"Die Staats- und Senatskanzleien der Länder haben beschlossen, eine gemeinsame Stellungnahme gegenüber dem Bundesverfassungsgericht abzugeben. Diese soll durch einen Gutachter verfasst werden. Die Länder beabsichtigen, Prof. Dr. Dieter Dörr hierfür zu beauftragen."
Was heißt das? Die Staats- und Senatskanzleien werden zu einer Stellungnahme aufgefordert. Anders ausgedrückt: Ihnen wird die Chance eingeräumt, Ihre Meinung zu dem zu sagen, was die 127 (?) Beschwerdeführer an dem Rundfunkbeitragsstaatsvertrag zu bemängeln haben. Antwort: Wir haben keine Meinung. Wir haben uns mit dem Thema nicht beschäftigt sondern es Gutachtern übergeben. Wenn die Gutachter uns nicht gut beraten haben, kann das jetzt auch nur Sache eines Gutachters sein. Was haben wir damit zu tun? Wir beauftragen also jemand, der für uns eine Meinung formuliert. Wir sind nicht verantwortlich, und wer keine Meinung hat, kann auch keine falsche Meinung haben. Außerdem, das Geld, ein Gutachten zu finanzieren, ist doch da. (Das geben die Zwangsbeiträge auch her.) Damit kann man das Denken in Auftrag geben. Da muss man sich nicht die Mühe machen, selbst zu denken. Da gibt es dann die Meinung des Experten und wir brauchen nur noch abzuwinken, statt uns vielleicht noch in Diskussionen zu verheddern, weil es unterschiedliche Meinungen geben könnte.
Leute! Ihr seid Entscheidungsträger! Wie kann man Entscheidungen treffen, wenn man nicht einmal bereit ist, über den Sachverhalt nachzudenken? Weil ihr nicht bereit seid, selbst zu denken, müssen Selbstdenker jetzt bis vor das Bundesverfassungsgericht ziehen, weil ihr abgewunken habt, dass auf Menschen, die euch vielleicht sogar einmal gewählt haben, die Zwangsvollstrecker gehetzt werden, wenn sie nicht bereit sind, zum Beispiel das Gehalt des Intendanten Tom Buhrow von 399.000 € Monat für Monat und Jahr für Jahr zu finanzieren, auch wenn sie selbst am Rande des Existenzminimums leben!
Liebe Richter des Bundesverfassungsgerichtes, ich wünsche euch, dass ihr euch das Selbstdenken bewahren konntet und auch bereit seid, die Verantwortung für eure Entscheidungen selbst zu übernehmen, statt sie an einen Gutachter zu delegieren. Euer Fragenkatalog weist darauf hin, dass ihr euch intensiv damit beschäftigt habt. Genau die Punkte, die aus dem ursprünglichen Gutachten von Prof. Paul Kirchhof nicht beachtet wurden, finden sich in dem Fragenkatalog wieder.
Da wurde auch ein Gutachten in Auftrag gegeben. Wer hat die entsprechenden Punkte herausgenommen? Den Forumsteilnehmern, denen nicht anderes übrig bleibt als selbst zu denken, ist die Tatsache bekannt, dass das Gutachten von Paul Kirchhof nicht in vollem Umfang übernommen wurde. Ist es den Entscheidungsträgern bekannt, die sich noch immer nicht mit dem Thema beschäftigen wollen?
Kooperation und Hilfe sind für die menschliche Lebensform funktional und daher konstitutiv. Ein Zitat aus dem Buch von Harald Welzer: „Selbst denken – Eine Anleitung zum Widerstand“: „Nehmen wir den scheinbar abweichenden Fall: das Bystander-Phänomen, das die immer wiederkehrenden Situationen bezeichnet, in denen eine Gruppe von Menschen Zeugen eines Unfalls oder eines Überfalls wird und nicht eingreift, sondern 'gaffend' stehen bleibt. Die Presseberichte sprechen dann von 'Herzlosigkeit', 'Schaulust' oder 'erschreckender Gleichgültigkeit', aber das alles ist nicht der Grund für das Nichteingreifen. Denn meist sind alle Außenstehenden mit einer Situation konfrontiert, die für sie ungewöhnlich und höchst verunsichernd ist. Sie wissen nicht, was sie tun sollen, und machen daher das Naheliegendste: Sie nehmen das Verhalten der anderen als Informationsquelle, um herauszufinden, was das angemessene Verhalten ist. Da die andern aber genau dasselbe machen, verstärkt sich die Tendenz zum Nichteingreifen automatisch:
Alle bleiben stehen. Niemand tut etwas. Wenn Menschen dagegen allein in eine vergleichbare Situation geraten, helfen sie meistens. Man könnte sagen, dass die Gruppensituation das prosoziale Potenzial blockiert, das in der Alleinsituation ohne weiteres aktiviert wird.“
An dieses Bystander-Phänomen erinnere ich mich auch immer wieder, wenn ich an das Verhalten der vielen Richter an den Verwaltungsgerichten denke.
Politiker, Richter, wer denkt noch selbst, statt nur auf die anderen zu sehen? Nicht denken kann auch viel Schaden anrichten.
Ein Herzenswunsch: Mögen alle erkennen, was wirklich wichtig für das Leben in unserer Welt und damit auch für das eigene Leben ist! Mögen sich alle den beglückenden Erfahrungen des Miteinander zuwenden, statt das destruktive Gegeneinander fortzuführen!
Eine Überzeugung: Jeder Mensch hat das Potenzial in sich, sich jederzeit für eine neue Richtung in seinem Leben zu entscheiden.