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Autor Thema: Unlautere Geschäftspraktiken > EU-Recht  (Gelesen 14056 mal)

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  • Ersatzmaßstab Wohnung: das BVerfG erklärt die Welt
Zitat
RBStV §2(3) ... Die Landesrundfunkanstalt kann von einem anderen als dem bisher in Anspruch genommenen Beitragsschuldner für eine Wohnung für zurückliegende Zeiträume keinen oder nur einen ermäßigten Beitrag erheben, ...

Wer von einem anderen einen (ermäßigten) Beitrag erheben kann, kann das sinngemäß auch von dem einen.

Zitat
RBStV §10(2) Der Rundfunkbeitrag ist an die zuständige Landesrundfunkanstalt als Schickschuld zu entrichten. ...

Das jeder Zahlungspflichtige die Zahlung auf eigenes Risiko zu leisten hat, heißt ja nicht, dass die LRA nicht selbst selbst kassiert. - Doppelte Verneinung = die LRA kassieren. Das Gesetz (= sogn. Rundfunkbeitragsstaatsvertrag) legt den Kreis der Zahlungspflichtigen (uns alle) und die Begünstigten (die LRA) der sogn. Beiträge fest. Der Geldstrom geht direkt von uns an den ÖRR. Die LRA zahlen dann die Anteile an das ZDF, quasi eine Umbuchung.

Zitat
RBStV §9(2) Die zuständige Landesrundfunkanstalt wird ermächtigt, Einzelheiten des Verfahrens
1. der Anzeigepflicht,
2. zur Leistung des Rundfunkbeitrags, zur Befreiung von der Rundfunkbeitragspflicht oder zu deren Ermäßigung,
3. der Erfüllung von Auskunfts- und Nachweispflichten,
4. der Kontrolle der Beitragspflicht,
5. der Erhebung von Zinsen, Kosten und Säumniszuschlägen und
6.in den übrigen in diesem Staatsvertrag genannten Fällen

durch Satzung zu regeln

Soll heißen: hier habt ihr einen Freibrief für das Inkasso der Beiträge, finanzielle Sanktionen und die damit verbundenen, legal möglichen Schikanen.

Zitat
RBStV §10(7) Jede Landesrundfunkanstalt nimmt die ihr nach diesem Staatsvertrag zugewiesenen Aufgaben und die damit verbundenen Rechte und Pflichten ganz oder teilweise durch die im Rahmen einer nichtrechtsfähigen öffentlich-rechtlichen Verwaltungsgemeinschaft betriebene Stelle der öffentlich-rechtlichen Landesrundfunkanstalten selbst wahr. Die Landesrundfunkanstalt ist ermächtigt, einzelne Tätigkeiten bei der Durchführung des Beitragseinzugs und der Ermittlung von Beitragsschuldnern auf Dritte zu übertragen und das Nähere durch die Satzung nach § 9 Absatz 2 zu regeln. Die Landesrundfunkanstalt kann eine Übertragung von Tätigkeiten auf Dritte nach Satz 2 ausschließen, die durch Erfolgshonorare oder auf Provisionsbasis vergütet werden.

Das heißt: das Inkasso macht ihr (die LRA) selbst bzw. die von euch etablierte nicht rechtsfähige öffentlich-rechtliche Verwaltungsgemeinschaft. Das mit den Rechten und Pflichten ist etwas putzig. Die LRA haben nämlich jede Menge Rechte, die Wohnungs- und Betriebsinhaber überwiegend Pflichten. Zudem sind noch die Eigentümer von Wohnungen und Grundstücken zu Blockwartdiensten verpflichtet. Schöne, neue Welt.

Nebenbei: ich bin kein großer Freund der hier im Forum teils ziemlich ausufernder Nebenkriegsschauplätze. Hier werden nat. viele nützliche Informationen zusammengetragen, man sollte sich aber strategisch zunächst auf das Wesentliche und die jeweils nächsten Schritte konzentrieren. Im Grunde kann man derzeit warten, bis sich das BVerfG endlich bequemt ein Urteil zu sprechen. Ist das Urteil für uns nicht befriedigend, so sollten wir alle gemeinsam (finanziell) in der Lage sein die Mittel aufbringen das Ganze auf EU-Ebene weiter zu verfolgen. Bezüglich der dann nötigen Argumente können wir dann vermutlich hier in einen ziemlich großen Topf greifen. Ist das Urteil des BVerfG aber für die Politik und den ÖRR wider Erwarten ein Desaster, so wird man erleben, wie schnell die Landesfürsten ein geändertes Gesetz aus dem Hut zaubern können. Das BVerfG würde ja die kritschen Punkte heraus arbeiten was die Länder in die Lage versetzt den Staatsvertrag zügig anzupassen.

