Nach unten Skip to main content

Autor Thema: EuGH C-10/97 - Erstattung rechtsgrundlos gezahlter Beträge  (Gelesen 1197 mal)

  • Beiträge: 7.332
URTEIL DES GERICHTSHOFES
22. Oktober 1998 (1)

„Erstattung rechtsgrundlos gezahlter Beträge — Folgen der Unvereinbarkeit einer nationalen Abgabe mit dem Gemeinschaftsrecht“

In den verbundenen Rechtssachen C-10/97 bis C-22/97

https://curia.europa.eu/juris/document/document.jsf?text=&docid=44166&pageIndex=0&doclang=de&mode=lst&dir=&occ=first&part=1&cid=343853

Zitat
auf die ihm von der Pretura circondariale Rom mit Beschluß vom 17. Dezember 1996 vorgelegte Frage für Recht erkannt:

Das nationale Gericht muß aufgrund seiner Verpflichtung, eine innerstaatliche Regelung, durch die eine gemeinschaftsrechtswidrige Abgabe eingeführt worden ist, unangewendet zu lassen, Anträgen auf Erstattung dieser Abgabe grundsätzlich stattgeben. Die Erstattung ist gemäß den Vorschriften des innerstaatlichen Rechts zu gewährleisten, wobei diese nicht ungünstiger gestaltet werden dürfen als bei entsprechenden Klagen, die nur innerstaatliches Recht betreffen; auch dürfen sie die Ausübung der durch die Gemeinschaftsrechtsordnung verliehenen Rechte nicht praktisch unmöglich machen oder übermäßig erschweren. Eine eventuelle Neuqualifizierung der Rechtsbeziehungen, die durch die Erhebung einer später für gemeinschaftsrechtswidrig befundenen nationalen Abgabe zwischen der Finanzverwaltung eines Mitgliedstaats und den Gesellschaften in diesem Staat entstanden sind, unterliegt somit dem innerstaatlichen Recht.

Rn. 23
Zitat
Nach ständiger Rechtsprechung wird durch die Auslegung einer Vorschrift des Gemeinschaftsrechts, die der Gerichtshof in Ausübung seiner Befugnisse aus Artikel 177 des Vertrages vornimmt, erläutert und erforderlichenfalls verdeutlicht, in welchem Sinn und mit welcher Tragweite diese Vorschrift seit ihrem Inkrafttreten zu verstehen und anzuwenden ist oder gewesen wäre. Daraus folgt, daß die Gerichte die Vorschrift in dieser Auslegung auch auf Rechtsverhältnisse, die vor Erlaß des auf das Ersuchen um Auslegung ergangenen Urteils entstanden sind, anwenden können und müssen, wenn alle sonstigen Voraussetzungen für die Anrufung der zuständigen Gerichte in einem die Anwendung dieser Vorschrift betreffenden Streit vorliegen (Urteile vom 27. März 1980 in der Rechtssache 61/79, Denkavit italiana, Slg. 1980, 1205, Randnr. 16, und vom 2. Dezember 1997 in der Rechtssache C-188/95, Fantask u. a., Slg. 1997, I-6783, Randnr. 37).

Rn. 24
Zitat
Nach dieser Rechtsprechung ist das Recht auf Erstattung von Abgaben, die ein Mitgliedstaat unter Verstoß gegen die Vorschriften des Gemeinschaftsrechts in ihrer Auslegung durch den Gerichtshof erhoben hat, Folge und Ergänzung der Rechte, die den einzelnen aus den gemeinschaftsrechtlichen Vorschriften zustehen, die solche Abgaben verbieten. Der Mitgliedstaat ist somit grundsätzlich verpflichtet, die unter Verstoß gegen das Gemeinschaftsrecht erhobenen Gebühren zu erstatten (Urteil Fantask u. a., Randnr. 38).
Das Unionsrecht unterscheidet hier offenbar nicht zwischen einzelnen Abgabearten, den in der zitierten Rn. 27 werden auch die Begriffe "Steuer" und "sonstige Abgabe" benannt.

Rn. 26
Zitat
So muß die Verpflichtung des nationalen Gerichts, die Erstattung einer gemeinschaftswidrig erhobenen innerstaatlichen Abgabe sicherzustellen, vorbehaltlich der Beachtung der beiden in der Rechtsprechung des Gerichtshofes aufgestellten Voraussetzungen gemäß dem innerstaatlichen Recht erfüllt werden. Demnach bestimmen sich die Festsetzung der Modalitäten der Erstattung und die zu diesem Zweck vorgenommene Qualifizierung der Rechtsbeziehungen, die durch die Erhebung dieser Abgabe zwischen der Finanzverwaltung eines Mitgliedstaats und den in diesem Staat ansässigen Gesellschaften entstehen, nach nationalem Recht.
In Belangen des Rundfunkbeitrages gibt es keine Rechtsbeziehung zwischen Rundfunkanstalt und den Rundfunknichtinteressenten; in Belangen des Rundfunkbeitrages gibt es aber auch keine Rechtsbeziehung zwischen Finanzverwaltung des Staates und den Rundfunknichtinteressenten, da die Erhebung des Rundfunkbeitrages den Finanzverwaltungen des Staates nicht übertragen worden ist.

