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Markus KA:
Es könnte in einem fiktiven Fall vorgekommen sein, dass Person K keinen Widerspruch innerhalb von 4 Wochen eingelegt haben konnte und somit gleichzeitig Antrag auf vorläufigen Rechtschutz gemäß § 123 VwGO gegen die Kreiskasse gestellt und Klage gegen die Kreiskasse beim zuständigen Verwaltungsgericht (VG) eingereicht haben könnte.

Es könnte in einem fiktiven Fall aber auch vorgekommen sein, dass Person K es tatsächlich geschafft haben könnte und innerhalb von 4 Wochen einen Widerspruch gegen die Vollstreckungsankündigung der Kreiskasse bei der Kreiskasse eingelegt haben könnte und zusätzlich Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung gemäß § 80 Abs. 5 VwGO gegen die Kreiskasse[/b] gestellt und zusätzlich Klage gegen die Kreiskasse beim zuständigen Verwaltungsgericht (VG) eingereicht haben könnte.




--- Zitat ---Person K                  Musterstadt, den XX.XX.2019
Musterstrasse 40
88888 Musterstadt



Verwaltungsgericht Musterstadt
Musterstrasse 99
88888 Musterstadt



Antrag auf vorläufigen Rechtschutz gemäß § 123 VwGO


Person K, Musterstrasse 40, 88888 Musterstadt.         
-Antragstellerin-

gegen

Kreisausschuss des XY-Kreises, Körperschaft des Öffentlichen Rechts, vertreten durch den Landrat Musterrat
Musterstraße 99, 88888 Musterstadt

-Antragsgegnerin-

vorläufigen Rechtschutz gemäß § 123 VwGO,
wegen Vollstreckung.


Es wird beantragt,

den Antragsgegner im Wege der einstweiligen Anordnung zu verpflichten, die mit Vollstreckungsersuchen vom XX.XX.2018 und XX.XX.2018  mit dem Aktenzeichen 2018/XXXXX eingeleitete Vollstreckungsmaßnahmen vorläufig bis zum Eintritt der Rechtskraft der Entscheidung in der Hauptsache

- Klage vom heutigen Tag -

einzustellen.




Person K
- Antragstellerin –


Anlage:
Schreiben des Gerichtsvollziehers vom XX.XX.2018

--- Ende Zitat ---

----------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------


--- Zitat ---Person K                  Musterstadt, den XX.XX.2019
Musterstrasse 40
88888 Musterstadt



Verwaltungsgericht Musterstadt
Musterstrasse 99
88888 Musterstadt



Klage


In Sachen,

Person K, Musterstrasse 40, 88888 Musterstadt.            
-Klägerin-


gegen

Kreisausschuss des XY-Kreises, Körperschaft des Öffentlichen Rechts, vertreten durch den Landrat Musterrat
Musterstraße 99, 88888 Musterstadt
-Beklagter-

Es wird beantragt,

die Zwangsvollstreckung des Beklagten vom XX.XX.2018 für unzulässig zu erklären.





Person K
- Klägerin -

Anlage:

Schreiben des Gerichtsvollziehers vom XX.XX.2018

--- Ende Zitat ---

Markus KA:
Es könnte in einem fiktiven Fall vorgekommen sein, dass Person K ihre Erinnerung beim Amtsgericht wie folgt begründet haben könnte:


--- Zitat ---Zur gerichtlichen Klärung des Sachverhaltes hat die Erinnerungsführerin am XX.XX.2019 beim Verwaltungsgericht XY, Antrag auf vorläufigen Rechtschutz gemäß § 123 VwGO und Anfechtungsklage gemäß § 42 VwGO gegen den Kreisausschuss des XY-Kreises, Körperschaft des Öffentlichen Rechts, vertreten durch Landrat Musterrat, beantragt bzw. eingereicht. Die entsprechenden Aktenzeichen werden dem Amtsgericht umgehend nachgereicht, sobald diese vorliegen.


Die Erinnerungsführerin kann sich im gerichtlichen Verfahren darauf berufen, dass ihr der Leistungsbescheid nicht wirksam bekannt gegeben worden ist.

Die Vollstreckungsbehörde trägt die materielle Beweislast für die wirksame Bekanntgabe des Leistungsbescheides. Die Bescheinigung der Vollstreckbarkeit durch die um die Vollstreckung ersuchende Stelle ersetzt den Beweis der wirksamen Bekanntgabe des Leistungsbescheides nicht.

