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Autor Thema: Bedingungsloses Grundeinkommen (BGE) - Das Für und Wider  (Gelesen 22668 mal)

V
  • Moderator++
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Das Thema bedingungsloses Grundeinkommen (BGE) ist für einige sehr interessant. Zur Erleichterung habe ich hier das neue Thema eröffnet.

Die unter "Landtagswahl Nordrhein-Westfalen - Die Alternative" vorgebrachten Argumente könnten nach Herzenslust weiter vertieft werden. Bitte denkt daran: der Ton macht die Musik.

Viel Spaß beim Diskutieren
Viktor


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F

Fritzi

Oh, offensichtlich hat niemand Lust, sich mit der Thematik gedanklich auseinander zu setzen. Schade.
Ich schreibe trotzdem mal etwas dazu:

Eigentlich sehe ich bei den Themen Rundfunkboykott und BGE (Bedingungsloses Grundeinkommen) einen gewissen Zusammenhang. Da wären z.B. die Begriffe "Entscheidungsfreiheit" oder "Existenznot". Das BGE würde in heutiger Zeit eine existenzielle Grundsicherheit bedeuten. Die Menschen könnten wichtige Entscheidungen in ihrem Leben unabhängiger und freier entscheiden. Ob beispielsweise einfach mal die eh schon lang ungeliebte Arbeitsstelle wechseln oder endlich die eheliche Partnerschaft beenden, in der bislang oft einer der Partner in finanzieller Abhängigkeit zum anderen Partner steht.
Die große Schwierigkeit beim BGE sehe ich in der dann ermöglichten "Eigenverantwortlichkeit". Es gibt dann kaum oder gar keine Gründe mehr, sein eigenes Leid anderen in die Schuhe zu schieben. Leider haben wir in den vergangenen Jahrzehnten die Eigenverantwortlichkeit zu einem Großteil verlernt, woran die Politik nicht ganz unschuldig ist.
Interessant ist auch bei diesem Thema, dass vieles von den Rundfunkanstalten in gebotener medialer Zurückhaltung einfach unter den Tisch gekehrt wurde, bis es 2010 (??? oder 2011) eine Dame mit einer erfolgreichen Petition bis zur Anhörung in den Bundestag geschafft hat. Seither gibt es hier und da mal eine Talkshow. Ich konnte allerdings beobachten, dass den Befürwortern dort in der Regel stets das Wort abgeschnitten wurde. Meine Empfehlung an die BGE Aktiven: nur keine Teilnahme mehr an solch dämlichen Talkshows. Dort wird man dem Thema in keinster Weise gerecht.
Ich freue mich nun auf ein Statement eurerseits. Wie wär's?


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j

jetzt_reicht_es

Hmm!
Was genau ist den damit gemeint?
Soll heißen, dass jeder Bürger ein Einkommen von sagen wir mal 1000 EUR monatlich bekommen soll?
Das wäre meiner Ansicht nach kaum durchführbar, weil 80 Mio Bürger x 12000 Jahrlich rund 950 Mrd EUR macht. In Vergleich dazu ist das Gesamt Budget des Bundes bei rund 500 Mrd EUR.
Wenn ich mich geirrt habe oder Zahlen durcheinander gebracht habe, bitte ich um Korrektur....


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Das Thema bedingungsloses Grundeinkommen (BGE) ist für einige sehr interessant. Zur Erleichterung habe ich hier das neue Thema eröffnet.

Haha, lieber Viktor, das ist ein wirklich ein Riesenthema - beginnend bei der Sozialisation des Einzelnen (Freiheit <--> Funktionalisierung) über state-building (wie kann ein Sozialstaat aufgebaut werden) bis zu den volkswirtschaftlichen Aspekten ... da weiß man gar nicht, wo man anfangen soll.


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Eigentlich sehe ich bei den Themen Rundfunkboykott und BGE (Bedingungsloses Grundeinkommen) einen gewissen Zusammenhang. Da wären z.B. die Begriffe "Entscheidungsfreiheit" oder "Existenznot".