Rn. 27
Zitat
Außerdem steht, wie der Gerichtshof kürzlich entschieden hat, das Gemeinschaftsrecht grundsätzlich Vorschriften eines Mitgliedstaats nicht entgegen, die neben einer allgemeinen Verjährungsfrist, die für Klagen gegen Private auf Erstattung rechtsgrundlos gezahlter Beträge gilt, bei Steuern und sonstigen Abgaben besondere Beschwerde- und Klagemodalitäten vorsehen (Urteile vom 15. September 1998 in der Rechtssache C-231/96, Edis, Randnr. 37, und in der Rechtssache C-260/96, Spac, Slg. 1998, I-0000, Randnr. 21).

Das Kippen des Rundfunkbeitrages in allen Fällen der Rundfunknichtinteressenten müsste wahrscheinlich durch den EuGH initiiert werden, in dem dieser die Erhebung des Rundfunkbeitrages in Belangen der Rundfunknichtinteressenten wegen Mißachtung der Art 10 EMRK, Art 11 GrCh, sowohl Art 7 und 8 GrCh für "mit dem Unionsrecht unvereinbar" erklärt, da sich der Staat in die Informations- und Medienfreiheit der Bürger nicht einmischen darf.

Eine nationale Verjährungsfrist würde sich dann erst anschließen, innerhalb derer alle Rundfunknichtinteressenten die Rückerstattung der von ihnen zwangsabgepressten Rundfunkbeiträge verlangen können?

Der Weg über den EuGH hätte hier ein zusätzliches Druckmittel, sofern das nationale Recht dann der Entscheidung des EuGH nicht entsprechen würde, denn die Mißachtung einer EuGH-Entscheidung belegt der EuGH nahezu regelmäßig mit Bußgeld.

Weiterführend u. a.:

EuGH Rechtssache 106/77 - Unmittelbare Bindung des Gemeinschaftsrechts
https://gez-boykott.de/Forum/index.php?topic=35440.0

EuGH C-260/89 - Rundfunk - Keine Maßnahme rechtens, die Art 10 EMRK mißachtet
https://gez-boykott.de/Forum/index.php?topic=35024.0

EuGH C-136/17 - Art 7 und 8 GrCh haben Vorrang vor Art 11 GrCh
https://gez-boykott.de/Forum/index.php?topic=35096.0

EuGH C-236/16 - Pflichtabgabe ist eine mittelbare Diskriminierung
https://gez-boykott.de/Forum/index.php?topic=35256.0

EuGH C-345/02 - Zwangsbeiträge als Teil einer Beihilfe meldepflichtig
https://gez-boykott.de/Forum/index.php?topic=33338.0

EuGH C-206/06 - Zwangsabgabe ->Keine Verbr.-pflicht z. Übn. marktunübl. Kosten
https://gez-boykott.de/Forum/index.php?topic=35292.0

EuGH C-421/18 - Beitragserhebung nur mit freiwilliger Leistungsvereinbarung
https://gez-boykott.de/Forum/index.php?topic=33234.0

EuGH C-526/04 - Rückforderungspflicht einer Überkompensierung
https://gez-boykott.de/Forum/index.php?topic=35268.0

EuGH C-69/14 - Unionsrechtswidrige Abgaben sind zu erstatten
https://gez-boykott.de/Forum/index.php?topic=34737.0


Unterschriftenaktion: https://online-boykott.de/unterschriftenaktion
Rechtlicher Hinweis: Beiträge stellen keine Rechtsberatung in irgendeiner Form dar. Sie spiegeln ausschließlich die persönliche Meinung des Verfassers wider. Weitere Infos: Regeln

  • IP logged  »Letzte Änderung: 01. Juli 2021, 16:02 von pinguin«
Bei Verarbeitung pers.-bez.-Daten ist das Unionsgrundrecht unmittelbar bindend; (BVerfG 1 BvR 276/17 & BVerfG 1 BvR 16/13)

Keine Unterstützung für
- Amtsträger, die sich über europäische wie nationale Grundrechte hinwegsetzen oder dieses in ihrem Verantwortungsbereich bei ihren Mitarbeitern, (m/w/d), dulden;

- Parteien, der Mitglieder sich als Amtsträger über Grundrechte hinwegsetzen und wo die Partei dieses duldet;

- Gegner des Landes Brandenburg wie auch gesamt Europas;

 
Nach oben