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Autor Thema: Ist der Rundfunkbeitrag eine Enteignung?  (Gelesen 8659 mal)

H
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Re: Ist der Rundfunkbeitrag eine Enteignung?
#15: 29. August 2021, 18:10
Ich glaube, Art. 14 GG meint mit der gesetzlichen Regelung eine Harmonisierung des Grundrechtseingriffs über ein parlamentarisch abgesegnetes Bundesgesetz, wie es übrigens in allen hoheitlichen Abgaben (ausser beim RB) der Fall ist. Die Müllgebühren z.B. beruhen auf den Abfallwirtschaftsgesetzen (Bund). Die Regelung des Einzugs wurde den Bundesländern überlassen, was auch sinnvoll ist. Und die Steuergesetze sind auch Bundesgesetze. Daneben gibts noch die Abgabenordnung. Auch Bundessache.

Es dürfte nicht möglich sein, Grundrechtseingriffe durch Staatsverträge zu regeln. Auch nicht, wenn daraus Landesgesetze erzeugt werden.

Es ist auch durch die Tatsache, dass nur bei nicht-freiwilliger Zahlung eine Enteignung stattfindet, der Sachverhalt sehr differenziert zu betrachten.

Art. 14 GG umfaßt auch Landesgesetze.
Selbst wenn man davon ausgehen würde, daß dem nicht so wäre, enthalten die Landesverfassungen auch einen Gesetzesvorbehalt (siehe z.B. Art. 60 im Ausgangsbeitrag), der das Eigentum einschränkt.

Daß heute viele Steuergesetze auf Bundesrecht zurückgehen, liegt an Art. 72, 105 Abs. 2 GG.

Wäre beispielsweise vor kurzem der Antrag der FDP (?) auf die Abschaffung des Vermögenssteuergesetzes vom Bundestag bestätigt worden, hätte dies dazu geführt, daß jedes einzelne Bundesland sein eigenes Vermögenssteuergesetz hätte kreieren können.
Denn dann hätte der Bund nicht mehr von seiner konkurrierenden Gesetzgebung Gebrauch gemacht.
(Hinweis: Derzeit ist die Vermögenssteuer nur ausgesetzt, nicht abgeschafft.
Der Antrag war offensichtlich nicht zu Ende gedacht, denn genau dieses Ergebnis sollte nicht erreicht werden, vielmehr sollte gar keine Vermögenssteuer mehr erhoben werden, also der derzeitige Istzustand.)


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Re: Ist der Rundfunkbeitrag eine Enteignung?
#16: 29. August 2021, 21:06
@Hako: Die Gesetzgebungskompetenz alleine reicht doch nicht für eine Enteignung aus... Es muss in den Gesetzen schon auf die Grundrechte eingegangen werden (Zitiergebot).
Ich möchte erst einmal die Antwort der Finanzbehörde Hamburg auf meine Anfrage https://fragdenstaat.de/a/227282 hören.
Vielleicht reicht ihr als Begründung ja auch schon das Landesgesetz zum RBStV.


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„Eine ewige Erfahrung lehrt jedoch, daß jeder Mensch, der Macht hat, dazu getrieben wird, sie zu mißbrauchen. Er geht immer weiter, bis er an Grenzen stößt. Wer hätte das gedacht: Sogar die Tugend hat Grenzen nötig. Damit die Macht nicht mißbraucht werden kann, ist es nötig, durch die Anordnung der Dinge zu bewirken, daß die Macht die Macht bremse.“ (Montesquieu)

H
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Re: Ist der Rundfunkbeitrag eine Enteignung?
#17: 30. August 2021, 15:03
@seppl:

Leider sieht das Bundesverfassungsgericht das anders.
Das Zitiergebot nach dortiger Auffassung betrifft nicht Einschränkungen des Eigentums nach § 14 GG, da diese von der Verfassung (GG) erlaubt seien ("Inhalt und Schranken werden durch die Gesetze bestimmt.").
Deshalb ist Art. 14 auch in den Steuergesetzen oder der Abgabenordnung nicht zitiert (siehe § 413 AO, ).

