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Autor Thema: Sind "Vertragsgesetze" allgemeine Gesetze im Sinne des Unionsrechts?  (Gelesen 618 mal)

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Diese Frage im Titel folgt aus einer Entscheidung des EuGH

Rechtssache C-182/10
https://curia.europa.eu/juris/document/document.jsf?text=&docid=119510&pageIndex=0&doclang=DE&mode=lst&dir=&occ=first&part=1&cid=13471146

Rn. 39
Zitat
Das Vorhandensein eines solchen Verwaltungsverfahrens kann jedoch nicht dazu führen, dass ein Projekt als gemäß Art. 1 Abs. 5 der Richtlinie 85/337 im Einzelnen durch einen besonderen Gesetzgebungsakt genehmigt betrachtet werden kann, wenn dieser Gesetzgebungsakt nicht die beiden in Randnr. 31 des vorliegenden Urteils erwähnten Voraussetzungen erfüllt. Wie der Gerichtshof in Randnr. 45 des Urteils Boxus u. a. entschieden hat, kann ein Gesetzgebungsakt, mit dem lediglich ein bereits erlassener Verwaltungsakt „ratifiziert“ wird und der sich darauf beschränkt, zwingende Gründe des Allgemeininteresses anzuführen, ohne dass zuvor ein die Sachfragen betreffendes Gesetzgebungsverfahren durchgeführt wird, das es erlaubt, diese Voraussetzungen zu erfüllen, nicht als besonderer Gesetzgebungsakt im Sinne dieser Bestimmung betrachtet werden und genügt somit nicht, um ein Projekt vom Geltungsbereich der Richtlinie 85/337 auszuschließen.

Rn. 40
Zitat
Insbesondere kann ein Gesetzgebungsakt, der erlassen wird, ohne dass den Mitgliedern des gesetzgebenden Organs die in Randnr. 37 des vorliegenden Urteils erwähnten Angaben zur Verfügung gestanden hätten, nicht vom Geltungsbereich des Art. 1 Abs. 5 der Richtlinie 85/337 erfasst werden (vgl. Urteil Boxus u. a., Randnr. 46).

Freilich, in der vorliegenden Rechtssache geht es um Umweltbelange; aber es stellt sich die Frage, ob der Sachverhalt auf die landesrechtlichen Rundfunkregelwerke übertragbar wäre und ein Gesetz, (hier: Vertragsgesetz), das nicht den förmlichen Gesetzgebungsprozess durchlaufen hat, überhaupt ein "Gesetz mit allgemeiner Bindungswirkung" im Sinne des Unionsrechts darstellt?

Bei keinem der Zustimmungsgesetze zu den Rundfunkstaatsverträgen ist der förmliche Gesetzgebungsprozess eingehalten, denn bekannterweise darf das Landesparlament als zuständiger Landesgesetzgeber einem von der zuständigen Landesregierung ausgehandelten Staatsvertrag insgesamt nur zustimmen oder nicht zustimmen.

In einem anderen Thema wurde dargestellt, daß Staatsverträge "öffentlich-rechtliche Verträge" sind.

Staatsverträge sind öffentlich-rechtliche Verträge -> EU-Recht
https://gez-boykott.de/Forum/index.php/topic,30510.msg191001.html#msg191001

Zitat
44.      Was den Kern der Rechtssache angeht, so steht im vorliegenden Rechtsstreit fest, dass die Gebühr durch öffentlich-rechtliche Verträge („Staatsverträge“) eingeführt wurde, nämlich den Staatsvertrag über die Rundfunkgebühren und den über die Rundfunkfinanzierung(13).

Dieser Schlußantrag ist nachstehend verlinkt.
Rechtssache C-337/06
https://curia.europa.eu/juris/document/document.jsf?text=&docid=62434&pageIndex=0&doclang=DE&mode=lst&dir=&occ=first&part=1&cid=204284

Nun könnte es doch sein, daß ein Zustimmungsgesetz lediglich die Genehmigung für die Landesregierung darstellt, den Staatsvertrag ausgehandelt haben zu dürfen? Eine Bindungswirkung für Dritte folgt daraus allerdings nicht, wenn die "Ratifizierung" einer Norm diese Norm nicht in den Rang eines "allgemeinen Gesetzes" hebt, wenn es zur Erfüllung der Begrifflichkeit "allgemeines Gesetz" zwingend der Durchführung des förmlichen Gesetzgebungsverfahrens benötigt und dieses Gesetzgebungsverfahren nicht eingehalten worden ist?

