Warum ist eine Pflichtabgabe für Unternehmen in gefestigter Rechtsprechung eine mittelbare Diskriminierung, und der Bürger, der Grundrechtsträger, soll sowas einfach akzeptieren?
URTEIL DES GERICHTSHOFS (Erste Kammer)
26. April 2018(*)
„Vorlage zur Vorabentscheidung – Regionale Abgabe für große Einzelhandelseinrichtungen – Niederlassungsfreiheit – Umweltschutz und Raumordnung – Staatliche Beihilfen – Selektive Maßnahme“
In den Rechtssachen C-236/16 und C-237/16https://curia.europa.eu/juris/document/document.jsf?text=pflichtabgabe%2B&docid=201487&pageIndex=0&doclang=DE&mode=req&dir=&occ=first&part=1&cid=3826637#ctx1Rn. 17Dabei sind nicht nur offensichtliche Diskriminierungen aufgrund des Sitzes der Gesellschaften verboten, sondern auch alle versteckten Formen der Diskriminierung, die durch die Anwendung anderer Unterscheidungsmerkmale tatsächlich zu dem gleichen Ergebnis führen (Urteil vom 5. Februar 2014, Hervis Sport-és Divatkereskedelmi, C-385/12, EU:C:2014:47, Rn. 30 und die dort angeführte Rechtsprechung).
Rn. 18Zudem ist eine Pflichtabgabe, die an ein scheinbar objektives Unterscheidungskriterium anknüpft, aber aufgrund ihrer Merkmale in den meisten Fällen die Gesellschaften benachteiligt, die ihren Sitz in anderen Mitgliedstaaten haben und sich in einer vergleichbaren Situation wie die Gesellschaften befinden, die ihren Sitz in dem die Abgabe erhebenden Mitgliedstaat haben, eine nach den Art. 49 und 54 AEUV verbotene mittelbare Diskriminierung aufgrund des Sitzes der Gesellschaften (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 5. Februar 2014, Hervis Sport-és Divatkereskedelmi, C-385/12, EU:C:2014:47, Rn. 37 bis 41).
Ein Blick in die mit Blau hervorgehobene Entscheidung der obigen Rn. 18:
URTEIL DES GERICHTSHOFS (Große Kammer)
5. Februar 2014(*)
„Vorabentscheidungsersuchen – Direkte Steuern – Niederlassungsfreiheit – Nationale Steuerregelung, mit der eine Sondersteuer auf den Einzelhandelsumsatz in Verkaufsräumen eingeführt wird – Kaufhausketten – Bestehen einer diskriminierenden Wirkung – Mittelbare Diskriminierung“
In der Rechtssache C-385/12https://curia.europa.eu/juris/document/document.jsf?text=&docid=147342&pageIndex=0&doclang=DE&mode=lst&dir=&occ=first&part=1&cid=3831787Rn. 23Der Rechtsstreit des Ausgangsverfahrens betrifft den angeblich diskriminierenden Satz der Sondersteuer für „als verbundenes Unternehmen eingestufte Steuerpflichtige“ im Sinne des Gesetzes Nr. LXXXI 1996. Art. 4 dieses Gesetzes bezieht sich für die Definition dieses Begriffs auf den Umstand, dass ein Unternehmen eine Beteiligung hält, die die unmittelbare oder mittelbare Ausübung eines Mehrheitseinflusses in einem anderen Unternehmen ermöglicht.
Rn. 30Nach ständiger Rechtsprechung verbieten die Vorschriften über die Gleichbehandlung nicht nur offensichtliche Diskriminierungen aufgrund des Sitzes der Unternehmen, sondern auch alle versteckten Formen der Diskriminierung, die durch die Anwendung anderer Unterscheidungsmerkmale tatsächlich zu dem gleichen Ergebnis führen (vgl. entsprechend u. a. Urteile vom 14. Februar 1995, Schumacker, C-279/93, Slg. 1995, I-225, Rn. 26, vom 22. März 2007, Talotta, C-383/05, Slg. 2007, I-2555, Rn. 17, und vom 18. März 2010, Gielen, C-440/08, Slg. 2010, I-2323, Rn. 37).
Rn. 31Die im Ausgangsverfahren in Rede stehende Regelung stellt insbesondere ein Kriterium der Unterscheidung zwischen den Sondersteuerpflichtigen, die im Sinne der nationalen Regelung mit anderen Unternehmen in derselben Gruppe verbunden sind, und den Steuerpflichtigen, die keiner Unternehmensgruppe angehören, auf.