Die Vollstreckung von Verwaltungsakten darf immer erst beginnen, wenn die in § 18 Abs. 1 HessVwVG genannten allgemeinen Vollstreckungsvoraussetzungen vorliegen.

Hierzu gehört jedenfalls, dass der zu vollstreckende Verwaltungsakt unanfechtbar geworden ist oder Rechtsbehelfe gegen ihn keine aufschiebende Wirkung haben (§ 2 HessVwVG). Dies setzt wiederum voraus, dass der Verwaltungsakt überhaupt wirksam geworden ist (§ 1 Abs. 1 des Hessischen Verwaltungsverfahrensgesetzes [HVwVfG] i.V.m. § 43 Abs. 1 Satz 1 des Verwaltungsverfahrensgesetzes [VwVfG]), wofür schließlich zunächst die ordnungsgemäße Bekanntgabe des Bescheides nach § 41 VwVfG erforderlich ist.   

Wendet sich die Erinnerungsführerin im gerichtlichen Verfahren gegenüber der Vollstreckungsbehörde gegen die von ihr getroffene Vollstreckungsmaßnahme, kann sie sich ihr gegenüber darauf berufen, ihr sei der Verwaltungsakt nicht bekannt gegeben worden. Kann das Gericht die ordnungsgemäße Bekanntgabe des Verwaltungsaktes tatsächlich nicht feststellen, so geht dies zu Lasten der Vollstreckungsbehörde, die insoweit im Zweifel die materielle Beweislast trägt (vgl. § 41  Abs.  2 Satz  2,  2. Halbsatz VwVfG), auch wenn sie die Vollstreckung lediglich auf Ersuchen durchführt und die ersuchende Stelle ihr gegenüber die Vollstreckbarkeit des Verwaltungsaktes bescheinigt hat (vgl. § 5 Abs. 2 Satz 2 HessVwVG).

Denn mit der Bescheinigung der ersuchenden Stelle übernimmt diese lediglich im Innenverhältnis zur ersuchten Vollstreckungsbehörde die Verantwortung für das Vorliegen der Vollstreckungsvoraussetzungen. Im Verhältnis zwischen Vollstreckungsbehörde und Antragstellerin kann sich diese jedoch weiterhin auf das Fehlen der Vollstreckungsvoraussetzungen berufen, zumal diese als die Behörde, die den angegriffenen Verwaltungsakt erlassen hat, die einzig richtige Beklagte (§ 78 VwGO) und von daher prozessual verantwortlich für das Vorliegen der Vollstreckungsvoraussetzungen ist (BFH, Beschluss vom 04.07.1986 - VII B 151/85 - NVwZ 1987, 535).

Danach ist die Erinnerung der Erinnerungsführerin hier stattzugeben.

Es bestehen nämlich hinreichende Zweifel daran, dass der Erinnerungsführerin die der Vollstreckung zu Grunde gelegten Verwaltungsakt zugegangen ist, und die Erinnerungsgegnerin hat es nicht vermocht, den Zugang der Leistungsbescheide nachzuweisen (§ 41 Abs. 2 Satz 2, 2. Halbsatz VwVfG); dies geht aus den dargelegten Gründen zu ihren Lasten.

Der Nachweis des Zugangs kann - unabhängig davon, welche Anforderungen man an das Vorliegen eines "Zweifels" im Sinne von § 41 Abs. 2 Satz 2, 2. Halbsatz VwVfG stellt (vgl. dazu auch BFH, Beschluss   vom   04.07.1986,   a.a.O.,   m.w.N.)   - zumindest hinsichtlich des Verwaltungsaktes nicht mit dem bloßen Hinweis darauf geführt werden, die Bescheide seien auf dem Postweg nicht als unzustellbar zurückgelangt.

