"Beitragsservice" (vormals GEZ) > Bremen
Meldedatenabgleich 2018 als Grundlage der Vollstreckung verstößt gegen BMG
Mork vom Ork:
Die Stellungnahme der Landesdatenschutzbeauftragten Bremens zur Anfrage eines befreundeten Bremer Bürgers zum Konflikt des "einmaligen" Datenabgleichs 2018 mit dem Bundesmeldegesetz wegen der Gleichstellung der öffentlich-rechtlichen Anstalt mit Privatunternehmen aufgrund der Wettbewerbssituation könnte wie folgt gelautet haben:
--- Zitat ---Grundsätzlich finden regelmäßige Datenübermittlungen der Meldebehörde der Freien Hansestadt Bremen an die öffentlich-rechtliche Rundfunkanstalt Radio Bremen gemäß § 36 Bundesmeldegesetz (BMG) iVm § 20 Bremische Meldedatenübermittlungsverordnung zur Durchführung des Einzugs der Rundfunkbeiträge nach dem Rundfunkbeitragsstaatsvertrag (RBStV) und der Ermittlung von Beitragsschuldnern statt.
Rechtsgrundlage für die Datenerhebung von Radio Bremen als öffentlich-rechtliche Landesrundfunkanstalt ist § 11 Absatz 4 Satz 1 iVm § 14 Absatz 9a iVm § 14 Absatz 9 RBStV.
Rechtsgrundlage für die Datenübermittlung der Meldebehörde der Freien Hansestadt Bremen an die öffentlich-rechtliche Rundfunkanstalt Radio Bremen im Mai 2018 ist § 11 Absatz 4 Satz 6 iVm § 14 Absatz 9a iVm § 14 Absatz 9 RBStV. Auch die Voraussetzungen des § 36 Absatz 1 BMG liegen in § 11 Absatz 4 Satz 6 iVm § 14 Absatz 9a iVm § 14 Absatz 9 RBStV vor. Die geplante Datenübermittlung der Meldebehörde der Freien Hansestadt Bremen an die öffentlich-rechtliche Rundfunkanstalt Radio Bremen im Mai 2018 halten wir vor diesem Hintergrund für zulässig.
§ 48 BMG führt aus, dass Radio Bremen, soweit es publizistisch tätig ist, keine öffentliche Stelle ist. Im Umkehrschluss bedeutet § 48 BMG jedoch auch, dass Radio Bremen, soweit es für die Beitragszahlungen und deren Einzug gemäß RBStV tätig ist, als eine öffentliche Stelle handelt, vgl. auch die von Ihnen zugesandte Entscheidung des BGH vom 12. April 2016, KZR 31/14, der grundsätzlich von öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten spricht.
Radio Bremen hat den Zentralen Beitragsservice von ARD, ZDF und Deutschlandradio mit dem Beitragseinzug und der damit einhergehenden Datenverarbeitung sowie mit dem Erhalt und der Verarbeitung der Bestandsdatenlieferung der Meldebehörden der Freien Hansestadt Bremen beauftragt. Rechtsgrundlage für die Datenverarbeitung durch den Zentralen Beitragsservice von ARD, ZDF und Deutschlandradio ist der Datenverarbeitungsauftrag.
Eine Datenübermittlung von der Meldebehörde der Freien Hansestadt Bremen an den Zentralen Beitragsservice von ARD, ZDF und Deutschlandradio erfolgt gemäß § 11 Absatz 4 Satz 8 RBStV nicht bei einer im Melderegister eingetragenen Auskunftssperre gemäß § 51 BMG.
Gemäß § 51 Absatz 1 BMG müssen Tatsachen vorliegen, die die Annahme rechtfertigen, dass der Ihnen oder einer anderen Person durch eine Melderegisterauskunft eine Gefahr für Leben, Gesundheit, persönliche Freiheit oder ähnliche schutzwürdige Interessen erwachsen kann. Die Meldebehörde der Freien Hansestadt Bremen trägt in diesem Fall auf Antrag eine Auskunftssperre im Melderegister ein. Zum Beispiel kann eine solche Auskunftssperre von Stalking-Opfern oder von besonders gefährdeten Polizisten beantragt werden.
--- Ende Zitat ---
Ich würde mich freuen, wenn der ein oder andere diese Ausführungen kommentieren würde.