Stimmt. Es hat - auch rein mathematisch - eine Ähnlichkeit:

1. BGE = Fixe Auszahlung pro Kopf
2. Haushaltsabgabe = Fixe Einzahlung pro Kopf (=Kopfpauschale = Anti-BGE)

So gewünscht und ethisch vertretbar(1) wäre, genauso unvertretbar und unsozial ist (2).
Denn (2) ist im Prinzip genau das Gegenteil von (1). Man könnte also, semantisch übersetzt, sagen:

1. BGE = individuelle Freiheit
2. Haushaltsabgabe = individuelle Unfreiheit, Zwang




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doe

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Wer bezahlt denn die Wohltaten?



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Uwe

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  • Beiträge: 6.419
  • Angst und Geld habe ich nie gekannt :-)
    • gez-boykott.de
Es geht ja auch darum das man sich nicht
mehr wie der letzte Dreck behandeln lassen
muss.
Bei BGE müsste man nicht mehr 1€ Jobs
machen oder sich von den Jobcenter wie
Bettler behandeln lassen.


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  • IP logged  »Letzte Änderung: 03. August 2013, 17:47 von Uwe«
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Wer bezahlt denn die Wohltaten?

Also - ich selbst bin z.Zt. weder für noch gegen ein BGE.

Aber zur Finanzierung:

Wir geben heute in Deutschland ca. 600 Mrd.€/a für Sozialleistungen aus (Monetäre und
Sachleistungen, Stand 2008), ein BGE von 1000€/m/Bürger kostet ca. 900 Mrd.€/a - bleibt
eine Lücke von 300 Mrd.€/a., nur diese 300 Mrd.€/a müssten also zusätzlich aufgebracht
werden.

-----------------------------------------------------------

Eine Beispielrechnung
(VGR-Daten von 2008)

-----------------------------------------------------------

Kosten bei 80 Mill. Einwohnern und 800 Euro + 200 Euro KK: ca. 900 Mrd. Euro.
Einsparungen durch das BGE ((ALG-I+II, Sozialgeld, Bafög, Wohngeld, Kriegsopfergelder,
Beamtenpensionen, Leistungen der Sozialversicherungen, Sachsozialleistungen):
ca. 617 Mrd., Nettokosten also: 283 Mrd.

Gesamte Staatsausgaben (2008):       1094 Mrd. Euro
+ BGE Nettokosten                + 283 Mrd. Euro
- indirekte Steuern           -  313 Mrd. Euro
bleibt über E-St. zu finanzieren      1064 Mrd. Euro

Es kann nur das verteilt werden, was erwirtschaftet wurde. Erfaßt werden
dabei alle Einkunftsarten, unabhängig davon, ob es sich um Arbeitseinkünfte,
Unternehmensbeteilungen, Anlage- bzw. Spekulationsgewinne oder auch
Mieten und Pachterträge etc. handelt. Das Volkseinkommen 2008 beträgt
danach: 1880 Mrd. Euro. Daraus erhält man eine Steuerflattax von 56,6 %!

Zum Vergleich: Ein heute sozialversicherungspflichtig Beschäftigter hat ja heute
schon eine Abgabequote von SV 35% + ca. 20-25% Steuern ~ 55-60%. Die
Einführung des BGE würde also die Abgabenquote überhaupt nicht erhöhen!

-----------------------------------------------------------

Es ginge also, Finanzierung ist nicht die Frage. Übrigens: Das Modell oben ist
ganz ohne Staatsdefizit gerechnet!


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d

doe

  • Beiträge: 875
Es geht ja auch darum das man sich nicht
mehr wie der letzte Dreck behandeln lassen muss.

Das ist in Hartz4 geklärt, also dem 4. Teil der Hartz-Gesetze,
der die Zumutbarkeit regelt.
Vielleicht sollte man hier nachbessern.



Daraus erhält man eine Steuerflattax von 56,6 %!

Ich zahl weniger und wenn das mein Steuersatz würde,
dann mach ich mich vom Acker.



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  • IP logged  »Letzte Änderung: 22. Januar 2013, 09:57 von doe«
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F

Fritzi

Ich stelle bei dem Thema immer wieder fest, dass die Zweifler oder Gegner des BGE stets von "Wohltaten" oder von "Leben auf Staatskosten" reden. Frage: Wer oder was ist der Staat?