M. Boettcher


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Ken Je(b)sen, Betreiber von KenFM, soll "politische Entfremdung" betreiben und "unwahre Verschwörungstheorien" verbreiten. Daher beobachtet ihn der sogn. Verfassungsschutz. Würden die "Verschwörungspraktiker" dieses Dienstes ihren Maßstab an den öffentlich-rechtlichen Rundfunk und Publikationen von der BILD-Zeitung bis zum Magazin SPIEGEL anlegen, in Deutschland bliebe kein Medium unbeobachtet. So schnell wird in Deutschland zum Staatsfeind, der nicht mit dem Strom schwimmt.

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@drboe

Vor dem Rundfunkbeitragsstaatsvertrag hat es noch den Rundfunkstaatsvertrag als von LRA, BS und Co. einzuhaltendes Vertragswerk.

Auch wenn der Rundfunkstaatsvertrag primär nicht das Verhältnis zwischen LRA und Bürger regelt, so liefert er dem Bürger doch darüber Definitionen des Gesetzgebers, was seitens des Gesetzgebers Rundfunk und damit beitragspflichtig ist.

Der Gesetzgeber ist mit LRA, BS und Co. nicht identisch.


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  • Ersatzmaßstab Wohnung: das BVerfG erklärt die Welt
@pinguin: ich habe nicht behauptet, dass die LRA oder der BS mit dem Gesetzgeber identisch sind. Und was die Definition von Rundfunk angeht, so würden die Politiker wohl selbst das Klopfen auf Wasserleitungen als "Rundfunk" bezeichnen, um damit dem Moloch ÖR-Anstalten weitere Einnahmen und sich selbst fortwährende öffentliche Präsenz zu sichern. 8)

M. Boettcher


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  • Beiträge: 7.376
@drboe

Das, was Rundfunk ist, ist doch klar definiert?

Siehe Rundfunkstaatsvertrag.

Zitat
§ 2
Begriffsbestimmungen

(1) Rundfunk ist ein linearer Informations- und Kommunikationsdienst; er ist die für die Allgemeinheit und zum zeitgleichen Empfang bestimmte Veranstaltung und Verbreitung von Angeboten in Bewegtbild oder Ton entlang eines Sendeplans unter Benutzung elektromagnetischer Schwingungen. Der Begriff schließt Angebote ein, die verschlüsselt verbreitet werden oder gegen besonderes Entgelt empfangbar sind. Telemedien sind alle elektronischen Informations- und Kommunikationsdienste, soweit sie nicht Telekommunikationsdienste nach § 3 Nr. 24 des Telekommunikationsgesetzes sind, die ganz in der Übertragung von Signalen über Telekommunikationsnetze bestehen oder telekommunikationsgestützte Dienste nach § 3 Nr. 25 des Telekommunikationsgesetzes oder Rundfunk nach Satz 1 und 2 sind. 

