@all
Dem
Gebühreneinzug durch den Staat hat das Bundesverfassungsgericht einen endgültigen Riegel vorgeschoben (vgl. Klarstellung vom 11. Sept. 2007, 1 BvR 2270/05). Danach hat die Gebührenfestsetzung zwingend staatsfern zu erfolgen. Dementsprechend ist sowohl die Steuerfinanzierung als auch eine sonstige Einziehung über den Staat (also zwar Nichtsteuer, aber gleichwohl z.B. über die Finanzämter) hinfällig. Denn auch letztere kann zu einer Abhängigkeit führen, die es laut BVerfG gerade zu vermeiden gilt. Spätestens seit der Klarstellung sind alle dahingehenden Lösungen endgültig vom Tisch. Ebenso hinfällig ist im übrigen dadurch, dass das bislang nur als bloße Ordnungswidrigkeit verfolgbare Schwarzsehen künftig als Steuerhinterziehung - und somit als Straftat - kriminalisiert/geahndet werden könnte.
Da weder öffentlicher Rundfunk noch eine Geldleistungspflicht abgeschafft werden wird - wie Sie, Flapi, zutreffend anführen - kann es in der Tat letztlich nur darum gehen,
welches der beiden nun nur noch zur Diskussion stehenden Modelle im Ergebnis weniger gravierende Nachteile hat oder - umgekehrt - eher akzeptabel ist. Dazu folgendes:
I. Zum Modell „Haushalts/Wohnungs- bzw. Unternehmensabgabe“Auch ich sehe die mit dieser Lösung einhergehenden Definitionsprobleme (Haushalt, Unternehmen…), die Sie, Flappi und Madmarkus, bereits angesprochen haben. (Begriffe Haushalt/Wohnung, Unternehmen. Wie verhält es sich bei Hotels, wie bei Filialen/Niederlassungen?) Jedoch ließen sich diese durch sorgfältige Formulierung von spitzfindigen Juristen mitunter einer zumindest
vertretbaren Lösung zuführen. (Bis 2013 dürfte jedenfalls ausreichend Zeit zur Verfügung stehen…).
Allerdings birgt dieses Modell zudem ein Grundproblem, das sich durch keine gleich wie geartete Sorgfalt hinweg definieren oder schmälern lässt, nämlich den völligen Verzicht auf das Bereithalten von Geräten. Jedes Gebührenmodell, das darauf verzichtet, muss scheitern. Zu den Bedenken:
Zitat madmarkus:
Aber ob es "gerecht" ist wenn z.B. eine alleinstehende Person die nur 1 Radio und nur ein geringes Einkommen hat genausoviel zahlen muss wie ein größerer Haushalt in dem mehrere TV-Geräte sind und mehrere Einkommensbezieher leben dürfte die Frage sein..]=> Eben. Ergänzend: Jede Begünstigung von Mehrpersonenhaushalten führt zwangsläufig zu einer unangemessenen Mehrbelastung der Singlehaushalte. Denn das Gebührenaufkommen (zur Zeit sollen es etwa 7 Milliarden Euro p.a. sein). MUSS ja im Gesamtergebnis gleich hoch bleiben. Was den Mehrpersonenhaushalten zu Gute kommt, muss von den Singlehaushalten mit getragen werden. (Motto: woher nehmen, wenn nicht stehlen…).
Insbesondere aber ist dieses Gebührenmodell juristisch aus folgendem Grund nicht haltbar. Das Bundesverfassungsgericht hat bislang in ständiger Rechtsprechung ausgeführt, dass die Geldleistungspflicht gerade wegen des Anknüpfens an den Teilnehmerstatus - also das Bereithalten von Geräten - rechtlich nicht zu beanstanden ist (vgl. BVerfG 1 BvR 1013/99 vom 6.9.1999). Ein Modell und/oder eine Regelung, das/die auf eben dieses Kriterium verzichtet, verstieße demgegenüber gegen elementare Grundrechte (Art. 2 GG). Ein gleichwohl ins Leben gerufenes Modell, das Geld von Nichtteilnehmern fordert, wäre also praktisch „für die Katz“. Es würde umgehend (und mit Erfolg) wieder „hinweg geklagt“.