Es scheint sich über die Jahrhunderte hinweg mit Erfolg in unseren Köpfen manifestiert zu haben, dass wir nicht mehr wert sind, als dass wir für unsere Lebensgrundlage schweißtriefend, leidend und gequält selbst zu sorgen haben. Ich habe selbst mal den Satz an mich gerichtet gehört: "Ja, dir macht die Arbeit ja Spaß und du kannst das gut. Da brauchst du dich ja auch nicht so anstrengen!" Und deshalb ist meine Tätigkeit von minderem Wert? Das Gegenteil ist doch der Fall:
Wenn die Menschen ihre Arbeit selbst aussuchen können und das arbeiten, was ihnen wirklich liegt, dann gehen sie doch mit Freude und großer Motivation ihrer Erwerbstätigkeit nach und es bleibt auch noch Energie für andere Dinge im Leben. (Es gibt nämlich noch andere Lebensthemen außerhalb der Erwerbsarbeit!)

Heute sehe ich viele Millionen Menschen, denen die Würde und das Recht auf freie Entfaltung ihrer Persönlichkeit genommen wurde. (Ich gehörte lange dazu). Und offensichtlich glauben hier viele, das sei in Ordnung so.
Das scheint zumindest für zwei Berufsgruppen ganz zufriedenstellend zu sein: für Ärzte und Psychotherapeuten.

Zur Finanzierung: Nachweislich kann man bei Fachleuten wie Volkswirte nachlesen, dass das BGE sich gut selbst finanziert. Man hat dazu übrigens mal Aussagen unseres Finanzministers zu Hilfe genommen. Die gesamten sogenannten Transfairleistungen in Deutschland sind so hoch, dass allein davon jeder Bürger dieses Landes sogar 12500 € erhalten könnte. Also, da stellt sich die Frage nach der Finanzierung zunächst mal gar nicht.

@syna: deine mathematischen Vergleiche gefallen mir gut. Sie bringen mit wenig Worten Klarheit in unsere derzeitige gesellschaftliche Situation. Erschreckend finde allerdings, dass so viele das auch noch in Ordnung finden.



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j

jetzt_reicht_es



Mieten und Pachterträge etc. handelt. Das Volkseinkommen 2008 beträgt
danach: 1880 Mrd. Euro. Daraus erhält man eine Steuerflattax von 56,6 %!


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Es ginge also, Finanzierung ist nicht die Frage. Übrigens: Das Modell oben ist
ganz ohne Staatsdefizit gerechnet!
[/color]

Entschuldige bitte mein Ton, aber es ist etwas naiv zu glauben, dass du durch so kühne Vereinfachungen in diesem Land etwas durchsetzen kannst.
Weiß du warum?
Weil wir mittlerweile in einem Land leben, in dem nicht mehr die Vernunft regiert, sondern die Lobbyisten!
Die Idee mit dem Bierdeckelsteuererklärung hatte Friedrich März und er ist jammerlich gescheitert. Warum fragst du? Weil in diesem Land Juristen und Steuerberater sich an diesem Staat festgebissen haben und sich nicht mehr überflüssig machen lassen wollen. Wenn diese Gesetze vereinfacht werden, dann wird es doppelt schlecht. Zunächst müssten die Reichen endlich ihre Steuern bezahlen ohne wenn und  zweitens wären die ganzen Steuerberater  arbeitslos.

Diese Diskussion erinnert mich an die Idee die GEZ abzuschaffen und ÖR direkt vom Finanzamt finanzieren zu lassen um die Inkassofirma GEZ weg zu bekommen. Also Finanzamt zockt  im Auftrag der ÖR die Menschen ab.

  Warum wird das nicht gemacht? Weil es heißt dann, dass so viele bei der GEZ arbeitslos wären. Weißt du was die GEZ allein für Kosten pro Jahr hat... Aber das ist ja eine andere Diskussion.