(2) Im Sinne dieses Staatsvertrages ist

    Rundfunkprogramm eine nach einem Sendeplan zeitlich geordnete Folge von Inhalten,
    Sendung ein inhaltlich zusammenhängender, geschlossener, zeitlich begrenzter Teil eines Rundfunkprogramms,
    Vollprogramm ein Rundfunkprogramm mit vielfältigen Inhalten, in welchem Information, Bildung, Beratung und Unterhaltung einen wesentlichen Teil des Gesamtprogramms bilden,
    Spartenprogramm ein Rundfunkprogramm mit im wesentlichen gleichartigen Inhalten,
    Satellitenfensterprogramm ein zeitlich begrenztes Rundfunkprogramm, mit bundesweiter Verbreitung im Rahmen eines weiterreichenden Programms (Hauptprogramm),
    Regionalfensterprogramm ein zeitlich und räumlich begrenztes Rundfunkprogramm mit im wesentlichen regionalen Inhalten im Rahmen eines Hauptprogramms,
    Werbung jede Äußerung bei der Ausübung eines Handels, Gewerbes, Handwerks oder freien Berufs, die im Rundfunk von einem öffentlich-rechtlichen oder einem privaten Veranstalter oder einer natürlichen Person entweder gegen Entgelt oder eine ähnliche Gegenleistung oder als Eigenwerbung gesendet wird, mit dem Ziel, den Absatz von Waren oder die Erbringung von Dienstleistungen, einschließlich unbeweglicher Sachen, Rechte und Verpflichtungen, gegen Entgelt zu fördern. § 7 Abs. 9 bleibt unberührt,
    Schleichwerbung die Erwähnung oder Darstellung von Waren, Dienstleistungen, Namen, Marken oder Tätigkeiten eines Herstellers von Waren oder eines Erbringers von Dienstleistungen in Sendungen, wenn sie vom Veranstalter absichtlich zu Werbezwecken vorgesehen ist und mangels Kennzeichnung die Allgemeinheit hinsichtlich des eigentlichen Zweckes dieser Erwähnung oder Darstellung irreführen kann. Eine Erwähnung oder Darstellung gilt insbesondere dann als zu Werbezwecken beabsichtigt, wenn sie gegen Entgelt oder eine ähnliche Gegenleistung erfolgt,
    Sponsoring jeder Beitrag einer natürlichen oder juristischen Person oder einer Personenvereinigung, die an Rundfunktätigkeiten oder an der Produktion audiovisueller Werke nicht beteiligt ist, zur direkten oder indirekten Finanzierung einer Sendung, um den Namen, die Marke, das Erscheinungsbild der Person oder Personenvereinigung, ihre Tätigkeit oder ihre Leistungen zu fördern,
    Teleshopping die Sendung direkter Angebote an die Öffentlichkeit für den Absatz von Waren oder die Erbringung von Dienstleistungen, einschließlich unbeweglicher Sachen, Rechte und Verpflichtungen, gegen Entgelt in Form von Teleshoppingkanälen, -fenstern und -spots,
    Produktplatzierung die gekennzeichnete Erwähnung oder Darstellung von Waren, Dienstleistungen, Namen, Marken, Tätigkeiten eines Herstellers von Waren oder eines Erbringers von Dienstleistungen in Sendungen gegen Entgelt oder eine ähnliche Gegenleistung mit dem Ziel der Absatzförderung. Die kostenlose Bereitstellung von Waren oder Dienstleistungen ist Produktplatzierung, sofern die betreffende Ware oder Dienstleistung von bedeutendem Wert ist,
    Programmbouquet die Bündelung von Programmen und Diensten, die in digitaler Technik unter einem elektronischen Programmführer verbreitet werden,
    Anbieter einer Plattform, wer auf digitalen Übertragungskapazitäten oder digitalen Datenströmen Rundfunk und vergleichbare Telemedien (Telemedien, die an die Allgemeinheit gerichtet sind) auch von Dritten mit dem Ziel zusammenfasst, diese Angebote als Gesamtangebot zugänglich zu machen oder wer über die Auswahl für die Zusammenfassung entscheidet; Plattformanbieter ist nicht, wer Rundfunk oder vergleichbare Telemedien ausschließlich vermarktet,
    Rundfunkveranstalter, wer ein Rundfunkprogramm unter eigener inhaltlicher Verantwortung anbietet
    unter Information insbesondere Folgendes zu verstehen: Nachrichten und Zeitgeschehen, politische Information, Wirtschaft, Auslandsberichte, Religiöses, Sport, Regionales, Gesellschaftliches, Service und Zeitgeschichtliches,
    unter Bildung insbesondere Folged andere Länder,
    unter Kultur insbesondere Folgendes zu verstehen: Bühnenstücke, Musik, Fernsehspiele, Fernsehfilme und Hörspiele, bildende Kunst, Architektur, Philosophie und Religion, Literatur und Kino,
    unter Unterhaltung insbesondere Folgendes zu verstehen: Kabarett und Comedy, Filme, Serien, Shows, Talk-Shows, Spiele, Musik,
    unter sendungsbezogenen Telemedien zu verstehen: Angebote, die der Aufbereitung von Inhalten aus einer konkreten Sendung einschließlich Hintergrundinformationen dienen soweit auf für die jeweilige Sendung genutzte Materialien und Quellen zurückgegriffen wird und diese Angebote thematisch und inhaltlich die Sendung unterstützend vertiefen und begleiten, ohne jedoch bereits ein eigenständiges neues oder verändertes Angebot nach § 11f Abs. 3 darzustellen,
    ein presseähnliches Angebot nicht nur elektronische Ausgaben von Printmedien, sondern alle journalistisch-redaktionell gestalteten Angebote, die nach Gestaltung und Inhalt Zeitungen oder Zeitschriften entsprechen.