Ich habe mich daher in meiner Verfassungsbeschwerde nicht an Art. 19 Abs. 1 Satz 2 GG abgearbeitet, sondern den erheblichen Unterschied von Art. 5 Abs. 2 Satz 3 bbg LV zu Art. 19 Abs. 1 Satz 2 GG herausgearbeitet und kam nach der brandenburger Verfassung zu einem Zitiergebot von u.a. Art. 41 bbg LV (Eigentum).
Bisher hatte es sich das Landesverfassungsgericht einfach gemacht und sich stets nur die sehr restriktive Auffassung des Bundesverfassungsgerichtes zu Art. 19 Abs. 1 Satz 2 GG zurückgezogen, ohne auf den erheblichen Unterschied zur Regelung der Landesverfassung einzugehen.


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Re: Ist der Rundfunkbeitrag eine Enteignung?
#18: 31. August 2021, 12:20
@Hako:
Die Senatskanzlei Hamburg schweigt sich seit meiner Anfrage vom 09.09.2020
Quelle des Rundfunkbeitrags
https://fragdenstaat.de/anfrage/quelle-des-rundfunkbeitrags-1/#nachricht-532969
über den Art. 14 GG aus.
Auch die ursprünglich gestellte Anfrage an den Landtag RLP
Quelle des Rundfunkbeitrags vom 01.09.2020
https://fragdenstaat.de/anfrage/quelle-des-rundfunkbeitrags/
bekam keine ausreichende Antwort.
Warum meinst Du, bekomme ich nicht einfach die von Dir gegebenen Antworten?


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Re: Ist der Rundfunkbeitrag eine Enteignung?
#19: 31. August 2021, 17:20
Hallo Zusammen,

zum weiteren Verständnis, ob eine Enteignung vorliegt, muss sich näher mit dem Eigentumsbegriff nach Art. 14 Abs. 1 GG auseinandergesetzt werden.
In BVerfGE 4,7 (1954) zum Investitionshilfegesetzt heißt es
https://www.servat.unibe.ch/dfr/bv004007.html#017
Zitat
Art. 14 GG schützt nicht das Vermögen als solches.

Ab Rn. 32 wird dann genauer ausgeführt:
Zitat
4. Die Beschwerdeführer machen weiter geltend, das Investitionshilfegesetz verletze die verfassungsmäßige Eigentumsgarantie. Einige qualifizieren die Investitionshilfe als verfassungsrechtlich unzulässige Enteignung, weil sie nicht im öffentlichen Interesse liege und keine oder nur unzulängliche Entschädigung gewähre; andere verneinen den Enteignungscharakter der Investitionshilfe, erblicken aber in ihr einen im Grundgesetz nicht vorgesehenen und daher unzulässigen Eingriff in das Eigentum.
   
Auf das Grundrecht aus Art. 14 GG können sich seinem Wesen nach auch juristische Personen berufen. Ein gleiches gilt für Handelsgesellschaften, soweit die Eingriffe sich auf gesamthänderisch gebundenes Eigentum beziehen.
   
Die Rügen sind jedoch unbegründet, denn das Investitionshilfegesetz ordnet keinen Eingriff in das verfassungsrechtlich geschützte Eigentum der Beschwerdeführer an. Wenngleich der Umfang der durch Art. 14 GG geschützten Objekte in Schrifttum und Rechtsprechung umstritten ist, besteht doch Einmütigkeit darüber, daß Art. 14 GG nicht das Vermögen gegen Eingriffe durch Auferlegung von Geldleistungspflichten schützt. Solche Geldleistungspflichten, wie sie das Investitionshilfegesetz vorsieht, berühren nicht die Eigentumsgarantie des Grundgesetzes.
   
Daran kann auch die Überlegung nichts ändern, daß durch die Erfüllung einer Zahlungspflicht die Liquidität des Betriebsvermögens vermindert wird. Das gehört zum Wesen jeder Geldleistungspflicht. Die Liquidität eines Betriebes ist zwar eine "wirtschaftliche Position", aber kein selbständiges Recht; die Frage der Eigentumsgarantie kann daher überhaupt nicht aufgeworfen werden.

Und nun?
Fragt
der Linksabbieger


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Re: Ist der Rundfunkbeitrag eine Enteignung?
#20: 31. August 2021, 18:19
Leg Dir Dein Geld als Besitz zu Hause hin. In einen Glaskasten, mach z.B. Kunst daraus. Dann stelle die Frage nach dem Eigentum erneut.


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Re: Ist der Rundfunkbeitrag eine Enteignung?
#21: 31. August 2021, 20:20
Eine andere Aussage daraus ist viel wichtiger:

BVerfGE 4, 7 - Investitionshilfe
Urteil    
des Ersten Senats vom 20. Juli 1954    
-- 1 BvR 459, 484, 548, 555, 623, 651, 748, 783, 801/52, 5, 9/53, 96, 114/54 --

https://www.servat.unibe.ch/dfr/bv004007.html

Zitat
Rn. 20
[...] Nach Art. 74 Nr. 11 GG können auch Bundesgesetze erlassen werden, die ordnend und lenkend in das Wirtschaftsleben eingreifen. [...]