Zitat Flappi:IEin Ehepaar mit einem Jahreseinkommen von 200.000 Euro und einem Fernseher in jedem Zimmer der 300 Quadratmeter-Villa zahlt genauso viel, wie die alleinlebende Oma mit 800 Euro Rente und einem Fernseher in ihrer 50 Quadratmeter-Wohnung. Ist also auch nicht gerechter.=> Ja, Sie haben Recht, Flappi. Das klingt in der Tat nicht ansatzweise gerecht. Um insofern für Fairness zu sorgen, ohne auf das (verfassungsrechtlich zwingende) Vorhandensein von Geräten zu verzichten, bliebe wohl nur, die Gebühr nach Einkommenshöhe zu staffeln. Aber was ist mit der Überprüfbarkeit? Wer möchte denn schon die Höhe seines Einkommens- und/oder gar Vermögens nachweisen müssen? Den Aufschrei (den ich übrigens aus voller Kehle verstärken würde) möchte ich nicht hören…! Und allein der äußere, ohne Nachweise erkennbare Anschein kann - wie so oft - leicht trügen. Das kann also auch kein taugliches Prüfkriterium sein (z.B. die Villa wird von einem Mieter und/oder von Personen mit Dauerwohnrechten bewohnt oder das Eigentümer-Paar ist völlig überschuldetet und/oder hat i.E. vielleicht sogar weniger Bargeld zur Verfügung als besagte Oma…).
II. Zum Modell „Vereinfachte Rundfunkgebühr“Obgleich mit der Anknüpfung an das Vorhandensein von Geräten geradezu zwangsläufig eine Prüfung eben dieses Merkmals verbunden ist, würde ich diese Lösung - gewissermaßen als geringstes aller möglichen Übel (siehe soeben) - bevorzugen. Entsprechende Nachteile würde ich somit zwangsläufig in Kauf nehmen.
Zitat Flappi:
Grundsätzlich ist erst einmal jedes Rundfunkgerät gebührenpflichtig. Das hat natürlich eine gewisse Logik und ich persönlich habe auch nichts gegen dieses Modell, aber etwas gegen die Art und Weise der Umsetzung.
Zitat madmarkus:
Bis jetzt macht das - tatsächlich mit teilweise sehr zweifelhaften Methoden - der Außendienst der LRAen.
Zitat Schergenschreck:
Nennen wir das Kind mal beim Namen: mit teilweise schon kriminellen Methoden.=> Ja, was die Art und Weise der Umsetzung betrifft, sind wir uns offenbar alle vier einig. Insofern wäre es sicher im Sinne des Bürgers, „überschießendes“ Verhalten von mit der Überprüfung beauftragten Personen eben nicht durch Provisionen zu forcieren bzw. zu belohnen. Hier ist durchaus noch Handlungs-, sprich Regelungsbedarf…
Im Ergebnis bestätigt unsere Diskussion hier nochmals die Prognose, dass es auch in 2013 keine Lösung geben wird, die jeden in allen Punkten glückselig macht. Wie so oft, kann und wird es „nur“ darum gehen, durch Abwägung die Lösung mit den geringsten Nachteilen zu finden.
In diesem Sinne: weiterhin schönes Wochenende!
doc
P.S. @madmarkus:
Da weder FDP noch Grüne in naher (und ferner) Zukunft einen Ministerpräsidenten stellen wird werden sie, sofern sie in einer Landesregierung an der Macht sind, sich genauso verhalten wie in den letzten 50 Jahren: sie werden dem entsprechenden Gesetzentwurf zustimmen - vollkommen egal wie er aussieht.=> Na, na, na…
Allerdings möchte ich nicht ausschließen, dass sich zumindest eine der Parteien über Ihre Zeitangabe in gewissem Maße und nur ganz vielleicht freuen könnte... (von wegen Gründung der Grünen in den 1970ern und so)