(3) Kein Rundfunk sind Angebote, die

    jedenfalls weniger als 500 potenziellen Nutzern zum zeitgleichen Empfang angeboten werden,
    zur unmittelbaren Wiedergabe aus Speichern von Empfangsgeräten bestimmt sind,
    ausschließlich persönlichen oder familiären Zwecken dienen,
    nicht journalistisch-redaktionell gestaltet sind oder
    aus Sendungen bestehen, die jeweils gegen Einzelentgelt freigeschaltet werden.

Es ist auch Zeichen für eine unlautere Geschäftspraktik, wenn der Rundfunk einen Teil der für ihn maßgeblichen Bestimmungen nicht beachtet.

Der Rundfunkstaatsvertrag ist das Basiswerk, an den sich Rundfunkfinanzierungsstaatsvertrag und Rundfunkbeitragsstaatsvertrag anschließen.

Zitat
§ 12
Funktionsgerechte Finanzausstattung, Grundsatz des Finanzausgleichs
[...]
(2) [...] Der Umfang der Finanzausgleichsmasse und ihre Anpassung an den Rundfunkbeitrag bestimmen sich nach dem Rundfunkfinanzierungsstaatsvertrag.

Zitat
§ 14
Finanzbedarf des öffentlich-rechtlichen Rundfunks
[...]
(4) Die Beitragsfestsetzung erfolgt durch Staatsvertrag.


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  • Ersatzmaßstab Wohnung: das BVerfG erklärt die Welt
@pinguin: Bitte justiere deinen Ironiedetektor neu  8)

Und ganz ernst: eine in einem Gesetz enthaltene Definition kann man ändern. Mehrheiten vorwiegend pekuniärer Interessen finden sich im Zweifel leicht. Und wenn das nicht reicht, dann interpretiert man den Gesetzestext bis kein Stein auf dem anderen bleibt. Kleines Beispiel: das BVerfG hat 1985 laut Spiegel die Gleichheit "20 = 15" in die Mathematik eingeführt und einen eindeutigen Gesetzestext in sein totales Gegenteil verwandelt. Siehe SPIEGEL 18/1985 unter http://www.spiegel.de/spiegel/print/d-13513989.html

Wer sich nun fragt, was das mit dem Rundfunkbeitrag zu tun hat: ich warne davor vom BVerfG die Lösung des Konflikts um den sogn. Rundfunkbeitrag zu erwarten. Das wird das Gericht vermutlich nicht leisten wollen, ggf. auch nicht können, weil das rütteln an einem der Machtgrundpfeiler der Republik nicht erwünscht ist. Ich betrachte daher auch die Möglichkeiten via EU-Recht als ziemlich begrenzt. Auf dem Papier spricht vieles für die eigene Position, gegen den sogn. Beitrag etc. Richtige Rechtsverdreher aber finden einen Weg aus tiefen Schwarz noch reineres Weiß und umgekehrt zu machen. Wir haben unser Pulver auf dem regulären Rechtsweg verschossen - die Wirkung ist praktisch Null, man wankt nicht einmal - und nur noch zwei "Kugeln" übrig (BVerfG, EUGH). Bis zu einer Entscheidung des BVerfG, ist alles hier eigentlich nur intellektueller Zeitvertreib. Das macht es nicht wertlos. Aber die Nagelprobe auch für dies Form kommt erst noch, nämlich dann, wenn das BVerfG geurteilt hat. Wollen wir dann noch vom EUGH ein Urteil, geben wir auf, oder sammeln wir so viele Mitstreiter, dass den nationalen Politikern der Arsch mit Grundeis geht?

M. Boettcher


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  • Beiträge: 7.376
@pinguin: Bitte justiere deinen Ironiedetektor neu  8)
Es hat hier keinen, der justierfähig wäre.

Zitat
Und ganz ernst: eine in einem Gesetz enthaltene Definition kann man ändern.
Richtig; es darf aber bezweifelt werden, daß Deutschland derart viele Fans in der EU hat, daß die mal eben gemeinsame Bestimmungen zu ihren Ungunsten, aber zu Gunsten Deutschlands neu aufstellen.

Vergiß bitte nicht, daß alles(!) im Rahmenrecht der EU erfolgt, auch Rundfunk, und daher alles diesem Rahmenrecht zu entsprechend hat, soll es zukunftsfähig Bestand haben.