Der Bund hätte hier also durchaus die Möglichkeit, zu definieren, daß es zwischen "Verbraucher*innen im Sinne des Bundes- bzw. Unionsrechts" und einem "Unternehmen im Sinne des Bundes- bzw. Unionsrechts" zu keinem Zeitpunkt zu einer Rechtsbeziehung, welcher Art diese auch immer sein möge, kommen kann, wenn sie nicht seitens dieser "Verbrauher*innen im Sinne des Bundes- bzw. Unionsrechts" selbst aktiv begründet wird.


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Bei Verarbeitung pers.-bez.-Daten ist das Unionsgrundrecht unmittelbar bindend; (BVerfG 1 BvR 276/17 & BVerfG 1 BvR 16/13)

Keine Unterstützung für
- Amtsträger, die sich über europäische wie nationale Grundrechte hinwegsetzen oder dieses in ihrem Verantwortungsbereich bei ihren Mitarbeitern, (m/w/d), dulden;

- Parteien, der Mitglieder sich als Amtsträger über Grundrechte hinwegsetzen und wo die Partei dieses duldet;

- Gegner des Landes Brandenburg wie auch gesamt Europas;

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Re: Ist der Rundfunkbeitrag eine Enteignung?
#22: 31. August 2021, 22:27
@Linksabbieger:
Ohne weiter in die Materie einsteigen zu müssen, erkenne ich, dass es bei Deinem Beispiel um von Personen getrenntes Betriebsvermögen geht. Beim Rundfunkbeitrag geht es aber um das Vermögen der Person, da er nicht an die Wohnung als Eigentum und somit an einen belastbaren Vermögensgegenstand sondern an den Bewohner als Innehabenden gebunden ist.

Paul Kirchhof selbst spricht bei den Negativzinsen, die die Europäische Zentralbank erhebt auch von einer (unzulässigen) Enteignung, weil sie das nackte Geldguthaben "des kleinen Sparers" schmälern, und nicht etwa irgendwas belasten, worin er es angelegt hat.
"Die Politik der Negativzinsen vernichtet das Eigentum der kleinen Sparer. Das muss gestoppt werden"
https://www.youtube.com/watch?v=dPNua0ToB3c



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Re: Ist der Rundfunkbeitrag eine Enteignung?
#23: 01. September 2021, 16:33
@seppl:
Keine Ahnung, aber Fragen, über die man erst mal nachdenken muß, werden von den Regierungen scheinbar grundsätzlich nicht beantwortet.

(Ich habe beispielsweise auf eine Frage vom Herbst 2020 zur Auslegung der Sars-Cov2-Eindämmungsverordnung auch bis heute keine Antwort erhalten, obwohl Ministerpräsident Dr. Woidke im November oder Dezember 2020 vor dem Landtag behauptet hat, sämtliche Anfragen zu dieser Verordnung würden zeitnah beantwortet werden.)

Übrigens konnten die Dozenten zu meiner Studienzeit (schon fast 30 Jahre her) auch nicht die Frage beantworten, warum Art. 14 GG nicht in § 413 AO aufgeführt ist.
Muß man ein bißchen recherchieren.


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Re: Ist der Rundfunkbeitrag eine Enteignung?
#24: 01. September 2021, 17:50
Übrigens konnten die Dozenten zu meiner Studienzeit (schon fast 30 Jahre her) auch nicht die Frage beantworten, warum Art. 14 GG nicht in § 413 AO aufgeführt ist.

Weil eine hoheitliche Abgabe grundsätzlich nie direkt an die Existenz einer vom GG geschützte Person gebunden sein kann? Das wurde für mich bis zum Rundfunkbeitrag auch eingehalten. Mit der Abkoppelung vom Empfangsgerät und Ankoppelung an das Wohnen als von der natürlichen Person untrennbarem Grundbedürfnis wurde diese Grenze, die den Bürger vor nackter staatlicher Gewalt schützen soll, überschritten.
Eigentum kann verpflichten und für Handlungen kann man zur Rechenschaft gezogen werden, die bloße Existenz reicht für eine Belastung durch den Staat nicht aus.



