In einem fiktiven Fall könnte Person A eine Pfändungs- und Einziehungsverfügung des Südwestrundfunks als Vollstreckung rückständiger Rundfunkbeiträge im Verwaltungsverfahren, nach einem Vollstreckungsersuchen mit folgendem Wortlaut erhalten haben:
Sehr geehrter Herr A,
wir setzen Sie davon in Kenntnis, dass heute eine Pfändungs- und Einziehungsverfügung bei Ihrem Arbeitgeber veranlasst wurde.
Grund für die Pfändung ist die Forderung des Südwestrundfunks in Höhe von X EUR. Die Forderung setzt sich wie folgt zusammen:
Rundfunkgebühren und -beiträge für den Zeitraum XY ...U EUR
Säumniszuschläge ...V,- EUR
Mahngebühren....W,- EUR
bisher angefallene Vollstreckungskosten...X,- EUR
Pfändungsgebühren ....Y,- EUR
Zustellkosten....Z,- EUR
Die Forderung ist mit folgenden bestandskräftigen Bescheiden festgesetzt und angemahnt worden:
XX.YY.2018, XX.YY.2017, ...
Mit freundlichen Grüßen
Südwestrundfunk
(Anm. keine Unterschrift und kein Hinweis auf elektronische Erstellung, keine Rechtsbehelfsbelehrung)
Person A könnte sich gewundert haben und der Meinung sein, dass
Mahngebühren,
Vollstreckungskosten,
Pfändungsgebühren und
Zustellkosten in
keinem bestandskräftigen Bescheid festgesetzt und angemahnt worden sind.
Person A könnte in einem fiktiven Fall umgehend, gleich wie im Falle einer Kontopfändung,
-
Widerspruch gegen die Pfändungsverfügung beim Absender der Verfügung (hier die LRA) eingereicht und
-
Antrag auf Aussetzung der Vollziehung gemäß §80 Abs. 4 VwGO mit der selbigen Begründung gestellt haben:
Max Mustermann Musterstadt, den XX.XX.2018
Musterstrasse 10
00000 Musterstadt
LRA
Musterstrasse 10
00000 Musterstadt
Widerspruch gegen die Pfändungs- und Einziehungsverfügung vom XX.XX.2018
Es wird eingelegt der Widerspruch gegen die Pfändungs- und Einziehungsverfügung vom XX.XX.2019.
Die Voraussetzungen für eine rechtmäßige Vollstreckung und damit auch ihrer Vollstreckungsmaßnahmen sind nicht gegeben.
Begründung:
1 Fehlende Vollstreckungsvoraussetzungen
Im vorliegenden Vollstreckungsverfahren mangelt es an den erforderlichen Voraussetzungen einer ordnungsgemäßen Vollstreckung nach dem LVwVG und LVwfG.
1.1 Fehlender Mahnbescheid
Dem Widerspruchsführer liegen keine Mahnbescheide der Widerspruchsgegnerin vor.
Gemäß § 14 Abs.1 LVwVG, ist vor der Beitreibung der Pflichtige zu mahnen. Die schriftliche Mahnung ist dem Pflichtigen verschlossen auszuhändigen oder zuzusenden. Liegt ein Mahnbescheid der Gläubigerin dem Schuldner nicht vor, sind die gesetzlichen Voraussetzungen für eine Zwangsvollstreckung nicht gegeben.
1.2 Unzulässige Gebühren – fehlender Verwaltungsakt
Darüber hinaus, nach den §§ 1 ff. LVwVG ist es der Widerspruchsgegnerin grundsätzlich möglich, von der Gläubigerin festgesetzte und angeforderte Kosten zu vollstrecken. Voraussetzung dafür ist gemäß § 13 Abs.1 LVwVG allerdings, dass ein Verwaltungsakt vorliegt, durch den der Schuldner – hier der Widerspruchsführer – zur Leistung (Geldleistung) aufgefordert worden ist.