Auch wenn das Zitat aus dem nationalen Rundfunkstaatsvertrag war, ist es letztens doch in Anlehnung an die europäischen Bestimmungen, die ja im Rundfunkrecht selbst benannt werden.

Warum ist Deutschland, (schon wieder(?)), so derart naiv zu glauben, die anderen werden es schon gut mit Deutschland meinen?

Sind die letzten Kriege nicht Mahnung genug, stets hellwach zu sein?

Will Deutschland in und von Europa Schutz, muß es sich Europa in den von Europa geregelten Bereichen beugen! Binnenmarkt ist Europarecht!

Es reicht nicht, pro Europa zu reden, so löblich das ist, aber europäische Bestimmungen nicht einzuhalten. Das ist so, als würde man mit einer Zunge reden, die von einem anderen stammt.

Zitat
Kleines Beispiel: das BVerfG hat 1985 laut Spiegel die Gleichheit "20 = 15" in die Mathematik eingeführt und einen eindeutigen Gesetzestext in sein totales Gegenteil verwandelt. Siehe SPIEGEL 18/1985 unter http://www.spiegel.de/spiegel/print/d-13513989.html
Kannte ich gar nicht, war hier ja noch tiefster Osten.


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K
  • Beiträge: 232
Beim Rundfunkbeitrag wurden zu den bisherigen Nutzern auch die Nichtnutzer zur Finanzierung herangezogen.

Die neue Gruppe der Nichtnutzer lässt sich von der Gruppe der bisherigen Nutzer trennen, damit ist es eine neue Beihilfe.

Der EUGH wird wegen ARD&ZDF mit Sicherheit nicht seine bisherige Rechtsprechung ändern.

Das mag beim BVerwG noch nicht ganz angekommen sein.

Der Berichterstatter Prof. Dr. Andreas Paulus vom BVerfG ist Lehrstuhlinhaber für öffentliches Recht an der Universität Göttingen und Abteilungsdirektor für Allgemeines Völkerrecht am Institut für Völkerrecht und Europarecht.

Der ist mit Sicherheit nicht umsonst Berichterstatter.

Den  Damen und Herren in Karlsruhe ist mit Sicherheit bewusst, dass ihr Urteil
- erstens europarechtliche Konsequenzen hat und es
- zweitens nicht mehr revidiert werden kann, wenn es veröffentlicht wurde.

Oder mit anderen Worten:
Wenn das Kind in den Brunnen fallen sollte, ist es nicht sicher, ob man es ohne größere Blessuren wieder rausbekommt.

Es gibt jetzt drei Möglichkeiten
1) Das BverfG weist die Klagen ab (z.B. um die Finanzierung von ARD & ZDF sicherzustellen).
2) Das BverfG weist das BVerwG an, den EUGH anzurufen (so ist die Rechtslage).
3) Das BverfG erklärt den Rundfunkbeitrag rückwirkend für nichtig (Gründe dafür gibt's genug).


In den Fällen 1 und 2 stehen ARD&ZDF ohne genehmigte Beihilfe da, weil sie mit dem Rundfunkbeitrag aufgegeben wurde.

Wenn die EU Kommission und der EUGH bei ihrer bisherigen Verwaltungspraxis/Rechtsprechung bleiben, wovon auszugehen ist, dann müssen die Rundfunkbeiträge zurückgezahlt werden und die Beihilfen neu bewilligt werden.

Bleibt nur Fall 3, bei dem kein unmittelbares Ungemach droht.


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  • IP logged  »Letzte Änderung: 23. Mai 2017, 00:20 von Bürger«

m
  • Beiträge: 20
  • Status: 3. Klage in Vorbereitung
Zitat
Das mag beim BVervG noch nicht ganz angekommen sein.

ein VerwG einer bundesdeutschen Hauptstadt beruft sich aktuell zum Abschmettern im Kontext einer fiktiven Klage schon auf ein Urteil des BVerwG, und zwar auf
BVerwg Urteil 6 C 6/15, vom 18.3.2016, Rz. 51 ff
http://www.bverwg.de/entscheidungen/entscheidung.php?ent=180316U6C6.15.0

