'Keine Sorgen gemacht'
Warum eine NDR-Mitarbeiterin die Systemfrage stellt
SZ: Frau Terschüren, Sie arbeiten für den NDR und kommen nebenberuflich in Ihrer Promotionsarbeit zu dem Ergebnis, der Rundfunkbeitrag sei verfassungswidrig. Müssen Sie fürchten, bald mit Doktortitel aber ohne NDR-Job dazustehen?
Anna Terschüren: Nein. Meine Doktorarbeit und meine Arbeit beim NDR haben rein gar nichts miteinander zu tun, das habe ich stets getrennt. Insofern laufen die Dinge völlig getrennt voneinander ab. Der NDR sieht das genauso. Wir haben in der Abteilung natürlich Gespräche geführt.
Warum haben Sie sich ausgerechnet dieses Thema ausgesucht? Ihnen muss ja vorher schon klar gewesen sein, dass es unter Umständen heikel werden könnte.
Ich habe mir da keine Sorgen gemacht, es gibt auch nach wie vor keinen Grund dazu. Ich habe einfach eine wissenschaftliche Arbeit zu einem gesellschaftlich wichtigen Thema geschrieben - und das sind nun mal meine Ergebnisse. Ich habe übrigens auch ein Modell entwickelt, wie man den Rundfunk verfassungskonform finanzieren könnte.
Wie denn?
Kurz gesagt durch eine Steuerfinanzierung, die zulässig ist - die also die Staatsferne wahrt und weder das Gleichheitsrecht noch die Finanzverfassung verletzt.
Können Sie in einfachen Worten erklären, warum Sie zu dem vernichtenden Urteil gegen den Beitrag gelangen?
Es gibt Belastungen, die sich nach meinen Ergebnissen nicht rechtfertigen lassen, zum Beispiel bei nicht privat genutzten Fahrzeugen. Außerdem ist der Beitrag in Wahrheit eine Steuer, und die Länder, die das Gesetz beschlossen haben, dürfen gar keine Steuer einrichten. Weil es sich um eine Steuer handelt, gibt es noch ein Problem: Die Belastung müsste sich nach den wirtschaftlichen Möglichkeiten des Einzelnen richten, aber das tut sie nicht. Ich gehe davon aus, dass der Rundfunkbeitrag einer Überprüfung durch das Bundesverfassungsgericht auf keinen Fall standhält.
Und dann?
Das weiß ich nicht, ich vermute, dass man eine Interimslösung finden wird, denn der öffentlich-rechtliche Rundfunk muss natürlich weiter finanziert werden, keine Frage. Vielleicht kommt man auf das Modell zurück, das ich entwickelt habe.
Interview:Claudia Tieschky
SZ vom 26.03.2013
http://www.sueddeutsche.de/75c38g/1223674/Keine-Sorgen-gemacht.html