Da geht aber einiges am Thema vorbei:
Die Erzwingungshaft ist nur dazu da dass er die eidesstattliche Versicherung (Vermögensverzeichnis) abgibt.
Wenn er pfandlos ist oder nicht auf den Vollstreckungsbeamten reagiert hat (dann weiß natürlich niemand wie die Vermögensverhältnisse sind und es wird vermutet, dass er diese nicht offenlegen will) dann ergeht natürlich (zurecht) ein Haftbefehl. Der wird natürlich auch im Schuldnerverzeichnis eingetragen.
Das scheint ihn aber nicht zu stören wenn es keine Nachteile für ihn bringt.
Wenn er tatsächlich nichts hat kann er die weitere Vollstreckung vermeiden indem er entweder die e.V. abgibt (oder die Zeit absitzt).
Erst dann wird die Vollstreckung zeitweise eingestellt weil dann möglicherweise klar ist dass sie nichts bringt.
Sofern sich neue Anhaltspunkte ergeben (z.B. für Vermögen oder Arbeitsplatzwechsel usw) oder nach 3 Jahren (dann wird vermutet dass sich Änderungen ergeben haben könnten) gehts wieder von vorne los.
Natürlich ist es Geschmackssache wie die Rundfunkanstalt handelt und reagiert...
Das Vollstreckungsersuchen gibt als Grundlage der Vollstreckung lediglich wörtlich Festsetzungsbescheide an.
Die betriebene Vollstreckung ist aber unzulässig, weil nicht alle Vollstreckungsvoraussetzungen vorliegen. Eine Voraussetzung der Zwangsvollstreckung ist ein Leistungsbescheid, durch den der Schuldner zur Leistung aufgefordert worden ist (§ 6 Abs. 1 Nr. 1 VwVG NRW).
§ 6 VwVG NR bestimmt:
(1) Voraussetzungen für die Vollstreckung sind:
1. der Leistungsbescheid, durch den der Schuldner zur Leistung aufgefordert worden ist; dieser ist auch dann erforderlich, wenn er gegen den Schuldner wirkt, ohne ihm bekanntgegeben zu sein,
In der Verwaltungsvorschrift zum Verwaltungsvollstreckungsgesetz NRW (VV VwVG NRW) ist bestimmt:
6.1.2
Der Leistungsbescheid ist, wenn und soweit er eine öffentlich-rechtliche Geldforderung zum Gegenstand hat, Verwaltungsakt. Er wird mit der Bekanntgabe an den Vollstreckungsschuldner wirksam und kann mit Widerspruch und anschließender Klage beim Verwaltungsgericht angefochten werden. Bei der Beitreibung zugelassener privatrechtlicher Forderungen tritt an die Stelle des Leistungsbescheides die Zahlungsaufforderung. Die Zahlungsaufforderung muss ebenso wie der Leistungsbescheid inhaltlich hinreichend bestimmt sein (§ 37 VwVfG NRW) (siehe Nr. 6.1.2.1).
6.1.2.1
Der Leistungsbescheid muss die ausdrückliche Aufforderung an den Vollstreckungsschuldner enthalten, die geschuldete, der Höhe und dem Grunde nach genau zu bezeichnende Leistung bei einer ebenfalls genau zu bezeichnenden Zahlstelle zu bewirken. Gegenüber einem Duldungsschuldner (§ 4 Abs. 2 und § 10 VwVG NRW) muss er die Aufforderung enthalten, zur Vermeidung der Zwangsvollstreckung in die näher bezeichnete Vermögensmasse die Begleichung der Schuld zu veranlassen. Der Leistungsbescheid muss auch erkennen lassen, ob die Leistung bereits fällig ist oder wann sie fällig wird.
Diesen Anforderungen genügen die im Namen des WDR erlassenen Festsetzungsbescheide über Rundfunkbeiträge regelmäßig nicht.
Das Bundesverwaltungsgericht hat mit Beschluß v. 11.02.2016, Az. 4 B 1.16 bestätigt, daß es sich bei einem Beitragsfestsetzung und einem Leistungsgebot um zwei selbständige Regelungen handelt, die jede für sich mit dem Widerspruch angefochten werden können. Das BVerwG definiert weiterhin:
Mit der Beitragsfestsetzung wird eine verbindliche Entscheidung über den Beitragsanspruch und den Beitragsschuldner getroffen (vgl. Cöster, in: Pahlke/Koenig, Abgabenordnung, 2. Aufl. 2009, § 155 Rn. 13) und mit dem Leistungsgebot eine Zahlungspflicht angeordnet. Dementsprechend erstreckt sich die Bindungswirkung der Beitragsfestsetzung auf den im Beitragsbescheid bezeichneten Beitragsschuldner sowie auf den angegebenen Beitrag nach Art und Höhe (vgl. Cöster, in: Pahlke/Koenig, Abgabenordnung, 2. Aufl. 2009, § 155 Rn. 18) und diejenige des Leistungsgebots auf die Pflicht zur Beitragszahlung.