Zitat
"...
51
11. Die Einführung des Rundfunkbeitrags für den privaten Bereich nach §§ 2 ff. RBStV bedurfte nicht der Zustimmung der Kommission der Europäischen Union.
Nach Art. 108 Abs. 3 Satz 1 und 3 AEUV darf ein Mitgliedstaat eine staatliche oder aus staatlichen Mitteln gewährte Beihilfe nicht einführen oder umgestalten, bevor die Kommission einen das Feststellungsverfahren nach Art. 108 Abs. 2 AEUV abschließenden Beschluss erlassen hat.
Die Finanzierung des öffentlich-rechtlichen Rundfunks durch die Rundfunkgebühr hat Beihilfecharakter (Kommission, Entscheidung vom 24. April 2007 - K<2007> 1761).
Eine genehmigungsbedürftige Umgestaltung im Sinne von Art. 108 Abs. 3 Satz 1 AEUV liegt vor, wenn die ursprüngliche Finanzierungsregelung durch spätere Änderungen in ihrem Kern, d.h. hinsichtlich der Art des Vorteils, der Finanzierungsquelle, des Ziels der Beihilfe, des Kreises oder der Tätigkeitsbereiche der Begünstigten betroffen ist (vgl. Mitteilung der Kommission über die Anwendung der Vorschriften über staatliche Beihilfen auf den öffentlich-rechtlichen Rundfunk, ABl. 2009 C 257 S. 1 Rn. 31).

Diesen Satz verstehe ich "komischerweise" anders als das Gericht.
Der sehr geschätzte "EU-Experte" pinguin (Dank an dieser Stelle) erörterte das detailliert.

Gruss
merco


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  • Ersatzmaßstab Wohnung: das BVerfG erklärt die Welt
@Kunibert:
Zitat
Es gibt jetzt drei Möglichkeiten
1) Das BverfG weist die Klagen ab (z.B. um die Finanzierung von ARD & ZDF sicherzustellen).
2) Das BverfG weist das BVerwG an, den EUGH anzurufen (so ist die Rechtslage).
3) Das BverfG erklärt den Rundfunkbeitrag rückwirkend für nichtig (Gründe dafür gibt's genug).

Du hast (mindestens) eine Möglichkeit übersehen. Ich präsentiere einmal 3 Ideen.

4) Das BVerfG erklärt den Rundfunkbeitrag für verfassungswidrig, räumt den Ländern zugleich eine Frist bis zur Änderung ein und gestattet bis zum Ablauf der Frist die Beitragserhebung nach dem verfassungswidrigen Gesetz.
5) wie 4, jedoch mit der Änderung, dass das BVerfG nur Teile des Rundfunkbeitragsstaatsvertrags für verfassungswidrig erklärt. Auch hier könnte den Ländern eine großzügige Frist zur Korrektur eingeräumt werden, das Kassieren auf verfassungswidriger Basis weiter gehen. Die nur teilweise Verfassungswidrigkeit ist wohl wahrscheinlicher. Mit der Liste der Beanstandungen kann der Rundfunkbeitrag dann zügig geändert werden. Sollten die Änderungen nicht befriedigen, steht der nächste Marsch durch die Gerichte an.
6) wie 5, mit der Einschränkung, dass Verfassungswidrigkeit nur für die Abgabe der Betriebe festgestellt wird, die Wohnungsabgabe jedoch als verfassungskonform bezeichnet wird (auf die Begründung wäre ich gespannt).

Ob mit einem unbefriedigenden Beschluss, - Sicht der Kläger -, der Weg zum EUGH offen stünde, vermag ich nicht zu sagen. Eine Vorbereitung ist aber ggf. schon deshalb erforderlich, weil ÖR-Anstalten und die Länder vermutlich ihrerseits den EUGH anrufen könnten, wenn sie am sogn. Beitrag in der jetzigen Form festhalten wollen.

Eine Fristsetzung wie in 4 und 5 ist in der Vergangenheit schon mehrfach vorgekommen. Z. B. wurde im August 2010 vom Landesverfassungsgericht Schleswig-Holsteins das Wahlrecht als verfassungswidrig eingestuft. Dennoch konnte die in der Wahl von Oktober 2009 "siegreiche" CDU/FDP Koalition bis Mai 2012 das Land regieren (32 Monate), davon 20 Monate noch nach dem Richterspruch. Mit Urteil vom 17. Dezember 2014 hatte der Erste Senat des Bundesverfassungsgerichts §13a, §13b und §19 Abs. 1 des Erbschaftsteuer- und Schenkungsteuergesetzes für verfassungswidrig erklärt. Dem Gesetzgeber wurde aufgegeben, bis zum 30. Juni 2016 eine Neuregelung zu treffen. Obwohl der Bundestag die Frist nicht einhielt, galten die Regeln weiter, auch über die Frist hinaus.

