Guten TagX,
rein fiktiv natürlich.
Aktuelle Ausbildungsliteratur: Daßbach, JA 2019, 772 (775 ff.); Fischer, JuS 2020, 221
Grundzüge der Substantiierungslasthttps://www.ag-zivilrecht.de/podcast/folge2/substantiierung.pdfDie „Substantiierungslast“ ist eine Erfindung der Rechtsprechung und findet sich in der ZPO an sich nicht. Das Rechtsinstitut ist hochgradig fehleranfällig und es vergeht kaum ein Monat, in dem nicht der BGH ein Urteil eines OLG-Senates (!) aufhebt, weil dort die Grenzen der Substantiierungslast verkannt wurden.
Die extrem strenge Handhabung der Substantiierungslast durch den BGH (= im Zweifel ist es substantiiert genug) ist verständlich, wenn man sich klarmacht, dass bei der Qualifikation von Parteivortrag als „unsubstantiiert“ derselbe Effekt eintritt, wie bei § 296 ZPO, nämlich, dass Parteivortrag vom Gericht im Rahmen der Entscheidungsfindung ignoriert wird. Manche sprechen daher von der „Substantiierungsschere“ mit der Parteivortrag einfach weggeschnitten wird. Das Prozessrecht dient aber dazu, das materielle Recht durchzusetzen und nicht dazu, dessen Verwirklichung zu behindern. Insofern ist wie immer zu beachten:
„Das BGB ist die Herrin, die ZPO ist die Magd“.
[...]
Jetzt muss natürlich auch zwischen Zivilprozessen und Prozessen vor der Verwaltungsgerichtsbarkeit unterschieden werden, nach dem Motto:
"Das Verwaltungsrecht ist die Herrin, die VwGO die Magd."
BVerwG, Beschluss vom 27.10.2014 - 3 B 40.14 -Verletzung des rechtlichen Gehörs durch überzogene Anforderungen an die Substantiierung; durch Nachbewertung erzielbarer Erlös als Verkehrswerthttps://www.bverwg.de/de/271014B3B40.14.0Leitsatz:
Der Anspruch auf Gewährung rechtlichen Gehörs nach Art. 103 Abs. 1 GG und § 108 Abs. 2 VwGO wird verletzt, wenn das Gericht überzogene Anforderungen an die Substantiierung des Vorbringens eines Beteiligten stellt und sich dadurch einer sachlichen Auseinandersetzung mit den vorgetragenen Argumenten entzieht.
eXkurs Aktenanforderung Untersuchungsausschüsse (Substantiierungslast bei der Versagung):
BVerwG, Beschluss vom 02.09.2019 - 6 VR 2.19 -Aktenanforderung eines Landesuntersuchungsausschusses gegenüber Bundesbehörden im Fall Anis Amrihttps://www.bverwg.de/de/020919B6VR2.19.0[...]
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Das Beweiserhebungsrecht eines parlamentarischen Untersuchungsausschusses wird durch das Staatswohl begrenzt, das durch das Bekanntwerden geheimhaltungsbedürftiger Informationen gefährdet werden kann (BVerfG, Urteil vom 17. Juli 1984 - 2 BvE 11 und 15/83 - BVerfGE 67, 100 <133 ff.>; Beschluss vom 17. Juni 2009 - 2 BvE 3/07 - BVerfGE 124, 78 <123 ff.>). Dieser Versagungsgrund spiegelt sich im Recht der Amtshilfe in § 5 Abs. 2 Satz 2 VwVfG wider. Dabei ist jedoch zu berücksichtigen, dass der Umgang mit Informationen in einem Untersuchungsausschuss eigenen Geheimschutzbestimmungen unterliegt, denen auch der Antragsteller unterworfen ist (§§ 14 und 15 UntAG BE). Daraus hat das Bundesverfassungsgericht im Verhältnis von Bundesregierung und Bundestag ein gestuftes procedere sowie Begründungs- und Substantiierungslasten
entwickelt (BVerfG, Urteil vom 17. Juli 1984 - 2 BvE 11 und 15/83 - BVerfGE 67, 100 <138 f.>; Beschluss vom 13. Oktober 2016 - 2 BvE 2/15 - BVerfGE 143, 101 Rn. 143), die im Hinblick auf die Bedeutung des Beweiserhebungsrechts parlamentarischer Untersuchungsausschüsse in den Ländern insoweit auf das Amtshilfeverhältnis zwischen Bund-Land übertragbar erscheinen. Dass auch die Beobachtung von Vorschriften zur Wahrung von Dienstgeheimnissen deren Bekanntwerden nicht ausschließt, steht dem nicht entgegen, denn diese Tatsache betrifft alle drei Gewalten (BVerfG, Urteil vom 17. Juli 1984 - 2 BvE 11 und 15/83 - BVerfGE 67, 100 <136>; Beschlüsse vom 17. Juni 2009 - 2 BvE 3/07 - BVerfGE 124, 78 <124> und vom 13. Oktober 2016 - 2 BvE 2/15 - BVerfGE 143, 101 Rn. 138).
[...]
Ick hoffe, mein Fass Butter hilft bei der nunmehr konkreten
Diskussion zu den Grundzügen der Substantiierungslast weiter.
Nachtrag:Das BVerfG hat in der Entscheidung
BVerfG, Beschluss der 2. Kammer des Zweiten Senats vom 18. April 2024
- 2 BvR 29/24 -, Rn. 1-36,https://www.bverfg.de/e/rk20240418_2bvr002924.htmldie Entscheidungen des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs kassiert u.a. folgende:
VGH München, Beschluss vom 09.01.2024 – 10 ZB 24.13 (Anhörungsrüge)
https://www.gesetze-bayern.de/Content/Document/Y-300-Z-BECKRS-B-2024-N-9680?hl=trueTitel:
Verwaltungsgerichte, Anhörungsrügeverfahren, Verwaltungsgerichtsverfahren, Beweiswürdigung, Gehörsverletzung, Rechtliches Gehör, Wiederholungsgefahr, Streitwertfestsetzung, Gefahrenprognose, Interessenabwägung, Kostenentscheidung, Generalpräventiver Grund, Maßgeblicher Zeitpunkt, Ausweisungsinteresse, Faktischer Inländer, Substantiierte Darlegung, Anlasstat, Symptomatischer Zusammenhang, Gerichtskostengesetz, Gefährliche Körperverletzung
Während also der VGH München meinte, der Kläger habe eine substantiierte Darlegung versäumt, bescheinigt das BVerfG dem VGH München, dass es genau umgekehrt war.
Edit "Bürger: Danke. Bitte @alle, zunächst auch noch ausgiebig per Forum-Suche prüfen, inwiefern zu diesem Thema bereits Link-Sammlungen/ Diskussionen im Forum bestehen.
Ergänzend sei hingewiesen auf web-Suche mit Begriffen wie "substantiieren"/ "Substantiierung"/ "Substantiiertheit"
https://www.google.com/search?q=substantiieren
https://www.google.com/search?q=substantiierung
https://www.google.com/search?q=substantiiertheit
denn diese liefert u.a. "substantiierte" Beiträge zu diesem Thema wie z.B. diesen:
addlegal.de, 26.01.2024
BGH: Anforderungen an die Substantiierung
https://www.addlegal.de/beitraege/bgh-anforderungen-an-die-substantiierung
Bitte aber bei allem beachten, dass das Forum kein "echtes Jura-Forum" ist, in welchem elementare Grundzüge von Klagen vertieft werden können.
Danke für allerseitiges Verständnis & Mitwirkung.