden Leistungsbescheid genannt, so dass davon ausgegangen werden musste, dass es einen solchen
nicht gibt und somit die
Vollstreckungsvoraussetzung nach § 6 (1) Nr. 1 VwVG NRW nicht vorliegt.
In ihrer
Forderungsaufstellung hat die Stadt Kerpen neben anderen Forderungen u. a.
gesetzlich nichtexistierende „Vollstreckungsgebühren“ mit 21€ genannt – eine reine „Erfindung“, da es
keine Rechtsnorm gibt, die zur
Zahlung von „Vollstreckungsgebühren“ verpflichtet.
In der Pfändungsverfügung hat die Stadt Kerpen
nicht ausgesprochen, dass der Vollstreckungsgläubiger, für den gepfändet ist, die Forderung einziehen kann. Das muss sie aber nach
§ 40 (1) VwVG NRW tun, wenn sie vom Drittschuldner Zahlung verlangt. Die Stadt Kerpen hat von der Kreissparkasse Köln Zahlung verlangt, indem sie diese aufgefordert hat, den in der Pfändungsverfügung genannten Betrag an sie zu zahlen. Die Stadt Kerpen durfte die Kreissparkasse Köln aber nicht zur Zahlung auffordern, weil sie nicht ausgesprochen, dass der Vollstreckungsgläubiger, für den gepfändet ist, die Forderung einziehen kann.
Aus diesen drei Gründen ist die Pfändungsverfügung rechtswidrig.
Gegen die Pfändungsverfügung wurde
Widerspruch eingelegt. Außerdem wurde beim
Verwaltungsgericht Köln (6 L 1284/21) ein Antrag auf
Anordnung der aufschiebenden Wirkung des Widerspruchs gestellt. Zur Begründung wurden die drei hier genannten Gründe angeführt.
Aufgrund dieser Begründung für den Widerspruch und für den Antrag an das Verwaltungsgericht Köln
hob die Stadt Kerpen ihre Pfändungsverfügung auf und erklärte gegenüber dem Verwaltungsgericht Köln, dass sie die Kosten des Verfahrens trägt.Somit steht fest, dass die Pfändungsverfügung rechtswidrig war.
Natürlich ist es erfreulich, wenn man einen kleinen Etappensieg erlangt, es bleibt jedoch ein fader Beigeschmack. Man fragt sich, warum man im 21. Jahrhundert ein Mammutsystem finanzieren muss, welches seit Jahrzehnten nicht mehr benötigt wird – zumindest in dieser Größe? Wie viele Bürger wissen sich nicht zu wehren und werden gesetzwidrig gepfändet und mit nichtexistierenden Gebühren belegt? Es ist eigentlich egal, wohin man schaut, der öffentlich-rechtliche Rundfunk ist zu einer finanziellen und gesellschaftlichen Belastung geworden und muss radikal auf das notwendigste reduziert werden.
Dennoch freuen wir uns über diesen Sieg und wir hoffen, dass viele sich gegen diese gesetzwidrigen Praktiken zur Wehr setzen.
Angehängt sind die Dokumente, aus denen sich der Fall ergibt: Pfändungsverfügung, Antrag an das Verwaltungsgericht und Erlassungserklärung der Stadt Kerpen.
Artikel auf Online-Boykott lesen:https://online-boykott.de/nachrichten/195-vollstreckung-fuer-den-wdr-erfolgreiche-anfechtung-einer-kontopfaendung-der-stadt-kerpenDokumente:Pfändungsverfügung (PDF, 2 Seiten, ~215kB)
Antrag an das Verwaltungsgericht (PDF, 7 Seiten, ~3,6MB)
Erlassungserklärung der Stadt Kerpen (PDF, 2 Seiten, ~170kB)
Rechtsgrundlagen:
§ 6 (1) Nr. 1 VwVG NRW – Voraussetzungen für die Vollstreckunghttp://www.lexsoft.de/cgi-bin/lexsoft/justizportal_nrw.cgi?xid=146966,8(1) Voraussetzungen für die Vollstreckung sind:
1. der Leistungsbescheid, durch den der Schuldner zur Leistung aufgefordert worden ist; dieser ist auch dann erforderlich, wenn er gegen den Schuldner wirkt, ohne ihm bekannt gegeben zu sein,
§ 40 (1) VwVG NRW – Pfändung einer Geldforderunghttp://www.lexsoft.de/cgi-bin/lexsoft/justizportal_nrw.cgi?xid=146966,43(1) Soll eine Geldforderung gepfändet werden, so hat die Vollstreckungsbehörde dem Drittschuldner schriftlich zu verbieten, an den Schuldner zu zahlen, und dem Schuldner schriftlich zu gebieten, sich jeder Verfügung über die Forderung, insbesondere ihrer Einziehung, zu enthalten. In der Verfügung ist auszusprechen, dass der Vollstreckungsgläubiger, für den gepfändet ist, die Forderung einziehen kann. Die Pfändung ist bewirkt, wenn die Verfügung dem Drittschuldner zugestellt ist. Die Zustellung ist dem Schuldner mitzuteilen. Die an den Drittschuldner zuzustellende Pfändungsverfügung soll den beizutreibenden Geldbetrag in einer Summe ohne Angabe des Schuldgrundes bezeichnen.
Weitere erfolgreiche Vollstreckungsanfechtungen siehe u.a. unter
Targobank wegen unzulässiger Zahlung einer "NDR-Kontopfändung" verurteilt (04/2019)
https://gez-boykott.de/Forum/index.php/topic,30858.0
Erfolgreicher Widerspruch gegen eine Pfändungsverfügung (10/2018)
https://gez-boykott.de/Forum/index.php?topic=29009.0
Pfändungsverfügung ohne Leistungsbescheid rechtswidrig (mit Download) (06/2018)
https://gez-boykott.de/Forum/index.php?topic=27736.0
Vollstreckung ohne Angabe der genauen Leistungsbescheide rechtswidrig (03/2017)
http://gez-boykott.de/Forum/index.php?topic=22596.0
Wichtig: Es ist nicht Ziel, es auf die Vollsteckung/ Pfändung "anzulegen" und wird seitens des Forums auch nicht "empfohlen".
Wenn eine Vollstreckung/ Pfändung jedoch nicht mehr zu vermeiden ist, sind selbstverständlich auch alle Vollstreckungsvoraussetzungen/ Pfändungsvoraussetzungen penibelst zu prüfen und fehlende Vollstreckungs-/ Pfändungsvoraussetzungen entsprechend anzugreifen.Auch veröffentlicht auf Twitter und Facebook.