Gemäß § 1 Abs. 1 Satz 1 LVwVGKO und gemäß § 14 Abs.1 LVwVG werden die Kosten für Amtshandlung im Vollstreckungsverfahren zusammen mit der Vornahme der Amtshandlung festgesetzt; z.B. die Mahngebühr ist in einem Mahnbescheid festzusetzen und gemäß § 2 Abs. 1 LVwZG zuzustellen. Nach den hier insoweit hinsichtlich der Vollstreckung von Mahngebühren, Pfändungsgebühren, sowie Vollstreckungs- und Zustellkosten in Betracht kommenden Ermächtigungsgrundlagen bedarf es demnach für die Rechtmäßigkeit der Vollstreckung im Ergebnis eines Verwaltungsaktes, mit dem der Schuldner zur Leistung von Gebühren und Kosten (Kostenfestsetzungsbescheid) aufgefordert bzw. mit den Gebühren und Kosten festgesetzt wurden.
Ein solcher Verwaltungsakt liegt hier nicht vor.
Er ist besonders in den allgemein bekannten Mahnschreiben der Widerspruchsgegnerin nicht zu erkennen.
Ein Verwaltungsakt im Sinne des § 35 Satz 1 LVwVfG ist jede Verfügung, Entscheidung oder andere hoheitliche Maßnahme, die eine Behörde zur Regelung eines Einzelfalls auf dem Gebiet des öffentlichen Rechts trifft und die auf unmittelbare Rechtswirkung nach außen gerichtet ist.
Diese Voraussetzungen werden von den allgemein bekannten Mahnschreiben der Widerspruchsgegnerin nicht erfüllt.
Gegen die Qualifikation der allgemein bekannten Mahnschreiben als Verwaltungsakt spricht zunächst, dass diese nicht – wie in Hinblick auf Bescheide, mit denen die Gläubigerin Rundfunkbeiträge festsetzt, üblich – die Gläubigerin selbst als Unterzeichnende nennt, sondern die Schlussformeln
„Mit freundlichen Grüßen – Ihr Beitragsservice von ARD, ZDF und Deutschlandradio“
beinhaltet.
Dies deutet darauf hin, dass hier der Beitragsservice, bei dem es sich um eine nicht rechtsfähige Verwaltungsstelle des Gläubigers handelt (vgl. VGH Mannheim, Urteil vom 04.11.2016, Az.: 2S 548/16, juris Rn. 24 ff.), Absender des Schreibens ist.
Bei objektiver Betrachtung der allgemein bekannten Mahnschreiben der Widerspruchsgegnerin kann dieses daher nicht als Maßnahme einer Behörde, hier der Gläubigerin, die nach der Rechtsprechung die gemäß § 10 Abs. 5 Rundfunkbeitragsstaatsvertrages i. V. m. dem Gesetz zum Fünfzehnten Rundfunkänderungsstaatsvertrag vom 16.12.2011 zum Erlass von Festsetzungsbescheiden zuständige Behörde ist, qualifiziert werden.
Hinzu kommt, dass die allgemein bekannten Mahnschreiben der Widerspruchsgegnerin bei objektiver Auslegung anhand des Empfängerhorizonts (vgl. §§ 133, 157 BGB analog) keine Regelungswirkung erkennen lässt. Zwar heißt es in ihren Mahnschreiben, dass Gelegenheit gegeben werde, den Mahnbetrag auszugleichen. Dieser Betrag setzt sich – was sich aus einer beigefügten Tabelle ergibt – aus den mit Bescheiden festgesetzter Rundfunkbeiträgen sowie Mahngebühren zusammen. Eine deutliche Trennung zwischen den bereits festgesetzten Rundfunkbeiträgen und den in den allgemein bekannten Mahnschreiben erstmals geltend gemachten Mahngebühren lässt sich den Schreiben allerdings nicht entnehmen.
Dies deutet darauf hin, dass die Gläubigerin mit ihren Mahnschreiben lediglich eine Leistungspflicht des Schuldners wiederholte, diese jedoch (erstmals) nicht regeln wollte.
Auch der Umstand, dass die allgemein bekannten Mahnschreiben der Widerspruchsgegnerin – im Gegensatz zu den Bescheiden, mit denen die Gläubigerin Rundfunkbeiträge festsetzt – weder als Bescheid bezeichnet, noch mit einer Rechtsbehelfsbelehrung versehen ist, spricht dafür, dass mit den Mahnschreiben keine Regelung, mit dem Mahngebühren festgesetzt werden, getroffen werden sollte. Die am Ende des Mahnschreibens eingefügte Tabelle trifft ebenfalls keine eigene Regelung, sondern klärt lediglich über die Zusammensetzung des im Text des Schreibens genannten Betrages auf. Hierzu auch der Beschluss VG Schleswig-Holstein vom 01.08.2018, Az. 4 B 46/18.