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Re: Ist der Rundfunkbeitrag eine Enteignung?
#25: 29. Dezember 2021, 03:11
Die Frage der Enteignung ist immer noch nicht geklärt. Nach längerer "Auszeit" gab mir die Finanzbehörde die unbefriedigende Antwort
Zitat
Die Erhebung des Rundfunkbeitrags im privaten Bereich findet ihre Rechtsgrundlage in § 2 Abs. 1 Rundfunkbeitragsstaatsvertrag in Verbindung mit § 8 Rundfunkfinanzierungsstaatsvertrag, der die Höhe des monatlichen Beitrages festsetzt. Beide Staatsverträge gelten in allen 16 Ländern in Deutschland.
In den beiden Gesetzestexten ist jedoch nichts zum Thema "Enteignung" zu finden. Wie Art 14 GG aussagt, muss eine Enteignung durch ein Entschädigungsgesetz geregelt werden. Entschädigungsregelungen beinhalten beide Gesetze nicht.

Erstaunlicherweise wäre die Antwort - sollte es sich beim zwangsweise eingezogenen Rundfunkbeitrag nicht um eine Enteignung handeln - ja unglaublich einfach, indem geantwortet werden könnte, dass Art. 14 GG gar nicht betroffen ist!

Noch einmal der Hinweis: die Grenzüberschreitung zur Enteignung beginnt erst mit den Vollstreckungsersuchen der LRAen. Jede Zahlung, die vorher getätigt wird, kann als "freiwillig" eingestuft werden. Freiwillige Gernezahler können sich nicht auf Enteignung berufen. Dazu zählt auch die Zahlung aufgrund der "robusten Überzeugungsarbeit" des Beitragsservice wie auch die Einlassung des Zahlers auf die aus reiner Verwaltungssicht entstandenen Urteile der Verwaltungsgerichte. Ich denke auch, dass letztere sich noch nicht mit der auf die Vollstreckung beschränkte Enteignungsfrage beschäftigt haben.

Das BVerfG wurde mit der Frage auch noch nicht behelligt.

Die Rundfunkgebühren vor 2013 sind nicht betroffen, das der Gerätebesitz eine Art Freiwilligkeit darstellte. Das "Wohnen" als dem Menschen eigene Verhaltensweise beruht hingegen auf einer allgemeinen Notwendigkeit des Lebens.


Link zur Anfrage über Frag den Staat:
https://fragdenstaat.de/anfrage/regelndes-gesetz-zum-einzug-des-rundfunkbeitrags-aus-dem-privatvermogen-gg-art-14-3-enteignung/


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Re: Ist der Rundfunkbeitrag eine Enteignung?
#26: 29. Dezember 2021, 15:17
Ah...jetzt wird es klarer, worauf es hinausläuft: Ist die Zwangsvollstreckung eine Enteignung?

Ich frage mich schon die ganze Zeit, wann eine Zahlung noch als "freiwillig" ("konkludent") erfolgt und wann als erzwungen? Ist es immer noch freiwillig, wenn ich dem Gerichtsvollzieher im Termin das Geld hinlege? Oder erst, wenn er mir das Sparschwein aufschlägt und das Geld herauszählt?

Zu dieser Frage scheint sich das BVerfG aber wohl doch positioniert zu haben.

Ich finde hierzu folgendes Buch:

Frank Raue
Zitat
Die Zwangsvollstreckung als Nagelprobe für den modernen Enteignungsbegriff
Die Enteignungsdefinition des Bundesverfassungsgerichts, kritisch hinterfragt anhand der Eigentumsübertragung nach § 817 Abs. 2 ZPO - Ein Beitrag zur Auslegung des Art. 14 GG
Tübinger Schriften zum Staats- und Verwaltungsrecht (TSSV), Volume 74
2006. 328 S.

ISBN 978-3-428-11895-3
Zitat
Die Zwangsvollstreckung wird allgemein nicht als Enteignung aufgefasst. Gleichwohl erfüllt sie bei unbefangener Betrachtung alle Kriterien des Enteignungsbegriffs des BVerfG. Was sind die Ursachen dieses Widerspruchs? Vordergründig betrifft diese Frage nur ein Detailproblem - die verfassungsrechtliche Einordnung des vollstreckungsrechtlichen Eigentumsentzugs. Bei ihrer Beantwortung geraten jedoch zentrale Thesen der Auslegung des Art. 14 GG durch das BVerfG auf den Prüfstand: Inwieweit ergeben sich Gegenstand / Umfang des verfassungsrechtlichen Bestandsschutzes aus dem einfachen Recht? Ist der Schutz der Handlungsfreiheit des Eigentümers von einer einfachrechtlichen Zuweisung von Handlungsbefugnissen abhängig? Ist zwischen Inhalts- und Schrankenbestimmungen zu trennen? Kann "Enteignung" rein formal, d. h. ohne materielle Kriterien, definiert werden? Welche Rolle spielt der Enteignungszweck - für den Begriff wie für die Rechtfertigung der Enteignung?

