"Beitragsservice" (vormals GEZ) > Vollstreckungen von Rundfunkbeiträgen (nach Bundesländern sortiert)

Taktiken bei Vollstreckungsmaßnahmen

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Pistenwolf:
Hallo zusammen,

ich würde gerne anhand eines fiktiven Falles verschiedene prozesstaktische Überlegungen anstellen und das Für und Wider diskutieren.


Fiktiver Fall in Bayern:
Person A erhält überraschend die Information von ihrer Bank, dass diese eine Pfändungs- und Überweisungsaufforderung wegen ausstehender Gebühren einer Anstalt öffentlichen Rechts vorliegen hat und entsprechend das Konto gesperrt ist.

Vorhandene Informationen:
Da eine Pfändungs- und Überweisungsanweisung nur dem Drittschuldner zugestellt werden muss,
erfährt Person A also bisher in Schriftform weder wer als Gläubiger auftritt noch ob bis zum jetzigen
Stand der Zwangsvollstreckung alle nötigen Formalien korrekt sind.

Vorgehen:
Person A hat den Rechtsbehelf der Erinnerung entsprechend §766 ZPO gewählt in Verbindung mit Antrag auf einstweilige Aufhebung § 769 Abs. 2 ZPO gestellt. Angegriffen wurden das Fehlen der Voraussetzung für die Zwangsvollstreckung, insbesondere wurde eine ordnungsgemäße Zustellung bestritten.

Taktik Entscheider:
Aus bisherigen Erfahrungen in Bayern könnte nun ein Beschluss erlassen werden in dem die Erinnerung zurückgewiesen wird. Hierzu könnte auf LG Detmold 01.08.2014 verwiesen werden, aus dem hervorgeht, dass, wenn im Antrag auf Vollstreckung vermerkt ist, dass die Forderung Vollstreckbar ist, dies ausreicht um dem Antrag nachzukommen. Weiterhin könnte man sich absichern, in dem man darauf hinweist, dass Einträge im Ausstandsverzeichnis, in dem die Vollstreckungsklausel vermerkt ist, keine Verwaltungsakte darstellen und Verwaltungsakte, die zum Setzen der Vollstreckungsklausel geführt haben, nicht Bestandteil des Vollstreckungsverfahrens sind. Daraus ergäbe sich seitens der Entscheider keinerlei Prüfpflichten in Bezug auf die Vorraussetzungen einer Vollstreckung, sobald eine Schuld im Ausstandsverzeichnis auf „ist Vollstreckbar“ gesetzt wurde.

mögliche Taktik Person A:
Da sich Rechtsbehelfe nicht gegenseitig ausschliessen (bitte um Korrektur sofern das doch so ist) könnte Person A nun §732 ZPO entsprechend eine Erinnerung gegen Erteilung der Vollstreckungsklausel stellen.  Wobei ich mir nicht sicher bin, ob dies nicht genau mit der gleichen Begründung siehe Erinnerung Art und Weise, zurückgewiesen wird.
Es gäbe noch Sofortige Beschwerde gegen den ersten Beschluss und dann die Vollstreckungsgegenklage bzw. - was ich für sinniger halten würde - Klage gegen Vollstreckungsklausel.

Ziel:
Bisher konnten die Entscheider jede Verantwortung für die Vollstreckung ausklammern und sehen die vor gelagert wenn überhaupt beim Gläubiger der Anstalt öffentlichen Rechts. Ziel wäre es daher, hierbei soweit zu kommen, dass der Gläubiger nachweisen muss, dass eine Zustellung entsprechend dem BVwZVG erfolgt ist.
Nur wie kommt man ab besten dahin wenn die Entscheider bisher sagen, das müssten sie nicht prüfen?

Gerne auch weitere taktische Vorschläge wo und wie man ansetzen könnte? Verwunderlich ist, dass aus einer Vollstreckung VwZVG beim Entscheider plötzlich eine Vollstreckung nach ZPO wird und die Übergabestelle, das Ausstandsverzeichnis, so gestrickt ist, dass hier der Entscheider von jeglichen Prüfungspflichten befreit ist, weshalb die gebotenen Rechtsbehelfe hier eigentlich ausgehebelt werden.
Grundsätzlich konnte ich auch bisher nichts über Regelungen des Ausstandsverzeichnisses finden.

