Ich stimme Kunibert zu. Ich fange aber weiter hinten an: Grundversorgung
Was ist heute – im 21. Jahrhundert – Grundversorgung? – Schließlich argumentiert der Richter mit einem Urteil aus dem Jahre 1986, wahrscheinlich dem Niedersachsenurteil (habe mir das Aktenzeichen nicht angeschaut).
Wenn wir die Grundversorgung neu definieren, was wirklich Not tut, stellen wir uns im gleichen Atemzug die Frage, ob man sie heute noch braucht?
Sollte diese Frage bejaht werden, müssen wir im nächsten Schritt klären, wer diese Grundversorgung überhaupt braucht und wie viel davon. Gleichzeitig stellen sich automatisch weitere Fragen:
- Ist diese Grundversorgung von der Gemeinschaft "solidarisch" zu tragen und muss sie von allen finanziert werden?
- Ist sie gleich zu stellen mit anderen Aufgaben des Staates wie z. B. Bildung, Gesundheit, Altersvorsorge usw.?
Wenn man ehrlich ist – und daran mangelt es gewaltig bei den öffentlich-rechtlichen Medien und der Politik –, ist diese Grundversorgung von einst aus dem Jahr 1986 – also vor 28 Jahren! – heute nicht mehr notwendig. Der öffentlich-rechtliche Rundfunk hat sich verselbstständigt und niemand kann heute im Ernst behaupten, dass wir nahezu 100 Sender als "Grundversorgung" für mittlerweile knapp über 8 Milliarden EUR im Jahr brauchen.
Damals, im Jahre 1986, argumentierte die Rechtsprechung damit, dass der ÖRR auch Nischen und Minderheiten mit einem Vollprogramm grundversorgen musste. Obwohl diese Behauptung schon damals m. E. vermessen war, konnte man ihr u. U. folgen, denn es gab zu dem Zeitpunkt die heutige mediale Überflut nicht: kaum Privaten und noch kein Internet.
Heute erfüllen aber die Privaten, die Printmedien und das Internet diese sogenannte Grundversorgung. Wenn ich polemisch werden darf, erkenne ich den Unterschied zwischen "Rote Rosen" und "Gute Zeiten, schlecht Zeiten" nicht – was soll hier der öffentlich-rechtliche Rundfunk anders machen als RTL&Co.?
Was bleibt dann von der Grundversorgung? Nachrichten, Dokumentationen? Wir haben neben den Zeitungen und dem privaten Radio noch waschechte Nachrichtenkanäle, die nichts anders ausstrahlen, als Nachrichten und zwischendurch Dokumentationen. Aber auch die anderen Privaten senden Nachrichten. Brauchen wir wirklich zusätzlich 100 Vollprogramme?
Bildung, werden viele sagen. Ich frage nach konkreten Beispielen und gleichzeitig nach ihrer Sinnhaftigkeit. Muss man heute teure Sendezeit damit verbraten, wenn uns das Internet kostengünstig 24 Stunden täglich das ganze Jahr über zur Verfügung steht? Ich behaupte nein! Um wieder zu polemisieren: Ich kenne niemanden, der seine Bildung durchs Fernsehen erlangt hätte. Ihr vielleicht?
Daher wird man das gesamte Konstrukt erst zu Fall bringen, wenn wir an dessen Säulen rütteln, und diese sind wackelig, wie der Richter selbst uns zeigt: Ein Urteil aus der Vorzeit des Internets und den Privaten
Also Leute, machen wir uns an der Grundversorgung zu schaffen und wir bringen das Kartenhaus zu Fall!