Diese Fragen sind nicht neu. Neu aber ist der Blickwinkel. Frank Raue nähert sich der verfassungsgerichtlichen Interpretation des Art. 14 GG nicht wie sonst üblich aus der "Vogelperspektive", sondern rollt sie "von innen" heraus auf. Dabei zeigt sich, dass das BVerfG grundsätzlich von zutreffenden Prämissen ausgeht, die hierauf gestützten Folgerungen jedoch zum Teil überzogen sind.

(...)
aus der Beschreibung ("Description") zum Buch

alles aus
Duncker & Humblot
https://www.duncker-humblot.de/en/buch/die-zwangsvollstreckung-als-nagelprobe-fuer-den-modernen-enteignungsbegriff-9783428118953/?page_id=1

Links gibt es einen Link zu einem "Extract", das sind die ersten paar Seiten einschließlich einem Inhaltsverzeichnis, das schon sehr interessante Hinweise liefert. Dieser Extract ist auch bei der Deutschen Nationalbibliothek schmerzlos zu finden.

Man lese die Seiten 23 und 24 des Extracts.  ;D  Leider hört der Extract da auch mittendrin auf; ich muss wohl mal in die Nationalbibliothek tigern...

Da gibt's noch was:

Stephan Klein, Grundrechtsschutz in der Zwangsvollstreckung, Mohr Siebeck (Reichhaltige Leseprobe)

Mal schauen.  ???


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Re: Ist der Rundfunkbeitrag eine Enteignung?
#27: 31. Dezember 2021, 04:06
Die beiden Bücher scheinen einen interessanten Inhalt zu haben. Jedoch denke ich, hier sind Zwangsenteignungen, die auf "echten" zivilrechtlichen Schulden beruhen gemeint.
Eine Kritik an Zwangsvollstreckungen an sich soll meine Idee nicht sein. Beim Rundfunkbeitrag entsteht die (nicht vom GG gedeckelte) Zwangsenteignung aus der Vorbereitung dazu im internen, selbstverwalteten Bereich des Beitragseinzugs und wird erst mit dem Vollstreckungsersuchen "amtlich".
Der Rundfunkbeitrag wird seit 2013 aus dem nicht näher definierten, geschützen Privatvermögen abgeschöpft, ohne dass eine der Person konkret zurechenbare Leistung erbracht wird. Das ergibt sich - auch wenn viele Gerichte einen Zusammenhang zur konkreten Nutzung konstruieren - direkt aus dem RBStV: Im RBStV sind keine Empfangsgeräte, die konkludentes Handeln zur Nutzung eines Angebotes darstellen könnten genannt oder definiert. Vielmehr wird die Wohnung genauestens definiert. Der RBStV selbst stellt an keiner Stelle einen Brückenschlag zum Nutzungs- und/oder Zahlungswillen der konkret betroffenen Person her. Die Beziehung Wohnungsinhaber > Gerätebesitz > Nutzung ist nirgendwo im RBStV auch nur ansatzweise dargestellt, somit ist sie zwar gedanklich vorstellbar, aber nicht rechtlich herstellbar.

Dieser Punkt wird von den LRAen im selbstverwalteten Bereich des Beitragseinzugs sträflich ignoriert. Dafür bleibt die (jetzt nicht mehr zutreffende) Vorstellung des aus der Zeit der Rundfunkgebühren stammende Gerätebesitzes erhalten, der ein konkludentes Verhalten zur Nutzung des ÖRR  darstellte.

Zurück zur Zwangsvollstreckung: Der Nachweis, dass hier keine freiwillige Zahlung vorliegt, liefert der Beitragsservice selbst mit dem Vollstreckungsersuchen an die Vollstreckungsstelle. Ab dem Zeitpunkt wird sichtbar, dass der Beitrag von der Person weder freiwillig gezahlt wird, noch durch eine konkrete Leistung gerechtfertigt, noch als Abschöpfung eines entstandenen Mehrwertes eines Eigentumgegenstandes gelten kann.