Bürger:
...vielleicht hilft dies schon mal weiter
Beschluss vom Amtsgericht > Erinnerung zurückgewiesen (Bayern)
http://gez-boykott.de/Forum/index.php/topic,13902.msg99227.html#msg99227


--- Zitat von: Bürger am 02. Juli 2015, 00:03 ---...vielleicht prinzipiell zweckdienlich ;)

Gar nicht so alter gerichtlicher Hinweis von Ende Mai 2015 eines fiktiven Amtsgerichts München - offensichtlich an die Gegenseite (oder die Gerichtsvollzieherin?) bzgl. der
Erfordernis des Nachweises der Zustellung der Vollstreckungsgrundlage/ des Titels/ des Festsetzungsbescheids:


--- Zitat ---Es bestehen Zweifel am Vorliegen der formellen Zwangsvollstreckungsvoraussetzungen, insbesondere an der Wirksamkeit der Bekanntgabe des zugrundeliegenden Titels. Die Schuldnerin trägt vor, den der Zwangsvollstreckung zugrundeliegenden Festsetzungsbescheid nicht erhalten zu haben.

Gemäß § 17 Abs. 2 Satz 2 BaVwZVG obliegt der Gläubigerin die Beweislast für den Zugang der Bescheide und geeignete Zustellnachweise müssten erbracht werden. Die Aufgabe der Bescheide zur Post per einfachem verschlossenen Brief und der vorgelegte Auszug aus der internen Historienaufstellung des Beitrgskontos genügen nach vorläufiger Ansicht nicht der Beweisführung. Denn hierdurch wird gegebenenfalls nur belegt, dass die Bescheide die Sphäre der Gläubigerin verlassen haben, jedoch nicht, dass sie bei der Schuldnerin tatsächlich bekannt wurden.

Das Gericht gewährt eine Stellungnahmefrist von 2 Wochen.
--- Ende Zitat ---

--- Ende Zitat ---

Pistenwolf:
Danke die Info, würde mich freuen wenn bzgl. der Erinnerung von Person A diesbezüglich durch die Entscheider Argumentiert würde.

Nehmen wir an der Entscheider an einem fiktiven Amtsgericht in München entscheidet bei Person A obowhl gleicher Fall anders. Kann Person A in irgendeiner Art und Weise auf den vorhergegangenen anders lautende Beschlüsse verweisen unter Behelf der sofortigen Beschwerde gegen den neuen andersartigen Beschluss ?

LG

Pistenwolf:
Glaube derzeit sieht es eher Bunt aus was die fiktiven Vollstreckungsgerichte an Beschlüssen angeht, die einen fühlen sich nicht zuständig wie z.B

AG Riesa/ AG Dresden > fehlender Bescheid > §766 ZPO oder §40 VwGO? AG oder VG?
http://gez-boykott.de/Forum/index.php/topic,13609.0.html

andere wie in München überprüfen zumindest die Voraussetzungen einer Vollstreckung.

Nehmen wir mal an im fiktiven Fall ist man an ein Gericht geraten das sich nicht zuständig fühlt. Hier zeigt es sich dass Erinnerung -> sofortige Beschwerde und ggf.  weiter  ans LG das gleiche Ergebnis bringt. Wir sind nicht zuständig das wäre das VG.

Person A argumentiert dass die zugrunde liegenden VA nicht ordnungsgemäß zugestellt wurden, bzw. er bestreitet überhaupt den Zugang. Trotzdem führte dies zu einem Vollstreckungstitel bzw. erstellte der Gläubiger einer Anordnung der Vollstreckung die dann entsprechend zu einer Zwangsvollstreckung gem. ZPO wurde.

Soweit sehe ich das sogar von Gesetzeswegen als richtig an (ob‘s gut ist, mag was anderes sein). Wieso? Wenn man sich mal z.B Kommentare von Jansen zum Thema Bekanntgabefiktion ansieht, so sieht man das mit Abgabe der Post +3 Tage von einer Bekanntgabe ausgegangen werden kann. Ab dem Zeitpunkt laufen die Fristen und es folgt das weitere bekannte Vorgehen. Nun sagen einige es gibt Gerichturteile zu dem Thema, das stimmt, diese sagen ebenso wie der Kommentar, das ein nicht Zugang Pauschal bestritten werden kann und die Behörde den Beweis führen muss. Das wiederum z.b zur Hemmung der Verjährung sowie neubeginn der Fristen führt.