Im Fall 6 könnten die Länder auf die Idee kommen, die Belastung der Betriebe zu beenden, den Fehlbetrag aber auf die Wohnungsabgabe umzulegen. Letztere dürfte den Löwenanteil bringen. Die dann vermutlich kräftige Erhöhung würde begründet werden mit dem Beschluss des BVerfG, ein idealer "Sündenbock" für das, was schon längst geplant ist. "Hier stehen wir, wir können nicht anders!"

Hintergrund meiner Überlegungen ist, dass ich das BVerfG nicht für den Erlöser halte, sondern für einen Teil des Problems. Die immer dreisteren Forderungen haben viel mit der sogn. Grundversorgung zu tun, die offenbar schrankenlos ist. Schuld daran ist m. E. das BVerfG. Insofern kann es gut sein, dass die europäische Karte - zwangsweise - gezogen werden muss.

M. Boettcher


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  • Beiträge: 7.376
@kunibert & @drboe

7) das BVerfG setzt alle Verfahren aus, legt jede weitere derzeitige oder auch künftige Zwangsvollstreckung gegenüber Rundfunknichtnutzern auf Eis, rügt alle bisherigen Verwaltungsgerichte, die sich zur Vorlage an den EuGH für unbefähigt hielten, legt den Sachverhalt selbst dem EuGH vor und entscheidet nach der Vorabentscheidung durch den EuGH, in dessen Rahmenvorgabe es ja dann entscheiden darf.

Wie die Entscheidung dann ausfallen würde, kann man den bisherigen Entscheidungen des BVerfG zu europäischem Recht ja auch entnehmen;

a.) läßt die EuGH-Entscheidungen einen Spielraum, ist das BVerfG befugt, das nationale Rundfunkrecht innerhalb dieses Spielraumes auf nationale Verfassungsübereinstimmung zu prüfen und dann entsprechend zu entscheiden;

b.) läßt die EuGH-Entscheidung keinen Spielraum zu weiterer Auslegung, ist die nationale Verfassungsbeschwerde evtl. nur darin begründet, daß die bisher damit befassten Verwaltungsgerichte es unterlassen haben, eine Vorlage an den EuGH durchzuführen, wozu sie verpflichtet sind, wenn europäisches Recht betroffen ist; siehe Entzug gesetzlicher Richter, und reichen alles mit ordentlicher Begründung zu dem jeweiligen letztinstanzlichen Gericht zurück, nicht ohne ausdrücklich darauf hinzuweisen, daß der EuGH-Entscheidung Folge zu leisten ist;

c.) das BVerfG könnte zudem anordnen, alle Richter in die europäisches Recht betreffende regelmäßige Weiterbildung zu schicken, als Pflichtveranstaltung;

d.) bei dem ganzen Wirrwar, den es ohne Zweifel im europäischen Rechtsgestrüpp hat, wird es auch national unabdingbar, sich weitestgehend darin zurechtzufinden, um nachfolgend Schaden von der Bundesrepublik Deutschland fernzuhalten;


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  • Beiträge: 232
@drboe @pinguin

Das BVerfG war bisher mehr als wohlwollend, was ARD & ZDF anbelangt.

Deshalb wird das BVerfG nach meiner Einschätzung alles vermeiden, was eine Reduzierung der Finanzmittel für ARD & ZDF auch nur ansatzweise zur Folge haben könnte.

Bei der bisherigen Rechtslage bedeutet eine Befassung der EU-Kommission und / oder des EuGH eine ernsthafte Gefahr für die üppige Finanzierung von ARD & ZDF, wie der von mir hochgeschätzte Pinguin dankenswerterweise mehrfach herausgearbeitet hat.

Jeder zu Unrecht einkassierte Euro birgt die Gefahr einer Klage vor dem EuGH.  Und eine Klage reicht.

Das BVerfG wird daher jeden Weg vermeiden, bei der die EU-Kommission oder der EuGH mit dem Fall zu tun bekommen könnte.

Das BVerfG hat als Einzige die Macht, den Rundfunkbeitrag wieder verschwinden zu lassen.

Die Option 3  birgt daher die geringsten Risiken für ARD&ZDF.

Es geht hier nicht um die Rechte der Betroffenen.
Es geht hier um mehr als acht Milliarden Euro - jedes Jahr.