In diesem Thema geht es bitte nur um die Klärung der Frage, ob ein nationales Vertragsgesetz ein allgemeines Gesetz im Sinne des Unionsrechts sein kann, das auch unbeteiligte Dritte zu binden vermag.


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- Amtsträger, die sich über europäische wie nationale Grundrechte hinwegsetzen oder dieses in ihrem Verantwortungsbereich bei ihren Mitarbeitern, (m/w/d), dulden;

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- Gegner des Landes Brandenburg wie auch gesamt Europas;

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Aus einem Schlußantrag betreffend übrigens das Land Hessen:

SCHLUSSANTRÄGE DES GENERALANWALTS
NIILO JÄÄSKINEN
vom 24. Mai 2012(1)
Rechtssache C-62/11

https://curia.europa.eu/juris/document/document.jsf?docid=123092&mode=req&pageIndex=1&dir=&occ=first&part=1&text=zustimmungsgesetz&doclang=DE&cid=13508497#ctx1

Zitat
49.      In der Regel entfaltet ein öffentlich-rechtlicher Vertrag ebenso wie ein privatrechtlicher Vertrag bindende Wirkung nur zwischen den Vertragsparteien. Als öffentlich-rechtlicher Vertrag mit bindenden Wirkungen für die Vertragsparteien ist das Sitzstaatabkommen als Ausdruck des Willens der EZB und der Bundesrepublik Deutschland anzusehen, ihre jeweiligen Rechte und Pflichten nach Maßgabe der Bestimmungen des Protokolls über die Vorrechte und Befreiungen festzulegen. Daher kann das Sitzstaatabkommen nicht als Rechtshandlung mit Wirkung erga omnes im Rahmen des Unionsrechts eingestuft werden(23).

Zitat
51.      Hieraus folgt, dass ein öffentlich-rechtlicher Vertrag wie das Sitzstaatabkommen im vorliegenden Fall keine bindende Wirkung für Dritte, d. h. für die übrigen Mitgliedstaaten, die übrigen Unionsorgane und den Einzelnen, haben kann. Mit anderen Worten würde eine Wirkung erga omnes voraussetzen, dass das Sitzstaatabkommen in Form einer Verordnung oder eines Beschlusses erlassen worden wäre(24).

Zitat
52.      Ferner erscheint ein Vergleich zwischen den Wirkungen des Sitzstaatabkommens und den Wirkungen von Richtlinien für den Einzelnen sinnvoll. Ebenso wie eine Richtlinie, die nicht selbst Verpflichtungen für den Einzelnen begründen kann, so dass ihm gegenüber eine Berufung auf die Richtlinie als solche nicht möglich ist(25), kann das Sitzstaatabkommen die Rechte, die der Einzelne aus dem Unionsrecht oder dem nationalen Recht ableitet, nicht negativ beeinflussen(26).

Zu Fußnote 26
Zitat
26 – Ich schließe nicht aus, dass das Ergebnis anders ausfallen könnte, wenn das Sitzstaatabkommen, das die Bundesrepublik Deutschland durch das Zustimmungsgesetz vom 19. Dezember 1998 (BGBl. 1998 II, S. 2996) ratifiziert hat, anhand des deutschen Rechts geprüft würde.
Dieses "Sitzstaatabkommen" wurde seitens der Bundesrepublik Deutschland ratifiziert, bindet aus unionsrechtlicher Sicht aber dennoch die Vertragspartner und nicht den einzelnen Bürger?

Aus dieser zitierten Rn. 52 geht aber auch hervor, daß selbst ein ratifizierter Staatsvertrag quasi nicht in der Lage wäre, die dem Einzelnen aus dem Unionsrecht erwachsenen Rechte zu begrenzen.


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  • IP logged  »Letzte Änderung: 13. Juni 2021, 11:37 von pinguin«
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