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Autor Thema: EuGH C-307/22 - DSGVO - Auskunftsersuchen muß nicht begründet werden  (Gelesen 345 mal)

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URTEIL DES GERICHTSHOFS (Erste Kammer)
26. Oktober 2023(*)

„Vorlage zur Vorabentscheidung – Verarbeitung personenbezogener Daten – Verordnung (EU) 2016/679 – Art. 12, 15 und 23 – Recht der betroffenen Person auf Auskunft über ihre Daten, die Gegenstand der Verarbeitung sind – Recht auf Erhalt einer unentgeltlichen ersten Kopie dieser Daten – Verarbeitung der Daten eines Patienten durch seinen Arzt – Patientenakte – Gründe für den Auskunftsantrag – Verwendung der Daten, um haftungsrechtliche Ansprüche gegen den Behandelnden geltend zu machen – Begriff ‚Kopie‘“

In der Rechtssache C-307/22

https://curia.europa.eu/juris/document/document.jsf?text=&docid=279125&pageIndex=0&doclang=de&mode=req&dir=&occ=first&part=1&cid=3756719

Zitat
43      Da, wie sich aus Rn. 38 des vorliegenden Urteils ergibt, die betroffene Person nicht verpflichtet ist, den Antrag auf Auskunft über die Daten zu begründen, kann der erste Satz des 63. Erwägungsgrundes nicht dahin ausgelegt werden, dass dieser Antrag zurückzuweisen ist, wenn mit ihm ein anderer Zweck verfolgt wird als der, von der Verarbeitung Kenntnis zu nehmen und deren Rechtmäßigkeit zu überprüfen. Dieser Erwägungsgrund vermag nämlich die Tragweite von Art. 15 Abs. 3 DSGVO, auf die in Rn. 35 des vorliegenden Urteils hingewiesen wurde, nicht einzuschränken.

Zitat
Aus diesen Gründen hat der Gerichtshof (Erste Kammer) für Recht erkannt:

1.      Art. 12 Abs. 5 sowie Art. 15 Abs. 1 und 3 der Verordnung (EU) 2016/679 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 27. April 2016 zum Schutz natürlicher Personen bei der Verarbeitung personenbezogener Daten, zum freien Datenverkehr und zur Aufhebung der Richtlinie 95/46/EG (Datenschutz-Grundverordnung)

sind dahin auszulegen, dass

die Verpflichtung des Verantwortlichen, der betroffenen Person unentgeltlich eine erste Kopie ihrer personenbezogenen Daten, die Gegenstand einer Verarbeitung sind, zur Verfügung zu stellen, auch dann gilt, wenn der betreffende Antrag mit einem anderen als den in Satz 1 des 63. Erwägungsgrundes der Verordnung genannten Zwecken begründet wird.

2.      Art. 23 Abs. 1 Buchst. i der Verordnung 2016/679

ist dahin auszulegen, dass

eine nationale Regelung, die vor dem Inkrafttreten dieser Verordnung erlassen wurde, in den Anwendungsbereich dieser Bestimmung fallen kann. Eine solche Möglichkeit erlaubt es jedoch nicht, eine nationale Regelung zu erlassen, die der betroffenen Person zum Schutz der wirtschaftlichen Interessen des Verantwortlichen die Kosten für eine erste Kopie ihrer personenbezogenen Daten, die Gegenstand der Verarbeitung durch den Verantwortlichen sind, auferlegt.

3.      Art. 15 Abs. 3 Satz 1 der Verordnung 2016/679

ist dahin auszulegen, dass

im Rahmen eines Arzt-Patienten-Verhältnisses das Recht auf Erhalt einer Kopie der personenbezogenen Daten, die Gegenstand einer Verarbeitung sind, umfasst, dass der betroffenen Person eine originalgetreue und verständliche Reproduktion aller dieser Daten überlassen wird. Dieses Recht setzt voraus, eine vollständige Kopie der Dokumente zu erhalten, die sich in der Patientenakte befinden und unter anderem diese Daten enthalten, wenn die Zurverfügungstellung einer solchen Kopie erforderlich ist, um der betroffenen Person die Überprüfung der Richtigkeit und Vollständigkeit der Daten zu ermöglichen und die Verständlichkeit der Daten zu gewährleisten. In Bezug auf die Gesundheitsdaten der betroffenen Person schließt dieses Recht jedenfalls das Recht ein, eine Kopie der Daten aus ihrer Patientenakte zu erhalten, die Informationen wie beispielsweise Diagnosen, Untersuchungsergebnisse, Befunde der behandelnden Ärzte und Angaben zu an ihr vorgenommenen Behandlungen oder Eingriffen umfasst.

Zitat
75      Folglich bedeutet das Recht, vom für die Verarbeitung Verantwortlichen eine Kopie der personenbezogenen Daten, die Gegenstand der Verarbeitung sind, zu erhalten, dass der betroffenen Person eine originalgetreue und verständliche Reproduktion aller dieser Daten überlassen wird. Dieses Recht setzt das Recht voraus, eine Kopie von Auszügen aus Dokumenten oder gar von ganzen Dokumenten, die u. a. diese Daten enthalten, zu erhalten, wenn die Zurverfügungstellung einer solchen Kopie unerlässlich ist, um der betroffenen Person die wirksame Ausübung der ihr durch diese Verordnung verliehenen Rechte zu ermöglichen (Urteil vom 4. Mai 2023, Österreichische Datenschutzbehörde und CRIF, C-487/21, EU:C:2023:369, Rn. 45).

Die vom EuGH getroffenen Aussagen gelten sicherlich nicht nur für Patientenakten, sondern für alle Arten von Auskunftsersuchen, wo eine betroffene Person Auskunft über alle ihre gespeicherten Daten erhalten möchte; siehe hierzu die zuerst zitierte Rn. 43 der Entscheidung und die später zitierte Rn. 75.


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