VG Gießen, Beschluss vom 10.07.2009 - 8 L 1315/09.GI
Fundstelle openJur 2012, 31948
Leistungsgebot ist die Aufforderung der Behörde an den Vollstreckungsschuldner, die geschuldete Leistung innerhalb einer bestimmten Frist vorzunehmen (vgl. Tipke/Kruse, AO, Stand 2009, Rdnr. 4 zu § 254). Damit muss das Leistungsgebot Angaben darüber enthalten, wann, wo und wie die Leistung zu bewirken ist (Tipke/Kruse, a.a.O., Rdnr. 9 zu § 254; Pahlke/Koenig, AO, 2004, Rdnr. 8 zu § 254). Hierzu ist eine unmissverständliche ausdrückliche Aufforderung für die Leistung erforderlich (Tipke/Kruse, a.a.O.; Pahlke/Koenig, a.a.O.).
...
Im Steuerrecht ist bei der Heranziehung einer Abgabe regelmäßig zu unterscheiden zwischen zwei rechtlich selbständigen Regelungen, nämlich einerseits der Festsetzung der entstandenen Abgabe und andererseits des Leistungsgebotes (z. B. OVG NW, U. v. 27.01.2009 - 2 LB 43/08 -, juris, Rdnr. 37; Bayer. VGH, U. v. 10.08.2000 - 6 B 96.2367 -, juris, Rdnr. 18, Tipke/Kruse, a.a.O., Rdnr. 4 ff. zu § 254; Pahlke/Koenig, a.a.O., Rdnr. 5 zu § 254). Während mit der Festsetzung gemäß § 4 Abs. 1 Nr. 4 lit. b) HessKAG i.V.m. § 155 AO über das Bestehen oder Nichtbestehen eines Steueranspruchs entschieden wird (vgl. OVG NW, a.a.O., Rdnr. 38; Pahlke/Koenig, a.a.O., Rdnr. 16 zu § 155), erschöpft sich das Leistungsgebot in dem „Befehl“, eine bestimmte Leistung zu erbringen, zu welcher der Schuldner auf Grund der vorangegangenen Festsetzung verpflichtet ist (OVG NW, a. a. O., Rdnr. 41). Damit ist das Leistungsgebot Voraussetzung für den Beginn der Vollstreckung (Tipke/Kruse, a. a. O., Rdnr. 7 zu § 254; Pahlke/Koenig, a.a.O., Rdnr. 6 zu § 254).
Die
Festsetzungsbescheide des WDR über Rundfunkbeiträge sind aber regelmäßig nicht mit einem Leistungsgebot verbunden. Es handelt sich also allein um
Festsetzungsbescheide, die nach den oben zitierten gesetzlichen und rechtlichen Grundlagen nicht Gegenstand einer Verwaltungsvollstreckung sein können.
Da die Vollstreckung nicht auf der Grundlage eines
Leistungsbescheids erfolgt sind Vollstreckungsmaßnahmen und erst recht eine darauf beruhende Inhaftierung rechtswidrig und zu unterlassen.
Die Vollstreckung der Erzwingungshaft ist insbesondere auch mit dem zwingend zu beachtenden Grundsatz der Verhältnismäßigkeit nicht vereinbar, weil es mit der Einholung von Drittauskünften und der Durchsuchung der Wohnräume deutlich mildere Mittel gibt zur Durchsetzung der Ansprüche des Gläubigers gibt. Ein milderes, gleich wirksames Mittel für die Verwirklichung des Gesetzeszwecks, einen Schuldner ohne größeren Aufwand zu richtigen und vollständigen Vermögensangaben anzuhalten und diese Angaben zu überprüfen, ist nicht ersichtlich (BGH, Beschluß v. 22.01.2015, I ZB 77/14).
Drittauskünfte gemäß § 802l ZPO sind nach Abgabe einer Vermögensauskunft nicht nur einzuholen, wenn Anhaltspunkte dafür bestehen, daß der Schuldner unvollständige oder unzutreffende Angaben gemacht hat und durch die Drittauskünfte neue Erkenntnisse zu erwarten sind. Sie sind erst dann nicht erforderlich, wenn aus den Angaben des Schuldners oder anderen offensichtlichen Umständen deutlich wird, daß die Drittauskünfte zu keiner auch nur teilweisen Befriedigung des Gläubigers führen können. (BGH, Beschluß vom 22. Januar 2015, I ZB 77/14)
Die Vollstreckung eines Haftbefehls ist auch kein milderes Mittel im Verhältnis zum Erlaß und der Vollstreckung einer Durchsuchungsanordnung. Gegenüber der Verhaftung des Schuldners ist das Betreten der Wohnung lediglich zum Zwecke der Durchsuchung, ob sich darin pfändbare Gegenstände finden lassen, der mildere Eingriff. (LG Hamburg, Beschl. v. 08.02.2010, 332 T 20/10)
Der Gläubiger ist nach dem Grundsatz von Treu und Glauben verpflichtet, das zunächst mildeste Mittel anzuwenden, bevor er überhaupt zu dem Mittel der Erzwingungshaft greifen darf. Dies hat die Stadtkasse nicht beachtet.