Folgt man diesem so könnte nun tatsächlich gegen den zugrunde liegenden VA Rechtsmittel eingelegt werden. Nun befinden wir uns aber am AG und LG mitten im ZPO.

Denkbar 1:
Verweis auf oben genannten Neubeginn der Frist §233 ZPO Wiedereinsetzung in den vorherigen Stand und/oder die Bitte ans Gericht § 281 ZPO Verweisen bei Unzuständigkeit zur Klärung ans VG.

Denkbar 2:
Bitte ans Gericht § 281 ZPO Verweisen bei Unzuständigkeit zur Klärung ans VG und dort Wiedereinsetzung gem. § 32 VwVfG (oder entsprechend Länderspezifisches VwVG) beantragen.


Ist das zu weit hergeholt?

gurke7:

--- Zitat von: Pistenwolf am 04. Juli 2015, 14:49 ---Hallo zusammen,

ich würde gerne anhand eines fiktiven Falles verschiedene prozesstaktische Überlegungen anstellen und das Für und Wider diskutieren.
 Ziel wäre es daher, hierbei soweit zu kommen, dass der Gläubiger nachweisen muss, dass eine Zustellung entsprechend dem BVwZVG erfolgt ist.
Nur wie kommt man ab besten dahin wenn die Entscheider bisher sagen, das müssten sie nicht prüfen?

Gerne auch weitere taktische Vorschläge wo und wie man ansetzen könnte? Verwunderlich ist, dass aus einer Vollstreckung VwZVG beim Entscheider plötzlich eine Vollstreckung nach ZPO wird und die Übergabestelle, das Ausstandsverzeichnis, so gestrickt ist, dass hier der Entscheider von jeglichen Prüfungspflichten befreit ist, weshalb die gebotenen Rechtsbehelfe hier eigentlich ausgehebelt werden.
Grundsätzlich konnte ich auch bisher nichts über Regelungen des Ausstandsverzeichnisses finden.

--- Ende Zitat ---

Das ist ein aller Wahrscheinlichkeit dergestalt liegender fiktiver Fall, in dem alles andere als eine Vollstreckungsgegenklage seitens Person P keinen Sinn hat - denn nur im Rahmen einer solchen Klage kann nach Einleitung einer Vollstreckung geprüft werden, welche materiell-rechtlichen Einwände bestehen  -  in diesem Fall : es gibt keine Bescheide.

Es gäbe noch Sofortige Beschwerde gegen den ersten Beschluss und dann die Vollstreckungsgegenklage

Dieser im ersten Post beschriebene Weg der Instanzen ist nicht korrekt, nach dem ersten Beschluss und sofortiger Beschwerde kann sofern zugelassen noch Rechtsbeschwerde beim BGH eingelegt werden.

bei Erinnerung und Beschwerde muss eine Person P auch immer die direkte jeweilige ZV Maßnahme angreifen (also: Abgabe der V-Auskunft, Pfändung Konto,  etc:)

die Vollstreckungsgegenklage ist jedoch ein gänzlich anderes Rechtmittel, das nicht die Art und Weise der ZV angreift (und damit eine einzelne Maßnahme) , sondern direkt den Titel zunichte  machen will.
Zuständigkeit ist bei  § 767  ZPO  eine  ausschließliche, also  das Gericht,  das  den  Titel  geschaffen  hat,  also  das  Prozessgericht, ---> in dem fiktiven Fall das AG München oder woauchimmer in Bayern.  Geht  der  Kläger  gegen  einen Vollstreckungsbescheid  vor,  stellt  § 796  III  ZPO  eine  Sonderregelung  dar.  Zuständig  ist  dann  das Gericht,  welches  für  das  Verfahren  zuständig  gewesen  wäre. --> hier das VG München..

im Zweifel: Gerichte anrufen, fragen.  auch hinsichtlich einer Wiedereinsetzung in den Stand oder Weiterleitung ans zuständige Gericht - i.d.R. kriegt man nett Auskunft.

das Ausstandsverzeichnis ist, soweit man in Urteilen nachlesen kann eine behördeninterne Mitteilung und nicht Teil des eigentlichen Titels

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