Dieselbe rechtswidrige Vorgehensweise trifft auch mit Blick auf die angefallenen Vollstreckungskosten, Pfändungsgebühren und Zustellkosten zu.
Person A könnte umgehend einen fiktiven
Antrag auf Rechtschutz gemäß § 123 Abs. 1 Satz 1 VwGO gestellt und gleichzeitig eine fiktive
Anfechtungsklage beim zuständigen Verwaltungsgericht zur Klärung des Sachverhalts eingereicht haben.
***Person A könnte nach einem fiktiven Antrag gemäß § 123 Abs. 1 Satz 1 VwGO darauf aufmerksam gemacht worden sein, dass im vorliegenden fiktiven Fal
l - Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung gemäß § 80 Abs. 5 VwGO beim zuständigen Verwaltungsgericht zur Klärung des Sachverhalts zu stellen sei.Person A könnte seinen Arbeitgeber davon unterrichtet haben, dass rechtliche Schritte gegen eine fiktive rechtswidrige Forderung eingeleitet worden sind.
Person A könnte seinen Arbeitgeber, mit der Vorlage der Empfangsbestätigung des VG für Antrag und Klage, gebeten haben, solange jegliche Zahlungen einzustellen, bis der Sachverhalt gerichtlich geklärt wurde.
Sein Antrag auf Rechtschutz § 123 Abs. 1 Satz 1 VwGO könnte wie folgt gelautet haben:
Es wird beantragt,
den Antragsgegner im Wege der einstweiligen Anordnung zu verpflichten, die mit der Pfändungs- und Einziehungsverfügung vom XX.XX.2018 eingeleitete Vollstreckungsmaßnahme vorläufig bis zum Eintritt der Rechtskraft der Entscheidung in der Hauptsache
- Klage vom heutigen Tag -
einzustellen.
***Sein Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung gemäß § 80 Abs. 5 VwGO könnte wie folgt gelautet haben:Es wird beantragt,
den Antragsgegner im Eilverfahren die Anordnung der aufschiebenden Wirkung gemäß § 80 Abs. 5 VwGO zu erteilen und im Wege der einstweiligen Anordnung zu verpflichten, die mit der Pfändungs- und Einziehungsverfügung vom XX.XX.2019 eingeleitete Vollstreckungsmaßnahme vorläufig mit Beginn des eingelegten Widerspruchs vom XX.XX.2019 bis zum Eintritt der Rechtskraft der Entscheidung in der Hauptsache
- Klage vom heutigen Tag -
einzustellen.
In dem vorliegenden fiktiven Fall könnte der
Arbeitgeber von Person A eine Pfändungs- und Einziehungsverfügung des Südwestrundfunks mit folgendem Wortlaut erhalten haben:
Sehr geehrte Damen und Herren,
Herr A , im Folgenden als Vollstreckungsschuldner bezeichnet, schuldet dem Südwestrundfunk, im Folgenden als Vollstreckungsgläubiger bezeichnet, aus dem Vollstreckungsersuchen vom XX.XX.20XX einen Gesamtbetrag von XX,XX EUR.
Die Forderung ist mit folgenden bestandskräftigen Bescheiden festgesetzt worden:
XX.XX.20XX, XX.XX.20XX, XX.XX.20XX.
Wegen dieser Ansprüche und in Höhe dieses Betrages - sowie wegen der Kosten und Zustellkosten für diese Pfändungs- und Einziehungsverfügung - wird die Forderung des Vollstreckungsschuldners gegenüber dem Drittschuldner gepfändet.
Drittschuldner: Firma XY
Der Anspruch auf Zahlung des gesamten, gegenwärtigen und künftigen Arbeitseinkommens aus einem Dienst-, Arbeits- oder sonstigen Beschäftigungsverhältnis (einschließlich des Geldwertes von Sachbezügen) wird so lange gepfändet, bis die Gläubigeransprüche vollständig befriedigt sind.
Es wird angeordnet, dass der Vollstreckungsschuldner die Lohn- und Gehaltsabrechnung oder die Verdienstbescheinigung einschließlich der entsprechenden Bescheinigungen der letzten drei Monate vor Zustellung der Pfändungs- und Einziehungsverfügung an den Vollstreckungsgläubiger herauszugeben hat.