Dandelion:
--- Zitat von: Mork vom Ork am 11. April 2018, 13:38 ---Rechtsgrundlage für die Datenübermittlung ...Die geplante Datenübermittlung der Meldebehörde der Freien Hansestadt Bremen an die öffentlich-rechtliche Rundfunkanstalt Radio Bremen im Mai 2018 halten wir vor diesem Hintergrund für zulässig[/color][/b].
--- Ende Zitat ---
Wer hält die geplante #Datenübertragung für zulässig?
Wie verträgt sich obige Meinung (halten wir für zulässig) mit der nun folgenden Aussage:
--- Zitat von: Mork vom Ork am 11. April 2018, 13:38 ---Eine Datenübermittlung von der Meldebehörde der Freien Hansestadt Bremen an den Zentralen Beitragsservice von ARD, ZDF und Deutschlandradio erfolgt gemäß § 11 Absatz 4 Satz 8 RBStV nicht bei einer im Melderegister eingetragenen Auskunftssperre gemäß § 51 BMG.
--- Ende Zitat ---
Wer erklärt mir, einem durchschnittlichen deutschen Bürger mit laienhaften juristischen Kenntnissen den unterschiedlichen Sachverhalt?
Vor einigen Jahren habe ich der Weitergabe meiner Daten beim Einwohnermeldeamt meiner Heimatstadt widersprochen. Werden nun trotz meines Widerspruchs meine Daten an den nicht rechtsfähigen sog. Beitragssevice übermittelt?
Falls ja, warum unternimmt der Datenschutzbeauftragte meines Bundeslandes nichts?
Klagen erscheint sinnlos, mir fehlen die Rechtsmittel und das nötige Kleingeld für eine Klage.
Ein jammervoller Zustand unseres sogenannten Rechts-Staates, wobei die Betonung auf rechts liegt.
Mir wäre es lieber, in einem Recht-Staat zu leben..
Dan de Lion
drboe:
Interessant, dass man das in Hessen offenbar ganz anders sieht.
--- Zitat ---Quelle: https://www.datenschutz.hessen.de/tb45k03.htm#entry4842
Kritik
Erheblichen verfassungsrechtlichen Einwänden begegnet dagegen der in § 14 Abs. 9a RBStV vorgesehene erneute bundesweite Meldedatenabgleich. Die vorgesehene massenhafte Übermittlung von Meldedaten durch die Einwohnermeldebehörden an die Landesrundfunkanstalten verstößt gegen den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit. Der Meldedatenabgleich greift in unverhältnismäßiger Weise in das Recht auf informationelle Selbstbestimmung der Meldepflichtigen ein.
Ein vollständiger Meldedatenabgleich ist erstmals im Rahmen der Umstellung der Rundfunkfinanzierung vom gerätebezogenen Gebührenmodell auf ein wohnungsbezogenes Beitragsmodell erfolgt. Gestützt auf § 14 Abs. 9 RBStV hat jede Meldebehörde in Deutschland zum Stichtag 03.03.2013 der zuständigen Landesrundfunkanstalt Meldedaten aller volljährigen Personen übermittelt, insgesamt hat der Beitragsservice von ARD, ZDF und Deutschlandradio in Köln rund 70 Millionen Datensätze erhalten. Wegen der großen Datenmenge erfolgte die Übermittlung in vier Tranchen. Die letzte wurde im April 2014 übermittelt.
Bereits diesen Meldedatenabgleich habe ich im Mai 2011 im Gesetzgebungsverfahren zum 15. Rundfunkänderungsstaatsvertrag kritisiert (Ausschussvorlage HAA/18/17 Teil I Stand: 20.05.2011, S. 24, 33). Die unabhängigen Datenschutzbeauftragten des Bundes und der Länder haben in einer Entschließung vom 11.10.2010 gefordert, auf die beabsichtigte Übermittlung der Adressdaten aller gemeldeten Volljährigen durch die Meldebehörden zu verzichten und stattdessen die Datenübermittlung auf die bereits vorhandenen Übermittlungsbefugnisse nach dem Melderecht zu beschränken (39. Tätigkeitsbericht, Ziff. 9.9).