Rn. 32Dieses Unterscheidungskriterium führt keine unmittelbare Diskriminierung ein, da die Sondersteuer auf den Einzelhandel in Verkaufsräumen für alle Unternehmen, die in Ungarn entsprechend tätig sind, unter identischen Bedingungen erhoben wird.
Rn. 33Es bewirkt jedoch, dass juristische Personen, die mit anderen Unternehmen innerhalb einer Gruppe verbunden sind, gegenüber juristischen Personen benachteiligt werden, die keiner solchen Unternehmensgruppe angehören.
Rn. 39Wenn feststeht, dass auf dem Markt des Einzelhandels in Verkaufsräumen in dem betreffenden Mitgliedstaat die Steuerpflichtigen, die einer Unternehmensgruppe angehören und von der höchsten Tarifstufe der Sondersteuer erfasst werden, in den meisten Fällen mit Unternehmen, die ihren Sitz in anderen Mitgliedstaaten haben, im Sinne der nationalen Regelung „verbunden“ sind, birgt unter Umständen die Anwendung des stark progressiven Tarifs der Sondersteuer auf eine am Umsatz ausgerichtete konsolidierte Bemessungsgrundlage die Gefahr, sich insbesondere zum Nachteil der Steuerpflichtigen auszuwirken, die mit Unternehmen „verbunden“ sind, die ihren Sitz in einem anderen Mitgliedstaat haben.
Rn. 41Ist dies der Fall, errichtet eine Regelung der im Ausgangsverfahren in Rede stehenden Art, obwohl sie keine förmliche Unterscheidung nach dem Sitz der Unternehmen einführt, eine mittelbare Diskriminierung aufgrund des Sitzes der Unternehmen im Sinne der Art. 49 und 54 AEUV (vgl. in diesem Sinne Urteil Gielen, Rn. 48).
Rn. 42Nach ständiger Rechtsprechung ist eine solche Beschränkung nur statthaft, wenn sie durch zwingende Gründe des Allgemeininteresses gerechtfertigt ist. Sie muss dann aber außerdem geeignet sein, die Erreichung des fraglichen Ziels zu gewährleisten, und darf nicht über das hinausgehen, was zur Erreichung dieses Ziels erforderlich ist (Urteil vom 29. November 2011, National Grid Indus, C-371/10, Slg. 2011, I-12273, Rn. 42 und die dort angeführte Rechtsprechung).
Rn. 44Auf alle Fälle ist darauf hinzuweisen, dass weder der Schutz der Wirtschaft des Landes (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 6. Juni 2000, Verkooijen, C-35/98, Slg. 2000, I-4071, Rn. 47 und 48) noch die Wiederherstellung des Haushaltsgleichgewichts durch Erhöhung der Steuereinnahmen (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 21. November 2002, X und Y, C-436/00, Slg. 2002, I-10829, Rn. 50) mit Erfolg zugunsten eines solchen Systems angeführt werden könnten.
Der dazugehörige Schlußantrag.
SCHLUSSANTRÄGE DER GENERALANWÄLTIN
JULIANE KOKOTT
vom 5. September 2013(1)
Rechtssache C-385/12https://curia.europa.eu/juris/document/document.jsf?text=&docid=140629&pageIndex=0&doclang=DE&mode=lst&dir=&occ=first&part=1&cid=38317871. Das steuerliche Diskriminierungsverbot für Waren
26. Als Erstes ist zu prüfen, ob das Diskriminierungsverbot des Art. 110 AEUV die Erhebung der Sondersteuer verbietet. Nach dieser Vorschrift darf ein Mitgliedstaat auf Waren aus anderen Mitgliedstaaten weder unmittelbar noch mittelbar höhere inländische Abgaben erheben als gleichartige inländische Waren zu tragen haben.[...]
Ok, ist hier wohl nicht so einschlägig.
32. Die Niederlassungsfreiheit verbietet grundsätzlich jede Diskriminierung aufgrund des Sitzes einer Gesellschaft(15). Eine Diskriminierung ist gegeben, wenn unterschiedliche Vorschriften auf vergleichbare Sachverhalte oder dieselbe Vorschrift auf unterschiedliche Sachverhalte angewendet werden(16). Deshalb untersagt Art. 49 in Verbindung mit Art. 54 AEUV die unterschiedliche steuerliche Behandlung gebietsfremder und gebietsansässiger Gesellschaften, sofern sich diese Gesellschaften im Hinblick auf die betreffende nationale Maßnahme in einer objektiv vergleichbaren Lage befinden(17).