Das Vorgehen der Stadtkasse ist auch deshalb rechtswidrig, weil die Stadtkasse insoweit nicht das ihr obliegende Ermessen ausgeübt hat. In § 5a VwVfG NRW ist bestimmt, daß das Verfahren der Zwangsvollstreckung sich für die Vollstreckungsbehörde nach § 284 der Abgabenordnung richtet.
Die Vollstreckungsbehörde ist, auch wenn der Vollstreckungsschuldner ohne ausreichende Entschuldigung in dem zur Abgabe der Vermögensauskunft anberaumten Termin nicht erschienen ist, gemäß § 284 Abs. 8 Satz 1 AO nicht verpflichtet, die Anordnung der Haft zur Erzwingung der Abgabe zu beantragen. Durch die Worte „kann … beantragen“ räumt das Gesetz der Vollstreckungsbehörde Ermessen ein, ob sie den Antrag beim Amtsgericht stellt oder ob sie ihn – obwohl die Voraussetzungen dafür vorliegen – nicht stellt. Dieses Ermessen hat sie gemäß § 40 VwVfG NRW entsprechend dem Zweck der Ermächtigung auszuüben und die gesetzlichen Grenzen des Ermessens einzuhalten. Eben dies, nämlich ob von dem Ermessen in einer dem Zweck der Ermächtigung nicht entsprechenden Weise Gebrauch gemacht ist oder ob die gesetzlichen Grenzen des Ermessens überschritten sind, unterliegt auch der gerichtlichen Überprüfung; ein Ermessensfehler führt zur Rechtswidrigkeit des Verwaltungsakts. (FG Köln, Beschluß v. 12.10.2016, 3 V 593/16)
Im vorliegenden Fall ist die den Gläubiger vertretende Vollstreckungsbehörde also gesetzlich verpflichtet, zunächst das jeweils mildeste Mittel zur Durchsetzung der Forderung anzuwenden. Die Vollziehung eines Haftbefehls ohne daß zuvor die Gerichtsvollzieherin mit der Einholung von Drittauskünften gem. § 802l ZPO beauftragt wurde und ohne in dem Fall, in dem die Drittauskünfte keine neuen Erkenntnisse gebracht haben, der Erlaß und die Vollstreckung einer Durchsuchungsanordnung, stellt einen eklatanten Nichtgebrauch des der Vollstreckungsbehörde obliegenden Ermessens dar.
Zudem hat die Stadtkasse aber auch nicht beachtet, daß es an überhaupt an einer Vollstreckungsgrundlage fehlt. Denn der WDR beruft sich in seinem Vollstreckungsersuchen auf angeblich vollstreckbare Festsetzungsbescheide. In § 6 VwVG NRW ist aber bestimmt, daß das Vorliegen von Leistungsbescheiden eine zwingende Voraussetzung für die Vollstreckung ist und ohne diese eine Vollstreckung nicht stattfinden darf. Diese Ansicht entspricht auch der gefestigten Rechtsprechung.
Der Festsetzungsbescheid ist ein feststellender Verwaltungsakt i. S. v. § 80 Abs.1 Satz 2 VwGO, da er feststellt, daß die sachliche Beitragspflicht in Höhe von insgesamt xxx.xx € entstanden ist. Über die Festsetzung hinaus enthält er aber noch keine weitere Regelung, insbesondere hinsichtlich eines Leistungsgebotes bzw. der Fälligkeit des Beitrages. Sein Regelungsgehalt geht über die Festsetzung nicht hinaus. Damit beinhaltet der Festsetzungsbescheid auch keine Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten i. S. v. § 80 Abs. 2 Nr.1 VwGO, [..] Denn Anforderung i. S. v. § 80 Abs.2 Nr. 1 VwGO ist nicht die bloße Festsetzung, ohne daß ein Leistungs- oder Heranziehungsbescheid ergeht (vgl. Bader/Funke-Kaiser/Kuntze/von Albedyll, Verwaltungsgerichtsordnung, Kommentar, 2. Auflage, § 80 Rn.30).[VG Gera, 06.05.2004, 5 E 71/04 GE]
Sofern die Stadtkasse der Argumentation des WDR folgen sollte, bei den Festsetzungsbescheiden handele es sich um vollstreckbare Titel, so hat die Stadtkasse hierfür die gesetzliche Grundlage unter Nennung des Gesetzes und der Fundstelle innerhalb des Gesetzes nachzuweisen. Der WDR selbst sah sich bisher nicht in der Lage, diesen Nachweis zu erbringen.
Hierüber möge ein gerichtsvollzieher nachdenken, bevor er sich in unreflektierter Weise äußert.
der querkopf