Begründet wird der beabsichtigte erneute vollständige Meldedatenabgleich damit, dass er ein notwendiges Instrument sei, um das verfassungsrechtliche Gebot der Lastengleichheit zu verwirklichen. Durch eine fortschreitende Erosion der Bestandsdaten werde die Beitragsgerechtigkeit beeinträchtigt. Nach Auszug aus einer Wohnung (zum Beispiel wegen Trennung, Scheidung oder Auflösung einer Wohngemeinschaft) oder nach dem Tod des bisherigen Beitragsschuldners sei nicht bekannt, wer die Wohnung weiterhin innehabe und damit neuer Beitragsschuldner sei. Die Rundfunkanstalten schätzen den so entstehenden jährlichen Verlust im Datenbestand über Beitragspflichtige auf etwa 200.000 Datensätze. Die Annahmen, von denen bei dieser Schätzung ausgegangen wird, sind jedoch fraglich: Es wird vorausgesetzt, dass der neue Wohnungsinhaber seiner gesetzlichen Anzeigepflicht nicht nachkommt. Es wird unterstellt, dass der Beitragsschuldner auszieht, denn sollte dieser in der Wohnung verbleiben, würde der ausziehende neue Schuldner durch die anlassbezogene Meldedatenübermittlung (siehe § 22 der Meldedaten-Übermittlungsverordnung) den Rundfunkanstalten bekannt. Es wird ferner vermutet, dass in die Wohnung kein bereits beim Beitragsservice registrierter Beitragsschuldner einzieht. Die Landesrundfunkanstalten haben bislang keine belastbaren Zahlen als Beleg für die behauptete Bestandsdatenerosion vorgelegt.
In der Begründung zum 19. Rundfunkänderungsstaatsvertrag wird zwar zutreffend darauf hingewiesen, dass die Rechtmäßigkeit des 2013 bis 2014 durchgeführten Meldedatenabgleichs durch den Bayerischen Verfassungsgerichtshof bestätigt wurde (LTDrucks. 19/3276 S. 26). Dabei ging das Gericht jedoch von der Einmaligkeit des Abgleichs und der besonderen Situation im Zusammenhang mit dem Systemwechsel von der Rundfunkgebühr zum wohnungsbezogenen Beitrag aus:
"§ 14 Abs. 9 RBStV soll es den Landesrundfunkanstalten ermöglichen, die bereits für den früheren Rundfunkgebühreneinzug gespeicherten und gemäß § 14 Abs. 6 Satz 1 RBStV weiter verwendbaren Daten einmalig zum Inkrafttreten des neuen Rundfunkbeitragsmodells mit dem Melderegister abzugleichen und zu vervollständigen, um eine möglichst lückenlose Bestands- und Ersterfassung im privaten Bereich zu erreichen."
(Bayerischer Verfassungsgerichtshof, Entscheidung vom 15.05.2014, Az. Vf. 8-VII-12; Vf. 24-VII-12, Rdnr. 159)
Der ebenfalls in der Begründung zum 19. Rundfunkänderungsstaatsvertrag (a. a. O. S. 26) zitierte Verfassungsgerichtshof Rheinland-Pfalz hat sich in seinem Urteil vom 13.05.2014 (VGH B 35/12) nicht explizit mit dem Meldedatenabgleich nach § 14 Abs. 9 RBStV befasst, woraus sich schließen lässt, dass er von der Verfassungskonformität der Norm ausgegangen ist.
In der Begründung zum 15. Rundfunkänderungsstaatsvertrag wird die Rechtmäßigkeit des bundesweiten Meldedatenabgleichs nach § 14 Abs. 9 RBStV im Wesentlichen aus der Einmaligkeit des Abgleichs aus Anlass des Modellwechsels hergeleitet (LTDrucks. 18/3887, S. 29 ff).
Der Rundfunkbeitragsstaatsvertrag stellt den Rundfunkanstalten eine Reihe von alternativen Instrumenten zur Ermittlung potenzieller Beitragsschuldner zur Verfügung:
Neben der allgemeinen Anzeigepflicht nach § 8 RBStV das Auskunftsrecht nach § 9 RBStV, die Befugnis zur Erhebung personenbezogener Daten bei öffentlichen und nicht-öffentlichen Stellen ohne Kenntnis des Betroffenen (§ 11 Abs. 4 RBStV), die regelmäßigen Übermittlungen von Meldedaten nach der Meldedaten-Übermittlungsverordnung. Das sollte eigentlich reichen, denn den Rundfunkanstalten werden damit zur angeblichen Sicherung von Beitragsgerechtigkeit Informationsrechte eingeräumt wie keiner anderen öffentlichen Stelle.