@merco.
Meiner Vermutung nach  berücksichtigen fiktive Verwaltungsgerichte in der Regel nur das, was man  vorgetragen hat.  Wenn man in einem fiktiven Fall belegen könnte, dass ein fiktives übergeordnetes Gericht irgendwelche imaginären Vorschriften nicht eingehalten hat, dann ist es möglich, dass das betreffende fiktive Verwaltungsgericht auf die Argumente eingeht, weil es auch selbst an diese imaginären Vorschriften gebunden ist. 


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Re: Unlautere Geschäftspraktiken > EU-Recht
#26: 13. September 2018, 15:26
Was Neues vom EuGH; siehe auch im Thema:

Kleiner Ausflug zum Europarecht
http://gez-boykott.de/Forum/index.php/topic,12861.0.html

------------------

Zitat
Die Vermarktung von SIM-Karten, die kostenpflichtige vorinstallierte und –aktivierte Dienste enthalten, stellt eine aggressive unlautere Geschäftspraxis dar, wenn der Verbraucher zuvor nicht entsprechend aufgeklärt wurde

Solch ein Verhalten stellt insbesondere eine "Lieferung unbestellter Waren und Dienstleistungen" dar, [...]

PRESSEMITTEILUNG NR. 130/18
Rechtssache C-54/17
https://curia.europa.eu/jcms/upload/docs/application/pdf/2018-09/cp180130de.pdf

"Lieferung unbestellter Waren und Dienstleistungen"; könnte man evtl. mal tiefer ergründen, was so alles damit gemeint sein könnte. Im vorliegenden Fall ist es jedenfalls sogar eine unlautere, aggressive Geschäftspraxis.

Nochmals an dieser Stelle zur Wiederholung:

Der Verbraucher muß im Rahmen des Rechtes der Europäischen Union zu jeder Zeit die freie Entscheidung darüber haben, welche Waren und Dienstleistungen er für sich in Anspruch nehmen will, bzw. bestelllt und folglich alleine zu bezahlen verpflichtet ist, bzw. werden kann.


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s
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Re: Unlautere Geschäftspraktiken > EU-Recht
#27: 13. September 2018, 17:07
Ich versuche das mal für mich einzusortieren..

Wenn ich mein TV-Gerät einschalte und dann ARD/ZDF/MDR/WDR etc. empfangen werden, dann ist das für sich genommen erst mal i.O.
Wenn ich jetzt aber Geld dafür bezahlen soll, dass mein TV-Gerät etwas empfängt, was ich gar nicht möchte, dann ist das unlauter... richtig?

Gleiches gilt für Radioprogramme.

Das hieße ja dann, dass die höchstrichterlich umworbene Möglichkeit, den unerwünschten Rundfunk empfangen zu können, bereits unlauter ist in dem Moment, wo sie mich Geld kostet...

Interessanter Ansatz...


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P
  • Beiträge: 4.009
Re: Unlautere Geschäftspraktiken > EU-Recht
#28: 13. September 2018, 18:32
Das hieße ja dann, dass die höchstrichterlich umworbene Möglichkeit, den unerwünschten Rundfunk empfangen zu können, bereits unlauter ist in dem Moment, wo sie mich Geld kostet...
Interessanter Ansatz...
Auf gut Deutsch: Kern erfasst, denn das sagt Art 5 GG auch. Es besteht die freie Wahl. Art 5. GG hindert nicht, dass es einen oder viele Anbieter gibt und diese beliebig senden oder anbieten.
Aber in dem Moment, wo Geld verlangt wird ganz ohne Zustimmung und dadurch eine Beeinträchtigung der freien Wahl erfolgt - auch durch Mittelentzug - hört es auf.


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s
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Re: Unlautere Geschäftspraktiken > EU-Recht
#29: 13. September 2018, 19:44
Nun ja...jetzt, nach dem Lesen des Urteils...

In einer möglichen Klage gg den Rundfunkbeitrag müsste man ja jetzt argumentieren, dass der durchschnittliche Inhaber einer Wohnung - durchschnittlich im Sinne von: jeder denkbare Bürger der EU, der eine Wohnung in D anmietet oder sich dorthin meldet - nicht Wissen kann, dass er gleichzeitig auch eine Dienstleistung "kauft", die er womöglich nicht haben möchte....

Puuhh, weit hergeholt, aber nachvollziehbar. Das Gegenargument würde/könnte lauten "Der Rundfunkbeitrag und die Anküpfung an die Wohnung ist geltendes nationales Recht und die Information darüber als Holschuld einzuholen..."

Aber dennoch, interessanter Ansatz.


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