Der Drittschuldner darf, soweit die Forderung gepfändet ist, an den Vollstreckungsschuldner nicht mehr leisten.
Der Vollstreckungsschuldner darf insoweit nicht über die Forderung verfügen, sie insbesondere nicht einziehen, nicht verpfänden oder abtreten. Er wird darauf hingewiesen, dass der Drittschuldner eine Ausfertigung dieser Pfändungsverfügung erhalten hat.
Die gepfändeten Ansprüche werden hiermit dem Vollstreckungsgläubiger zur Einziehung überwiesen.
Der Drittschuldner wird gebeten, die gepfändeten Beträge bei Fälligkeit unter Angabe der Beitragsnummer XYZ zu überweisen auf das:
VE—Abwicklungskonto ARD, ZDF, Deutschlandradio
Postbank Köln IBAN: XYZ - BIC: XYZ
Rechtsgrundlagen:
- Die Pfändungs- und Einziehungsverfügung erfolgt gemäß § 10 Abs. 6 Rundfunkbeitragsstaatsvertrag (Gesetz vom 18.10.2011, GBI. 2011, S. 477, zuletzt geändert durch Gesetz vom 23. Februar 2016, GBI. 2016, S. 126), § 7 Abs. 6 Rundfunkgebührenstaatsvertrag (Gesetz vom 19.11.1991, GBI. 1991, S. 745, zuletzt geändert durch Gesetz vom 24.03.2009, GBI. 2009, S. 130), jeweils in Verbindung mit §§1 Abs. 2, 4 Abs. 1, 13, 15 LVwVG BW.
- Die Höhe des Säumniszuschlags ist geregelt in § 11 Satzung des Südwestrundfunks über das Verfahren zur Leistung der Rundfunkbeiträge vom 19.12.2016 (GBI. 2017, S. 41), bzw. in § 6 Satzung des Südwestrundfunks über das Verfahren zur Leistung der Rundfunkgebühren vom 29.10.1998 (GBI. 1998, S. 551).
- Die Mahngebühr ist geregelt in §§ 14 Abs. 1 Satz 1, 31 Abs. 1,Abs. 4 Satz 1 LVwVG BW in Verbindung mit § 1 Abs. 1 LVwVGKO.
- Die Pfändungsgebühr ist geregelt in § 2 Abs. 1 Nr. 2, Abs. 3 LVwVGKO in Verbindung mit Anlage 1 der LVwVGKO, § 31 Abs. 1, Abs. 4 Satz 1 LVwVG BW.
Drittschuldnererklärung:
Der Drittschuldner wird gemäß § 316 AO aufgefordert, binnen zwei Wochen von dem Tage der Zustellung dieser Verfügung an gerechnet, dem Vollstreckungsgläubiger gegenüber zu erklären,
a) ob und inwieweit er die Forderung als begründet anerkennt und bereit ist zu zahlen,
b) ob und welche Ansprüche andere Personen an die Forderung erheben,
c) ob und wegen welcher Ansprüche die Forderung bereits für andere Gläubiger gepfändet worden ist.
Der Drittschuldner haftet gemäß § 316 Abs. 2 AO für den Schaden, der durch die Nichterfüllung der Erklärungs- und/oder Zahlungsverpflichtung entsteht.
Wir bitten um Mitteilung, wann mit der Begleichung der Schuld zu rechnen ist.
Sollte das Arbeits- oder das sonstige Vertragsverhältnis vor der vollständigen Bezahlung gelöst werden, wird der Drittschuldner gebeten, dies dem Beitragsservice von ARD, ZDF und Deutschlandradio, 50656 Köln anzuzeigen und die neue Arbeitsstelle - sofern bekannt - zu benennen.
Für die Durchführung des Gebühren- und Beitragseinzugs ist nach §§ 10 Abs. 7 Satz 1, 14 Abs. 11 Rundfunkbeitragsstaatsvertrag vom 15. - 21.12.2010 (GBI. 2011, S. 478) der Beitragsservice von ARD, ZDF und Deutschlandradio zuständig.
Mit freundlichen Grüßen
Südwestrundfunk
gez. Im Auftrag XY
Anlage Erklärung des Drittschuldners
***Edit "Markus KA":
Beitrag musste leider angepasst werden, da sich die Bedingungen im einem fiktiven Fall geändert haben könnten.