Die zur Pflege des Datenbestandes in der Vergangenheit praktizierte Anmietung von Adressen bei kommerziellen Adresshändlern soll zwar wie auch die Vermieterauskunft nach § 9 Abs. 1 Satz 2 und 3 gemäß § 14 Abs. 10 RBStV wegen des erneuten vollständigen Meldedatenabgleichs bis zum 31.12.2020 ausgesetzt werden. Dies ist jedoch keine echte Kompensation für den massenhaften Eingriff durch den Meldedatenabgleich. Zum einen ist bei dem geplanten Meldedatenabgleich zum Stichtag 01.01.2018 keine Notwendigkeit für Mailingaktionen mittels angemieteter Adressen erkennbar, insbesondere wenn man die anderen Instrumente zur Aktualisierung der Bestandsdaten berücksichtigt. Zum anderen soll anscheinend nach dem 31.12.2020 die datenschutzrechtlich fragwürdige Anmietung von Adressen wieder aufgenommen werden.
Es steht zu befürchten, dass der nächste bundesweite Meldedatenabgleich der Einstieg in eine regelmäßige Rasterfahndung nach Beitragsschuldnern werden soll. Darauf deutet zumindest der Hinweis in der Begründung (a. a. O. S. 26) hin, dass die in § 14 Abs. 9a Satz 4 RBStV angeordnete Evaluierung des Abgleichs mit dem Ziel erfolge, eine Entscheidungsgrundlage für eine dauerhafte gesetzliche Verankerung des Meldedatenabgleichs zu erhalten.
--- Zitat ---§ 14 Abs. 9a und 10 RBStV
(9a) Zur Sicherstellung der Aktualität des Datenbestandes wird zum 1. Januar 2018 ein weiterer Abgleich entsprechend Abs. 9 durchgeführt. Die Meldebehörden übermitteln die Daten bis längstens 31. Dezember 2018. Im Übrigen gelten Absatz 9 Satz 1 bis 4 und § 11 Abs. 6 Satz 2 und 3 entsprechend. Der Abgleich wird nach seiner Durchführung evaluiert. Die Landesrundfunkanstalten stellen den Ländern hierfür die erforderlichen Informationen zur Verfügung.
(10) Die Landesrundfunkanstalten dürfen bis zum 31. Dezember 2020 keine Adressdaten privater Personen ankaufen.
--- Ende Zitat ---
--- Ende Zitat ---
M. Boettcher
Kurt:
OT
@Dandelion
Es ist zwischen Auskunftssperren und Übermittlungssperren zu unterscheiden:
Auskunftssperre / Übermittlungssperre
Einrichten einer Übermittlungssperre:
keine Übermittlung persönlicher Daten an:
Adressbuchverlage
Religionsgemeinschaften
politische Parteien und Wählergruppen zwecks Volksentscheiden und Alters- und Ehejubiläen
- Sie kann ohne Begründung eingerichtet werden
- Melderegisterauskünfte an Dritte können weiterhin erteilt werden
Einrichten einer Auskunftssperre:
- hiermit können Melderegisterauskünfte gegenüber Privatpersonen und Unternehmen unterbunden werden
- es ist ein wichtiger Grund (Gefahr für Leben, Gesundheit, persönliche Freiheit, Adoption) erforderlich und vorzulegen (Gerichtsurteil, Arbeitsvertrag etc.)
- Angehörigkeit einer bestimmten Berufsgruppe (z.B. Mitarbeiter einer Behörde) genügt nicht als Legitimation
Beantragung einer Sperre:
persönlich oder
schriftlich (Formular)
für die Übermittlungssperre gibt es die Möglichkeit der Online-Beantragung
https://www.mainz.de/vv/produkte/buergeramt/auskunftssperre-uebermittlungssperre.php
Das bedeutet im Klartext: es gibt keine Möglichkeit die Datenübermittlung an die Landesrundfunkanstalten zu unterbinden - außer mit dem §51 den "normal sterbliche" aber wohl nicht zugesprochen bekommen da nicht begründbar.
OT Ende
McKaber:
Schon erstaunlich, wie das alles mit dem in Deutschland so hochgehaltenen Datenschutz vereinbar ist.
Vielleicht sollte man mal gegen so eine Meldebehörde klagen.
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