Läßt sich das auf's Landesrecht übertragen, wenn eine gemeinsame Landesanstalt mehrerer Länder ob unterschiedlichen Landesrechts in jedem Land anders behandelt wird? Sofern das zu bejahen wäre, wären derartige Länderanstalten national unionsrechtlich entweder nicht zulässig oder müssten vollständig Bundesrecht für alle ihre Tätigkeiten anwenden?
34. Allerdings untersagt Art. 49 AEUV auch jede mittelbare oder versteckte Diskriminierung aufgrund des Sitzes einer Gesellschaft. Bei der versteckten Diskriminierung handelt es sich um die Anwendung eines anderen Unterscheidungskriteriums als des Sitzes einer Gesellschaft, die aber tatsächlich zu dem gleichen diskriminierenden Ergebnis führt(18).
46. Im Ergebnis liegt damit eine versteckte Ungleichbehandlung aufgrund des Sitzes einer Gesellschaft dann vor, wenn nach den aktuellen tatsächlichen Verhältnissen das in der nationalen Regelung gewählte Unterscheidungskriterium in der weit überwiegenden Mehrzahl der Fälle mit einem gebietsfremden Sitz einer Gesellschaft verbunden ist.
50. Voraussetzung der Annahme einer versteckten Diskriminierung ist zunächst das Vorliegen einer versteckten ungleichen Behandlung von Steuerpflichtigen, je nach Sitz ihrer Muttergesellschaft. Eine versteckte Ungleichbehandlung gebietsfremder und gebietsansässiger Gesellschaften läge vor, wenn in der weit überwiegenden Mehrzahl der Fälle Steuerpflichtige mit hohen Umsätzen von Gebietsfremden, Steuerpflichtige mit niedrigen Umsätzen hingegen von Gebietsansässigen betrieben würden.
58. Zunächst ist festzustellen, dass die unterschiedliche Behandlung umsatzstarker und umsatzschwacher Steuerpflichtiger gerade der Natur einer Steuer entspricht, die ihre Höhe am Umsatz ausrichtet. Eine Ungleichbehandlung ist nämlich auch dann gegeben, wenn eine solche Steuer nur einen einheitlichen Steuersatz vorsieht. Denn umsatzstarke Steuerpflichtige werden immer eine absolut höhere Steuer zahlen als umsatzschwache Steuerpflichtige.
Da könnte die Frage aufkommen, ob es eine mittelbare Diskriminierung finanzschwächerer Bürger darstellt, wenn ihre Leistung genau so hoch ist, wie jene finanzstarker Bürger?
59. Im vorliegenden Fall stellt sich aber darüber hinausgehend die Frage, ob sich umsatzstarke und umsatzschwache Steuerpflichtige im Hinblick auf die Höhe des Steuersatzes in einer objektiv vergleichbaren Lage befinden. Mit anderen Worten ist zu klären, ob eine unterschiedliche Umsatzhöhe unter dem Aspekt der Gleichheit zu Recht zur Anwendung unterschiedlich hoher Steuersätze führt. Letztlich handelt es sich dabei um die Prüfung, ob es einen Gesichtspunkt gibt, der die unterschiedliche Behandlung rechtfertigt. Eine solche Prüfung ist üblicherweise Gegenstand der Untersuchung eines Rechtfertigungsgrundes(29).
88. Abschließend werde ich auf die Bedeutung des Art. 401 der Mehrwertsteuerrichtlinie für die unionsrechtliche Zulässigkeit der Erhebung der vorliegenden Sondersteuer eingehen.
89. Gemäß dieser Vorschrift hindert die Mehrwertsteuerrichtlinie die Mitgliedstaaten nicht daran, Steuern zu erheben, die nicht den Charakter von Umsatzsteuern haben. Daraus folgt aber, dass den Mitgliedstaaten die Erhebung von Steuern verboten ist, die einen solchen Charakter haben(36).