Der Rundfunkbeitrag in seiner jetzigen Ausgestaltung mindert einfach nur unfreiwillig das Privatvermögen. Das ist aber so einfach durch Art 14 nicht möglich, der nämlich eine Entschädigungsregelung fordert: Wenn Privateigentum zum Nutzen der Allgemeinheit eingezogen werden soll, darf der Betroffene nicht "ärmer" werden. Insbesondere dann, wenn mit so einer Regelung Millionen- bzw. Milliardenbeträge bundesweit eingezogen werden.

Eigentlich wollte ich nur darauf hinweisen, dass der Fehler in der Entstehungsphase der Schuld steckt, nicht in der Zwangsvollstreckung selbst. Das wäre ein anderes Thema!


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Re: Ist der Rundfunkbeitrag eine Enteignung?
#28: 31. Dezember 2021, 04:56
Zur Verdeutlichung meiner Argumentation und Vorgehensweise hier ein fiktiver Antrag an "meine" Vollstreckungsstelle (Verbesserungsvorschläge erwünscht):

Zitat
Finanzbehörde - Kasse.Hamburg
Bahrenfelder Strasse 254-260
22765 Hamburg

Antrag auf Rückweisung eines Vollstreckungsersuchens Az.:...
Mit dem genannten Vollstreckungsersuchen fordert der NDR Hamburg von mir einen Beitrag aus meinem allgemeinen Privatvermögen.
Nach den Regelungen des RBStV soll dieser Beitrag von mir nicht aufgrund konkreter Nutzung eines Angebotes zu leisten sein, noch schöpft er einen entstandenen Mehrwert eines meiner Eigentumsgegenstände ab.
Eine freiwillige Zahlung liegt durch das Vollstreckungsersuchen des NDR vom ... bestätigt, von meiner Seite nicht vor.
Durch die Forderung des Rundfunkbeitrags wird somit ohne Gegenleistung in mein grundrechtlich durch Art 14 geschütztes Privatvermögen mindernd eingegriffen. Da es sich mit dem Rundfunkbeitrag um die Finanzierung eines Gegenstandes des öffentlichen Wohls handeln soll, wäre ein Zugriff gegen meinen Willen auf mein Privatvermögen unter den Voraussetzungen des Art 14 (3) möglich.
Die Erhebung des Rundfunkbeitrags im privaten Bereich findet ihre Rechtsgrundlage in § 2 Abs. 1 Rundfunkbeitragsstaatsvertrag i.V.m § 8 Rundfunkfinanzierungsstaatsvertrag, der die Höhe des monatlichen Beitrages festsetzt.
Beide Rechtsgrundlagen enthalten keine Entschädigungsregelung nach Art 14 (3) GG. Die Forderung ist daher grundrechtswidrig. Das Vollstreckungsersuchen ist zurückzuweisen und die Pfändung meines Girokontos aufzuheben.

Mit freundlichen Grüssen
xxx                                   
Per Fax an Finanzbehörde - Kasse.Hamburg: 040427923855

Entscheidend ist meiner Auffassung nach der Nachweis der Unfreiwilligkeit der Zahlung durch das Vollstreckungsersuchen.
Bei der Finanzierung eines öffentlichen Gutes ist die "Möglichkeit der Nutzung" dem Angebot immanent, weil es sonst kein öffentliches Gut wäre. Eine Entschädigung durch konkrete Leistung wäre also daraus nicht konstruierbar.


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Re: Ist der Rundfunkbeitrag eine Enteignung?
#29: 31. Dezember 2021, 11:51
Die Kasse wird (in herrschender Meinung) antworten:
Eine Zwangsvollstreckung ist keine Enteignung im Sinne von Art. 14 GG.
Fertig.

Dieses Ding mit Gegenleistung oder Nutzung ist völlig irrelevant, ebenso, was verwaltungsintern abläuft (nach außen kommt schon der bestandskräftige Festsetzungsbescheid, nicht erst die Mahnung oder gar die Vollstreckungsankündigung). Das alles ist auf dem Klageweg zu erörtern, aber nicht in der Zwangsvollstreckung. Da geht es nur noch ums Geld.

btw: Ich finde es sehr bezeichnend, dass im Zusammenhang mit der Vollstreckung die Rede "der Schuldner unterwirft sich der Vollstreckung" besteht...das hat immer noch einen Touch von freiwilliger Zahlung.


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