Die teilweise anzutreffenden Gegenansichten, wonach der Betroffene in jedem Fall sein Bestreiten substantiiert vortragen und glaubhaft machen muss, um "ernsthafte" oder "berechtigte" Zweifel am Zugang des Bescheides zu begründen (so z.B. Kopp/Ramsauer, VwVfG, Kommentar, 7. Aufl., § 41 Rn. 25 m.w.N. oder Ohlinger in: Beck'scher Kommentar zum Rundfunkrecht, 1. Aufl., § 7 RGebStV Rn. 47), geht demgegenüber von Anforderungen aus, die vom Wortlaut des Gesetzes nicht mehr gedeckt sind. Denn mit der Formulierung "im Zweifel" stellt § 41 Abs. 2 Satz 2, 2. Halbsatz VwVfG eine einfache Beweislastregel auf, wonach die Behörde den Zugang des Bescheides beweisen muss, wenn dieser Umstand streitig wird. Ist unstreitig, dass der Bescheid als solcher zugegangen ist, und besteht lediglich Streit darüber, zu welchem Zeitpunkt dies geschehen ist, mag es
angehen, im Wege eines Beweises des ersten Anscheins grundsätzlich von einem typischen Geschehensablauf und der in § 41 Abs. 2 Satz 1 VwVfG gesetzlich vermuteten Postlaufzeit von drei Tagen nach Aufgabe zur Post auszugehen und dem Betroffenen zunächst die Verpflichtung aufzuerlegen, einen hiervon abweichenden, atypischen Geschehensablauf darzulegen und glaubhaft zu machen, um den Beweis des ersten Anscheins zu erschüttern. Dies gilt hingegen nicht für den Zugang als solchen.

Auch sind im Übrigen keinerlei Anhaltspunkte dafür erkennbar, dass die Erinnerungsführerin die Bescheide tatsächlich erhalten hat. So hat sie etwa keine Rechtsbehelfe gegen die Bescheide eingelegt oder sich vorprozessual in irgendeiner Weise zu dem Inhalt des Bescheides eingelassen. Vor diesem Hintergrund kann der Hinweis auf die Aufgabe der Bescheide zur Post und das Ausbleiben eines Rücklaufs als unzustellbar den nach § 41 Abs. 2 Satz 2, 2. Halbsatz VwVfG erforderlichen Nachweis des Zugangs auch insoweit nicht ersetzen.

Alles in allem erweist sich die angegriffene Vollstreckungsmaßnahme der Erinnerungsgegnerin vom XX.XX.2018 mithin mangels Nachweislichkeit des Vorliegens der Vollstreckungsvoraussetzung nach § 18 Abs. 1 HessVwVG als rechtswidrig, was dementsprechend festzustellen ist.



Person K

-Erinnerungsführerin-

--- Ende Zitat ---

Markus KA:
Es könnte in einem fiktiven Fall vorgekommen sein, dass Person K folgenden - positiven -
Beschluss vom Amtsgericht auf ihre Erinnerung erhalten haben könnte:


--- Zitat ---Auf die Erinnerung der Schuldnerin vom XX.XX.2018 wird das Vollstreckungsverfahren durch den Gerichtsvollzieher — Verfahren auf Abgabe der Vermögensauskunft gemäß Vollstreckungsersuchen der antragstellenden Vollstreckungsbehörde vom XX.XX.2018 — auf Kosten des Gläubigers für unzulässig erklärt.

Gründe:

Das Begehren der Schuldnerin ist als Erinnerung gegen die Aufforderung zur Abgabe der Vermögensauskunft auszulegen. Weitere gesondert anfechtbare konkrete Vollstreckungsmaßnahmen sind derzeit nicht ersichtlich. Nach herrschender Ansicht
(Zöller/Seidel, ZPO, 32. Auflage, § 802f Rn. 25 mwN), der sich das Amtsgericht anschließt, ist die Einleitung und Durchführung des Verfahrens auf Abgabe der Vermögensauskunft eine für den Schuldner mit der Erinnerung nach § 786 ZPO anfechtbare Vollstreckungsmafsnahme.

Die Erinnerung hat in der Sache Erfolg.

Grundlage der Vollstreckung ist das Vollstreckungsersuchen des XY-Kreises vom XX.XX.2018 an den Gerichtsvollzieher. Dieses Ersuchen tritt an die Stelle der vollstreckbaren Ausfertigung des Schuldtitels; einer Zustellung des Ersuchens bedarf es nicht, § 17b Abs. 2 Satz 2 HVwVG.

Der Mindestinhalt des Vollstreckungsersuchens ist § 17b Abs. 3 HVwVG zu entnehmen:
Danach muss das Ersuchen unter anderem neben der Angabe, dass der Verwaltungsakt unanfechtbar geworden ist oder die aufschiebende Wirkung eines Rechtsbehelfs entfällt (das entspricht dem Hinweis, mit dem die Vollstreckbarkeit der Forderungen bescheinigt wird, vgl. BGH, Beschluss vom 08.10.2015, VII ZB 11/15)) die Angabe enthalten, wann der Pflichtige gemahnt worden ist oder aus welchem Grund die Mahnung unterblieben ist, § 17b Abs. 3 Satz 1 Nr. 6 HVwVG.