90. Im vorliegenden Fall stellt sich in der Tat die Frage, ob die ungarische Sondersteuer, die sich nach dem Umsatz bemisst, den Charakter einer Umsatzsteuer im Sinne des Art. 401 der Mehrwertsteuerrichtlinie aufweist und damit unionsrechtlich verboten ist. Die Sondersteuer führt nämlich aufgrund ihres progressiven Steuersatzes zu einer erheblichen Wettbewerbsverzerrung zwischen umsatzstarken und umsatzschwachen Unternehmen. Diese Wettbewerbsverzerrung stellt jedoch wie gesehen keine grenzüberschreitende Diskriminierung dar(37), so dass die Grundfreiheiten der Sondersteuer nicht entgegenstehen. Der Verhinderung derartiger Wettbewerbsverzerrungen widmen sich im Unionsrecht aber grundsätzlich nicht nur das Beihilfenrecht, sondern auch – speziell für den Bereich der Umsatzsteuern – die Bestimmungen des gemeinsamen Mehrwertsteuersystems.
92. Gleichwohl will ich die Bedeutung des Art. 401 der Mehrwertsteuerrichtlinie für das vorliegende Verfahren ansprechen, da ich zum einen der Überzeugung bin, dass die abstrakten Voraussetzungen einer Anwendung dieser Bestimmung der Korrektur bedürfen, um die praktische Wirksamkeit dieser Vorschrift zu sichern (dazu unter a). Zum anderen ist es nach einer etwaigen Korrektur dieser Voraussetzungen durch den Gerichtshof zweifelhaft, ob die ungarische Sondersteuer mit Art. 401 der Mehrwertsteuerrichtlinie vereinbar wäre (dazu unter b und c).
93. Der Sinn des Verbots der Erhebung von Steuern, die den Charakter einer Umsatzsteuer haben, lässt sich wie folgt erklären: Das gemeinsame Mehrwertsteuersystem der Union soll die zuvor in den einzelnen Mitgliedstaaten geltenden unterschiedlichen Umsatzsteuern ersetzen(40). Wie der vierte und der achte Erwägungsgrund der Richtlinie 67/227/EWG zeigen(41), wurden zuvor in den meisten Mitgliedstaaten Umsatzsteuern in der Form eines kumulativen Mehrphasensystems, also nicht in der Form einer Mehrwertsteuer, erhoben. Durch das gemeinsame Mehrwertsteuersystem sollen nun alle Umsatzsteuern in der Union durch eine bestimmte Form der Umsatzsteuer, nämlich die geltende Mehrwertsteuer, ersetzt werden.
Weder Bund, noch Länder dürfen Umsatzsteuern einführen, da diese unionsrechtlich voll harmonisiert sind.
94. Folglich harmonisiert das gemeinsame Mehrwertsteuersystem nicht den Bereich der Mehrwertsteuern, sondern den weitergehenden Bereich der Umsatzsteuern, indem es eine bestimmte Spielart der Umsatzsteuer – die geltende Mehrwertsteuer – als verbindlich festlegt. Dieser Harmonisierung würde es natürlich widersprechen, wenn die Mitgliedstaaten neben dem gemeinsamen Mehrwertsteuersystem weitere Umsatzsteuern, gleich welcher Spielart, unterhielten.
100. Im Ergebnis erscheint mir klar, dass das Verbot einer Steuer nach Art. 401 der Mehrwertsteuerrichtlinie voraussetzt, dass eine nationale Steuer die wesentlichen Merkmale nicht einer Mehrwertsteuer, sondern einer Umsatzsteuer aufweist. Darüber hinaus verbietet diese Vorschrift nach ihrem Sinn und Zweck und entsprechend der bisherigen Rechtsprechung nur solche Steuern, die das Funktionieren des gemeinsamen Mehrwertsteuersystems beeinträchtigen, indem sie die Wettbewerbsbedingungen auf nationaler Ebene oder auf Unionsebene verfälschen.
Bei Verarbeitung pers.-bez.-Daten ist das Unionsgrundrecht unmittelbar bindend; (BVerfG 1 BvR 276/17 & BVerfG 1 BvR 16/13)
Keine Unterstützung für
- Amtsträger, die sich über europäische wie nationale Grundrechte hinwegsetzen oder dieses in ihrem Verantwortungsbereich bei ihren Mitarbeitern, (m/w/d), dulden;
- Parteien, deren Mitglieder sich als Amtsträger über Grundrechte hinwegsetzen und wo die Partei dieses duldet;
- Gegner des Landes Brandenburg wie auch gesamt Europas;