Hallo zusammen,
ich möchte eine (meines Erachtens) neue Überlegung zur Diskussion stellen, die eventuell im Rahmen eines Widerspruchs- oder Klageverfahrens vorgebracht werden könnte.
Ausgangspunkt meiner Überlegung ist die Frage, in welcher Rechtsbeziehung die Landesrundfunkanstalten zu den Bürgern stehen.
Die Landesrundfunkanstalten sind (meines Wissens nach) Anstalten des öffentlichen Rechts.
Was ist eine Anstalt des öffentlichen Rechts?- Eine Anstalt des öffentlichen Rechts (AdöR, AöR) ist eine mit einer öffentlichen Aufgabe betraute Institution, deren Aufgabe ihr gesetzlich oder satzungsmäßig zugewiesen worden ist.
Beispiel: Hessischer Rundfunk. In § 1 HR-Gesetz wird festgelegt, dass es sich beim Hessischen Rundfunk um eine Anstalt des öffentlichen Rechts handelt. In § 2 HR-Gesetz wird festgelegt, welche Aufgaben der Hessische Rundfunk erfüllt.In welcher Rechtsbeziehung stehen Anstalten des öffentlichen Rechts zum Bürger?- AöR sind öffentlich-rechtliche Verwaltungseinrichtungen, die einem bestimmten Nutzungszweck dienen und im Unterschied zu Körperschaften des öffentlichen Rechts nicht mitgliedschaftlich organisiert sind. AöRs haben stattdessen Benutzer. Das Verhältnis zwischen Anstalt und ihren Benutzern wird durch eine Anstaltsordnung bestimmt.
Beispiel: Für den Bereich des Hessischen Rundfunks regelt die "Satzung des Hessischen Rundfunks über das Verfahren zur Leistung der Rundfunkbeiträge" das Verhältnis zwischen Hessischem Rundfunk und seinen Nutzern.Meine Frage ist eine gesellschaftsrechtliche Frage:
Kann ich ohne mein willentliches und wissentliches Zutun überhaupt Benutzer einer Anstalt des öffentlichen Rechts sein?Beispiel: Nach alter, bis zum 31.12.2012 geltender Rechtslage hat derjenige, der keinerlei Empfangsgeräte bereitgehalten hat, keine Rechtsbeziehungen zum Hessischen Rundfunk begründet. Die Begründung einer Rechtsbeziehung entstand erst durch den willentlichen Entschluss, ein Empfangsgerät bereitzuhalten. Meiner Ansicht nach dokumentierte dies hinreichend sachgerecht, dass ein Nutzungsverhältnis begründet werden soll, denn ohne ein Empfangsgerät ist sachlogischerweise keine Nutzung möglich. Nach neuer, ab dem 01.01.2013 geltender Rechtslage wird jedoch ein Rechtsverhältnis ohne willentliches und wissentliches Zutun begründet.Im Kommunalrecht gibt es wohl das Rechtsinstitut des
Anschluss- und Benutzungszwangs. Ich frage mich, inwiefern die dortigen Rechtsgedanken auf das Rechtsverhältnis zwischen einer Landesrundfunkanstalt und einem Nutzer übertragen werden können.
Hier kommen nun die Überlegungen von 907 ins Spiel. Er sieht durch die Änderung der Rechtslage einen Rechtsformenmissbrauch insofern als gegeben, als die
Nutzer faktisch zu Zwangsmitgliedern werden. Man könnte an dieser Stelle (meiner Ansicht nach zu Recht) die Frage stellen, warum jemandem, der einerseits zwangsweise zahlen muss, nicht auch andererseits das Recht zugebilligt wird, mitzubestimmen, d.h. nicht auch andererseits Stimmrechte zugebilligt werden, (mindestens) in welcher Art und Weise diese Gelder verwendet werden sollen. Ein Nutzer verfügt nicht über Stimmrechte, sondern nur über Nutzungsrechte.
Dies ist meiner Ansicht nach aber auch nur so lange sachgerecht, wie der Entschluss zur Nutzung durch den freien Willen des Nutzers begründet wird.Im Gegensatz dazu verfügt ein Mitglied (einer Körperschaft) sowohl über Nutzungsrechte, als auch über Stimmrechte.
Gesellschaftsrechtlich ist es (meiner Ansicht nach) eine spannende Frage, ob durch die Rechtsänderung nicht auch eine Änderung in der geselschaftsrechtlichen Beurteilung des Rechtsverhältnisses zwischen Landesrundfunkanstalt und Nutzer eingetreten ist. Insofern ist die Vermutung von 907 sehr scharfsinnig.
Dies sind meine ersten Überlegungen zu diesem Thema. Ich würde mich freuen, wenn ich hiermit eine (neue) Diskussion angestoßen hätte, die gerne durch die anderen User aufgegriffen und fortgeführt werden soll.