Das durch den Gerichtsvollzieher mit der Sonderakte vorgelegte Vollstreckungsersuchen vom XX.XX.2018 enthält keinerlei Angaben zu etwaigen Mahnungen, die es offenbar — so die Stellungnahme der Vollstreckungsbehörde vom XX.XX.2019 zur Erinnerung der Schuldnerin — gegeben haben soll.

Damit konnte — ohne dass es darauf ankommt, ob die sonstigen aufgezeigten Einwände der Schuldnerin für ein Vollstreckungsverfahren relevant sein können — das konkrete Vollstreckungsersuchen vom XX.XX.2018 nicht die Grundlage für eine durch den Gerichtsvollzieher durchgeführte ZwangsvolIstreckungsmaßnahme in Gestalt der Durchführung des Verfahrens auf Abgabe der Vermögensauskunft sein.

An den Erfolg der Erinnerung knüpft die Kostenentscheidung entsprechend § 91 Abs. 1 ZPO.

Zur Klarstellung sei folgendes angemerkt: Diese Entscheidung trifft keine Aussage über die generelle Unzulässigkeit von Zwangsvollstreckungsmaßnahmen des Gläubigers gegen die Schuldnerin, sondern betrifft lediglich die konkrete Maßnahme des Gerichtsvollziehers aufgrund des genannten Vollstreckungsersuchens. Sie steht einem etwaigen erneuten Ersuchen nicht entgegen, das im Fall der Anfechtung weiterer hierauf gestützter ZwangsvolIstreckungsmaßnahmen gesondert zu überprüfen wäre.
--- Ende Zitat ---


Edit "Bürger":
Thread derzeit geschlossen. Ausgliederung in eigenständigen Thread vorbehalten.
Hinweis: Die Entscheidung des AG bezieht sich nicht auf eine mglw. nicht zugegangene Mahnung, sondern darauf, dass im Vollstreckungsersuchen selbst nicht angegeben sei, dass/ wann gemahnt wurde - insofern ein inhaltlicher Fehler des Vollstreckungsersuchens. Das ist jedenfalls ein kleiner feiner Unterschied. Ein Abbild des Vollstreckungsersuchens wäre für die Beurteilung hilfreich.
Bitte etwas Geduld. Danke für das Verständnis und die Berücksichtigung.

Markus KA:
Es könnte in einem fiktiven Fall vorgekommen sein, dass das Amtsgericht folgende sofortige Beschwerde vom Hessischen Rundfunk (HR) auf seinen Beschluß zur Unzulässigkeite der Vollstreckung erhalten haben könnte:


--- Zitat ---In der Zwangsvollstreckungssache [...] erhebt die Gläubigerin gegen den Beschluss vom [...] sofortige Beschwerde.

In der Entscheidung wurde das Vollstreckungsverfahren für unzulässig erklärt, da nach Auffassung des Gerichts eine Mahnung unterblieben sei. Dies trifft nicht zu. Die Schuldnerin wurde gemäß beigefügten Anlagen mit Schreiben vom ..., ..., ..., und ... gemahnt.

Infolgedessen sind die Zulässigkeitsvoraussetzungen der Zwangsvollstreckung gegeben.
[...]

--- Ende Zitat ---

Markus KA:
Es könnte in einem fiktiven Fall vorgekommen sein, dass das Amtsgericht folgenden - ablehnenden -
Beschluss zur sofortigen Beschwerde des Hessischen Rundfunks (HR) erteilt haben könnte:


--- Zitat ---"Der sofortigen Beschwerde des Gläubigers vom XX.XX.2019 gegen den Beschluss des Amtsgerichts vom XX.XX.2019 wird nicht abgeholfen.

Die Sache wird dem Landgericht YX — Beschwerdekammer — zur Entscheidung vorgelegt.

Gründe

Auf die Gründe der angefochtenen Entscheidung wird Bezug genommen.
Entgegen der in der Beschwerdebegründung vertretenen Ansicht hat das Amtsgericht der Erinnerung nicht deshalb stattgegeben, weil eine Mahnung unterblieben sei, sondern allein deshalb, weil das die Grundlage der Zwangsvollstreckung bildende Vollstreckungsersuchen des XY-Kreises vom XX.XX.2018 keine Angaben zu etwaigen Mahnungen enthält und damit den Mindestanforderungen des § 17b Abs. 3 Satz 1 Nr. 6 HVwVG nicht entspricht."
--- Ende Zitat ---

Nun wird noch abgewartet, wie das Landgericht sich dazu positioniert.

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