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Heute sehe ich viele Millionen Menschen, denen die Würde und das Recht auf freie Entfaltung ihrer Persönlichkeit genommen wurde. (Ich gehörte lange dazu). Und offensichtlich glauben hier viele, das sei in Ordnung so.

Ja, genau hier berührt die Diskussion um das BGE eigentlich jeden einzelnen. Jeder könnte
sich ja fragen: Bin ich glücklich mit dem Job, den ich ausführe? Tue ich etwas sinnvolles? Etwas, das ich -
eigentlich - auch freiwillig tun würde?

Oder habe ich mich - unter dem Zwang des Gelderwerbs und der Erwartungen von Eltern und Familie - zu
einer Tätigkeit hinreißen lassen, die mir kaum Sinnerfüllung bringt, und die ich nur unter höchster
Anstrengung ausführe? Womöglich sogar mit gesundheitlichen Einbußen.

Für viele Menschen gilt - leider - letzteres. Und oft sind es gerade diese, die sich vehement gegen den
Gedanken eines BGEs wehren. Mit den innersten Gedanken: "Ich musste und muss mich extremst
anstrengen - mit Schweiß und Blut. Warum soll das anderen erspart bleiben?"

Denken viele BGE-Gegner zurecht so, oder nicht? Ich weiß es nicht.

 


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@syna: deine mathematischen Vergleiche gefallen mir gut. Sie bringen mit wenig Worten Klarheit in unsere derzeitige gesellschaftliche Situation. Erschreckend finde allerdings, dass so viele das auch noch in Ordnung finden.

Danke!


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Daraus erhält man eine Steuerflattax von 56,6 %!

Ich zahl weniger und wenn das mein Steuersatz würde,
dann mach ich mich vom Acker.

Naja, wenn Du als Angestellter mit Deinem Jahrersverdienst zwischen 40.000 und 60.000 €
liegst, dann hast Du heute eine Abgabequote von ~ 60% (siehe meinen Anhang!). Die liegt
also noch höher, heute schon!

Selbst wenn Du zu den Geringerverdienern gehörst, wo von ich mal ausgehe, dann bleibt
auch heute schon Deine Abgabenquote immer über 40%!

Bei obigem, sehr einfachen Flattax-Modell ist das BGE ja eine Art "aktiver" Grundfreibetrag
in Höhe von 1000 €, der bewirkt, dass Deine effektiven Abgaben als Geringerverdiener
so zwischen 0 und 50%, je nach Deinem Verdienst, liegen würden.

Aber wie gesagt, obiges ist nur ein schnell skizziertes Modell, das die prinzipielle
Finanzierbarkeit beweist. Es gibt mittlerweile fast Hundert solche Modelle, alle mit
unterschiedlichen Steuersätzen und Steuersystemen.



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...aber es ist etwas naiv zu glauben, dass du durch so kühne Vereinfachungen in diesem Land etwas durchsetzen kannst ...

Och ja, Du hast schon recht, in allem.

Aber: Gute Ideen zeichneten sich in der Vergangenheit immer dadurch aus, dass fast alle
dagegen waren. Insbesondere die, die im Status-Quo gut und fett leben konnten. Das ist
natürlich auch heute so.

Lobbyisten und Bevorteilte haben immer ein waches Auge, und sorgen mit Geld und Akribie dafür,
dass die Verteilung von Privilegien so bleibt wie sie ist - klar! Denen sind dann auch die
hanebüchensten Argumente nicht zu blöd. 

Aber als die Piratenpartei von knapp einem halben Jahr in Umfragewerten bei fast 12% lag,
bekammen viele ziemlich "Muffensausen", viele Kampagnen wurden gestartet, die Angst war groß
... das hat sich inzwischen gelegt, aber der Vorgang zeigt, dass "neues Nachdenken" und
Veränderungen schon möglich wären. Es kommt halt darauf an, dass viele mitmachen,
mitdenken, mitargumentieren, Leute überzeugen usw.

Das BGE scheint mir eine verlockende und diskussionswürdige Idee zu sein, aber schon auch
ziemlich utopisch. Nicht aus Gründen der Finanzierbarkeit - siehe oben -, sondern aus Gründen
der Denkschemata der Menschen.

Grüsse, Syna.



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